Artikel in der Wikipedia: Göttingen
Faksimile

[704⇒] Göttingen, Stadtkreis und Kreisstadt, im preuß. Reg.-Bez. Hildesheim, an der Leine, (1900) 30.234 E., Land-, Amtsgericht, Handelskammer, Universität (Georgia Augusta, 1734 begründet, 1737 eröffnet) mit Bibliothek (500.000 Bde.); Tuch-, Wollwaren-, Instrumenten-, Wurstfabriken; 1463 Hauptstadt des braunschw.-lüneburg. Fürstent. G. – Vgl. Tecklenburg (Geschichte, 1897). [⇐704]

Quelle: Brockhaus' Kleines Konversations-Lexikon, fünfte Auflage, Band 1. Leipzig 1911., S. 704.
Lizenz: Gemeinfrei
Faksimile

[178⇒] Göttingen, Stadt und Stadtkreis im preuß. Regbez. Hildesheim, im ehemaligen Fürstentum G., 148 m ü. M., liegt anmutig im weiten Tal der Leine, am Fuß des östlich sich erhebenden, 380 m hohen Hainbergs, wird von der Neuen Leine (einem Mühlkanal) durchflossen, welche die Altstadt von der Neustadt und der Masch trennt.

Wappen von Göttingen.
Wappen von Göttingen.

G. hat 6 evangelische, eine katholische und eine Baptistenkirche sowie eine Synagoge; darunter verdienen Erwähnung: die zweigetürmte Hauptkirche St. Johannis aus dem 12. Jahrh. und die gotische Jakobikirche mit 98 m hohem Turm; ferner sind bemerkenswert: das Universitätsgebäude am Wilhelmsplatz, der mit der Erzstatue König Wilhelms IV. (von Bandel) geschmückt ist, das Bibliotheksgebäude, das Kollegienhaus am Weender Tor, das Rathaus am Markt, die Provinzialirrenanstalt, südwestlich von der Stadt auf einem Hügel gelegen, die Anatomie, das naturhistorische Museum, das landwirtschaftliche Institut und das Gymnasium. An Denkmälern sind zu nennen: das Wöhlerdenkmal (von Hartzer), ein Denkmal des Dichters Bürger, ein Gauß-Weberdenkmal und ein Bismarckturm. Die Zahl der Einwohner beläuft sich mit der Garnison (1 Infanterie-Reg. Nr. 82) auf (1900) 30,234, davon 2640 Katholiken und 638 Juden. In industrieller Beziehung sind nennenswert: die Fabrikation von Tuch- und Wollwaren, Zucker, Chemikalien, mathematischen, physikalischen, optischen und musikalischen Instrumenten, seinen Back- und Fleischwaren und die Bierbrauerei. Auch ist der Buchhandel von Bedeutung. Der Handel wird unterstützt durch eine Handelskammer und eine Reichsbanknebenstelle. G. ist Knotenpunkt der Staatsbahnlinien Elze-Kassel und Bebra-G. sowie der Kleinbahn G.-Rittmarshausen. Unter den Bildungsanstalten nimmt die Universität den ersten Rang ein. Sie zählte 1903: 121 Dozenten, 1529 Studierende und hat eine Bibliothek, die gegenwärtig 500,000 Bände und 5000 Manuskripte umfaßt und besonders für neuere Literatur die reichste in Deutschland ist; ferner ein Kunstmuseum und ansehnliche Sammlungen (darunter Blumenbachs berühmte Schädelsammlung), Sternwarte, mehrere große klinische Anstalten, physikalisches Kabinett, ausgezeichneten botanischen Garten (von Haller angelegt), chemisches Laboratorium, pädagogisches Seminar, landwirtschaftliche Akademie, naturwissenschaftliches Museum etc. Die königliche Sozietät der Wissenschaften (gleichfalls von Haller gestiftet) zerfällt in drei Klassen: eine physikalische, mathematische und historisch-philologische, und zählt gegenwärtig etwa 80 Mitglieder. Außerdem hat G. ein Gymnasium, eine Oberrealschule, Handelsschule, Gewerbeschule, Waisenhaus, ein städtisches Altertumsmuseum, Theater etc. Von Behörden haben dort ihren Sitz das Landratsamt für den Landkreis G. und ein Landgericht. Der Magistrat zählt 7, das Kollegium der Bürgervorsteher 12 Mitglieder. In der Nähe der Stadt sind der Rohns- oder Volksgarten sowie die städtischen Anlagen am parkartig bewaldeten Hainberg und die Dörfer Grone, Weende, Geismar und Reinhausen mit dem Bürgertal vielbesuchte Punkte. Über Mariaspring, nördlich von G., erheben sich die Ruinen der Burg Plesse, auf zwei isolierten Kegelbergen bei Gelliehausen, südöstlich von der Stadt, die Trümmer der beiden Gleichen (s. d. 2) und weiter nach S. die Ruine der Burg Hanstein. Zum Landgerichtsbezirk G. gehören die 12 Amtsgerichte zu: Duderstadt, Einbeck, Gieboldehausen, G., Herzberg, Moringen, Münden, Northeim, Osterode, Reinhausen, Uslar und Zellerfeld. – G. kommt als Gutingi bereits in Urkunden von 950–960 vor und war lange Zeit nur ein Dorf, in dessen Feldmark die kaiserliche Pfalz Grone lag. Der Ort erhielt 1210 vom Kaiser Otto IV. Stadtrecht und war später zeitweilig (1286 bis 1463) Hauptstadt eines besondern welfischen Fürstentums. Das 14. Jahrh., in dem G. Mitglied der Hansa war, bildete die erste Glanzperiode der Stadt. Diese schaffte 1530 den katholischen Gottesdienst ab Im Dreißigjährigen Kriege wurde G. nach längerer Belagerung 2. Aug. 1626 von Tilly eingenommen und erst 11. Febr. 1632 vom Herzog Wilhelm von Weimar befreit. Der neue Aufschwung Göttingens beginnt mit Errichtung der Universität (1737), um die sich Albrecht v. Haller und Gerlach Adolf v. Münchhausen (s. d.) das größte Verdienst erwarben. G. ist außerdem bekannt geworden durch den »Göttinger Dichterbund« (s. d.) und die 1837 erfolgte Absetzung von sieben Professoren (der »Göttinger Sieben«: Albrecht, Dahlmann, Ewald, Gervinus, Jakob und Wilhelm Grimm und W. Weber), die gegen die Aufhebung der Verfassung durch König Ernst August protestiert hatten (vgl. Hannover [Königreich], Geschichte). Vgl. Rößler, Die Gründung der Universität G. (Götting. 1855); Unger, G. und die Georgia Augusta (das. 1861); »Göttinger Professoren« (Gotha 1872); Frensdorff, G. in Vergangenheit und Gegenwart (2. Aufl., Götting. 1887); Erdmann, Geschichte der Kirchenreformation in G. (das. 1888); Mejer, Kulturgeschichtliche Bilder aus G. (Hannov. 1889); Behrendsen, Die mechanischen Werkstätten der Stadt G. (Melle 1900); Meyermann, Göttinger Hausmarken und Familienwappen (Gött. 1904); »Urkundenbuch der Stadt G. 1401–1500« (hrsg. von Schmidt, Hannov. 1867); »Urkunden der Stadt G. aus dem 16. Jahrhundert« (hrsg. von Hasselblatt und Kästner, Götting. 1881). [⇐178]

Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 8. Leipzig 1907, S. 178.
Lizenz: Gemeinfrei
Faksimile
Faksimile

[510⇒] Göttingen, 1) Fürstenthum des Königreichs Hannover (sonst Oberwald genannt), grenzt an die preußische Provinz Sachsen u. Westfalen u. an Kurhessen, 32,2 QM.; ist bergig (Wesergebirge, Kleiner Solling [mit dem Bramwalde] u. Großer Solling [Sollinger Wald]), bewässert von der Werra, Fulda, Weser, Leine, Ruhme u.a., ist gut angebaut; Producte: Getreide, Tabak, Flachs, Holz, einige Mineralien; die Einwohner (117,937, meist Lutheraner, nur 2500 Katholiken, 1000 Reformirte u. 1200 Juden) treiben bes. Ackerbau u. Leinweberei; 2) Hauptstadt der Provinz, am Fuße des Hainbergs, 11,228 Ew., an der Hannoverschen Südbahn (Hannover-Kassel) u. an der, aus der alten, um Mühlen zu treiben, abgeleiteten neuen Leine, hat Wasserleitungen vom nahen Reinhartsbrunnen; theilt sich in die Alt-, Neustadt u. Masch, hat einen mit Linden besetzten, zur Promenadedienenden Wall, Anlagen vor den Thoren, bes. vor dem Alleethore, mit Denkmal Bürgers; Obergericht, Generalsuperintendentur u.m.a. Behörden, fünf lutherische Pfarrkirchen (Jacobikirche, Universitätskirche), eine reformirte u. eine katholische Kirche, ein israelitischer Tempel, Rathhaus. G. hat eine, 1734 von Georg II. gestiftete, 1737 eingeweihte Universität (Georgia Augusta). Sie erhob sich, bes. unter der Vorsorge ihres ersten Curators, des Ministers von Münchhausen, bald zu einer der ausgezeichnetsten Deutschlands; sie zählt jetzt über 105 Professoren, Doctoren u. Lehrer, 700 (sonst gegen 1500) Studenten u. ist für Hannovern. Braunschweig Landesuniversität. Mit der Universität verbunden sind folgende Wissenschaftliche Anstalten: Bibliothek, mit mehr als 400,000 Bänden u. gegen 5000 Handschriften, das akademische Museum nebst Münz- u. Gemäldesammlung, das 1842 mit großem [⇐510][511⇒] Kostenaufwande gestiftete Physiologische Institut mit physikalischem Cabinet u. physikalischem Instrumentenapparat, Sternwarte, Chemisches Laboratorium, Anatomie, Blumenbachsche Schädelsammlung, Entbindungshaus, ein akademisches Hospital u. damit verbundenes Medicinisches u. Chirurgisches Clinicum, Thierarzneischule, Botanischer u. ökonomischer Garten, Archäologisches Institut, Homiletisches u. Philologisches Seminar u. königliche Societät der Wissenschaften (s. Akademie). Andere Unterrichtsanstalten: Gymnasium, zwei höhere Töchterschulen, 7 Parochialschulen, eine Gewerbeschule, Werk- (Arbeits-) haus, gute Armenanstalten, Waisenhaus. G. hat Manufacturen in Tuch, Flanell- u. Wollenzeugen, Hüten, Seife, Tabak, Eisen-, Stahl-, Gold-, Silber-, Drechslerwaaren, Pfeifenköpfen, Leder, Zwieback, chirurgischen u. mathematischen Instrumenten, eine Buntpapierfabrik, eine Linnenlegge, 3 Buchhandlungen, 5 Buchdruckereien, berühmt sind die G-r Mettwürste. Vergnügungsorte: Civilclubb (seit 1798) in dem sogenannten Kaufhause, Literarisches Museum, während der Wintermonate musikalische Abendunterhaltungen, Theater, der v. Sehlensche (früher Ulrichsche) u. der v. Mengershausensche Garten; Freimaurerloge: Augusta zum goldenen Zirkel. In der Umgegend G-s werden besucht: Rohns Ankagen (Volksgarten), der Hainberg, Weende, Grohnde, Geismar, Diemarden, Reinhausen (vorzügliche Anlagen an Felsen [Reinhäuser Felsen]), Bovenden, Nörten, mit Schloßgarten (in dessen Nähe die Ruinen des Schlosses Hardenberg), Mariaspring (dabei die Ruinen der Plesse), Körstlingeröderseld. – G., Anfangs ein Dorf, auf dessen Feldmark die kaiserliche Pfalz Grone lag, erhielt wahrscheinlich von Kaiser Otto IV. um 1210 Stadtrecht. Es war den Herzögen von Braunschweig u. Lüneburg erbunterthänig u. war im 14. Jahrh. Glied der Hansa. Zu verschiedenen Malen war G. Hauptort eines einzelnen Fürstenthums des Hauses Braunschweig u. Sitz der Linie Braunschweig-G., die mit Albrecht II dem Fetten begann u. mit Otto dem Einäugigen endete, s. Braunschweig (Gesch.) II. A) b), worauf G. an Wilhelm I. von Braunschweig-Wolsenbüttel u. in Folge der Landestheilung von Wilhelm II. an Erich fiel. G. widersetzte sich dieser Erbschaftsfolge u. verweigerte anfangs Erich I. die Huldigung, die erst 1513 erfolgte, s. ebd. Es entstand dadurch zwischen der Stadt G. u. Erich ein gespanntes Verhältniß, u. Letzter residirte deshalb in Münden, Neustadt u. auf dem Kalenberge; das Fürstenthum G. hieß deshalb später Kalenberg mit G. 1641 wurde G. von den Österreichern vergebens belagert u. von den Franzosen im Siebenjährigen Kriege 1760 provisorisch befestigt. 1734 wurde die Universität gegründet. Am 8. Jan. 1831 brach in Folge der Julirevolution in Frankreich u. wegen Unzufriedenheit mit manchen bestehenden Verhältnissen u. Abgaben in G. ein Aufruhr aus, welcher durch das Einschreiten der bewaffneten Macht gedämpft wurde. 1837 protestirten die sieben Professoren Albrecht, Dahlmann, Ewald, Gervinus, J. u. W. Grimm u. W. Weber gegen die Aufhebung der Verfassung von 1833 u. wurden deshalb entlassen. Vgl. M. Ritel, Versuch einer skizzirten Beschreibung von G., ebd. 1794; Billerbeck, Geschichte der Stadt G., ebd. 1797; C. Meiners, Kurze Geschichte der Stadt G., Berl. 1811; Marx, G. in medicinischer u. historischer Hinsicht geschildert, ebd. 1824; Der Aufstand im Königreich Hannover im Jahr 1831, Lpz. 1831; Hollmann, Die Universität zu G., Gött. 1787; E. Brandes, Über den gegenwärtigen Zustand der Universität G., ebd. 1802; Pütter, Versuch einer akademischen Gelehrtengeschichte der Universität G., 2 Bde:, Gött. 1765–88, fortgesetzt von Saalfeld, Hamb. 1820, u. von Osterley, Gött. 1838; Rößler, Die Gründung der Universität G., Gött. 1855. [⇐511]

Quelle: Pierer's Universal-Lexikon, Band 7. Altenburg 1859, S. 510-511.
Lizenz: Gemeinfrei
Faksimile
Faksimile

[105⇒] Göttingen, hannöv. Stadt an der Leine, von 1286–1463 Hauptstadt eines braunschweig. lüneburg. Fürstenthums, hat 11500 E., Fabriken für [⇐105][106⇒] Wollentuch, Papier, chirurg. Instrumente; berühmte, 1734 von Georg II. gestiftete Universität (Georgia Augusta), welche treffliche Sammlungen jeder Art besitzt. [⇐106]

Quelle: Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1855, Band 3, S. 105-106.
Lizenz: Gemeinfrei
Faksimile

[255⇒] Göttingen, die Hauptstadt des gleichnamigen Fürstenthums, welche zum Königreich Hanover gehört und in der Landdrostei Hildesheim liegt, in einem fruchtbaren Thale an der schiffbaren Leine. Durch die Stadt geht ein Kanal, die neue Leine genannt. Am bekanntesten ist G. durch seine von Georg II., König von England und Hanover, gestiftete und 1737 eingeweihte Universität, welcher ein schönes Gebäude gewidmet ist und die eine 1816 vollendete Sternwarte besitzt. Sie zählt gegenwärtig ungefähr 800 Studirende, hat eine Bibliothek von mehr als 300,000 Bänden und ausgezeichnete Sammlungen. Zu den übrigen Bildungsanstalten gehört eine 1785 gestiftete ausgezeichnete Industrieschule und ein Gymnasium. Berühmt ist die 1751 errichtete und 1770 zweckmäßiger eingerichtete kön. Societät der Wissenschaften. Die Stadt zählt ungefähr 11,000 Einw., welche besonders Tuchfabrikation, Gerberei, Wollenweberei u.s.w. betreiben. Stark ist auch der Handel mit Leinwand und Mettwürsten. Die Stadt, namentlich die Universität, hat manche nachtheilige Folgen von dem 1831 hier stattgehabten Aufstande erlitten. (S. Hanover.) [⇐255]

Quelle: Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 255.
Lizenz: Gemeinfrei
Faksimile
Faksimile

[484⇒] Göttingen, die Hauptstadt des Fürstenthums gleiches Namens, zum Königreich Hannover gehörend, mit einer Universität, erhebt sich freundlich am Fuße des Hainberges an einem Canale der Leine. Sie zählt 1053 Häuser mit 11,000 Ew. und blüht durch Industrie, Handel und Gewerbe. Nächst einer Industrieschule sind Tuchfabriken und Wollwebereien, Mettwurst- und Leinewandhandel im Flor. Die königliche Societät der Wissenschaften, Seminarien und Hilfsanstalten, Sammlungen und die reichste Bibliothek Deutschlands, mit 300,000 Bänden und 5000 der vorzüglichsten Handschriften, sind Zierden der Stadt. Georgia Augusta, die Einzige, die unter allen deutschen Hochschulen einen europäischen Charakter an sich trägt, von Britanniens Beherrscher Georg II. 1735 gestiftet, zählt immer an 1500 Studirende. Vielseitig ist der Einfluß, welchen die Frauen Göttingens auf die akademische Jugend durch Anstand, seine Bildung und geselligen Umgang ausüben, aber zahlreich [⇐484][485⇒] sind auch die Männer, deren Ruf von dort aus sich über die ganze civilisirte Welt verbreitete. Wer ehrte nicht einen Blumenbach, Haller, Heeren, Voß, Hölty und Heyne, Johann von Müller und Bürger? Letzterem weihte Göttingen dankbar ein einfaches Denkmal, das jetzt noch Zierde der Stadt ist.

J. [⇐485]

Quelle: Damen Conversations Lexikon, Band 4. [o.O.] 1835, S. 484-485.
Lizenz: Gemeinfrei
Faksimile
Faksimile

[111⇒] Göttingen, eine schöne Stadt mit einer berühmten Universität, im südlichen Fürstenthume Calenberg (in den Chur-Braunschweig-Lüneburgischen Landen) an der falschen Leine, in einem fruchtbaren und angenehmen Thale. Im J. 1734 stiftete Georg II. König von Großbritannien, die dasige Universität; die Geschichte dieser Stiftung hat Heumann in einem Fragmente von 8 – 10 Bogen hinterlassen, welches mehrerer Anekdoten wegen sehr angenehm zu lesen ist. Seit dieser Zeit hat sich Göttingen nicht nur einen außerordentlichen gelehrten Ruf erworben, sondern sich auch so verschönert und bevölkert (vor Errichtung der Universität war es ein höchst elender Ort), daß es jetzt mit unter die schönsten Städte Niedersachsens gehört, und gegenwärtig auf 11,000 Einwohner zählt. Obgleich die dasigen Einwohner größten Theils von der Universität leben, so haben sie doch nicht unbedeutende Wollmanufacturen; die wichtigsten Producte aber, die sie ausführen, sagt Schlözer in seinen Vorlesungen, sind Mettwürste und – Compendien. Als Universität ist Göttingen, in Rücksicht auf Gelehrsamkeit betrachtet, vielleicht der erste Ort in der Welt: es faßt eine Menge der größten Gelehrten aus allen Fächern in sich, deren Geist eben so sehr durch angemessene Besoldungen als durch Denk- und Preßfreiheit und durch gegenseitige Rivalität in reger Thätigkeit erhalten wird; es besitzt eine herrliche Bibliothek, welche jetzt nach einer zuverlässigen Berechnung mehr denn 150,000 Bände enthält und, unter nothwendigen doch nichts weniger als drückenden Einschränkungen, einem Jeden frei steht (es werden sogar seltne Bücher daraus mit lobenswürdiger Bereitwilligkeit ins Ausland versendet), und mehrere andre vortreffliche Anstalten. Seit dem J. 1784 wird jährlich von jeder der vier Facultäten eine Preisfrage für die Studirenden daselbst bekannt gemacht, deren beste Beantwortung mit einer goldnen, 25 Ducaten schweren, Medaille belohnt wird. Auch werden die Collegia daselbst selten versäumt; unter diesen zeichnen sich, weil sie auf andern Universitäten theils selten theils weniger gut gelesen werden, Heyneʼs Vorlesungen über die Archäologie, Beckmanns über die Oekonomie, Schlözers Zeitungs-, Wrisbergs [⇐111][112⇒] (welcher eine überaus große Sammlung von Reisebeschreibungen und mehr denn 6000 Landkarten besitzt) Reisecollegium, und Gatterers Vorlesungen über die Diplomatik aus. Es giebt schöne romantische Gegenden um Göttingen; die Vergnügungen in der Stadt scheinen den Bedürfnissen der Studirenden weniger angemessen zu sein. Fast alle Studirende von Göttingen besuchen in den Ferien Cassel, welches fünf Meilen davon liegt, und wenigstens ein Mahl den Harz. Im fünften Theile der Reisenden für Länder- und Völkerkunde findet man eine Skizze einer Reise von Göttingen auf den Harz und zurück, die man bequem in 12 – 14 Tagen zurücklegen kann; auch hat Herr Gatterer, Sohn des berühmten Gatterers in Göttingen, eine Anleitung zu einer Harzreise herausgegeben. [⇐112]

Quelle: Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 2. Amsterdam 1809, S. 111-112.
Lizenz: Gemeinfrei
Faksimile
Faksimile

[399⇒] *Göttingen. Bei den bekannten und merkwürdigen Veränderungen und Erschütterungen, welche Anfangs des 19. Jahrhunderts auch Hannover (s. den Nachtr. zu dies. Art.) erfuhr, wurde, bei der französischen Besitznahme 1803, diese Stadt und Akademie Anfangs verschont; allein in der Folge mußte sie doch auch Besatzungen einnehmen. Bei der nachherigen Besetzung des Landes von den Preußen wurde die Universität immer besonders berücksichtiget, und selbst bei dem bald darauf erfolgten Ausbruche eines neuen Kriegs vorzüglich geschont. Merkwürdig sind Napoleons Worte, als die Deputirten der Universität ihm diese empfahlen: »Das war nicht nöthig, sagte er: jede Regierung wird die Universität Göttingen in ihrem Flor erhalten, denn sie gehört der Welt [⇐399][400⇒] an« Jetzt gehört sie zum Königreich Westphalen, und zwar zu dem Depart. der Leine. [⇐400]

Quelle: Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 7. Amsterdam 1809, S. 399-400.
Lizenz: Gemeinfrei

Buchempfehlung

Wilbrandt, Adolf von

Gracchus der Volkstribun. Trauerspiel in fünf Aufzügen

Gracchus der Volkstribun. Trauerspiel in fünf Aufzügen

Die Geschichte des Gaius Sempronius Gracchus, der 123 v. Chr. Volkstribun wurde.

62 Seiten, 4.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Biedermeier III. Neun weitere Erzählungen

Geschichten aus dem Biedermeier III. Neun weitere Erzählungen

Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Für den dritten Band hat Michael Holzinger neun weitere Meistererzählungen aus dem Biedermeier zusammengefasst.

444 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon