Uhr

[126] Uhr, 1) jede mechanische Vorrichtung, welche dazu dient, die Zeit zu messen, zu theilen, den Verlauf der einzelnen Zeittheile zu zählen u. nach der üblichen Zählung in Stunden, Minuten u. Secunden anzugeben. Die hierzu gebrauchten Mittel waren zu verschiedenen Zeiten sehr verschieden. In den ältesten Zeiten bestimmte man die Tageszeit nach dem Stande der Sonne u. der Sterne u. nach der Länge der Schatten. Schon früh kam man dadurch auf die Sonnenuhren. Später wurden Sand- u. von Ktesibios 240 v. Chr. Wasseruhren (s. b.) erfunden, vgl. Gnomon 4). 2) Im engern Sinne eine Räderuhr, d.h. eine mechanische Vorrichtung, welche den angegebenen Zweck mit Hülfe eines Räderwerks erreicht u. die Zeit durch einen auf der Welle des letzten Rades befestigten. Zeiger auf einem Zifferblatte anzeigt. Die Erfindung der Räderuhren fällt nicht vor Anfang des 9., wahrscheinlich zwischen das 11. u. 12. Jahrh., denn die U., welche Severus Boetius im J. 510 verfertigte, war nur eine künstliche Wasseruhr, u. auch die U., welche der Khalif Harun al Raschid 807' Karl dem Gr. schenkte, war wohl eine Wasseruhr, mit' welcher jedoch Räderwerk in Verbindung stand, denn sie hatte ein Stundenglas, welches sich alle 12 Stunden umdrehte. Dem Mönch Gerbert (später Papst Sylvester II.) im 10. Jahrh. wird häufig, die Erfindung der Schlaguhren zugeschrieben, doch glaubt man, daß auch sein Werk nur eine künstliche Sonnenuhr war. Dante zu Ende des 13. Jahrh. erwähnt zuerst eine Schlaguhr. Die ersten bekannten Gewichts- u. Schlaguhren sind von Dondi (erste Thurmuhr in Padua 1344) in Italien, von Wallingford in England u. von de Wik in Deutschland. Zuerst hatte man U-en in den Klöstern u. zu Ende des 14. Jahrh. waren die U-en in den Städten noch eine Seltenheit. Die ersten Uhrmacher kamen 1368 nach England: Schoner, Hebel u. Tycho de Brahe bedienten sich im 16. Jahrh. der Räderuhren zu astronomischen Beobachtungen. Die Erfindung der Pendeluhr wird dem Holländer Christi. Huyghens zugeschrieben, welcher sie 1657 bekannt machte, aber die Italiener legen diese Erfindung dem Gal. Galilei u. seinem Sohn Vincenz Galilei zu, welcher Letztere 1649 eine Pendeluhr nach der von seinem Vater gemachten Entdeckung construirt habe. Beladini, Sulla prima applicazione del pendolo agli Orologj, Mail. 1854. Wegen Erfindung der Taschenuhren s.d. Huyghens erfand auch das Repetirwerk (s. Repetiruhr), welches der Brite Barlow 1675 verbesserte u. für Taschenuhren einrichtete.

I. Die Hauptbestandtheile einer U. bilden zusammen das sogenannte Geh- od. Gangwerk der U. u. sind auch in der einfachsten U. vorhanden; dazu gehört: das Räderwerk, der Bewegungsapparat, die Hemmung, der Regulator u. das Zeigerwerk. Außer diesen Hauptbestandtheilen[126] sind meist noch Nebenbestandtheile zur Erreichung gewisser Nebenzwecke vorhanden; dahin gehören der Secundenzeiger (s. Secundenuhr), der Datum-, Wochentags-, Sonnen- u. Mondeszeiger (s. unten), ferner Schlagwerk, Repetirwerk u. Weckerwerk (s.d.), endlich mit der U. verbundene Spiel- u. Orgelwerke, Automaten u. dgl. A) Der Regulator ist der eigentliche zeitmessende Bestandtheil der U. u. als solcher der wichtigste; er ist der während des Ganges der U. ununterbrochen schwingende Theil, u. ein richtiger Gang der U. ist daher nur dann möglich, wenn die Schwingungen des Regulators dauernd gleichmäßig erfolgen. Man verwendet als Regulator bei den U-en entweder ein Pendel od. die sogenannte Unruhe u. theilt demnach die U. ein in Pendeluhren u. Unruhuhren. a) Das Pendel der U-en ist ein Physisches Pendel (s.d. 1) A) von einfacherer od. künstlicherer Beschaffenheit. In seiner einfachsten Gestalt besteht es aus einem dünneren metallenen Stabe mit einem schwereren meist linsenförmigen Körper (Linse) nahe an dem einen Ende; an dem andern Ende hat es eine Vorrichtung zum Aufhängen, indem es entweder mit einer Schneide versehen ist, mit welcher es auf eine Platte gelegt wird, od. indem es oben in ein Häkchen ausläuft u. mit diesem in eine Schlinge aus Draht od. Seidenschnur eingehängt wird. Weil die Dauer einer Schwingung mit der Länge des Pendels wächst, so ist die Linse beweglich aufgeschraubt, damit man durch Verstellen der Linse dem richtigen Gang der U. nachhelfen kann. Soll das Pendel als sehr genauer Regulator wirken, so muß die Linse verhältnißmäßig schwer sein u. die Aufhängungsart möglichst wenig Reibung veranlassen; man legt es dann entweder mit einer, einen Winkel von 60–90° bildenden, stählernen Schneide auf stählerne Pfannen, od. befestigt am Ende der Pendelstange eine 1–2 Zoll lange bandförmige Stahlfeder u. hängt mittels dieser das Pendel so auf, daß beim Schwingen die Feder sich hin u. her biegt. Die Drehachse des Pendels muß jederzeit horizontal liegen. Der Einfluß der Temperaturänderungen auf die Pendellänge u. die Schwingungsdauer ist bei den Compensationspendeln (s. Pendel 1) A) beseitigt. Das Compensationspendel wurde 1728 von Harrison erfunden u. zuerst von Graham ausgeführt. Die Schwingungsdauer ist endlich noch von der Schwingungamplitude, dem Luftwiderstande u. der Beschleunigung der Schwere (s.d. I.) abhängig; da nun namentlich die letztere an verschiedenen Orten verschieden sein kann, so könnte dieselbe U. nicht an allen Orten richtig gehen, wenn sie nicht entsprechend regulirt werden könnte. Seit etwa 30 Jahren hat man auch das Centrifugalpendel bei U-en angewendet; die Aufhängung desselben erfolgt compaßartig in einer Art Universalgelenk mittels sechs paarweis zusammengehöriger Zapfen; um dieses Pendel in Bewegung zu erhalten bedarf es nicht abwechselnder Stöße, sondern einer einfachen rotirenden Kraftübertragung, b) Die Unruhe ist ein kleines auf einer Welle genau concentrisch befestigtes Schwungrad, verbunden mit der, eine flache (ebene) od. cylindrische Spirallinie bildenden Spiralfeder (s.d. 2), welche mit dem einen Ende an der Schwungradwelle, mit dem andern an dem sogenannten Spiralpftock befestigt ist. Der Kranz des Schwungrades ist abgeglichen u. hat 1/2-1 Zoll Durchmesser. Die polirten Zapfen der Spindel od. Welle laufen in Messinglagern (vergl. II. A) c) u. B), welche mit gehärteten Stahlplatten gedeckt sind; die beiden bügelartigen Theile, in welchen die Zapfen gelagert sind, heißen die Unruhkloben (s.d.; bei einer besonderen Einrichtung derselben auch Potence). Dreht man die Unruhe u. läßt sie dann los, so geräth die Spiralfeder in Schwingungen, indem sie sich abwechselnd auf u. zuwindet. Die Dauer einer jeden Schwingung ist, wenn die Federkraft in gleichem Verhältnisse mit' dem Drehwinkel wächst, unabhängig von dem Drehungs- od. Elongationswinkel, daher dauern alle Schwingungen gleich lange; dagegen hängt die Dauer ab von der Masse u. dem Halbmesser des Schwungrades, von der Elasticität der Feder, von der Beschleunigung der Schwere u. von der Länge der Feder, da die Kraft der Feder um so größer ist, je kürzer sie ist. Man hat hierdurch zugleich ein Mittel, den Gang der U. zu reguliren (vergl. Stellung 5). Auch bei Unruhuhren hat man auf verschiedene Weise den Einfluß der Temperaturänderungen auf Schwungrad u. Feder zu compensiren gesucht. Die Unruhe darf, wenn sie durch äußere Bewegungen nicht zu stark beeinflußt werden soll, nicht zu langsam schwingen; man läßt sie 4–6 Schwingungen in der Secunde machen. Auch die Masse u. der Durchmesser des Schwungrades müssen in einem günstigen Verhältniß zu einander stehen.

B) Die Hemmung verbindet den Regulator mit dem vom Bewegungsapparat in Gang gesetzten Räderwerke u. bewirkt, daß jedes Rad des letzteren alle seine Umgänge in gleichen Zeiten vollendet, u. zugleich daß das Räderwerk den Regulator in beständigem Gange erhält, demselben also ununterbrochen den Verlust an bewegender Kraft ersetzt, welchen der Regulator durch Reibung u. Luftwiderstand erleidet. Der eigentliche hemmende Theil der U. wirkt auf das letzte, am schnellsten umlaufende Rad (Hemmungsrad, Steigrad) des Räderwerks; der hemmende Theil sitzt meist an einer Welle, welche mit dem Regulator in mittelbarer od. unmittelbarer Verbindung steht u. an dessen Schwingungen Theil nimmt; in einem gewissen Momente der Schwingung legt sich der Hemmungstheil vor einen Zahn des Hemmrades, hält dasselbe auf u. läßt ihn erst nach Verlauf einer ganzen Schwingung wieder frei, um in demselben Momente einen andern Zahn des Hemmrades aufzuhalten. Daher dreht sich das Hemmrad bei jeder Schwingung des Regulators um eine halbe od. ganze Zahnweite u. macht eine Umdrehung in der Zeit, in welcher der Regulator genau so viel od. doppelt so viel Schwingungen macht, als das Hemmrad Zähne hat; sind diese Schwingungen von gleicher Dauer, so macht das Hemmrad u. jedes andere Rad in gleichen Zeiten stets gleich viel Umdrehungen. Wenn der hemmende Theil dem eben gehemmten Zahne auszuweichen beginnt, übt dieser, in Folge der vom Bewegungsapparat ausgehenden Kraft, einen Druck auf ihn aus, beschleunigt dadurch die Welle des Hemmungstheils u. des Regulators u. ersetzt letzterem den erlittenen Verlust an bewegender Kraft. Nach ihrer Einrichtung u. Wirkung unterscheidet man zurückfallende (zurückspringende, zurückhaltende), ruhende u. freie Hemmungen (s.d. 2); bleibt bei letzter die auf den Regulator übertragene Kraft unveränderlich dieselbe, so heißt die Hemmung eine freie Hemmung mit konstanter Kraft. a) Die Steigrads- od. [127] Spindelhemmung (Spindelgang) ist die älteste u. einfachste; sie ist eine zurückfallende u. findet sich seltener bei Pendeluhren, als bei Unruhuhren. Die Spindel des Regulators ist mit zwei einfachen Lappen od. Flügeln versehen, liegt quer über das kronenförmige, sägenartig gezahnte Steigrad, so daß ihre Flügel sich an zwei diametral gegenüberliegenden Stellen in die Zähne des Steigrades einlegen u. abwechselnd auf dieselben wirken. Da der Regulator hier wie bei allen zurückfallenden Hemmungen unter Umständen in Bezug auf die Regelmäßigkeit seiner Schwingungen zu stark beeinflußt wird, so sind diese Hemmungen die unvollkommensten. Schon Huyghens suchte ihre Unvollkommenheit durch Veränderung des Pendels zu beseitigen u. erfand dabei das Cycloidalpendel (s. Pendel S. 800). b) Die zurückfallende Ankerhemmung erfand der englische Uhrmacher William Clement um 1680; sie eignet sich nur für Pendeluhren. Das Hemmrad sitzt auf einer horizontalen Welle, seine Zähne sind ähnlich denen eines Sperrrades u. liegen in der Ebene des Radkranzes; auf der Welle des Pendels sitzt ein zweiarmiger, gekrümmter Hebel (Anker, Englischer Haken), dessen schaufelförmige Enden (Paletten) sich abwechselnd in die Zähne des Hemmrades einlegen. Häufig sitzt der Anker nicht auf der Pendelwelle fest, sondern es geht von der Ankerwelle eine Stange herab, welche mit ihrem untern gabelförmigen Ende (Gabel) die Pendelstange umschließt; man kann dann das Pendel aushängen, ohne den Anker von der Stelle zu rücken. c) Die ruhende Ankerhemmung (nach ihrem Erfinder die Grahamsche Hemmung od. der Grahamsche Gang) ist der zurückfallenden Ankerhemmung äußerlich ähnlich, aber es sind diejenigen Palettenflächen, an welchen sich der gehemmte Zahn anlegt, nach einem Kreisbogen gekrümmt, dessen Mittelpunkt in der Achse der Anker-Welle liegt, u. deshalb drängt die Palette bei ihrer weiteren Bewegung den Zahn nicht rückwärts. Die ruhende Hemmung vermag zwar nicht kleine Unregelmäßigkeiten der bewegenden Kraft zu berichtigen, doch wird bei Anwendung eines langen u. schweren, aber leicht beweglichem Pendel eine kleine Änderung der Kraft erst nach längerer Zeit merklich, u. deshalb gehen die mit dieser Hemmung versehenen U-en sehr gleichmäßig. Beim Grahamschen Anker od. Haken wirkt der gehemmte Zahn abwechselnd nach der einen u. der andern Richtung auf den Anker, wodurch die Zapfen u. Lager der Ankerwelle sich stark abnützen u. das Spiel unregelmäßig wird; diesen Übelstand beseitigt die von Amant erfundene u. von Lepaute verbesserte Stiftenhemmung, bei welcher die beiden Arme des Ankers auf einer Seite des Hemmrades liegen u. dieses keine Zähne, sondern auf (einer od.) beiden Flachen seines Kranzes abwechselnd vorstehende Stifte (daher Stiftenrad) enthält. d) Zur Cylinderhemmung (s.u. Cylinderuhr) der Unruhuhren legte Tompion 1695 den Grund u. Graham brachte sie zur Vollkommenheit. Sie ist eine ruhende Hemmung. Eine Abänderung der Cylinderhemmung ist die von dem französischen Uhrmacher Lepine erfundene Kammhemmung, deren Vorzüge in einer geringen Reibung an den Ruhen u. lebhafter Bewegung der Unruhe bestehen. e) Bei der ruhenden Doppelradhemmung (Doppelsteigrad-, Duplexhemmung) besteht das Steigrad aus zwei concentrischen Rädern, dem sternförmigen Hemmrade u. dem Stoßrade, welches die Gestalt eines Sperrrades hat; auf der Unruhwelle sitzt eine kleine Rolle, welche die Zähne des Hemmrades in einen kleinen Einschnitt eintreten u. so an der Rolle vorbei gelangen läßt; während dieser letztern Bewegung wirkt aber zugleich ein Zahn des Stoßrades auf einen an der Unruhwelle sitzenden Daumen od. Zahn u. ertheilt dadurch der Unruhe einen kleinen Anstoß, um ihr die verlorene Kraft zu ersetzen. f) Beider freien Ankerhemmung für Pendeluhren besteht der Anker aus zwei getrennten Armen auf besonderen Wellen; der jedesmalige hemmende Arm liegt nur mit seiner Kante am Steigradzahn; er wird durch einen an der Gabel des Pendels befestigten Hebungsbogen angestoßen, läßt den Zahn frei u. dieser erleichtert nun die weitere Hebung des Arms durch seinen Druck gegen eine schräge Fläche desselben; inzwischen ist der andere Arm hemmend vor einen andern Zahn getreten u. bei dem darauf folgenden Rückgang des Pendels erhält dieses anfänglich eine Beschleunigung durch das am ersten Arme befindliche Regulirungsgewicht, bis sich der Arm an einen Anschlagstift anlegt u. von da an dem Pendel ganz frei zu schwingen gestattet. Hier (u. bei allen freien Hemmungen) wirkt also das Steigrad nur kurze Zeit beschleunigend auf das Pendel u. stellt während der übrigen Zeit seiner Bewegung kein Hinderniß entgegen, wie es bei den ruhenden u. noch mehr bei den zurückfallenden Hemmungen der Fall ist. Bei der freien Ankerhemmung für Unruhuhren (Ankeruhren) ist der zwischen zwei Anschlagstiften hin u. hergehende Anker dem ruhenden Anker der Pendeluhren ebenfalls ganz ähnlich, doch ist er mit einem am Ende bogenförmigen, mit einem Einschnitte versehenen Ansatz (Gabel) versehen. Wird der Anker durch einen Zahn des einem Sperrrad ähnlichen Steigrades aus der Ruhelage gebracht, so wirkt der genannte Einschnitt auf einen Stift (Hebestein) an einer auf der zur Ankerwelle parallelen Unruhwelle sitzenden Scheibe, ertheilt dadurch der Unruhe einen kurzen Stoß, läßt sie dann frei schwingen, bis sie auf ihrem Rückwege mit dem Hebesteine die Gabel wieder erfaßt, den Anker von dem bisher gehemmten zweiten Zahne des Steigrades auslöst u. dieser letztere nun rückwärts den Anker weiter bewegt u. so durch ihn u. den Hebestein der Unruhe einen zweiten Anstoß zu einer Schwingung nach der entgegengesetzten Richtung ertheilt. Ein dritter Zinken (Sicherheitsmesser) an der Gabel schützt die Anker gegen eine zufällige zu frühe Auslösung durch Stöße; dieser zungenförmige Zinken steht nämlich einer zweiten kleineren Scheibe od. Rolle auf der Unruhwelle gegenüber u. gelangt bei regelmäßiger Bewegung unter Mitwirkung eines Einschnittes in der Rolle abwechselnd auf die linke od. rechte Seite der Rolle, ohne irgend wo anzustoßen; wird dagegen der Anker zu zeitig ausgelöst, so legt sich der Zinken an die Rolle an u. verhindert, daß der Anker den Zahn losläßt, bevor die rechte Zeit gekommen ist. Vollkommene Ankeruhren (Demi-Chronometer) weichen monatlich nur wenige Secunden ab. g) Bei der freien Chronometerhemmung legt sich ein Zahn des Hemmrades an einen Vorsprung an einer Feder (Hemmungsfeder) an, welche durch einen Anschlag in einer bestimmten Ruhelage erhalten wird; bei ihrer Schwingung stößt die Unruhe mit einem kleinen Zahn gegen eine zweite Feder (Auslösungsfeder)[128] u. rückt durch diese die Hemmungsfeder soweit zur Seite, daß der gehemmte Zahn des Hemmrades frei wird; die Hemmungsfeder kehrt aber sofort in ihre Ruhelage zurück u. hemmt den nächsten Zahn des Hemmungsrades Beim Rückgange der Unruhe stößt der Zahn derselben in entgegengesetzter Richtung gegen die Auslösungsfeder, wobei diese sich allein bewegt, ohne die Hemmungsfeder mitzunehmen, also auch ohne das Hemmrad auszulösen. Bei jedesmaligem Fortrücken des Hemmrades wirkt einer seiner Zähne auf einen Vorsprung an einer auf der Unruhwelle sitzenden Scheibe u. ertheilt so der Unruhe eine Beschleunigung. Diese Hemmung findet bes. bei Taschen- u. Schiffchronometern Anwendung. h) Die freie Doppelradhemmung von Urban Jürgensen ist mit der Chronometerhemmung übereinstimmend, nur vertheilt sie die Wirkungen des Steigrades auf ein Hemmrad u. ein Stoßrad (wie die ruhende Doppelradhemmung, s. oben e), wodurch der Gang der Unruhe u. also auch der U. wesentlich gleichförmiger wird. i) Zu den freien Hemmungen mit constanter Kraft gehören namentlich die Kugelhemmung von Verité, von Winnerl in Paris u. von I. Wagner. Bei ihnen läßt man das Steigrad nicht unmittelbar auf das Pendel wirken, sondern zunächst eine kleine Kugel heben, welche dann frei herabfällt u. durch ihr Gewicht das Pendel beschleunigt. Auch für Unruhuhren hat man ähnliche Hemmungen versucht. k) Bei der freien Stiftenhemmung von Mohrin Coblenz spielen die beiden Arme des Ankers über derselben Ebene des Stiftenrades (vergl. c); mit der Ankerwelle ist noch ein Arm verbunden, welcher ein Gewicht trägt; wirkt das Pendel bei seiner Schwingung auf diesen Arm, so wird das Gewicht gehoben u. die andern beiden Ankerarme bewegen sich, so daß der gehemmte Stift auf die Palette des einen sich auflegt, während die drehbare Palette des zweiten durch eine Feder um ihre Achse gedreht wird u. zwischen den Paletten einen Durchgang für den Stift öffnet; geht dann das Pendel u. der Anker zurück, so geht der bisher gehemmte Stift zwischen den Paletten durch, wirkt drückend gegen die schräge Fläche der festen Palette u. beschleunigt durch den Anker das Pendel, bis der Stift an der festen Palette vorbei u. der Anker in seine Ruhelage an einem Anschlagstifte gelangt ist, wobei zugleich der nächste Stift an die gedrehte Palette kommt, dieselben in die Anfangslage zurückdreht u. so gehemmt wird. l) Bei der Hemmung mit Remontoirvorrichtung sitzt auf der Steigradwelle ein kleines Federhaus im Innern mit einer flachen Spiralfeder, durch deren Elasticität dem schwingenden Pendel mittels Steigrad u. Haken stetig der durch die Widerstände erzeugte Kraftverlust ersetzt wird; diese Feder wird nach Verlauf jeder Minute durch ein besonderes Werk wieder aufgezogen.

C) Der Bewegungsapparat ertheilt dem Räderwerke die zur Überwindung der Reibung in seinen Theilen, zur Beschleunigung des Regulators u. etwa zur Bewegung des Zeigerwerkes nöthige Kraft. Man wählt entweder ein Gewicht od. eine Feder, u. unterscheidet demnach Gewicht- u. Federuhren. Bei der einen Klasse der elektromagnetischen U-en (s. unten II. C) b) liefert der Elektromagnetismus die Triebkraft. a) Bei den Gewichtuhren hängt das bewegende Gewicht (Uhrgewicht) von Stein od. Metall an einer Schnur (Uhrleine), Darmsaite od. Kette, welche um eine hölzerne ob. messingene Walze (Trommel) od. ein Kettenrad gelegt u. nach Bedarf daran befestigt u. aufgewickelt ist. Indem das Gewicht allmälig niedersinkt, wickelt es die Schnur ab, dreht dadurch die Walze um ersetzt durch das an dieser befindliche erste Rad (Bodenrad) der U. das Räderwerk in Gang. Durch das Gesperr (ein Sperrrad mit Sperrkegel) ist die Walze so mit dem Bodenrade verbunden, daß letzteres sich nicht mit bewegt, wenn beim Aufziehen, mittels der Hand od. eines Uhrschlüssels (s.d.) die Walze verkehrt gedreht wird, um das herabgesunkene Gewicht wieder aufzuwinden. b) Bei den Federuhren ist eine lange, höchst elastische, spiralförmig gewundene Stahlfeder (Uhrfeder) in einem messingenen cylindrischen Behälter (Federhaus) eingeschlossen u. mit einem Ende an die Wand des Hauses, mit dem andern an dessen Achse (Federstift, Wellbaum) mittels eines Federhakens befestigt. Entweder ist das Federhaus unbeweglich, u. der Federstift spannt, wenn er mittels des Schlüssels umgedreht wird, die Feder u. wird nachher von dieser langsam rückwärts umgedreht; od. der Federstift ist blos in einer Richtung beweglich, in welcher er beim Aufziehen gedreht wird, u. das Federhaus dreht sich beim Gange der U. um den jetzt unbeweglichen Federstift; od. endlich es dreht sich das Federhaus beim Aufziehen u. während des Gangenach entgegengesetzten Seiten um den ganz unbeweglichen Federstift. Im ersten Falle ist das erste Rad der U. (Federhausrad) an dem Federstifte angebracht u. mit demselben durch ein Gesperr verbunden; im zweiten Falle ist das Federhansrad an der Deckplatte (Federdeckel, Federhausdeckel) des Federhauses selbst fest; im dritten dreht das von der Feder in Bewegung gesetzte Haus mittels der Uhrkette eine Schnecke (s.d. 2) um, an welcher sich das erste Rad (Schneckenrad) befindet. Auch hier darf das Gesperr nicht fehlen. Während des Aufziehens kann bei gewöhnlicher Einrichtung die Uhrfeder nicht auf das Räderwerk treibend wirken. Um nun die hieraus folgende Störung im Gange der U. zu vermeiden, bringt man bei Taschenuhren, bes. bei den Chronometern, ein Gegengesperre an, bei welchem das auf der Schnecke befestigte Sperrrad A nicht unmittelbar auf das erste Rad C des Räderwerks wirkt, sondern erst durch ein zweites Sperrrad B, indem der Sperrkegel für A auf B festsitzt; B ist aber mit C durch eine Feder F verbunden, welche mit einem Ende in B, mit dem andern in C befestigt ist u. den von der Kette durch A auf B ausgeübten Zug auf C überträgt, also während des Ganges der U. angespannt ist; während des Aufziehens dagegen, wo die Schnecke mit A rückwärts gedreht wird, bleibt B stehen, da sich sein Sperrkegel der rückgängigen Bewegung widersetzt, u. nun ersetzt die Feder F, indem sie sich zu strecken strebt, die Wirkung der Uhrfeder auf das Rad C; ist das Aufziehen beendigt, so ertheilt auch die Uhrfeder der Feder F ihre frühere Spannung wieder, von welcher sie einen Theil während des Aufziehens verloren hatte. Auch bei Pendeluhren kann man ein ähnliches Gegengesperre anwenden; doch gibt es bei diesen auch andere Mittel, z.B. daß man die Schnur als Schnur ohne Ende in zwei Schleifen legt, in denen je ein Gewicht mittels Rollen hängt u. von denen die eine über die Trommel, die andere über eine mit Sperrrad versehene Rolle gelegt ist, so daß man das gesunkene Uhrgewicht[129] in die Höhe ziehen kann, ohne dabei die Trommel rückwärts zu drehen, od. die Wirkung des Uhrgewichtes auf die Trommel zu unterbrechen. Sitzt das Federhausrad am Federdeckel fest (wie meist bei Cylinderuhren), so ist kein Gegengesperre nöthig. Schutz gegen zu weites Herumdrehen beim Aufziehen bietet der Vorfall (s.d. 2). Man hat auch U-en mit Selbstaufziehung, z.B. durch kleine Windmühlenflügel, gegen welche die Zugluft gerichtet ist, bei Taschenuhren durch ein kleines Gewicht, welches, während der Mensch geht, die U. aufzieht.

D) Das Räderwerk besteht aus denjenigen, mit einander in Eingriff stehenden Zahnrädern (s.d. u. vergl. Rad 1) B) b), welche die bewegende Kraft des Bewegungsapparates einerseits bis zum Regulator u. andererseits bis zum Zeigerwerk fortpflanzen. Bei jeder U. finden sich in derselben Reihenfolge u. mit derselben Verrichtung: a) das Bodenrad (Federhausrad, Schneckenrad, s. C), auf welches der Bewegungsapparat unmittelbar einwirkt; b) das Minutenrad, dessen Welle den Minutenzeiger trägt u. sich in 1 Stunde einmal umdreht; c) das Mittelrad (Kleinbodenrad); d) das Hemmungsrad (s. B). Bei gewöhnlichen Pendeluhren kommen selten mehr od. weniger, als diese vier Räder vor; bei Taschenuhren nie mehr als fünf, u. zwar heißt das zwischen Mittelrad u. Hemmungsrad stehende bei ordinären U-en Kronrad, bei U-en mit einer andern als der Spindelhemmung Secundenrad. An der Welle jedes Rades sitzt noch ein Getriebe u. führt denselben Namen, z.B. Mittelradgetriebe Bei Feststellung der Zähnezahlen des Räderwerkes kann entweder die Schwingungszahl des Regulators als gegeben vorliegen u. daraus die Zähnezahlen berechnet werden, od. es können letztere gegeben sein u. dazu die Schwingungszahl des Regulators gesucht werden. Die Umdrehungszeit des Minutenrades ist jederzeit vorgeschrieben (1 Stunde); von ihm aus ist nach der einen Seite hin bis zum Hemmungsrade die Zähnezahl mit der Schwingungszahl des Regulators in Einklang zu setzen, während nach der andern Seite hin die Zähnezahl des Minutenradgetriebes u. des Bodenrades von Einfluß auf die Zeit ist, welche die U. in einem Aufzuge geht. Hat z.B. das Bodenrad 72, das Minutenradgetriebe 12 Zähne, so macht das Bodenrad in 6 Stunden einen Umgang, muß also beim Aufziehen sich viermal umdrehen, wenn die U. 1 Tag gehen soll; soll die U. länger gehen (etwa als Achttage- od. Wochenuhr, als Monatsuhr od. als Jahresuhr), so legt man noch ein Rad zwischen Boden- u. Minutenrad. Der Däne Römer bestimmte die Epicycloide als die beste Linie zur Gestaltung der Zähne, um einen guten Eingriff zu bewirken, u. de la Hire wendete diese Theorie zuerst an. Die Räder befinden sich in einem Gestelle, welches meist aus zwei Messing-, Eisen- od. Holzplatten besteht, der Großbodenplatte od. Pfeilerplatte, worauf das Zifferblatt liegt, u. der Kleinbodenplatte od. Unruhplatte; beide sind durch Verbindungsstücke (Pfeiler) mit einander verbunden. Die Räder sind meist aus Eisen od. Messing, die Getriebe aus Stahl, die Zapfen der Wellen aus Stahl.

E) Das Zeigerwerk (Vorlagewerk od. Vorgelege) enthält einige Räder, welche die mit ihnen verbundenen, sich auf dem mit den Stundenzahlen 1–12 u. den Minutenzahlen 1–60 versehenen Zifferblatte im Kreise drehenden Zeiger od. Weiser, so bewegen, daß man aus ihrem Staude in jedem Augenblicke die Zeit erkennen kann. Die Welle des Minutenrades ragt über das Zifferblatt vor u. trägt mittels des Minutenrohres den Minutenzeiger, welcher die Minuten anzeigt. Das Minutenrohr ist eine auf die Welle des Minutenrades aufgesteckte, aber nur durch Reibung mit demselben verbundene Hülse, welche daher für gewöhnlich von der Minutenradwelle mitgenommen wird u. sich gleichmäßig mit ihr dreht, sich aber auch, z.B. beim Stellen der Zeiger, allein um diese Welle drehen kann. An dem Minutenrohre befindet sich das Minutengetriebe (Viertelrad), welches in das Wechselrad eingreift, dessen Getriebe dann das Stundenrad bewegt, welches sich in 12 Stunden einmal herumdreht u. auf seinem, über das Minutenrohr lose geschobenen Rohre den Stundenzeiger trägt. Secundenuhren (s.d.) u. Tertienuhren haben noch einen Secunden- u. Tertienzeiger Die Datumsuhren (s.d.) haben noch einen Datumzeiger, welcher durch das Datumwerk bewegt wird; das auf das Rohr des Stundenzeigers mittels eines besonderen Rohres aufgesteckte Datumrad mit 31 Zähnen wird durch einen Stift (Sprengstift) an einem in das Stundenrad eingreifenden u. mit doppelt soviel Zähnen als dieses versehenen Wechselrade aller 24 Stunden um 1 Zahn fortgeschoben. Hat ein Monat nicht 31 Tage, so muß man dem Zeiger den ersten Tag des nächsten Monats mit der Hand nachhelfen. Man hat aber auch U-en mit regulirtem Datum, welche dieses Einstellen am Ende des Monats selbstthätig besorgen; diese U-en können sehr einfach mit einem Monatszeiger versehen werden. Ähnlich sind auch U-en mit Wochentagszeiger, Mondzeiger, welcher die Mondwechsel angibt, u. Sonnenzeiger eingerichtet.

II. Arten der U-en rücksichtlich ihrer Einrichrichtung, Leistungsfähigkeit u. Gebrauchsweise. A) Pendeluhren heißen alle U-en, deren Regulator ein Pendel ist; rücksichtlich des Bewegungsapparates sind sie theils Gewichts-, theils Federuhren. a) Gewöhnliche Wanduhren haben theils Spindelhemmung, theils, wie meist die Schwarzwälderuhren, rückfallende Ankerhemmung. Mitunter fehlt das Minutenrad, u. dann vertritt das Bodenrad seine Stelle u. dreht sich in der Stunde 1/2 od. 1/3 Mal herum; dann ist auch die Einrichtung des Zeigerwerks etwas abweichend. Diese U-en haben fast stets ein Schlagwerk (s.d.), sind also Schlaguhren. b) Bessere Wanduhren od. Pendeluhren in engerem Sinne sind durchgehend besser u. aus besserem Material gearbeitet, das Räderwerk ist gewöhnlich durch einen besonderen Kasten (Uhrkasten) gegen Staub geschützt. Ältere U-en der Art haben Secundenpendel mit rückfallender Ankerhemmung u. ein Schlagwerk, neuere haben ruhende Ankerhemmung u. seltener ein Schlagwerk, u. zwar Repetirwerk. Sie gehen meist 1–4 Wochen in einem Aufzuge. c) Astronomische Pendeluhren gehen sehr genau, haben daher fast stets einen Secundenzeiger, aber kein Schlagwerk; das Pendel hat gewöhnlich eine schwere Linse u. ist ein meist an einer Feder aufgehängtes Compensationspendel u. so leicht beweglich, daß es ohne Ersatz an bewegender Kraft 6–8 Stunden fortschwingt. Die Hemmung ist vorzugsweise meist dieruhende Ankerhemmung. Sie befinden sich in einem gut schließenden,[130] vor jeder Erschütterung gesicherten Uhrkasten. Die Zapfenlöcher der Ankerwelle u. der Steigradswelle, oft auch der Mitteln. Minutenradwelle sind aus hartem Edelstein (Rubin od. orientalischem Saphir); desgleichen die Ankerpaletten. Sie haben meist entweder ein Gegengesperre (s. I. C) od. eine andere Einrichtung, um die Störung des Werkes beim Aufziehen zu verhüten; die Gangzeit bei einem Aufzug liegt bei den meisten zwischen 8–30 Tagen, steigt jedoch bis zu 10 Jahren. Oft ist der Secundenzeiger der größte u. steht in der Mitte des Zifferblattes, während Minuten- u. Stundenkreis excentrisch gegen den Stundenkreis stehen. Diese U-en zeigen für astronomische Zwecke nicht mittlere Zeit, sondern Sternzeit. d) Die Thurmuhren älterer Construction stimmen in ihrer Haupteinrichtung fast alle überein. Die Räder u. ihre Wellen sind aus Eisen, die verstählten Zapfen liegen in (oft messingenen) Lagern des eisernen Gestells; sie haben rückfallende Ankerhemmung, selbst Spindelgang (neuere haben ruhende Ankerhemmung); das Pendel ist eine Eisenstange mit Stein- od. Eisenkugel (neuere haben Compensationspendel); das Bodenrad geht in 2 Stunden 1 Mal um, enthält 8 Stifte zur Auslösung des Viertelschlagwerks u. treibt zugleich das Zeigerwerk, welches meist weit vom Gangwerke entfernt ist, so daß eine besondere Zwischenübertragung nöthig ist. Um das Gangwerk von dem Einfluß heftiger Winde frei zu halten, hat man zur Bewegung der Zeiger ein besonderes Räderwerk (Laufwerk) angewendet, welches alle Minuten vom Gangwerk ausgelöst wird u. den Minutenzeiger sprungweise weiter führt; bei den neuesten Thurmuhren ist dagegen das Gangwerk mit Ausnahme des Steigrades gehemmt u. wird nur alle Minuten einmal ausgelöst. Das Aufziehen erfolgt gewöhnlich aller 24 Stunden; während des Aufziehens hängt man in Ermangelung einer andern Vorrichtung ein entspredes Gewicht an das Mittelrad, damit die U. nicht stehen bleibt; da das Uhrgewicht meist sehr schwer ist, so erfolgt das Aufziehen mittels Kurbel u. Räderwerk. Zum Einschmieren der Thurmuhren nimmt man statt Brennöl lieber feingeschlemmten mit Fett angemachten Graphit, Schweinefett u. Knochenöl e) Stock-, Tisch- od. Stutzuhren (s.d.) sind Pendeluhren (bisweilen sind die Stutzuhren auch Unruhuhren, vgl. B) c), welche von einer Feder getrieben werden. Die ältere deutsche Stockuhr hat Spindelhemmung, freies Federhaus, Bobenrad mit Schnecke, Stundenschlagwerk u. geht 24 Stunden; die neuere deutsche Stockuhr (Wiener Stockuhr) hat rückfallende Ankerhemmung, ein od. zwei Repetirwerke, oft ein Spielwerk, welches alle Stunden ein Stück spielt, u. geht 24 Stunden, die französische Stockuhr hat eine gefällige Form, Uhrkasten mit Glassturz (Uhrglocke), rückfallende od. ruhende Ankerhemmung, Stundenschlagwerk, geht meist 8 Tage.

B) Tragbare od. Unruhuhren haben als Regulator eine Unruhe u. sind zugleich Federuhren. Die in England, Frankreich, Deutschland u. bes. in der Schweiz errichteten Uhrfabriken liefern eine enorme Menge U-en u. noch mehr Uhrentheile, welche die Uhrmacher zusammensetzen. 1862 wurden aus der Schweiz 1959 Centner U-en ausgeführt. a) Taschenuhren (s.d.) zerfallen je nach ihrer Hemmung in Spindel-, Cylinder-, Ankeruhren etc.; sie sind oft Repetiruhren od. Sekundenuhren. Spindeluhren sind mit einer Schnecke versehen, Cylinder- u. Ankeruhren neuerdings nicht. Sie haben fünf Räder: Boden-, Minuten-, Mittel-, Krön- u. Steigrad. Das ganze Werk steckt in einem Uhrgehäuse (s.d.). Bei neueren Cylnideruhren ist die Kleinbodeuplatte durch bloße, auf den Großboden aufgeschraubte Brücken od. Stege ersetzt Ankeruhren haben meist Compensationsunruhen u. schleichenden Secundenzeiger. Die Zapfen laufen bei guten U-en in Edelsteinen. b) Taschenchronometer (s.d. 2). Die älteren u. die neueren englischen haben freies Federhaus, Kette u. Schnecke, Gegengesperre, Groß- u. Kleinboden, cylindrische Spirale; die neueren aus Schweizer Fabriken haben das Bodenrad am Federhaus festsitzend (ohne gengesperre, Kette u. Schnecke), Großboden u. Stege, flache Spirale. Die Unruhe ist compensirt, die Zapfenlöcher sind mit Rubin ausgefüttert, zum Theil auch noch mit Rubinplatten gedeckt, die Spiralfeder ist vergoldet, die Hemmung eine freie. Schiffschronometer sind stärker gebaut als die Taschenchronometer, gewöhnlich in Kästen od. Büchsen (daher Boxchronometer) eingesetzt; ihre Einrichtung gleicht den Taschenchronometern, doch schwingt die Unruhe meist langsamer (4 Schwingungen in 1 Secunde), da sie zum Schutz gegen äußere Bewegungen gewöhnlich in sogenannten Compaßsuspensorien aufgehängt werden. Hierher gehören auch die Längen- od. Seeuhren (s.d.) u. die Äquationsuhren mit doppeltem Zeiger u. Zifferblatt zur Ermittelung der wahren u. mittlern Sonnenzeit. c) Reiseuhren haben Viertel- u. Stundenschlagwerk u. ähneln auch sonst den Wiener Stockuhren (s. A) e); ältere haben Spindel-, neuere Doppelsteigradhemmung.

C) Die elektromagnetische (elektrischen, galvanischen) U-en lassen sich in drei Klassen eintheilen: a) die Zeittelegraphen benutzen die Elektricität, um die Angaben einer durch Gewicht od. Federkraft getriebenen Normaluhr nach beliebigen entfernten Orten zu signalisiren u. so namentlich eine Anzahl U-en in übereinstimmendem Gang zu erhalten. Die erste solche U. wurde 1839 Steinheil patentirt u. in München angewendet; 1840 machte Wheatstone dieselbe Erfindung u. gab der U. eine ähnliche Einrichtung wie seinem Zeigertelegraphen. Über die weitere Einrichtung vergl. Elektromagnetische Uhr. U-en dieser Art sind in England, Frankreich etc. mannichfach zur Ausführung gebracht worden u. zwar so, daß die in verschiedenen Zimmern eines Gebäudes aufgestellten U-en, mittelst Galvanismus durch eine Normaluhr in Bewegung gesetzt werden. In Leipzig ist 1849 durch Stöhrer das Princip im Großen angewendet worden, indem der Gang der Rathhausuhr auf circa 70 an die verschiedensten Punkte der Stadt u. Vorstadt vertheilte U-en übertragen wird. Zur Erzielung größerer Sicherheit ist hier die Schließung u. Öffnung der Kette nicht vom Pendel, sondern vom Räderwerke der Normaluhr selbst abhängig gemacht u. erfolgt nur in jeder Minute einmal. Andere derartige Systeme sind die von Bain, Garnier, Glösener, du Moncel, Houdin, Detouche, Breguet, Siemens u. Halske etc. b) Elektromagnetische U-en in engerem Sinne, bei denen der elektrische Strom als bewegende Kraft, anstatt eines Gewichtes od. einer Feder, wirkt. Solche U-en construirte zuerst Bain, Weare in Birkenhead, Kramer, Houdin, Froment, Verité, Garnier u. A. Man hat bei[131] ihnen keine Normaluhr nöthig. c) Chronoskope messen nicht die eine stetig verlaufende Zeit, sondern stellen die Grenzen der Dauer eines Vorgangs möglichst genau, fest, z.B. die Zeit, welche eine Kugel von der Mündung bis zum Ziel braucht. Das erste Chronoskop construirte Wheatstone (s. Elektrisches Chronoskop), wesentlich verbessert wurde es von Hipp, Breguet, Glösener, Navez.

III. Bei jeder guten U., dieselbe mag nun nach mittlerer Sonnenzeit od. nach Sternzeit gehen, ist stets der Gang u. Stand der durch die U. anzugebenden Zeit gehörig zu berücksichtigen. Der Gang ist der Unterschied, welcher zwischen einer durch die U. gegebenen gewissen Zeitdauer u. der nämlichen durch die wirkliche mittlere Sonnenzeit od. Sternzeit gegebenen Zeitdauer sich ergibt; man spricht gewöhnlich von dem 24stündigen Gange einer U. Der Stand ist der Unterschied, welcher zwischen einer durch die U. gegebenen Zeitepoche u. der nämlichen durch die wirkliche mittlere Sonnenzeit od. Sternzeit gegebenen Epoche sich herausstellt. Man sagt daher, die U. geht zu früh (accelerirt) od. zu spät (retardirt) gegen mittlere Zeit od. Sternzeit. Also ist Stand einer U. mit dem Fehler derselben einerlei. Man kann sich auf die völlig genaue Bestimmung des Standes nicht eher einlassen, als bis man den Gang genau erforscht hat. War letzter noch zu schnell od. zu langsam, so muß man die U. so lange durch Verlängern od. Verkürzen des Pendels, od. durch Verschieben der Richtscheibe reguliren, bis der 24stündige Gang der U. mit dem Gange derjenigen Zeitart, welche sie zeigen soll, übereinstimmt. Hierbei werden freilich immer blos solche U-en vorausgesetzt, welche, wenn sie auch in 24 Stunden etwas zu langsam od. zu schnell gehen, dennoch in jeder Stunde dieselbe Geschwindigkeit haben, d.h. es werden stets blos solche U-en vorausgesetzt, deren Bewegung keine stündlich beschleunigte od. verzögerte ist. U-en endlich, welche, wie man zu sagen pflegt, einen haspelnden Gang haben, sind für den wissenschaftlichen Gebrauch untauglich. Die Astronomen, welche sich in der Regel nur sehr ausgezeichnet gearbeiteter U-en bedienen, leiten allein aus Beobachtungen nie den Gang der U., sondern nur den Stand derselben ab, denn der 24stündige Gang einer U. gegen mittlere Sonnenzeit od. Steinzeit kann anden, an zwei auf einander folgenden Tagen hinsichtlich der Bestimmung des Standes dieser U. angestellten Beobachtungen einfach u. sicher ermittelt werden. Vgl. Berthoud, Essai sur l'horlogerie, Paris 1763, 2 Bde.; Derselbe, De la mesure du temps, ebd. 1787; Derselbe, Histoire de la mesure du temps, ebd. 1802, 2 Bde.; F. Crespe, Essai sur les montres à répétition, Genf 1804; Perron, Essai sur l'histoire de l'horlogerie, Paris 1834; Poppe, Geschichte der Uhrmacherkunst, Lpz. 1801; Ders., Handbuch für Uhrmacher, ebb 1810, 2 Bde.; U. Jürgensen, Grundsätze der Zeitmessung durch U-en, ebd. 1840; Derselbe, Die höhere Uhrmacherkunst, Kopenhagen 1842; Schreiber, Handbuch der Uhrmacherkunst, Weimar 1848; Janvier u. Magnier, Handbuch der Uhrmacherkunst, deutsch Quedlinb. u. Lpz. 1851; Martens, Die Hemmungen der höhern Uhrmacherkunst, 1860. 3) (Marksch), beim Streichen der Flötze der 24. Theil des Horizonts.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 18. Altenburg 1864, S. 126-132.
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