[301] Uruguāy (Urugay), 1) großer Fluß in Südamerika, entspringt aus der Serra do Mar der Provinz Rio Grande do Sul des Kaiserthums Brasilien, fließt sehr heftig, wird bald schiffbar, nimmt außer mehren andern die Flüsse Aguapay (rechts), Urugay-Miri, Ybicuy, Rio Negro (links) auf, hat mehre Stromschnellen, bildet die Grenze zwischen Brasilien u. Uruguay einerseits u. den Staaten der Argentinischen Conföderation andererseits, fällt nach einem Lauf von 180 Meilen in die Mündung des Rio La Plata. 2) (Montevideo, Banda Oriental, Cisplatinische Republik, Republica Oriental del U.), Republik in Südamerika, grenzt im Norden u. Nordosten an Brasilien, im Südosten u. Süden an den Atlantischen Ocean u. die Mündung des Rio de La Plata, im Westen an den Argentinischen Conföderationsstaat Entre Rios; Flächenraum: 6000 spanische od. 3375 geogr. QM., mehr eben als gebirgig (Vorgebirge: S. Maria, Ballena); Flüsse: Rio de La Plata, Uruguay, Ibicuy, Negro, Josef (diese drei zum Uruguay), Barriga-Negra (Goday, Zebolyati); Seen: Mirim, 21 Meilen lang, bis 6 Meilen breit, Lagoa Manquera; sehr fruchtbar, bringt Vieh (Hornvieh in großen Heerden wild), Ackerbau, bedeutender Handel (mit Häuten, Wolle, Fleisch, Knochen); die Gesammtbevölkerung wurde 1860 auf 241,000 (nach And. 350,000) Seelen geschätzt, meist Gauchos (s.d.) u. zahlreiche Indianerstämme. Jeder sich hier niederlassende Fremde ist Bürger; das Recht wird nach dem Code Napoléon (mit einigen Änderungen) gesprochen; Schulunterricht geschieht auf öffentliche Kosten. Fremde bekommen 60 Morgen Landes auf 20 Jahre u. das erste Jahr den Unterhalt unentgeltlich. Nach 20 Jahren zahlen sie 20 Gulden Steuern dafür. Die Verfassung beruht auf der sehr liberalen Constitution vom 18. Juli 1830; an der Spitze der Executivgewalt steht ein auf vier Jahre vom Volk erwählter Präsident (seit 1860 Bernard Prudencio Berro), welchem als Vicepräsident der jedesmalige Präsident des Senates zur Seite steht. Die Gesetzgebende Gewalt beruht in zwei Kammern, eine mit neun Senatoren, die zweite mit Deputirten (je einer auf 3000 Einw.); die Sitzungen dauern jährlich vom 15. Februar bis Juni; während der Zeit ihrer Vertagung bleibt eine Permanenzcommission von zwei Senatoren u. fünf Deputirten. Es bestehen Religions- u. Preßfreiheit, Geschwornengerichte. Armee: 2800 M., dazu an 20,000 M. Nationalgarde. Nationalfarben: Weiß u. blau. Flagge: Vier blaue horizontale Balken in weißem Feld, in der linken obern Ecke eine goldene Sonne in weißem Feld. Das Budget von 1. Juli 1860 bis Ende 1861 (also auf 18 Monate) betrug: Einnahme u. Ausgabe in gleicher Höhe von 3,579,802 Mill. Piaster; Staatsschuld 1860: 20 Mill. Piaster, ohne die englische Schuld im Betrage von 50,000 Pfd. Sterl., dazu 1863 21/2 Mill. Piaster in 6procentigen Staatsobligationen ausgegeben. Die Ausfuhr 1862 10 Mill. (n. And. 15,400,000), die Einfuhr auf 12 Mill. (n. And. 10,189,700) Piaster im Werth. Eintheilung in neun Departements: Montevideo, Guadeloupe, San Jose, Colonie del Sacramento, Soriano, Paysandu Salto, Cerro Largo, Maldonado y Minas, Darazno. Hauptstadt: Montevideo. Man rechnet nach Pesos Corrientes (Piaster, Pataccas) zu 8 Reales à 16 Cuartos u. zwar im Zahlwerth von 6 Pesos Corrientes = 5 Pesos Duros (Spanische Piaster), 1 Peso Corriente = 4 Francs 17 Cent. Maße u. Gewichte sind die Spanisch-Castilischen, s.u. Spanien S. 351.
U. hieß sonst Banda Oriental u. war ein Theil des Spanischen Südamerika. Hier blühete bes. der Schleichhandel, u. um demselben ein Ziel zu setzen, zog die Regierung einen der kühnsten Schmuggler, Artigas aus Montevideo, um 1800 in ihre Dienste. Als 1811 Buenos Ayres von Spanien abfiel, stellte sich Artigas an die Spitze der Unzufriedenen in Montevideo, u. diese Stadt wurde als Schlüssel zum Rio de La Plata ein Hauptschauplatz der Begebenheiten. 1814 entstand in Folge davon, daß sich Alvear von Buenos Ayres aus am 20. Juni Montevideos bemächtigte, ein Streit zwischen Artigas u. Buenos Ayres über den Besitz der Stadt, welchen Streit Brasilien benutzte, um die Banda Oriental für sich zu gewinnen. Der brasilianische General Lecor besetzte im Januar 1817 mit 6000 M. deutscher Hülfstruppen Montevideo, u. nachdem Artigas,[301] welcher inzwischen den Kampf nicht allein mit Buenos Ayres fortgesetzt, sondern auch mit Brasilien aufgenommen hatte, 1820 nach Paraguay vertrieben worden war, wurde die Banda Oriental 1821 unter dem Namen der Cisplatinischen Provinz mit Brasilien vereinigt. Als 1822 Brasilien sich von dem Mutterlande Portugal trennte, blieb die Besatzung in Montevideo der portugiesischen Regierung treu; die Brasilianer belagerten deshalb die Stadt, nahmen dieselbe im December 1823 ein u. der Kaiser verleibte nun die Cisplatina dem Kaiserthum Brasilien ein. Da die Republik Buenos Ayres den Kaiser Dom Pedro nur unter der Bedingung anerkennen wollte, daß er Montevideo nebst der Banda an die Conföderation abtrete, so erklärte der Kaiser am 10. December 1825 der Republik den Krieg. Die Cisplatiner selbst, mit der Einverleibung in Brasilien unzufrieden, hatten bereits im Juni unter dem Obersten Lavalleja u. Fruct. Ribera einen Aufstand gemacht u. sich der Union angeschlossen. Über diesen Krieg s.u. Argentinische Conföderation S. 689. Am 27. August kam es zu Rio de Janeiro u. 4. October 1828 zu Santa-Fé unter großbritannischer Vermittelung zum Frieden, in welchem die Unabhängigkeit der Cisplatina anerkannt wurde. Die Cisplatinische Republik gab sich nun am 10. September 1829 eine Verfassung u. wählte zu ihrem ersten Präsidenten den General Rondeau aus Buenos Ayres. Nachdem die Schutzmächte England u. Brasilien 24. März 1830 die Verfassung gebilligt hatten, wurde dieselbe am 18. Juli 1830 beschworen u. der Staat nahm den Namen Republica Oriental del U. an u. wählte Fruct. Ribera zu ihrem Präsidenten. Gegen diesen brach am 29. Juni 1832 eine Verschwörung aus, an deren Spitze Lavalleja stand; Ribera mußte fliehen u. Lavalleja wurde zum Oberbefehlshaber der Armee ernannt. Indeß schon am 9. August brach in Montevideo eine Gegenrevolution aus, indem die schwarzen Truppen u. die Bevölkerung dieser Stadt sich für Ribera erklärten. Lavalleja floh nach Nordamerika u. Ribera kehrte an die Spitze der Regierung zurück. Darauf entstand eine Differenz zwischen U. u. Buenos Ayres über den Besitz der Falkslandsinsel, welche jedoch dadurch endete, daß die Engländer diese Insel 1833 in Besitz nahmen. Indeß blieben die Verhältnisse beider Staaten zu einander gespannt, u. Lavalleja, von Rosas, dem Director der La Platastaaten, unterstützt, versuchte wiederholt 1834 Ribera aus U. zu verdrängen. Am 1. März 1835 wurde General Oribe Präsident von U. Damals war Montevideo der Zufluchtsort der von Rosas hart verfolgten Partei der Unitarier; an die Spitze derselben stellte sich Ribera, vertrieb im October 1838 Oribe u. wurde selbst wieder Präsident. Nun entspann sich ein innerer Krieg; auf der Seite Ribera's standen die Gauchos, sie führten den Parteinamen Colorados (die Rothen); auf der Seite Oribe's aber standen die Estanceros (die Grundbesitzer), die Stadtbewohner, welche den Namen der Blanquillos (Weißen) führten. Oribe wendete sich um Hülfe an Rosas, u. dieser nahm sich Oribe's an, nicht blos weil dieser als Föderalist Rosas' Absichten förderte, sondern auch aus Eifersucht gegen Montevideo, dessen immer aufblühender Handel den von Buenos Ayres beeinträchtigte. Mit Ribera im Bunde stand Frankreich, Rosas' Gegner. Seit 1839 war daher Buenos Ayres in Krieg mit U., u. seit dem Mai 1842 wurde Montevideo von Oribe mit Rosas' Unterstützung von der Seeseite blockirt u. 17. Februar 1843 von der Landseite belagert. Über diesen Krieg s.u. Argentinische Conföderation S. 691. Seit 1845 war Suarez provisorischer Präsident. 1846 erkannte Spanien endlich die Unabhängigkeit U-s an. Obgleich England, welches sich auch an diesem Kriege gegen Rosas betheiligt hatte, 1849 u. Frankreich 1851 Frieden mit Rosas gemacht hatte, dauerte der Krieg zwischen U. u. den La Platastaaten fort, da U. die Friedensvermittelung der europäischen Mächte verwarf. Von Frankreichs Hülfe verlassen, wendete sich U. nun um Unterstützung an Brasilien u. Entre-Rios, dessen Präsident Urquiza ein Gegner Rosas' war. Am 29. Mai 1851 wurde zwischen U., Brasilien u. Entre-Rios eine Tripleallianz geschlossen, u. im Juni rückten Urquiza mit den Truppen von Entre-Rios u. Corrientes u. Graf Caxias mit einem brasilianischen Corps in U. ein. Oribe verließ nun am 29. Juli sein befestigtes Lager bei Cerrito mit 5000 M. Nachdem sich am 25. August der uruguayische Anführer Garzon mit Urquiza u. Caxias vereinigt hatte u. am 30. August ein brasilianisches Geschwader in den Paranafluß eingedrungen war, hob Oribe am 2. September die Belagerung von Montevideo, nach mehr als achtjähriger Dauer, auf u. wurde, bereits von Rosas' Hülfe entblößt u. von einem großen Theile seiner Truppen verlassen, am 3. October bei Las Piedras, zwischen Montevideo u. Buenos Ayres, geschlagen. Am 8. October zog Urquiza in Montevideo ein. Durch die Niederlage Rosas' bei Santos Lugares am 3. Februar 1852 u. dessen Sturz verlor Oribe seine letzte Hoffnung nach Montevideo zurückzukehren. Dennoch war seine Partei noch so zahlreich, daß dieselbe bei der Präsidentenwahl ihren Candidaten Juan Franc. Giro durchsetzte, welcher am 1. März 1852 als Präsident antrat. Jetzt aber entstanden Differenzen zwischen U. u. Brasilien, da die neue Regierung die fünf mit Brasilien abgeschlossenen Verträge (welche sich u.a. auf die Feststellung der Grenzen zwischen U. u. Brasilien u. auf die Liquidirung der, aus den von Brasilien an U. gezahlten Subsidien entstandenen Schuld bezogen), welche noch unter Suarez am 12. October 1851 ratificirt u. zum Theil zur Ausführung gebracht worden waren, nicht anerkennen wollte. Indeß kam es, nachdem der Vertrag wegen der Grenzregulirung einige Modificationen erfahren hatte, zu einem Arrangement, indem die neue Regierung von U. unter dem 13. Mai 1852 erklärte, daß sie die von der vorigen Regierung übernommenen Verbindlichkeiten gegen Brasilien anerkennen u. die theilweise begonnene Ausführung der Verträge nicht hindern wolle. Aus der Revolution in Buenos Ayres 1853, in deren Folge Urquiza wieder gestürzt u. Buenos Ayres von diesem zu Wasser u. zu Lande blockirt wurde, zog U. wieder einen Vortheil, indem sich der dadurch in Buenos Ayres gestörte Handel nebst den meisten Etablissements immer mehr von dort u. nach Montevideo zog, weshalb die Montevidenser auch die Belagerer mit Geld unterstützten.
Die gegenseitige Befeindung der Blanquillos u. Colorados dauerte indessen im Innern fort. Die Partei der Ersteren war die herrschende, zu ihr gehörte nicht blos der Präsident Giro, sondern auch die Mehrheit der Mitglieder beider Kammern, u.[302] in gleichem Sinne waren die höheren Verwaltungsstellen besetzt. Der große Mangel an Bevölkerung (es kamen auf die geographische Quadratmeile kaum 30 Seelen), die Entblößung von Geldmitteln, Unkenntniß u. Ungeschicklichkeit, waren die Übel, welche keine Partei heilen konnte. Die Einnahmen reichten bei weitem nicht zu den ordentlichen Ausgaben; die öffentlichen Schulden betrugen im Jahr 1853 47 Mill. Piaster. Die Erbitterung gegen die Blanquillos stieg in Montevideo, als diese den Plan besprachen eine neue Hauptstadt zu bauen. Unter diesen Umständen traten mehre Parteigenossen des Präsidenten aus dem Ministerium, welcher sich indessen beharrlich weigerte Mitglieder der anderen Partei ins Ministerium aufzunehmen. Man drängte auf beiden Seiten zu einer Entscheidung durch die Waffen. Den Colorados war es nicht schwer geworden ein Regierungsbataillon Neger, welches lange keinen Sold bekommen hatte, zu bestechen, u. die Regierung bewaffnete zu ihrem Schutze die Nationalgarden. Am 18. Juli, dem Jahrestag der Verkündigung der Verfassung, als der Präsident die Glückwünsche des diplomatischen Corps entgegennahm, feuerte die Nationalgarde u. das Negerbataillon auf einander; die Ruhe wurde jedoch wiederhergestellt, als der Präsident zum Finanzminister Herrera y Obes u. zum Kriegsminister den Obersten Venancio Flores ernannte, Beide zur Partei der Colorados gehörend, auch dem General Pacheco y Obes, ebenfalls einem Colorado, den Oberbefehl über die Truppen anvertraute. Mit den errungenen Vortheilen nicht zufrieden, bedrängten sie den Präsidenten mit der Forderung den General Oribe zu verbannen u. die Directoren der Provinzen zur Hälfte aus jeder Partei zu ernennen. Oribe verließ das Land freiwillig; die Bewilligung des anderen Theiles der Forderung verweigerte aber Giro, bis er sich endlich am 25. September genöthigt sah im Hotel des französischen Gesandten Schutz zu suchen. Sofort bildete sich eine provisorische Regierung aus Flores, Lavalleja u. Ribera, worauf Giro abdankte u. sich ins Privatleben zurückzog. Flores hatte die Leitung allein in Händen, da Lavalleja u. Ribera bald darauf starben. Ein Decret der Regierung vom 10. Oct. 1853 öffnete alle schiffbaren Flüsse dem fremden Handel u. stellte den dem Handel günstigen Tarif von 1837 wieder her. Neue Aufstände in verschiedenen Landestheilen besiegte Flores zwar; aber außer Stande die Hauptschäden des zerrütteten Staatsgebäudes zu heilen, sah er sich nach fremder Hülfe um. Brasilien war zwar durch die Schwierigkeiten verstimmt, welche bei der Ausführung des Grenzbestimmungsvertrags von 1852 erhoben worden waren, hatte auch in Folge dessen die Auszahlung der monatlichen Unterstützungsgelder an die Regierung von U. eingestellt; verständigte sich aber mit Flores dahin, vom 1. März 1854 an monatlich eine Summe von 60,000 Piastern zu zahlen u. mit 4000 M. Montevideo u. das Gebiet der Republik bis zur Herstellung gesetzlicher Zustände zu besetzen. Am 12. März 1854 trat eine neue verfassungsgebende Versammlung zusammen, von welcher Flores bis zum 1. März 1856, wo die Präsidentschaft Giros gesetzlich beendigt gewesen sein würde, zum Präsidenten der Republik ernannt wurde. Die am 2. Februar 1855 nach der neuen Verfassung zusammengetretenen beiden Kammern beschlossen eine Herabsetzung sowohl ihrer eigenen Taggelder von sechs auf drei Piaster, als auch der unmäßigen Gehalte der Generale u. Stabsoffiziere. Unterdessen hatten sich die Colorados, durch welche Flores die Präsidentschaft erlangt hatte, in zwei Parteien gespalten, wovon die mächtigere sich aufs heftigste gegen ihn erklärte. Seine Lage wurde noch schwieriger, als im August 1855 Oribe im Hafen von Montevideo erschien u. ans Land stieg. Am 28. Aug. verließ er mit zwei Ministern die Stadt, vor welcher er mit zusammengezogenen Truppen lagerte, um die Aufrechthaltung der Verfassung zu erzwingen, während in der Stadt eine provisorische Regierung sich bildete, welche die Bevölkerung bewaffnete. Aber die Gesandten von Frankreich, England u. Spanien vermittelten vor dem Ausbruch des Kampfes eine Vereinbarung zwischen Flores u. einem beim Schluß der Sitzungen der Kammern von ihnen bestellten Ausschuß, wonach Flores am 9. September abdankte, u. Manuel Bustamente provisorisch bis zum März 1856 an seine Stelle trat. Da dessenungeachtet die aufrührerischen Umtriebe nicht aufhörten, erklärten Flores u. Oribe, daß sie eine bei der bevorstehenden Präsidentenwahl etwa auf sie gefallene Wahl nicht annehmen würden, sich aber zur Aufrechthaltung der Verfassung u. Unterstützung der verfassungsmäßigen Behörden verbündet hätten. Die brasilische Regierung zog ihre Truppen aus dem Gebiete von U. zurück, u. schon am Tage nach ihrem Abmarsch, am 25. November 1855, brach ein neuer Aufstand aus, welcher von Flores in Montevideo u. von Oribe auf dem Lande besiegt wurde. Am 1. März 1856 trat der neugewählte Präsident der Republik, Gabriel Antonio Pereira, seine Stelle an, der reichste Privatmann von U., welcher auf jeden Präsidentengehalt verzichtete, in seinen gemeinnützigen Bestrebungen aber nur sehr wenig von den am 15. Februar 1856 zusammengetretenen Kammern unterstützt wurde. Durch Erklärung vom 26. Septbr. 1856 trat U. den vom Pariser Friedenscongreß angenommenen Grundsätzen des Seevölkerrechtes bei. Bei der Eröffnung der Kammern am 15. Febr. 1857, deren große Mehrheit für den Präsidenten war, bezeichnete derselbe die auswärtigen Beziehungen als höchst befriedigend. Das gelbe Fieber, welches 1857 einige Monate lang Montevideo heftig heimsuchte, brachte nur einen vorübergehenden Stillstand in die Kämpfe der Parteien; namentlich nachdem Carlos Gomez, welcher einige Zeit flüchtig in Buenos-Ayres gelebt hatte, nach Montevideo zurückgekehrt war, erhob die Partei, welche Vereinigung aller Plata-Staaten einschließlich U. betreibt, von Neuem ihr Haupt. Die Kammern hatten kaum ihre fast ganz unthätige ordentliche Session beendet, als sie für den 5. Oct. 1857, trotzdem ihr Mandat erloschen war, noch vor den allgemeinen Wahlen außerordentlicher Weise wieder berufen wurden, um einen mit Brasilien nun abgeschlossenen Handelsvertrag zu genehmigen, durch welchen der Vertrag vom 12. Oct. 1851 mehrfach abgeändert werden sollte. Allgemein war man der Meinung, daß dieser neue Vertrag sehr nachtheilig für den Handel von Montevideo u. ein mehr od. minder verschleierter Verzicht auf die Souveränetät der Republik, von dem Präsidenten Pereira nur abgeschlossen worden sei, um gegen die ihm von den Flüchtlingen in Buenos-Ayres drohenden Angriffe eine Stütze in Brasilien zu gewinnen. Als aber die Kammern Miene machten den Vertrag zu verwerfen, schloß die Regierung plötzlich die Session u. ließ am nächsten[303] Tag mehre ihrer Gegner, darunter Gomez, ergreifen u. nach Buenos-Ayres deportiren (Oct. 1857). Der am 12. Nov. erfolgte Tod des Generals Oribe, des alten Leiters der Blanquillos, gab zu neuer Aufregung Anlaß; er wurde auf öffentliche Kosten mit königlichen Ehren beerdigt, u. General Flores benutzte die Gelegenheit zu einem Manifeste, in welchem er die von ihm mit Oribe abgeschlossene Vereinigung den Parteien als eine Grundlage der Verständigung empfahl. Obschon nun die Regierung bei den Wahlen dem Anscheine nach obsiegte, bildeten sich doch an verschiedenen Punkten des Landes revolutionäre Zusammenrottungen, welche Anfang 1858 sogar Montevideo bedrohten. Flores scheint der geheime Anstifter dieses Aufstandes der Colorados gewesen zu sein, trat jedoch nicht hervor. Am 6. Jan. 1858 landete der General Cesar Diaz mit etwa 100 Mann von Buenos-Ayres im Hafen von Montevideo u. vereinigte sich mit den Insurgenten, welche den General Freire zum provisorischen Präsidenten wählten. Statt aber die Stadt anzugreifen, wandte sich Diaz in das Innere des Landes; nach einer Mitte Januar erlittenen Niederlage ergab sich am 28. das Hauptcorps der Aufrührer am Ufer des Rio Negro bei Quinteros den Regierungstruppen unter General Medina. Wesentlich zum Scheitern des Aufstandes trug bei, daß argentinische Truppen sich an der Grenze zusammenzogen u. die brasilianische Flotte die Verbindung der Insurgenten mit Buenos-Ayres abschnitt. Diaz, Freire u. 25 andere Offiziere wurden am 31. Jan. zu Quinteros erschossen; weitere Executionen folgten, durch welche Pereira selbst drei Glieder seiner Familie verlor. Am 15. Febr. 1858 wurden die Kammern eröffnet, aber die Hälfte der Senatoren war aus dem Lande verbannt. Dem Bürgerkriege folgte ein Zustand der Erschöpfung, in welchem das Land schwankend, wie immer, zwischen unheilbarer Anarchie im Innern u. der Nothwendigkeit eines fremden Protectorats, wenigstens von Blutvergießen verschont blieb. Brasilien u. die Argentinische Conföderation sind bei der Lage der Dinge in U. hauptsächlich betheiligt u. die gegenseitige Eifersucht dieser Staaten kann nicht zulassen, daß der eine ohne den andern in U. intervenire. Aus solchen Erwägungen ergab sich der Abschluß eines am 2. Juni 1859 zu Rio de Janeiro unterzeichneten Staatsvertrags zwischen Brasilien, der Argentinischen Conföderation u. U. In diesem Vertrage, welcher die Beziehungen der drei Staaten seit dem Friedensvertrag vom 27. Aug. 1828 von Neuem feststellte, erkannten die beiden ersteren Staaten die Existenz der Integrität U-s als Bürgschaft des Friedens, des Gleichgewichts u. der Sicherheit an, verpflichten sich die Unabhängigkeit u. Integrität der Republik U-s vertheidigen zu wollen u. erklären dieselbe in ihrem Verhältniß zu den beiden andern Staaten für einen absolut neutralen Staat. Im Einklang mit diesem Vertrag genehmigte das Abgeordnetenhaus 1859 ein Gesetz, welches die Neutralität des Territoriums der Republik U. aussprach, u. ermächtigte die Regierung auf gleicher Basis, wie mit Brasilien u. der Argentinischen Conföderation, auch mit Frankreich, England, den Vereinigten Staaten u. Spanien Verhandlungen anzuknüpfen. Sonst brachte auch das Jahr 1859 nichts Bemerkenswerthes. Der Präsident war auf die Idee gekommen den Jesuiten das Land zu öffnen; aber nur wenige Tage nach ihrer Ankunft (Anfang 1859) vertrieb er sie wieder. Im Cabinet bekämpften sich zwei Rivalen, der Minister des Innern u. Kriegs, Antonio Diaz, u. der Minister des Auswärtigen u. der Finanzen, Nin-Reyos. Letzter mußte weichen u. ein am 24. Juli neugebildetes Cabinet war ganz aus der Partei der Blanquillos zusammengesetzt. Zahlreiche Beschwerden Frankreichs u. Englands wurden einer gemischten Commission zur Erörterung übertragen. Am 1. März 1860 wählten Senat u. Abgeordnetenhaus in gemeinsamer Sitzung den bisherigen Senatspräsidenten Bernardo Berro zum Präsidenten der Republik, einen Hauptführer der Blanquillos. Einer der ersten Acte des neuen Präsidenten war, daß er das Land in fünf Militär-Commandanturen theilte u. ein in versöhnlichem Sinne zusammengesetztes Ministerium ernannte. Gleichzeitig wurde das Verwaltungspersonal erneuert u. aus Sparsamkeitsrücksichten die Gesandtschaft in Rio de Janeiro eingezogen. Der Vorschlag einer allgemeinen Amnestie für die Theilnehmer der früheren Revolutionen u. die Aufhebung der Verbannung mehrer Personen brachte aber das Ministerium in Conflict mit der Kammer. Zwar verwilligte letztere das Budget (3,579,804 Piaster auf die 18 Monate vom 1. Juli 1860 bis 31 Dec. 1861); mehre Verträge mit auswärtigen Mächten aber, so namentlich eine Vereinigung mit Sardinien über eine alte Schuld, eine Convention mit Brasilien, Arrangements behufs Capitalisirung der Zinsen von mehren englischen u. französischen Entschädigungsforderungen u. ein Postvertrag mit Großbritannien, wurden von ihr verworfen. Dies führte eine Erkaltung der Beziehungen zu Frankreich u. England, namentlich aber zu Brasilien herbei, welches letztere sofort eine ziemlich feindselige Haltung gegen U. annahm. Die Reclamationen Englands u. Frankreichs wurden erst seit April 1861 drängend u. bald auch drohend u. nach schleppenden Verhandlungen Anfang 1862 mußte U. einem ihm gestellten Ultimatum nachgeben. Im Juni 1861 hatte der Präsident das Ministerium gewechselt, ohne daß ein anderer Grund hierfür als ein persönliches Mißfallen an den bisherigen Ministern erkennbar wurde. Dies führte eine Spaltung der Blanquillos, welche bisher den Präsidenten gestützt hatten, herbei. Die entlassenen Minister u. deren Freunde vereinigten sich mit den Colorados, welche nun eine für die Regierung gefährliche Opposition bildeten. Am 22. Juni 1861 wurde ein neuer Zolltarif publicirt, welcher mit dem 25. Juni in Kraft treten sollte. Die Verhältnisse der Republik U. blieben fortdauernd höchst unsicher; namentlich bedrohte Venanoio Flores, der 1858 nach Buenos-Ayres geflüchtete u. dort zum Brigadegeneral avancirte Hauptanführer der Colorados, die Ruhe des Landes. Mitte April 1863 landete derselbe, umgeben von etwa 30 Personen, plötzlich bei Colonia del Sacramento u. organisirte einen neuen Aufstand. Es scheint, als ob die Regierung von Buenos-Ayres den General Flores im Geheimen unterstützte, sie soll nichts weniger beabsichtigen, als sich U. zu annectiren u. einen neuen Staatenkörper zu bilden, zusammengesetzt aus Corrientes, Entre-Rios, Buenos-Ayres u. U., d.h. den bestgelegenen Ländern des La Plata, während sie die anderen Länder, welche nur Schulden bringen u. Verlegenheiten bereiten, ihrem eigenen Schicksal überlassen würde. Dieses Project fürchtend, soll [304] Brasilien, welches Anfangs die neuen Wirren nicht ungern sah, neuerdings umschlagen u. zu interveniren geneigt sein; auch General Urquiza soll von Entre-Rios aus Militär über den Uruguay geschickt haben, um den Regierungstruppen zu Hülfe zu kommen. Nach den bis Anfang Jan. 1864 in Europa eingetroffenen Nachrichten hatte jedoch General Flores eher Fort- als Rückschritte gemacht u. war bis dahin von den Truppen der Regierung nicht besiegt worden. Vgl. Sommer-Geiser, Lebensbilder aus dem Staate U., Basel 1861.
Brockhaus-1911: Uruguay [2] · Uruguay
Herder-1854: Uruguay [2] · Uruguay [1]
Meyers-1905: Uruguay [3] · Uruguay [2] · Uruguay [1]
Pierer-1857: Uruguay
Buchempfehlung
Demea, ein orthodox Gläubiger, der Skeptiker Philo und der Deist Cleanthes diskutieren den physiko-teleologischen Gottesbeweis, also die Frage, ob aus der Existenz von Ordnung und Zweck in der Welt auf einen intelligenten Schöpfer oder Baumeister zu schließen ist.
88 Seiten, 4.80 Euro
Buchempfehlung
Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Michael Holzinger hat für diese preiswerte Leseausgabe elf der schönsten romantischen Erzählungen ausgewählt.
442 Seiten, 16.80 Euro