Weinbau

[42] Weinbau, die Kunst Weinstöcke so zu behandeln, daß sie viele, große u. süße Trauben tragen u. auch an solchen Orten gedeihen, wo sie der Natur überlassen nicht fortkommen würden. Durch den W. werden viele Stellen benutzt, welche zum Fruchtbau nicht taugen, obgleich die Gegenden, wo man W. betreibt, meist zu den ärmeren gehören. Man kann den W. entweder auf Bergen (Weinbergen), od. in Gärten (Weingärten), im flachen Feld (wie in der Champagne), an Bäumen (wie in Italien), od. am Spalier betreiben. Die ersteren Arten des W-s nennt man großen, die letztere kleinen W. Die Lehre von dem W. nennt man Önologie; die Beschreibung des Weinstocks u. insbes. die Classification der Weintrauben heißt Ampelographie. I. Der Weinstock (Vitis vinifera), die Pflanze, welche die Weintraube trägt; Kelch sehr klein, fünftheilig, Blumenkronblätter hängen an der Spitze zusammen u. bedecken die Befruchtungswerkzeuge wie mit einer Mütze, werden welk u. fallen ab; die unreifen Beeren sind fünf-, die reisen nur einfächerig, ein-, zwei- u. dreisamig; Blätter drei- u. fünflappig, buchtig, tief u. weitläufig gezähnt, unten etwas haarig, unter vielen Abänderungen nach den verschiedenen Sorten; haben etwas Saures u. Adstringirendes; die Ranken (Pampini) von herbem, zusammenziehend säuerlichem Geschmack, viel Gerbestoff u. Weinsäure enthaltend, gegen Diarrhöe u. chronische Katarrhe angewendet; die grünen Blümchen haben Veilchengeruch; die Zweige heißen Reben (Racemi). Es gibt deren fast unzählige Spielarten, indem der Weinstock durch Klima, Boden u. Behandlung, od. auch durch andere Zufälle, eben so wie die Obstsorten, eine Menge Veränderungen erlitten hat. Der Weinstock stammt wahrscheinlich aus dem gemäßigten Asien, kam aber schon früh nach Griechenland, dann nach Italien, Frankreich etc. Er gedeiht am besten zwischen dem 32. u. 50. Breitegrade. Über dem 50. Breitegrad hinaus kommen bisweilen Winter, wo er ungedeckt erfriert. Die aus sehr warmen Ländern in bedeutend kältere Gegenden gebrachten Weinstöcke gedeihen selten daselbst, od. die Frucht kommt doch nicht zur Reise od. verliert viel von ihrer Güte. Dagegen bringen Weinstöcke aus kältern Gegenden in bedeutend wärmere verpflanzt meist edlere Frucht. So bringen vom Rhein auf das Vorgebirge der guten Hoffnung verpflanzte Weinstöcke einen Wein, welcher die Kraft des Rheinweins, aber die Milde eines wärmern Klimas hat. Man hat die verschiedensten Varietäten, welche sich bes. in den Trauben zeigen. A) Muskateller (Weihrauch, franz. Muscat, Muscadet, Frontignac), Haut fest, Geschmack müskirt (bisamartig); a) weißer Muskateller, aus Italien, reist Ende September, groß, lang, engbeerig, Sonnenseite gelb, Beeren rund, Blätter fünftheilig, tief eingeschnitten, stark gezähnt, Holz braun, erfriert leicht, Augen dick; der gelbe Muskateller, aus Portugal, wächst zottig, weitbeerig, Beeren fleischig, an der Sonne braun gefleckt; b) Malvasiermuskateller, aus der Provence,[42] weißgelb, reist Ende September, groß, zottig, Beeren breit, würzig, springen von Nässe auf; c) grüner Muskateller, aus Ungarn, reist Mitte September, Traube groß, zottig, Beeren rund u. gefleckt, gewürzhaft; d) großer Boromeo (Baromet), aus Malaga, gelblichgrün, reist Ende September, Traube sehr groß, Beeren rund; die blaue Sorte (Bockshorn) hat längliche, blau bestäubte Beeren, erfordert warme Lage; e) Zibebenmuskateller, aus Alexandrien, gelb, reist im October, Traube groß, zottig, Beeren groß, eiförmig, süß müskirt, verlangt warmes Weinjahr; f) italienischer früher Malvasier, lichtroth, grau beduftet, reist Mitte August, gibt weißen Wein, der Stock ist sehr fruchtbar u. manches Auge gibt wohl drei Trauben; g) aschgrauer Muskateller, aus Elsaß, reist Mitte September, Traube groß, lang, dicht, Beere groß, rund; h) früher Malvasier, aus Spanien, durchsichtig weiß, reist Anfangs August, Traube lang, zottig, Beeren eirund gespitzt, süßsaftig; muß lang geschnitten werden, weil erst das sechste u. siebente ein Tragauge ist; i) portugiesische Fleischtraube, reist. Anfangs October, Traube sehr groß, bis 7 Pfund schwer, Beeren fleischfarben, rundlich, sehr festfleischig mit kleinen Kernen, Geschmack kaum muskateiterartig; k) rother Weihrauch, reist Ende September, Traube groß, dicht, blaßrothe, rothgestrichelte, sehr müskirte Beeren; l) blauer (violettschwarzer) Weihrauch, aus der Provence, reist Ende September, eine der besten Sorten, Traube groß, dicht, Beeren sehr gewürzhaft; eine ähnliche Sorte aus Spanien ist blaßroth, eine andere aus Italien schwarzroth; m) schwarzer Weihrauch, aus dem Waadtland, reist Ende September, Traube mittelgroß, dicht, Beeren rund, würzig, Blätter dreitheilig, nicht tief eingeschnitten, hellgrün, Stiel roth; die nämliche Sorte aus Frankreich hat größere Trauben; n) schwarze spanische Muskadine, reist Anfangs October, Traube wird mehre Pfund schwer, Beeren groß, von ganz vorzüglichem Geschmack. B) Gutedel (in Franken Junker, in Österreich Muskateller, franz. Chasselas, Notre Dame, Muscadin), meist von der Champagne: a) großer spanischer Muskateller, weißgelb. reist Ende September, Traube mehre Pfund schwer, Beere rund, nicht dicht, süßwürzig; eine ähnliche Sorte ist der Diamantwein, nicht so groß; b) Krachmost, aus dem Breisgau, weißgelb, reist Ende September, Traube groß, dicht, Beeren rund, von vortrefflichem Geschmack; c) Petersilientraube, gelbgrünlich, reist im September, Traube groß, ästig, weißbeerig, Beeren etwas platt, lieblich, Holz grün, schwach, gegen Kälte empfindlich, Blätter fünflappig, tief ausgeschnitten, vielspaltig gezähnt, lang zugespitzt, der Petersilie ähnlich; d) weißer (gelber) Gutedel (Chasselas blanc), reist Anfang September, zottig, mit runden, süßwürzigen Beeren, zwischen welchen oft kleine, vorzüglich süße Beeren sind, Reben braun, weißgestreift, stark, dauerhaft, wachsen glatt in die Höhe; ähnlich ist der grüne Gutedel, geringer, seine Haut nicht so fleischig; e) rother Gutedel (Chasselas rouge), reist Anfangs September, Traube groß, dicht, Beeren groß, süßwürzig; ähnlich der große rothe spanische Gutedel, sehr große Traube, reist vier Wochen später; f) Königsgutedel (Chasselas au roi), roth, reist noch etwas früher als der weiße, aus Afrika, Beeren locker, mit Beerchen dazwischen, färben sich schon wenige Wochen nach der Blüthe, sehr wohlschmeckend; g) rother Champagner (Rebhühnerauge), reist Ende August, Traube mittelgroß, Beeren dicht, blaulich, ins Schwärzliche übergehend, sehr sein süß; h) schwarzer Gutedel (Chasselas noir), reist Ende September, Traube groß, dicht, Beeren angenehm süß, Holz gelblich roth gestreift, Blätter hellgrün. C) Burgunder, reisen noch früher als vorige; a) früher weißer Morillon, b) gelber Melier, aus Ungarn, c) gelber Melier, aus Malaga, d) grauer u. rother Tokayer, letztere Trauben haben kleine, süße, frühreifende Beeren; e) Augst-Clävener (von Cläven od. Chiavenna in Graubündten), mittelgroße Traube, rothe runde Beeren; die schwarze Sorte mit dichter Traube u. süßen würzigen Beeren, reist gegen Anfang September; f) schwarzer Burgunder (Auvernas noir), reist Mitte August, Traube mittelgroß, dicht, Beeren klein, rund, zuckersüß, auch selbst in schlechten Weinjahren; g) Müllertraube (Gris noir), schwarz, reist Anfangs September, welche der vorigen Traube mit runden, süßwürzigen Beeren gleicht; beim Aufschließen sind die Blätter mit einer kurzen, wie Puder aussehenden, dann einer längern Wolle bedeckt; h) Dickschwarze (Trussiaux), reist Ende September, runde, schwarze, in großen Trauben dichtstehende, süßwürzige Beeren; i) blauer Burgunder, gibt bes. den Ingelheimer, gedeiht in magerm Boden. D) Zibebentrauben: Beeren länglich, zuweilen Eicheln ähnlich, süß, aber nicht würzig, meist Tafelsorten; a) weiße Zibebe, reist Mitte September, die süßsaftigen Beeren stehen in mittelgroßen, lockern Trauben; b) weiße türkische Zibebe, reist Anfangs October, Traube groß, zottig, fleischigsaftige, eiförmige, gelbliche Beeren; ähnlich die große Zibebe aus Sevilla, reist früher; c) weißer Ötlinger (Ortliebische od. Türkheimer Traube), reist mit Anfang October, Trauben engbeerig, bes. am Rhein, um Worms; d) weißer Frühleipziger (Früher von der Lahn, reist Mitte September, Traube groß, zottig, Beeren grünlich, dünnhäutig, etwas länglich, sehr süß; eine blaue Varietät hat kleine, süßbeerige Trauben, reist Anfangs August; Andere rechnen diese Sorten unter die Gutedel; e) Alicantwein (Tinto, Tintenwein, Vitis tinctoria), Traube groß, dicht, Beeren vor der Zeitigung breit u. eckig, bei der Reise dehnen sie sich mehr länglich, werden schwarz u. etwas würzig, erfordern viel Wärme; man begreift darunter mehre Traubensorten mit dunkelrothem, färbendem Safte; auch der Färber in der Pfalz, mit kleiner, frühzeitiger Traube, ist eine solche, so wie der Pontak. E) Österreicher (Silvaner, von Transsilvania od. Siebenbürgen, auch Ziersahlner), reist im September; a) grüner Silvaner, Traube mittelgroß, kurz, dicht, Beeren grün, fleischig, sehr süß, an der Sonnenseite bräunlich gesprengt; b) blauer (schwarzer) Silvaner, süß u. würzig; c) schwarzer Orleaner, Traube groß, dicht, mit runden, süßen Beeren, trägt reichlich. F) Andere Sorten: a) weißer Süßer, Traube lang, zottig, Beeren rund, gelblich, sehr süß, reist im August; b) weißer Augster, Traube lang, zottig. Beeren eiförmig, gelb, klein, von seinem, süßweinigem Geschmack, reist im August, Stock stark, mit großen,[43] wolligen Blättern; c) weiße St. Lorenztraube, reist im September, groß, zottig, Beeren wie Pflaumen groß, hält sich lange, wohl bis Weihnachten, Holz weiß, stark u. von Auge zu Auge gebogen, Blätter unten etwas weißwollig; d) Gaisduten (nach der Ähnlichkeit der Beeren mit Ziegenzitzen, auch Jerusalemer od. Astrachaner Trauben, Muscat d'Alexandrie), Trauben aus Tokay, reifen Ende September; die weiße Gaisdute, Traube groß, zottig, Beeren mittelgroß, lang, schon sehr süß, wenn sie kaum weich sind; die blaue Spielart ist ihr sonst gleich; e) weißer (blanker) Heinischer (Elbling, Kleinberger, Weißalben), reist Ende September, gibt viel Most, aber keinen geistigen Wein; besser ist der rothe Heinische, außerordentlich fruchtbar, Beeren mittelgroß, rund, dünnhäutig. f) Nazarener (Sapilier), weißgelb, reist Mitte September, Traube groß, zottig, Beeren länglich, süßwürzig; g) Thränenwein (Lacrymae Christi), einheimisch am Vesuv, bei uns wird er in sehr warmer Lage erst spät kaum reif; von der weißen Sorte stammen die Reben aus Cypern; die blaue gibt einen röthlichen Wein (Jungfernwein), weil er aus den edelsten Trauben nur leicht gepreßt wird u. man so den Most gleichsam nur thränen- (tropfen-)weise sammelt; h) Riesling, gelblich, Traube mittelgroß, locker, kleinbeerig, Saft süß, geistig, würzig; es ist die nämliche Rebensorte, welche auf dem Cap den Capwein gibt, im Rheingau ist sie die Hauptrebe, erfordert warme Lage; i) rothe Warner- (Hamburger) Traube, reist Ende September, groß, Beeren beduftet; eine schwarze Sorte hat mittelgroße, mehr lange, saftige, müskirte Beeren u. reist 24 Tage eher; k) später Blauer (Anguur, Asii), reist Anfangs October, Traube kolossal, läßt sich lange aufbewahren, stammt aus Persien, woher sie Martini mitbrachte, aus ihr der Hermitagewein; l) edler Vernaggio, schwarz, stammt aus der Schweiz, reist im September, Traube sehr groß, Beeren groß, rund, süßwürzig; m) Frankenthaler, schwarzblau, Traube groß, oben breit, dicht, Beeren rund, fleischig, angenehm süß; n) Schwarzwelscher (Rothwelscher, Trollinger), verwandt mit vor., Traube zottig, häufig Spalierwein, Holz bräunlich, mit dickem, braunem Kern u. an den Augen bogig; o) Hudler, reist Anfang September, Traube groß, länglich, engbeerig, Beeren rund, weißlichgelb, dünnhäutig, schmeckt angenehm; p) schwarzer Hudler, Traube weitbeerig u. groß, Beeren schwarzblau, reist Ende September; q) Hüngerling, Traube mittelgroß, engbeerig, Beeren mittelgroß, länglich, rothblau, gibt viel Saft; r) rother Mehlweiß, Blatt feinaderig, unten dünnwollig, Beeren fleischfarbig u. wässerig, die Stiele dünn u. roth; s) schwarze Abendröthe, Blatt hellglänzend, unten wollig, Blattstiel u. Traubenstiel grün, Trauben groß u. zottig, Beeren hartschalig, groß, rund, süß, saftreich; t) schwarzer Reifler, reist Ende October, Blatt rund, dreispaltig, unten wollig, Blattstiel röthlich, Trauben klein. u. dicht, Beeren klein, sehr süß; u) Klein-Fränkischer, Art des W-s im Meißnischen, im Gegensatz des Groß-Fränkischen in Franken; auch einen schwarzen Fränkischen, mit undurchsichtigen, schwarzrothen Trauben, hat man; v) Marokkanertraube (Le resain de Maroc), Blatt groß, tief eingeschnitten, scharf gezähnt, Beere violett, etwas herzförmig, Traube groß; w) Ausler (blauer Ungar), aus Ungarn, Traube zottig, lang, Beeren oval, von seinem Geschmack; x) Veltliner, Traube sehr groß u. süß, verlangt viel Hitze u. kiesig magern Boden. G) Kleinere Sorten. a) früher Catalonier, blaßgelb, süßweinig, eigener Geschmack; b) Ruländer (Gris commun, Leberfarbener), leberfarben, Traube dicht, heißt in Sachsen Kleinbronner; c) kleiner Spanischer, röthlich, sehr süß; d) früher Spanischer, blau; e) persische frühe Korinthe, röthlich, sehr süß; f) rother Traminer, von dem Flecken Tramin in Tyrol, süßwürzig, wird dem Forster beigemischt; doch auch einen weißen Traminer (wegen der Form der Blätter Geißfuß genannt) gibt es; g) früher Rheinischer, blau; h) früher Ungarischer, blau; i) Magdalene, blau, sehr süß; k) Jakobstraube, aus Champagne, schwarz, Traube zottig; l) sibirische Zwergtraube, blau, gibt ein vortreffliches Scherbengewächs. In Gärten pflanzt man am besten auf die Mittagseite den Muskatgutedel, die Seidentraube, den Königsgutedel, auf die Morgen- u. Abendseite den frühen Clävener, den rothen frühen u. geschlitztblätterigen Gutedel. Will man nur einzelne Stöcke erziehen, so wählt man die Jakobstraube, den frühen Gutedel, den Krachgutedel u. den rothen Silvaner. Will man die Mauer eines Gartens mit Reben bekleiden, so pflanzt man an die sonnigsten Stellen den rothen Traminer, an die minder sonnigsten den Krachgutedel od. den weißen Gutedel. Sollen die Reben an Spalieren auf den Seiten der Beete od. an Lauben u. Bogengängen längs der Hauptwege erzogen werden, so eignen sich dazu am besten der Krachgutedel, der rothe Silvaner, der rothe Clävener u. an warme Stellen der Traminer. Will man bedeutende Flächen an Gebäuden mit einem einzigen Rebstock bekleiden, so dient dazu der Gänsfüßler. Für Weinberge sind Sorten, aus denen sich seine weiße Weine bereiten lassen: der weiße Riesling, rothe Traminer, weiße Traminer, rothe Clävener, blaue Clävener, weiße Wälschriesling, gelbe Orleaner; Sorten, welche einen mittelmäßigen weißen Wein geben: der weiße Gutedel, Krachgutedel, rothe Gutedel, weiße Elber, grüne Silvaner, weiße Fürther, späte weiße Burgunder, weiße Kleingutedel, Ortlieber; Sorten, aus denen vorzügliche rothe Weine bereitet werden: der blaue Clävener, schwarze Riesling, blaue Häuschling, Gelbsulzer, Traubenschwarz, blaue Müllertraube, rothe Silvaner, blaue Silvaner, blaue Pinens, blaue Hänsling.

II. Der Weinbau. A) Der Weinbau in Weinbergen od. Weingärten. Der Ort, wo man Weinstöcke anlegt, muß wo möglich den ganzen Tag die Sonne, wenigstens die Morgen- u. Mittagssonne haben, ist er gegen die Mittagssonne abhängig, od. kesselförmig, so ist es noch besser. Der Boden wird an solchen Wänden mittelst Mauern od. Rasenwänden terrassirt, um dort wenigstens stellenweise flachen Boden u. dahinter Flächen zu haben, von denen die Sonnenwärme reflectirt wird, daher dieselben auch mit Schieferplatten bekleidet werden. Der Weinstock bedarf einen reinen, trockenen, lockeren, kräftigen Boden; bes. sagt ihm eine Mischung von Kies u. Steingerölle mit lettigem u. mergeligem Untergrund zu. Schweren, kalten Boden verträgt der Weinstock nicht. Die[44] besten Dünger sind Compost, Blut, Knochenmehl, Hornspäne. Die erste Besetzung eines Weinbergs geschieht meist a) durch Schnittlinge, indem man Stücken von Reben abschneidet u. in die Erde legt. Geschieht dies durch abgeschnittene jährige Reben, so heißen diese Blindholz (Raubholz, Todtreben, Blaß-, Knothölzer); nimmt man jedoch hierzu Reben, welche schon Wurzeln haben, so heißen sie Würzlinge (Wurzelstöcke, Reiflinge, Fächser, Gräslinge). Das Blindholz stellen Manche vor dem Legen in fließendes Wasser, od. in Kübel mit täglich zu erneuerndem Wasser, bis die Augen bohnengroß sind, wo man sie in die Erde setzt. Beim Stürzen der Reben werden dieselben, nachdem sie geschnitten sind, in Büschel gebunden, umgekehrt, so daß der untere Theil nach oben gekehrt wird, in mit Moos ausgelegte Gruben gelegt, oben mit nassem Moos u. zuletzt mit Erde zugedeckt (deshalb Sturzreben), u. bleiben so oft 4–6 Wochen, bis sie 1 od. mehre Zoll lange Wurzelkeime (Sporer, Sporne) getrieben haben. Bei dieser Methode kann das Setzen erst im Juni geschehen. Manche lassen im ersten u. zweiten Jahre die jungen Stöcke (Haarreben) ganz nach Belieben wachsen u. schneiden ihnen im dritten Jahre einen Knoten od. Zapfen, d.h. ein Stück von 2–3 Augen, im vierten Jahre einen Bogen, d.h. ein längeres Stück. Beim Setzen setzt man 3 Stücken Blindholz od. 2 Fächser zusammen, in magerm Boden 3 Fuß u. in fettem Boden 41/2 Fuß jeden Satz von dem andern entfernt. Von den Fächsern schneidet man vorher die kleinen Nebenzweige u. auch die obern ab. In lockerm Boden geschieht das Setzen der Reben mit der Stelze, einem spitzigen Pfahle, an dessen Seite 2 Fuß über der Spitze ein Querholz angebracht ist, um mit dem Fuß darauf treten u. den Pfahl in die Erde drücken zu können. In das senkrecht gemachte Loch wird die Rebe so gestellt, daß nur ein Auge über der Erde bleibt, das Loch wird mit Erde u. Sand ausgefüllt. In schwerem, lehmigem Boden macht man 2 Fuß tiefe Gräben (Reitgräben, Kräfte) mit der Haue u. setzt die Reben auf gleiche Weise hinein. Hierbei wirst man etwas Dünger auf den Boden des Grabens u. stürzt die gute. Erde zuerst in den Graben u. die wilde nach. Stets zeilt man die Weinstöcke aus, d.h. setzt sie in gerade Linie u. Entfernung. Oft pflanzt man aber die Weinberge auch b) durch Ableger an, indem man noch am Mutterstock befindliche Reben in Gruben seitwärts des Stocks einbiegt, mit Erde umgibt u. sie, wenn sie dort Wurzeln gefaßt haben, nach 1–2 Jahren abschneidet u. entweder stehen läßt, wo sie den Namen Söhne (Absenker, Senker, Einleger, Grubstöcke) erhalten, od. später verpflanzt, wo sie Würzlinge etc. werden. Ersteres (Versenken, Gruben) wendet man bes. dann an, wenn in dem Weinberge leere Stellen neben noch gedeihenden Stöcken entstanden sind. Es geschieht meist im Spätherbst. Sind aber die leeren Stellen zu groß, so gräbt man einen alten Stock aus, setzt denselben an die leere Stelle u. gräbt auf gleiche Weise die Reben desselben ein. Es ist unter den Weinbauern noch streitig, ob die Bepflanzung der Weinberge durch Schnittlinge od. durch Ableger den Vorzug verdient. Noch hat man mehre Arten der Fortpflanzung des Weinstocks, welche aber in den Weinbergen selten sind. Dahin gehört c) das Fortpflanzen durch Samen, wozu man Kerne von gepreßten Trauben zwei Jahr lang brauchen kann; man legt die im Keller od. feuchtem Sand gelegenen Kerne im Herbste od. im Frühjahre in 6 Zoll von einander abstehenden Reihen 2 Zoll tief, begießt sie, wenn sie aufgegangen sind, versetzt sie im nächsten Frühjahre in die Rebschule, so daß man den Setzlingen nur die stärkste gesunde Wurzel läßt, die übrigen ausschneidet u. sie 3 od. 4 Jahre als Würzlinge braucht. d) Durch Augen. Man nimmt dazu im Frühjahr schöne Schnittlinge mit reifem, starkem Holze, schneidet sie, ohne sie zu zersplittern, in eben so viele Theile als vollkommen ausgebildete Augen vorhanden sind, läßt dem Auge auf jeder Seite ungefähr 1/2 Zoll Rebe u. rundet beide Enden mit einem scharfen Messer zu. An den abgerundeten Theilen bilden sich später zuerst Wülste (Warzen, Kronen), aus welchen die Bewurzelung erfolgt. Aus dem Auge wird der Stock gebildet. Die so. geschnittenen Augen werden nun in einem warm gelegenen Garten aufwärts gerichtet u. in einer Entfernung von 2–3 Zoll mit leichter, guter Erde 1 Zoll hoch bedeckt. Der größte Theil derselben trägt bereits im dritten Jahre. e) Durch Pfropfen des Weinstocks (Enken, Pelzen). Man verfährt dabei wie bei den Bäumen, pfropft aber am liebsten nahe über der Erde, damit an die gepfropfte Stelle Erde angehäufelt werden kann. Werden späte Sorten auf Stämme früher Sorten gepfropft, so werden die Trauben früher u. sicherer reif. Auch wird die Menge der Trauben durch das Pfropfen vermehrt, denn die gepfropften Stöcke tragen reicher, u. sobald ein alternder Stock aufhört reich zu tragen, kann man ihn durch Pfropfen verjüngen u. ihm seine volle Tragbarkeit wieder geben. Man kann weiße auf rothe Weinstöcke u. umgekehrt pfropfen.

Bei einem schon angelegten Weinberge ist die erste Arbeit, im Herbst nach der Lese, das Düngen; am besten ist der schon etwas verfaulte Dünger, doch muß er eine Hand breit vom Stocke entfernt bleiben. Jauchendüngung eignet sich für Sand- u. leichten Lehmboden, wenn sie im Februar u. Herbst geschieht, ist auch meist im März u. April noch anwendbar, wenn die Jauche zur Hälfte mit Wasser vermischt wird. Noch vortheilhafter hat sich die Compostdüngung bewährt. Erwachsene Weinstöcke soll man ringeln, d.h. nach der Weise des Kaiserrings (s.d.) mit Ringen versehen, indessen trägt der Weinstock dadurch zwar mehr Trauben, aber von weniger Wohlgeschmack. Im Frühjahr wird die Arbeit eröffnet mit dem Aufziehen, d.h. die Reben werden aus der Erde genommen, womit sie im Herbst nach dem Niederlegen bedeckt worden sind, um sie gegen Frost zu schützen. Es geschieht, wenn keine starken Fröste mehr zu befürchten sind, an einem trockenen Tage. Alsdann kommt das Räumen, d.h. man zieht die Erde von dem Stocke weg u. schneidet die Thauwurzeln wenige Zoll vom Stocke ab. Nun folgt das Beschneiden; dabei gilt als Hauptregel, daß man einem dürftigen Stocke wenig, einem mastigen Stocke viel Holz läßt. Die Übergeilheit heißt Hirculation. Der Schnitt muß 1 Zoll über dem Auge gemacht werden; man läßt dabei jeder Rebe, nach Verhältniß, 3–5 Augen. Bes. soll man die Wasserreben (Schossen) wegschneiden, welche nahe an den Wurzeln hervortreiben u. dem tragbaren Holze viel Saft wegnehmen. Manche beschneiden auch im Herbste, wenn das Holz recht reif u. der Herbst schön ist. Nach dem Beschneiden kommt das Pfählen (Anpfählen), wo die 3–5 Ellen langen Pfähle einzeln gesetzt u. der [45] Weinstock daran gekoppelt, d.h. oben u. in der Mitte angebunden wird, od. so, daß je 3 u. 3 Pfähle für jeden Stock kommen, so daß dieser in Form einer Pyramide wächst; dann die erste Hacke, wo das Erdreich um den Weinstock mit einer Hacke behackt wird, u. zu Ende Mais das erste Ausbrechen (Ausgeizen, Verbrechen, Zwicken), wobei die unbrauchbaren Schosse (Geiz) zwischen den Reben, auch die Spitzen der Reben über der Frucht weggenommen werden. Schosse, welche das nächste Jahr zu Bogen geschnitten werden sollen, werden nicht verbrochen. Das Anbinden (Heften) der jungen Schosse, welches oft in halbmondförmigen Bogen (Bogenmachen) geschieht, um die zu rasche Circulation des Saftes zu hemmen, muß zu Anfange Junis od. doch vor der Blüthe geschehen u. des Jahres mehrmals wiederholt werden. Alsdann kommt das zweite Hacken (Jäthacke) u. nach Jacobi das Verhauen (Abwipfeln), wobei das obere Ende der jungen Reben mit dem Weinmesser weggenommen wird, damit das Holz kräftiger werde; auch bricht man dabei etwas Laub aus, damit die Trauben besser reifen, u. bindet die Reben am Stocke auf. Es darf solches nicht früher geschehen, als bis die Trauben vollkommen ausgewachsen sind, weil sonst, bes. in nassen Jahren, die Vegetation aufs Neue gereizt u. durch die Zeitigung des Holzes u. die Reise der Trauben aufgehalten wird. Einige pflegen bei dieser Arbeit die Stöcke zugleich auszublatten, d.h. den Reben einen Theil ihrer Blätter zu nehmen, welches aber der Reise der Trauben nachtheilig ist. Dann folgt die dritte Hacke (Beerhacke), um Egidy. Das Jäten (Krauten), d.h. das Ausreißen des Unkrautes, muß hierbei in feuchten Jahren von Anfang an vorgenommen u. öfters wiederholt werden; das letzte Jäten heißt Reinkrauten. Bei der Weinlese (Herbst) od. dem Sammeln der Trauben, welche nach der Lage des Weinberges u. nach den Witterungsverhältnissen früher od. später im October angefangen wird, werden die Bänder des Weinstocks aufgeschnitten u. die Trauben mit einem Messer abgenommen, alle nicht ganz reife, vertrocknete od. faulige Trauben werden bei Seite gelegt; in größern Weinbergen werden auch die einzelnen Traubensorten besonders gelesen (sortirt). Geschieht die Weinlese bei trockenem Wetter, so gewinnt man besseren Wein, geschieht sie bei nebeligem, feuchtem Wetter, so gewinnt man mehr Wein. Man läßt gern zuerst die schlechtesten Weinberge lesen, weil in den guten Weinbergen der Wein durch langes Hängen auch besser wird. In einzelnen Gegenden gibt die Weinlese, namentlich aber der Schluß derselben, bei vorzüglichen Jahrgängen auch Veranlassung zu verschiedenen Festlichkeiten, wie Auf-, resp. Einzügen mit Musik u. Böllerschüssen, Schmausereien, öffentlichem Tanz u. dgl. Die letzte Arbeit in den Weinbergen ist das Ausziehen der Pfähle, welche entweder ins Trockne gebracht od. je vier wie ein Sägebock vereinigt u. ein Haufen Pfähle hineingelegt werden, u. endlich Decken (Zudecken, Beziehen, Trechen), indem man bei annäherndem Winter die Weinstöcke in die Erde legt u. mit Erde u. Stroh umwickelt, um sie vor Erfrieren zu sichern, wobei zugleich die Pfähle ausgezogen u. ins Trockne gebracht werden.

Der Weinstock kann in Bergen auf verschiedene Weise erzogen werden: a) Baumschnitt. In den ersten Jahren beschneidet man den Weinstock wie gewöhnlich, dann läßt man nur zwei starke Triebe aufwärts wachsen, dreht diese allmälig um einander, so daß beide einen Stamm bilden, u. bindet sie in einer Höhe von 3 Fuß über der Erde mit Bindfaden fest zusammen; dann wird der Stamm an einem dahinter eingeschlagenen Pfahle mehre Mal angebunden. Im Spätherbst schneidet man 1/2 Zoll über dem Boden die beiden sich umschlingenden Äste ab, nimmt den Pfahl weg, lockert die Erde auf u. düngt. Mit Eintritt des Frühjahrs wird der Stamm zum letzten Male an den Pfahl gebunden. Im zweiten Herbst schneidet man alle im vorigen Sommer entstandenen neuen Triebe bis auf das letzte Auge zurück u. wiederholt dieses später einige Jahre hindurch. b) Am Spalier. Man verfährt ebenso wie bei der Erziehung des Weinstocks an Gebäuden. An Abhängen bei einer Höhe des Spaliers von 5 Fuß macht man die Reihen 5 Fuß, in ebenen Lagen 6–7 Fuß von einander. Die Entfernung der Stöcke in den Reihen muß 10 Fuß betragen. c) Erziehung mit niedrigen Bogen u. Ablegern. Im Spätherbst schneidet man die Reben, mit Ausnahme der zwei stärksten, unten am Kopf zu Zapfen auf zwei Augen; später wird der schwächste Zapfen weggenommen; dann werden die zwei stärksten u. längsten Reben, so weit das Holz reif ist, mit ihren Spitzen in einem Halbzirkel gerade herabgebogen u. senkrecht etwa 6 Zoll tief in ein Loch gesteckt, welches man mit Erde anfüllt u. festtritt. Damit die Mittagsonne vollkommen einwirken kann, bringt man die einen Reben nach Abend, die andern nach Morgen. Sollten die Bogen zu schwer werden u. sich nicht halten können, so muß man sie an einen kurzen Pfahl binden. Nach der Weinlese werden die beiden Bogen dicht am Weinstock abgeschnitten u. entweder ausgegraben u. zur Bepflanzung eines neuen Weinbergs verwendet, od. sie bleiben stehen, wenn der Weinberg schon zu alt od. mit zu wenig Stöcken besetzt sein sollte. Die überflüssigen Reben werden bis auf ein Auge zurückgeschnitten, die zwei stärksten u. kräftigsten Reben, welche den Sommer über fleißig angeheftet werden müssen, steckt man mit den Spitzen 6–8 Zoll tief in die Erde. Läßt man die gebogenen Reben mehre Jahre od. für immer stehen, so werden sie so stark, daß man die Pfähle ersparen kann. Die aus den Bogen entstandenen Reben schneidet man jedesmal im Spätherbst bis an die letzten Augen ab, wodurch sich sehr fruchtbare Köpfe bilden. d) Der Dreischenkelschnitt. Wenn sich in 3–4 Jahren durch das kurze Beschneiden in den vorhergehenden Jahren kräftige Reben gebildet haben, so läßt man an jedem Stocke drei Reben emporwachsen, bindet sie an eine 3 Fuß über der Erde angebrachte, horizontal liegende krumme Stange, die auf Pfählen ruht, u. schneidet dann alle Nebentriebe ab. Die stehen gelassenen drei Reben werden an der nördlichen Seite so angebunden, daß jede von der andern über einen Fuß weit entfernt ist; dann biegt man die Reben an der Südseite der Stange über dieselbe herab, bindet sie an dieselbe od. tiefer an eine aufwärts stehende Rebe, so daß jene Reben der Erde zuwachsen müssen. An den aufwärts stehenden Reben schneidet man alle Triebe ab. Die über die Spalierstange nach Süden gebeugten Reben werden in der Folge immer so beschnitten, daß sie nur kurze Schenkel u. Zapfen behalten. Damit die Reben weder brechen, noch sich auf die Erde neigen können, müssen auch den Winter hindurch Pfähle u. Stangen in gutem Stande erhalten werden. Da sich die gebeugten Reben an der Nordseite erweitern u. verlängern,[46] so müssen auch die Gabeln u. Stangen von Zeit zu Zeit etwas erhöht werden. Die Entfernung der Reihen von einander beträgt 6 Fuß, die der Stöcke in den Reihen 4 Fuß. Die an der Südseite etwa 11/2–2 Fuß herabhängenden beschnittenen Reben werden auf Zapfen u. Schenkel od. blos auf Zapfen geschnitten, je nachdem es die Rebsorten verlangen. Sollten sich den Sommer über die Triebe zu sehr nach der Südseite hin ausdehnen u. die Trauben beschatten, so müssen sie etwas zurückgeschoben werden. e) Laudenbacher Erziehungsart od. Stockschnitt. Derselbe eignet sich bes. für steile Bergabhänge mit fruchtbarem Boden u. vorzüglich für den Riesling. Der Rebstock erhält in solchen abschüssigen Bergen durch den Pfahl eine Stütze, u. dieser verhindert, daß sich der Stock bei Abschwemmung des Erdreichs zu Boden legt. Bei dem Stockschnitt werden die jungen Ruthen fächerförmig gezogen u. gebunden. Gewöhnlich hat der Rebstock 2–3 Schenkel von 1/2– 1 Fuß Höhe. An diesen Schenkeln stehen mehre kurze Zugäste mit 1–2 Zapfen, die meist auf 2 Augen geschnitten werden. Die jungen Ruthen bindet man an dem Pfahl in einen Büschel zusammen. Ehe jedoch das Band fest angezogen wird, werden die Triebe am Pfahle so heruntergedrückt, daß sie sich nach außen biegen; beim letzten Hacken macht man an solchen Stöcken, deren Trauben nahe am Boden hängen, kleine Gruben in die Erde, damit die Trauben von der Erde nicht berührt werden. f) Der hohe Kopfschnitt. Im Spätherbst des zweiten Jahres wird die stärkste u. kräftigste Ruthe auf 2–3 Fuß zurückgeschnitten u. im Frühjahr an einen kurzen Pfahl gebunden. Im folgenden Jahre werden die Triebe abgenommen u. die oberste Rebe wird an ihrem Ursprunge abgeworfen, um an dieser Stelle den Kopf zu bilden. Sind im folgenden Jahre nicht schon mehre Reben vorhanden, so werden die Triebe mehrmals weggenommen u. die oberste Rebe wird an ihrem Ursprung abgeworfen. Sind dagegen mehre Reben vorhanden, so werden diese auf 1–2 Augen verkürzt. Auf diese Weise bilden sich aus dem Kopfe mehre Schenkel. Sind diese in hinreichender Menge vorhanden u. kann der unter dem Kopf befindliche Stamm mit seinen Ruthen tragen, wo dann alle Triebe gleich beim Entstehen ausgebrochen werden, so ist dann kein Pfahl mehr nöthig. Von jetzt an schneidet man die Reben auf 2–3 Augen zurück. Diese Erziehungsart eignet sich bes. für den Traminer u. Ruländer; bei letzterem läßt man statt der Zapfen einige Schenkel von 1–11/2 Fuß Länge stehen. g) Der Bockschnitt. In den ersten Jahren erzieht man den Stock wie gewöhnlich. Die im dritten Jahre auf 2 Augen zurückgeschnittenen Reben machen im Frühjahr gewöhnlich kräftige Triebe, welche man ruhig fortwachsen läßt. Wenn die Stöcke verblüht u. sehr kleine Beeren angesetzt haben, zieht man die Spitzen der Triebe aufwärts, bindet sie zusammen u. schneidet die Triebe über den Boden ab. Hängen die Trauben so tief, daß sie die Erde berühren, so macht man unter ihnen in den Boden kleine Gruben. Im Herbste schneidet man die Reben wieder auf 2–3 Augen zurück, ein Verfahren, welches man jedes Jahr wiederholt. Mehr als 14 Ruthen darf man einem Stocke nie lassen. Ist der Stock mit so viel Ruthen bekleidet, so vereinigt man die äußern Ruthen der benachbarten Stöcke in der Art mit einander, daß man sie an einen kurzen Pfahl bindet. Der Bockschnitt eignet sich bes. für den Riesling.

B) Bei dem W. am Spalier, in Gärten u. an Häusern müssen die Spaliere hoch u. ganz nach der Mittagssonne od. wenigstens nach der Morgensonne gekehrt sein, alles was vor denselben Schatten bewirkt, muß weggeräumt werden. Die Anpflanzung geschieht ganz wie in Weinbergen. Bei dem Beschneiden läßt man den nicht zu dicht stehenden, fruchttragenden Reben (Schenkeln) 7–11 Augen u. wenn man sie für das nächste Jahr ziehen will, nur 2–3 Augen, od. schneidet sie zu Zapfen. Man beschneidet sie im Frühjahr od. Herbst, am besten das alte Holz im Herbste, das junge im Frühjahre. Vor der Blüthe u. überhaupt so zeitig als möglich werden die unnöthigen Schößlinge ausgebrochen u. die Spitzen der Reben über den Trauben abgeknippen, so daß über der Traube nur 3–4 Blätter bleiben. Nach der Blüthe geschieht das Geizen, zu Ende August das Abgipfeln der langen Ruthen. Die Reben bindet man gut an. Im Herbste werden die Stöcke von ihren Bändern gelöst u. in Stroh eingebunden, od. niedergelegt u. mit Erde od. Stroh u. trockenem Dünger bedeckt, um sie gegen das Erfrieren zu schützen.

Wenn Weinstöcke an einer dunkeln od. mit Schiefer behängten Mauer stehen, so reifen die Trauben frühzeitiger u. werden süßer. Kann man Reben durch das Fenster in eine Stube ziehen, so reisen die Trauben um 4–6 Wochen früher. Bisweilen zieht man Reben im Frühjahr durch das untere Loch eines mit Erde gefüllten Blumenasches; man kann dann im Herbste die Rebe, welche in der Erde Wurzel geschlagen hat, abschneiden u. die daran hängenden Trauben sehr lange aufbewahren, od. als Schmuck auf eine Gasttafel setzen. Um Weintrauben für den Genuß lange aufzubewahren, verklebt man auch das abgeschnittene Ende derselben mit Wachs od. Siegellack u. hängt sie in einem kühlen aber frostfreien Zimmer an einer Leine auf.

III. Der Weinstock ist mehren Beschädigungen u. Krankheiten ausgesetzt. Der Schimmel rührt von vieler Feuchtigkeit u. Mangel an Luft her, man muß also den Stock fleißig säubern u. austrocknen. Bei der Mauke (Gelbsucht) bekommt der Stock viel kurzes, gelbes Holz u. verdorrt; beim Brenner vertrocknen die Blätter. Zu viel Feuchtigkeit u. zu gute Düngung veranlassen dies. Die rothe Fäulniß entsteht, wenn vor der völligen Zeitigung der Reben lange anhaltendes Regenwetter einfällt, wodurch die Trauben brandig, faul u. schimmlich werden u. ganz vertrocknen. Beim Brand (rother Brand, Laubrausch) werden die Blätter roth u. sterben ab, die Stöcke bekommen schwarze Flecke u. sterben vor der Zeit ab; beides rührt von schädlichen Dünsten her. Eben so ist die Stockfaulung, Faulen der Trauben am Stock, durch Nässe veranlaßt, ein grobes Übel; Abfallen der Beeren, wird durch zu große Hitze veranlaßt, dieselbe trägt aber in der Regel, bes. im August u. September, zum Gedeihen der Trauben sehr viel bei. Der Mehlthau u. starke Reise im Frühjahre u. zeitigem Herbste thun den Weinstöcken vielen Schaden; man schützt sich in Weinbergen dagegen, daß man die Nacht hindurch Feuer mit faulem Holze, Miste od. nassem Stroh auf der Windseite unterhält u. so die Weinstöcke einräuchert. Schaden durch Fröste in harten Wintern kommt man durch das gute Decken der Weinstöcke zuvor; auch hilft man durch Abschneiden der erfrornen Zweige ab u. bestreicht die Schnittwunden, um das [47] Austreten des Saftes zu hindern, mit einem Kitt von Leim. Kalte u. scharfe Winde im Winter u. Frühjahr schaden sehr u. versagen die Augen; Platzregen ebenfalls, indem er die Erde wegschwemmt; Nebel u. Thau, bes. in der Blüthenzeit, ist ebenfalls schädlich; Nässe macht die Trauben faul. Der gefährlichste Feind ist aber das Oïdium (s. Traubenkrankheit) u. der Hagel, welcher die Trauben abschlägt. Die Trauben haben eine Menge Feinde; Wild jeder Art geht in die Weinberge u. frißt die Trauben, ebenso Igel, Ratten u. Mäuse; Sperlinge hält man am Spalier durch vorgemachte Netze od. alten Musselin ab; aber auch die Elstern, Dohlen, Weindrosseln, Staare, Rebhühner lieben die Trauben; Hornissen, Wespen, Bienen u. Fliegen kann man etwas mindern, wenn man Arzneigläser an den Stock hängt, in welche man etwas verdünnten Syrup gegossen hat. Außerdem sind von Insecten noch Blattläuse, Erdflöhe, Ameisen, Ohrwürmer, Heuschrecken, Rebenstecher, Weinrebenrüsselkäfer, Engerlinge etc. den Trauben schädlich. Dadurch daß man die fast reisen Trauben in Papierdüten packt, kann man sie noch am besten gegen diese Feinde u. zugleich gegen die frühzeitigen Fröste schützen.

Die Geschichte des W-es s.u. Wein S. 39 f. Weinbauer, ein Bauer, dessen vorzüglichstes Besitzthum in Weinbergen besteht od. welcher sich zum großen Theil mit Erbauung des Weines beschäftigt. Weinbaugesellschaften, Vereine zu Beförderung u. Verbesserung des Weinbaues u. der Weinpflege; die erste war die Weinbaugesellschaft für Sachsen, 1799 in Meißen gestiftet, ihr folgten die für Portugal in Lissabon 1805, für Burgund zu Beaune 1807, für Württemberg zu Stuttgart 1825, in Neapel 1833, für Baiern in Würzburg. Außerdem bestehen in mehren landwirthschaftlichen Vereinen besondere Sectionen für Weinbau. Vgl. Wandergesellschaften. Weinbauschulen, sind in der Nähe musterhafter Weinberge eingerichtete Lehranstalten für junge Leute zum theoretischen u. praktischen Unterricht im Weinbau u. der Weinbereitung.

Vgl. von Babo u. Metzger, Wein- u. Tafeltraube der deutschen Weinberge u. Gärten, Manh. 1836–1838; Gok, Beschreibung der wichtigeren Weinrebenarten, Stuttg. 1836–39; von Babo, Der Weinstock u. seine Varietäten, Frankf. 1843, 2. A. 1856; Hennig, Anleitung zu einer naturgemäßen u. lohnenden Behandlung des W-s, Weim. 1858; Ritter, Weinlehre, Mainz 1817; Kecht, Versuch einer Methode den W. in Gärten u. Weinbergen zu verbessern, 4. Aufl. 1827; Bronner, Anweisung zur nützlichsten Anpflanzung der Tafeltrauben u. anderen Traubensorten, Heidelb. 1835; Servière, Önologie, Ilmenau 1827; Röber, Versuch einer rationellen Anleitung zum W., Dresd. 1825; von Babo, Der W. nach der Reihenfolge der vorkommenden Arbeiten, 2. Aufl. Heidelb. 1850; Rubens, Der Weinbauer, Mainz 1845; Kecht, Verbesserter praktischer W., 7. Aufl. Berl. 1850; Dohnaht, Katechismus des W-s, Lpz. 1850; Chaptal, Handbuch des W-s, aus dem Französischen, Weim. 1656; Hlubeck, Der Führer für Weingartenbesitzer, Genf 1856; Köhler, Anleitung zum W., Wien 1859; Burger, Classification u. Beschreibung der in den österreichischen Weingärten vorkommenden Traubensorten, Wien 1837; Hlubek, Die Rebsorten Steyermarks, Gratz 1831; Trummer, Systematische Classification u. Beschreibung der in Steyermark vorkommenden Rebsorten, Gratz 1855; Bronner, Die milden Trauben des Rheinthals, Heidelb. 1857; Metzger, Der rheinländische W; Heidelb. 1827.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 19. Altenburg 1865, S. 42-48.
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