Ostindien

[365] Ostindien. Im umfassendsten Sinne werden unter diesem Namen die zwei großen, durch den Meerbusen von Bengalen getrennten, südl. Halbinseln von Asien, sowie sämmtliche Inseln verstanden, welche südl. und südöstl. davon im ind. Meere von den Lakediven bis zu den Karolinen liegen. In engerer Bedeutung heißt die westl. beider Halbinseln allein Ostindien, die östl. Hinterindien und die Inseln werden zusammen als ostindische bezeichnet. Das Ostindien in diesem beschränktern Sinne, welches auch Vorderindien, die Halbinsel diesseit des Ganges oder Hind oft an nach seinen zahlreichsten und ältesten Bewohnern, den Hindus, die ghatische Halbinsel (von Ghat, ein Gebirgspaß), von den Engländern auch wol nach einem Theile desselben Bengalen genannt wird, hat nördl. das Himalajagebirge, westl. Beludschistan und Afghanistan, östl. das birmanische Reich zur Grenze; seine Küsten bewässern das pers. Meer, der ind. Ocean, der Busen von Bengalen, und der Flächeninhalt dieses Gebiets beträgt gegen 60,000 ! M., so viel wie den dritten Theil von Europa. Die natürlichen Bodenverhältnisse machen aus O. drei Haupttheile: im N. am südl. Abhange des Himalaja (s.d.) breitet sich ein Kranz von Alpenländern aus, auf welche das Tiefland des nach O. fließenden Ganges und seiner Nebenflüsse folgt, das auch vorzugsweise den Namen Hindostan erhält und an das südl. die dreieckig zugespitzte Halbinsel Dekan, ein 3–5000 F. hohes Tafelland, sich anschließt, deren Südspitze das Vorgebirge Komorin ist. Den Nordrand von Dekan bildet das von dem Tieflande Hindostans in den Landschaften Bundelcund, Bhopal, Malwa und Mewar terrassenförmig zwar nur bis 2000 F. ansteigende, aber ansehnlich breite und überaus unwegsame Vindhyagebirge, an dessen südl. Fuße der Nerbudda in einem engen Felsthale westl. fließt. Von diesem südl. erhebt sich die Hochfläche mit der Gondwara-und Sautpurakette und dem Mahadeogebirge, den Westrand von Dekan aber bilden die Westghats; diese laufen parallel mit der von zahllosen Küstenflüßchen durchschnittenen Westlüste, die von N. nach S. die Namen Concan, Kanara, Malabar und Travancore führt, sind höchstens 14 M. davon entfernt, erheben sich gegen dieselbe wie eine steile Felswand und steigen nach S. zu immer höher, ja in den Nil-Gerri oder blauen Bergen bis zur Schneegrenze an. Das überaus gesunde Klima der letztern macht dieselben als Erholungs- und Zufluchtsort vor ansteckenden Krankheiten für die Europäer sehr wichtig, an ihrem Südabhange aber zieht sich als ein tiefer und mehr als 15 M. langer Spalt das merkwürdige, Gap genannte Thal hin, welches einen bequemen Verbindungsweg zwischen der West- und Ostküste der Halbinsel abgibt. Südl. vom Gap liegt der südlichste Theil der Westghats, das noch wenig bekannte Gebirge von Travancore. Den östl. Abfall dieser langen Bergkette bildet ein nicht hohes, aber sehr zerrissenes Bergland, dessen wenige Pässe vorzugsweise Ghats heißen, die Ostküste von Dekan aber ist überall flach, theils mit fruchtbarer Schlammerde, theils mit Sand bedeckt und heißt Koromandel. Nordöstl. vom Nil-Gerri ziehen sich die Ostghats, um einige 1000 F. niedriger als die Westghats, allein nackt und öde, jedoch von den bequeme Straßen zum innern Hochlande darbietenden Thälern einiger Hauptflüsse durchbrochen, bis gegen die Gangesmündung hin. Die wichtigsten Flüsse O.'s sind in Hmdostan der Indus und der Ganges (s.d.), zu dessen Nebenflüssen auch der Dschumna, Gandaki, Kosa, Brahmaputra gehören, in Dekan der Nerbudda, Tapti, Godavery, Krischna, Pennar, Palaur, Panaur und Caveri. Was das Klima betrifft, so ist dieses im Ganzen genommen sehr heiß, was auch der Lage des Landes entspricht, das größern Theils der heißen Zone angehört. Bei der großen Ausdehnung desselben von N. nach S. und der verschiedenen Erhebung des Bodens finden aber doch sehr bedeutende Abweichungen in der Temperatur der verschiedenen Landestheile statt und von dem ewigen Schnee des Himalaja gelangt man durch die Thäler an seinem Südabhange, wo strenge Winter und mäßig warme Sommer sind, stromabwärts am Ganges wie am Indus in einen das ganze Jahr hindurch sehr warmen Himmelsstrich, wo man blos eine nasse und eine trockene Jahreszeit kennt, während der selbst Nachts die drückende Hitze sich nur wenig vermindert. Ebenso drückend heiß ist es an den Küsten der Halbinsel, das Hochland von Dekan dagegen genießt einer gemäßigtern Temperatur. Eine merkwürdige Folge der Richtung der Gebirgszüge und der Regelmäßigkeit, mit welcher die vorherrschenden Winde, Moussons oder Monsoons genannt, die eine Hälfte des Jahres aus Südwest, die andere aus Nordost wehen, ist die an den einander entgegengesetzten Küsten gleichzeitig herrschende, entgegengesetzte Witterung. Beim Südwestwinde (Mai bis Oct.) hat die Westküste. Regenzeit, indessen die schweren Regenwolken von den Westghats am weitern Vordringen gehemmt werden, bei Nordost (Oct. bis Mai) aber tritt die Regenzeit der Ostküste ein. Täglich pflegt auch von 9–5 Uhr ein erfrischender Seewind mit dem von Mitternacht bis gegen Morgen wehenden Landwinde zu wechseln. Gewaltige Orkane, Typhons genannt, sind nicht selten und eine Art Samum, welcher zuweilen und am heftigsten aus der Sandwüste von Lahore weht, steigert die Hitze bis zu einer fast unerträglichen Höhe. Gleichwol ist das Klima im Ganzen und besonders für Eingeborene nicht ungesund, wenn auch erschlaffend, und daß so viele Europäer in O. ihr Grab finden, rührt größtentheils davon her, daß sie sich nicht sofort zu der mäßigen Lebensweise der Eingeborenen bequemen und zum Theil genöthigt sind, grade in den ungesundesten Gegenden, an den Küsten von Dekan und in den sumpfigen und heißen Niederungen am Ganges, zu verweilen, wo allerdings bösartige Fieber, die Blattern und die Cholera (s.d.) heimisch sind.

An Landeserzeugnissen ist O. überaus reich und besitzt fast Alles, was Asien Vortreffliches und Merkwürdiges aufzuweisen hat. Das Pflanzenreich liefert Südfrüchte und Gewürze aller Art, Baumwolle, Indigo und andere Farbenstoffe, Opium (s. Mohn), Rhabarber, Sennesblätter und ähnliche Apothekerwaaren, Kampher, Weihrauch, Betel und Arekanüsse, Thee, Kaffee, Taback, Bananen (s. Feige), europ. Obstarten, Getreide von aller Art, namentlich Reis, das Hauptnahrungsmittel der Einwohner, daher sein Misrathen bei der auf keine Vorräthe haltenden Sorglosigkeit derselben oft schreckliche Hungersnoth (zuletzt 1837–38) in einzelnen Gegenden veranlaßt. Cocos- und andere Palmen von vielfältiger Benutzung, Bambusrohr, Sandelholz, das [365] zum Schiffbau sehr taugliche Tikholz, Sapan oder rothes Färbeholz, Eichen, mancherlei Nadelhölzer, Gummigutt-, Mango- und eine Menge anderer Bäume gedeihen hier zum Theil ohne Pflege. Zu der überaus reichen Thierwelt gehören der Elefant, das Nashorn, Löwen, Tiger, Leoparden, Panther und andere Raubthiere des Katzen- und des Hundegeschlechts; ferner Hirsche, Gazellen und Antilopen, Affen, vielerlei wildes Rindvieh, alle in Europa bekannte Hausthiere, Kameele, wildes und zahmes Geflügel in Menge und zum Theil von prächtigen Farben, Krokodile, vielerlei Schlangen, Schildkröten und ein Reichthum von Fischen. Von Insekten gibt es, wie in den meisten heißen Ländern, eine Unzahl von Fliegen, Bremsen, und Mücken und Heuschreckenschwärme sind nicht selten; eine Art Ameisen (s. Termiten) zerstört sogar das Holz der Häuser. Bienen hausen hier von verschiedener Art, der Seidenwurm lebt im Freien und liefert das vortrefflichste Gespinnst, und auch Cochenille wird auf dem angepflanzten Nopalbaume (s. Cactus) gezogen. Als die Heimat der vortrefflichsten Edelsteine ist O. seit den ältesten Zeiten bekannt, dagegen ist es an Metallen nach den bisherigen Entdeckungen nicht grade reich, obgleich Gold, Silber, Kupfer, vieles Eisen, Wooz (ein natürliches Stahlerz), Zinn, Quecksilber und andere gefunden werden. Auch liefert das Mineralreich Steinkohlen, Schwefel, Naphtha, Marmor, Alabaster, Bausteine u.s.w. Der Gewerbfleiß erzeugt seit den ältesten Zeiten einige Fabrikwaaren in hoher und zum Theil noch nicht von Europäern erreichter Vollkommenheit, wie z.B. seine Kattune und Musseline, Seidenzeuche und gemalte Leinwand, seine Shawls; auch die indische Färbung der Zeuche ist außerordentlich dauerhaft. Ferner werden von edlen Metallen, Schildpatt, Krystall und Perlmutter seine Arbeiten geliefert, auch sonst, abgesehen von den in den Hauptorten der engl. Besitzungen von Europäern errichteten Fabriken, Waffen, Leder und Tuche verfertigt. Von allen Zweigen der Landwirthschaft wird der Reisbau am angelegentlichsten betrieben. Überaus wichtig ist der Handel sowol zu Lande nach allen Gegenden von Asien, sowie zu Wasser mit allen übrigen Erdtheilen, und namentlich gegen Europa ist O. an Producten immer noch so sehr überlegen, daß man annimmt, es müssen jährlich für 10 Mill. Thaler edle Metalle zur Ausgleichung von europ. Schiffen mitgebracht werden.

Die gesammte, aus vielerlei Völkern zusammengesetzte Bevölkerung O.'s wird auf 140 Mill. angeschlagen, wovon auf die Hindus allein mehr als 114 Mill. kommen. Sie sind in religiöser Beziehung Anhänger des Brahma (s.d.), verehren aber außer ihren Hauptgottheiten noch eine Unzahl anderer, denen Tempel, Pagoden genannt, gewidmet sind, in deren Vorhöfen die Priester und die Bajaderen (s.d.) wohnen und von denen die Pagode des Götzen Dschaggernaut (s.d.) zu Dschaggernaut eine der berühmtesten ist. Die Hindus glauben an Prädestination und Seelenwanderung und halten Wallfahrten, Gebet, Fasten, Almosen u.s.w. für verdienstliche Bußübungen. Schwärmer unterziehen sich indessen auch weit grausamern (s. Fakir) und selbst Menschenopfer, z.B. Kinder, dem heilig geachteten Ganges zu weihen oder dem Alligator vorzuwerfen, das Ertränken Alter und Kranker in einem heiligen Flusse und das Suttih oder lebendige Verbrennen der Weiber aus den zwei vornehmsten Kasten oder Ständen nach dem Tode ihrer Männer, war vor Kurzem noch gewöhnlich und wird auch durch die strengsten Verbote in den unter engl. Botmäßigkeit stehenden Gebieten nicht ganz verhindert. Die Hindus sind in der Regel wohlgebildet, von mittler Größe, haben eine bräunlichgelbe, bei den vornehmen hellere, bei den niedern Ständen dunklere Hautfarbe, seines und glänzendschwarzes Haar und einen mehr zierlichen als kräftigen Körperbau, besitzen aber dennoch große Ausdauer in Anstrengungen. Die Kleidung der Mehrzahl besteht aus einem um die Hüften befestigten Streifen Zeuch, einem nachlässig umgenommenen Gewande und einem ums Haupt gewundenen Tuche; Vornehmere und Frauen tragen auch wol eine kurze Jacke und weite und lange Beinkleider. Seit undenklichen Zeiten hat dies Volk, wie seinen religiösen Glauben, so auch seine uralte Sitte und Lebensordnung beibehalten, wozu denn auch die Schonung gewisser Thiere, die Enthaltung von allen oder nur gewissen Fleischspeisen und die sonst sehr streng beobachtete erbliche Eintheilung in vier Hauptkasten, oder vielmehr Jatajas, d.i. Stände, oder Varnani, d.h. Farben, gehört. Diese sind: 1) die der Brahminen oder Brahmanen, welche aus Priestern, Gelehrten, Staatsbeamten und auch Kaufleuten besteht; 2) die der Kschättri-Nairen oder Rajahputs, zu der Fürsten, Krieger, Rajahs oder mit Land und Leuten Belehnte, die kriegerischen Stämme der Rasbutten und Maratten (s.d.), sowie einige Kunstarbeiter gehören; 3) die Wassiers, Banjanen, Comitis und Chatty, welche Kaufleute und 4) die der Schuttries (Sudras und Suders), welche Künstler, Handwerker und Landleute in sich schließt. Außer diesen vier edlern Kasten gibt es noch die geringern: Risha oder Dshandala, d.i. die Verächtlichen und Unreinen, wohin Wasserträger, Barbiere, Ärzte, Töpfer, Sklaven und Andere gehören, und die verachtetsten von Allem, die Parias oder Pulias, wie sie an der Küste Malabar heißen. Letztere dürfen keinen Tempel betreten, müssen abgesondert von den Hindus wohnen, wenn sie ja mit einem reden, die Hand vor den Mund halten, damit sie ihn nicht durch ihren Athem verunreinigen, und wer einen Paria berührt, wird selbst unrein. Sie genießen jede Art von Nahrungsmittel, sogar das Fleisch gefallener Thiere, leben zum Theil in Wäldern, werden blos zu den schmuzigsten Verrichtungen gebraucht, und ihre fast schwarze Hautfarbe scheint sie als Nachkommen eines vor Alters eingewanderten Negerstammes zu bezeichnen, an den sich von jeher auch die wegen schwerer Verbrechen aus ihrer Kaste verstoßenen Hindus anschlossen. In neuester Zeit haben sich indessen blos die Brahminen rein erhalten, die übrigen aber in manchen Ländern mehr oder weniger vermischt, wodurch auch die Beschränkung auf bestimmte Gewerbe zum Theil aufgehört hat. Zu den Hindus gehören noch die Sikhs oder Seiks, welche in der nordwestl. Gegend O.'s zwischen Indus und Gharra wohnen und ein kriegerischer Stamm sind, der sich zu einer besondern Religionslehre bekennt, welche Namek-Schah im 15. Jahrh. aus Vereinigung der Lehren Mohammed's und Brahma's stiftete und die einer seiner Anhänger, Guru-Gowind, weiter ausbildete. Sie zählen etwa 41/2 Mill., verwerfen alle Götterbilder, glauben aber an die Seelenwanderung und tödten deshalb besonders keine Kuh; der Unterschied der Kasten besteht bei ihnen nicht. Merkwürdig ist ein kleiner Stamm Hindus, [366] die sich zum Christenthume bekennen und Thomaschristen (s. Nestorius) heißen. Über 16 Mill. der eingewanderten Bewohner O.'s bekennen sich zu verschiedenen Sekten der mohammedan. Religion, so namentlich die Afghanen (s. Afghanistan) und die dazu gehörenden Rohillas im W. und N., die Mongolen (s. Mongolei), Araber und Türken; Perser oder Gebern (s.d.) (etwa 200,000) haben sich vorzüglich an der Westküste angesiedelt, Armenier (50,000) leben zahlreich in den Hafenstädten. Von Juden gibt es vorzüglich in Malabar sogenannte weiße, die von dem Stamme Manasse abzustammen behaupten, welcher zur Zeit der Zerstörung des jüdischen Reiches hierher versetzt worden sei, und schwarze, die in Hindostan zerstreut leben und von zum Judenthum bekehrten schwarzen Sklaven herkommen. Außerdem leben in O. Afrikaner von verschiedenen Nationen, Zigeuner, Chaliaten, Mapulets oder Abkömmlinge arab. Väter und ind. Mütter, Topassis oder schwarze Portugiesen, d.h. Nachkommen von Portugiesen und Hindus, sowie Cheechees von brit. Vätern und ind. Müttern. Endlich kommen hierzu noch Europäer, namentlich Engländer (40,000), Portugiesen, Franzosen, Holländer, Spanier, Dänen, Schweden und wenige Deutsche.

Die wenigen Zigeuner ausgenommen, haben alle Bewohner O.'s feste Wohnsitze und bewohnen meist Städte und Dörfer. Bambusrohr und Lehm ist das gewöhnliche Baumaterial der Armen, allein auch die Häuser der Wohlhabenden sind nicht schön, haben kleine Fenster, jedoch meist Hofraum und Garten und sind mit einem auf Säulen ruhenden Schirmdache zur Abwehr der Sonnenstrahlen versehen. Die Straßen der Städte sind eng und winklich und nur hin und wieder finden sich einzelne Prachtgebäude. Von Sprachen sind bei den Hindus allein sieben Hauptmundarten im Gange, welche von dem alten, jetzt blos von Gelehrten noch verstandenen Sanskrit (s.d.) herstammen und die tamulische an der Ostküste, die hindustanische um Agra und Delhi, die malabarische auf der Küste Malabar und Travancore, die telinga oder telugische in der Mitte Dekans, die benjali oder gaura in den Gangesländern, die gusuratische und mahrattische heißen; an den Höfen ist das Persische gewöhnlich. Die Mongolen reden eine aus dem Indischen, Arabischen und Persischen gemischte Sprache und in vielen Küstengegenden wird ein verdorbenes Portugiesisch allgemein verstanden. Von überaus hohem Alter und nicht weniger vielseitig und ausgebildet ist die Literatur der Hindus, deren Schriften im Sanskrit verfaßt sind und von denen man die Entstehung der frühesten gegen 1000 Jahr v. Chr. annimmt. Diese sind die uralten Religionsbücher, die Vedas, welche heilige Dichtungen, Gebete und Vorschriften zu allerhand Opfern enthalten und an die sich die Upavedas oder Untervedas anschließen, in denen von Musik, Krieg, Heilkunde und allerlei Künsten die Rede ist, wozu endlich noch eine Sammlung von Erläuterungen und ergänzenden Schriften kommt, die Schaster heißen. Unter den dazu gezählten, größern epischen Dichtungen ist »Ramayana« oder der Siegeszug Rama's nach Ceylon, sowie »Mahabharata« vorzüglich berühmt, die von einem bürgerlichen Kriege erzählt, auch gehören dahin die Puranas, eine Verschmelzung geschichtlicher Erzählungen und zum Theil höchst abenteuerlicher Göttersagen, deren Abfassung in das erste Jahrh. v. Chr. fällt. Es haben sich aber auch aus derselben oder etwas späterer Zeit epische Dichtungen von großer Schönheit erhalten, die nicht zu den religiösen Schriften gezählt werden, sowie ansehnliche Sammlungen von Fabeln, welche zum Theil nach arab. und pers. Bearbeitung schon vor langer Zeit in Europa bekannt waren. Ebenso hat man dramatische Werke von hohem Werthe, von denen die auch ins Deutsche übersetzte »Sakontala« des Dichters Kalidasa eines der bekanntesten und berühmtesten ist. Mit der alten Sprache ging aber seit dem 5. Jahrh. auch diese Literatur ihrem Erlöschen entgegen, welches für beide im 10. Jahrh. eintrat.

Die Alten wußten von Indien viel Wunderbares zu erzählen, machten es zum Ziele der Züge des Bacchus (s.d.), zur Heimat häßlicher, langbärtiger Pygmäen (s.d.) und Cyrus schon, sowie Darius scheinen im nordwestl. Theile des jetzigen O. Eroberungen gemacht zu haben; zuverlässige Nachrichten erhielten aber auch die Alten erst seit dem Zuge Ale xander's des Großen, 328 v. Chr. In den folgenden Jahrhunderten erlangte der Seehandel der Europäer über Ägypten nach Indien schon große Wichtigkeit und Alexandrien war lange der Stapelplatz für Gewürze, seine Zeuche, und andere rohe und verarbeitete ind. Producte. Später richtete sich ein anderer Handelsweg über das kaspische und schwarze Meer ein, den Venetianer und Genuesen vorzüglich benutzten, bis der von den Portugiesen zu Ende des 15. Jahrh. aufgefundene Seeweg nach O. um das Vorgebirge der guten Hoffnung die seitdem gewöhnlichste Verbindung mit Europa eröffnete. Inzwischen war O. seit Ende des 10. Jahrh. den räuberischen Einfällen der Muselmänner unter der in Persien zur Herrschaft gelangten türk. Dynastie der Gazneviden preisgegeben, die sich endlich Hindostan und einen Theil von Dekan unterworfen hatten. Sie mußten im 16. Jahrh. den Mongolen weichen, welche seit dem 14. Jahrh. schon Hindostan mit ihren Raubzügen heimsuchten und ein Nachkomme Timur's, Zehir-Eddin-Mohammed Baber, stiftete 1525 zu Delhi das Reich der Moguln (s.d.), dessen Grenzen sein Enkel, der duldsame und den Wissenschaften günstige Akbar (1556–1605) über den ganzen N. von Hindostan ausdehnte. Seine größte Macht erlangte es unter Aureng-Zeyb (s.d.), der nach einer Regierung von 48 Jahren 1707 starb, worauf unfähige Regenten, innere Kriege und Angriffe von außen den schnellen Verfall des Reiches der Moguln herbeiführte. Einzelne Provinzen rissen sich los, die Residenz Delhi ward 1737 von Nadir Schah von Persien mit einem großen Theile des Landes erobert und geplündert, was später durch die Afghanen und die Maratten noch zweimal geschah und 1764 den letzten regierenden Großmogul bewog, sich unter den Schutz der Engländer zu begeben.

Diese hatten, nachdem die Holländer schon als Nebenbuhler der Portugiesen in O. aufgetreten waren und nach einigen unzureichenden Versuchen, im J. 1600 den ersten entscheidenden Schritt zur Herstellung von Handelsverbindungen mit dem Orient auf dem Seewege gethan. Es ward nämlich eine Gesellschaft von Kaufleuten, welche ein Capital von blos 88,000 Pf. Sterl. zusammenschossen, am 31. Dec. 1600 von der Königin Elisabeth auf 15 Jahre zum Alleinhandel nach allen Ländern zwischen dem Vorgebirge der guten Hoffnung und der Magelhaensstraße unter dem Namen »Verwaltung und Compagnie der londoner Kaufleute für den ostind. Handel« bevorrechtet und dies ist [367] der Anfang der englisch-ostindischen Compagnie. Es verstrich indessen geraume Zeit, ehe ihre Unternehmungen einen bedeutenden Umfang und durch Niederlassungen in O. feste Anhaltepunkte erhielten. Erst 1639 ward ihnen Madras (s.d.) von ind. Fürsten abgetreten, Bombay wurde 1664 von den Portugiesen, 1696 durch Kauf der Bezirk in Bengalen erlangt, wo jetzt Kalkutta liegt. Auch in England gestalteten sich nach den unruhigen Zeiten unter Karl I. und Cromwell die Verhältnisse günstiger und die Compagnie erhielt nicht blos die Bestätigung, sondern auch die wichtigsten Erweiterungen ihrer Vorrechte, denen unter andern auch die bürgerliche Gerichtsbarkeit in ihren Niederlassungen und das Recht zu Krieg und Frieden beigefügt ward. Indessen mangelte es doch auch schon damals nicht an Gegnern derselben, von denen die Freigebung des Handels nach O. für alle engl. Unterthanen beim Parlamente betrieben wurde. Zwar gelang dies nicht, allein dagegen erkaufte 1698 eine andere Gesellschaft londoner Kaufleute durch ein Darlehn von 2 Mill. Pf. St. die Erlaubniß zur Errichtung einer zweiten ostind. Handelscompagnie von der Regierung und beide bestrebten sich einige Jahre lang einander den Rang abzulaufen. Der beiden daraus erwachsende Nachtheil führte jedoch im Jul. 1702 zu ihrer Vereinigung unter dem Namen der »vereinigten ostind. Compagnie«, deren Handel und Besitzthum in O. seitdem sich fortwährend erweiterten, obgleich ihnen dort auch die Franzosen, welche seit 1672 zu Pondichery auf der Küste Koromandel eine Niederlassung errichteten, auf alle Weise entgegen zu wirken suchten. Diese bestrebten sich, namentlich die ostind. Fürsten für sich einzunehmen, gewährten ihnen Unterstützung an Kriegsmaterial und franz. Offiziere suchten die Truppen derselben auf europ. Weise einzuüben und beförderten die bei dem gesunkenen Ansehen des Großmoguls von vielen seiner Statthalter oder Nabobs begonnenen Bestrebungen nach Unabhängigkeit, wobei die von der engl. ostind. Compagnie erlangten Berechtigungen ebenfalls vielfach beeinträchtigt wurden. Die Engländer sahen sich dadurch bewogen, indem sie den Verhältnissen entsprechende Schutzwehren für ihre Interessen zu errichten versuchten, von ihrem bisherigen friedlichen Verhalten gegenüber den innern Angelegenheiten O.'s abzugehen und wurden so gleichsam wider Willen seit der Mitte des vorigen Jahrh. die herrschende Nation in O. Zuerst erweiterte sich ihr Gebiet in Bengalen, wo das Fort William 1696, sowie Kalkutta erbaut und 1707 eine eigne Präsidentschaft errichtet wurde. Indem sie hier sich eine ruhige Nachbarschaft zu sichern suchten, machten sie sich bald als Bundesgenossen ind. Fürsten, bald ihre eigne Sache führend, zu Gebietern des ganzen nordöstl. Hindostan. Allein die in einem Theile von Hindostan vorzüglich durch den Verfall des mongol. Reiches zur Herrschaft gelangten Maratten, die Reiche Golkonda und Mysore in Dekan, gewährten den Franzosen, die fortwährend nach Verdrängung der Engländer aus O. strebten, neue Anhaltepunkte für ihre Entwürfe. Namentlich fanden sie an dem aus geringem Stande durch Tapferkeit und Talente auf den Thron von Mysore gelangten Sultan Hyder Ali, geb. 1718, gest. 1782, einen der wichtigsten Bundesgenossen. Schon 1767–69 hatte er sich mit den Engländern gemessen und als die Franzosen in Folge der nordamerik. Revolution auch in O. von Neuem in Krieg mit denselben verwickelt wurden, unternahm er im Bunde mit vielen ind. Fürsten 1780 von Neuem die Bekämpfung der Engländer. Diese entgingen vielleicht blos durch geschickte Unterhandlungen, mittels der sie das Bündniß ihrer Gegner zu trennen wußten, der Niederlage, und Hyder Ali's Sohn und Nachfolger Tippo Saib sah sich 1784 zum Abschlusse des für ihn gewinnlosen Friedens von Mangalore genöthigt. Sein unbesonnener Haß reizte bald die Engländer zu einem neuen Kampfe (1789–92), in welchem die Maratten ihre Bundesgenossen waren und der dem Sultan von Mysore die Hälfte seiner Besitzungen kostete. Dessenungeachtet ließ er sich mit mehren andern ind. Fürsten in ein Bündniß mit der franz. Republik ein, die aber nur franz. Offiziere zum Einüben der Truppen ihrer Freunde hergeben konnte. Auch diesmal verstanden aber die Engländer die Verbindung der ind. Fürsten zu trennen und der voreilig angreifende Tipo Saib fiel 1799 bei der tapfern Vertheidigung seiner von den Engländern erstürmten Hauptstadt Seringapatam. Jetzt wagte von den übrigen Anhängern der Franzosen keiner mehr sich zu regen und Mysore ward dem engl. Gebiete bis auf einen kleinen Theil einverleibt, welcher an die von Hyder Ali verdrängten ältern Fürsten unter Schutzhoheit der ostind. Compagnie zurückgegeben wurde. Auf ähnliche Art wurden vertragsmäßig mehre ostind. Fürsten, welche sich in den Schutz der Engländer begaben, aufs genaueste an das Interesse derselben geknüpft und ihrem Einflusse hingegeben, blieben aber dabei im Besitze ihrer Lande. Sie nahmen zu ihrer Sicherheit eine Anzahl engl. Truppen in Sold, entsagten allen Feindseligkeiten gegen andere Staaten und indem sie alle Streitigkeiten durch die ostind. Compagnie vermitteln zu lassen sich verpflichteten, begaben sie sich zugleich jeder unmittelbaren, schriftlichen oder persönlichen politischen Verhandlung mit andern Höfen. Die unfähige Regierung mancher solcher verbündeten Fürsten nöthigte von Zeit zu Zeit die Engländer, denselben auch die Verwaltung der Einkünfte des Landes abzunehmen und die eingerissene Zerrüttung der Finanzen zu heben, von denen dem Fürsten dann ein bestimmter Theil zugewiesen ward, über die genaue Beobachtung aller dieser Verhältnisse aber wachen an den ostind. Höfen engl. Residenten unter dem Schutze eigner Truppen. Auf diese Art und nachdem seit 1803 in wiederholten Kriegen auch die Marattenfürsten bis auf den Rajah Scindiah (s. Maratten) unterworfen worden, befindet sich fast ganz Vorderindien theils unter der unmittelbaren, theils unter der Schutzhoheit Englands. Ein Krieg mit den Birmanen erweiterte 1826 das Gebiet der Compagnie noch mehr gegen Nordwesten (s. Birmanisches Reich), in der neuesten Zeit aber erregte der Eroberungszug des Schahs von Persien gegen das im östl. Khorasan gelegene Herat, welches für eine Vormauer gegen etwa von Rußland und Persien wider das brit. O. gerichtete Unternehmungen gilt, die lebhafte Besorgniß Englands. Der Generalgouverneur (seit 1835 Lord Auckland) von O. ließ deshalb die vom engl. Botschafter am pers. Hofe gestellte Foderung der (seitdem auch erfolgten) Aufhebung der Belagerung von Herat, durch Besitznahme eines Platzes im pers. Meerbusen von einigen tausend M. zu Wasser dahin gesandten engl. Truppen unterstützen, suchte namentlich das Bündniß des Scindiah der Maratten und des Rajah der Seikhs zu Lahore und ließ für alle Fälle ein ansehnliches Heer [368] an der nordwestl. Grenze der brit. Besitzungen versammeln. Gleichzeitig sah sich aber auch der Generalgouverneur durch die feindselige Stellung der Birmanen bewogen, an der östl. Grenze Truppen zusammenzuziehen und ein Krieg wurde zu Ende 1838 auch hier erwartet. Die politische Herrschaft der engl.-ostind. Compagnie wurde ihr zwar am 1. März 1834 wieder auf 20 Jahre durch eine Parlamentsacte zugesichert, allein zugleich das bei der vorhergehenden Ernennung ihres Freibriefes 1814 noch verbliebene Vorrecht des Alleinhandels nach China ebenfalls aufgehoben. Die Leitung der Angelegenheiten der Compagnie wird in Europa von 24 Directoren, die das sogenannte »ostind. Haus« in Leadenhallstreet zu London bilden, besorgt, von denen jährlich im Apr. sechs durch neue Wahlen aus den 2163 Actionairen ersetzt werden. Sie ernennen mit kön. Genehmigung den Generalgouverneur, die Präsidenten und die Heerführer und sind in 12 Commissionen für Verwaltung der Angelegenheiten des Handels, der Rechtspflege, des Kriegswesens u.s.w. getheilt, unterliegen aber völlig der Beaufsichtigung einer von der Regierung für die ind. Angelegenheiten besonders ernannten Behörde. In O. steht der Generalgouverneur, dem eine Rathsversammlung beigegeben ist, an der Spitze der Angelegenheiten. Die Eingeborenen von allen Farben und Religionen sind mit den Europäern zu öffentlichen Ämtern gleich befähigt, ja beim Heere ist die Peitschenstrafe sogar für die Indier aufgehoben worden, während sie für die Europäer fortbesteht. Die Armee der Compagnie beträgt über 200,000 M., wovon aber nur gegen 40,000 europ. und zwar etwa 22,000 M. kön., die übrigen von der Compagnie geworbene, alle andern eingeborene Truppen sind. Von diesen heißen die regulairen (über 150,000 M.) Seapoys, von dem pers. Worte »Sipahi«, d.h. Soldat, werden nur zum Theil von engl. Offizieren befehligt und als zuverlässig und tapfer gerühmt. Die Marine zählte gegen 50 Fahrzeuge von verschiedener Größe.

Man theilt O. zunächst in den Europäern unmittelbar oder mittelbar unterworfene, sowie in unabhängige, von asiat. Oberherren regierte Staatengebiete. Das von der engl. ostind. Compagnie unter großbrit. Landeshoheit besessene Gebiet hat einen Umfang von 52,900 ! M. mit 123 Mill. Einw., wovon etwa 26,000 ! M. mit 83 Mill. Einw. der Regierung unmittelbar gehorchen, das übrige aber Schutzstaaten sind. Das ganze Gebiet war früher in die drei Präsidentschaften Bengalen, Madras und Bombai (s.d.) abgetheilt, seit 1835 aber ist aus den zur Präsidentschaft Bengalen gehörig gewesenen Provinzen und Schutzstaaten Allahabad, Agra, Oude, Gurwal und Delhi eine vierte, die Präsidentschaft Allahabad oder Agra, errichtet worden, deren Präsident in der Hauptstadt Allahabad am Zusammenflusse des Dschumna und Ganges residirt, die 20,000 Einw. hat und aus der eigentlichen Stadt und der davon durch einen Kanal getrennten starken Festung besteht, auch wegen des heiligen Badeplatzes Prayag einer der besuchtesten Wallfahrtsorte der Hindus ist. Die vornehmsten, den Engländern mittelbar unterworfenen Gebiete sind das zunächst von der Präsidentschaft Allahabad abhängige Königreich Oude, 900 ! M. mit 3 Mill. Einw., die von Bengalen abhängigen Staaten des Nizam von Hyderabad in Dekan mit 4500 ! M. und 10 Mill. Einw. und des Bhunsla oder der Nagpur-Maratten von 3300 ! M. mit 3 Mill. Einw.; die zu Bombai gezählten Staaten des Rajah von Satarah mit 511 ! M. und 11/2 Mill. Einw., des Holkar mit 535 ! M. und 1,200,000 Einw., die Rajaschaft Bopal mit 107 ! M. und 300,000 Einw.; die zur Präsidentschaft Madras gerechnete Nabobschaft Mysore (s.d.), 1271 ! M. mit 3 Mill. Einw. und der Staat des Rajah von Travancore 366 ! M. und 1 Mill. Einw., des mächtigsten von den inländischen Fürsten von Malabar. Von den wenigen Punkten, welche in O., nachdem dort die frühern Besitzungen der Niederländer von denselben am 1. März 1825 an die Engländer abgetreten worden sind, noch unter Botmäßigkeit anderer europ. Mächte stehen, gehören den Franzosen: die Factoreien Chandernagor und Cossimbazar in Bengalen, die Gebiete und Städte Pondichery und Karikal auf der Küste Koromandel und die Seestadt Mahé in Malabar, zusammen 91/2 ! M. mit 90,000 Einw.; den Portugiesen: das Gebiet von Goa (s.d.), die Seestädte Daman und Diu in Guzurate, zusammen 33 ! M. und 100,000 Einw.; endlich den Dänen die Stadt und das kleine Gebiet Trankebar an der östl. Küste mit 30,000 Einw. und dem Hauptsitze der dän. Missionsanstalten, sowie einige Handelslogen in Bengalen und Malabar. Unabhängige Staaten unter asiat. Herrschern sind: das Reich Nepal (s.d.); der Staat des Maha Rajah Scindiah, der einzige noch unabhängige der Maratten (s.d.); der Staat der Seikhs oder Lahore, 3200 ! M. mit 4 Mill. Einw., im nördl. und westl. Hindostan, nördl. von Kaschmir, westl. von Afghanistan, östl. von Delhi, südl. von der Provinz Adschmir begrenzt. Der südl. Theil heißt das Pendschab oder Land der fünf Flüsse, weil es sich am Fuße des Himalaja zwischen dem Indus und seinen östl. Nebenflüssen ausbreitet, der nördl. aber und gebirgige Kuhistan. Die Hauptstadt Lahore war früher eine der Residenzen des Großmoguls und soll noch 100,000 Einw. zählen. Sie liegt an der Hauptstraße von Delhi nach Persien, daher es für die Engländer im Betreff ihrer ostind. Besitzungen, im Fall denselben von dieser Seite durch Persien und Rußland ein Angriff drohte, von der höchsten Wichtigkeit ist, die betriebsamen und kriegerischen Seikhs für sich haben. Dies ist der Fall um so mehr, als der jetzige Beherrscher Rundschit Sing durch die Hülfe franz. Offiziere und namentlich des Generals Allard, der bald nach dem Falle Napoleon's sein Glück in Asien suchte und 1835 auf kurze Zeit nach Frankreich kam, ein zahlreiches und europ. geübtes Heer besitzt, mittels dessen er 1832 im N. von den Afghanen das Gebiet Kaschmir, im S. aber den Staat Bawulpur eroberte.

Die zu O. im umfänglichsten Sinne gehörende östl. ind. Halbinsel, Hinterindien oder die Halbinsel jenseit des Ganges, ist uns noch größtentheils ein unbekanntes Gebiet. Ihre Grenzen sind Vorderindien, China und der ind. Ocean, ihr Flächeninhalt wird auf 40,000 ! M., die Zahl der Einw. auf 36 Mill. geschätzt. In der Richtung von N. nach S. durchziehen mehre Bergketten mit abnehmender Höhe die Halbinsel, die außer von einer Menge von Küstenflüssen, von neun in südl. Richtung fließenden Strömen durchschnitten wird; diese sind der Sungra, Kieu-lung-Kiang, Huestrom, Mac-Kiang, Menam, Tanasserim,[369] Martaban, Pegu oder Miup und Irawaddy, allein der Ursprung und nähere Lauf derselben sind noch sehr im Dunkeln. In den Bergländern Hinterindiens herrscht meist ein sehr angenehmes Klima, in den tiefen Flußthälern und den, häufigen Überschwemmungen ausgesetzten Mündungsländern der Flüsse, sowie an den niedrigen Küsten dagegen ist es drückend heiß und für Europäer besonders ungesund. Die Bevölkerung gehört theils zum mongol., theils zum malaiischen Stamme und von Sprachen sind die birman. oder avaische, die malaiische, siamische, anamitische, von Religionslehren die des Brahma, Buddha, Fo und Mohammed die herrschenden; es gibt aber auch katholische und armen. Christen. Die Landeserzeugnisse sind fast dieselben wie in Vorderindien. Politisch eingetheilt wird Hinterindien in den unter brit. Hoheit stehenden Antheil, der seit dem 1826 beendigten Kriege mit den Birmanen über 1800 ! M. mit 280,000 Einw. in den Provinzen Arakan, Martaban, Tenasserim und dem Gebiet Malakka mit den Inseln Pulo-Penang und Sinkapore (s. Malakka) umfaßt und an welches sich das seit 1826 unter engl. Schutze stehende Reich Assam (s.d.) anschließt. Unabhängige Staaten sind das birmanische Reich (s.d.), Siam (s.d.), Cochin-China (s.d.) und sechs kleine Gebiete von Malakka (s.d.). Die ostind. Inseln endlich liegen ganz in der heißen Zone, haben meist hohe Gebirge und einige auch thätige Vulkane. Die bemerkenswerthesten sind: die Lakediven, eine Gruppe von 32 bewohnten Inseln, zusammen 8 ! M. mit 10,000 Einw., westl. von Malabar; die Malediven, südl. von jenen, ein länglicher Archipel von mehr als 1000 felsigen Inseln, von denen aber nur gegen 50 bewohnt sind; die von der Südspitze Vorderindiens durch die 15–20 M. breite Palksstraße getrennte Insel Ceylon (s.d.); die Andamanen im Meerbusen von Bengalen, 145 ! M. Flächenraum und von Papuas bewohnt; südöstl. davon die Nikobaren mit etwa 10,000 malaiischen Bewohnern; die Sundainseln (s.d.); die Molukken oder Gewürzinseln (s.d.); die höchst fruchtbaren Suluh-Inseln nordöstl. von der Insel Borneo mit 150,000 malaiischen Einw.; die Philippinen (s.d.) und die östlichsten Gruppen der Karolinen oder neuphilippinischen Inseln und der Marianen-, Ladronen- oder Diebsinseln, welche zu den span. Besitzungen gerechnet werden.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 365-370.
Lizenz:
Faksimiles:
365 | 366 | 367 | 368 | 369 | 370
Kategorien:

Buchempfehlung

Schnitzler, Arthur

Flucht in die Finsternis

Flucht in die Finsternis

Robert ist krank und hält seinen gesunden Bruder für wahnsinnig. Die tragische Geschichte um Geisteskrankheit und Tod entstand 1917 unter dem Titel »Wahn« und trägt autobiografische Züge, die das schwierige Verhältnis Schnitzlers zu seinem Bruder Julius reflektieren. »Einer von uns beiden mußte ins Dunkel.«

74 Seiten, 3.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Biedermeier. Neun Erzählungen

Geschichten aus dem Biedermeier. Neun Erzählungen

Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Dass das gelungen ist, zeigt Michael Holzingers Auswahl von neun Meistererzählungen aus der sogenannten Biedermeierzeit.

434 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon