[484] Frankfurt am Main (Gesch.). An der Stelle, wo das heutige F. steht, soll gegen Ende des 4. Jahrh. unter Kaiser Valens, nach And. erst 630 von dem fränkischen Fürsten Chlodomir od. Genebald III. eine Stadt gegründet sein. Der Name F. (Palatium Franconenford) kommt urkundlich zuerst 794 vor, wo unter dem Vorsitz Kaiser Karls d. Gr. ein Reichscouvert u. Concil gehalten wurde, welches die Adoptatianer verdammte u. den Bilderdienst verwarf. Ludwig der Fromme, welcher F. oft besuchte, legte hier 822 ein Palatium (Salhof) an u. hielt in demselben Jahre eine Reichsversammlung, wo die Gesandten der östlichen Slawen erschienen; 823 eine gleiche, wo der Streit zwischen den Söhnen des Wilzenkönigs Liubi geschlichtet wurde; 838 wurde F. mit Mauern umgeben u. 843 zur Hauptstadt Ostfrankens erhoben. Damals erhielt F. auch die erste Messe. Im 12. Jahrh. wurde es Brauch, daß die Wahl der Kaiser in F. stattfand, nachdem zuerst 1152 Kaiser Friedrich I. daselbst gewählt worden war. 1329 erhielt F. das Recht, alle von den Kaisern in der Nähe versetzten Güter einzulösen, 1330 das Privilegium zur Haltung einer zweiten Messe, 1339 vom Kaiser Ludwig das Münzrecht u. 1360 die Erlaubniß, Juden gegen ein Schutzgeld anzunehmen. Nachdem die Stadt schon seit geraumer Zeit ein beliebter Aufenthalt der Kaiser gewesen war, wurde sie 1356 förmlich zur Wahlstadt u. 1564 seit Maximilian II. auch zur Krönungsstadt erhoben. Die Grundlage zur Reichsfreiheit legte sie 1257 durch Beseitigung des kaiserlichen Vogts während des Interregnums, 1372 wurde ihr dieselbe ausdrücklich zuerkannt, indem sie das kaiserliche Schultheißenamt erwarb. Im Laufe der Zeit war F. der Schauplatz mehrerer wichtiger historischer Ereignisse, so des Friedensschlusses, des Convents der protestantischen Fürsten 1531, wo der Kurfürst von Sachsen den vom Landgrafen von Hessen gewünschten Zutritt der Schweizer zum Schmalkaldischen Bunde wegen ihrer Abweichung in der Lehre vom Abendmahl verwarf. Während dieser Zeit wurde in F. die Kirchenreformation eingeführt, jedoch wurde der Katholicismus nicht ganz beseitigt, u. der Rath der Stadt, obwohl protestantisch, suchte soviel wie möglich eine neutrale Stellung zwischen den Religionsparteien anzunehmen, um es mit dem Kaiser nicht zu verderben. Daher wurden in F. oft Convente gehalten, so 1536 u. 1539 2 Convente der Protestanten mit kaiserlichen Gesandten, wo eine Erneuerung des Nürnberger Religionsfriedens auf 15 Monate beschlossen wurde; dann zwei, die Befestigung des Schmalkaldischen Bundes u. die Erörterung einzelner unter den Protestanten noch unentschiedener Punkte bezweckende Convente; ferner der Fürstentag, auf welchem 1558 der Frankfurter Receß (s.d.) geschlossen wurde, u. 1599 abermaliger Convent der Protestanten zur Vereinigung der katholischen Stände, s. Deutschland (Gesch.) XI. B). In der zweiten Hälfte des 18. Jahrh. nahm F. viele um ihres Glaubens willen vertriebene niederländische Familien auf, welche den Unternehmungsgeist u. die Gewerbthätigkeit der Stadt belebten, später aber als Calvinisten von der lutherischen Bevölkerung intolerant behandelt wurden, so daß sie erst gegen Ende des 18. Jahrh. die Erlaubniß zur Errichtung eigener[484] Bethäuser auswirkten. Im Österreichischen Erbfolgekriege fand in F. am 22. Mai 1744 die Union zwischen Preußen einer- u. dem Kaiser Karl VII., Pfalz u. Hessen-Kassel andererseits statt; 1732 erlangte die Stadt durch kaiserliche Verordnung die Einsetzung des Bürgerausschusses zur Ordnung der schlechten Finanzwirthschaft des Raths. Im Siebenjährigen Kriege wurde die Stadt 1. Januar 1759 von den Franzosen unter Soubise überrumpelt u. im Französischen Revolutionskriege 23. October 1792 von den Franzosen unter Custine genommen, 2. December unter Rüchel durch Sturm wieder erobert, dann 15. Juli 1796 von den Franzosen unter Kleber beschossen u. am 16. Juli in Folge der Capitulation der Österreicher unter Wartenberg besetzt. Die drückenden Contributionen, welche die Franzosen der Stadt auferlegten, vernichteten anch den Rest der geringeren Sympathien, welche die Frankfurter für die revolutionäre Freiheit hegten. Bei dem Reichsdeputationshauptschluß 1803 behielt F. seine Reichsfreiheit, wurde aber 1806 von Napoleon zu den Staaten des Fürsten Primas des Rheinbundes geschlagen u. 1810 Hauptstadt des Großherzogthums F. Im März 1813 wurde F. von dem Marmontschen Corps besetzt; hier am 31. Oct. 1813 beim Rückzug der Franzosen Brückengesecht zwischen den Franzosen u. Baiern; am 4. Nov. nahm der Fürst Schwarzenberg hier sein Hauptquartier; am 5. zogen Kaiser Alexander u. Kaiser Franz u. am 13. Friedrich Wilhelm III. hier ein, wodurch F. eine Zeit lang der Sammelplatz der politischen Welt ward.
Seit 1814 wieder Freie Stadt u. seit 1816 Sitz des Deutschen Bundes, erhielt F. eine neue Constitution. Die Grundlage derselben wurde im Jahre 1726 gelegt. Vor dieser Zeit verwaltete ein Rath die Stadt, um dessen Machtbesitz sich die sogen. Geschlechter u. Bürger, die zünftigen u. nichtzünftigen Gesellschaften u. Vereine lange abwechselnd stritten. Ein Streit der Bürger mit dem Rathe (im Jahre 1705), welchen man der schlechten finanziellen u. der Gunstwirthschaft beschuldigte, hatte eine Intervention Kaiser Josephs I. zur Folge. Strenge Verfügungen wurden für die Rathswahlen getroffen u. dem Rathe wurde ein (noch heute bestehender) ständiger Bürgerausschuß beigeordnet, welcher die Aufsicht über die Finanzen führen, bei wichtigen Vorfallenheiten zum Besten der Bürger bei dem Rath Erinnerung thun u. auf die Festhaltung der kaiserlichen Resolutionen überhaupt sehen sollte. Der Stadtschultheiß mit seinen Schöffen bildete das Gericht, welches lange Zeit noch die Benennung Reichsgericht, sowie der Stadtschultheiß diejenige eines Reichsschultheißen beibehielt. Schultheiß u. Schöffen waren die Schöffenbank des Raths. Die Verfassung von 1726 erfuhr im Jahre 1810 durch die sogen. am 18. October d. I. beschworene Constitutions-Ergänzungsacte wesentliche Änderungen; F. erhielt durch sie eine demokratische Verfassung. Die Oberhoheit stand nach derselben der Gesammtheit der christlichen Staatsbürger im Gegensatze der Beisassen, Landbewohner u. israelitischen Staatsangehörigen zu. Die Ausübung der Hoheitsrechte wurde einem Gesetzgebenden Körper, einem Senate u. dem 1726 errichteten ständigen Bürgerausschusse, der ständigen Bürgerrepräsentation, übertragen; der Gesetzgebende Körper, gewählt durch ein Wahlcollegium von 75 Bürgern, welches die in drei Wahlabtheilungen eingetheilten christlichen Bürger (Gelehrte, Beamte, Geistliche, Offiziere, Künstler, Lehrer u. Rentiers; Handelsleute; zünftige Handwerker u. Künstler u. alle den beiden ersten Abtheilungen nicht zugewiesenen Bürger) gewählt hatten, erhielt als Wirkungskreis die Gesetzgebung überhaupt, die Besteuerung, die Anordnung u. Einrichtung der bewaffneten Macht, die Sanction aller Staatsverträge, die Prüfung u. Gutheißung der Voranschläge über Ausgaben u. Einnahmen, die Entscheidung von Competenzstreitigkeiten zwischen Senat u. stäudiger Bürgerrepräsentation, die Einwilligung zur Veräußerung von stäbtischen Gemeindegütern, die Mitwirkung bei den Senatswahlen, das Recht u. die Verpflichtung der Bewahrung u. Erhaltung der Verfassung, 45 gewählte Bürger, 11 Abgeordnete der Ortschaften, 20 Delegirte des Senats u. 20 der ständigen Bürgerrepräsentation bildeten denselben. Der Senat erhielt die executive Gewalt u. die Stadt- u. Justizverwaltung im Allgemeinen, den Senat bildeten 42 Mitglieder in drei Ordnungen (Bänken), der Ordnung der älteren Senatoren od. Schöffen aus 14; derjenigen der jüngeren Senatoren gleichfalls aus 14; derjenigen der Rathsverwandten dritter Bank, meist Handwerkern, gleichfalls aus 14 Personen bestehend. Er wählte aus seiner Mitte alljährlich zwei Bürgermeister, den älteren u. den jüngeren, u. ergänzte sich durch Wahlen, an welchen der Gesetzgebende Körper Theil nahm. Die ständige Bürgerrepräsentation behielt die Befugnisse des alten Bürgerausschusses. Alle christlichen Religionsparteien besaßen nach der Constitutions-Ergänzungsacte, wie im ganzen Deutschen Bunde, so auch in F. gleiche staatsbürgerliche Rechte; die Israeliten konnten nicht das volle Bürgerrecht erlangen, namentlich nicht in eine der drei zur Ausübung der Hoheitsrechte bestehenden Körperschaften gewählt werden. Die Gerichtsverfassung war, wie folgt, organisirt: Es bestand für Civilsachen in 1. Instanz bis auf 300 Fl. das Stadtamt, für größere das Stadtgericht, in 2. u. 3. Instanz das Appellationsgericht, beide mit Senatsmitgliedern besetzt, in 3. Instanz für Stadtgerichtssachen das gemeinschaftliche Oberappellationsgericht der vier freien Städte in Lübeck od. eine Facultät. Für Criminalsachen das peinliche Verhöramt od. Criminalamt als Untersuchungsbehörde u. das Appellationsgericht als richtende in 1. Instanz, das Oberappellationsgericht in Lübeck in 2. u. letzter Instanz. Für geringere Verbrechen das Polizeigericht in 1. u. das Appellationsgericht in 2. Instanz. Die politische Bewegung von 1830 blieb auf die Verfassung F-s ohne Einfluß, rief jedoch eine gegen die Bundesversammlung gerichtete Agitation hervor, deren Folge das sogen. Frankfurter Attentat (s. Deutschland, Gesch. XIII. B) war, 1836 schloß sich F. dem preußisch-deutschen Zollverbande an, nachdem der 1832 mit England geschlossene Handelsvertrag abgelaufen war. 1819 im August Auflauf u. Thätlichkeiten gegen die Juden. 1845 am 28. Sept. Unterzeichnung des Staatsvertrags zwischen Österreich u. der Stadt F. über Feststellung der Verhältnisse des dem Deutschen Orden noch gehörigen Deutschen Hauses u. seiner Liegenschaften. 1846 im Juni wurde den Deutschkatholiken die lutherische Weißfrauenkirche zum Gottesdienst eingeräumt.
Im Jahre 1848 u. 1849 war F. Sitz des deutschen Parlaments u. der durch Erzherzog Johann von Österreich geführten Reichsverweserschaft. Am[485] 31. März 1848 erste Versammlung der deutschen Volksvertreter in der Paulskirche; am 4. April trat im Kaisersaal des Römers der Fünfzigerausschuß zusammen; am 18. Mai Eröffnung der großen constituirenden Versammlung in der Paulskirche, u. am 30. Mai 1849 letzte Sitzung dieser Versammlung. Der Erzherzog Johann zog als Reichsverweser am 11. Juli 1848 in F. ein u. legte diese seine Stelle am 20. Dec. 1849 nieder. Die Vevölkerung, vermehrt durch zahlreiche politische Fanatiker aus anderen Bundesstaaten, verfolgte mit lebhafter Theilnahme die Verhandlungen des Parlaments, u. als die Parteien immer schärfer an einander geriethen, kam es außerhalb des Parlaments oft zu Reibungen, bis endlich 18. September ein förmlicher Straßenkampf ausbrach, welcher von den Truppen mit Waffengewalt unterdrückt wurde (vgl. Deutschland, Gesch. XIII. C). Die Verfassungsverhältnisse F-s selbst erlitten durch die Bewegung eine Veräuderung. Eine Volksversammlung in einer Reitbahn gehalten u. eine von derselben an den Senat geschickte Deputation bestimmten den Senat. am 28. März, bei dem Gesetzgebenden Körper dem Antrag zu stellen, einen gemeinschaftlichen Ausschuß zu ernennen, welcher die Veränderung der Verfassung berathen sollte. Man vereinigte sich, u. durch ein Gesetz vom 19. October 1848 sollte der Senat u. die ständige Bürgerrepräsentation sich so lange nicht ergänzen, bis die neue Verfassung fertig wäre, welche von einer zu wählenden verfassunggebenden Versammlung berathen werden sollte. Diese Versammlung legte am 29. März 1849 dem Senate einen Verfassungsentwurf vor, nachdem bereits am 20. Februar ein Gesetz über die bürgerliche u. staatsbürgerliche Gleichheit der Staatsangehörigen erschienen war, wodurch die Israeliten, Landbewohner u. Beisassen den christlichen Stadtbürgern in allen bürgerlichen u. staatsbürgerlichen Beziehungen gleichgestellt wurden. Ein großer Theil der Bürgerschaft u. der Senat waren gegen den neuen Entwurf. Der Senat schloß das Sitzungslocal der verfassunggebenden Versammlung, legte der Bürgerschaft am 31. December 1849 die Gründe vor, warum er deren Entwurf nicht zur Abstimmung der Bürgerschaft bringen könne, u. versuchte die Wahl eines neuen Gesetzgebenden Körpers nach dem alten Wahlmodus. Es wurde von einem Theile der Bürgerschaft gewählt, die Anhänger der früheren verfassunggebenden Versammlung enthielten sich der Theilnahme an den Wahlen, u. die Fraction der Bürgerschaft, welche sich an den Wahlen betheiligte, erhielt, da an ihrer Spitze zumeist Männer standen, welche sich zu dem bekannten deutschen Verfassungprogramme von Gotha bekannten, im Laufe der Zeit die Bezeichnung der Gothaer, während die Anhänger der aufgelösten verfassunggebenden Versammlung die demokratische u. die Anhänger des früheren Rechtszustandes u. der streng rechtlichen Entwickelung der Verfassung die conservative Partei genannt wurden. Dieser Gesetzgebende Körper nahm nun das Verfassungswerk in die Hand u. übergab am 19. Juni 1850 dem Senate einen Entwurf. Dieser nahm ihn nicht an u. legte am 17. Sept. einen anderen vor. Es erschienen nun von beiden Körperschaften weitere Entwürfe, wozu ein Ausschuß des Gesetzgebenden Körpers neue Anträge fügte, u. am 22. Juli 1851 ein neuer Entwurf des Senats, welcher jedoch im October 1851 vom Gesetzgebenden Körper verworfen wurde. Der Senat entwarf nun ein organisches Gesetz u. übergab dasselbe am 2. März 1852 dem Gesetzgebenden Körper. Dieser nahm Abänderungen vor, überreichte es am 28. April 1852 dem Senate u. stellte das Verlangen, daß die Richter nicht von dem Senate allein, sondern auch durch Mitwirkung des Gesetzgebenden Körpers gewählt werden sollten. An dieser Meinungsverschiedenheit scheiterte der Senatsentwurf. Am 12. August erklärte die Bundesversammlung in der Absicht, die in Verwirrung gerathehe Verfassungsangelegenheit wieder auf einen festen Rechtsbestand zurückzuführen, auf Grund Artikel 46 der Wiener Congreßacte das bereits oben erwähnte Gesetz vom 20. Februar 1819 über die Gleichstellung der Israeliten, Beisassen u. Landbewohner als nicht legal u. ausdrücklich für ungültig, u. der Senat setzte dasselbe durch Verordnung vom 5. October außer Wirksamkeit. Der Gesetzgebende Körper verwahrte sich gegen den Bundesbeschluß. Im November erinnerte der Gesetzgebende Körper den Senat an den Vollzug des organischen Gesetzes in der von ihm beschlossenen Fassung. Am 25. November lud der Senat den Gesetzgebenden Körper zu Senatswahlen ein u. gab in Beziehung auf das organische Gesetz eine Rückäußerung vom 24. November 1852. Er theilte mit, daß er aus Gründen des öffentlichen Wohls die Verhandlungen wegen des organischen Gesetzes nicht fortsetze, vielmehr die Vorlage hierüber zurückziehe. Der Gesetzgebende Körper verweigerte darauf seine Theilnahme an den Senatswahlen, weil der Senat früher erklärt habe, keine neuen Wahlen zu vollziehen, bevor er die Verfassungsfrage geordnet habe; darauf gab der Senat am 27. November die Rückäußerung, daß die Vorschläge zur Änderung der Verfassung zurückgegangen seien, u. daß er erwarte, daß keine Beschlüsse gefaßt würden, die auf eine Änderung der Organisation des Senats hinausgingen, da, um eine solche Änderung zu berathen, die Zulässigkeit erst von 2/3 der Mitglieder des Senats u. des Gesetzgebenden Körpers anerkannt sein müsse. Auf diese Rückäußerung hin ging die Gesetzgebende Versammlung auf die Senatswahlen ein, u. es wurden sechs neue Senatoren gewählt. Unterdessen war am 12. September 1852 ein organisches Gesetz über die Erweiterung der staatsbürgerlichen Rechte der Israeliten erschienen, welches an die Stelle des in Folge Bundesbeschlusses aufgehobenen Gesetzes vom 20. Februar 1849 trat. An der allgemeinen Abstimmung über dieses Gesetz, durch welches die alte Bürgergemeinde gewissermaßen aufgelöst u. in eine Einwohnergemeinde umgewandelt wurde, hatten sich bei neu eingeführter öffentlicher Abstimmung von 7000 stimmberechtigten Bürgern nur 859, von denen 71 dagegen stimmten, betheiligt. Durch dieses Gesetz wurde den Beisassen das volle Stadtbürgerrecht ertheilt, das Beisassenwesen überhaupt abgeschafft; die staatsbürgerlichen Rechte der Landbewohner u. Juden wurden erweitert; die Mitglieder der Frankfurter Stadtgemeinde wurden ohne Unterschied Frankfurter Bürger genannt, die Mitglieder der Landgemeinden als Bürger ihrer Gemeinden bezeichnet; den Frankfurter Bürgern israelitischen Religionsbekenntnisses wurden außer der zustehenden Rechtsgleichheit in privatbürgerlicher Hinsicht die staatsbürgerlichen [486] Rechte dahin erweitert, daß sie sich wohl an den allgemeinen Urwahlen für das Colleg der Wahlmänner, welches die Mitglieder der Gesetzgebenden Versammlung zu erwählen hat, betheiligen, auch in dieses Colleg gewählt werden dürfen, daß jedoch das Wahlcolleg nur vier israelitische Bürger als Abgeordnete in die Gesetzgebende Versammlung wählen darf; den israelitischen Bürgern wurden auch die öffentlichen Ämter im Allgemeinen zugänglich gemacht, jedoch sind in den Senat u. die ständige Bürgerrepräsention nur christliche Bürger wählbar, ebenso bleiben die israelitischen Bürger von Richterstellen u. Ämtern ausgeschlossen, deren Wirkungskreis christliche Kirchen, Schulen u. Stiftungen betrifft, u. in ähnlicher Weise können die Bürger der Landgemeinden nicht bei der Verwaltung des Vermögens der städtischen Gemeinde angestellt werden, sind jedoch zu Richterstellen wählbar, auch sollen die in die Gesetzgebende Versammlung gewählten Vertreter der Landgemeinden, so wie auch die israelitischen Mitglieder der Gesetzgebenden Versammlung, an allen Berathungen u. Beschlüssen derselben theilnehmen, mit Ausnahme einiger weniger bes. bezeichneter Gegenstände. Auf Grund dieses organischen Gesetzes wurde der neue Gesetzgebende Körper gewählt, welcher sich die Verwahrung des vorigen gegen den Bundesbeschluß aneignete. Unterm 29. October 1853 richteten 12 conservative Bürger, der Beistimmung eines großen Theils ihrer Mitbürger gewiß, eine Eingabe an die Bundesversammlung, in welcher sie den Bundesbeschluß vom 12. August 1852 als nicht ausgeführt, den Gesetzgebenden Körper als illegal gewählt erklärten, eine Reihe weiterer Beschwerden beifügten u. die Bundesversammlung um Inhibition der Wirksamkeit des Gesetzgebenden Körpers u. um die Wiederherstellung eines politischen Rechtszustandes, wie ihn die Ehre u. das Gemeinwohl der Stadt verlange, ersuchten. Diese Eingabe äußerte keine Wirkung. Die demokratische Fraction der Bürgerschaft enthielt sich fortwährend der Betheiligung an den Wahlen u. damit an den Reformen. Am 2. December 1854 legte der Senat dem Gesetzgebenden Körper ein organisches Gesetz vor, in welchem er der früher beaustandeten Ansicht des Gesetzgebenden Körpers wegen der Richterwahl beipflichtet, u. der Gesetzgebende Körper nahm dieses organische Gesetz am 22. December 1854 unverändert an. Der Handwerker- u. Gewerbestand hielt sich in manchen Beziehungen verletzt u. überreichte dem Senate am 10. Januar 1855 einen Protest für den Fall, daß der Entwurf der Bürgerschaft zur allgemeinen Abstimmung vorgelegt werden sollte. Der Senat gab dem Proteste der Handwerker keine Folge, sondern publicirte das organische Gesetz am 18. Januar u. beraumte die allgemeine Abstimmung auf den 5. u. 6 Februar an. Nach Artikel 50 der Constitutions-Ergänzungsacte erhielt eine allgemeine Abstimmung über eine von Senat u. Gesetzgebendem Körper beschlossene Verfassungsänderung erst dann Gesetzeskraft, wenn über dieselbe in den drei Abtheilungen der Stimmberechtigten durch die Mehrheit abgestimmt worden u. zwei Abtheilungen für die Annahme gestimmt haben. In den zwei ersten Abtheilungen hatte nun eine Mehrheit sich für das Gesetz ausgesprochen, u. auf Grund dieses Umstandes machte der Senat durch Erlaß vom 13 Februar bekannt, daß das organische Gesetz durch zwei Abtheilungen angenommen worden sei u. daher in Kraft trete. Die in dieser Wetse abgeänderte Verfassung von 1816 gelangte am 16. Sept. 1856 zur Ausführung. Zugleich wurde den bei dem Barrikadenkampfe vom 18. Sept. 1848 Betheiligten eine Amnestie ertheilt. Obwohl jetzt die beiden anderen Parteien ihre Passivität bei den Wahlen aufgaben, erhielt die Gothaer Partei dennoch die Mehrheit in dem Gesetzgebenden Körper. Der Senat bestand nach seiner Reduction aus 21 ordentlichen Mitgliedern: 18 Juristen, 2 Kaufleuten u. 1 Handwerker, obgleich nach dem neuen organischen Gesetze 4 Handverker ordentliche Mitgliederdes Senats sein müssen. Außerdem verblieben noch 11 außerordentliche u. überzählige Senatsmitglieder der früheren 3. Bank mit der Berechtigung, allen Senatssitzungen beizuwohnen. Die Gehalte der ordentlichen 21 Senatoren wurden zum Theil mehr als verdoppelt. Im Laufe des Gesetzgebungsjahres 185657 beschloß die Gesetzgebende Versammlung den Bau einer Verbindungsbahn (s. oben), trotzdem daß ungefähr 2000 Bürger eine Eingabe an den Senat richteten, um die Ausführung derselben zu hindern; ferner kam eine neue lutherische Gemeindeordnung zu Stande, durch welche die Stadt in Sprengel eingetheilt u. die Wahl der Pfarrer den Gemeindeangehörigen überlassen wurde. Die deutsch-österreichische Münzconvention wurde sanctionirt, mit dem Zusatze, der Senat möge dahin wirken, daß die Staaten des 521/2-Guldenfußes die neue österreichische Währung annähmen. Ein Anlehen von 3,500,000 Fl. wurde genehmigt, sowohl zur Deckung der Ausgaben für die neue Gerichtsorganisation, als auch zur Ausführung öffentlicher Bauten, Verbindungsbahn, Wasserleitung etc. Die Vermehrung der Staatsschuld schwächte indeß das Ansehen der herrschenden Partei, so daß bei den nächsten Wahlen im October 1857 ein Theil der ehemaligen Conservativen für die demokratische Wahlmännerliste stimmte u. der neue Gesetzgebende Körper mit Ausnahme von 9 Mitgliedern aus Anhängern der demokratischen Fraction bestand; derselbe nahm einen Antrag auf weitere Verminderung der Senatsmitglieder mit großer Mehrheit an. Am 15. Jan. 1850 ertheilte er der Einführung des allgemeinen deutschen Zollgewichts in F. seine Zustimmung, verwarf dagegen den vom Senate abgeschlossenen Vertrag mit Frankreich zum Schutze des literarischen u. artistischen Eigenthums Dem Antrage auf Verminderung der Senatsmitglieder gab der Senat keine Folge. Noch deutlicherzeigte sich der Zwiespalt zwischen Senat u. Gesetzgebendem Körper bei verschiedenen liberalen Forderuugen des letzteren, als staatsbürgerliche Gleichstellung der Israeliten, Verbesserung der Gehalte der Beamten etc. Bei den Wahlen im Herbste 1858 unterlag die Gothaer Fraction in allen 3 Klassen der Urwähler. Am 1. Novbr. constituirte sich die neugewählte Versammlung. Ein erneuerter Versuch, den Senat am 7. Nov. zu ergänzen, mißlang, da die Wahlmänner des Gesetzgebenden Körpers wie im vorigen Jahre, sich auch diesmal mit den übrigen Wahlberechtigten nicht einigen konnten.
Vgl. Faber, Beschreibung von F. a.M. Frankf. 1788 f., 2 Bde.; Moritz, Staatsverfassung der Reichsstadt F., ebd. 1785; G. Käppe (, Beschreibung von F. a. M., Eßling. 1811; Skizzirtes Gemäld von F. u. Umgebung, Mainz 1811; C. L. Franck, Topographischer Überblick der Stadt F., Frankf.[487] 1821; A. Kirchner, Geschichte der Stadt F., ebd. 18071810, 2 Bde.; Feyerlein, Nachträge u. Berichtigungen, ebd. 1809 f., 2 Bde.; v. Fichardt, Die Entstehung der Reichsstadt F. u. des Verhältnisses ihrer Bewohner, ebd. 1819; Panorama von F., gezeichnet von F. Morgenstern, beschrieben von B. Hundeshagen, ebd. 1814; Thomas, Frankfurter Annalen von 7391300, ebd. 1838.
Brockhaus-1809: Frankfurt am Main · Frankfurt am Main · Main und Loire · Der Main · Frankfurt an der Oder
Brockhaus-1837: Frankfurt am Main · Main
Brockhaus-1911: Main-Donau-Kanal · Main [2] · Main-Weser-Eisenbahn · Main-Neckar-Eisenbahn · Ludwigs-Donau-Main-Kanal · Main · Frankfurt · Frankfurt [2]
DamenConvLex-1834: Frankfurt am Main · Main (Fluß) · Frankfurt an der Oder
Herder-1854: Frankfurt am Main · Main · En main · Frankfurt an der Oder
Meyers-1905: Frankfurt am Main · Main de justice · Main morte · Main gauche · Main de gloire · East Main · Main [2] · Main [1] · Frankfurt · Frankfurt an der Oder
Pierer-1857: Frankfurt am Main [1] · Ost-Main · Main- u. Tauberkreis · Main-Donau-Kanal · Main-Donaukanal · Donau-Main-Kanal · Weißer Main · En main · East-Main · Ludwigs-Donau-Main-Kanal · Main · Main de justice · Frankfurt · Frankfurt
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