[517] Ungarn (das Königreich), von den Eingeborenen Magyar Ország, d.i. Land der Magyaren, genannt, gehört zu den wichtigsten Theilen der östr. Monarchie und wird von Steiermark, dem Erzherzogthum Östreich, von Mähren, Schlesien, dem Königreiche Galizien, dem Großfürstenthum Siebenbürgen, der Militairgrenze und Kroatien umgeben. Zwar versteht man unter der Benennung ungar. Erbstaaten sowol Ungarn, als auch Kroatien, Slawonien, Siebenbürgen und die Militairgrenze zusammengenommen, in Östreich aber wird zum Königreich U. nur Kroatien und Slawonien (s.d.) gezogen, von denen besondere Artikel handeln.
Ohne dieselben umfaßt das eigentliche U. 3840 ! M. mit ungefähr 9 Mill. Einw., von denen sich über zwei Drittel zur katholischen Kirche halten; Protestanten gibt es 1,300,000, griech. Christen 6500, und Juden 150,000 Ein großer Theil des heutigen U. gehörte zu der röm. Provinz Pannonien (s.d.), und erst zu Ende des 9. Jahrh. kamen die Magyaren, wie die Ungarn eigentlich heißen, deren Abstammung bald von den Mongolen, bald von den Finnen hergeleitet wird, aus dem Innern von Asien und eroberten unter ihrem Fürsten Arpad, dessen Nachkommen bis 1301 U. beherrschten, die Gegenden an der Morawa, Theiß und Donau, wobei die vorgefundenen Bewohner zu Sklaven gemacht wurden Sobald sie sich hier eingerichtet hatten, unternahmen sie Raubzüge in die westl. Länder nach Baiern, Kärnten, der Lombardei, nach Mähren, Sachsen und Franken, während andere Haufen das griech. Kaiserthum brandschatzten. Obgleich sie von den Deutschen mehrmals Niederlagen erlitten, gaben sie doch ihre Einfälle nach dieser Seite nicht auf, bis Otto I. im I. 955 am Lech bei Augsburg ein großes Ungarnheer beinahe aufrieb, die gefangenen Anführer hinrichten ließ und so strenge Vergeltung übte, daß sie Deutschland nun in Frieden ließen. Gegen Ende des 10. Jahrh. fing das Christenthum an, vom Bischof Pilgrim von Passau, dem Mönch Wolfgang von Einsiedeln und dem Bischof Bruno von Augsburg mit Erfolg unter den Ungarn gelehrt zu werden, deren Fürst Geysa I. sich um das Jahr 980 mit seiner Gemahlin und seinem Sohne Stephan taufen ließ, welcher sich dann mit der burgund. Prinzessin Gisela vermählte. Stephan I., 997–1028, der Heilige, vollendete die Einführung des Christenthums und erhielt deshalb vom Papst Sylvester II. im J. 1000 die Königskrone. U. verdankt diesem ausgezeichneten Fürsten die erste Grundlage dauernder Cultur, welche vorzüglich von eingewanderten[517] Deutschen ausging, die Eintheilung in Grafschaften oder Comitate, die erste geschriebene Gesetzgebung und die Begründung der Reichsverfassung. Da sein einziger Sohn vor ihm starb, ernannte Stephan mit Übergehung der ihm als heimliche Anhänger des Heidenthums verdächtigen Nachkommen seiner Oheime, Bela und Andreas, seinen Neffen und Schwestersohn Peter, Sohn des Dogen von Venedig, zum Nachfolger. Dieser bestieg auch den Thron, 1038–45, regierte aber so schlecht, daß sich die Ungarn bald gegen ihn empörten, einen Gegenkönig wählten und bei der unbestimmten Erbfolge eine große innere Verwirrung einriß. Endlich riefen die Ungarn den von Stephan übergangenen Andreas herbei, der nach Peter's vermuthlich gewaltsamem Tode 1047 als Andreas I. gekrönt wurde und mit Kraft für Herstellung der christlichen Religion wirkte, von der wieder eine Menge Ungarn abgefallen waren. Da er seinem Bruder Bela die Nachfolge entziehen wollte, ward Andreas von demselben mit Beistand der Polen bekriegt und blieb 1060 in einer Schlacht, worauf Bela I. die Regierung drei Jahre mit Auszeichnung führte, bis er durch den Einsturz eines Hauses den Tod fand. Ihm folgte, hauptsächlich durch Kaiser Heinrich IV. Unterstützung, Salomo der Heilige, 1063–77, Andreas I. Sohn, der aber abdanken mußte, worauf unter Wladislaus I., des Heiligen, Regierung 1077–95, die innern Verhältnisse sich wieder vortheilhafter gestalteten, obgleich auch er mehre Empörungen zu bekämpfen hatte. Gleich zu Anfang der Regierung seines Nachfolgers Koloman 1095–1114, welchem der Ruhm eines gelehrten, umsichtigen und tapfern Fürsten gebührt, erschienen die ersten Scharen der Kreuzfahrer in U., das auch unter seinen Nachfolgern von ihren verwüstenden Durchzügen viel zu leiden hatte. Durch Aufnahme vieler Einwanderer, namentlich aus Sachsen und den Niederlanden, suchte Geysa II., 1141–61, diese Nachtheile einigermaßen zu ersetzen. Bei seinen Lebzeiten schon begannen neue Kriege um die Krone, welche sich nach seinem Tode mehre Gegenkönige streitig machten, bis Bela III., 1172–96, sich endlich mit Kraft behauptete. Er sorgte für Beförderung der Cultur und Aufrechthaltung der Gesetze und vereinigte 1180 das an den griech. Kaiser abgetretene Kroatien und Dalmatien wieder mit U. Die von ihm gelobte Heerfahrt nach Jerusalem führte sein zweiter Sohn Andreas II., 1205–35, im J. 1217 aus; obgleich er aber seine Rückkehr möglichst beschleunigte, fand er doch in U. Alles in Verwirrung. Geistlichkeit und Adel hatten den Staatsschatz verschleudert, von Vorrechten sich angemaßt, was ihnen gefiel und dem Volke alle Lasten aufgebürdet, der König aber sah sich am Ende genöthigt, in dem 1222 von ihm gegebenen Reichsgrundgesetz (auch goldene Bulle Andreas II. genannt) jene angemaßten Vorrechte zu bestätigen, zu denen auch gänzliche Steuerfreiheit für die Geistlichkeit und Vornehmen, und Erblichmachung von Lehn und Würden gehörte. Jedem Edelmanne ward das Recht eingeräumt, der Beeinträchtigung seiner Vorrechte sich zu widersetzen, der Bürger aber und der Bauern, welche letztere beinahe völlig zur verkäuflichen Waare herabgewürdigt waren, wurde fast gar nicht gedacht. Bela IV., 1235–70, versuchte schon die vom Adel erlangte Macht wieder zu beschränken. Durch Aufnahme von 50,000 Familien von Kumanen, welche vor den andringenden Mongolen wichen, erhielt die Bevölkerung von U. einen ansehnlichen Zuwachs; allein bald ward es selbst von den Mongolen angegriffen. Das ihnen entgegengestellte ungar. Heer wurde geschlagen (1241) und Bela IV. genöthigt, aus dem Lande zu fliehen, welches bis auf die drei festen Orte Stuhlweissenburg, St.-Martin und Gran, von den Mongolen erobert und mit Verübung beispielloser Greuel verheert wurde. Nach dem Abzuge der Feinde (1242) kehrte der König zurück und brachte durch geignete Mittel das Land bald wieder etwas empor. Aus Deutschland und Italien wurden neue Ansiedler herbeigezogen und ein neuer Angriff der Mongolen 1261 glücklich zurückgeschlagen, was auch 1285 unter Wladislaus IV. Regierung, 1273–90, geschah. Eine Empörung der Kumanen, welche sich unabhängig machen wollten, obgleich der König für sie viele Vorliebe hegte, hatte 1282 die Vertilgung eines großen Theils derselben zur Folge. Mit Andreas III., 1290–1301, welcher sich gegen mehre Thronbewerber behauptete, erlosch die männliche Linie des Arpadischen Königsstammes.
Von mehren Abkömmlingen der weiblichen Linie ward von Rom aus, wo man U. als ein Lehn des h. Stuhles ansah, welchem es durch Stephan I. geschenkt worden, Karl Robert von Anjou (Sohn des als Gegenkönig Andreas III. gestorbenen Karl Martell von Neapel) mit aller Macht begünstigt. Die Mehrzahl der Ungarn wählte jedoch erst den Prinzen Wenzeslaw von Böhmen, 1301–5, welcher sich aber so wenig behaupten konnte, wie Otto von Baiern, 1305–8, an den Wenzeslaw nach Gelangung zur böhm. Krone seine Ansprüche auf die ungar. abtrat. Daher nahmen denn auch die Ungarn endlich Karl I. Robert als König an, gegen den sie hauptsächlich nur einzuwenden hatten, daß er als Lehnsmann des Papstes kam. Er regierte nun bis 1342 im Ganzen sehr zum Besten des Landes, welches er in einem blühendern und geordnetern Zustande, als es seit lange gewesen war, seinem Sohne Ludwig I., dem Großen, 1342–80, hinterließ. Dieser führte mit Venedig, den Serbiern, Bulgaren, Lithauern, Tataren, Russen, Böhmen und andern benachbarten Völkern glückliche Kriege, durch welche das Gebiet U.'s wesentlich erweitert wurde, und unternahm zwei Züge (1347 und 1350) nach Neapel, um die schmähliche Ermordung seines Bruders Andreas zu rächen. Als er nach König Kasimir des Großen Tode (1370) auch die poln. Krone erhalten hatte, war Ludwig I. einer der mächtigsten europ. Fürsten; auch das Glück war stets im Bunde mit seiner ausgezeichneten Regentengabe; nur Söhne hatte es ihm versagt, und er suchte daher dem Markgrafen Sigismund von Brandenburg als Verlobten seiner ältesten Tochter Maria die Nachfolge in Polen und U. zu sichern. Indessen gelangte Sigismund, welcher später auch deutscher Kaiser ward (s. Sigismund), nachdem er sich mit Maria vermählt hatte, blos in U., und auch hier nicht zur Regierung, 1387–41, ohne wiederholte Empörungen zu bekämpfen zu haben; Maria's Schwester, Hedwig, aber ward zur Königin von Polen (s.d.) gewählt. Die Regierung Sigismund's war übrigens wenig glücklich, obgleich er sich durch Einführung einer neuen Kriegsverfassung und anderer heilsamer Gesetze auch wesentliche Verdienste um U. erwarb. Von außen wurden diesem jetzt vorzüglich die Türken gefährlich, gegen welche Sigismund 1396 die Schlacht bei Nikopolis (s. Bajazet) verlor und die ansehnliche Landstriche der ungar. Botmäßigkeit entzogen. In [518] Sigismund's Schwiegersohne, Albrecht von Östreich, gelangte 1437 der erste König aus dem Hause Habsburg auf den ungar. Thron; allein die Regierung dieses ausgezeichneten Fürsten konnte dem Lande nur von wenig Vortheil sein, da sein Tod sie 1439 schon beendigte und sowol das Mistrauen der Ungarn in diesen König von deutschem Stamme, wie der Umstand, daß auch er die Kaiserkrone und die böhm. Krone erwarb, ihm wenig freie Hand in U. ließen. Seine Witwe Elisabeth kam nach seinem Tode im Febr. 1440 mit einem Sohne nieder, welcher Ladislaus genannt wurde und dessen Geburt die Königin veranlaßte, ihren Entschluß, dem Wunsche der Magnaten gemäß, ihre Hand dem Könige Wladislaw Jagello von Polen zu geben, zurückzunehmen. Der junge Thronerbe wurde gekrönt und sie begab sich hierauf mit demselben und mit den Reichskleinodien nach Östreich in den Schutz Kaiser Friedrich IV. Inzwischen ward auch der poln. König gekrönt und regierte als Wladislaw I. (auch Ladislaw V.) unter innern Unruhen. und wiederholten Kriegen mit den Türken, gegen die er blos so lange siegreich blieb, als er den Rathch lägen des berühmten Hunyades (s.d.) folgte. Nachdem er aber den im Jun. 1444 beschworenen zehnjährigen Frieden mit den Türken, hauptsächlich auf Betrieb des päpstlichen Legaten, gebrochen hatte, verlor er mit der unglücklichen Schlacht bei Varna (10. Nov. 1444) auch das Leben. Hunyades war es, der jetzt ein neues Heer sammelte und den äußern Feinden des Reichs wie den Empörungen im Innern entgegentrat, die Wahl von Albrecht's noch unmündigem Sohne, Ladislaw V., 1445–57, genannt Posthumus oder der Nachgeborene, betrieb, und 1416 zum Reichsregenten für denselben ernannt wurde, den aber sein Vormund Kaiser Friedrich IV. nicht von sich ließ. Erst nach einem zweiten Versuche, den jungen König mit Gewalt freizumachen, ward der Kaiser 1452 vermocht, ihn der Aufsicht des Grafen von Cilly, seines Oheims, zu übergeben, und 1453 trat er selbst die Regierung an. Bald nach dem großen Siege über die Türken bei Belgrad (Jul. 1456) starb Hunyades, und die Verfolgungen, welchen dessen Söhne Ladislaw und Matthias nun von Seiten des Grafen von Cilly und des Königs ausgesetzt waren, führte des allgemein gehaßten Grafen Ermordung, die Hinrichtung von Ladislaw Hunyades und die Gefangenschaft seines Bruders, sowie einen innern Krieg herbei, in dem ein großer Theil des Landes verwüstet wurde. Währenddem starb Ladislaw V. in Prag und. die Ungarn wählten Matthias I. Hunyades, genannt Corvinus, zu seinem Nachfolger (1458–90). Der funfzehnjährige König hatte jedoch sogleich mit Empörungen und Thronbewerbern zu kämpfen, welche mehr Recht an die Krone zu haben glaubten; nach zwei Jahren aber waren alle innere Unruhen gestillt und er konnte nun den Händeln mit Kaiser Friedrich IV., der die Krone des h. Stephan nicht herausgeben und selbst auf U. Anspruch machen wollte, sowie der Bekriegung der Türken seine ganze Aufmerksamkeit zuwenden, welchen er mehre von ihnen gemachte Eroberungen wieder entriß. Daß ihm Kaiser und Papst die böhm. Krone versprochen, machte, daß Matthias I. 1468 den eifrig hussitischen König, Georg Podiebrad von Böhmen, angriff, der sein Schwiegervater war und welchem er viel zu danken hatte; allein Matthias konnte während der von ihm mehrmals auf treulose Weise erneuerten Feindseligkeiten nichts Entscheidendes gegen Böhmen ausrichten, wo nach Podiebrad's Tode 1471 Wladislaw von Polen gewählt, und dadurch für Matthias I. die Verwirklichung der ihm gemachten Versprechungen vollends vereitelt wurde. So ruhmvoll jedoch Matthias I. die meisten seiner Kriege ausfocht, so erfoderten sie doch Mittel, welche in U. nicht ohne Bedrückung aufgebracht werden konnten, und erregten daher viel Unzufriedenheit. Auch hielten sie ihn offenbar von Verbesserungen im Innern ab, welche dem noch rohen Volke sehr nothwendig waren und die der König sehr wohl begriff, wie die Gründung vieler Schulen, die Stiftung der Universität Ofen und die Ansammlung der größten Bibliothek seiner Zeit belegen. In den letzten Jahren suchte er jedoch Vieles nachzuholen und durch Milde und Mäßigung die Unzufriedenen zu versöhnen. Allein weder dadurch, noch von den persönlichen Vorzügen seines unehelichen Sohnes, Johann Corvinus, ließen sich die Ungarn vermögen, diesem ihre Krone zu verleihen, und wählten vielmehr unter den Thronbewerbern den König von Böhmen, Wladislaw II. (oder Ladislaw VI.), 1490–1516, der jedoch der Unwürdigste von Allen war. Unkriegerisch und ohne Entschlossenheit, gerieth während seiner Regierung Alles in Verfall; die von Östreich eroberten Provinzen wurden ohne Schwertstreich zurückgegeben, und Mähren, die Lausitz, Schlesien, der größere Theil von Dalmatien gingen nacheinander verloren, und am Ende konnte sich der König fast nur mittels böhm. Hülfstruppen behaupten. Dieser Zustand innerer Zerrüttung nahm unter seinem Sohne und Nachfolger Ludwig II., 1516–26, noch zu, der minderjährig unter Vormundschaft des Erzbischofs von Gran, seines Hofmeisters und seines Oheims, des Markgrafen von Ansbach, die Regierung antrat. Die Großen führten unter sich einen fortwährenden Parteikampf, und die zunehmende Ausbreitung der lutherischen Lehre gesellte noch Religionsverfolgungen zu der herrschenden Verwirrung. Als die hochmüthig herausgefoderten Türken 1521 in U. einfielen, konnte ihnen keine Armee entgegengestellt werden, und Belgrad, die wichtigste Festung U. s, ging an sie verloren. Dessenungeachtet wurden keine bessern Anstalten zur Bekämpfung dieser, mit Eroberung von ganz U. drohenden Gegner früher getroffen, als bis sie 1526 ihre Drohung auszuführen kamen. Mit 20,000 M. zog Ludwig II. dem Feinde in der Hoffnung entgegen, sich mit dem doppelt stärkern Heere des Woiwoden von Siebenbürgen, Johann von Zapolya, vereinigen zu können, der jedoch nicht erschien. Gleichwol ließ sich der König bei Mohacz in eine Stellung verlocken, wo er den Kampf mit dem überlegenen Feinde unter sehr ungünstigen Bedingungen nicht abweisen konnte, und kam in der Schlacht am 29. Aug. mit dem größten Theile seines Heers um.
Bis in den Herbst ward nun U. von den Osmanen geplündert und verheert, ohne daß die Parteien dadurch zur Aussöhnung bewogen worden wären. Vielmehr wählte nun die eine auf einem zu Tokay versammelten Landtage den Joh. von Zapolya zum Könige, die andere aber, die verwitwete Königin, eine Schwester Kaiser Karl V. an ihrer Spitze, und hauptsächlich vom Palatinus Stephan Bathori geleitet, erklärte alle Beschlüsse jenes Landtags für ungültig und berief den König von Böhmen, Erzherzog Ferdinand I. von Östreich, auf den ungar. Thron. Zapolya sah sich durch [519] diesen bald genöthigt, um Hülfe in Polen, und da er sie hier nicht erhielt, bei den Türken anzusuchen, die sich bereitwilliger zeigten, ohne jedoch Ferdinand I. ganz verdrängen zu können. Vielmehr behauptete dieser seine Rechte, trotz wiederholter Kriege mit den Türken und Zapolya, welchem er jedoch Siebenbürgen und U. bis an die Theiß, sammt dem königl. Titel auf Lebenszeit zugestand. Der Reichstag erklärte U. für ein Erbreich des Hauses Habsburg, und 1563 gelang es Ferdinand I., welcher kurz zuvor einen achtjährigen Waffenstillstand mit 30,000 Dukaten jährlichen Tribut von den Türken erkauft hatte, Wahl und Krönung seines Sohnes Maximilian durchzusetzen, dessen Regierung, 1564–76, zwar auch mit Krieg gegen Siebenbürgen und die Türken anhob, in den letzten Jahren aber U. eine lang entbehrte Ruhe brachte, welche nur von Streitigkeiten wegen Entstehung socinianischer Gemeinden und einzelnen Raubzügen an den türk. Grenzen gestört wurde. Schon 1572 war Rudolf, Sohn Maximilian's, zum König von U. gewählt und gekrönt worden, und trat 1576 die Regierung aller Staaten seines Vaters unter günstigen Verhältnissen an. (S. Rudolf II.) Bald erneuerten sich aber die Streitigkeiten mit den Protestanten, wozu die Ausbreitung der Jesuiten in U. seit 1580 wesentlich beitrug und gingen später zum Theil in Aufstände über, und die seit 1587 mit den Türken sich wiederholenden Kriege nahmen zuletzt eine so unglückliche Wendung, daß im Frieden von 1606 ein großer Theil U. s in türk. Händen blieb. Auch die übermäßige Bevorzugung der Deutschen, welche zahlreich nach U. geschickt wurden oder selbst dahin gingen, veranlaßte schon 1583, daß der Reichstag keine Bewilligung machen wollte, bevor jener Grund zur Beschwerde gehoben sei, und zuletzt stieg die Unzufriedenheit mit Rudolf so, daß er U. noch vor seinem Tode an seinen Bruder Matthias II., 1608–19, abtreten mußte. Bevor aber dieser gekrönt wurde, nöthigten ihn die Stände zur Unterschrift mehrer Artikel, in denen unter Anderm völlige Religionsfreiheit, die Verwaltung der Reichsgeschäfte durch geborene Ungarn, die Abhängigkeit des Beschlusses über Krieg und Frieden von der Zustimmung der Stände, und die beständige Residenz des Königs in U. zugesagt wurde. Vergebens trachtete er danach, Siebenbürgen wieder unter ungar. Hoheit zu bringen und sein vorgerücktes Alter, wie die geringe Bereitwilligkeit und das zweifelhafte Vertrauen der Stände hinderten ihn gleichmäßig an größern Unternehmungen. Sein Nachfolger, der unduldsame Ferdinand II., 1619–37, wurde wegen Bedrückung der ungar. Protestanten dreimal in Krieg mit dem Fürsten Bethlen Gabor von Siebenbürgen verwickelt, welcher sogar 1620 zum König von U. gewählt ward und sich fast des ganzen Landes bemächtigte, jedoch gegen Überlassung von sieben ungar. Grafschaften und andere Vortheile seinen Ansprüchen wieder entsagte. Der Anfang von Ferdinand III. Regierung, 1637–57, war in U. ziemlich ruhig, bis die Gegner Östreichs den siebenbürg Fürsten Rakoczy (s.d.), der nach Zurückgabe der sieben ungar. Gespanschaften von Ferdinand II. als Nachfolger Bethlen Gabor's anerkannt worden war, 1644 zu einem Einfalle in U. vermochten, wo er an den Protestanten bereite Bundesgenossen fand und 1645 im Frieden zu Linz für sie die Bewilligung der vornehmsten Foderung und die Wiederabtretung der sieben Gespanschaften an Siebenbürgen durchsetzte, welchen Frieden aber der Papst für gottlos und ungültig erklärte. Erneuerte Bedrückungen der Protestanten hatten auch neue Gährungen zur Folge, welche unter Leopold I., 1657–1705, der gleich zu Anfang seiner Regierung mit Siebenbürgen und den Türken Krieg führen mußte, vermehrt durch den Unwillen über das Betragen der deutschen Söldner und die Beeinträchtigung der Vorrechte des Adels, eine weitverzweigte Verschwörung zur Folge hatten. Diese wurde jedoch entdeckt und die Häupter derselben wurden hingerichtet, Leopold I. aber nahm sie zum Vorwande, um unter dem Schutze zahlreicher deutscher Truppen die Verfassung zu verändern und unumschränkt zu regieren. Allein die allgemeinen Bedrückungen und die unmenschlichen Verfolgungen der Protestanten führten 1673 einen Aufstand herbei, der unter Anführung des Grafen Emmerich Tökely in einen bis 1680 dauernden Religionskrieg überging. Mit Hülfe der Türken begannen die Feindseligkeiten 1682 von neuem, allein nachdem das türk. Heer vor Wien (11. Sept. 1683) durch Sobieski (s.d.) und die mit denselben vereinigten deutschen Fürsten geschlagen worden, erlitt es eine Niederlage nach der andern, und alle errungenen Vortheile gingen verloren. Tökely selber ward deshalb von ihnen verhaftet, um die Aufrichtigkeit der angeknüpften Friedensunterhandlungen zu bekräftigen, die jedoch vergeblich blieben. Hierauf entließen und unterstützten sie ihn wieder, allein nicht hinreichend, um mit Erfolg handeln zu können, obwol seine Partei noch immer sehr zahlreich war. Ofen ward 1686 von den Türken verloren, und dem Siege bei Mohacz (12. Aug. 1687) folgte die Eroberung von Siebenbürgen. In U. hatten indessen grausame Verfolgungen wider Tökely's Anhänger begonnen und ein zu Eperies aus dem Hofe blindlings ergebenen Männern, die meist Ausländer und keine Rechtskundigen waren, niedergesetztes Gericht diente zur Beseitigung der für gefährlich gehaltenen Personen. Die Jesuiten benutzten dieses schreckliche Tribunal zugleich gegen die Protestanten, und die Furcht, welche die von ihm bis in den Nov. ununterbrochen verfügten Hinrichtungen (daher Blutgericht von Eperies) verbreitete, vermochte den im nämlichen Jahre in Presburg versammelten Reichstag, die Erblichkeit der ungar. Krone in der männlichen Linie des habsburgischen Hauses anzuerkennen, nach deren Erlöschen ihnen jedoch das Wahlrecht wieder zustehen sollte. Der glückliche Fortgang des Kriegs mit den Türken führte endlich, nach den Siegen Eugen's (s.d.) im karlowitzer Frieden (1699) die Abtretung von Siebenbürgen und des Landes zwischen Donau und Theiß herbei, und nur Temeswar und Großwardein blieben den Türken von Allem, was nördl. der Donau so lange unter ihrer Botmäßigkeit gestanden hatte. Daß aber dieser Friede ohne Zuziehung ungar. Abgeordneter geschlossen wurde, misfiel in U., wo die bald erneuerten Verfolgungen und Gewaltthätigkeiten gegen die Protestanten und drückende Besteuerungen wieder viel Unzufriedene machte, welche sich seit 1703 um Franz Leopold Rakoczy (s.d.) sammelten. Ein blutiger Aufstand begann, während dessen Leopold I. starb und den Joseph I., 1705–11, vergebens durch Unterhandlungen zu beendigen suchte, die bald an den Foderungen der Magnaten, bald an der Unduldsamkeit der katholischen Geistlichkeit scheiterten. Nach vielfachen Kämpfen und Verhandlungen kam aber doch der Friede von Szathmar am 1. Mai 1711 zu Stande, welcher [520] den Theilnehmern des Aufstandes allgemeine Verzeihung, den Protestanten freie Religionsübung und der Nation die von ihr in Anspruch genommenen Rechte zusicherte. Kurz vorher starb Joseph I., und Karl III. (als König von U., als Kaiser Karl VI.) bestätigte den Frieden. Zwar unterbrach ein neuer Krieg mit den Türken (1716–18) die für U. sehr wünschenswerthe Ruhe, allein im Frieden von Passarowitz (Juli 1718) erhielt es durch die kleine Walachei, Theile von Bosnien und Serbien, Belgrad und Temeswar einen ansehnlichen Zuwachs. Die pragmatische Sanction (s. Kaiserthum Östreich) ward 1722 vom Reichstage angenommen, auch geschah Manches für Verbesserung der Rechtspflege und der Lage der Bauern. Die Beschwerden der Protestanten aber wegen erneuter Bedrückung und Verfolgung verhallten, und als 1731 der König eine Religionsresolution erließ, welche die Protestanten in der Meinung der katholischen Geistlichkeit nicht genug beschränkte, protestirte diese dagegen. Der von 1737–39 sehr unglücklich von Östreich gegen die Türken geführte Krieg ward im Frieden von Belgrad mit dem Verluste der meisten, 1718 an U. gekommenen Gebiete beendigt. Bald darauf erbte nach Karl VI. Tode (1740) Maria Theresia (s.d.) auch die ungar. Krone und fand in den Bedrängnissen des östr. Erbfolgekrieges die kräftigste Hülfe bei den ungar. Ständen, von denen auch ihr Gemahl Franz Stephan von Toscana 1741 unter einigen Beschränkungen zum Mitregenten von U. gewählt wurde. Dieses erhielt unter ihrer Regierung, 1740–80, eine günstigere Stellung zu den östr. Staaten und manche Verbesserung gewann Eingang; auch vereinigte sie das an Polen verpfändet gewesene Zipserland, Theile der Moldau, Temeswar und Siebenbürgen wieder mit dem Königreiche, und die Aufhebung der Jesuiten verminderte die Bedrängnisse der Protestanten wesentlich. Noch mehr geschah dies unter Joseph II., 1780–90, durch das Toleranzedict (13. Oct. 1781), allein auch in U. war die Nation noch lange nicht reif, um diese und andere zwar aufgeklärte und im Grundsatze vortreffliche, jedoch viel zu übereilt und gewaltsam begonnene Neuerungen liebgewinnen zu können. Dazu kam noch, daß Joseph II. auch die Volksthümlichkeit beeinträchtigte, allen Ungarn zumuthete, deutsch zu lernen, und um in seinen Plänen nicht gehemmt zu sein, weder einen Reichstag berief noch sich krönen ließ, damit er die Verfassung nicht zu beschwören brauche. Endlich ward die Unzufriedenheit in U. noch durch die Leistungen und Bedrängnisse, welche der 1788 begonnene, aber nicht glücklich geführte Türkenkrieg mit sich brachte, so gesteigert, daß Joseph II. drei Wochen vor seinem Tode fast alle eingeführten Veränderungen widerrief. Sein Nachfolger Leopold II., 1790–92, versöhnte sich vollends die aufgeregten Gemüther, hielt aber das Toleranzedict in U. aufrecht, und der von ihm berufene Reichstag, der erste seit 25 Jahren, nahm dasselbe unter seine Beschlüsse mit auf. Während der ereignißvollen Regierung Franz I. (s.d.) theilte U. treulich die Schicksale der östr. Monarchie und war nicht die geringste Stütze derselben. Das bewegte Jahr 1830 störte so wenig wie der Aufstand der Polen den Frieden U.'s, so lebhaft sich auch die Theilnahme am Kampfe wider Rußland aussprach; die 1831 zuerst beginnenden Verheerungen der Cholera waren aber von greuelvollen Unruhen des von falschen Gerüchten über Natur und Entstehung der Seuche irregeleiteten und abergläubigen Volks begleitet, welche nicht ohne Blutvergießen gestillt werden konnten. Schon 1830 war Ferdinand V. als König von U. gekrönt worden und folgte 1835 (s. Ferdinand I.) seinem Vater in der Regierung.
Eine besondere Fürsorge für die Belebung und Beförderung der industriellen und Handelsbeziehungen U.'s hat sich seitdem bemerklich gemacht. Neuerdings auch in U. überhand genommene Anmaßungen der katholischen Kirche gegen die Protestanten bei gemischten Ehen, scheinen durch den Beschluß des 1839 berufenen Reichstags, daß die Kinder aus solchen Ehen immer in der Religion des Vaters erzogen werden sollen, keineswegs erledigt, und auch in Bezug auf bürgerliche Gleichstellung der Juden bewies dieser Reichstag tolerante Gesinnungen. Endlich ist es eine erhöhte und auch veredelte Geltendmachung des ungar. Volksthums, die unter den Bestrebungen der Ungarn in neuester Zeit vorzüglich ins Auge fällt, auch insbesondere in der Literatur hervortritt. Erst in späterer Zeit ward die ungar. Literatur eine eigentlich nationale, denn die ungar. Sprache, welche unter den Sprachen des christlichen Europa ihre asiat. Heimat noch am deutlichsten verräth, wurdelange gar nicht als Schriftsprache benutzt. Dazu diente vorzugsweise die lateinische, welche mit Einführung der christlichen Lehre, in der Kirche, in den Schulen und endlich auch bei Staatsgeschäften allein üblich wurde. Verwandt ist die ungar. Sprache mit der finnischen und türk., und verbindet Wohllaut mit Reichthum, Kraft und Bildsamkeit in sehr hohem Grade. Sie blieb indessen die Sprache des gemeinen Lebens, erhob sich im 14. Jahrh. während der Könige aus dem Hause Anjou eine Zeitlang zur Hofsprache, und mit ihr gewann auch die Literatur an Umfang. Noch entscheidender geschah das Letztere in Folge der sich in U. verbreitenden Reformation, deren Lehrer und Vertheidiger ungar. schrieben, im 16. und im 17. Jahrh. Zu Anfang des 18. Jahrh. gewann aber das Lateinische, das Französische und Deutsche wieder die Oberhand, und die Aufmerksamkeit wendete sich mehr ausländischen Geisteswerken zu, bis mit den nach Joseph II. Tode eintretenden Veränderungen im nationalen Sinne auch die Fortbildung von Sprache und Literatur von neuem begann. Die ungar. Sprache sollte in allen Schulen gelehrt und zu allen Verhandlungen öffentlicher Behörden, zu allen Staatsgeschäften gebraucht werden, was indeß noch immer nicht ganz der Fall ist. Reich und ausgezeichnet angebaut ist besonders das Gebiet der Dichtkunst, namentlich die lyrische, aber auch in wissenschaftlichen Fächern, z.B. in dem der Naturkunde, Sprachwissenschaft, Geschichte und des allgemeinen Staats- und Völkerrechts, ist sehr Vorzügliches geleistet worden. Ungar. geschrieben ward übrigens seit dem 12. Jahrh., wie handschriftliche ungar. Predigten, Bibeln und Legenden darthun; die ältesten poetischen Denkmale der Nationalliteratur schreiben sich jedoch aus dem 15. Jahrh. her und beschränken sich auf Helden- und Kirchenlieder.
Der größere Theil von U. ist gebirgig und nördl. und östl. umgeben es die Karpaten (s.d.) unter mehren Specialnamen in einem weiten Bogen, von dem sich viele Verzweigungen südl. ins Land erstrecken. Über die östl. Grenze [521] dringen mehre Zweige der Alpen, von denen sich nordöstl., gegen den Winkel, welchen die Donau zwischen Gran, Waitzen und Ofen bildet, der plateauartige Bakony-Wald erstreckt. In den mittlern und südöstl. Gegenden des Landes breiten sich weite Ebenen aus, die zum Theil höchst fruchtbaren Boden, allein auch viel öde, unwirthbare Flächen und sehr umfängliche, über 100 ! M. bedeckende Moräste (an den Ufern der Theiß, Donau u.a. Flüsse) darbieten. Man unterscheidet namentlich die ödenburger Ebene, welche im N. und O. von der Donau, im S. vom Bakony-Walde begrenzt wird und an deren Westsaume der über 6 ! M. große, salzige Neusiedlersee liegt. Die Donau- und Theißebene begreift den ganzen übrigen, nicht gebirgigen Theil U.'s und ist von N. nach S. 72 M. lang, von W. nach O. 48 M. breit. Einzelne Strecken derselben, wie z.B. die kecskemeter Haide, geben mitten in Europa ein Bild afrik. Wüsten und werden nur von rohen Hirten mit ihren Heerden durchzogen; am Westrande dieser Ebene liegt der 24 ! M. große Balaton- oder Plattensee mit großen Sümpfen an seinem südl. Ende. Hauptfluß des Landes ist die Donau (s.d.), die sich auf ungar Gebiete sogleich in mehre Arme theilt und die große Insel Schütt bildet. Sie nimmt fast alle übrigen Gewässer U. 's, namentlich von der rechten Seite die Leytha, Raab, Sarvitz, Drau und Save auf, welche letzten die Südgrenze U.'s auf eine weite Strecke bilden, und von der linken fließen ihr die Waag, Gran, Temes und die überaus fischreiche, schiffbare und wichtige Theiß zu, welche aus der schwarzen und weißen Theiß entsteht und in den siebenbürg. Karpaten entspringt. Außer den obengenannten Seen sind noch der grüne See in den Karpaten, welcher seinen Namen von dem die grüne Farbe reflectirenden Wasser hat, das gleichwol geschöpft völlig klar und farblos erscheint, und die sogenannten weißen Seen zwischen der Theiß und dem Gebirge zu erwähnen, deren gegen 30 sind. In heißen Sommern trocknen sie bei ihrer geringen Tiefe größtentheils aus und aus dem Schlamme gewinnt man Soda (jährlich gegen 9000 Ctn.) Mineralquellen sind zahlreich vorhanden, und die Schwefelquellen zu Ofen (s.d.), die Sauerbrunnen von Füred und Barthfeld, das kaschauer Stahlwasser u.a. gehören zu den berühmtern. Mehre Kanäle sind zur Erleichterung der Schiffahrt und zum Holzflößen, theils behufs der Entsumpfung angelegt worden, von denen der Franzkanal zur Vereinigung von Donau und Theiß (137-M. lang, 10 Klafter breit, mit fünf gemauerten Kastenschleusen) in der bacser Gespanschaft, die Fahrt aus der Donau nach den getreide- und salzreichen Theißgegenden von 2–3 Wochen auf gleichviele Tage abkürzt. Der Bega- oder Temeschschiffahrts- und Holzflößekanal ist eigentlich nur das in der temescher Gespanschaft auf 16 M. weit geradegelegte Bett des Begaflusses; der Palatinal-oder Sarvitzkanal geht von Stuhlweissenburg zur Donau, und der Berzawakanal verkürzt die Verbindung zwischen Berzawa und Temesch. Das Klima ist in U. ziemlich rauh und die unwirthbarsten Gebirgsgegenden sind fast ohne Ackerbau; allein am südl. Fuße der Berge gedeiht schon trefflicher Wein, und die südl. Landstriche haben sehr heiße Sommer, sind aber auch der vielen Sümpfe wegen ungesund. Erdstöße ereignen sich in U. nicht selten, und Heuschrecken, sowie in einigen Gegenden ungeheuere Schwärme von Mücken, werden häufig zur Landplage. An werthvollen Producten ist U. sehr reich, obgleich die Cultur des Bodens und die Benutzung anderer, dem Lande eigner Vortheile noch sehr zurück ist, wovon aber seine Verfassung und Stellung zu Östreich, sowie die Trägheit eines Theils der Bewohner, die Schuld mit tragen. Höchst bedeutend ist die Rindvieh-, Schaf- und Pferdezucht, auch werden viele Schweine und viel Geflügel gezogen. Von wilden Thieren gibt es noch Wölfe und mitunter Bären und Luchse, Steinböcke und Gemsen auf den Gebirgen, Federwild in Menge, Fluß- und Seefische; Bienenzucht und Seidenbau werden mit Eifer betrieben. An Getreide (im S. auch Mais und Reis) ist Überfluß, Gemüse wird von besonderer Güte gebaut; der Obstbau ist zwar ansehnlich, allein hinsichtlich der veredelten Arten noch beschränkt; Flachs, Hanf, Taback und Wein, von welchem des Jahres gegen 18 Mill. Eimer gewonnen werden, Waid, Krapp, Saflor sind vorzüglich Gegenstand der Ausfuhr. An Waldungen sind manche Gebirgsgegenden sehr reich, in den südöstl. Ebenen aber mangelt es an Holz. Von der größten Wichtigkeit sind endlich die Producte aus dem Mineralreiche und kein anderes Land in Europa hat so viel Gold, indem die jährliche Ausbeute über 2000 Mark beträgt Außerdem liefert der Bergbau Silber (92,000 Mark jährlich), 40,000 Ctr. Kupfer, 140,000 Ctr. Eisen, Blei, Quecksilber 130 Ctr., Steinsalz, Kobalt und eine Menge anderer Mineralien; von den vorkommenden Edelsteinen sind die Opale berühmt. Gering ist der Gewerb- und der Fabrikfleiß, der hauptsächlich Leinwand, Leder, Tuch, Garn, einige baumwollene Waaren, Papier, Holzwaaren, Eisen- u.a. Metallwaaren, Branntwein, Terpenthinöl und Glas liefert; zur Ausfuhr kommen vorzüglich Producte der Landwirthschaft und Viehzucht und des Bergbaues, und sie hat in neuerer Zeit, sowie der Verkehr im Allgemeinen durch Einführung der Dampfboote auf der Donau (s.d.) sehr gewonnen. Die höhere wissenschaftliche Bildung wird durch fünf Akademien und eine Universität (s. Pesth) befördert.
Die Bevölkerung U.'s ist verhältnißmäßig aus verschiedenern Völkerschaften zusammengesetzt, als die eines andern Landes in Europa und meist haben sie auch Sprache, Sitten und herkömmliche Erwerbszweige beibehalten. Die zahlreichsten sind die Slawen (5 Mill.), die herrschende Nation der Magyaren oder Ungarn (gegen 4 Mill.), zu welchen die stammverwandten Kumanen und Jazygen (zusammen 110,000) gerechnet werden können, die Deutschen und Wlachen; außerdem leben in U. Griechen, Albaneser, Armenier, Juden und Zigeuner. Von den vier Hauptsprachen, der slaw., ungar., lat. und deutschen, ist die erste die verbreitetste, doch ist neuerdings die ungar. als allgemeine Geschäftssprache in Aufnahme gekommen und hat die als solche früher übliche lat. etwas verdrängt; das Deutsche endlich wird von den Gebildeten gesprochen. Die Magyaren bewohnen meist den ebenen und fruchtbarsten Theil U.'s und beschäftigen sich ausschließlich mit Landwirthschaft. Sie sind hochgewachsen und wohlgestaltet, besitzen eine asiat., edle Gesichtsbildung, große dunkle und lebhafte Augen, buschige Brauen, schöne Zähne, eine bleiche und von der Sonne vergelbte Hautfarbe, schwarzes und häufig von Fett glänzendes Haupthaar. Unzertrennlich vom Ungar ist der stark gewichste Schnurbart. Das weibliche Geschlecht wird früh reif und altert schnell. Eigenthümlichkeit des ungar. Nationalcharakters sind u. A. ein Stolz, gleich dem der Castilier, und verschwenderische Gastfreundschaft. Die [522] Nationaltracht besteht in anliegenden und mit Schnüren verzierten Beinkleidern und Ärmelweste oder Dolmann; über diese tragen sie einen Gürtel um die Lenden, sowie einen längern, mit Zeuch oder mit Pelz gefütterten und verbrämten Rock (Mente), dazu hohe verzierte Stiefeln (Zischmen) oder kurze und den Schuhen ähnliche Fußbekleidung (Topanken). Die Landleute tragen breitrandige Hüte, blaue Westen, blautuchene oder im Sommer leinene Beinkleider, braune Mäntel oder Schafpelze. Die Frauen gehen in den Städten nach franz. Mode und haben nur auf dem Lande noch eine eigne Tracht, welche in faltenreichen Röcken von grünem oder blauem Halbtuch, dergleichen Jacken, buntfarbigen Miedern von Sammt und Seide und mit Schnüren und Bändern verziert und einem blauen mit Fuchs ausgeschlagenen Pelze besteht. Das Haar tragen die Mädchen in Flechten, außerdem wird es mit einem weißen oder bunten Tuche bedeckt. Die slaw. Bevölkerung ist leicht an ihrer Nationalbildung kenntlich und zeichnet sich auch durch die vorzugsweise im Sommer getragenen weißtuchenen Jacken und die weißtuchenen Röcke im Winter aus. Die Lebensart der gemeinen Leute ist sehr dürftig, und Haferbrot, Speck, Schmalz und Knoblauch sind ihre vorzüglichsten Nahrungsmittel; Branntwein ist für die Armen eine Leckerei. In bürgerlicher Hinsicht unterscheidet man den Adel, dessen vornehmste Mitglieder Magnaten (s.d.) heißen und der mit der hohen Geistlichkeit große Vorrechte genießt, Bürger und Bauern, welche letztere kaum mehr als Knechte und Leibeigne sind, jedoch in neuester Zeit einige Freiheiten zugestanden erhalten haben. Die deutschen Ansiedler, die Hahducken, Kumanen und Jazygen sind indessen von dem Zwange der andern Bauern frei, die nicht blos den Zehnten an die Kirche, sondern an den Grundherrn noch den neunten Theil ihrer Erzeugnisse abgeben und mit den Städtebewohnern fast alle Auflagen allein tragen müssen. Kein Bauer kann einem Edelmanne gegenüber vor Gericht stehen, und dieser, bevor er eines Verbrechens überführt ist, nicht verhaftet werden.
Seiner Verfassung nach ist U. eine in männlicher und weiblicher Linie erbliche Monarchie, nach dem Erlöschen des regierenden Hauses steht jedoch den Reichsständen die Wahl eines neuen Königs zu. Dieser übt die oberste vollziehende Gewalt, hat Wahl-und Ernennungsrecht aller Bischöfe und Prälaten, die Oberaufsicht über Kirchen- und Schulwesen der Nichtkatholischen, und die Leitung des Erziehungs-und Studienwesens. Er kann über Krieg und Frieden bestimmen, die Insurrection des Adels aufbieten (d.h. ihn zum persönlichen Kriegsdienste auffodern), muß sich aber zur katholischen Kirche bekennen, vor und nach seiner Krönung die Aufrechterhaltung der Verfassung beschwören, zufolge der er mit den Ständen die gesetzgebende Gewalt, das Besteuerungs- und Rekrutirungsrecht theilt; auch erstreckt sich ihr Einfluß auf die Rechtspflege und Verwaltung. Die Stände bestehen aus Prälaten, d.h. den vornehmsten Geistlichen der katholischen und griech. Kirche, von welchen der Erzbischof von Gran als Primas des Reichs dem Range nach zunächst auf den Regenten folgt, und aus Magnaten, welche beide unter dem Vorsitze des Palatinus (s.d.) die Magnatentafel oder erste Kammer ausmachen; zur Ständetafel oder zweiten Kammer gehören die zwei gewählten Adelsabgeordneten aus jedem Comitat, die Abgeordneten der 49 königl. Freistädte, der abwesenden Freiherren und Grafen und zwei Deputirte der Jazygen und Kumanen, sowie zwei andere der Hayducken, und der aus dem Ritterstand ernannte königl. Personal führt hier den Vorsitz. Die Zahl der Stände beläuft sich auf 600, doch wird durch dieselben kaum 1 Mill. der Bevölkerung wirklich vertreten, und die ganze übrige Volksmasse heißt selbst in den Gesetzen der elende steuerpflichtige Pöbel (misera contribuens plebs) und hat keinen Theil an den Reichstagen, welche gesetzlich alle drei Jahre, oder wenn es das Beste des Landes fodert, berufen werden sollen. Die Ständetafel hat allein das Recht zu Anträgen, die Gravamina genannt werden, und in besonders wichtigen Fällen halten beide, für gewöhnlich getrennt berathende Tafeln, auch gemeinschaftliche Sitzungen. Noch sind von den eigentlichen Reichstagssitzungen die Circularsitzungen der Stände zu unterscheiden, in welchen blos vorläufig Verhandlungen wegen der zu berathenden Gegenstände stattfinden. Haben sich König und Stände über einen Antrag vereinigt, so bekommt er Gesetzeskraft und wird decretum regni. Die Einkünfte der Regierung aus Domainen, Regalien und Steuern werden auf 40 Mill. Gldn. angenommen; zum östr. Heere werden durch Aushebung und Werbung 12 Regimenter Fußvolk und 10 Regimenter Reiterei, zusammen 65,000 M. gestellt und im Nothfall kann noch der Adel zum persönlichen Kriegsdienst oder die sogenannte Insurrection aufgeboten werden. Die oberste Verwaltungsstelle für U. mit Slawonien und Kroatien ist der königl. ungar. Hofrath mit der Hofkanzlei zu Wien.
Das Königreich U. wird in Ober- und Niederungarn, und das erstere oder östl. in die Kreise diesseit und jenseit der Theiß, das andere oder westl. in die jenseit und diesseit der Donau eingetheilt; diese vier Kreise zerfallen wieder in 46 Gespanschaften oder Comitate und mehre besondere Landschaften und Districte. In Niederungarn, welches 24 Gespanschaften, die Landschaft Kleinkumanien und einige Gerichtsstühle des Erzbischofs von Gran umschließt, sind die wichtigsten Orte im Kreise diesseit der Donau: die Freistädte Presburg (s.d.), Tyrnau mit 7000 Einw., einem erzbischöflichen Lyceum und einem Invalidenhause für 1700 M.; Neitra mit 5000 Einw., der Sitz eines katholischen Bischofs, mit einem Piaristencollegium, wichtigen Getreidemärkten und Handel und einem festen Schlosse; Skalitz an der March hat 7000 Einw. und ein Spital der barmherzigen Brüder; Schooßberg oder Sassin mit 2300 Einw. ist wegen seiner Kattunfabrik und eines Gnadenbildes als einer der besuchtesten Wallfahrtsorte merkwürdig. Neuhäusel hat 5800 Einw.; Pösteny, Postyan oder Pischtyan an der Waag, hat in neuerer Zeit sehr in Aufnahme gekommene zwischen 48–50° R. warme Quell- und außerordentlich wirksame Schlammbäder, deren Gebrauch durch die seit 1822 erweiterten und zum Theil erneuerten, umstehend abgebildeten Bade-und Wohngebäude des schon seit dem 16. Jahrh. bekannten Bades sowol bequemer als vielseitiger geworden ist. Die Freistadt Trentsin hat 3000 Einw.; der Flecken St.-Martin an der Thurosez 2000 Einw.; St.-Niklas oder ungar. Szent Miklos an der Waag hat 4000, Deutsch-Liptsch hat 3060 Einw., welches die Sage von durchreisenden leipziger Kaufleuten gründen läßt, welche zufällig Goldbergwerke [523] hier entdeckten; die Frei- und Bergstadt Neusohl an der Gran und Bistritz mit 10,000 Einw., ist der Sitz eines katholischen Bischofs und lutherischen Superintendenten, eines Berggerichts und wichtiger Kupferwerke, sowie anderer das Bergwesen betreffender Anlagen. Die erste ungar. Berg- und Freistadt Kremnitz (ungar. Körmocz Banya) liegt in einem tiefen Thale, hat 6000 Einw., ist der Sitz eines Bergverwaltungs- und Münzamtes, wo die kremnitzer Dukaten geschlagen werden, und hat wichtige Gold- und Silbergruben in der Nähe. Die Freistadt Schemnitz mit 23,000 Einw. ist die größte ungar. Bergstadt, hat eine besuchte Bergakademie und in den nahen Bergwerken arbeiten beständig über 5000 Menschen. Die Freistadt Gran mit 6000 Einw. liegt am Einfluß des Gran in die Donau und ist der Sitz eines Erzbisthums, welches von dem hier geborenen h. Stephan gestiftet wurde. Der Marktflecken Gács oder Gatsch hat 4000 Einw., welche viel Tuch-und wollene Zeuche verfertigen. Die schönste ungar. Stadt ist Pesth (s.d.); Waitzen an der Donau hat 10,000 Einw., ist der Sitz eines katholischen Bischofs, eines bischöflichen Seminars, einer Militairakademie und anderer Bildungsanstalten. Colocza mit 7000 Einw. ist der Sitz eines Erzbischofs; Nagy-Körös hat 13,000 Einw. und ein reformirtes Gymnasium, ein Piaristencollegium und ansehnliche Jahrmärkte. Nach Kecskemet mit 30,000 Einw., hat die von Pesth bis Szegedin reichende kecskemeter Haide den Namen; Pilis Csaba hat 12,000, Czegléd 13,000 Bewohner und viel Weinbau. Am Anfang des Franzkanales in der batscher Gespanschaft liegt die Freistadt Zombor mit 18,000 Einw., meist Raitzen (s.d.), der Sitz eines griech. Protopopen, einer katholischen und nichtunirten griech. Hauptschule. Die Freistadt Neusatz oder Uj-Vidck an der Donau, gegenüber von Peterwardein (s.d.), hat 17,000 Bewohner, darunter viele Raitzen und Juden und ist der Sitz des griech. Bischofs von Bács (eines Marktfleckens von 7000 Einw.), sowie neben mehren Bildungsanstalten auch eines serbischen Gymasiums für nicht unirte Griechen. Von hier zieht sich in nordöstl. Richtung zur Theiß eine röm. Befestigung, welche die Landspitze zwischen jenem Flusse und der Donau deckte. auf welchem Gebiete mancherlei röm. Alterthümer gefunden worden sind und wo jetzt die 1200 Tschaikisten (s. Tschaiken) wohnen, deren Zeughaus und Stab zu Titul an der Donau ist. Marie-Theresienstadt, nahe am palitscher See, hat 30,000 Einw., und ist eine königl. Freistadt; Zentha an der Theiß, wo 1696 Prinz Eugen einen großen Sieg über die Türken erfocht, hat 13,000, Baja in der Nähe der Donau 12,000 Einw. und berühmte Jahrmärkte. Im Kreise jenseit der Donau sind zu bemerken: die Freistadt Ödenburg an der Ikwa mit 13,000 Einw., Sitz eines katholischen Domcapitels, lutherischen Superintendenten, Lyceums und einer evangelischen deutschen Bürgerschule, mehrer katholischen Bildungsanstalten, ansehnlichem Handel mit Landesproducten und großen Viehmärkten; bei der königl. Freistadt Eisenstadt mit 5000 Einw. befindet sich ein prächtiges, fürstl. Esterhazysches Schloß mit Park und Gartenanlagen. Großhöflein hat große Essig- und Liqueurfabriken; ungar. Altenburg (Ovar) am Einfluß der Leitha in die Donau, ist der Hauptort einer dem Erzherzog Karl gehörenden Cameralherrschaft, hat 2500 Einw. und eine Landwirthschaftsschule. Auf der über 10 M. langen,[524] überaus fruchtbaren und schön angebauten Donauinsel Schütt liegt, beim Einflusse der Waag in die Donau, die Freistadt und Festung Komorn mit 18,000 Einw.; Raab mit 16,000 Einw. ist der Sitz eines katholischen Bischofs, einer königl. Akademie und anderer Bildungsanstalten und treibt mancherlei Fabriken und starken Getreidehandel. Der Marktflecken St.-Martin mit 1550 Einw. ist durch seine prächtige Benedictinerabtei merkwürdig, deren Abt unmittelbar unter dem Papste steht. In einer morastigen Gegend am Sarvitz liegt die Freistadt Stuhlweissenburg mit 19,000 Einw., der prächtigen Marienkirche, vielen Palästen und einem katholischen Bisthum; Veszprim, Sitz eines katholischen Bischofts, hat 9000, die Freistadt Güns 6000 Einw.; Papa mit 13,000 Einw., 1 katholischen und 2 lutherischen Kirchen, 2 Klöstern, 1 reformirten und 1 königl. Collegium und schönem Schlosse des Fürsten Esterhazy; bei Stein am Anger mit 4000 Einw., wo der Sitz eines katholischen Bischofs, eines Seminars und königl. Lyceums ist, liegt ein röm. Begräbnißplatz, wo vielerlei Alterthümer gefunden werden. In Klein-Zell bei Saag ist eine berühmte Wallfahrtskirche; in Sarvar mit 1200 Einw. wurde die erste Buchdruckerei in U. angelegt. Im Comitate Szalad liegt zwischen der Drau und Mur an der Grenze die an Getreide, Wein, Taback, Heu fruchtbare Murau, ein Gebiet von 16 ! M. mit 30,000 Bewohnern in 103 Ortschaften, welches dem Grafen Festetics von Tolna gehört, der im Flecken Keszthely mit 6000 Einw. am Plattensee ein schönes Schloß besitzt und daselbst mehre sehr vorzügliche öffentliche Anstalten gegründet hat. Bei Földvár mit 8000, Pakt mit 7000 Einw., an der Donau, wird starker Hausenfang betrieben. In einer sumpfigen Gegend am Almas liegt die Festung Szigetvár oder Grenzszigeth mit 3000 Einw., berühmt durch die Vertheidigung derselben gegen die Türken durch Niclas Zriny im J. 1566, der dabei den Heldentod starb; die Freistadt Fünfkirchen, ungar. Pecs, hat 11,000 Einw., eine sehr alte Domkirche und ist der Sitz eines katholischen Bischofs; der Flecken Mohacs an der Donau hat 7500 Einw., ein festes Schloß und ist durch hier 1526 und 1687 vorgefallene Schlachten merkwürdig.
In Oberungarn, das in 22 Gespanschaften und 3 Bezirken (Großkumanien, das Land der Jazygen und die Hayduckenslecken) zerfällt, führen wir im Kreise diesseit der Theiß an: Erlau mit 18,000 Einw., der Sitz eines katholischen Erzbischofs, welcher zugleich Erbobergespan der hevescher Gespanschaft ist, mit einem katholischen Lyceum, einer Sternwarte und warmen Bädern, sowie des hier in der Gegend gebauten Weines wegen berühmt; der Flecken Gyöngyös mit 12,000 Einw. hat ein katholisches Gymnasium; Miskolcz an der Szinwa hat 21,000 Einw., darunter Juden, Türken und Zigeuner. Hauptstadt von Oberungarn ist das wohlgebaute und befestigte Kaschau mit 12,000 Einw., meist Slowaken und Deutsche, am Hernathslusse, der Sitz eines Bischofs, einer königl. Akademie, einer Musikschule und anderer höherer Bildungsanstalten. Rosenau am Sajo hat 9000 Einw., ist der Sitz eines katholischen Bischofs und eines lutherischen Nationalgymnasiums, betreibt Leinwand-, Wein-, Obsthandel und beträchtlichen Bergbau. Im zipfer Land oder der Gespanschaft Zips liegen die königl. Freistädte Käsmark mit 6000 Einw. am Popradflusse und am Fuße des hohen Tatragebirges, in einer rauhen, aber von den meist deutschen und niederländ. Bewohnern trefflich angebauten Gegend, mit einem lutherischen Lyceum, und Leutschau mit 4500 Einw., einem lutherischen und einem katholischen Gymnasium; die Flecken Göllnitz und Schmöllnitz mit ansehnlichen Kupfer- und Silbergruben und die 16 sogenannten zipfer Kronstädte, welche mit einem Gebiet von 10 ! M. und 42000 meist deutschen Bewohnern einen eignen District ausmachen, der seine besondere Verwaltung und ein Provinzialgericht hat und unmittelbar unter dem Palatin steht. In der scharoscher Gespanschaft liegen die Freistädte Zeben mit 3000 Einw. am Toritzaflusse und in einer reizenden Gegend, das freundliche Eperies mit 9000 deutschen und slowakischen Einw., Sitz eines 1818 errichteten griech. Bisthums, eines protestantischen Lyceums, eines katholischen Gymnasiums, einer protestantischen Mädchenschule und Erziehungsanstalt. Die Freistadt Bartfeld mit 4500 Einw. hat einen besuchten Sauerbrunnen; zu Unghvar mit 5000 Einw. ist der Sitz des unirten griech. Bischofs von Munkatsch, das 5000 Einw. zählt und in dessen Nähe die gleichnamige wichtige Bergfestung liegt. Beregh-Szaß hat 4500 Einw. In der Gespanschaft Zemplin liegt Saros-Patak am Bodrogh mit 9500 Einw., einem katholischen Gymnasium und reformirten Collegium; auch ist in derselben das 7 M. lange, 2 M. breite Weingebirge, die Hegyalla, merkwürdig, auf welchem der edle tokayer und tarczaler Wein gebaut wird, an das sich aber auch sogleich die weiten, mit Flugsand bedeckten Ebenen und große Moräste anschließen, von welchen besonders der 5 M. lange Ecsedersumpf in der szathmarer Gespanschaft bekannt ist. Im Kreise jenseit der Theiß bemerken wir in der szaboltscher Gespanschaft, von welcher auch der District der besondern Freiheiten genießenden Hayduckenflecken mit 29,000 Einw. umschlossen wird, die Flecken Nagy-Kallo mit 4500, und Nyiregyház mit 15,000 Einw. und einem lutherischen Gymnasium, sowie Nyir-Bator, das Stammhaus der Familie Bathori, an. Die königl. freie Bergstadt Neustadt oder Nagy-Banya hat 4500, ungar. Neustadt oder Felsö-Banya, 4800 Einw., und beide sind der Sitz von Bergbauanstalten und haben Gold-, Silber- und andere Gruben in ihrer Umgebung. Die Freistadt Szathmar-Nemeti hat 11,000 Einw., und ein befestigter Theil derselben liegt auf einer vom Nemeth und Szamosflusse gebildeten Insel. Nagy-Karoly hat 10000 Einw., ein Piaristencollegium und bedeutende Jahrmärkte; Szigeth mit 6500 Einw., Slawen, Juden, Armenier, Ungarn und Deutsche, liegt an der Theiß und Itza in der marmaroscher Gespanschaft; bei Rhona-Szék, Szlatina, Sugatag sind Salzwerke. Am Flusse Körösch liegt die feste Stadt Großwardein mit 16,000 Einw., und in der Gegend sind warme Bäder und Weinbau; hier ist der Sitz eines katholischen und eines unirten Bischofs, sowie eines griech. Protopopen. Die Freistadt Debreczin mit 42,000 Einw. hat ein reformirtes Collegium mit einer Bibliothek und Buchdruckerei, mehre katholische Bildungsanstalten, Seifen- und Salpetersiedereien, zahlreiche Handwerker, vier Jahrmärkte und den größten Speck- und Schweinehandel in U. An der Mündung der Marosch in die Theiß liegt im Comitat Csongrad die Festung und Freistadt Szegedin mit 32.000 Einw.; der Flecken Csongrad hat 12,000, Vasarhely am Hodsee 26,000 meist reformirte Einw. und besuchte Märkte. Bekesvar am [525] Körös mit 15,000 Einw., die viel Getreide-und Gartenbau, Vieh- und Bienenzucht treiben; Szarvas hat 14,000 Einw. (lutherische Slawen), Gyula 11,200 Einw. Csaba ist das (1715 gegründete) größte Dorf in U. und ganz Europa mit mehr als 20,000 Bewohnern, lutherischen und reformirten Kirchen. Mako am Maros mit 15,000 Einw. ist der Sitz des Bischofs von Csanad, eines Fleckens mit 7000 Einw., von welchem eine Gespanschaft den Namen hat, in der auch das große königl. Militairgestüt Mezöhegyesch liegt. Die königl. Freistadt Alt-Arad an der Marosch hat 5000 Einw., ist der Sitz eines griech. Bischofs und Protopopen und eines griech. Schullehrerseminars; bei Menes und Boroschjenö wird vorzüglicher Wein gebaut. In den drei zum Banat (s. Ban) gerechneten Gespanschaften (der torontaler, temescher und krassowaer) sind unter andern zu bemerken der Flecken Nagy Beczkerek mit 10,000 Einw. am Begakanal; Groß-St.-Miklos mit 11,000 Einw. und einem landwirthschaftlichen Institute; Nagykikinda mit 10,000 Einw., der Hauptort eines danach benannten aus 10 privilegirten Ortschaften bestehenden Districts, der seinen besondern Gerichtsstuhl hat. Die Festung und Freistadt Temesvar mit 13,000, meist deutschen Einw., liegt am Begakanal und Begaflusse und ist der Sitz eines griech. Bischofs, sowie des Generalcommandos im Banat und zweier privilegirten Handelsgesellschaften; in der Freistadt Werschetz mit 17,000 Einw. hat der griech. Bischof von Karansebes seinen Sitz, und die meist aus Raitzen und Deutschen bestehende Bevölkerung beschäftigt sich auch viel mit Seidenzucht und Weinbau. Der Flecken Lugosch an der Temes hat 6000 Einw.; in Orawitza mit 2000 Einw. befindet sich die Bergdirection und das Berggericht für das Banat, und in der Umgegend sind Blei-, Silber-, Eisen- und Kupfergruben und Werke. Vom ungar. Küstenlande oder Litorale ist bei Kroatien (s.d.) die Rede gewesen.
Brockhaus-1809: Ungarn · Ungarn
DamenConvLex-1834: Theresia, Maria, Königin von Ungarn und Böhmen und Kaiserin von Oestreich · Ungarn · Anna von Ungarn · Maria, Königin von Ungarn
Pataky-1898: Maria, Königin von Ungarn
Pierer-1857: Ungarn [1] · Ungarn [2] · Schwarz-Ungarn · Nieder-Ungarn · Ober-Ungarn
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