[583] Hugenotten (Hugenots), eigentlicher Spottname der Anhänger der Kirchenreformation in Frankreich; entweder von dem aus Eidgenossen corrumpirte Idgnoh, weil sie den reformirten Schweizern anhingen; od. daher, daß sie die Nachkommen des Hugo Capet, von dem die Dynastie Valois u. Heinrich IV. von Frankreich abstammten, gegen die Guisen vertheidigten; od. daher, daß sie in einer, außerhalb Tours gelegenen Gegend ihre Versammlungen hielten, wo Hugo Capet der Sage nach in der Nacht umherspuke; od. endlich von einer geringhaltigen Scheidemünze aus Hugos Zeit mit der gehässigen Bedeutung, daß die Calvinisten nur so viel werth wären. In dem Curialstyl hießen sie Ceux de la religion prétendue réformée, auch Ceux de la religion, od. Religionnaires. Ungeachtet der strengen Maßregeln des Königs Franz I. gegen den Protestantismus fand derselbe bald nach seinem Entstehen in Deutschland auch Eingang in Frankreich, bes. begünstigt von Margarethe von Navarra, der Schwester des Königs; so predigte der Schweizer Melchior Wolmar seit 1523 im Süden[583] das Evangelium u. Gerh. Roussel u. Jakob Lefèvre stifteten lutherische Gemeinden; der calvinischen Auffassung des Protestantismus traten nachher viel mehr Franzosen, namentlich auch unter dem Adel bei. Im Anfang der Regierung Heinrichs II., welcher 1547 seinem Vater Franz I. folgte, waren die Protestanten, bei dem Einfluß der protestantischen Bourbons am Hofe, unbelästigt; als aber die katholischen Guisen jene verdrängten, wurden, obgleich mit den deutschen Protestanten ein Bündniß geschlossen ward, doch die H. verfolgt u. ihnen 1555 durch ein Edict die Strafe der Verbrennung gedroht. Franz II., 1559 Heinrichs II. Nachfolger, unter dem Regiment der Guisen, stiftete die Chambres ardentes gegen die H., vermochte aber ihrer Ausbreitung nicht Grenzen zu setzen. Bestärkt durch die Responsa deutscher Theologen u. Rechtsgelehrten, welche eine Auflehnung gegen die Herrschaft der Guisen unter Einwilligung der Stände u. unter Leitung eines Prinzen von königlichem Geblüte für erlaubt erachteten, u. unterstützt durch die Bourbons, an ihrer Spitze Anton von Bourbon, König von Navarra, die Condés, die Colignys etc., die sich zum Protestantismus bekannten, u. selbst durch mehrere Katholiken, welche den Guisen nicht wohlwollten, dachten sie ernstlich daran, die Guisen mit Gewalt zu vertreiben, hielten mehrere Versammlungen, wählten Ludwig von Condé zum Anführer u. beschlossen 1. Februar 1560 in Nantes, dem König eine Petition um Glaubens- u. Gewissensfreiheit zu überreichen u., wenn dieselbe abgelehnt würde, mit den Waffen die Guisen zu entfernen, der Person des Königs sich zu bemächtigen u. den Prinzen von Condé zum Generalstatthalter des Reichs zu erheben. Georges de Barri de la Renaudie, ein Edelmann aus Perigord, sollte diesen Plan ausführen. Der Hof, welchem die Verschwörung durch den Grafen Ludwig von Sancerre entdeckt wurde, ging nach Amboise, dahin rückten auch die H. bewaffnet (daher Verschwörung von Amboise), aber sie wurden geschlagen, gefangen u. ihrer 1200 hingerichtet. Obgleich nun die Guisen auf Einführung der Inquisition drangen, so brachte doch der Kanzler de l'Hopital den König dahin, daß er durch das Edict von Romorantin, im Mai 1560, den Parlamenten die Competenz über Glaubenssachen untersagte u. den Bischöfen die Ketzeruntersuchungen übertrug. Unter dem minderjährigen Karl IX., Bruder u. seit 5. Dec. 1560 Nachfolger Franz' II. entwickelte sich der Kampf der Parteien am Hofe heftiger, indem die Regentin, Katharina von Medici, aus politischem Interesse die mächtig gewordene Partei der Guisen dadurch zu schwächen suchte, daß sie die Gegenpartei der Bourbons begünstigte. Es wurden nicht blos die beiden Prinzen von Condé, die noch von der Verschwörung von Amboise her in Lyon gefangen gehalten wurden, frei gelassen, sondern auch der König Anton von Navarra zum Generalstatthalter des Königreichs ernannt u. im Juli 1561 ein neues Edict erlassen, welches beiden Parteien alle Anfeindungen untersagte, den H. Amnestie zugestand u. den Schimpfnamen H., so wie die Proselytenmacherei verbot. Um den Zwiespalt gänzlich zu beseitigen, wurde am 3. Septbr. 1561 das Religionsgespräch zu Poissy gehalten, zu dessen Besuch sich der Cardinal von Lothringen, Herzog Karl von Guise, bequemen mußte, u. auf welchen die H., besonders durch Theodor Beza vertreten, den Sieg davon trugen. Sie vereinigten sich nun alle unter dem Calvinischen Bekenntniß u. traten immer kühner gegen die Katholischen auf. Als darauf die Guisen den Generalstatthalter Anton in ihr Interesse zu ziehen u. sich dadurch zu verstärken wußten, befahl die Regentin Katharina zwar in dem Edict vom 17. Jan. den H., die bereits in ihrem Besitz sich befindenden Kirchen in den Städten herauszugeben, verstattete ihnen jedoch die freie Ausübung ihrer Religion in Vorstädten u. auf dem Lande u. überhaupt Gewissensfreiheit. Als der Herzog Franz von Guise am 1. März 1562 in Vassy in der Champagne den H., welche in einer Scheune Gottesdienst hielten, denselben untersagen ließ, kam es zu einem blutigen Handgemenge, Condé ging nach Orleans u. rief seine Glaubensgenossen zu den Waffen; der Herzog von Guise, der Connetable Anna von Montmorency u. der Marschall Saint André thaten Gleiches, nahmen den König u. die Regentin gefangen u. erklärten die Protestanten als Aufrührer.
So begann der erste Hugenottenkrieg. In der Belagerung von Rouen 1562 wurde Anton von Navarra tödtlich verwundet, die Stadt aber am 11. September von den Guisen erobert; im Treffen bei Dreux am 19. December fiel der Marschall von Saint André u. wurden der Connetable Montmorency von den H., der Prinz Condé von den Katholischen gefangen u. gegenseitig ausgewechselt; vor Orleans, welches die königlichen Truppen nach der Schlacht bei Dreux belagerten, fiel am 18. Febr. 1563 der Herzog von Guise, von einem hugenottischen Edelmanne, Poltrot de Mercy, erschossen. Die Katholischen hatten nichts gewonnen, u. durch einen Einfall der Engländer in der Normandie bedroht, schloß die Regentin den 19. März 1563 den Frieden von Amboise, in welchem durch das sogen. Pacificationsedici (Edict von Amboise) das Edict von 1562 bestätigt u. erweitert wurde, so daß die H. nicht blos Verzeihung, sondern auch, mit Ausnahme einiger Bezirke u. Städte, freie Religionsübung erhielten u. nun beide Parteien vereinigt den Engländern Havre de Grace wieder abnahmen.
Da inzwischen die Königin Katharina, indem sie die H. nicht mehr nöthig zu haben glaubte, nicht blos die Häupter derselben hintansetzte, sondern auch durch das Edict von Roussillon, im August 1564, das Edict von Amboise beschränkte u. überhaupt mehrere Schritte that, welche Mißtrauen erregten, so faßte der Prinz von Condé den Plan, den König, in dessen Namen Katharina handelte, 29. Sept. 1567 auf dem Lustschloß zu Monceaux aufzuheben. Da dieser Anschlag mißlang u. der Hof nach Paris floh, so zog Condé vor die Hauptstadt u. eröffnete dadurch den zweiten Hugenottenkrieg. In dem Treffen bei St. Denis, 10. November, wo die kaum 3000 Mann starke protestantische Armee gegen 20,600 Mann Königliche auf das Heldenmüthigste sich schlug, schrieben beide Parteien sich den Sieg zu, Condé zog sich nach Lothringen zurück, vereinigte sich dort mit dem deutschen Hülfsheer von 10,000 Mann unter dem Prinzen Johann Kasimir von der Pfalz u. rückte im Februar 1568 vor Paris. Da schloß Katharina 27. März 1568 den Kleinen Frieden (La petite paix) zu Longjumeau, welcher das Edict von Amboise wieder herstellte.[584] Aber da beide Theile den Frieden blos nothgedrungen geschlossen hatten u. zahlreiche Protestanten ermordet u. hingerichtet wurden u. selbst Condé u. Coligny ihres Lebens nicht sicher waren, so flohen diese nach Rochelle, wo sich auch die ihnen glaubensverwandte Königin Johanna von Navarra mit ihrem Sohne Heinrich von Navarra (dem nachmaligen König Heinrich IV.) zu ihnen gesellte; zogen hier deutsche Truppen an sich, erhielten englische Subsidien u. begannen den dritten Hugenottenkrieg. Es kam 13. März 1569 bei Jarnac, unweit Rochelle, wohin die Hugenottenhäupter sich geflüchtet hatten, zwischen der königlichen Armee unter dem Herzog von Anjou u. dem Marschall von Tavannes u. den H. zu einer Schlacht, welche Letztere verloren; Condé wurde gefangen u. von einem Hauptmann Montesquiou meuchelmörderisch erschossen. Nun berief Johanna die H. nach Cognac, ermuthigte dieselben u. stellte ihren Sohn Heinrich, unter Coligny, an die Spitze derselben. Nachdem sie im Juni aus Deutschland unter dem Pfalzgrafen Wolfgang von Zweibrücken u. dem Grafen Volrad von Mansfeld Zuzug aus Deutschland erhalten hatten, kam es nach der vergeblichen Belagerung von Poitiers von Seiten der H., 3. Octbr. 1569 zur Schlacht bei Moncontour in Poitou, welche die H. wieder verloren. Mit Mühe jedoch eroberte Karl IX. in Person St.-Jean d'Angeli, u. die H., abermals von England mit Geld unterstützt, erholten sich wieder, so daß sie 1569 Nismes erobern, den Prinzen Heinrich von Navarra u. den ältesten Heinrich von Condé in Rochelle befreien, 1570 die königliche Armee bei Luçon u. Arnay-le-Duc schlagen, nach Paris vorrücken u. als Sieger 4. August 1570 den Frieden von Saint-Germain dictiren konnten, der ihnen Rochelle, la Charité, Montauban u. Coignac auf zwei Jahre einräumte, Religionsfreiheit (ausgenommen in Paris) zusicherte, sie in alle verlorene Güter wieder einsetzte, aller Würden für fähig u. alle Edicte zu ihrem Nachtheil für aufgehoben erklärte.
Der König u. seine Mutter versuchten jetzt List, indem sie Heinrich von Navarra mit Margarethe von Valois, Schwester des Königs, vermählten u. die Königin von Navarra u. die Häupter der H. nach Paris lockten, doch starb Johanna noch vor der Vermählung, welche am 18. August 1572 vollzogen wurde. Selbst als der am 22. August vom Hofe zurückkehrende Admiral Coligny durch einen Schuß verwundet wurde, schöpften, da der König den Admiral besuchte u. ihm seine Theilnahme bezeigte, die Häupter der H. keinen Verdacht. Doch da Coligny Paris verlassen wollte u. die Partei der Königin fürchtete, daß ihre Absichten verrathen würden, beschloß ein Rath unter Vorsitz des Königs, welchem die Königin Mutter u. fast alle Prinzen, der junge Herzog von Guise u. der Marschall von Tavannes beiwohnten, alle H. in einer Nacht zu ermorden. Nur durch die Fürsprache des Herzogs von Nevers u. des Marschalls von Tavannes wurde Heinrich von Navarra u. der Prinz Condé ausgenommen; dem Herzog Heinrich von Guise war die Ausführung der Sache übertragen. In der Bartholomäusnacht (Pariser Bluthochzeit), 24./25. Aug. 1572, brach der Herzog von Guise in Colignys Haus, u. ein Söldner, Behme, erstach ihn. Eine Glocke des königlichen Schlosses gab den Bürgercompagnien das Zeichen, man eilte die Reformirten aufzusuchen, zu berauben u. zu morden. Auf die Straße gescheucht, fielen viele durch Schüsse aus den Fenstern; der König selbst schoß vom Balcon auf dieselben. An 5000 Protestanten fanden hier den Tod, aber auch viele Katholiken wurden von Privatfeinden, unter dem Vorwande, Krypto-Hugenotten zu sein, ermordet. Am folgenden Tage erging der Befehl in die Provinzen, Gleiches zu thun. Nur wenige Gouverneurs wagten es ungehorsam zu sein, u. binnen 60 Tagen fielen in den Provinzen 30,000 Menschen. Die sich Rettenden flohen in die Gebirge u. nach Rochelle. Heinrich von Navarra unterzeichnete gezwungen eine Erklärung, worin er die protestantische Religion abschwur u. versprach, daß dieselbe innerhalb seines Gebietes nicht mehr ausgeübt werden solle, hielt jedoch dies erzwungene Versprechen nicht. Der Prinz Condé trat auch zur katholischen Religion über. Beiden traute aber die Hofpartei nicht u. ließ sie sorgfältig bewachen. König Karl IX. rühmte sich im Parlament unter der Versicherung, die H. hätten den Thron umstürzen u. ihre Religion zur herrschenden erheben wollen, des unter den H. angerichteten Blutbades u. verordnete, unter Beifall des Papstes Gregor XIII., der deshalb ein außerordentliches Jubiläum ausschrieb, das Andenken dieses Ereignisses jährlich am Bartholomäustage festlich zu begehen.
Der Angriff des Herzogs von Anjou auf die den H. noch zuständigen Festungen, bes. die Belagerung von Rochelle, eröffnete den vierten Hugenottenkrieg, der damit endigte, daß, auf die Nachricht der Ernennung des Herzogs von Anjou zum König von Polen, in dem Frieden vom 24. Juni 1573 das Pacificationsedict erneuert u. den H. in ihren Sicherheitsplätzen Montauban, Nismes u. Rochelle freie Religionsübung, übrigens aber Gewissensfreiheit bewilligt wurde. Als jedoch nach der Abreise des Herzogs nach Polen Karl IX. erkrankte, entspann sich die neue Conspiration der sogenannten Politiker (so genannt, weil sie das Staats- dem religiösen Interesse voranstellten), welche unter Anführung des Herzogs von Alençon, 4. Sohnes Franz' II. u. der Königin Katharina, die Regentin u. die Guisen stürzen u. ihr Haupt auf den Thron setzen wollte. Schon hatten sie mit Heinrich von Navarra u. dem Prinzen von Condé sich verbündet, u. Alles war vorbereitet: als 1574 die zu voreilige Bewegung der H. der Königin den Plan entdeckte. Ihr Sohn wurde mit Heinrich von Navarra u. Mehreren verhaftet, auch einige Verschworne hingerichtet. Der Prinz Heinrich von Condé aber floh nach Deutschland u. widerrief seine erzwungene Abschwörung des Protestantismus.
Unter Heinrich III., kurze Zeit König von Polen u. seit 1574 König von Frankreich, begann der fünfte Hugenottenkrieg. Im Laufe des Jahres waren die Königlichen unglücklich: nicht nur daß sie viele feste Plätze verloren, sondern sie wurden auch bei Gordes geschlagen; Prinz Condé kehrte mit einem deutschen Hülfsheere unter dem Pfalzgrafen Johann Kasimir nach Frankreich zurück u. verband sich im März 1576 noch mit dem vom König abgefallenen Herzog von Alençon; im Süden machte Heinrich von Navarra gewaltige Fortschritte. In Folge davon machte der Hof 8. Mai 1576 den Frieden zu Beaulieu, in welchem alle den H. ungünstigen Verfügungen suspendirt,[585] den deutschen Hülfsvölkern aber Entschädigung versprochen u. den H. noch 8 Plätze eingeräumt wurden.
Allein vom Herzog von Guise bewogen, errichteten 1576 die Bürger von Peronne unter Humières die Heilige Ligue zur Vertheidigung der katholischen Religion, welcher bald eine Menge der eifrigsten Katholiken beitraten, so daß diese, bes. von Spanien u. dem Papst u. durch den Beitritt des Königs selbst auf dem Reichstage zu Blois, 6. Novbr. 1576, unterstützt, einen sechsten Hugenottenkrieg begannen, welcher jedoch, da die Stände dem König kein Geld verwilligten u. Zwistigkeiten die Katholischen trennten, bereits im Sept. 1577 durch den Friede von Bergerac beendigt wurde; die Bedingungen waren die früheren, u. die geheimen Verhandlungen zwischen Katharina u. Heinrich fügten den Protestanten zu den früheren Sicherheitsplätzen noch einige andere hinzu. Der siebente Hugenottenkrieg, von Katharinas Hofdamen (den sogenanten Sirenen, da sie mit Wissen der Königin durch Liebreiz u. Gunstbezeigungen H. zum Übertritt vermochten, Katholiken zum Krieg umstimmten u. beiden ihre Geheimnisse entlockten), Guerre des amoureux genannt, begann im Novbr. 1579, als die Guisen, auf Anstiften der Königin Katharina, den König nöthigten, den H. die eingeräumten Plätze wieder abzufordern. Condé nahm Lasère u. Heinrich im April 1580 Cahors; u. da der Herzog von Anjou (Alençon) die königlichen Truppen in den Niederlanden brauchen wollte, so kam 12. Septbr. 1580 der Friede zu Flex zu Stande, welcher unter andern den H. den Besitz ihrer Sicherheitsplätze noch auf 6 Jahre zugestand.
Als 1584 durch den Tod des Herzogs von Anjou Heinrich von Navarra nächster Thronerbe wurde, brach der Zwist wieder los, denn die Guisen wollten keinen protestantischen Fürsten auf den französischen Thron kommen lassen. Nach mehrfachen Intriguen gelang es endlich dem Herzog Heinrich von Guise, der nach dem Throne trachtete, die Ligue wieder ins Leben zu rufen, u. diese suchte Heinrich von Navarra u. den König Heinrich III., der sich zu seinem Schwager hinneigte, beim Volke zu verleumden u. den Papst Gregor XIII. zu bewegen, daß er sich für ihn erkläre. Von Spanien mit Truppen u. Geld unterstützt, bemächtigte sich Heinrich von Guise mehrer hugenottischer u. königlicher Plätze. Der König versäumte sich zu vertheidigen u. wurde, zumal da sich in Paris selbst die Ligue bes. unter Bürgern, Advocaten u. Geistlichen in allen 16 Quartieren, (deshalb Ligue de seize genannt) befestigt hatte, gezwungen, 7. Juli 1585 das Edict zu Nemours zu unterzeichnen, kraft dessen keine andere Religion als die katholische geduldet, die reformirten Prediger in Monatsfrist, die sämmtlichen H. binnen 6 Monaten das Reich verlassen u. aller ihnen eingeräumten Rechte verlustig sein sollten. Obgleich vom Papst Sixtus V. als Ketzer in den Bann gethan, rüsteten sich Heinrich von Navarra u. Condé, gebrauchten, als Heinrich III. sein Edict ausführen wollte, Repressalien gegen ihre katholischen Unterthanen u. rückten, von England mit Geld u. von protestantischen Fürsten in Deutschland mit 30,000 Mann unterstützt, 1587 gegen die Katholischen an u. eröffneten den achten Hugenottenkrieg, nach den drei Häuptern auch der Krieg der drei Heinriche genannt. Der Sieg der H. bei Coutras 8 October 1587 aber wurde durch einen Sieg der Katholischen bald wieder aufgehoben, in dessen Folge die deutschen Truppen aus Frankreich vertrieben wurden. Der Herzog von Guise hatte nun alle Gewalt in seinen Händen u. bestimmte den König zu Erlaß des Reunionsedictes von Rouen, 19. Juli 1588, worin die gewaltsame Unterdrückung der H. u. die Ausschließung Heinrichs von Navarra vom französischen Throne proclamirt werden sollte. Der König, um gegen den zudringlichen Guise Zeit zu gewinnen, willigte scheinbar in die Forderungen u. berief einen Reichstag nach Blois, ließ aber hier am 23. Decbr. 1588 die beiden Guise ermorden. Nicht blos die Katholischen, sondern selbst die H. verabscheuten des Königs Gewaltthat, u. das Parlament erklärte ihn für einen Mörder; Karl v. Guise, Herzog v. Mayenne, Bruder des Ermordeten, der entronnen war, bemächtigte sich mehrer Provinzen, drang nach Paris vor u. nahm, nachdem er den ihm von der Ligue angetragenen Königstitel von sich gewiesen hatte, die Würde eines Generallieutenants von Frankreich an. In die Enge getrieben, vereinigte sich Heinrich III., als seine Mutter 1589 gestorben war, mit Heinrich von Navarra, wurde aber 1. Aug. 1589 in dem Lager bei St. Cloud von dem Mönch Clement ermordet. Heinrich von Navarra bestieg nun als Heinrich IV. den Thron. Aber den H. war damit nichts geholfen; denn sie mußten dem König in seinem Kampfe gegen die Ligue beistehen, um ihn den Thron erobern zu helfen, u. dagegen war Adel u. Volk den H. so abgeneigt, daß selbst der König, auf dem Thron befestigt, sie hätte opfern müssen. Heinrich trat deshalb 1593 wirklich zur katholischen Religion über. Obgleich der Herzog von Mayenne den Krieg mit spanischer Hülfe gegen Heinrich fortsetzte, so traten doch, zumal als 1595 der Papst den über Heinrich verhängten Bann aufgehoben hatte, Viele von der Ligue ab, so daß sich diese endlich auflöste u. der Herzog von Mayenne mit dem Könige einen Vergleich einging. Darauf gab Heinrich IV. am 13. April 1598 das Edict von Nantes, durch welches den Protestanten in 91 Artikeln (außerdem 51 geheimen) freie Religionsübung (ausgenommen in mehreren Städten, wie Rheims u. Soissons) u. Abhaltung von Synoden u. an anderen Versammlungen, selbst unter Zuziehung fremder Protestanten, gestattet, eine Staatsunterstützung zur Unterhaltung ihrer Geistlichen gewährt, Aufnahme ihrer Kranken u. Armen in den öffentlichen Hospitälern zugesagt, der Zutritt zu allen Ämtern u. Würden u. die Besetzung der Chambres miparties zur Hälfte gestattet, endlich die Sicherheitsplätze auf weitere 8 Jahre gelassen wurden.
Die Unabhängigkeit der Protestanten in Folge des Edictes von Nantes verdroß die Katholischen so, daß das Parlament dasselbe erst 25. Febr. 1599 bestätigte, u. obgleich nach Heinrichs IV. Tode, 1600, dessen zweite Gemahlin, Maria von Medici, u. dann ihr Sohn Ludwig XIII. das Edict beschworen, so sahen sich die Protestanten doch so gefährdet, daß sie im November 1615 mit dem Prinzen Heinrich II. von Condé, welcher sich gegen den König empört hatte, gemeinschaftliche Sache machten (neunter Hugenottenkrieg); zwar bestätigte ihnen der König in dem Vertrag zu Loudun, 4. Mai 1616, ihre Freiheiten u. Privilegien, aber[586] auf Anregung der Jesuiten erließ er 1620 ein Edict, daß in Bearn die katholische Religion wieder eingeführt u. den H. ihre Kirchen genommen würden. Dagegen erklärten sich die H. laut, u. obgleich unter einander uneinig u. von mehrern ihrer Häupter verlassen, suchten sie, mit den Prinzen Rohan u. Soubise an der Spitze, ihre Gerechtsame zu vertheidigen. Der Krieg begann 1621 wieder, verlief aber zu Ungunsten der H., doch wurde ihnen im Frieden von Montpellier, 21. Octbr. 1622, das Edict von Nantes bestätigt; blos das Recht, Versammlungen zu halten, verloren sie. Da aber auch jetzt der Hof den Vertrag nicht hielt, so begann der Krieg 1625 von Neuem: die Rocheller besiegten die königliche Marine öfter, dagegen wurden sie endlich von Montmorency im September gänzlich geschlagen u. im Frieden vom 5 Febr. 1626 mußte Rochelle königliche Besatzung behalten u. den Katholischen Religionsfreiheit gestatten. Die Rocheller, von England unterstützt, brachen den Frieden bald wieder; aber die H. waren unglücklich, da die englische Flotte bei der Insel Ré den 8. Nov. 1627 geschlagen. 28. Oct. 1628 Rochelle erobert u. Montauban, der Waffenplatz im Süden, eingenommen wurde; der Friede von Alais am 27. Juni 1629 bestätigte zwar das Edict von Nantes, brachte aber die H. um ihre Sicherheitsplätze. Ludwig XIV., welcher Anfangs die H. im Besitz ihrer Rechte ließ, verfolgte doch endlich, von der Maintenon u. den Jesuiten beeinflußt, die H., schloß sie 1683 von allen bürgerlichen Ämtern aus, ließ ihre Kirchen niederreißen, sie selbst durch Geistliche u. Mönche zum Übertritt zum Katholicismus zwingen, od. im Weigerungsfalle hinrichten, so daß die H. schaarenweise nach der Schweiz, den Niederlanden u. Deutschland auswanderten. Am 23. Octbr. 1685 erfolgte sogar der Widerruf des Edictes von Nantes. Die Auswanderungen begannen jetzt von Neuem, wurden aber wieder untersagt u. die Fliehenden mit Gewalt bekehrt (Dragonaden), die Bleibenden aber mit starker Einquartirung von Dragonern belästigt. Viele änderten nun ihr Glaubensbekenntniß, Andere (1 Mill.) zogen die Flucht, selbst mit Hinterlassung aller Güter, deren Verkauf zuletzt verboten wurde, vor (Réfugiés). Etwa 2 Mill. änderten aber ihre Religion nicht, hielten ihren Gottesdienst auf Bergen u. in Wäldern u. erduldeten alle Verfolgungen u. Gewaltmaßregeln. In der That erfolgten deren viele: man erklärte ihre Ehen, für ungültig, schloß ihre Kinder von der Erbfolge aus, nahm dieselben ihren Eltern weg u. ließ sie in Klöstern katholisch erziehen, ja vollzog an ihren Geistlichen das Todesurtheil. Hierdurch entstand in den Gebirgen von Languedoc (den Sevennen) 1702 der Sevennenkrieg (s.d.), welchen zwei französische Marschälle nicht ganz zu unterdrücken vermochten. Endlich gab der Hof, durch den Spanischen Erbfolgekrieg beschäftigt, 1706 die Verfolgung der H. auf, u. nun lebten sie eine Zeit lang in Ruhe u. mehrten sich wieder, bes. in der Provence u. Dauphiné. Obgleich Ludwig XV. (seit 1722) 1724 ein hartes Edict gegen die H. ergehen ließ u. es mit aller Strenge zu vollziehen befahl, so verminderte sich die Zahl der Reformirten doch nicht bedeutend; von manchen Gouverneurs geduldet, versammelten sie sich seit 1743 wieder unter freiem Himmel, hielten Gottesdienst, ließen ihre Kinder taufen u. ihre Ehen (daher Ehen der Wüste, Mariages du désert) einsegnen. Seit 1744 ergingen neue geschärfte Befehle gegen die H., u. bes. wurde durch das Edict von 1752 gefordert, daß die in der Wüste getauften Kinder u. eingesegneten Ehen noch das Sacrament in der katholischen Kirche empfangen sollten. Da setzt die Auswanderungen wieder begannen, so wurden die Katholischen selbst laut gegen die Edicte, u. die Verfolgungen unterblieben von da. Bes. wurde die Stimmung gegen die H. günstiger durch Voltaires Bemühungen, welcher 1763 einen Tractat über die Toleranz schrieb u. auch eine Revision des Processes des unglücklichen Jean Calas (s.d.) u. dessen Freisprechung bei dem Parlament bewirkte. Noch mehr verbesserte sich ihr Loos, als Ludwig XVI. 1774 den Thron bestieg u. selbst 1787 eine, vom Parlament jedoch erst 1789 registrirte Verordnung erließ, kraft welcher alle Ehen der Akatholiken nach vorgängiger Proclamation entweder von den Gerichtsbeamten od. den Pfarrern, von Letzteren vor den Kirchthüren, für gültig erklärt u. ihnen freigestellt wurde, ihre Kinder von den katholischen Pfarrern, od. unter öffentlicher Erklärung über die Vaterschaft, die Geburtszeit u. den Namen von ihren eigenen Geistlichen taufen zu lassen; auch ein ehrsamer Platz zum stillen Begräbniß ihrer Todten wurde ihnen eingeräumt, stillschweigend Ausübung ihrer Privatreligion gestattet u. alle bürgerlichen Rechte, jedoch mit Ausschluß der Fähigkeit zu einem öffentlichen Amte zu gelangen, zugestanden. Als 1789 nach dem Ausbruch der Revolution in der Nationalversammlung der Antrag auf völlige Gleichstellung der Akatholiken gestellt wurde, ward dies zwar durch Stimmenmehrheit verworfen, gleichwohl aber protestantische Deputirte, unter denen ein Prediger, Rabaud de St.-Etienne, selbst Präsident derselben wurde, von der Nationalversammlung angenommen u. anerkannt. Auch erließ die Nationalversammlung 1790 ein Decret, daß die Protestanten alle nach Aufhebung des Edictes von Nantes ihnen entzogenen Güter wieder erhalten sollten. Durch den Code Napoleon erhielten die Protestanten auch der Form nach gleiche Rechte mit den Katholiken, wie sie schon länger als 15 Jahre factisch gehabt hatten, u. obschon sich später nach der Restauration unter den Bourbons mehrmals, bes. 1815 u. 1816, im Süden in einzelnen Städten das Volk gegen sie erhob, u. namentlich im Garddepartement, selbst von bourbonischen Beamten begünstigt, Gewaltthaten u. Mord gegen sie verübten (s. Brune), so blieben sie doch vor dem Gesetze den Katholiken gleich. Dennoch zeigte die Masse des Volkes u. die Regierung der älteren Bourbons immer Abneigung gegen sie, welche sich unter den Orleans nicht verlor, obgleich die Julirevolution den Cultus freigegeben hatte; Gleiches geschah dann wieder in der Februarrevolution 1848, aber in der Praxis hat es auch von da ab unter der erneuten Napoleonischen Regierung. an Hintansetzung der Protestanten nicht gefehlt. Vgl. St. Aignan, De l'état des protestants en France, Par. 1808, 2. Aufl. 1818; Lacretelle, Histoire de France pendant les guerres de la religion, ebd. 1814 bis 1816, 4 Bde. (deutsch von Kiesewetter, Lpz. 1815, 2 Bde.); Benoit, Hist. de l'édit de Nantes, Delft 1693, 2 Bde.; Rulhière, Eclaircissements histor. sur les causes de la révocation de l'édit de Nantes, Par. 1788, 2 Bde.; Court de Gebelin, Hist. des troubles des Cevennes,[587] Villefr. 1760, 2 Bde.; Brownings, History of Hugenots, Lond. 1828, 2 Bde.
Buchempfehlung
Albert Brachvogel zeichnet in seinem Trauerspiel den Weg des schönen Sohnes des Flussgottes nach, der von beiden Geschlechtern umworben und begehrt wird, doch in seiner Selbstliebe allein seinem Spiegelbild verfällt.
68 Seiten, 8.80 Euro
Buchempfehlung
Zwischen 1804 und 1815 ist Heidelberg das intellektuelle Zentrum einer Bewegung, die sich von dort aus in der Welt verbreitet. Individuelles Erleben von Idylle und Harmonie, die Innerlichkeit der Seele sind die zentralen Themen der Hochromantik als Gegenbewegung zur von der Antike inspirierten Klassik und der vernunftgetriebenen Aufklärung. Acht der ganz großen Erzählungen der Hochromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe zusammengestellt.
390 Seiten, 19.80 Euro