1. Aal iss'n quâd Mâl. (Ostfries.)
2. Aal iss'n swâr Mâl (Mahlzeit), ick will lêver Stênen dragen, as eten. (Ostfries.) – Frommann, II, 388.
3. Der Aal ist ein guter Fisch, er trägt seine Sprungfedern bei sich.
4. Der Aal lebt von jedem Fisch, aber er gibt keinem einen Tisch.
5. Der Aal stirbt nicht, er werde denn zuvor mit einem Trunke Wein begossen.
6. Der hat den Aal nicht ganz, der ihn hat beim Schwanz.
Frz.: Qui prend l'anguille par la queue et la femme par la parole, peut dire qu'il ne tient rien.
It.: Chi piglia l'anguilla per la coda, e la donna per la parola, può dir, che non tiene niente.
Lat.: Non tenet anguillam qui per caudam tenet illam.
7. Ein Aal, der Salat essen will, muss ans Land kommen.
Ohne Anstrengung kein Genuss.
8. Ein Aal entschlüpft auch wol dem geschickten Fischer.
Frz.: A grant pescheur eschappe anguille. (Prov. comm., 15. Jahrhundert.)
9. Ein grauer Aal ist besser als eine bunte Schlange.
Lass dich ein glänzendes Aeusseres nicht täuschen.
10. Es ist kein Aal so klein, er hofft ein Walfisch zu werden. (Dän.)
11. Man muss die Aale nicht verkaufen, ehe man sie gefangen hat. (S. ⇒ Bärenhaut, ⇒ Beute.)
12. Man wêt nich, waar de Aal löpt. (Ostfries.)
13. Wenn man glaubt, den Aal am festesten zu haben, entschlüpft er.
14. Wer einen Aal fangen will, der macht erst das Wasser trübe.
15. Wer einen Aal halten will beim Schwanz, dem bleibt er weder halb noch ganz.
Frz.: Qui tient l'anguille par la cui il ne l'a mie. (13. Jahrhundert.)
Lat.: Delphinum cauda alligas.
16. Wer einen Aal nimmt beim Schwanz und eine Frau beim Wort, der bringt wenig fort.
17. Wer einen Aal und Hasen zugleich will fangen, dem bleibt wenig Fleisch an den Fingern hangen.
*18. Aale fangen. (Altgr.) – Körte, 4.
Aus Gewinnsucht das Recht trüben, weil man Aale nur fängt, wenn man den Schlamm tüchtig aufwühlt.
*19. Dahinter steckt ein Aal –
d.i. ein Betrug.
Frz.: Il y a anguille, oder: Il y a quelque anguille sous roche.
*20. Da smitt sikk en Aal up. (Holst.) – Schütze.
Sagt man von vorlauten Personen, die sich in Gesellschaften durch Reden und Handlungen auszeichnen wollen.
*21. Den Aal beim Schwanz fassen (halten).
Lat.: Cauda tenes anguillam. (Erasm., 398.)
Wenn jemand mit unzuverlässigen, treulosen Menschen zu thun hat. Unsere Sprache ist reich an Ausdrücken und Redensarten zur Bezeichnung erfolgloser, vergeblicher, überflüssiger, unnöthiger, undankbarer u. dgl. Arbeiten, Bestrebungen, Mühen u.s.w. Immer sind dieselben an ihrem Orte aufgeführt; es mag aber hier der Uebersichtlichkeit wegen eine Zusammenstellung der gewöhnlichsten folgen, wobei die uns bekanntesten der alten Griechen und Römer beigefügt sind: Den Aal beim [2] Schwanz fassen. Den Adler fliegen lehren. Ablass gen Rom tragen. Fremden Acker pflügen. Einen Bettelmannsmantel flicken wollen. Böcke melken. Bratwürste im Hundestall suchen. Brot im kalten Ofen backen. Von einem Ei Wolle scheren wollen. Eisen schwimmen lehren. Beim Esel Wolle suchen. Einen Esel scheren. Eulen nach Athen tragen. Einen Felsen auf ein Rohr gründen. Festungen in die Luft bauen. Das Feuer peitschen. Flöhe hüten. Vor dem Hamen fischen. Holz in den Wald tragen. Den Hühnern die Schwänze aufbinden. Der Hyder einen Kopf zertreten. Ein altes Judenweib beschneiden. Einen Kahlkopf scheren. Den Krebs wollen vorwärts gehen lehren. Sein Leid der Stiefmutter klagen. In der Luft rudern. Das Meer ausschöpfen (ausbrennen) wollen. Einen Mohren bleichen. Einen Nackenden ausziehen. Den Nebel balgen. In einen kalten Ofen blasen. Tauben Ohren predigen. Um Rauch streiten. Eine Sackpfeife rupfen. Auf Sand bauen. In Sand säen. Sand ins Meer fahren. Mit dem Schatten fechten. Einen Schlauch berupfen. Schnee im Ofen dörren. Mit einer Stange im Nebel herumfahren. Steine gar kochen. Dem Tauben ein Liedlein lehren. Dem Teufel beichten. Einem Todten etwas ins Ohr sagen. Einen Todten geisseln. Wasser aus dem Bimsstein pressen wollen. Wasser im Mörser stampfen. Wasser in einem Siebe holen. Wasser ins Meer (in den Rhein) tragen. Ins Wasser schreiben. Wein im Glühofen kühlen. Einen Wetzstein mästen. Dem Wolfe das gefressene Schaf abjagen wollen. Die Wolken krämpeln. Den Wind mit Netzen fangen. Den Wind auf Flaschen ziehen. Mit dem Winde reden. Die Wellen im Meere zählen. Ziegel waschen. Von Ziegenwolle reden. In ähnlicher Weise sagten die alten Römer (resp. Griechen): Ab asino lanam. Actum agere. Aethiopem lavare. Agnum lupo eripere. Amnis cursum cogere. Apud novercam queri. Aquae inscribere. Aquam crebro aurire. Aquam e pumice postulas. Aquam in mortaris tundere. Aquilam volare docet. Aranearum telas texere. Arenae mandare semina. Arenam metiri. Asinum tondes. Austrum percutis. Cancrum ingredi doces. Calvum vellis. Danaidum dolia implere. De fumo disceptare. De lana caprina. Delphinum natare doces. Delphinum cauda ligas. Ex harena funiculum nectis. Ex puleis inanibus trituram facere. Exurere mare. Ferrum natare doces. Harenae mandas semina. Harenam metiris. Hircum mulgere. Ignem dissecare. Isthmum perfodere. In aere piscari. In aqua scribis. In aqua sementem facere. In frigidum furnum panes immittere. In saxis seminas. Laterem lavare. Littori loqueris. Lumen soli mutuas. Lupi alas quaeris. Lapidem decoquis. Mortuo verba facere. Mortuo verba facis. Mortuum flagellas. Nebulas diverberare. Ovum adglutinas. Parieti loqueris. Penelopes telam retexere. Piscem natare doces. Reti ventos venaris. Surdo oppedere. Utrem vellis. Utrem mergere, vento plenum. Uvas e spinis colligere. Venari in mari. Verberare lapidem. (Erasm., 388 fg., J.G. Seybold's Lustgarten, Nürnberg 1677.)
*22. Den Aal mit einem Feigenblatt fassen (halten).
Fest, weil die Feigenblätter rauh sind. Geeignete Mittel gegen den anwenden, der leicht entschlüpft.
Lat.: Folio ficulno tenes anguillam. (Erasm., 439.)
*23. Den Aal mit Oel bestreichen.
Etwas sehr Ueberflüssiges thun, da ein Aal an sich schon sehr glatt ist.
*24. Den Aal schuppen.
Lat.: Anguillae squamis carent. – Impossibilia tentare.
*25. Den Aal vom Schwanze häuten.
Etwas verkehrt anfangen.
Frz.: Ecorcher l'anguille par la queue. – Rompre l'anguille au genou. (Leroux, IV, XIV.)
*26. Er entwischt wie ein Aal.
*27. Er hält den Aal beim Schwanz. – Sprenger III.
Von denen, die mit unzuverlässigen und treulosen Menschen umgehen und ihnen Vertrauen schenken.
Lat.: Anguillam tenere cauda. (Tappius, 17b.) – Anguilla est, elabitur.
*28. Er hat auch vom Aal geschwätzt. – Pauli, 4.
Ursprünglich von Kahlköpfigen, wo die Redensart a.a.O. ihre Erklärung findet; dann auch allgemeiner von denen, die wegen der Wahrheit oder wegen Ausplauderung von Geheimnissen Verfolgung erlitten haben, oder in Nachtheil gekommen sind.
*29. Er macht's wie die Aale von Melun, er schreit, eh' man ihn häutet. – Lendroy, 46; Leroux, X; Fischart, Gesch.
Von denen, die etwas fürchten, was nicht zu fürchten ist, die schreien, ehe man sie schlägt, von Furcht ohne Grund. Der Ursprung dieser Redensart soll folgender sein: Es war früher in den Schulen Frankreichs Brauch, dass die Schüler dramatische Vorstellungen gaben, um ihr Gedächtniss wie ihren Vortrag zu bilden. Die Schüler von Melun gaben nun einst ein Stück, in welchem einer derselben, Namens Languille, die Person des heiligen Bartholomäus vorstellte, der, wie man erzählt, lebendig geschunden ward. Als sich der Vollstrecker ihm mit dem Messer in der Hand näherte, um ihm scheinbar die Haut abzuziehen, begann Languille, von plötzlicher Furcht ergriffen, dermassen zu schreien, [3] dass das Stück unterbrochen ward. Dieser Vorfall ging von Mund zu Mund und ward Sprichwort, dessen man sich bediente, sowol um die Schüler von Melun zu necken, als auch um eine grundlose Furcht zu bezeichnen.
*30. Er windet (ringelt) sich wie ein Aal.
*31. Es hält sich wie ein Aal beim Schwanz und ein Weib beim Worte.
*32. He hett Aal in de Hasen. (Holst.) – Schütze.
Er hat unaufgezogene Strümpfe an, Falten, als steckten Aale drin.
zu 2.
Er ist schwer zu verdauen; der Witz liegt jedoch darin, dass »dragen un eten« beide auf »Steine« bezogen werden; der Sinn ist: ich will lieber Steine tragen, als Steine essen. (Vgl. Kern, 553.)
Dän.: Aal og slimer fisk giör tung sind og ond mave. (Prov. dan., 2.)
zu 4.
Dän.: Ald fisk föder aal, men aal föder ingen fisk. (Prov. dan., 2.)
zu 8.
Frz.: Pour trop serrer l'anguille, on la perd.
zu 15.
Lat.: Non tenet anguillam, qui per caudam tenet illam. (Oec. rur., 16, 652; Binder II, 2177; Eiselein, 1.)
zu 16.
It.: Chi piglia l' anguilla per la coda, e la donna per la parola, può dir che non tiene niente. (Bohn I, 85.)
zu 21.
Einen Brunnen neben den Fluss graben. Einem Tauben Messe lesen. Ohne Federn fliegen wollen. Die Ente schwimmen lehren. Die Espe zittern lehren. Leeres Stroh dreschen. Eine leere (hohle) Nuss aufbeissen. Einen Mohren baden. Dem Blinden einen Spiegel schenken. Den Fröschen ein Fuder Wein zum Bade verehren. Speck im Hundestalle suchen. Mit dem Arsch eine Nuss aufbeissen wollen. Moses Grab aufsuchen. Nach dem Regenbogen werfen. Ins Wasser schlagen. Scherben zusammenflicken. Wasser im Garn fangen. Seinem Schatten nachlaufen. Den heiligen Geist reden lehren. Unsern Herrgott in die Schule führen. (Lehmann, 776, 1 u. 2.)
Lat.: Anguillam cauda capessis. (Binder II, 172.) – Anguillam tenere cauda. (Binder I, 60; Seybold, 27; Philippi, I, 30.) – Delphinum cauda alligas. (Philippi, I, 114.)
Zur Erklärung der Redensart heisst es in Theatr. Diabolorum, 416a: »Jene Alster kondt reden, vnd veräth die Magd, dass sie den Aal gefressen hat, derhalben kahl geraufft. Vnd als sie einen Mann sahe, mit einer kahlen Stirn, klagte sie jhn, vnd sagte: Ach, du armer Mann, was hastu vom Ahl geschwatzt; meynet, er were vmb desswillen so kahl geraufft als sie, dass er die Wahrheit gesagt hette.«
zu 29.
Engl.: Eels don't mind being skinned after they get used to it.
Frz.: Il ressemble aux anguilles de Melua, il crie avant qu'on l'écorche. (Lendroy, 46.)
Holl.: Hij gelijkt den kik vorscher, die schreeuwen, voor men hen ziet. (Harrebomée, I, 400.)
zu 31.
Schwed.: Han är hat som en ål. (Stromberg.)
33. Aal, Kohl und Verdruss man als Abendkost nicht nehmen muss.
Dän.: Aal, og kaal, og knur er ond aftensmad. (Prov. dan., 2.)
34. Dat sind tugendhafte Aale, de kann me up Globen nehmen. (Oldenburg.)
Mit dem Wort »sick bätern« drückt der Oldenburger sowol das Fettwerden als Tugendhaftwerden aus; beide Begriffe werden daher von Landleuten, wie hier geschehen, verwechselt. Tugendhafte Aale = fette Aale. (Vgl. Goldschmidt, 118.)
35. Den Aal helt man nicht wol bei dem Schwanz. – Petri, II, 76.
36. Den Aal man brät, wie man Frauen führet in der Stadt, den Häring wie man Huren treibt aus der Stadt.
Dän.: Men skal teoge aal som man lader fruer i bye; man sild son man jager skiöger af bye. (Prov. dan., 2.)
37. Der Aal ist ein guter Fisch, er braucht kein Fett zur Sauce.
Dän.: Aal er en god fisk, mi han dum dypper sig selv. (Prov. dan., 2.)
38. Ein Aal lässt sich schwer verbergen.
Engl.: You cannot hide an eel in a sack. (Bohn II, 6.)
39. Es ist so klein kein Aal, er meint er sei ein Wal.
Dän.: Der er aldrig soll liden an aal, han stunder jo at blive en hval. (Prov. dan., 2.)
40. Heute Aal und morgen Aal, das ist eine Qual.
41. Man fängt die besten Aale da, wo man sie nicht erwartet. – Altmann VI, 485.
42. Man kann nicht Aal stechen und Hasen jagen zugleich.
Dän.: Man kand ikke stange aal, og voere i hare-jagt paa engang. (Prov. dan., 2.)
43. Nüms rôp Aal, ehr he hum bi de Stêrt hett. – Kern, 556.
Man soll sich nicht zu früh freuen, wenn etwas Günstiges in Aussicht steht. Mancher hat schon einen Aal im Netz gehabt und er ist ihm, selbst wenn er ihn schon beim Schwanz gefasst hatte, wieder entschlüpft.
44. Wenn der Aal in die Angel gebissen, wird er sich lassen ziehen müssen.
It.: Quando l' anguilla ha preso l' amo bisogna che vada dov' è tirata. (Giani, 100.)
45. Wenn man den Aal zu sehr drückt, entschlüpft er.
Frz.: Par trop presser l'anguille, on la perd. (Bohn I, 44; Cahier, 1625.)
*46. Dar is de Aal ôk Ingenieur west. – Kern, 557.
Sagt der Bauer zu seinem Knecht, wenn er eine schlängelnde Furche gepflügt, oder zu einem Arbeiter, wenn er einen krummen Graben gezogen hat.
*47. Der Aal ist kapital.
Die Sache ist vortrefflich. Nach einem Volksliede, das beginnt: Madam, köp he den Aal, he is gans kapital. (Vgl. Schütze, I, 3.)
[686] *48 Ein Aal unter den Fischen.
Böhm.: Uhoř mezi rybami (rotivý). (Čelakovsky, 552.)
*49. Ein Ahl vffen knien zerbrechen. – Lehmann, 818, 25.
*50. Einem trocknen Aal geben. – Frischbier, I, 1.
Ihm mit dem Stocke Prügel geben. Um denselben oder einen ähnlichen Gedanken auszudrücken, ist die Provinz Preussen sehr reich an Redensarten. (S. ⇒ Hase 49.)
*51. He hett Aal stêken. – Schütze, I, 2.
Er ist ins Wasser gefallen. Das Aalstechen wird nicht blos im Winter auf dem Eise durch Eisöffnungen (Wâken), sondern auch im Sommer getrieben.
*52. He hett Aal to kôp. – Schütze, III, 321.
*53. Ik waer den Aal wol in de Arwten krügen. (Pommern.)
Ich werde den Halunken schon auf der That ertappen.
*54. Sich wie ein Aal krümmen.
Holl.: Hij krimpt als een aal. (Bohn I, 327.)
*55. Steap ale braden. – Lauremberg, 2, 32.
D.i. die lebendigen Aale sofort braten, sprichwörtlich für etwas schnell vollführen.
Buchempfehlung
Drei Erzählungen aus den »Neuen Dorf- und Schloßgeschichten«, die 1886 erschienen.
64 Seiten, 4.80 Euro
Buchempfehlung
Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Michael Holzinger hat sechs eindrucksvolle Erzählungen von wütenden, jungen Männern des 18. Jahrhunderts ausgewählt.
468 Seiten, 19.80 Euro