Nordamerika

[737] Nordamerika (hierzu 2 Karten: »Nordamerika, Fluß- und Gebirgssysteme« und »Nordamerika, politische Übersicht«), einer von den sechs Erdteilen, hängt im S. durch die bis auf 50 km verschmälerte Landenge von Panama mit Südamerika zusammen und berührt sich im NW. an der 92 km breiten Beringstraße beinahe mit Asien, während es im Norden vom Nördlichen Eismeer, im O. vom Atlantischen Ozean mit dem Mexikanischen und Karibischen Meer und im W. vom Stillen Ozean umflutet wird.

Lage, Küstengliederung etc.

Einschließlich der benachbarten Inseln, insbes. auch Grönlands und Westindiens, nimmt N. einen Flächenraum von 24,3 Mill. qkm ein, so daß es Südamerika um ein Viertel übertrifft und von der Landmasse der westlichen Halbkugel etwa 58 Proz., von der Landmasse der ganzen Erde 17 Proz., von der gesamten Erdoberfläche 4,8 Proz. ausmacht. Die größte Längserstreckung des Erdteils zwischen Kap Hope im NW. und dem Vorgebirge Morro Puercos oder der Arditabai im südlichen Panama mißt 9200–9300 km, die größte Breitenerstreckung zwischen der Westspitze der Halbinsel Alaska und dem Kap Charles im südlichen Labrador 5950 km, während der Abstand zwischen dem Kap Chidley in Nordlabrador und Kap Sable in Südflorida 6700 und zwischen Kap Mendocino in Kalifornien und Kap Hatteras in Nordcarolina 4250 km beträgt. Als die südlichste Landspitze des Festlandes kann die Punta Mariato unter 7°12´ nördl. Br. gelten, wogegen das Kap Murchison auf der Halbinsel Boothia Felix unter 72° nördl. Br. den nördlichsten, das Kap Prinz Wales an der Beringstraße unter 167°21´ den westlichsten und das Kap Charles in Ostlabrador unter 55°40´ westl. L. den östlichsten Punkt bezeichnet. Etwa 2,4 Mill. qkm von der Gesamtfläche liegen südlich von dem Wendekreis des Krebses, also in der astronomischen Tropenzone, etwa 4,5 Mill. qkm nördlich vom nördlichen Polarkreis, also in der arktischen Zone, reichlich 17,4 Mill. qkm oder 70 Proz. in der sogen. gemäßigten Zone. Ungleich weiter gegen W. vorgeschoben als Südamerika, hat N. nur in der Gegend östlich von Cincinnati und Detroit gleiche Tages- und Nachtzeiten mit dem westlichen Südamerika. Auf der Landhalbkugel hat N. im Gegensatz zu Europa eine peripherische Lage. Für den Außenverkehr des Erdteils ist es aber von hoher Bedeutung, daß der Atlantische und der Stille Ozean seinen Küstenplätzen außerordentlich gerade und direkte Seewege nach allen großen Produktions- und Kulturgebieten der Erde bieten. Die Seeverkehrsverbindung zwischen der Ost- und Westküste Nordamerikas war freilich bisher nur auf dem langen Weg um Südamerika möglich und wird sich erst durch die Herstellung des Panamakanals (s. d.) günstiger gestalten.

Die Grundgestalt des Erdteils ist ein Dreieck, dessen Winkel bei Kap Hope, Kap Charles und Panama liegen. Die allgemeine Küstenlänge beträgt 75,000 km und übertrifft selbst diejenige Asiens, was auf die reiche horizontale Gliederung hinweist. Nicht weniger als 4,2 Mill. qkm oder 17,4 Proz. von der Gesamtfläche entfallen auf die Inseln und 2,3 Mill. qkm oder gegen 10 Proz. auf die Halbinseln. Der weitaus größte Teil der Insel- und Halbinselfläche, nämlich 3,7 Mill. qkm, bez. 1,75 Mill. qkm, ist aber auf die arktische Gliederung (Grönland, Baffinland, Labrador etc.) zu rechnen, und nur ein sehr kleiner Teil ist kulturgeographisch wertvoll, so daß die Verhältnisse in dieser Beziehung viel ungünstiger liegen als bei Europa und Asien. Der küstenfernste Punkt des Innern ist 1650 km vom Meer entfernt (bei Asien 2400 km). Auf der Ostseite greifen die Hudsonbai und der Mexikanische Golf nebst dem Karibischen Meer am stärksten gliedernd in die Rumpfmasse ein sowie daneben der Lorenzgolf, die Fundybai und die Golfe von Maine, New Jersey und Georgia. Im NO. ist die Küste im allgemeinen steil und die Fjorde von Labrador, Neufundland, Neuschottland und Maine nebst der Massachusetts-, Narragansett- und New York-Bai bewirken hier eine reiche Einzelgliederung, so daß an guten Naturhäfen kein Mangel ist. Nur die niedrige Klippenküste der Hudsonbai (s. d.) und die Flachküste der Jamesbai ist sehr ungegliedert und hafenarm. Die ungeheure Halbinsel Labrador (s. d.), die durch die Hudsonbai abgegliedert wird, enthält 1,4 Mill. qkm, das sind 65 Proz. von der gesamten Halbinselgliederung des Erdteils. Dem kulturgeographisch wichtigen Lorenzgolf ist die Insel Neufundland vorgelagert, die weitaus größte der außerhalb der Arktis gelegenen Inseln, mit 111,000 qkm etwa 36 Proz. von der nichtarktischen Inselfläche Nordamerikas. Dem Lorenzgolf eingelagert sind Anticosti, Prinz Edward- und die Magdaleneninseln. Die durch die Fundybai abgegliederte Halbinsel Neuschottland (43,000 qkm) hängt nur durch die 24 km breite Chignecto-Landenge mit dem Festland zusammen, während die Kap Breton-Insel (10,400 qkm) durch den schmalen Gut von Canso von ihr getrennt ist. An die kleine hakenförmige Kap Cod-Halbinsel, welche die Bucht von Maine im S. abschließt, lehnen sich die kleinen Inseln Martha's Vineyard und Nantucket an, das größere Long Island (3780 qkm) aber lagert dem Long Island-Sund und der New York-Bai vor. Weiter südlich greifen nur die breite Delawarebai und die vielverzweigte Chesapeakebai tiefer in das Küstenland ein, um die Delawarehalbinsel (13,500 qkm) zu bilden, und das Gestade des Atlantischen Ozeans ist allenthalben flach, von niedrigen Sanddünen besetzt und von Hassen, Lagunen und Salzmarschen sowie im S. von Mangrovedickichten begleitet, mit tiefern Zugängen für die Seeschiffahrt bloß an einzelnen Flußmündungen, besonders entlang der Bucht von Georgia (bei den sogen. Sea Islands). Auch die festländische Küste des Mexikanischen Golfes und des Karibischen Meeres ist fast durchgängig niedrige Dünen-, Mangrove- und Lagunenküste, an der gute Häfen für die große Schifffahrt (bei Mobile, New Orleans, Galveston, Tampico, Veracruz) erst künstlich geschaffen werden mußten. Die stattlichen Halbinseln Florida und Yukatan, die den Mexikanischen Golf umschließen und in ihrem innern und äußern Bau einander außerordentlich ähnlich sind, haben 115,000 und 175,000 qkm Flächeninhalt. Die westindischen Inseln, unter denen Cuba 118,000 qkm, Haïti 77,000 qkm, Jamaika 11,000 qkm, Puerto Rico 9300 qkm und die Bahamainseln 12,000 qkm messen, bilden fremdartige Anhängsel an N., da sie eine sehr unabhängige Entwickelungsgeschichte gehabt haben. Ebenso stellt das südlich[737] von der Landenge von Tehuantepec gelegene Mittelamerika (etwa 750,000 qkm) einen jüngern Zuwachs an den Erdteil dar. Die Westküste von N. ist durchgängig eine Längsküste, die genau in der Richtung der dicht daran liegenden Gebirgsketten verläuft und zwischen Panama und dem Kap Flattery nur schwach gegliedert und arm an guten Häfen ist. Am tiefsten greifen der Golf von Panama, der Golfo Dulce, die Nicoya- und Fonsecabucht und der 1200 km lange und bis 180 km breite Golf von Kalifornien, der die 150,000 qkm große Halbinsel Niederkalifornien bildet, landein, weiterhin die schöne San Francisco-Bai. Schmale Niederungen, die im S. mit Mangrovegebüsch bewachsen sind, liegen bloß strekkenweise hinter dem hohen Küstenwall, und ebenso begleiten Inseln, wie die Tres Marias, Tiburon, Angel de la Guardia, Revilla Gigedo, Cedros, Guadalupe, der Santa Barbara-Archipel die Küste nur in kleiner Zahl. Am Kap Flattery beginnt aber mit der Juan de Fuca-Straße und dem Pugetsund eine außerordentlich reiche Fjordgliederung, durch die besonders die Olympushalbinsel, Vancouver, die Königin Charlotte-Inseln, der Alexanderarchipel, die Kenaihalbinsel, die Insel Kadiak und die Alaskahalbinsel nebst dem Inselbogen der Alëuten ausgeschnitten werden. Die nordamerikanische Beringmeerküste ist eine durch die Bristolbai, die Kuskokwimbai, den Nortonsund und Kotzebuesund wohlgegliederte Querküste, an der die Kordillerenzüge abbrechen. Die Eismeerküste ist bis über die Mackenziemündung hinaus eine dem Ostfuße der Kordilleren entlang laufende buchten- und hafenarme Längsküste, weiter östlich schneiden aber auch bei ihr zahlreiche Fjorde ein, darunter der Bathurst Inlet, die Eliotbai und an der nordwestlichen Hudsonbai der Wager- und Chesterfield Inlet. Der Coronationgolf, die Deasestraße, die Simpsonstraße, die Franklin- und Bellotstraße, der Boothiagolf, die Fury- und Heclastraße, die Hudsonstraße, die Davisstraße und die Baffinbai, der Lancaster- und der Melvillesund bewirken in dieser unwirtlichen Gegend die reichste Insel- und Halbinselgliederung, die N. überhaupt aufzuweisen hat. Namentlich werden dadurch die großen Inseln Albert- und Victorialand, Banksland, Melville, Baffinland, Nord-Devon, Grinnell- und Grantland und Grönland aus dem allgemeinen Verband losgelöst. Die genannten Sunde und Fjorde sind aber beinahe jahraus, jahrein durch gewaltige Eismassen gesperrt. Eine Durchfahrt ist bisher keinem Schiff gelungen, so daß die reiche Gliederung kulturgeographisch wertlos ist.

Bodengestalt und geologischer Bau.

Hinsichtlich der Bodengestalt besteht ein durchgreifender Gegensatz zwischen der Ost- und Westhälfte des Erdteils. Die erstere Hälfte, die man als appalachische oder appalachisch-laurentische bezeichnen kann, wird in der Richtung von SW. nach NO. auf einer Strecke von 2500 km von den Parallelketten des Appalachischen Gebirges (s. Appalachen) durch zogen, die in den karolinischen Black Mountains im Mount Mitchell 2048 m und in den neuengländischen White Mountains im Mount Washington 1917 m erreichen und teils aus kristallinischen, teils aus paläozoischen Felsarten zusammengesetzt sind. An sie lehnen sich im W. ein ausgedehntes Hügel- und Strombeckenland mit flach gelagerten paläozoischen Schichten sowie weiterhin das bis 850 m hohe Ozarkbergland und die bis 720 m hohen Bergketten in der Umgebung des Obern Sees. Im SO. und S. schließen sich an dieses Gebirgs- und Hügelland die Atlantische und Golfniederung nebst der Halbinsel Florida an, die vorwiegend aus jungen Anschwemmungen der Ströme, teilweise auch aus marinen Ablagerungen der Tertiär- und Kreidezeit aufgebaut sind, oberflächlich vorwiegend mit sandigem Boden, auf weiten Strecken versumpft, und von dem Bergland durch die sogen. Fallinie (fall-line), an der die von den Appalachen abfließenden Ströme ihre letzten Schnellen und Wasserfälle bilden, scharf geschieden. Im Norden liegt in einem weiten Halbkreis um die Hudsonbai herum ein ungeheures Gneisgebiet, das landein ganz allmählich zu einem breiten Rücken von 500–700 m Höhe (den sogen. Heights of Land) anschwillt und als laurentische oder hudsonische Seenplatte bezeichnet werden kann. Dazu gehört auch die große Halbinsel Labrador. an deren äußerstem Nordstrande die gegen 2000 m hohen kahlen Zacken der Torngat- und Kiglapait Mountains in einem gewissen Widerspruch zu dem allgemeinen Bau stehen. Sie sind eben bereits ein Glied der Gebirgssysteme, welche die Arktischen Inseln und Grönland durchziehen. Auf diesen Inseln treten wieder paläozoische Gesteinsschichten in den Vordergrund. In noch schrofferm Gegensatz zu dem allgemeinen Gebirgsbau der Osthälfte Nordamerikas stehen nach Gesteinszusammensetzung und Richtung die Gebirge der Westindischen Inseln, vor allem die 2600 m hohe Sierra Maestra von Cuba, das 3000 m hohe Cibaogebirge von Haïti und die 2500 m hohen Blue Mountains von Jamaika, die mehr mit Mittelamerika (s. d.) übereinstimmen. Entwickelungsgeschichtlich ist die laurentische Platte als der älteste Kern von N. zu betrachten. Die Schichten des Silur, Devon und der Steinkohlenformation sind erst aus den Produkten ihrer teilweisen Abtragung entstanden und haben sich um sie herum abgelagert. Ihre Faltung vollzog sich am intensivsten gegen das Ende der paläozoischen Zeit, während in der mesozoischen und känozoischen Zeit Längs- und Querbrüche und große Verwerfungen folgten. Chronische Erdbebenherde entlang der Hauptachse des Appalachischen Gebirges deuten darauf hin, daß diese Vorgänge noch nicht zum Abschluß gekommen sind. In der Quartärzeit bewirkte die umfassende Vergletscherung in der ganzen Gegend nördlich von der Ohio-Missouri-Linie eine weitgehende Umgestaltung, und der Gegensatz zwischen dem Norden und Süden wurde dadurch erheblich verschärft. Auf der laurentischen Platte wurde der Boden dabei auf weite Strecken seiner Verwitterungsschuttdecke gänzlich beraubt und in kahle Felsfläche (Barren Grounds) verwandelt, während in den großen Strombecken weiter südlich der Gletscherschutt teils in Gestalt mächtiger Skeinblockanhäufungen (Endmoränen), teils als sein zerriebener fruchtbarer Löß und Geschiebemergel wieder zur Ablagerung kam. Südlich vom Ohio ist der Boden allenthalben Verwitterungs- oder Schwemmlandboden. Die Westhälfte von N., die am besten kordillerische Hälfte genannt wird, ist fast in ihrer ganzen Ausdehnung hohes Tafelland, das in der Richtung von SSW. nach NNO. von gewaltigen Hochgebirgsketten oder Kordilleren durchsetzt wird. Erhebliche Abweichungen zeigt hier nur der Gebirgsbau von Mittelamerika (s. d.). Nördlich von der Landenge von Tehuantepec handelt es sich bis zur Beringstraße um eine sehr einheitliche Bildung. Es verläuft in Mexiko ein als Sierra Madre Oriental benannter Kordillerenzug zum mittlern Rio Grande del Norte, in den Vulkanen Popocatepetl und Citlaltepetl (Orizaba) 5452 und 5295 m hoch, mit jähem Absturz zur schmalen mexikanischen Golfniederung[738] und aus steil ausgerichteten cretazeïschen Schichten mit kristallinisch-paläozoischen Kernen zusammengesetzt.

Ein zweiter Zug beginnt als Sierra Madre Austral unmittelbar bei der Land enge von Tehuantepec und gipfelt im Zempoaltepec mit 3600 m, um sich dann als Sierra Madre Occidental bis zum Gilatal fortzusetzen und im Nevado de Colima 4000 m, im tätigen Colimavulkan 3800 m und im Rumerachie 2900 m zu erreichen. In diesem Zuge stehen paläozoische und kristallinische Felsarten, die vielfach von jungvulkanischen Bildungen (Andesit, Rhyolith, Basalt) durchbrochen und überdeckt sind, im Vordergrund. Der Abfall zum Stillen Ozean und Kalifornischen Golf ist stufenförmig, und jenseit des letztern, der durch einen Grabeneinbruch zu erklären ist, füllt die Niederkalifornische Sierra, im Monte Santa Catalina 3300 m und teils granitisch, teils aus cretazeïschem Sand- und Kalkstein gebildet, die Niederkalifornische Halbinsel beinahe in ihrer ganzen Länge und Breite. Zwischen der östlichen und westlichen Sierra Madre ist das beckenartige mexikanische Tafelland eingeschlossen. Ihre unmittelbare nördliche Fortsetzung jenseit des Rio Grande del Norte und Gila bildet das gewaltige System der Rocky Mountains (s. d.) oder des Felsengebirges, in dem geradeso wie in Mexiko ein östlicher und westlicher Hauptzug zu unterscheiden sind. Die wesentlichsten Glieder des erstern sind: die den obern Rio Grande del Norte begleiten den Parallelketten (Guadalupe-, Santa Fé-, Taos-, Miembres-, Jicarilla Mountains), die Culebra- und Sangre de Cristo-Kette (im Culebra Peak 4338 m, im Blanca Peak 4409 m), die San Juan Mountains (Hesperus Peak 4004 m, Uncompaghre Peak 4339 m), die Coloradokette (Gray's Peak 4371 m, Pike's Peak 430 im), die Moskito- und Parkkette (Mount Lincoln 4357 m), die Sawatch Mountains (Mount Elbert 4395 m, Mount Harvard 4381 m), die Wind River- und Teton Mountains (Fremonts Peak 4203 m), die Big Horn Mountains (Cloud Peak 4100 m), die Absaroka- und Snow Mountains, die Belt Mountains u.a. Dem westlichen Hauptzug des Felsengebirges zählen zu: die White-, Mogollon- und San Francisco Mountains von Arizona (Thomas Peak 3505 m, Humphreys Peak 3828 m), die Wasatch- und Uinta Mountains von Utah (Mount Emmons 4174 m) und die Salmon River- und Bitterroot Mountains von Idaho. Von diesen Ketten sind weite Kesseltäler, sogen. Parke, wie San Luis-Park, Südpark, Mittelpark, Nordpark und der durch seine heißen Springquellen berühmte Yellowstonepark, eingeschlossen, ebenso ausgedehnte wüstenhafte Hochflächen, wie das Zuni-, Uncompaghre-, Book-, Yampaplateau, die Laramaie Plains, das Washakie-, Green River- und Bridger Basin u.a. Im O. fügt sich die ostwärts geneigte ungeheure Prärientafel an das Felsengebirge an, der im S. die Llanos Estacados, im Norden die Bad Lands und das Missouri- und Prärien-Coteau zugehören, und die in der Gegend des 97.° westl. L. ohne scharfe Grenzscheide mit dem appalachischen N. verwachsen ist. Von SW. her greift das Colorado-Stufenland mit seinen großartigen Cañonschluchten zum Teil buchtartig in das Hochgebirge ein, dem auch die Coloradowüste und die Osthälfte der Mohavewüste zugerechnet werden können. Weiterhin liegt westlich von den Wasatch Mountains das abflußlose Große Becken von Utah und Nevada, mit zahlreichen eingeschlossenen Parallelketten, und westlich von den Wind River- und Bitterroot Mountains das Columbia- und Snake River-Plateau mit seiner ungeheuern Basaltlavadecke und seinen tief eingegrabenen Cañons. Die verbreiterte Fortsetzung der Niederkalifornischen Sierra bildet der gewaltige Parallelzug der Pazifischen Kordilleren, der sich in die Sierra Nevada (Mount Whitney 454 im), das Kaskadengebirge (Mount Tacoma 4403 m) und die Küstenketten oder Coast Ranges (s. d.) gliedert und die großen Längstäler von Kalifornien und Oregon sowie den Pugetsund umschließt.

In Kanada und Alaska sind die Grundzüge des Gebirgsbaues der westlichen Erdteilhälfte dieselben. Die Ketten des Kanadischen Felsengebirges, darunter die Ostkette mit dem 4100 m hohen Mount Robson, die stark vergletscherten Selkirk Mountains, die Goldkette, die Cariboo Mountains, die Cassiar Mountains, die Richardson Mountains etc., scharen sich aber aneinander und lassen nur enge Längstäler zwischen sich, und in Alaska erfolgt ein allgemeines Umbiegen der Ketten, unter denen die Romanzof Mountains (1800 m), die Stewart Mountains, die Kuskokwim und Oklune Mountains und die Bendelebenkette die bemerkenswertesten sind, bis endlich die Südwestrichtung der nordostasiatischen Gebirgsketten und eine enge Anlehnung an den innern Bau des Nachbarerdteils erreicht ist. Ähnlich verhält es sich mit dem in ungeheuerm Maßstabe vergletscherten pazifischen Kordillerenzug in Kanada und Alaska. Bei Britisch-Columbia gliedert er sich in den geschlossenen Wall des Kanadischen Küstengebirges (in Kate's Needle 2920 m) und die insularen Ketten von Vancouver (2280 m), Moresby und Graham (1500 m), Prince Wales (1300 m), Baranof etc., während in Alaska die großartigen Eliasalpen (Mount Logan 5950 m), die Tschugatschalpen (3600 m), die Wrangell Mountains (5335 m) und die Alaska Mountains, mit dem höchsten Gipfel des nordamerikanischen Erdteils, dem 6239 m hohen Mount Mc Kinley, dazu gehören. In Britisch-Columbia schließen die beiden Züge das Fraserplateau, in Alaska das Yukonplateau und Yukonbecken zwischen sich ein. In ihrer Entwickelungsgeschichte weicht die kordillerische Erdteilhälfte von der appalachisch-laurentischen erheblich ab, und in der Kreidezeit war sie von ihr durch ein Meer getrennt. Die Hochgebirge von Colorado und New Mexico etc. scheinen die Überreste von großen archäischen Inseln im kambrischen Meere zu sein. Um sie herum lagerten sich mächtige paläozoische Schichten ab, die mannigfachen Störungen durch Faltung und Verwerfung unterlagen. Das gleiche war später der Fall mit einem Teile der mesozoischen Schichten, die über ihnen zur Ablagerung kamen. Seine endgültige Ausgestaltung erhielt das kordillerische N. aber erst in der mittlern Tertiärzeit, indem sich neben den alten Horsten neue Hochgebirgsketten ausrichteten, ausgedehnte Schollen entlang großen Brüchen und Flexuren sanken und aus zahllosen Schlünden und Spalten vulkanische Massen, darunter die ungeheuern Basaltlavafluten des Columbia-Tafellandes und Fraserplateaus, empordrangen. Die gebirgsbildenden Kräfte blieben auch in der posttertiären Zeit viel reger am Werk als im O. Überdies waren die westlichen Gebirgsketten in der Quartärzeit viel stärker und allgemeiner vergletschert als gegenwärtig, in den tiefern Becken breiteten sich weitere Seen aus, und durch die größere Erosionskraft der Ströme wurden die Riesencañons,[739] die der Gegend charakteristisch sind, in die Gebirge und Plateaus hineingenagt. Im O. nehmen archäische Gesteine etwa 4,5 Mill. qkm und paläozoische 3 Mill., im W. mesozoische 5 Mill. und jungvulkanische 1 Mill. qkm ein.

An Mineralschätzen sind beide Erdteilhälften außerordentlich reich. In der Osthälfte stehen aber die ungeheuern Steinkohlenfelder im Vordergrund, die zusammen 610,000 qkm einnehmen und unter denen das Appalachische (185,000 qkm), das von Illinois-Kentucky (150,000 qkm) und das von Missouri-Kansas (170,000 qkm) die gewaltigsten sind; daneben die großartigen Eisenerzlager am Obern See (Mesabikette, Vermillionkette, Gogebickette u.a.), in den Adirondacks, in den Highlands am Hudson, in den karolinischen Appalachen etc.; ferner die Kupfer- und Nickelfundstätten am Obern See und die Blei- und Zinklagerstätten in der Ozarkgegend und am obern Mississippi; die Salzquellen und Steinsalzlager von New York und Michigan; die Phosphatlager von Südcarolina und Florida; endlich die Petroleum- und Naturgasquellen von Pennsylvanien, Ohio, Indiana, Ontario, Kansas und Texas. Im W. dagegen beanspruchen die Edelmetallfundstätten das Hauptinteresse: meilenlange Silbererzadern von der Art der Veta Madre bei Guanajuato und Veta Grande bei Zacatecas, gewaltige Golderzstöcke, wie der Comstock Lode von Nevada und der Mother Lode von Kalifornien, und reiche Goldseifen, wie am Westhange der Sierra Nevada und in Alaska. Daneben sind die Kupfererzlagerstätten von Montana, Arizona, Sonora und Michoacan von hervorragender Wichtigkeit, dazu die Quecksilberfundstätten der kalifornischen Küsten ketten, die Bleifundstätten von Colorado und Idaho, die Petroleumquellen von Kalifornien und Wyoming, die Salz-, Soda- und Boraxfundstätten in den Wüsten von Utah und Südkalifornien.

[Bewässerungsverhältnisse.] Hinsichtlich der Bewässerung hat die exzentrische Lage der Hauptgebirgszüge zur Folge, daß die große Mehrzahl der fließenden Gewässer der gegen das Innere gerichteten Abstufung folgt, sich dort zu Riesenströmen sammelt und teils in das amerikanische Mittelmeer, teils in die Hudsonbai und das Eismeer mündet. So umfaßt das Entwässerungsgebiet des Mexikanischen Golfes 5,1 Mill. qkm oder 25 Proz. von der kontinentalen Erdteilfläche, das Gebiet des Mississippi allein 3,275,000 qkm oder über 16 Proz., das Gebiet der Hudsonbai 3,6 Mill. qkm oder beinahe 18 Proz. (das Gebiet des Nelson 1,15 Mill. qkm), das des Eismeeres 3,2 Mill. qkm oder 16 Proz. (das Gebiet des Mackenzie 1,75 Mill. qkm). Auch das Entwässerungsgebiet des Lorenzgolfes umfaßt durch den Lorenzstrom gegen 1,4 Mill. qkm, das Gebiet des Kalifornischen Golfes durch den Colorado, Yaqui u.a. 900,000 qkm, das des Beringmeeres durch den Yukon, Kuskokwim u.a. rund 1 Mill. qkm. In den offenen Atlantischen Ozean ergießen sich, wegen der ablenkenden Wirkung der Appalachen, nur die Ströme von 700,000 qkm Gesamtgebiet, in den offenen Stillen Ozean, wegen der gleichen Wirkung der Kordilleren, nur die von 2,8 Mill. qkm, während das Entwässerungsgebiet des Atlantischen Ozeans mit den Teilmeeren 12,3 Mill. qkm, das des Stillen Ozeans nur 4,9 Mill. qkm umfaßt, das allgemeine Übergewicht der atlantischen Seite über die pazifische also hinsichtlich der Bewässerung ein sehr entschiedenes ist. Etwa 1 Mill. qkm in der kordillerischen Erdteilhäfte (das Große Becken, der Bolson von Mapimi etc.) haben keinen Abfluß zum Meer. Im übrigen bringen es die beschriebenen Erhebungsverhältnisse und das Klima mit sich, daß die Ströme des Westens in Wasserführung und Charakter erheblich von denen des Ostens abweichen. Die westlichen Ströme sind beinahe sämtlich unschiffbare Wildströme, während die östlichen Ströme mit ihrem schwächern Gefäll vielfach wichtige Schiffahrts- und Kulturströme sind. Noch durchgreifender ist der Unterschied zwischen den nördlichen Seenströmen und den südlichen Rinnenströmen, der durch die ehemalige Vergletscherung des Nordens zu erklären ist. Zu erstern gehört vor allem der Lorenzstrom mit den fünf Kanadischen Seen (s. d.), der Saskatchewan-Nelson mit dem Manitoba-, Winnipegosis- und Winnipegsee (s. d.), der Mackenzie mit dem Athabaska-, Großen Sklaven- und Bärensee (s. d.), aber auch der St. Johns River, Hamilton, Churchill, Doobaunt u.a., zu letztern der Mississippi (abgesehen von dem Oberlauf) mit seinen Nebenflüssen Missouri, Ohio und Arkansas, der Rio Grande del Norte, Alabama, Appalachicola, Savannah etc. Bei den südlichen Strömen finden sich Schnellen und Wasserfälle nur im Oberlauf, während der Niederungslauf frei davon ist, und bei den südöstlichen Strömen scheidet die sogen. Fallinie (s. oben) diese verschieden gearteten Laufstrecken in durchgreifender Weise voneinander. Bei den nördlichen Strömen dagegen sind die Schnellen und Fälle unregelmäßig über den ganzen Lauf verteilt, und die Teilstrecken zwischen den Seen sowie die Mündungsgegend sind meist sehr reich an solchen. Durch seine Lauflänge von 6970 km übertrifft der Mississippi-Missouri alle andern Ströme der Erde. Ihm zunächst stehen in N. der Mackenzie-Athabaska mit 4600 km, der Lorenzstrom und Yukon mit 3500 km, der Nelson und Rio Grande del Norte mit 2800 km, der Colorado und Columbia mit 2600 km.

Klima.

Für das Klima Nordamerikas ist es ganz besonders bedeutsam, daß die Mittellinie zwischen dem Äquator und Nordpol (45° nördl. Br.) den Erdteil in zwei ziemlich gleiche Hälften schneidet, daß an seiner Südseite sehr stark durchwärmte, an seiner Nordseite aber sehr stark durchkältete Meeresräume liegen, daß ein durchgreifender und schroffer Gegensatz zwischen der hohen Westhälfte und der niedrigen Osthälfte besteht, und daß es an höhern, ostwestlich streichenden Gebirgsrücken fehlt. Viel mehr als in andern Erdteilen ist das Klima in N. infolgedessen von starken und häufigen Schwankungen zwischen weit auseinander liegenden Extremen beherrscht, und Durchschnittsziffern kennzeichnen die Verhältnisse in unvollkommener Weise. In bezug auf die mittlern Jahrestemperaturen ist N. viel ungünstiger gestellt als Europa. New York steht mit 10,4° noch hinter dem irischen Valentia (10,8') und hinter Budapest (10,7°), obgleich es 10 Breitengrade südlicher als ersteres und 63/4 Breitengrade südlicher als jenes liegt. Neapel, annähernd unter der gleichen Breite mit ihm, ist um 6,5° wärmer. Ebenso hat San Francisco eine um 5° niedrigere Mitteltemperatur (13,2°) als das unter derselben Breite gelegene Syrakus auf Sizilien und Sitka eine um 1° niedrigere (5,7°) als das 5 Breitengrade nördlicher gelegene Aalesund. Mit Ostasien stimmt das östliche N. in den Jahresmitteln mehr überein, und wenn Peking um 1,3° wärmer ist als New York, so entspricht dies ungefähr dem Unterschiede der geographischen Breite. Die Temperaturen des kältesten Monats sind unter entsprechender Breite viel niedriger als in Europa, aber höher als in Asien. So ist der Januar in New York um 9,2° kälter als in Neapel, aber um 3,7° wärmer[740] als in Peking. Am mildesten ist der Winter an der pazifischen Küste, wo San Francisco mit 10,1° nur um 1° hinter Palermo zurücksteht. Sehr streng ist er aber im Innern, wo man in Montana, Alberta und Alaska von sibirischen Kältegraden reden kann und wo in Poplar River -52,8°, in Prince Albert -57° und in Fort Reliance -62,2° verzeichnet worden sind. Die Sommertemperaturen sind im allgemeinen, entsprechend der geographischen Breite, sehr hoch, die unter dem Einfluß kalter Meeresströmungen stehenden Küstenstriche im NO. sowie auch der Nordwesten machen aber von dieser Regel eine Ausnahme, da Rama in Labrador nur 8,1° und die Lorenzinsel im Beringmeer nur 6,6° Julimittel haben. Die heißeste Gegend liegt in Arizona und Südkalifornien und muß zugleich als die heißeste Gegend der Erde gelten, da dort die Julimittel von Volcano Springs (37,7°), Salton (37,5°) und Maricopa (36,1°) auch die von Assab (35,3°) und Massaua (34,8°) am Roten Meere noch übertreffen, während Hitzegrade von 50–55° daselbst beinahe in jedem Jahr auftreten. An der Ostküste bleibt New York mit 23,1° im Juli wesentlich hinter Peking (26°) zurück, während St. Louis im Innern, 11/2° südlicher als Peking, die gleiche Ziffer wie dieses aufweist. Berüchtigt sind im ganzen Osten anhaltende Hitzeperioden von über 32° bei hohem Wasserdunstgehalt der Atmosphäre, die zahlreiche Sonnenstichfälle zur Folge haben. Die Übergänge von der kalten in die warme Jahreszeit sind sehr rasch; im Herbst brechen jedenfalls einzelne harte Fröste sehr plötzlich herein. Ungemein schroff sind aber die Wechsel der Temperaturen von Tag zu Tag und von Stunde zu Stunde, die öfters 20–30°, auf dem Prärienplateau sogar über 35° betragen. In den nordamerikanischen Tropengebieten haben Veracruz und Havana 25,4 und 25,1° Jahresmittel, 27,7 und 27,8° Julimittel, 22,1 und 21,8° Januarmittel, und das vergleichsweise niedrige Januarmittel ist vor allen Dingen durch das öftere Einbrechen kalter Luftwellen (Nortes) aus der Felsengebirgsgegend zu erklären. In Südflorida kommt es dabei noch zu umfangreicher Eisbildung und zu schwerer Schädigung der Kulturen. Hinsichtlich der Niederschlagsverhältnisse vereinigen sich in N. ansehnliche Regenhöhen mit einer großen durchschnittlichen Lufttrockenheit, weil die einzelnen Regengüsse ebenso wie die Schneefälle in der Regel sehr heftig und ausgiebig sind. Bis zur vollkommenen Wüstenhaftigkeit trocken ist der Südwestteil des vereinsstaatlichen Kordillerenlandes, wo Volcano Springs nur 43 mm, Mammuth Tank 46 mm, Yuma 72 mm, Phönix 172 mm, El Paso 221 mm und San Diego 235 mm Jahresniederschläge verzeichnen. Dabei sind dieser Gegend aber Wolkenbruchregen, die innerhalb weniger Minuten die Hälfte des Jahresniederschlags bringen können, besonders charakteristisch. Sehr niederschlagsreich ist die Nordwestküste, an der Astoria an der Columbiamündung 1944 mm, Neah Bay 2810 mm und die Alëuteninsel Unalaska 2941 mm aufweisen. Aber auch im ganzen Osten sind die Niederschlagshöhen, besonders im Vergleich mit Europa, hoch: in New York 1136 mm, Quebec 1060 mm, Savannah 1275 mm, Jacksonville (Florida) 1354 mm, Mobile 1603 mm, New Orleans 1405 mm, Cincinnati 1052 mm, St. Louis 1033 mm, Chicago 854 mm. Auf der Prärietafel empfängt Omaha noch 760 mm, Yankton 640 mm, Winnipeg 525 mm, North Platte aber nur 442 mm, Bismarck 444 mm, Edmonton 396 mm, im nördlichen Felsengebirge Helena 365 mm, Boise 354 mm, und Steppen- und Wüstenhaftigkeit herrscht daselbst, abgesehen von den niederschlagsreichern höhern Gebirgslagen (Pikes Peak 690 mm), um so mehr, als mit der relativen Regen- und Schneearmut eine sehr starke Verdunstung Hand in Hand geht. Die furchtbaren Schneestürme Nordamerikas (Blizzards) haben nichtsdestoweniger in dieser Gegend ihren Haupttummelplatz. In Mexiko hat Veracruz 1469 mm Jahresniederschläge, und Cordoba, am Ostabhange des Citlaltepetl, 2799 mm, die Landeshauptstadt aber nur 610 mm und San Luis Potosi nur 370 mm, in Westindien Havana 1293 mm und Fort de France auf Martinique 2374 mm, während in Nicaragua Greytown mit 5639 mm die größte jährliche Niederschlagsmenge aufweist, die in N. überhaupt festgestellt worden ist. Gewitter sind besonders in Westindien und in der Umrandung des Mexikanischen Golfes sehr häufig (Key West bis 116, Fort Myers in Florida bis 156 im Jahr), im pazifischen Küstenlande dagegen ungemein selten (San Francisco 1, San Diego 2 im Jahresdurchschnitt). Auch hinsichtlich der Luftbewegungen ist N. von starken Schwankungen und Extremen beherrscht; ausgeprägte Windstillen sind ihm ebensosehr eigen wie starke Winde und furchtbare Stürme. Unter letztern sind besonders die westindischen Orkane (hurricanes) hervorzuheben, die entlang der festländischen Küste bis Neufundland ziehen, ferner die Tornados, die verheerendsten aller Wirbelstürme, von denen die östliche Prärientafel und das Mississippital am häufigsten heimgesucht werden, und die Chubascos der westmexikanischen Küste. Sehr sturmreich ist auch die Gegend der Großen Seen.

Pflanzenwelt.

Der Charakter und die Zusammensetzung der nordamerikanischen Pflanzenwelt wird einerseits bestimmt durch die Eigentümlichkeiten des Klimas, anderseits durch den ehemaligen Zusammenhang mit Eurasien und den Polarländern und durch den Dualismus zwischen dem appalachischen Osten und dem kordillerischen Westen, in beschränkterm Umfange durch die feste Landverbindung mit Südamerika, die in der frühen Tertiärzeit breiter und niedriger war. Eine beträchtliche Umgestaltung bewirkten in den Zeiten nach Kolumbus die Eingriffe des Menschen. Gegenüber der europäischen Pflanzenwelt fällt vor allem der größere Artenreichtum und die Riesenhaftigkeit gewisser Formen auf.

Die nördlichsten Teile von N. sowie die nordischen Inseln nebst Grönland liegen im Gebiete der arktischen Flora (s. d.), die in allen zirkumpolaren Ländern einen ähnlichen Charakter zeigt; niedrige Flechten- und Moosformationen wechseln mit Beständen von Riedgräsern, Weidengebüschen und Heidesträuchern, an Abhängen auch mit blumenreichen Matten. Polwärts nimmt die Zahl der Gewächse stark ab, die Melvilleinsel beherbergt z. B. etwa 60 Gefäßpflanzen; nur Grönland (mit 386 Arten) besitzt in seinem südlichen Teil eine üppigere Pflanzenwelt, in der sogar Birkenwäldchen mit 4–5 m hohen Stämmen vorkommen. Die das arktische Gebiet im S. abschließende Baumgrenze verläuft von der Halbinsel Alaska, welche die baumlosen Ufer des Beringmeeres von der bewaldeten Küste des Großen Ozeans scheidet, nordwärts quer über den Yukonstrom bis etwa zum 70.° nördl. Br., zieht von da parallel der Eismeerküste über den Unterlauf des Mackenzie und beschreibt weiter ostwärts um die Hudsonbai einen stark nach S. (bis 59°) abfallenden Bogen, der sich in Labrador auf 57–58° erhebt und an dessen Ostküste[741] zuletzt auf 52° herabsinkt. Dieser Verlauf zeigt deutlich den Einfluß der von der Hudsonbai herkommenden eiskalten nördlichen Winde, welche die Vegetationszeit unter die dem Baumleben notwendige Dauer herabdrücken. Südwärts von der aus Weiß- und Schwarzsichten bestehenden Baumgrenze erstreckt sich quer durch den ganzen Kontinent von Alaska bis Neufundland eine Zone winterharter Nadelhölzer (s. Nadelholzzone), die in verwandten Formen auch die Tundrenzone der Alten Welt umschließt. Der Wald besteht im südlichen Alaska vorwiegend aus der Sitkafichte, am Yukon aus der Schwarzfichte, in dem kanadischen Gebiet auch aus der Weißfichte. Auch auf die niedrigern Gehänge der nördlichen Rocky Mountains treten von der pazifischen Küste her die dieser eigentümlichen Baumarten über, während die höhern Gebirgsregionen von arktischen Pflanzen besiedelt sind; die übrige Vegetation des nördlichen Kanada zeigt vielfach Anklänge an die Flora Grönlands. Weiter nach S. nimmt der Nadelholzwald mehr und mehr sommergrüne Laubhölzer in sich auf, so daß nördlich von den Großen Seen etwa der 50. Breitengrad als die Grenze des appalachischen Waldes zu bezeichnen ist (s. Laubholzzone). Er erscheint auch in seinen nördlichen Teilen im Vergleich zu dem europäischen Walde viel mannigfaltiger zusammengesetzt, enthält aber vorwiegend dieselben oder naheverwandte Baumgattungen, von denen Ulmen, Eschen, Linden, Eichen, Birken, Erlen, Buchen, Hainbuchen, Weiden, Pappeln, Walnußbäume, Platanen u.a. durch besondere Arten vertreten sind; von Nadelhölzern sind Tsuga canadensis und die Weimutskiefer besonders verbreitet. An der Ost-, Süd- und Westseite der bis zum Kamm bewaldeten Appalachen sowie im Ohio- und Mississippibecken besteht der Wald vorwiegend aus breitblätterigen Laubbäumen, unter denen Eichen- und Walnußarten (Hickorybäume) am zahlreichsten sind. Außerdem erinnern Magnolien, Tulpenbäume und Lorbeerarten mit abfallendem Laub bereits an Formen des Südens. Sie nehmen bei Annäherung an die immergrüne Waldformation Floridas mehr und mehr zu; die Hauptelemente dieser Zone bilden immergrüne Eichen, eine Fächerpalme (Sabal Palmetto), mehrere Magnolien, Erikazeenbäume u.a. Das südlichste Drittel von Florida ist seiner Pflanzendecke nach von der appalachischen Waldflora auszuschließen, da es eine starke Beimischung von tropischen, auf den Antillen einheimischen Arten aufweist.

Von dem atlantischen Walde durch ein breites, wald loses Gebiet sowie durch die Hochkämme der Rocky Mountains getrennt, entfaltet sich im äußersten Westen der kordillerischen Erdteilhälfte der pazifische Wald, der auch klimatisch unter andern Bedingungen steht als der atlantische. Ungefähr unter dem 43.° nördl. Br. ändert er seinen Charakter; während nordwärts die Sitkafichte, Thuja gigantea und andere Nadelhölzer vorherrschen, dringen von S. eine Reihe breitblätteriger, immergrüner Baumformen, wie die stattliche Madroña (Arbutus menziesii) bis über die Nordgrenze von Kalifornien vor. Letzteres zeichnet sich in seiner an die Flora der Mittelmeerländer anklingenden Flora durch Reichtum anen demischen Pflanzenarten, darunter die riesenhaften Mammutbäume (Sequoia gigantea) der Sierra Nevada, aus. Auch die Hochgebirgsregion besitzt eine größere Reihe ihr ausschließlich eigentümlicher Gewächse.

Das zwischen dem pazifischen und atlantischen Walde liegende nordamerikanische Prärien und Steppengebiet erstreckt sich nördlich bis zum Saskatchewan und wird hier noch von zahlreichen Baumbeständen durchsetzt (Buschprärien); erst in der Missouriprärie, westlich vom 100. Längengrad, kommen Grassteppen zur ausschließlichen Entwickelung, in denen Arten wie das Büffelgras (Buchloë) vorherrschen und im Frühjahr und Sommer ein reichlicher Blütenschmuck von Staudengewächsen erscheint. Westlich von den Rocky Mountains breitet sich zwischen dem Felsengebirge einerseits und den Hochkämmen des Kaskadengebirges und der Sierra Nevada anderseits eine Hochsteppenregion aus, die ungefähr ihren Mittelpunkt am Salzsee von Utah hat. Die Vegetation dieses Gebietes wird vorzugsweise von Gewächsen mit Trockenschutzeinrichtungen oder von Salzpflanzen gebildet, von denen der Sagebrush (Artemisia tridentata) und die weißfilzige White-Sage (Eurotia lanata) ungeheure Bodenstrecken überziehen. Südwärts vom 35.° nördl. Br., in Arizona, Texas und Nordmexiko, gewinnen die Steppen einen mehr subtropischen Charakter. Unter den Gewächsformen nehmen die säulen- oder kugelförmigen, fleischigen und blattlosen Kakteen die erste Stelle ein; auch die Agaven mit großen saftigen Blattrosetten, die Mezquitesträucher (die Mimosee Prosopis) mit zuckerhaltigen Hülsenfrüchten, die Bajonettbäume (Yucca) u.a. sind charakteristisch. In Texas herrschen Graslandschaften mit Dornsträuchern, die sogen. Chaparals, vor, während in den äußerst regenarmen Gebieten Südostkaliforniens und des angrenzenden Arizona die traurigen Ein öden der Mohave- und Gilawüste nur eine sehr spärliche, vorwiegend von dem übelriechenden Kreosotstrauch (Larrea mexicana) gebildete Vegetation tragen. Mit der Flora von Texas und New Mexico steht die Pflanzenwelt der mexikanischen Hochsteppenregion südwärts bis zum 17.° nördl. Br. in unmittelbarem Zusammenhang; sie wird an ihren Flanken bereits von tropischen Wäldern umsäumt und zeichnet sich durch großen Reichtum an Xerophyten (Kakteen, Agave, Dasylirion, Fourcroya u.a.) aus.

Der Übergang zwischen dem nordischen und dem tropisch-mittelamerikanischen Gebiet vollzieht sich ungefähr unter dem 23.° nördl. Br. in Mexiko, dessen Gebirgsaufbau einen scharfen Wechsel klimatisch verschiedener Höhengürtel bedingt; seine Pflanzenwelt gliedert sich dem entsprechend in eine unterste tropische Region (tierra caliente), die bis 1000 m an den Gebirgshängen aufsteigt und üppige Wälder mit Bombazeen, Lorbeerbäumen, Palmen, Orchideen, unter letztern die Vanille u.a., in trocknern Gegenden auch tropische Grasfluren (Savannen) enth. m; über ihr liegt zwischen 1000 und 2800 m eine feuchte Bergwaldregion (tierra templada) mit zahlreichen immergrünen Eichen, Farnbäumen, epiphytischen Orchideen und niedrigen Rohrpalmen; zuletzt folgt eine Hochgebirgsregion, in der nördliche und südliche Formen sich mit tropisch-alpinen Pflanzen eigenartig mischen. In den dürren Gebieten entwickeln sich in 1000–1500 m Höhe aus Savannen die schon erwähnten Hochsteppen, die bis 3000 m aufsteigen. Durch das zentrale Hochplateau werden die Waldgebiete der atlantischen und pazifischen Küste voneinander getrennt und bilden auch floristisch einen gewissen Gegensatz. Die Wälder der Moskitoküste liefern das Mahagoniholz (Swietenia Mahagoni), die Küstenwaldungen des steinigen, von Savannen bedeckten Yukatan das Blauholz (Haematoxylon), an der pazifischen Küste steigen die Nadelwälder tiefer herab als am Mexikanischen Golf. Eine ähnliche Verteilung der Regionen wie in Mexiko herrscht auch in Nicaragua und Costarica;[742] nur mischen sich hier mehr und mehr Elemente der südamerikanischen Tropen ein. Ein ebenfalls verwandtes, pflanzengeographisches Gebiet bilden die Antillen, deren Tropenregion an Palmenarten weniger reich ist und vielfach Savannen entwickelt; die Bergwaldregion zeichnet sich durch Farnbäume, auf Cuba und Domingo auch durch eine Kiefernart (Pinus occidentalis) aus. Im südlichen Jamaika herrscht Steppenvegetation mit Kakteen, Croton-Arten u.a., da die Dürre die tropischen Savannengräser nicht aufkommen läßt.

Die in N. einheimischen und von dort verbreiteten Kulturgewächse sind weniger zahlreich als die der östlichen Erdhälfte. Von den uralten Kulturländern Mexikos und Perus ist der Anbau des Maises ausgegangen; auch ist die der Maispflanze zunächst verwandte Grasart (Zea canina Wats.) in Mexiko einheimisch. Von Agave americana, die seit alter Zeit in Mexiko zur Bereitung des Pulque angebaut wird und die auch nach den Mittelmeerländern gelangt ist, erscheint der amerikanische Ursprung unzweifelhaft. Von den Antillen aus ist der Tabak- und Melonenbaum (Carica Papaya) verbreitet worden; auch mehrere Arten von Kürbis (Cucurbita Pepo, C. maxima) stammen wahrscheinlich aus Mexiko. Kaffee und Zuckerrohr, die auf den Antillen, in Mittelamerika und in Mexiko in weitem Umfang angebaut werden, sind aus der Allen Welt eingeführt worden. Von der Gattung Gossypium (Baumwolle) wurden einige Arten, wie G. barbadense, schon vor 1492 in N. kultiviert. Mehrere Bohnenarten (Phaseolus vulgaris, P. lanatus) haben ihre wahrscheinliche Heimat in Peru, wurden aber auch in Mexiko bereits vor Cortez kultiviert. Sonst sind namentlich noch Batate (Convolvulus batatas), Erdnuß (Arachis hypogaea), Tomate (Solanum lycopersicum), Vanille (Vanilla aromatica) und Topinambur (Helianthus tuberosus) in N. ein heimisch. Einen ungleich größern Umfang hat aber der Anbau altweltlicher Kulturpflanzen in N. gewonnen, in deren Gefolge ein Heer von Acker- und Gartenunkräutern eingedrungen ist.

Tierwelt.

Die Tierwelt Nordamerikas gehört drei verschiedenen tiergeographischen Regionen an. Der höchste Norden bildet einen Teil der arktischen Zirkumpolarregion; das Elch in der besondern nordamerikanischen Abart des Moostieres, Renntier, Eisfuchs, Eisbär, Lemming und als spezifisch amerikanisches Charaktertier der Moschusochs gehören diesem Gebiet an, zu dem auch der nordamerikanische Polararchipel zählt. Im übrigen umfaßt die nearktische oder neoboreale Region die ganze Hauptmasse des Erdteils, während Mittelamerika einschließlich des südlich vom Wendekreis des Krebses gelegenen mexikanischen Küstenlandes und Westindien der neotropischen Region zuzählt. Die nearktische Region (s. d.) besitzt eine große topographische Abwechselung; ungeheure Prärien und Wälder, ein reiches, vielverzweigtes Flußsystem und große Seen sowie ein von Norden nach S. sich erstreckender hervorragender Gebirgszug, das Felsengebirge, bieten zusammen mit der großen Mannigfaltigkeit des Klimas, das im Norden der Provinz fast arktisch, im S. tropisch ist, gute Vorbedingungen für eine reiche, mannigfache Fauna. Die nearktische Region läßt sich in vier Subregionen einteilen: die kanadische, appalachische, Felsengebirgsregion und kalifornische Subregion. Die nearktische Region ist nach Schmarda als die Region der Nagetiere, Zahnschnäbler und Kegelschnäbler zu bezeichnen. In der Zahl der Familien treten die Säugetiere, Vögel und Reptilien im Verhältnis zu der paläarktischen Region zurück. Als charakteristische Säugetiere Nordamerikas sind unter den vorhandenen 330 Arten (aus 26 Familien) hervorzuheben: von den Insektenfressern drei Amerika eigne, den Maulwürfen verwandte Gattungen, Scalops (Wassermull), Condylura (Sternmull) und Scapanus, unter den Raubtieren die zu den Wieseln gehörige Gattung Latax, Taxidea, mit den Dachsen verwandt, ein charakteristisches Stinktier (Spilogale), der Waschbär (Procyon), zwei nur an der Westküste Nordamerikas vorkommende Seehunde (Eumetopias und Halicyon). Von den Antilopen findet sich in N. als einziger Vertreter dieser ganzen Familie die Gabelantilope, von den Schafen das Bergschaf, von den Rindern der nahezu ausgerottete amerikanische Büffel, von dem nur etwa 1000 Stück erhalten geblieben sind. Unter den Nagern Nordamerikas sind hervorzuheben als eigentümlich: die zu den Mäusen gehörigen Gattungen Neotama, Sigmodon, Fiber, von den Springmäusen Jaculus, die Familie der Taschenratten und der Präriehund, endlich die eigentümliche Form des kanadischen Baumstachelschweines; sehr charakteristisch ist, obgleich auch in Nordasien vorkommend, das Erdeichhörnchen (Tamias). Gemeinsam mit Südamerika besitzt N. auch Beuteltiere und zwar die als einziges nichtausträlisches Beuteltier doppelt interessante Form der Didelphiden. Die Vogelwelt Nordamerikas, die 60 Familien mit 1062 Arten zählt, bietet wenig Charakteristisches, da Amerika von der Nordgrenze des Baumwuchses bis zum Kap Horn ornithologisch ein zusammenhängendes Ganze ist; es erklärt sich dies dadurch, daß nach der nordamerikanischen Eiszeit die Wiederbesiedelung mit Vögeln von Südamerika aus erfolgte. Für N. bemerkenswerte Vögel sind bestimmte Arten der Geier, Tanagriden, Ikteriden, Kolibris, Spechte, Waldhühner, letztere beiden durch ihre reiche Vertretung gegen Südamerika abstechend. Eigentümlich sind die Truthühner (Meleagridae), und in ungeheuern Zügen erschien früher in den Vereinigten Staaten Nordamerikas die Wandertaube, die jedoch immer mehr ausgerottet wird. Von Reptilien sind 25 Familien mit 76 Gattungen und 329 Arten bekannt und für N. besonders charakteristisch mehrere Arten von Klapperschlangen. Dazu kommen Krokodile und Alligatoren, von Schildkröten die rein amerikanische Gruppe der Trionychiden. N. eigentümliche Amphibien sind der eidechsenartige Armmolch (Siren) Südcarolinas, die Gattung Menopoma in den südlichen Vereinigten Staaten, der Aalmolch (Amphiuma) Floridas u. die zahlreichen Arten der Gattung Axolotl (Amblystoma). Die Fische sind durch 223 Familien mit 1077 Gattungen und 3127 Arten vertreten. In der Molluskenfauna zeigt N. zwar Anklänge an die europäische und nordasiatische Fauna, weist aber doch einen eignen Charakter auf. An Stelle der Laub- und Felsenschnecken Europas finden sich hier die Helix-Arten mit gezahnter Mündung in einer großen Menge von allerdings meist nur kleinen Formen entwickelt; dagegen ist Bulimus nur durch eine, Pupa nur durch ein paar kleine Spezies vertreten, Clausilia fehlt ganz. Unverhältnismäßig viel reicher als die Landfauna und hierin jeden andern Erdteil weit übertreffend ist die Süßwassermolluskenfauna Nordamerikas entwickelt; allein im Mississippigebiet finden sich mehrere hundert Arten Unioniden, ähnlich reich sind die Einschaler, wie Limnaea, Physa, Planorbis, Paludina u.a., vertreten, und charakteristisch ist die Artenzahl und der Formenreichtum[743] der Melanien. Die sehr reiche Insektensauna Nordamerikas, von der etwa 30,000 Arten beschrieben sind, zeigt vielfach einen der paläarktischen Fauna ähnlichen Charakter. Hervorzuheben sind zahlreiche Moskitos, unter denen der Malariaträger Anopheles quadrimaculatus weit gegen Norden verbreitet ist.

Die Nordgrenze der Neotropischen Region (s. d. u. die Artikel »Mittelamerika, Mexiko und Westindien«) ist nur zwischen den Antillen und Florida scharf gezogen, besonders betreffs solcher Tiere, deren Wanderungsvermögen über See beschränkt ist. Außer einigen Flatterern hat kein nordamerikanisches Säugetier die Großen Antillen erreicht, deren Säugetierfauna sich auf die Gattung der Ziegenratten (Capromys) u. des spitzmausähnlichen Solenodon beschränkt. Die kontinentale Tierwelt ist nur bis zur Talsenke des Nicaraguasees spezifisch neotropisch. Weiter nördlich mischen sich viele nearktische Formen bei. Von neotropischen Arten geht aber der breitnasige Affe Ateles vellerosus im Panucogebiete bis an den nördlichen Wendekreis, das Gürteltier (Tatusia novemcincta) bis an den texanischen Colorado und der Jaguar (Felis onza) bis an den Red River.

Die nordamerikanischen Nutztiere stammen bis auf Hund und Truthahn aus der Alten Welt, die meisten sind aber unter den in N. gebotenen geographischen Bedingungen vorzüglich gediehen. Die Eingebornen haben als Zug- und Milchtier weder den Büffel noch das Renntier gezähmt. Dagegen haben sich die eingeführten Rinder rasch zu gewaltigen Beständen entwickelt (1900 bis auf rund 75 Mill.), desgleichen die Pferde (25 Mill.), Maultiere (4 Mill.), Schweine (70 Mill.), Schafe (66 Mill.) und jede Art von Geflügel. In Südkalifornien züchtet man sogar Strauße. Auch die europäische Honigbiene (Apis mellifica) hat sich trefflich eingebürgert und die einheimischen Bienen verdrängt. Versuche mit der Seidenraupenzucht hat schon Cortez angestellt, wirkliche Erfolge sind aber bisher nicht erzielt worden.

Bevölkerung.

Die Bevölkerung Nordamerikas (s. Tafel »Amerikanische Völker I u. II«, im 1. Bd.) zählt (1900) rund 106 Mill. Seelen und setzt sich aus vier Hauptrassen zusammen: aus der indianischen Urbevölkerung, Weißen, Negern und Mongolen. Die Indianer (s. d.) sind in Westindien bis auf wenige Karibenfamilien auf St. Vincent und Dominica ausgerottet und auch aus dem Osten der Union und Kanadas beinahe vollständig verdrängt worden. In Mexiko und Mittelamerika dagegen haben sie eine stärkere Widerstandskraft gegenüber der europäischen Einwanderung bewiesen. In Kanada gab es 1901 noch 93,319, in der Union einschließlich Alaska 1900: 266,732, in Mexiko und Mittelamerika aber, abgesehen von den Mischlingen, die hier meist zu den Weißen gerechnet werden, etwa 7,5 Millionen. Unter den Stämmen des östlichen Unionsgebietes haben sich die Irokesen durch ihre straffe Stammesorganisation und durch ihre Mittelstellung zwischen der angelsächsischen und französischen Ansiedelung am besten erhalten. Sie sind noch über 5000 Köpfe stark, haben sich an die europäische Zivilisation gewöhnt und leben im Staate New York in besondern Reservationen meist als Farmer. Weniger erfolgreich haben sich die Cherokesen in ihren alten Wohnsitzen behauptet; nur noch 1300 hausen in den Smoky Mountains von Nordcarolina und Tennessee, 26,000 sind nach dem Indianerterritorium verpflanzt. Die Creek nebst den mit ihnen verwandten Choctaw und Chickasaw, insgesamt 24,000 Seelen, wurden sämtlich nach dem Indianerterritorium übergeführt, ebenso der größere Teil der Seminolen (1700), von denen nur noch 300–400 in den Sumpfwildnissen von Südflorida leben. Die dem Algonkinstamm zugehörigen Delawaren, die zu William Penns Zeiten 50,000 Köpfe stark gewesen sein sollen, zählen im Indianerterritorium noch 800, die Pottawatomi noch 1200. Verhältnismäßig stattlich ist noch die Zahl der Chippeway (20,000) in der Gegend des Obern Sees, aber der Niedergang dieses Algonkinstammes ist allenthalben sichtbar. Sioux oder Dakotas gibt es noch gegen 25,000, in ihren mit wirtschaftlichen Hilfsquellen übel ausgestatteten Reservationen führen sie aber in der Mehrzahl als sogen. Rationsindianer ein armseliges Bettlerdasein. Schoshonen, zu denen auch die seßhaften Moki gehören, zählt man etwa 10,000, neumexikanische Puebloindianer ebenfalls, Yuma 4000, Navajo aber, die sich in den Wüsten von Arizona am längsten der Weißen erwehrten, noch 18,000.

Unter den pazifischen Stämmen, die insgesamt 30,000 Köpfe umfassen, sind die wichtigsten die Klamathindianer, Selisch, Kwakiutl, Haida und Thlinkiten. Das kanadische Kordillerengebiet haben im allgemeinen noch Athabaskenstämme inne, während der kanadische Osten von Algonkinen bevölkert ist. Der äußerste Nordsaum von N., die Arktischen Inseln und Grönland sind der Tummelplatz der Eskimo, denen auch die Alëuten zuzählen, insgesamt gegen 40,000 Seelen. In Mexiko und Mittelamerika (s. d.) sind am namhaftesten die Pima, Tarahumara, Otomi, Tarasca, Azteken, Zapoteken und Maya.

Von den Einwanderern sind zunächst die Neger zu erwähnen. Ihre Zahl beziffert sich in Amerika auf etwa 13 Mill., wovon 1900 nahe an 8,9 Mill. auf die Vereinigten Staaten entfielen. Sie sind durch den afrikanischen Sklavenhandel (seit 1510, lebhafter seit 1517 auf den Rat von Las Casas) zur Plantagenwirtschaft in den tropischen und subtropischen Gegenden eingeführt worden und haben der Hauptmasse nach in den Vereinigten Staaten bis 1865, auf Cuba bis 1880, in Brasilien noch bis 1888 als Sklaven gelebt. Auf Cuba leben (1899) 505,543 Neger und Mulatten, auf Puerto Rico 363,817, auf Jamaika (1903) rund 770,000, auf den Kleinen Antillen 950,000. Auf Haïti haben sie sich einen eignen Staat gebildet, der später in zwei zerfallen ist. Übrigens hat sich diese Rasse in den Vereinigten Staaten von 1789–1860 (also während der Sklaverei) alle 10 Jahre um 28 Proz., von 1870–80 um 35, 1880–1890 dagegen nur um 13,9 und 1890–1900 um 18,1 Proz. vermehrt und auf Haïti (also in der Freiheit) von 1793–1868 sogar um mehr als 35 Proz., während die Urbevölkerung überall abgenommen hat. In Kanada gibt es (1901) nur 17,421 Neger. Mongolen, vorwiegend Chinesen, zählt man in N. insgesamt (1901) gegen 5000, davon die meisten in der Union (1900: 141,177) und in Kanada (1901: 22,015).

Unter den Weißen, die sich nach Kolumbus zu den eigentlichen Herren von N. gemacht haben und deren Gesamtzahl sich auf 84 Mill. beläuft, überwiegt in Westindien ebenso wie in Mittelamerika und Westindien entsprechend der Kolonisationsgeschichte das spanische, im eigentlichen N. aber das angelsächsische und deutsche Element. Franzosen (im ganzen etwa 2 Mill.) sind nur in Kanada zahlreich vertreten. Übrigens nimmt die weiße Rasse, abgesehen von Westindien, viel stärker zu als die andern Rassen, weil die Auswanderung (s. d.) aus Europa sich noch immer[744] zum allergrößten Teil über N. ergießt; neuerdings, besonders nach der Union und Kanada, neben dem deutschen, irischen, englischen und schottischen Element auch das italienische und slawische. Hinsichtlich der Religion hat in den Ländern mit spanischem und französischem Sprach- und Kulturgepräge (in Mittelamerika, Mexiko, Cuba, Haïti, Puerto Rico, Ostkanada) das römisch-katholische Bekenntnis das entschiedene Übergewicht. In den Ländern mit angelsächsischem Kulturgepräge dagegen sind die protestantischen Sekten, vor allem Methodisten, Baptisten, Presbyterianer, Anglikaner und Lutheraner in der Mehrzahl.

Tabelle

Wirtschaftliche Verhältnisse.

In Hinsicht auf das Wirtschaftsleben ist N. vor allen Dingen ein Gebiet gewaltiger Rohproduktion. Als große Kornkammer trug es um 1900 besonders durch die Union und Kanada mehr als 80 Proz. (775 Mill. hl) zur Maisernte der Erde bei, etwa 20 Proz. (205 Mill.) zur Weizenernte, ziemlich 30 Proz. (325 Mill. hl) zur Haferernte. Ebenso ist es durch die Südstaaten der Union hervorragend in der Baumwollproduktion, durch Cuba, Puerto Rico, Louisiana und Mexiko in der Zuckerrohrproduktion, durch die Union (Kentucky, Virginia, Nordcarolina), Cuba, Puerto Rico und Haïti im Tabakbau, durch Kalifornien, Florida, Jamaika, Mittelamerika in der Südfruchtkultur, durch die Union und Kanada im Obstbau etc. Sowohl Kanada und die Union als auch verschiedene westindische Inseln und Mittelamerika sind überdies wichtige Holzländer, und außer der Union und Kanada trägt auch Mexiko zur Fleischversorgung der Erde bei. Sehr bedeutend ist ferner die Mineralproduktion des Erdteils. Von der gesamten Goldproduktion der Erde entfielen 1901: 42 Proz. (113,2 Mill. Doll.) auf ihn, von der Silberproduktion durch Mexiko, Colorado etc. 63 Proz. (152,7 Mill. Doll.), von der Kupferproduktion durch Montana, Michigan, Arizona, Mexiko etc. (1903) ebenfalls 63 Proz. (360,000 Ton.), von der Zinkproduktion durch die Union (1903) 20 Proz. (144,000 T.). In der Roheisenförderung übertrifft die Union alle Länder der Erde und liefert für sich allein (1903) beinahe 40 Proz. (18 Mill. T.) von der Weltproduktion, während die Roheisenförderung der übrigen nordamerikanischen Gebiete geringfügig ist (Kanada 1903: 265,000 T.). Die Kohlenproduktion des Erdteils, die zum weitaus größten Teil auf die Union kommt, bezifferte sich 1903 auf 334 Mill. T., das sind ungefähr 38 Proz. der Weltproduktion. Die verschiedenen Industriezweige haben sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrh. ebenfalls sehr hoch entwickelt; die Union steht neuerdings in vielen Zweigen mit England, Deutschland, Frankreich etc. in erfolgreichem Wettbewerb. Ähnliches ist auch der Fall im Handel und Verkehr, betreffs dessen man in N. die Dampfkraft und Elektrizität in noch größerm Maßstabe benutzt als in Europa. Die Länge der nordamerikanischen Eisenbahnlinien betrug 1902: 380,000 km, der Wert der gesamten Aus- und Einfuhr des Erdteils aber 3175 Mill. Doll.

Über die Entdeckungsgeschichte Nordamerikas vgl. Amerika, S. 425 f.

Politische Entwickelung.

Fast drei Jahrhunderte nach der Entdeckung blieb N. unter der Herrschaft der europäischen Länder, von denen die Entdeckung ausgegangen war, und wurde von ihnen ausgebeutet. Spanien besaß Cuba und Puerto Rico, Mittelamerika, Mexiko und einen großen Teil des nördlich anstoßenden Kordillerenlandes, ebenso Florida und Texas. Die Russen erkundeten den äußersten Nordwesten. Die Franzosen hatten sich des Gebietes des Mississippi und des Lorenzstroms sowie einiger Antillen bemächtigt. Die Engländer hatten die Ostküste von N., Labrador, die Hudsonbailänder und einen Teil Westindiens besetzt. Die Schweden und die Niederländer wurden von ihnen aus N. ganz verdrängt und letztere eines Teiles von Guayana beraubt. Auch die Dänen und Schweden hatten einige kleine Antilleninseln an sich gebracht. Durch die sogen. König Georgs-Kriege wurde die Macht Frankreichs in N. gebrochen. England erhielt 1763 die Herrschaft über Kanada und damit über den Norden von N., verlor aber durch den Freiheitskrieg seiner nordamerikanischen Kolonien 1783 seinen Besitz an der Ostküste, und die neubegründete Union erwarb auch den Rest des französischen Gebietes sowie den spanischen Besitz von N. bis zum Stillen Ozean, endlich[745] 1867 das russische N. In Westindien riß sich Haïti 1804 von der europäischen Herrschaft los. Seit 1810 begannen die Unabhängigkeitskämpfe der spanischen Kolonien, die mit der Losreißung des gesamten Festlandes von Spanien endigten. In Mittelamerika wurden die Republik Mexiko und die fünf Republiken von Zentralamerika gebildet, denen sich 1903 Panama als sechste zugesellte. 1898 wurde Cuba unabhängig, während Puerto Rico in den Besitz der Vereinigten Staaten überging. Zu europäischen Staaten gehören nur noch Grönland (dänisch), Britisch-Nordamerika, St.-Pierre und Miquelon (französisch), Britisch-Honduras und verschiedene westindische Inseln. (Vgl. die »Karten zur Geschichte Amerikas« im 1. Bd.)

Vgl. außer den Reisebeschreibungen von Lyell, M. Wagner und Scherzer u. a.: K. Andree, Nordamerika (Braunschw. 1851); E. Reclus, Nouvelle géographie Universelle, Bd. 15: Amérique Boréale (Par. 1890); J. C. Russell, North America (Lond. 1904); E. Deckert, Die Neue Welt (Berl. 1892) und Nordamerika (in Sievers' »Länderkunde«, 2. Aufl., Leipz. 1904); W. M. Davis, North America and United States (Lond. 1899); Tarr und Mc Murray, North America (New York 1900); Fountain, Great deserts and forests of North America (Lond. 1901); Fiske, The discovery and colonization of North America (Boston 1905). Weitere Literatur zur Urbevölkerung, Entdeckungsgeschichte und Kartographie vgl. auch Artikel »Amerika«, S. 431, und »Indianer«, S. 792. Vgl. ferner die Literatur bei den Artikeln »Kanada, Mexiko und Vereinigte Staaten«.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 14. Leipzig 1908, S. 737-746.
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Hermanns Schlacht. Ein Bardiet für die Schaubühne

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Von einem Felsgipfel im Teutoburger Wald im Jahre 9 n.Chr. beobachten Barden die entscheidende Schlacht, in der Arminius der Cheruskerfürst das römische Heer vernichtet. Klopstock schrieb dieses - für ihn bezeichnende - vaterländische Weihespiel in den Jahren 1766 und 1767 in Kopenhagen, wo ihm der dänische König eine Pension gewährt hatte.

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