Mongolen

[389] Mongolen im weitesten Sinne od. Mongolische Race, auch Turanier, heißt in fast allen ethnologischen Systemen eine der Hauptracen des Menschengeschlechts, weil sich ihr charakteristischer Körpertypus am reinsten u. vollständigsten bei dem Volke der M. (s. unten) ausgeprägt findet. Nach Blumenbach gehören zu dieser Race (s. Menschenracen) alle Völker von meist weizengelber (zum Theil gekochten Quitten od. getrockneten Citronenschalengleichender) Farbe (daher auch Gelbe Race genannt), geringem, straffem, schwarzem Haar, eng geschlitzten, gleichsam aufgedunsenen Augenlidern, plattem Gesicht mit seitwärts vortretenden Backenknochen. Man hat dieselbe neuerdings in fünf Gruppen getheilt: a) die Indochinesische Gruppe mit den Birmanen, Schanvölkern, Annamiten u. anderen kleineren Völkern; b) die Centralgruppe mit vier Unterabtheilungen: aa) die Tibetische Zunft, im südlichen Hochasien, welche ebenfalls eine monosyllabische Sprache besitzt; bb) die Mongolische Zunft, welche die eigentlichen M., die Kalmüken u. die Buräten umfaßt, deren Sprachen aber zu dem Altaischen od. Turanischen Sprachstamme (agglutinirend) gehören; cc) das große Culturvolk der Chinesen; dd) die Koreaner, welche wie die Chinesen monosyllabische Sprache haben; c) die Östliche Gruppe, welche das Culturvolk der Japaner, deren Sprache eine besondere Stelle unter den agglutinirenden (sogenannten turanischen im weiteren linguistischen Sinn) hat; d) die Westliche Gruppe, welche die verschiedenen Finnischen Völker (s.d.) umfaßt, deren Sprachen eine Familie des Altaischen Sprachstammes bilden; e) die Völker der Nördlichen Gruppe, die mehr durch ihre Culturstufen u. Sitten, sowie durch ihre Ähnlichkeiten in ihrer physischen Beschaffenheit, als durch ihre Sprachen verwandt sind, die nördlichen u. nördlichsten Gegenden Asiens bewohnen u. mit Ausnahme eines sehr kleinen Theils der Tungusen sämmtlich dem Bereiche des Russischen Asiens angehören. Die wichtigsten sind das zum Altaischen Völker- u. Sprachenstamme gehörige Volk der Samojeden, die Tungusischen Völker, worunter sich die Mandschu zu einer gewissen Cultur erhoben haben, die Ainos, auf den Kurilen u. Jesso u. auch in frühester Zeit auf Nipon, die Kamtschadalen, die Jukagiren, die Korjäken mit einem Theil der Tschuktschen.

In der Geschichte ist Mongolen ein Völkername von sehr wechselnder Bedeutung. Wegen der nahen Verwandtschaft in Bezug auf den physischen Typus, die Sitten u. die Lebensweise, wie in vieler Hinsicht auch der Sprachen, welche die auf dem großen hinterasiatischen Plateau zwischen Sibirien u. China einheimischen Völkerschaften früher jedenfalls in noch höherem Grade zeigten, als in späterer, historischer Zeit, ist es leicht erklärlich, daß dieselben von chinesischen Geschichtsschreibern unter dem Einheitsnamen der Ta-tse od. Tata zusammengefaßt werden konnten. Als jene Völker mongolischen Stammes Dschingis-khan auch zu einem politischen Ganzen vereinigte u. diesem auch benachbarte Nationen tungusischen wie türkischen Stammes einverleibte, wurde der Grund zu der seitdem eintretenden Namensverwirrung gelegt, so daß man sowohl im Morgenlande, als auch bis auf neueste Zeit herab im Abendlande unter der Benennung M. od. Tataren (entstanden aus Tata), drei ganz verschiedene Völker: M., Türken u. Tungusen, begreift u. dieselben auch auf eins der letztern angewendet findet. Die Schaaren Timurs, welche zum großen Theile türkischen Völkern angehörten, werden von den persischen Geschichtsschreibern jener Zeit M. genannt, in Folge dessen auch der Name Großmogul, Mogul für die indischen Herrscher aus dem Stamme Timurs, in Aufnahme kam.

In der Ethnographie ist M. der Name eines bestimmten Volkes des Altaischen od. Turanischen Völkerstammes, welcher die nach ihm benannte Mongolei, die Hochterrasse am Kuku-Nor, das Plateau der Hohen Tatarei (zwischen Muztagh, Belurtagh u. Kien-Lün), endlich untermischt mit andern Stämmen Theile des sibirischen u. kaspischen Tieflandes bewohnen. Die drei Unterabtheilungen des mongolischen Volks od. vielmehr Völkergruppe sind die Ostmongolen od. M. im engsten Sinne, die Kalmüken (s.d.) u. die Buräten (s.d.). Die Ostmongolen, der Kern der ganzen Gruppe, haben mittlere Statur, große abstehende Ohren, meist krumme Beine (die Weiber in Allem zarter), welche Bauart auch bei den mit den M. vermischten Völkern sich wiederfindet; von Charakter sind sie offen, mäßig, gastfrei, sanft, doch auch träge, schmutzig, stolz. Die Weiber haben die Häuslichkeit zu besorgen u. sie leben mit den Kindern von den Männern getrennt; Polygamie ist erlaubt. Die Wohnungen sind Zelte od. Jurten, die der Vornehmen inwendig kostbar verziert. Die Haare scheren sie; nur lassen sie auf dem Scheitel einen einzelnen Schopf stehen. Ihre Kleider bestehen aus einer platten Mütze, weiten langen Hosen, leichter Weste, Gürtel (worin die Waffen stecken); über Alles hängt[389] ein Mantel; die Füße sind mit Leinen umwickelt. Ihre Hauptbeschäftigung ist die Viehzucht, ihr Hauptreichthum besteht daher in Heerden von settschwänzigen Schafen, zweihöckerigen Kameelen u. von Pferden, auch von Rindern u. Eseln, weshalb auch ihre Hauptnahrungsmittel in Fleisch, Milch, Butter u. Käse bestehen. Von geistigen Getränken bereiten sie aus Milch den Kumiß od. Arraki, aus Honig Meth, wozu noch seit der Bekanntschaft mit den Russen der Branntwein gekommen ist. Acker u. Gartenbau wird nur wenig betrieben; ihre Industrie beschränkt sich auf Bereitung von Leder, Filz u. Pelzen; ihre geringen Bedürfnisse werden ihnen durch die Chinesen zugeführt, von denen sich auch Viele einzeln, wie in ganzen Colonien unter ihnen niedergelassen haben. Die M. sind ein reines Nomadenvolk, welches in viele, stets hin- u. herziehende Stämme od. Aimaks zerfällt u. unter eignen Stammhäuptern u. Erbfürsten lebt, welche sämmtlich dem Kaiser von China unterworfen waren, bis in den letzten Jahren die Kalkasmongolen die Oberherrschaft der Russen anerkannten. Die mongolischen Fürsten müssen in Peking ihre Belehnung einholen, gewissen Tribut bezahlen u. zu bestimmten Zeiten am Hofe erscheinen. Sie sind militärisch in Banner, Regimenter etc. getheilt u. haben chinesische Mandarinen im Lande, welche jedoch nur die politische Controle ausüben. Die älteste Religion der M., von welcher sich noch Vieles erhalten hat, war der Schamanismus, in welchem, wie in allen Urreligionen, Natur- u. Geisterdienst zu unterscheiden sind. Als oberste Naturmacht wurde der Himmel verehrt, welcher den M. vorzugsweise Gott war, so daß auch in der Sprache die Bezeichnung für Himmel u. Gott (Tegri) zusammenfällt; daneben Sonne, Mond u. Sterne, die Berge, Flüsse u. Elemente. Auf der anderen Seite glaubten sie an die Einwirkung der Dämonen auf den Gang der Naturereignisse, auf das Wohlergehen u. die Gesundheit des Menschen u. der Hausthiere; ihre Priester (Kami) verstanden sich auf die Beschwörung u. Bannung der Geister, auf Zauberei u. Weissagerei mancherlei Art. Die Geister der Vorfahren galten als wohlthätige Hausgötter, als Schützer des Herdes u. der Heerden (die Ongod); man fertigte Bilder derselben aus Filz, Leinwand od. anderem Stoff, hängte dieselben an die Zeltwände, opferte ihnen etc., wie dies noch Alles gegenwärtig geschieht. Als Hausgötter u. Hüter der Heerden werden außer den Onggod auch der Dsajaghatschi u. Emegeldschi genannt. Frühzeitig scheinen die M. jedoch schon mit anderen Culten in Berührung gekommen zu sein, wie mit dem Feuerdienst, wie u.a. der Name Chormuzda (d.i. Ormuzd) bezeugt, welchen sie dem Tegri beilegen. Gegenwärtig bekennen sich die M. zum Buddhismus, welchen sie von Tibet aus in der Form des Lamaismus (s.d.) erhielten. Obgleich schon die ersten Nachfolger Dschingis-khans dem Lamaismus günstig waren, so erhielten sie doch denselben erst durch Chubilai (Kublai), welcher bald nach seiner Thronbesteigung (1260 od. 61) denselben zur Religion des Hofs erhob u. natürlich auch sonst viel Anhänger fand. Unter den Stürmen der Folgezeit war der neue Glaube fast gänzlich verloren gegangen. Die zweite vollständigere Bekehrung erfolgte unter der Herrschaft des Dalai-Lama Sodnam Dschamtso (seit 1543); als eigentlicher Apostel der M. gilt Arik od. Aschik, welcher 1566 als Gefangener Altan-Chagghaus (gest. 1583) nach der Mongolei gekommen war. Letztrer Fürst einigte sich persönlich 1577 mit dem Dalai-Lama wegen Annahme des Buddhismus; die M. erhielten einen Kutuchtu zu Kuku-khoto als Stellvertreter des tibetanischen Kirchenfürsten, ein oberstes Patriarchat für die Mongolei wurde jedoch erst 1604 mit dem Tempelkloster zu Kuren (Urga) errichtet. Die Sprache der Kirche u. des Cultus bei den M. ist das Tibetanische; über ihre eigene Sprache s. Mongolische Sprache. Die M. zerfallen außer mehren andern kleineren Völkerschaften u. Horden: in die Khor- od. Tschanaigolmongolen, zwischen Tibet u. der Kleinen Bucharei; in die inneren od. Scharramongolen, südlich der Wüste Kobi, u. in die äußeren, nach dem Flusse Khalka sogen. Kalkasmongolen, im Norden der Wüste Kobi; die Gesammtzahl mag etwa 21 Mill. betragen. Vgl. Pallas, Sammlungen über die mongolischen Völkerschaften, Petersb. 1776, 2 Bde.; Neumann, Die Völker des südlichen Rußlands, Lpz. 1847; Castrén, Ethnographische Vorlesungen, Petersb. 1857.

Die älteste Geschichte der Mongolen ist sehr dunkel. Die wilden Horden, welche vor dem Auftreten Dschingis-khans China, wie die Länder des mittleren, südlichen u. westlichen Asien überschwemmten, waren aller Wahrscheinlichkeit nach, wenigstens zum Theil, mongolischen Stammes. Chinesische Geschichtsschreiber erwähnen auf der Stelle, wo die M. noch jetzt ihren Hauptsitz haben, der Hiong-nu, eines mongolischen Stammes der Wüste Kobi, welcher den Chinesen so furchtbar wurde, daß gegen sie die große Mauer erbaut wurde, welche sie aber häufig überstiegen; sie unterwarfen theils, theils vertilgten sie alle andere Horden in dem größten Theile Hochasiens, von der Nähe des östlichen Oceans bis zum Irtisch, von der chinesischen bis zur sibirischen Grenze. Unter dem Tanju (Gottes Sohn) Me-te überwältigten sie die chinesischen Heere u. erzwangen sich Jahrgelder u. Tribut von auserlesenen Mädchen. Doch die chinesischen Kaiser wiegelten die den Hiong-nu unterworfenen Horden auf. Der Tanju, durch den Abfall derselben geschwächt u. zugleich vom bürgerlichen Kriege geängstigt, huldigte dem chinesischen Kaiser. Zwar lebte die Macht der Hiong-nu kurze Zeit wieder auf; doch der Streit über das Taujuat zwischen Pu-nu u. Pe vollendete den Sturz der Hiong-nu. Pe, von Pu-nu gedrängt, unterwarf sich mit den südlichen Horden dem chinesischen Kaiser, u. nun mußten auch die nördlichen Hiong-nu, von ihren Brüdern noch härter als von den Chinesen bedrängt, ihre Unabhängigkeit einbüßen, u. die von den Chinesen verhetzten u. alter Unbill eingedenkenden Sien-pi machten 93 n.Chr. dem 1300jährigen Reiche der Hiong-nu ein Ende. Ein Theil der Hiong-nu verschmolz mit den Sien-pi; ein anderer Theil zog nach Süden, zu den längst unter chinesischer Hoheit lebenden Stammverwandten; 58 Horden, kaum noch 200,000 Mann, ergaben sich völlig an China u. wurden an die Nordgrenze der Provinz von Shan-si versetzt. Auch das von Pe gestiftete Vasallenreich der südlichen Tanju wurde im 3. Jahrh. von den Chinesen völlig unterdrückt. Die tapfersten Stämme des nördlichen Reiches suchten im Westen eine Freistätte u. wurden von den kleineren Horden der Wüste u. den, vor den nachrückenden Sien-pi Fliehenden verstärkt. Ihren Wanderungen durch die Steppen folgt der Blick der [390] Chinesen noch 2 Jahrh., bis sie ihnen endlich jenseit des Imaus völlig aus dem Gesicht verschwinden; sie scheinen die später in Europa einbrechenden Hunnen gewesen zu sein. Später werden die mongolischen Stämme, als unwichtig, nicht erwähnt, bis sie im 13. Jahrh. wieder welthistorische Bedeutung gewannen. Schon früher hatten sich dieselben in zwei Hauptstämme getheilt. Der eine, die Dörbön-Oiröt (d.h. die vier Verbündeten) wohnten mehr gegen Westen (s. Kalmüken); der andere schwärmte, als Nomaden, im 9. Jahrh. an der Nordseite von China u. Korea umher; im Westen od. in der jetzigen Mongolei die Mong-u (aus welchen in der Folge der Name Mong-kos, M. wurde), weiter östlich Khitanen (s. Khitan) u. oberhalb Korea bis an das Meer die Njudschen od. Kin. Im 10. Jahrh. bemächtigten sich die Khitanen der Oberherrschaft über die beiden anderen Stämme u. zugleich über Nordchina; bald aber empörten sich, von den Chinesen zu Hülfe gerufen, die Njudschen u. überwältigten erst die Khitanen, dann die Chinesen. Die Khitanen zogen nun nach der kleinen Bucharei, die eigentlichen M. (Mong-u) aber blieben, von eigenen Khanen beherrscht, den Njudschen unterthan.

Einer unter den Fürsten der eigentlichen M., Temudschin, später Dschingis-khan, wurde 1176, als dreizehnjähriger Knabe, Beherrscher von 40,000 Familien, allein von Ehrgeiz getrieben, benutzte er sein Glück u. den Einfluß, den er mit Hülfe der Priester, bes. des Schamanen Gökdschu über seine Stammverwandten erwarb, u. unterjochte bis 1206 erst die anderen kleinen, eigentlichen mongolischen Stämme, dann die Naimanen, Kirgisen u. Iguren u. später einen Theil der Chinesen. Im Kriege mit den Njudschen in Nordchina, machte Keschluck, Khan der Naimanen, im Westen mit den Kanglern, Kaptschaken, Khitanen u. m. a. Völkern eine Empörung. Dschingis-khan übergab nun die Kriegführung im Osten seinem Sohne Tuschi u. zog selbst nach Westen, siegte über Keschluck, vertrieb den Sultan Muhammed von Khowaresmien u. eroberte 1218 dessen Hauptstadt Samarkand. Nun schickte Dschingis-khan ein Heer über den Oxus, welches Khorasan einnahm u. den khowaresmieschen Sultan, Dschelal Eddin, nach Indien trieb; das Heer unter Tuschi eroberte Korea u. drang in China vor; ein drittes eroberte Derbend u. schlug die Kaptschaken; ein viertes nahm Iran, drang nach Astrakhan über den Dnepr vor u. siegte 1223 an der Kalka über die Polowzer u. den mit ihnen verbundenen Großfürsten von Kiew. Dschingis-khan selbst zog unterdessen nach Indien, drang auch dort vor, wurde aber 1225 durch seine Truppen, welche sich weigerten weiter zu ziehen, zum Umkehren genöthigt. 1226 unterdrückte er das empörte Tangut u. rottete den Königsstamm aus. Im Begriff, die Njudschen in China anzugreifen, starb Dschingis-khan 1227, seine Söhne setzten aber seine Eroberungen fort. Wenn nämlich die M. Eroberungszüge machten, stürzten sich Scharen ihrer Reiter auf das nächste Volk; bat nun der Fürst gleich beim Beginnen des Krieges um Frieden, so blieb er an der Regierung, mußte sich aber zinspflichtig erklären u. sogleich seine sämmtliche berittene Mannschaft stellen, welche sich mit den M. vereinigte u. mit denselben in dem nächsten Lande wieder plündernd u. sengend eben so verfuhr. Nur wenn ein Fürst hartnäckig sich wehrte, wurde er abgesetzt od. gar hingerichtet u. durch einen anderen Prinzen aus seinem od. einem verwandten Stamme ersetzt, der nun dieselben Verpflichtungen erfüllen mußte. Auf diese Weise wälzte sich die Mongolenmacht gleich einer Lawine fort, das platte Land verheerten sie mit Feuer u. Schwert, leicht befestigte Städte stürmten sie, festere ließen sie liegen u. setzten ihre Eroberungen in verschiedenen Zügen nach China, nach Persien, gegen Griechenland, gegen Indien u. durch Rußland gegen Europa fort, nur umkehrend, wenn Uneinigkeiten in dem Heere ausbrachen, der Feldherr starb od. eine andere Gegend sie anlockte. Bei jedem Heer befand sich ein Feldherr, der meist aus der Familie Dschingis-khans stammte. Derselbe hatte den Heerbefehl u. die Aufsicht über die zinspflichtigen Fürsten, hing aber von den Befehlen des Großkhans ab. Bei ihm befand sich eine Schar M., u. einzelne M. wurden auch wohl zur Aufsicht unter die unterjochten Völker vertheilt.

Oktai, ein Sohn Dschingis-khans, war Großkhan; neben ihm bestand aber das Reich Kaptschak unter einem anderen Sohne Dschingis-khans, Tuschi; er führte des Vaters Eroberungszüge fort, machte dem Reiche der Njudschen ein Ende, unterwarf ganz Nordchina u. bekriegte Korea. Mit 300,000 Mann drang er in Südchina ein u. ließ ein anderes Heer unter seinem Sohn Kaschuck u. unter seinen Neffen Manku u. Batu gegen Westen vordringen. Diese unterjochten die Tscherkessen u. Awchafen, drangen in die Baschkirei, in Kasan u. in die große Bulgarei ein, überschwemmten hierauf Rußland u. eroberten hier Moskau u. zerstörten allein im Febr. 123814 Städte. Vor allen zeichnete sich Batu als Wütherich aus; er drang nach Nowgorod vor, kehrte aber 10 Meilen davon um u. zog gegen die Polotzker u. Bulgaren an die Wolga. Die meisten russischen Fürsten flohen vor ihm. 1240 fiel auch Kiew. So war außer Nowgorod ganz Rußland den M. unterworfen, welche allenthalben Statthalter setzten, ohne jedoch die Fürsten zu verdrängen, s.u. Russisches Reich (Gesch.). Batu drang nun in Ungarn ein u. verwüstete Siebenbürgen, Serbien u. Bosnien, während zwei andere Heere in Mähren, Polen u. Schlesien einbrachen u. 9. April 1241 die große Schlacht bei Wahlstatt gewannen, aber wegen der großen Verluste, welche sie dabei erlitten hatten, ein weiteres Vordringen in Deutschland nicht für räthlich hielten. In Mähren am 21. Juni 1241 bei Olmütz durch Jaroslaw von Sternberg geschlagen, verheerten sie Ungarn, kehrten aber dann, von Batu abberufen, um u. ließen seitdem Westeuropa verschont. Ein drittes Hauptheer drang über Tscherkessien u. Armenien in Kleinasien ein, eroberte Erzerum u. besiegte 1242 den Sultan von Ikonium, überschwemmte 1243 Syrien u. drang bis Aleppo vor. 1243 starb Oktai. Unter ihm hatten sich die Banden des Gehorsams allgemach zu lösen begonnen, u. Alles verkündete die Auflösung des Mongolischen Reiches. Nach vierjährigem Zwischenreiche, während dessen der weise Jeldschuzatsch, bereits unter Dschingis-khan Minister u. Rathgeber des Großkhans, starb, folgte Oktais Sohn, Kaschuk (Gajuk), welcher den Christen freundlich u. dessen Mutter Turakinah Khatun selbst Christin gewesen sein soll, u. machte Anstalten, Europa zu unterjochen, doch starb er 1249. Sein Vetter u. Nachfolger, Mauku, vernichtete das Khalifat u. unterwarf den Sultan von Ikonium u. ganz Kleinasien bis an den Bosporus, während sein Bruder Koblasch in China die Song bekämpfte.[391] Nach Mankus Tode (1259) wurde Koblasch od. Kublai (Chusilai) Großkhan, er besiegte noch die Song gänzlich u. eroberte ganz Südchina u. blieb hier. Die Statthalter der westlichen Provinzen rissen sich nun nach u. nach los, u. das Mongolenreich zerfiel in mehre Staaten.

In China herrschten die M. Anfangs unter Koblasch, bis die inländische Dynastie der Ming sie 1368 in die Mongolei zurücktrieb (s.u. China [Gesch.]), wo ihre Nachkommen als Kalkasmongolen noch jetzt unter chinesischem Schutz leben. In Iran (Persien bis in Vorderasien) herrschte Dschingis-khans vierter Sohn, Tulikhan (Toleg), als Statthalter schon seit 1229; über die Regierung seines Sohnes Hulaku u. dessen Nachfolger s. Persien (Gesch.). Ihre Herrschaft endete 1395 durch Timur. In Dschagatai war der erste Statthalter Dschagatai, nach welchem sich das Land nun nannte u. der 1227–1242 in Bischbälig residirte; der letzte war Kamar Eddin (bis 1369), s.u. Turkestan (Gesch.).

Timur, gewöhnlich Tamerlan (Timurleng), angeblich ein Nachkomme Dschingis-khans, war Fürst (Begh) in Kasch bei Samarkand, welches Fürstenthum er von seinem Oheim, dem Reichsverweser Hadschi Berlas, erhalten hatte. Bei seinen Heereszügen überreichte ihm ein Schwärmer, Seid Bereke, ein Abkömmling Muhammeds, eine Fahne zum Zeichen seiner künftigen Oberherrschaft; er schlug seinen Schwager Hussein, nahm Balkh, dessen bisherige Residenz, ließ Kabul Sachh, welcher den Titel als Großkhan geführt hatte, hinrichten u. wurde 1369 feierlich zum Sahib Kerem (d.i. der Glückliche od. Herr der Welt) geweiht u. wählte Samarkand zur Residenz u. Hauptstadt. Darauf begann er seine Eroberungszüge; 1371 wurde Khowaresmien, 1374 u. 1375 Kaschgar, 1376 Kaptschak unterworfen, 1378 das inzwischen empörte Khowaresmien bezwungen u. dessen Hauptstadt zerstört; 1379 Khorasan u. Herat erobert u. 1382 diese empörten Staaten wieder unterworfen; dann 1383 Sedschestan bezwungen. 1384 u. die folgenden Jahre unterwarf Timur fast ganz Persien, 1386 Georgien, nahm die freiwillige Unterwerfung des Fürsten von Schirwan an, eroberte 1387 Tauris u. Armenien u. brachte die räuberischen Turkomanen u. Kurden zur Ordnung. Nachdem er mehre Empörungen gestillt, auch den in Aufruhr begriffenen Khan Tokhtamisch von Kaptschak u. die Khowaresmier nochmals (von 1387–91) besiegt u. zur Unterwerfung gebracht hatte u. selbst nach dem Siege über Erstere bis zur Wolga vorgedrungen war, kehrte er 1392 nach Samarkand zurück u. setzte seinen Enkel, Pir Muhamed, zum Statthalter der südlichen Provinzen seines Reichs von Kabul u. Gazna bis an den Indus ein. Ein neuer Kriegszug gegen Persien war hauptsächlich gegen die Assassinen u. Guebern gerichtet, die er fast ganz ausrottete. Während dem Jahr 1393 durchzog er auch fast alle Provinzen Persiens u. hielt Triumpheinzüge in Schiras u. Isfahan. Nachdem er den Sultan von Bagdad besiegt u. Diarbekr durchzogen hatte, ging er 1395 nach Georgien, wo er Tiflis eroberte. Den empörten Khan Tokhtamisch von Kaptschak besiegte er in einer großen Schlacht u. trieb ihn über die Wolga in das Gebiet der den Kaptschaken zinspflichtigen Fürsten, wandte sich gegen den Dnepr u. kehrte, nachdem er Moskau verbrannt u. Asow erobert hatte, nach Samarkand zurück. 1396 wurden neue Kriege gegen Georgien geführt. 1398 zog er seinem Enkel Pir Muhamed zu Hülfe, ging über den Ganges u. Indus, schlug die Indier bei Delhi, nahm diese Stadt ein u. kehrte 1399 nach der Heimath zurück. 1399 u. 1400 machte er neue Züge nach Georgien; auf dem Zuge in letzterm Jahre erhielt er eine Gesandtschaft von dem griechischen Kaiser, welcher ihn um Hülfe gegen den osmanischen Sultan in Kleinasien, Bajazet, ansprach. Timur wollte Anfangs als Vermittler zwischen beiden auftreten, da aber Bajazet stolz antwortete, so fiel Timur in das türkische Gebiet ein u. belagerte u. eroberte Sebaste. Plötzlich wendete er sich aber gegen den Sultan von Ägypten, der einen Gesandten Timurs hatte ermorden lassen, eroberte Aleppo u. schlug die Ägyptier bei Damask, nahm die Stadt ein u. machte die Einwohner zu Gefangenen, zog hierauf gegen Bagdad, stürmte dies u. zog sich hierauf wieder nach Georgien. 1402 trat er wieder einen Zug gegen Bajazet an. Bei Angora (Ankyra) in Galatien schlug das 800,000 (1,600,000) Mann starke mongolische Heer die 120,000 (400,000) Türken, u. Bajazet selbst wurde gefangen. Nach. dieser Schlacht unterwarf sich ganz Natolien u. Ägypten dem Sieger. 1403–1405 bekriegte Timur von Neuem Georgien u. bezwang es. Er st. 1405 in Otrar auf einem Eroberungszug nach China begriffen. Timur hatte die eroberten Länder, welche dem Mittelpunkt seines Reichs am nächsten lagen, durch seine Söhne u. Enkel als Statthalter mit fast unumschränkter Gewalt verwalten lassen. Schon er hatte mit zahlreichen Empörungen dieser Mächtigen zu kämpfen, als aber sein. gewaltiger Wille nicht mehr waltete, wurde das Übel noch größer.

Zwar hatte er seinen ältesten Enkel, Pir Muhamed, zum Nachfolger in der Oberherrschaft über die M. bestimmt, als er aber starb, war Pir Muhamed fern in seiner Statthalterschaft Gazna, u. Kalil, ein anderer Enkel Timurs, bemächtigte sich Samarkands u. regierte erst im Namen Pir Muhameds, dann als unabhängiger Fürst. Zwar zog Pir Muhamed gegen den Usurpator, konnte aber nichts ausrichten, er wurde vielmehr 1406 geschlagen. Gleichzeitig riß sich Ideku mit Kaptschak los, u. sowohl die Karatataren als turkomanische Horden zogen gegen Samarkand, wurden diesmal aber noch zurückgetrieben. Kalil versank indessen in Weichlichkeit. Empörungen fanden Statt, Khodaidad Hussein, Anführer der Turkomanen, wurde gegen Kalil herbeigerufen, u. Kalil fiel, als er gegen diesen ins Feld rückte, 1409 in dessen Gefangenschaft. In Kalils Namen besetzte Khodaidad nun Samarkand, plünderte Timurs Palast, floh jedoch, als Schah Rokh, Timurs Sohn u. Statthalter in Khorasan, gegen ihn anrückte, nach Turkestan, nahm aber Kalil mit. Als Khodaidad nun aber versuchte, auf Kalils Namen ein Heer unter den M. zusammen zu bringen, wurde er von diesen gefangen u. getödtet, u. Kalil begab sich nun freiwillig in die Gewalt Schahs Rokh, dar in seinem Namen regierte, aber ihn nachher vergiften ließ. Bei diesen Unruhen hatten sich der nie ganz bezwungene Achmed, Fürst von Bagdad, u. Kara Jussuff, Fürst von einem Theile Iraks, empört u. das ihm abgenommene Gebiet wieder erobert. Letzter nahm Ersterm seinen Besitz ab u. kriegte mit Schah Rokh, sein Sohn Eskander wurde aber endlich besiegt. Schah Rokh st. 1446. Unter seinem Sohne u. Nachfolger Ulug-Begh machten sich[392] die Söhne seines Bruders unabhängig, Alla od-Dawlet riß Khorasan ab, Muhamed einen Theil von Persien, Kassem Baber Mazenderan u. Gorgan am Kaspischen Meere. Zwar besiegte u. unterwarf er bes. den Erstern wieder, wurde aber 1449 von seinem eignen Sohne Abdallatif besiegt u. hingerichtet. Doch schon nach 6 Monaten wurde der Vatermörder von seinen Kriegern ermordet. Sein Vetter Abdallah bestieg nun den Thron, wurde aber 1457 von Abusaid, Muhammeds Sohn, nach einem bereits mißlungnen Versuche den Thron einzunehmen, mit Hülfe der Usbeken verjagt u. getödtet. Nach zahlreichen, meist glücklichen Kriegen, wo er einen Theil der abgefallenen Statthalter wieder zum Gehorsam zwang, wurde auch Abusaid 1468, auf einem Zuge gegen die Turkomanen vom Weißem Hammel, unter Hassan-Beg (Uzum Kassan) gefangen u. hingerichtet. Er wird meist als der letzte Beherrscher. von Timurs Reiche betrachtet. Nach seinem Tode rissen sich vollends die einzelnen Statthalter los, u. auch seine elf Söhne machten sich zum Theil unabhängig, so daß nur die Große Bucharei (Dschagatai) dem ältesten, Achmed, übrig blieb. Ihm folgte sein Erstgeborner, Massud, gegen welchen dessen Brüder sich empörten. 1494 kam Babur zur Regierung, eroberte Samarkand, mußte aber bald darauf von seinem Bruder bekriegt, nach Khorasan fliehen, eroberte jedoch sein Land später wieder. Durch einen Einfall der Usbeken 1500 verjagt, begab er sich nach Gazna u. von da nach Indien, wo er den Sultan von Delhi u. And. vertrieb, sich ein neues Reicherkämpfte u. so das Reich des Groß-Moguls (s.d.) gründete. Außerhalb Indien verloren. die M. nun alle welthistorische Wichtigkeit. In einzelne Khanate zersplittert, bekriegten sich die Herrscher unter einander u. wurden theils (die westlichsten) von den türkischen Sultanen u. Persien, theils (die östlichen) von den Chinesen bezwungen, theils kamen sie (die nördlichen) im Anfang des 17. Jahrh. an Rußland. Andere entzogen sich im 17. Jahrh. der chinesischen Herrschaft u. gingen zu Rußland über, bis sich dies Reich durch einen Vertrag verpflichtete, keine mongolischen Überläufer mehr anzunehmen. Nur in der großen Bucharei od. Dschagatai erhielten sich die M. in Unabhängigkeit, u. dort herrschen noch jetzt unter dem Namen der Großkhane Nachkommen Dschingis-khans u. Timurs, jedoch von der übrigen Welt fast gar nicht gekannt. Vgl. Hüllmann, Gesch. der M. bis 1206, Berl. 1796; d'Ohsson, Hist. des Mongoles depuis Tschingiz-Khan jusqu'à Timour-Lene, Par. 1824; Hammer-Purgstall, Geschichte der Goldenen Horde, Pesth 1840; Derselbe, Geschichte der Ilchane, Darmst. 1842, 2 Bde. Eine Sammlung der bedeutendsten orientalischen Quellenwerke zur Geschichte der M. hat Beresin begonnen (Bibliothèque Mongole, Kasan 1849 ff., auf 6 Bde. berechnet). Über die Geschichtschreiber unter den M. selbst, s. Mongolische Sprache u. Literatur.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 11. Altenburg 1860, S. 389-393.
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