Artikel in der Wikipedia: Scheintod
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[625] Scheintod (Asphyxīa), derjenige Zustand, in welchem die Erscheinungen des Lebens nicht mehr bemerkt werden, indem Gehirn, Lunge und Darm ihre Funktionen eingestellt haben, Bewußtsein, Empfindung und Bewegung völlig fehlen, Herz und Gefäßsystem aber in sehr schwachem Grade noch tätig sind, so daß noch einzelne Herztöne gehört werden. Der Unterschied vom wirklichen Tode besteht darin, daß die elektr. Erregbarkeit der Muskeln erhalten bleibt, Totenstarre und Fäulnis nicht eintritt. Behandlung Scheintoter: künstliche Atmung durch abwechselnden Druck auf den Brustkasten und Erheben der Arme, kräftige Riechmittel und Hautreize, reizende Klistiere. – Vgl. Hasselt (1862).

Quelle: Brockhaus' Kleines Konversations-Lexikon, fünfte Auflage, Band 2. Leipzig 1911., S. 625.
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[110] Asphyxie (grch.), Pulslosigkeit; Stillstand der Herztätigkeit und der Atmung, Scheintod.

Quelle: Brockhaus' Kleines Konversations-Lexikon, fünfte Auflage, Band 1. Leipzig 1911., S. 110.
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[726] Scheintod (Asphyxia), Zustand, in dem das Leben erloschen zu sein scheint, aber in Wirklichkeit nicht vollständig erloschen ist. Als Eintrittspunkt des Todes sieht man gewöhnlich den Moment an, in dem die Atmungs- und Herztätigkeit erlischt. Nun können unter Umständen, bei fast vollständigem Erlöschen der übrigen Funktionen des Körpers, diese beiden Tätigkeiten auf ein dem Laien kaum erkennbares Minimum herabsinken. Dies ist der S., Bewußtsein, Empfindung, Bewegung fehlen vollständig; die Haut ist blaß, der Brustkorb steht teilweise ganz still, nur hier und da hebt er sich in ganz flachen, kaum sichtbaren Atemzügen. Der Puls ist verschwunden und wird an der Hand nicht mehr gefühlt, auch gelingt es dem Arzt selbst mittels des Höhrrohrs nicht immer mit vollster [727] Sicherheit, das Pulsieren des Herzens nachzuweisen. Dieser Übergang vom deutlichen Leben zum absoluten Tod soll sich in einzelnen Fällen bis zu zwölf Stunden ausdehnen, doch sind über den S. so zahlreiche ganz unglaubwürdige Spukgeschichten im Volke verbreitet, daß die abergläubische Angst vor dem Lebendigbegrabenwerden zu den wunderlichsten Schutzmaßregeln geführt hat: besonders konstruierte Särge, Läutapparate, Ventilation der Gräber und dergleichen überflüssige Erfindungen mehr. Nach den Ursachen kann man folgende Arten des Scheintodes unterscheiden: 1) S. durch innere Krankheitszustände. Hierher gehören die tiefe Ohnmacht durch Erschöpfung nach heftigsten Körperanstrengungen, ferner der S. nach heftigen Krampfanfällen bei Hysterie, Epilepsie und Eklampsie, bei der Starrsucht und Lethargie, manchmal bei der Cholera, bei manchen narkotischen Vergiftungen (Opium, Blausäure und Chloroform). 2) S. durch äußere Störungen: nach hohen Graden von Gehirnerschütterung, nach schweren Verwundungen mit gleichzeitiger Erschütterung oder mit bedeutendem Blutverlust, nach starken Blutungen überhaupt, besonders bei Wöchnerinnen und kleinen Kindern. 3) S. durch spezifische Ursachen. Hierher gehören der S. der Neugebornen wegen noch nicht eingeleiteter Atmung, der S. durch Ertrinken, Erhängen etc., der S. durch irrespirable Gase, durch fremde Körper im Schlund etc. Bisweilen bewirken auch mehrere der genannten Ursachen gleichzeitig den Eintritt des Scheintodes.

Der sehr lange dauernde S. tritt höchst selten ein und dann bei neugebornen Kindern oder Ertrunkenen und Erhängten. Kataleptische, wohl auch hysterische Frauen können bei erhaltenem Bewußtsein tagelang ganz still liegen, mit kalter bleicher Haut, starren Augen, während weder der Puls fühlbar noch Herztöne und Atembewegungen merkbar sind. Solche Fälle kommen zweifellos vor, aber die Zahl der glaubwürdigen ist sehr klein. Genügende Vorbeugungsmittel gegen das Lebendigbegrabenwerden sind: Beschränkung der zu frühen Beerdigung, die im allgemeinen nicht früher als 72 Stunden nach dem Tode stattfinden sollte, sodann obligatorische Leichenschau durch Sachkundige. In den besteingerichteten Leichenhallen ist in vielen Jahren und unter vielen tausend Fällen noch kein Fall von S. vorgekommen. Die Feststellung der sogen. Totenflecke schließt auch jedes Lebendigbegrabenwerden mit Sicherheit aus. Für zweifelhafte Fälle hat man Anwendung von Ätzpaste vorgeschlagen, die bei Toten einen gelben, durchsichtigen, bei Scheintoten einen schwarzrötlichen, undurchsichtigen Schorf erzeugt. Auch zuckt die Muskulatur Scheintoter bei Anwendung des elektrischen Stromes. Icard spritzt eine Lösung von Fluoresceïn unter die Haut, wobei, wenn noch Leben vorhanden ist, alsbald die Schleimhäute sich intensiv gelb färben. Ist S. festgestellt, so sucht man durch Reizung sensibler Nerven, Einwirkung von Riechmitteln (Ammoniak, Essigäther), Kitzeln der Nase, Besprengen des Körpers mit kaltem Wasser, Reiben und Bürsten der ganzen Körperoberfläche, besonders des Rückens, künstliche Atmung (wie Ertrunkenen, Erhängten) das Erwachen zu bewirken. Vgl. Artikel »Unfall« und Knapp, Der S. der Neugebornen (Wien 1898–1904, 2 Tle.).

Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 17. Leipzig 1909, S. 726-727.
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[884] Asphyxīe (griech.), Pulslosigkeit, daher Scheintod. Man nennt Scheintote, namentlich wenn sie es durch Erstickung wurden, Asphyktische. A. der Neugebornen, der Zustand des Scheintodes, der durch vorzeitiges Atmen des Kindes vor der Geburt bedingt ist. Das asphyktische Kind bietet außer dem Herzschlag kein Lebenszeichen, kann aber durch geeignete Behandlung zum Leben zurückgerufen werden. Bei der leichten Form genügen nach sofortiger Abnabelung Hautreize, Frottieren, kalte Übergießungen im warmen Bade, bei der schweren Form ist vor allem künstliche Atmung anzuwenden, Aussaugen verschluckten Wassers aus der Luftröhre und Einblasen von Luft.

Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1905, S. 884.
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[121] Scheintod, 1) (Asphyxia), ein Mittelzustand zwischen Leben od. Lebensende u. Tod, wobei der daran Leidende ein todähnliches Erlöschen der Lebensverrichtungen zeigt, bei noch ferner Zersetzung des Körpers aber die Möglichkeit des Wiedererwachens der Lebensflamme obwaltet, od. doch durch künstliche Reizmittel einzelne Lebensthätigkeiten wieder angeregt werden können. Alle Zeichen des eingetretenen Todes (s.u. Leiche) sind, einzeln genommen, trügerisch, denn bei allem Vorkommen mehrer od. selbst vieler der genannten Zeichen sind Menschen wieder ins Leben zurückgebracht worden, od. von selbst wieder zum Leben erwacht; nur aus dem Complex aller, od. der mehrsten Todeszeichen (s.u. Leiche) u. aus Vergleichung der vorhergegangenen Lebenszustände, welche eine allmälige u. endlich völlige Auflösung alles lebendigen Zusammenbestehens in organischen Körpern zur nothwendigen Folge haben müssen, ist eine völlige Versicherung des wirklichen Todes, auch kurz nach dem sinnlich unterscheidbaren Sterbemomente herzunehmen. Am nächsten liegt die Möglichkeit des S-s in Fällen eines plötzlich eintretenden Todes, wobei jedoch nicht ein wesentlich zur Fortdauer des Lebens nothwendiges Organ eine wirkliche Zerstörung erlitten hat; namentlich ist dies der Fall bei Hemmungen des Athmens durch Verschließung der Luftwege, durch Ertrinken, Hängen, Erdrosseln, durch Einathmen von Gasarten, welche den Respirationsproceß zu unterhalten ungeeignet sind u. des Sauerstoffs entrathen, od. welche durch directe Reizung der Lunge schädlich einwirken, ebenso durch eine solche Luftverdünnung, welche einem wirklichen Entziehen der Luft gleich zu setzen ist (s. Erstickung). Ferner sind heftige Erschütterung des Körpers, an welcher das Sensorium im Gehirn u. in dem Centralorgan des Gangliennervensystems zunächst Theil nimmt, ein Fall od. Stoß u. Schlag auf den Kopf, od. in die Herz- u. Magengegend, ebenso ein Blitzstrahl geeignet S. hervorzubringen; ferner Entziehung der natürlichen Wärme bei Erfrornen, Verblutung u.a. bedeutende Säfteverluste, heftige Leidenschaften, körperliche u. geistige Erschöpfung, heftige Schmerzen, Trunkenheit, narkotische Gifte, gewisse Krankheitszustände, welche auf Unterdrückung der Irritabilität u. Sensibilität in so hohem Grade wirken, daß ein Zustand des anscheinend völligen Verloschenseins derselben eintritt, während der übrige Körper in seiner Integrität wesentlich nicht gestört ist, wie organisches Herzleiden, Hysterie, Hypochondrie, Convulsionen, Starrsucht, Cholera etc.; auch jugendliches Alter, weibliches Geschlecht u. Nervenschwäche, sowie Erschöpfung überhaupt prädisponiren vorzüglich zum S. Eine besondere Art des S-s ist der S. der neugebornen Kinder; er hat seinen Grund theils in der Umänderung des das Kind umgebenden Mediums, theils aber in einer zu lange dauernden Geburt, Druck auf Kopf od. Nabelschnur, in Krankheitszuständen der Mutter etc. u. tritt entweder als Ohnmacht od. Schlagfluß auf. Zur Verhütung des Lebendigbegrabens Scheintodter sind in mehren Städten Leichenhäuser (s.d.) errichtet worden. Die verschiedenen Hülfsmittel zur Wiederbelebung u. Rettung Scheintodter sind theils äußere u. innere Arzneimittel, theils zur Wiederbelebung[122] erforderliche Instrumente. Von Rettungsanstalten zeichnen sich aus die Humane society in London u. die in Österreich bestehenden Einrichtungen. Die Rettungsversuche müssen so rasch als möglich, wenn es die Jahreszeit, Witterung u.a. Umstände erlauben, in freier Luft, od. geht dies nicht an, im nächsten Hause unternommen werden. Beim Transport muß der Kopf immer hoch gelegt werden. Bei Anwendung der verschiedenen Rettungsmittel beginnt man meist mit den gelinderen Erweckungsmitteln, geht allmälig zu den kräftigeren über u. vermindert, wenn sich das Leben wieder zu äußern anfängt, diese in dem nämlichen Maße. Man läßt von Zeit zu Zeit dem Verunglückten einige Ruhe, damit er sich erholen kann, u. beobachtet ihn genau, ob sich leichte Spuren des zurückkehrenden Lebens, ein leichtes Zittern der Augenlider od. Unterlippe, ein merkliches Heben der Brust, eine zuckende Bewegung der Finger zeigen, welche dann zu erneuter, sorgfältiger u. thätiger Verfahrungsweise Veranlassung werden. Hat man ohne Erfolg alle Mittel durchgemacht, so fängt man mit ihnen wieder von vorne an; denn man hat Beispiele, daß die Wiederbelebungsversuche erst nach 12–24 Stunden den erwünschten Erfolg hatten. Selbst wenn man endlich glaubt, alle Hoffnung aufgeben zu müssen, läßt man den Körper genau beobachten u. die nöthige, der Todesart angemessene Sorge für ihn tragen. Bei den Rettungsversuchen darf das Zimmer nicht verschlossen, muß durch einen Ofen mäßig erwärmt, trocken u. geräumig sein u. für das öftere Eindringen einer reinen kühlen Luft gesorgt werden. Die Rettungsmittel u. Geräthschaften hierzu haben einen vierfachen Zweck: a) die Mittheilung des gehörigen Wärmegrades bewirkt man durch allgemeine, warme, nasse od. trockene Bäder; b) die Einführung von Luft (wie bei Ertrunkenen) geschieht durch einen gesunden Menschen, od. mittelst eines Blasebalgs, od. eines eigenen Apparates; man bringt die Luft durch die Nase od. durch den Mund, od. auch durch eine Öffnung, welche man künstlich in die Luftröhre od. den Kehlkopf (Laryngotomie) macht, ein. c) Zu der Reizung der inneren Theile od. Oberfläche des Körpers dienen reizende Klystiere, Besprengen des Körpers mit kaltem Wasser, od. mit Essig u. Wasser, Reiben u. Bürsten des Körpers, Legen von scharfen Senf- u. Blasenpflastern, Erregen verschiedener schmerzhafter Gefühle (Glüheisen), Reizung einzelner Sinnesorgane (durch starke Gerüche, scharfe Substanzen auf die Zunge, Helles Licht, starke Töne), Reizung des Schlundkopfes u. Magens (durch Kitzeln des Gaumens od. Einflößen reizender Arzneien). Reizmittel, welche den Körper allgemein durchdringen, wie Elektricität, Galvanismus, Animalischer Magnetismus, können nur selten Anwendung finden, d) Herbeiführung heilsamer od. Unterdrückung bedenklicher, selbst lebensgefährlicher Ausleerungen; erstere sind Blutentziehungen, auch Brech- u. Abführungsmittel,; in Bezug auf die Unterdrückung bedenklicher Ausleerungen bes. Stillung der Blutung. Die Zeichen des wiederkehrenden Lebens sind: die ungezwungene Lage des Kopfes, ein Überrest von angenehmer Wärme vorzüglich in der Gegend des Herzens, gutes Aussehen der Augen, noch nicht völlig erweiterter Augenstern, od. einige Empfindlichkeit desselben, eine in der Hornhaut gedrückte Grube füllt sich wieder aus; einige Röthe der Wangen u. der Lippen; leiser Herz- od. Pulsschlag, wenigstens an den Schlaf- u. Halsarterien; geringe Spuren des Athmens (ein Spiegel läuft an, ein vor den Mund gehaltenes Licht, ein auf die Herzgrube gesetztes Glas voll Wasser bewegt sich), kleine Bewegungen einzelner Muskeln, zumal nach süßeren Reizmitteln (bei Asphyxia hysterica kommt die Gebärmutter in Bewegung, wenn man den Muttermund reizt); ein über den Ellnbogen gebundener Arm wird unterhalb des Bandes röther, das glühende Eisen gibt einen Brandschorf mit entzündetem Umkreis, Blasenpflaster ziehen, Aderlässe geben ein nicht coagulirtes gutes Blut. Vgl. Bernt, Vorlesungen über Rettungsmittel beim S., Wien 1819. 2. A. ebd. 1830; Taberger, Der S. in seinen Beziehungen auf das Erwachen im Grabe, Hannover 1829; Marc, Über die Hülfe beim S., Par. 1835 (deutsch Weimar 1836); Nasse, Die Unterscheidung des S. vom wirklichen Tode, Bonn 1841; Troxler, Über das Wesen des S-s, Berl. 1849; Bouchut, Die Todeszeichen u. die Mittel, vorzeitige Beerdigungen zu verhüten, Par. 1849 (deutsch von Dornblüth, Erlangen 1851). 2) Krankheit der Zierpflanzen, besteht in dem Ausbleiben des Triebes bei den Holzpflanzen, Zwiebeln u. Knollen. Unpassender Boden u. ungünstige Witterung, bes. Dürre, od. zu tiefes Liegen der Knollen u. Zwiebeln sind die Ursachen.

Quelle: Pierer's Universal-Lexikon, Band 15. Altenburg 1862, S. 121-122.
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[827] Asphyxie (v. gr.), der höchste Grad von Ohnmacht, Scheintodt. Asphyxiren, scheintodt sein od. werden; so Asphyxirende Gase, erstickende, den Athem benehmende Gase; Asphyktisch (Asphyxisch), des Athems beraubt, scheintodt; daher Asphyktische Cholera, der höchste Grad der Brechruhr.

Quelle: Pierer's Universal-Lexikon, Band 1. Altenburg 1857, S. 827.
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[68] Scheintod (asphyxia), Zwitterzustand, in dem sich die organische Materie befindet, nachdem sie aufgehört hat. derartige organische Funktionen an sich erkennen zu lassen. welche auch der gewöhnlichen Beobachtung zugänglich sind und bevor sie den zersetzenden Kräften des Chemismus ausschließlich anheimfällt. Ohne erloschen zu sein ist das Leben auf sein Minimum reducirt. Im gewöhnlichen Leben wendet man das Wort S. vorzugsweise auf die organische Materie des thierischen Körpers an. Es gehören hieher der Winterschlaf mancher Säugethiere und Vögel. Amphibien. Insekten in unseren Breitegraden, wie auch der Sommerschlaf der Reptilien unter den Tropen zur Zeit der trockenen Jahreszeit. Weder Respirations- noch Circulationsproceß hört ganz auf. der Stoffwechsel ist nur auf sein Minimum reducirt. Vor Allem aber bezeichnet S. jenen entsetzlichen Zustand, in dem sich ein Mensch befindet, den man wegen Mangels aller der gewöhnlichen Beobachtung zugänglichen Lebenszeichen für todt hält, ohne daß er es ist. Das einzige Unterscheidungsmerkmal zwischen S. u. wirklichem Tod sind die Zeichen der Fäulniß, die Todtenmale etc. Am ähnlichsten dem S. sind die kataleptischen Anfälle und der Zustand nach einem plötzlichen großen Blutverlust. Eine tüchtige Leichenschau ist das beste Vorbauungsmittel gegen die Gefahr, daß S.te begraben werden.

Quelle: Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1857, Band 5, S. 68.
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Verweise:

Asphyxie, s. Scheintod.

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[66] Scheintod nennt man den höchsten Grad von Ohnmacht, einen Zustand, in welchem bei noch fortbestehender Lebensfähigkeit sämmtliche Lebensäußerungen unterbrochen sind. Derselbe kann mehre Stunden, ja mehre Tage anhalten und hat die höchste Ähnlichkeit mit dem wahren Tode. Weder von Athemholen noch von Puls- und Herzschlag läßt sich etwas bemerken und der Körper ist blaß, kalt und unempfindlich. Stattfindende Zweifel über den Eintritt des wirklichen Todes werden durch das Erscheinen von violetten und blaugrünen sogenannten Todtenflecken am Rücken und den Bauchbedeckungen und einen von dem Körper ausgehenden fauligen Geruch gehoben. Dagegen sind als Zeichen des wiederkehrenden Lebens zu betrachten eine Spur von vermehrter Wärme in der Herzgrube, Anlaufen eines vor den Mund gehaltenen Spiegels, Erzittern einer vor den Mund gehaltenen Feder, Verkleinerung der Pupille auf die Einwirkung eines dieser nahe gebrachten Lichtes, ein kaum bemerkbares Heben und Senken der Brust, ein leiser, nach und nach sich verstärkender Herzschlag, das Erscheinen von Blut aus einer vorher vielleicht erfolglos geöffneten Ader, leichte Zuckungen in den Gesichtsmuskeln, leises Seufzen u.s.w. Der Scheintod pflegt auf die Einwirkung von Schädlichkeiten einzutreten, welche die Nerventhätigkeit, den Blutumlauf und das Athemholen unterbrechen, ohne doch das Leben ganz aufzuheben. So beobachtet man ihn vorzüglich in Folge von Krankheiten, bei denen hauptsächlich das Nervensystem ergriffen war, in Folge von Erschöpfung durch Blutverlust oder Hunger, ferner bei vom Blitze Getroffenen, Erstickten, Erhängten, Ertrunkenen, Erfrorenen und Neugeborenen, bei welchen letztern er sogar sehr häufig vorkommt, aber auch die meiste Hoffnung zur Lebensrettung zuläßt. Die Art der Wiederbelebungsversuche muß sich hauptsächlich nach der Art der Schädlichkeiten richten, welche den Scheintod herbeigeführt haben. Vor allen Dingen entferne man diese und bringe daher z.B. einen in schädlicher Luft Erstickten aus dieser in ein mit reiner Luft erfülltes Zimmer. Alles kommt auf gleichzeitige Wiederbelebung der Nerventhätigkeit und Herstellung des Blutumlaufes und Athemholens an. Über den Erfolg entscheidet eine verständige Auswahl der zu Gebote stehenden Mittel, die weder zu lang anhaltend fortgesetzte, noch zu kurz abgebrochene Anwendung derselben und die dabei zu beobachtende Stufenfolge. Behufs der Wiederbelebung der Nerventhätigkeit sind zu empfehlen eine gehörig geleitete und abgemessene Erwärmung des Körpers, Bürsten und Reiben desselben mit Flanelllappen, Reizung der Nasenschleimhaut und des Schlundes mit einem Federbarte, das Vorhalten von starken Riechmitteln, wie z.B. von Salmiakgeist, vor die Nase, Einreiben und Auströpfeln von Naphthen u. dgl. in die Herzgrube, reizende Klystiere von Essig, Tabacksrauch u.s.w.; zur Herstellung des Blutumlaufs und Athemholens Einblasen von Luft von einem lebenden Menschen. Unter Umständen, wo sehr beträchtliche Blutanhäufung im Gehirn und den Lungen anzunehmen ist, Blutentziehung durch Aderlaß, nicht aber in allen Fällen von Scheintod. Dabei vermeide man jedes zu stürmische Verfahren und unterbreche die Wiederbelebungsversuche von Zeit zu Zeit, um der etwa schlummernden Naturkraft die nöthige Ruhe zu gönnen, selbstthätig zu werden. Im Allgemeinen gilt die Regel, die Wiederbelebungsversuche wenigstens vier bis sechs Stunden fortzusetzen, wenn sich dann aber noch keine Spur von wiederkehrendem Leben zeigt, den Körper mit Freilassung des Gesichts in Decken einzuhüllen und so lange sorgsam zu beobachten, bis sich unzweifelhafte Merkmale des wahren Todes einstellen; denn oft erwachten Scheintodte erst nach Einstellung der Rettungsversuche, wo sie sich in Ruhe und Stille befanden, wieder zum Leben. Über die besondern Maßregeln, welche bei Erfrorenen, Erstickten, Erhängten, Ertrunkenen zu ergreifen sind, siehe die Artikel: Erfrieren, Ersticken, Ertrinken u.s.w.

Quelle: Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 66.
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[88] Scheintod, Asphyxie, der bleiche Stiefbruder des Schlafes und des Todes, die täuschende Todtenmaske, während die Wahrheit des Lebens nur noch die schwache Wärme des Körpers und der Mangel der gewöhnlichen Leichenstarre, und zuweilen nicht einmal diese, bekundet. Nur zu oft wurde die Lüge für Wahrheit gehalten. Hauptsächlich beobachtet man diesen Zustand bei Ertrunkenen, Erhängten, Erfrornen, bei dem von Kohlendampf Erstickten, so wie bei Hysterischen, von Starrsucht etc. befallenen. Am meisten hat man Ursache bei Wöchnerinnen auf der Hut zu sein; überhaupt sind Frauen mehr zum Scheintode geneigt als Männer. Auch bei neugebornen Kindern treten diese Zufälle nicht selten ein. Manche Scheintodte haben dabei ihr volles Bewußtsein, manche dagegen gar nicht. Jedenfalls muß der glimmende Lebensfunke sanft und allmälig, mit zarter, leiser Hand wieder angefacht werden: denn der Tod lauert stets in der Nähe, um die Rolle seines gespensterhaften Doppelgängers[89] selbst zu übernehmen. – Zuweilen nennt man S. auch jenen hohen Grad von Ohnmacht (s. d.), bei dem alle Kennzeichen des Lebens verschwunden sind.

Quelle: Damen Conversations Lexikon, Band 9. [o.O.] 1837, S. 88-89.
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Verweise:

Asphyxie, siehe Scheintod.

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