[612] Elektricität (v. gr. Elektron, Bernstein). Was E. sei, läßt sich nach dem gegenwärtigen Stande der Wissenschaft mit Klarheit nicht sagen, u. obwohl es gelungen ist, die bisher wahrgenommenen Erscheinungen, welche von den Physikern in das Gebiet der E. gerechnet werden, unter sehr einfache Vorstellungen u. durch sehr überschauliche Gesetze zu vereinigen, so ist doch diese Theorie noch nicht abgeschlossen. E. geht immer von der Berührung ungleichartiger Massentheilchen aus. Wo freie, also überhaupt wahrnehmbare E. an einer Stelle angehäuft u. ruhend gedacht werden soll, muß sie sich, wie schwach sie auch sei, immer durch Anziehung od. Abstoßung eines in ihre Nähe gebrachten schweren Körpers äußern können; wo E. in Bewegung gedacht werden soll, gibt sie sich immer durch die Ablenkung einer beweglichen Magnetnadel kund, an der sie vorüberströmt. Wo nicht eine dieser Methoden die Anwesenheit der E. bestätigt, kann man nicht von E. sprechen, u. die Instrumente, welche zur Wahrnehmung der genannten Kräfte erfunden sind, gewähren zur völligen Sicherung gegen etwaige Täuschung nicht blos qualitative Kennzeichen, sondern verstatten auch die vorhandene E. ihrer Menge nach zumessen. Größere Quantitäten ruhender E. äußern sich übrigens bei ihrer Entladung durch Funken, die von Geräusch u. zuweilen bedeutender Wärmeentwicklung, beim Übergang in den menschlichen od. thierischen Körper von einer Nervenerschütterung begleitet sind. Strömende E. gibt sich außer dem genannten Kennzeichen noch durch chemische Zersetzung von Flüssigkeiten, durch Erhitzung od. Schmelzung von Metalldrähten, welche sie durchströmt, durch Anziehung od. Abstoßung gleich- od. entgegengesetzt gerichteter Ströme u. bei ihrem Eintritt in den Körper durch Nervenerschütterung kund. Durch die Bemühungen der Naturforscher in den letzten Jahrzehnten ist die Kenntniß von der E. so erweitert, daß ihr Gebiet gegenwärtig das umfangreichste in der Physik ist. Dasselbe theilt sich daher sowohl nach Art der Elektricitätserregung als nach Art ihrer Wirkung naturgemäß in mehrere Hauptabschnitte; über Galvanismus, Induction, Thermoelektricität, Elektromagnetismus, Elektrodynamik s.d. a.; hier wird vorzugsweise von der gemeinhin so genannten E. gehandelt, also von der durch Reibung erzeugten u. deren Erscheinungen, welche man auch unter dem Namen der Elektrostatik (Lehre von den Erscheinungen ruhender E.) zusammenzufassen pflegt.
I. Erregung der E. durch Reiben. Wenn man einen harzartigen Körper an Wolle, od. Glas an Seide reibt, so wird an demselben die Kraft erregt, leichte Körper, z.B. Papierspäne, Hollundermarkkügelchen etc. anzuziehen. Diese Kraft, od. vielmehr nach der gewöhnlichen Vorstellung ein hypothetischer, im geriebenen Körper enthaltener Stoff, welcher diese Kraft ausübt, wird E. genannt. Weil die Alten die E. zuerst am Bernstein (Elektron) wahrnahmen, so ist daher der Name genommen. Die E. läßt sich vom geriebenen Körper auf andere übertragen, u. wenn man ein Hollundermarkkügelchen an einem seidenen Faden aufhängt u. mit einer geriebenen Siegellackstange berührt, so erhält es selbst das Vermögen, andere leichte Körper anzuziehen. Nicht alle Körper aber lassen sich, wenn man sie ohne weiteres in der Hand hält, durch Reiben elektrisch machen; daher theilte man früherhin die Körper ein in idioelektrische (selbstelektrische) u. anelektrische (unelektrische, welche nur durch Übertragung elektrisch werden könnten). Die Vorstellung jedoch, welche dieser bisweilen noch gebrauchten Bezeichnung zu Grunde liegt, ist irrig. Das Verhältniß ist vielmehr folgendes: die geriebene Siegellackstange ist nur an den geriebenen Punkten elektrisch, überträgt man dagegen E. auf einen langen, auf einem Glasfuße stehenden Metallcylinder an einem Punkte, so zeigt sich der Cylinder sofort überall elektrisch. Beide Körper unterscheiden sich daher dadurch, daß der eine der E. freie Bewegung durch sich verstattet, der andere sie an dem Punkte fest hält, wo sie erregt wurde. Alle Körper, welche jene Eigenschaft mit dem Metall theilen, heißen Conductoren (Leiter der E.); alle, welche darin mit dem Siegellack übereinstimmen, heißen Isolatoren (Nichtleiter der E.). Es gibt hierbei Übergänge von der einen Klasse zur andern, u. es fehlen streng genommen die idealen Extreme; daher man richtiger von guten u. schlechten Leitern redet. Die besten Conductoren sind die Metalle, nächstdem die Flüssigkeiten u. alle feuchten Körper, also unter andern auch der Erdkörper u. die lebenden organischen Körper; die besten Isolatoren sind Glas, Harz (namentlich Gutta Percha), Schwefel, Haare, Seide, Schießbaumwolle, mit Salpetersäure u. Schwefelsäure behandeltes sogenanntes Elektrisches Papier, trockene Luft; nächstdem trockenes Holz, Leder, Elfenbein. Gesetzt nun, es würde auch eine in der Hand gehaltene Metallstange durch Reiben elektrisch, wie dieß in der That der Fall ist, so würde sich doch die E. sofort über die ganze Stange u. durch den Körper des Menschen in die Erde verbreiten u. verschwinden. Ist dagegen ein Conductor rings von Nichtleitern umgeben, wenn erz.B. in trockener Luft auf Glasfüßen steht od. an Seidenfaden hängt, so kann sich die E. von ihm aus nicht weiter bewegen; man sagt, er ist isolirt, u. wenn ein isolirter Conductor gerieben wird, so zeigt auch er sich elektrisch. Weil die Isolatoren an anderen Isolatoren od. an Conductoren gerieben, weit stärkere E. liefern, als Conductoren durch gegenseitige Reibung, so pflegt man jene zu benutzen, wo es darauf ankommt, große Quantitäten von E. anzusammeln, also im Gebiete der Elektrostatik, während ihr Gebrauch unzweckmäßig sein würde, wenn man wünscht, daß die E. sich von der Stelle ihrer Erregung auch sogleich weiter bewege, also im Gebiete der strömenden E., d.h. des Galvanismus, der Elektrodynamik u. der Induction, vielmehr bedient man sich in diesen letzteren immer der Berührung von Conductoren.
II. Positive u. negative E. u. ihre Wechselwirkung. Hängt man eine geriebene Siegellackstange mittelst eines Seidenfadens horizontal als Drehwage auf, so wird sie durch eine andere geriebene Siegellackstange abgestoßen, durch eine geriebene Glasstange aber angezogen, u. eine drehbar aufgehängte elektrische Glasstange wird durch eine zweite solche abgestoßen, durch eine elektrische Harzstange aber angezogen. Wegen dieser entgegengesetzten Wirkungen der Glas- u. Harzelektricität sieht man sie als zwei verschiedene E-n an u. nennt die erste positive (+), die letztere negative () E. Auch ergibt sich aus den genannten [612] Versuchen das Gesetz, daß sich gleichartige E-n abstoßen, ungleichartige anziehen. Daneben besteht als zweites Grundgesetz, daß immer bei der Reibung zweier Körper an einander an dem einen Körper ebensoviel + E. erregt wird, als an dem anderen E. Das erstere bietet ein Mittel, die Art vorhandener E. zu prüfen; denn wenn ein Korkkügelchen an einem Seidenfaden, das man durch Übertragung von geriebenem Siegellack elektrisch gemacht hat, von einem anderen Körper abgestoßen wird, so ist der letztere gleichfalls elektrisch, u. wenn ein durch Übertragung von Glas + elektrisches Kügelchen von einem anderen Körper abgestoßen wird, so ist dieser + elektrisch. Was die Stärke der elektrischen Anziehung u. Abstoßung anlangt, so fand Coulomb mit Benutzung der Elektrischen Drehwage (s.u. Drehwage), daß diese Kräfte umgekehrt dem Quadrate der Entfernung u. direct dem Producte der Quantitäten (Dichtigkeiten) beider E-n proportional seien. Die Stärke der wechselseitigen Anziehung entgegengesetzter E-n nennt man auch Elektrische Spannung.
III. Elektrisirung durch Vertheilung u. gebundene E. Bringt man einen elektrischen Körper in die Nähe eines isolirten Conductors ohne ihn zu berühren, so häuft sich in dem abgewendeten Ende die gleichartige, in dem zugewendeten die entgegengesetzte E. an; die mittlere Zone zeigt sich unelektrisch; dieser Vorgang heißt Elektrisrung durch Vertheilung. Die abgestoßene E. kann durch Berührung mit dem Finger od. sonst nach der Erde abgeleitet werden; die angezogene ungleichartige dagegen läßt sich, so lange der ursprünglich elektrische Körper in der Nähe bleibt, weder ableiten, noch kann sie sich selbst nach Ableitung der anderen E. über den ganzen Conductor gleichmäßig verbreiten, sondern sie bleibt in dem, dem elektrischen Theile zugewendeten Theile angehäuft. Man nennt sie in diesem Zustande gebundene E. u. versteht darunter auch überhaupt solche E., welche durch die Nähe entgegengesetzter E. in ihrer Bewegung u. ihrer Wirkung nach außen gehindert ist. E., in deren Nähe sich nicht entgegengesetzte befindet, heißt freie E. Die bei der Elektrisirung durch Vertheilung gebundene E. wird nach Rieß auch Influenzelektricität genannt.
IV. Verbreitung der E. auf der Oberfläche der Conductoren. Freie E. ist nicht durch die ganze Masse der Conductoren verbreitet, sondern findet sich nur an ihrer Oberfläche, gleichsam als eine desto dünnere Schicht, je größer die Oberfläche ist, auf welcher sie sich verbreiten muß. Wenn man daher mit einer elektrischen, isolirten Metallkugel eine gleich große isolirte Kugel in Berührung bringt, so wird der ersten die Hälfte ihrer E. entzogen, mag nun die zweite eine massive od. eine hohle vom dünnsten Blech, od. eine mit Goldblatt belegte Glaskugel sein. Vergleicht man daher die E. wegen ihrer Beweglichkeit überhaupt mit einer Flüssigkeit, so darf man sich dieselbe nicht als eine expansible denken, welche den ganzen gegebenen Raum ausfüllen würde, sondern als eine incompressible nach Art der tropfbaren. Die gegenseitige Abstoßung der auf einem isolirten Conductor angesammelten Elektricitätstheilchen erfolgt also nur in der Richtung der Oberfläche. Wo daher diese eben od. gut abgerundet ist, ist kein Grund, warum die E. aus dem Conductor entweichen sollte; wo dagegen die Oberfläche die Gestalt einer Spitze hat, da drängen sich nach dieser die Elektricitätstheilchen von allen Seiten zusammen u. die Abstoßung, welche sie erleiden, hat ihre Richtung aus dem Körper heraus. Daher wird hier der Widerstand der nicht leitenden Luft alsbald überwunden, u. die E. strömt in einem schwach leuchtenden Strahlenbüschel allmälig aus; dies heißt die Spitzenwirkung der E. Bei der Construction von Apparaten, welche E. bewahren sollen, muß man daher Spitzen, scharfe Ecken u. Kanten sorgfältig vermeiden, u. der Blitzableiter hat zum Theil seinen wesentlichen Nutzen insofern, als durch ihn die E. entweicht, welche sich sonst im Hause anhäufen u. die entgegengesetzte E. der Wolke heranziehen würde.
V. Vom Entladungsschlag u. der Fortpflanzungsgeschwindigkeit der E. A) Ist die Spannung zwischen der auf einem Conductor angehäuften E. u. einem genäherten Conductor hinreichend groß, so wird der Widerstand der zwischenliegenden nicht leitenden Luft überwunden, u. es erfolgt eine Entladung unter Erscheinung eines Funkens (Elektrischer Funke). Es ist noch nicht ausgemacht, ob das Leuchtende hierbei die E. selbst, od. die plötzlich comprimirte u. dabei bis zum Glühen erhitzte Luft, od. gewaltsam losgerissene Theilchen des Conductors seien. Die Dauer des Entladungsschlages, sowie die Zeit, welche die E. bedarf, um den Schließungsbogen einer elektrischen Batterie zu durchlaufen, hat sich ungemein kurz erwiesen; doch sind die Resultate verschiedener Beobachter über die wahre Fortpflanzungsgeschwindigkeit der E. noch nicht übereinstimmend. Wheatstone entlud eine Leydner Flasche durch einen, englische Meile langen, in der Mitte unterbrochenen Draht u. zwar so, daß die E. sowohl der inneren als der äußeren Belegung der Flasche auf den Draht u. ein drittes mal in der Mitte des Drahtes als Funke überspringen mußte. Der Draht war so aufgestellt, daß alle 3 Funken unmittelbar übereinander erschienen. Ohne weiteres Hülfsmittel erschienen sie nun völlig gleichzeitig u. momentan. Stellte er aber in gewisser Entfernung einen Spiegel auf, der sich um eine verticale Achse in einer Secunde 800 mal umdrehte, so erschienen die Bilder der Funken zu Linien ausgezogen, u. zwar das mittlere seitwärts gegen die beiden anderen verschoben. Es ergab sich hieraus, daß die Funken an beiden Enden gleichzeitig hervortreten, ferner aus der Länge der Linien eine Dauer der Funken von 42 Milliontheilen einer Secunde, endlich aus der seitlichen Verschiebung des mittleren eine Fortpflanzungsgeschwindigkeit der E. durch den Draht von 57,600 Meilen in einer Secunde, während das Licht nur 98,000 Meilen zurücklegt. Geringere Werthe für die Fortpflanzungsgeschwindigkeit galvanisirter E. fanden Fizeau u. Gounelle bei Beobachtungen an den Telegraphenlinien zwischen Paris, Amiens u. Rouen (602 Kilom.); durch Eisendraht von 4 Millim. Dicke betrug sie nämlich 101,710 Kilom. (12,900 Meilen), durch Kupferdraht von 21/2 Millim. Dicke 177,722 Kilom. (22,400 Meilen). Nach den Versuchen von Walker auf den Telegraphenlinien zwischen Washington, Cambridge, Cincinnati, St. Louis u. Charleston ergab sich die Geschwindigkeit durch Kupferdraht von 1,7 Millim. Dicke im Mittel 3178 Meilen. Durch eine nasse Hanfschnur von 7 Millim. Dicke fand W. Weber dieselbe nur 24,5 Meter auf die Secunde, [613] B) Um die ferneren Wirkungen des Entladungsschlages zu erforschen, bedarf man zunächst eines Mittels zur Messung der Stärke der Ladung. Hierzu dient die Lanesche Maßflasche, eine Leydner Flasche, deren Kugel ein mit der äußeren Belegung in Verbindung stehender Metallknopf in beliebiger Entfernung gegenüber gestellt werden kann, so daß sie sich jedesmal bei einer gewissen Ladung selbst entladet. Ihre innere Belegung bringt man mit der äußeren, einer isolirt aufgestellten Batterie, deren Entladungsschläge man studiren will, in Verbindung, u. kann nun an der Zahl der Selbstentladungen der Maßflasche, welche während der Ladung der Batterie. erfolgen, die Stärke dieser Ladung ermessen. Mit Benutzung dieses Apparats hat sich nun zunächst ergeben, daß die Schlagweite der Batterie der Dichtigkeit der angehäuften E. proportional ist, so daß einer Batterie von 2, 3, Flaschen 2, 3, mal so viel E. zugeführt werden muß, wenn die Schlagweite unverändert sein soll. C) Die thermischen Wirkungen des Entladungsschlags sind bes. von Rieß untersucht worden; er fand, indem er einen Platindraht durch die Kugel eines. Luftthermometers leitete u. durch ihn den Schlag führte, die Temperaturerhöhung des Drahts dem Quadrate der Elektricitätsmenge direct u. der Oberfläche, auf welche: sie verbreitet ist, umgekehrt proportional; verglich er die Erwärmung an verschiedenen Platindrähten, so fand er die Menge freigewordener Wärme der Länge des Drahts direct u. dem Quadrate des Querschnitts umgekehrt proportional. Schaltet man ferner, während der Draht im Thermometer unverändert bleibt, verschiedene Drahtlängen in den Schließungsbogen ein, so erscheint die Erwärmung wegen der bewirkten Verzögerung der Entladung geringer; man hat darin ein Mittel, den Widerstand, welchen Drähte von verschiedener Länge, Dicke u. Materie der E. entgegenstellen, od. ihre Leitungsfähigkeit zu ermitteln. Ein starker Entladungsschlag durch einen dünnen Metalldraht geführt, vermag denselben zu schmelzen; doch geht dem Schmezen ein Zerreißen in sehr seine Theilchen vorher, da Rieß eine Schmelzung des Platindrahtes schon bei Schlägen beobachtete, welche den Draht sonst nur auf 211° erwärmen konnten. Die Entzündung von Schwefeläther od. Spiritus durch die Funken der Elektrisirmaschine u. die Entzündung von Gebäuden durch den Blitz sind gleichfalls thermische Wirkungen des Entladungsschlages. D) Die magnetische Wirkung des Entladungsschlages hatte man zufällig auf Schiffen beobachtet, wo die Compaßnadel durch Blitzschläge ummagnetisirt wurde. Wissenschaftlich wurde der Gegenstand von Arago, Savary u. Hankel untersucht, u. es hat sich ergeben, daß die Magnetisirung einer Stahlnadel durch einen, in einer Drahtspirale um sie herumgefürten Entladungsschlag nicht immer normal, d.h. so erfolgt, wie ein in derselben Richtung durch die Spirale geführter galvanischer Strom nach dem Gesetz des Elektromagnetismus sie magnetisiren würde, sondern oft auch anomal, also entgegengesetzt; wenn man nämlich auf dieselbe Stahlnadel unter sonst gleichen Verhältnissen nach einander Schläge einer allmälig immer stärker geladenen Batteriewirken läßt, so treten abwechselnde Perioden der normalen u. anomalen Magnetisirung hervor. E) Ter Entladungsschlag hat auch inducirende Wirkungen; denn wenn man neben dem Schließungsdraht der Batterie (Hauptdraht) einen zweiten Draht (Nebendraht) isolirt aufstellt, so wird in dem letzteren ein Nebenstrom inducirt, welcher sich an Unterbrechungsstellen des Nebendrahts als Funke offenbart. Über die Richtung des Nebenstroms läßt sich a priori nichts entscheiden; denn da er durch Voltainduction erregt wird, im Entladungsschlage aber Entstehen u. Aufhören des Stroms in unmeßbar kleiner Zeit einander folgen u. doch jedes von beiden einen anderen Strom inducirt, ja höchst wahrscheinlich ein Schlag aus einer Reihe sehr vieler Entladungen besteht, so ist die Erscheinung des Nebenstroms um so mehr eine höchst complicirte. Daher nennt man auch diese Art der Induction Elektroinduction zum Unterschied von der Voltainduction. Führt man die Enden des unterbrochenen Nebendrahts auf eine Pechscheibe, so entstehen Lichtenbergische Figuren, welche an jedem Drahtende aus den gewöhnlichen, der + u. E. angehörenden Formen gemischt sind. Der Nebenstrom hat wieder seine magnetischen u. thermischen Wirkungen, u. zwar sind letztere der Länge des wirksamen Hauptdrahtes direct u. seiner Entfernung umgekehrt proportional. Der Nebenstrom übt auf den Hauptstrom eine Rückwirkung aus, darin bestehend, daß er die Entladungszeit verlängert; diest Verzögerung wächst mit dem Widerstand im Nebendrahte bis zu einem gewissen Maximum, nimmt aber bei weiterer Vergrößerung desselben wieder ab. F) Die physiologische Wirkung des Entladungsschlages besteht in einem schlagähnlichen Gefühle, einem unwillkührlichen Nervenzucken. Faßt man die äußere Belegung einer Leydner Flasche mit der einen Hand u. nähert die andere dem Knopfe derselben, so fühlt man den Schlag bei schwachen Ladungen nur in den Fingern od. im Vorderarm, bei stärkeren auch im Oberarm od. in der Brust. Der Schlag einer starken Batterie kann sogar tödtlich werden, sowie man kleinere Thiere schon mit einer Flasche zu tödten vermag. Wenn mehrere Personen sich einander an den Händen fassen u. die beiden äußersten der Kette sich mit dem äußeren u. inneren Beleg der Batterie in Verbindung setzen, so fühlen alle den Schlag auf einmal. Früherhin wurde die durch die Elektrisirmaschine gewonnene Reibungselektricität wegen ihrer nervenerschütternden Kraft medicinisch angewendet; jetzt bedient man sich zu diesem Zwecke der weit vollkommneren Apparate, welche namentlich die Inductionselektricität liefert. G) Wenn eine Reihe von Funken aus dem Conductor einer Elektrisirmaschine übergeschlagen ist, od. die E. durch einen stumpfen Draht aus ihm büschelförmig ausströmt, so bemerkt man in der Nähe entschieden einen elektrische Geruch, in welchem Schönbein bei näherer Untersuchung einen eigenthümlichen chemischen Körper, von ihm Ozon (s.d.) genannt, entdeckte. Man nimmt ihn auch nach Blitzschlägen wahr, u. die Leute pflegen ihn als Schwefelgeruch zu bezeichnen.
VI. Theorie der E. Die bisher geschilderten Erscheinungen lassen sich am bequemsten unter folgenden Vorstellungen zusammenfassen: Es gibt 2 E-en, positive u. negative, d.i. 2 Flüssigkeiten, von denen jede die ihr entgegengesetzte anzieht, die gleichartige abstößt. Im gewöhnlichen Zustande sind beide in allen Körpern gleichmäßig u. in unbeschränkter, aber gleicher Menge vertheilt, daher gebunden. Sie können sich durch keine Anziehung od. [614] Abstoßung od. sonst äußern, denn was von der einen angezogen wird, wird von der anderen unmittelbar daneben befindlichen eben so stark abgestoßen. In einigen Körpern, den Isolatoren, sind die E-en nicht frei beweglich, in den übrigen, den Conductoren, sind sie beweglich. Bei der Berührung od. fortgesetzten Reibung verschiedenartiger Körper vertheilen sich die E-en ungleichmäßig, so daß auf den einen von beiden ein Überschuß freier +, auf den anderen eben soviel freie E. gelangt. Diese freien E-en nun äußern eine Wirkung auf das elektrische Gemisch jedes genäherten Conductors durch Anziehung der ihr entgegengesetzten u. durch Abstoßung der ihr gleichartigen, also durch elektrische Vertheilung. Der zwischenliegende Isolator, die Luft, hindert aber, wenn die Oberflächen abgerundet sind, die völlige Vereinigung der entgegengesetzten E-en u. das Entweichen der gleichartigen. Erst wenn bei hinreichender Näherung u. bei hinreichender Dichtigkeit der freien E. die Spannung so groß wird, daß sie den Widerstand der Luft überwindet, so durchbricht die E. die Luft, u. es tritt eine Vereinigung beider E-en unter Erscheinung eines Funkens ein. Ist der genäherte Conductor aber beweglich, so wird er durch den elektrischen Körper angezogen, weil die Anziehung der ungleichartigen E-en wegen der Wirkung aus größerer Nähe stärker ist, als die Abstoßung der gleichartigen. Die Anziehung der ponderabeln Masse ist hierbei eine secundäre Erscheinung von der Anziehung der E-en; auf der dem elektrischen Körper zugewendeten Seite wird nämlich durch die Molecularwirkung zwischen der herausstrebenden E. u. der entgegenwirkenden Luft ein größerer Theil des Luftdrucks aufgehoben, als auf der abgewendeten. Ob die vertheilende Wirkung der E. eine Actio indistans ist, d.h. auf einer unmittelbaren Wechselwirkung der E-sthellchen aus der Ferne beruht, welche dem Quadrat der Entfernungen umgekehrt proportional ist, od. ob sie, wie Faraday meint, durch Vermittelung (Polarisation) der Theilchen des zwischenliegenden Mediums, des sogen. Dielectricums, erfolgt, ist noch nicht entschieden. Zu den bisher berührten Wirkungen ruhender E-en kommen noch die der bewegten E. Die daraus entspringenden, von den bisher dargestellten specifisch verschiedenen Erscheinungen, bekannt unter dem Namen Galvanismus, Elektrodynamik, Induction, Thermo-E., s.d. a. Von W. Weber ist ein Gesetz aufgestellt worden, welches die Gesetze derselben gemeinschaftlich mit dem der Elektrostatik umfaßt. Darnach wird die Anziehung od. Abstoßung je zweier E-stheilchen unter einander durch eine dreigliederige Formel gemessen, deren erstes Glied von der Quantität u. dem Abstand derselben allein, das zweite außerdem von ihrer gegenseitigen Geschwindigkeit, das dritte von ihrergegenseitigen Beschleunigung abhängt; die Wirkung ist nämlich proportional.
Dies Gesetz soll keineswegs dazu dienen, eine Erklärung der elektrischen Kräfte aus ihren Gründen zu geben, sondern nur eine deutlich dargelegte Methode zur quantitativen Bestimmung derselben an die Hand geben. Der hierbei festgehaltenen, von Symmer zuerst entwickelten dualistischen Vorstellung von der E. als zwei verschiedenen Fluidis hat früher die Ansicht der sogen. Unitarier, namentlich Franklin u. Äpinus, entgegengestanden, welche nur Ein elektrisches Fluidum annahmen, dessen Überschuß od. Mangel den + od. elektrischen Zustand bedinge; doch ist diese Theorie wegen der Schwierigkeiten, auf welche sie bei der Erklärung mancher Erscheinungen stößt, von allen Physikern verlassen. Mehr Boden gewinnt dagegen allmälig die Ansicht, daß die elektrischen Erscheinungen gar nicht auf der Existenz irgend eines Fluidums beruhen, sondern allein auf einem veränderten Zustand der Molecüle, welcher sich etwa wellenförmig von einem zum anderen verbreiten könnte. Auf diesem Wege läßt sich hoffen, die vielfachen Wechselbeziehungen zwischen Licht, Wärme, E. u. Magnetismus, vielleicht auch der Gravitation, auf ein gemeinschaftliches Grundprincip zurückzuführen. Allein wenn auch mit der Annahme zweier elektrischer imponderabler Flüssigkeiten, die in den ponderabeln Massen verbreitet sein u. aus der Ferne auf einander wirken sollen, durchaus das reale Wesen der Sache nicht getroffen sein wird, so ist man doch gegenwärtig noch nicht im Stande, eine andere klare Vorstellung an ihre Stelle zu setzen, welche ebenso bündig alle beobachteten Erscheinungen erklärte.
VII. Nachträglich sind noch einige besondere Quellen der E. zu erwähnen, elektrische Erscheinungen, welche wenigstens bisher die Wissenschaft noch nicht in dah allgemeine Gebiet der E. einzuordnen gewußt hat, od. über welche die Ansichten doch noch streitig sind. A) E. durch Druck u. Stoß. Wenn man 2 Körper, z.B. 2 verschiedenartige Glasplatten, etwa eine rauhe u. glatte, od. Holz- u. Kautschukscheiben gegen einander drückt u. dann schnell wieder von einander entfernt, so wird die eine + die andere elektrisch sein u. zwar bei Druckkräften von 1 bis 10 Kilogramm ist die E-smenge dem Drucke proportional. Vielleicht gehört hierher auch das Leuchten zusammenstoßender Eisblöcke im Polarmeere, od. auch das schwache Phosphoresciren, welches man bisweilen beim Spalten von Glimmerblättchen bemerkt. Wenn man aus einem Gewehr od. einer Windbüchse gegen eine isolirte Scheibe schießt, so wird die Scheibe elektrisch. Auch die Haarröhrchenanziehung ist eine schwache Quelle der E.; denn wenn man an beide Enden eines Galvanometerdrahts einen Platinlöffel u. einen Platinschwamm befestigt, in den Löffel Salpetersäure bringt u. den Platinschwamm eiutaucht, wird letztere elektrisch. B) E. durch Verdampfung. Volta u. Saussure behaupteten, beim Aufsteigen von Dämpfen aus dem Wasser eine E-serregung wahrgenommen zu haben in dem Sinne, daß die Dämpfe + E. mit fortführten u. den Behälter elektrisch ließen; sie fanden hierin eine erwünschte Quelle der in der Atmosphäre verbreiteten E. Die neuesten Versuche von Pouillet u. Reich haben hierüber dargethan, daß eine bemerkbare Erregung nur bei tumultuarischer Dampfbildung erfolgt, wobei eine Reibung der Dämpfe an den Gefäßwänden stattfindet. Auf diese E-squelle gründet sich Armstrongs Hydroelektrisirmaschine. Bes. unterstützt zu werden scheint die verdampfende Flüssigkeit außer Wasser noch fremdartige Bestandtheile enthält. C) E. der Flamme. Wenn man die Flamme in einen Multiplicator einschaltet, so erfolgt nach Hankel eine Ablenkung der Magnesnadel,[615] welche einen positiven Strom von der Spitze nach den unteren Theilen der Flamme anzeigt. Nach Buff steht diese Erscheinung mit dem chemischen Vorgange der Verbrennung in keiner Beziehung, sondern ist blos eine thermoelektrische Erscheinung, indem gasförmige Körper, welche durch hinreichende Erhitzung leitend geworden sind, die Eigenschaft besitzen, andere sie berührende Leiter zu erregen, so daß dann die + E. durch die Luft von der heißeren Stelle zur weniger heißen sich bewegt. D) E. durch die Vegetatio u. wollte vor langer Zeit Pouillet wahrgenommen haben; doch fand Rieß beim Keimen von Pflanzen in isolirten Gefäßen nur sehr zweifelhafte Spuren von E., nicht einmal in constantem Sinne. Dagegen fand Buff, wenn er durch Vermittelung von Wasser u. nassen Bäuschchen die grüne Oberfläche einer Pflanze mit dem einen, das innere Gewebe mit dem anderen Ende des Multiplicatordrahts verband, daß eine elektromotorische Kraft existire; sie beruht nach ihm auf dem Gegensatz des reinen Wassers mit den saueren u. salzigen Säften des Inneren, welche durch die Epidermis sich zwar berühren, aber nicht vermischen können. E) Die Behandlung der thierischen od. physiologischen E. findet nach den Arbeiten Galvanis, Voltas, Ritters, Humboldts, Matteuccis jetzt ihren Hauptrepräsentanten in du Bois-Reymond u. sie beschränkt sich nicht mehr auf die Untersuchung der vereinzelten Erscheinungen elektrischer Fische, sondern erforscht ganz allgemein das elektrische Verhalten am thierischen Körper. Scheinbar der einfachste von Matteucci entdeckte Fall, in welchem man einen im thierischen Organismus entwickelten elektrischen Strom wahrnahm, ist der, daß ein enthäuteter, Frosch (daher dieser Strom Froschstrom) mit den Füßen u. dem Kopfe in zwei mit Salzlösungen gefüllte Gläser getaucht, die Magnetnadel eines Multiplicators, dessen Enden in dieselben Gefäße geführt sind, ablenkt, u. zwar ist der Strom von den Füßen nach dem Kopfe gerichtet. Derselbe aufsteigende Strom läßt sich auch an einzelnen Gliedmaßen wahrnehmen; auch dehnt sich die Erscheinung qualitativ ebenso auf Gliedmaßen anderer Thiere aus. Da man ferner bei den Versuchen die Gegenwart des Centralnervensystems ganz u. gar entbehren kann, so ist auch die von Einigen gefaßte Vorstellung nicht haltbar, daß man hier auf eine zu den Verrichtungen des Nervensystems in nächster Beziehung stehende Erscheinung gestoßen sei; eben so wenig reicht die Ungleichartigkeit der verschiedenen im Körper sich berührenden Gewebe, als Muskel, Nerv, Sehne, Haut, Knochen zur Erklärung der Ströme hin. Dagegen zeigen einzelne Muskeln, die man zur Schließung der Kette anwendet, bedeutende elektromotorische Kraft, u. es ist somit der Froschstrom u. die ihm entsprechenden übrigen thierisch-elektrischen Ströme auf einen allgemeinen Muskelstrom zurückgeführt. Jene sind als Resultanten aus den verschiedenen, von den einzelnen Muskeln ausgehenden Partialströmen zu betrachten. Das Gesetz des Muskelstroms ist aber, daß, wenn ein beliebiger Punkt eines natürlichen od. künstlichen Längsschnittes eines Muskels mit einem beliebigen Punkte eines Querschnittes in Verbindung gebracht wird, sich ein starker Strom vom Punkte des Längsschnittes in dem Bogen nach dem Punkte des Querschnittes vorfindet. Jedes Bruchstück des Muskels, welches nach seiner Längsachse u. senkrecht darauf abgespalten wird, ist nach demselben Gesetze im Stande, elektromotorisch zu wirken, u. dies führt auf die Molecularhypothese des Muskels als elektromotorischen Organs, dessen Bestandtheile so angeordnet sind, daß der ganze Umfang als positiver Pol den beiden negativen Polarzonen an den Enden gegenübertritt (peripolare Anordnung an den elektromotorischen Muskelmoleculen). Nach einer ferneren Entdeckung du Bois-Reymonds kann man auch nach Willkür in jedem thierischen Körper durch Muskelanstrengung einen elektrischen Strom hervorbringen. Taucht man nämlich 2 entsprechende Finger der beiden Hände in 2 mit Salzlösung gefüllte Gläser, in welche die Enden des Multiplicatordrahtes eines Galvanometers geführt sind, u. spannt den einen Arm an, so entsteht ein in diesem Arme von der Hand nach der Schulter gerichteter Strom. Der Versuch gelingt wegen des Einflusses störender Zufälligkeiten am organischen Körper nur bei der äußersten Sorgfalt im Experimentiren. Insbesondere sind einige Elektrische Fische bekannt, welche Schläge ertheilen, wenn man sie berührt; namentlich gehört hierher der Zitterrochen (Torpedo) im Atlantischen Meer, der Zitteraalin Landseen Südamerikas (Gymnotus electricus) u. der Zitterwels (Malapterurus electr.) im Nil u. Niger. Nachdem Musschenbroek zuerst die von ihnen ertheilten Schläge mit denen einer Leydener Flasche verglichen u. den Namen elektrische Fische eingeführt, Walsh ferner gefunden hatte, daß die Wirkung am stärksten sei, wenn man mit einer Hand den Rücken des Rochen, mit der anderen den Bauch berühre, daß die Schläge willkürlich ertheilt werden, wenn er gereizt werde, u. daß sie im Wasser auch in der Ferne wirken: zeigte I. Davy zuerst die Identität dieser Erscheinung an den elektrischen Fischen mit der E., indem er durch den Schlagdes Zitterrochens auch Magnetnadeln ablenkte. Becquerel u. Matteucci bestätigten, daß der positive Strom vom Rücken durch das Galvanometer zum Bauch gehe. Der Sitz der Kraft ist ein im Innern des Körpers liegendes elektrisches Organ, welches aus einer großen Zahl (500) von Säulchen besteht, die beim Rochen die Richtung vom Bauch zum Rücken haben, durch sehnichte Membranen von einander geschieden sind u. eine jede aus einer Menge durch Schleimschichten zusammengeklebten seinen Blättchen, ähnlich Voltaischen Säulen, bestehen. Vgl. Matteucci, Essai sur les phénomènes él. des animaux, Par. 1840.
VIII. Geschichte der E. Daß Bernstein leichte Körper anzieht, soll schon Thales erkannt haben; Theophrastos von Eresos erwähnt dessen bestimmt; W. Gilbert vermehrte (1600) das Verzeichniß der Körper, welche elektrische Erscheinungen geben (die er noch immer mit magnetischer Anziehung in Verbindung brachte) bedeutend u. brachte vornehmlich das Glas, die meisten Edelsteine, den Schwefel u. das Siegellack zu denselben. Otto von Guericke, Boyle, Newton vermehrten die bisherigen Erfahrungen. Wall bemerkte (1708) zuerst elektrische Funken. Hawksbee beschäftigte sich (1709) besonders mit der elektrischen Kraft des Glases, beobachtete das elektrische Licht im luftleeren Raume, bemerkte das Gesetz des elektrischen Ausströmens u. das Gefühl von Spinnenweben bei starker E. u. stellte auch Versuche[616] mit Schwefel u. Harzkugeln an. Erst 1728 wurde von Gray der Unterschied der Leiter u. Nichtleiter u. 1737 von Dufay der Unterschied der beiden E-en entdeckt. Nun singen auch deutsche Gelehrte an, die Lehre von der E. zu bereichern; Haufen in Leipzig führte zuerst, statt der bisherigen Glasröhren zu Experimenten, durch Maschinen umgedrehte Kugeln ein; Bose in Wittenberg, Winkler in Leipzig u. Gordon in Erfurt gelangten auf diesem Wege zu sehr verstärkten Graden der E. u. zu vielen neuen Erfindungen, die sich von nun an immer mehr häuften. Unter diesen war die der sogenannten Leydener Flasche von v. Kleist in Kamin (1745) die wichtigste. Keiner der damaligen Naturforscher aber verfolgte diese Untersuchungen mit solchem Scharfsinn u. philosophischem Geiste, wie Franklin (174754); er gab über die atmosphärische E. die genügendsten Aufschlüsse u. erfand den Blitzableiter. Später machte sich Canton, Beccaria, Symmer, Priestley, Cavallo, Lichtenberg, van Marum, Cuthberson, namentlich durch Versuche über elektrische Vertheilung, verdient. 1787 maß Coulomb in Frankreich die elektrischen Kräfte durch die Drehwage. 1775 entdeckte Galvani in Bologna die durch Berührung verschiedener Metalle erregte E., nach ihm Galvanismus genannt. Volta in Pavia, der sich bereits 1775 durch Erfindung des Elektrophor bekannt gemacht hatte, führte jedoch den Galvanismus erst auf seinen wahren Erklärungsgrund zurück u. baute 1800 seine Säule auf. 1807 entdeckte Davy die Zersetzung der Alkalien u. Erden durch den elektrischen Strom, 1820 Örsted in Kopenhagen seine magnetischen Wirkungen (Elektromagneusmus), 1823 Ampère die gegenseitige Anziehung u. Abstoßung elektrischer Ströme (Elektrodynamik), 1831 Faraday die Erregung eines elektrischen Stroms im Nebendraht beim Entstehen u. Verschwinden eines solchen im Hauptdraht (Induction). 1821 entdeckte Seebeck in Berlin die thermoelektrischen Ströme; 1827 stellte Ohm in Erlangen sein Gesetz über die Stärke des elektrischen Stromes auf, 1846 bewies W. Weber in Leipzig durch genaue Messungen das Gesetz der Elektrodynamik, u. seit 1833 fand u. findet die E. durch Gauß u. Weber in Göttingen, Steinheil in München, Wheatstone in England, Morse in Amerika, Siemens u. Halske in Berlin, Stöhrer in Leipzig u. A. ihre großartige Anwendung auf die Telegraphie.
IX. Literatur. Außer den Monographien u. den in Journalen u. Gesellschaftsschriften enthaltenen Abhandlungen: Cavallo, A complete treatise on electricity in theory and practice, Lond. 1778 (deutsch Lpz. 1797); Cuthberson, Eigenschappen van de electricität, Amsterd. 1782 (deutsch Lpz. 178696); Becquerei, Traité expérim. de l'électric. et du magn., Par. 1834; Fechner, Lehrbuch des Galvanismus u. der Elektrochemie, Lpz. 1829; Becquerel, Précis historique des princ. découvertes faites dans l'él., Genf 1833; de la Rive, Coup d'oeil sur l'état actuel de nos connaissances en él. im Archiv de l'él. 1.; Horn, Das Wirken der E. in den Organismen, Münch. 1856, 2. Aufl.; Ebner, Über die Anwendung der Reibungs-E., Wien 1856; Schering, Zur mathematischen Theorie elektrischer Ströme, Gött. 1858.
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