1. Am tisch sei frölich, nicht hader mach, zu afterred sey nicht vrsach.
Lat.: Absint a mensa, detractio, murmur et ira, sed cum laedicia, sumatur potus et esca. (Loci comm., 126.)
2. Am Tisch sol man keines Haders gedencken. – Petri, II, 14.
3. Am Tische hat das Weib recht, im Bett der Mann. – Altmann VI, 505.
4. Am Tische sei frölich, frisch vnd freundlich. – Petri, II, 14.
5. An dem frembden tisch dein reden spar, so wird lob schier offenbar.
Lat.: Dum conuiuaris, caueas ne multa loquaris. (Loci comm., 126.)
6. An dem Tisch vnd auff dem Bette soll sich niemand schämen. – Lehmann, II, 28, 47; Henisch, 343, 1.
7. An diesem Tische hat kein Afterredner Statt.
Augustus hatte über seinen Speisetisch geschrieben: Quisquis amat dictis absentum rodere famam, hanc mensam vetitam noverit esse sibi. (Binder II, 2852; Lehmann, 231, 24; Seybold, 499.)
Lat.: Absint offensae, cum fit celebratio mensae. (Binder II, 34; Neander, 526.)
8. An einem runden Tische ist jeder Platz der erste.
Engl.: At a round table there's no dispute of place. (Bohn II, 129.)
Frz.: Ronde table ôte le debat.
It.: A tavola ronda non si contende del luoco.
[1208] 9. An fremden Tischen schmeckt es wohl.
Dän.: Ingen ceder andens mad, uden hau bliver deraf a glad. (Prov. dan., 10.)
10. An geringem Tische ist sicher essen.
Er hält länger als der vollauf und lecker besetzte.
11. An zwei Tischen wird ein Frass erzogen. – Eiselein, 596; Simrock, 2687a; Steiger, 322.
In der Schweiz: A zwé Tische wird en Frass erzoge. (Sutermeister, 130.)
12. As män kloppt auf'n Tisch, rüft sich um die Scher. (Jüd.-deutsch. Warschau.)
Auf wen man anspielt, der fühlt sich betroffen. Die Schneider pflegen auf den Tisch zu klopfen, um die versteckte Scheere zu finden.
13. Auf den Tisch des Bäckers kommt selten Weissbrot.
Die Russen: Auf des Fischers Tisch kommen die schlechtesten Karpfen. (Altmann VI, 387.)
14. Auf den Tisch gehört mehr als ein Decktuch.
It.: Altro vuol la tavola, che tovaglia bianca. (Pazzaglia, 380, 2.)
15. Auf einen solchen Tisch gehört kein anderer Krug. – Parömiakon, 920.
16. Auf ordinärem Tische ist auch der Hering ein Fisch.
Wo es an bedeutenden Leuten fehlt, da gelten auch die geringen etwas. Im Reiche der Blinden u.s.w.
Jüd.-deutsch: Bemooken scheken Isch is Häring aach Fisch. (Tendlau, 227.)
17. Bann (wenn) der Tisch wackelt, es di Frâ Harr im Haus. (Meiningen.) – Frommann, II, 410, 78.
Ist eine schlechte oder verkehrte Ordnung im Hause.
18. Begehr' an den Tisch, so kommst du wenigst' auf die Bank.
Lat.: Iniquam petentum at aequum feras. (Sutor, 33.)
19. Bei Tisch' lass drei an dir nicht scheinen: red' niemand übel nach, hüt' dich vor Zorn und Weinen.
Lat.: Acsit a mensa detractio, fletus et ira. (Witzfunken, V a, 82.)
20. Bei Tische altert man nicht.
Frz.: On ne nuieillist point table. (Cahier, 1675.)
Lat.: In mensa haud senescitur. (Bovill, III, 51.)
21. Bei Tische höflich, im Bette freundlich, im Hause tüchtig, in der Kirche andächtig und auf der Strasse züchtig.
Dän.: Vær høflig ved bordet, venlig i sengen, dygtig i huuset, taklig paa gaden andægtig i kirken. (Prov. dan., 559.)
Frz.: A table et au lit, il faut être bons amis. (Kritzinger, 25a.)
22. Bei Tische soll die Freude den Vorsitz führen. Simrock, 10326.
Frz.: De choses tristes et aduersacres en temps de ivye on se doibt taire.
Lat.: Aduersa et iniucunda extra tempus conuiuij laetitae, aut somni nuncianda. (Bovill, III, 110.) – Cum laetitia sumatur potus et esca. (Gaal, 1523.)
23. Bei Tische soll man keines Haders gedenken. – Simrock, 10325; Lehmann, II, 28, 57.
Holl.: Aan tafel smaken geene knorrige woorden. (Harrebomée, II, 322a.)
24. Bei Tische und Bette soll man sich nicht schämen (oder: muss man nicht blöde sein). – Blum, 628; Simrock, 8873 u. 10324; Körte, 5983; Suringar, XVI; Braun, I, 4523.
»Bî Disch un in 't Bedd sall kein'n blöde sin.« (Schlingmann, 315.) Die Russen: Wenn sie schlafen geht, thut auch die Keusche ihr Kleid von sich. (Altmann VI, 438.)
Dän.: Man skal ei være blu ved bordet og i sengen. (Prov. dan., 76.)
Engl.: Never be ashamed to eat your meat. (Bohn II, 88.) – He that's ashamed to eat, is ashamed to live.
Frz.: A table et au lit il faut être bons amis. (Eiselein, 596.)
Holl.: Aan tafel behoort men zich niet te schamen. – Die aan eene gedekte tafel zijn gezeten, moeten zich niet schamen, om te drinken en te eten. (Harrebomée, II, 322a.)
It.: A tavola e a letto non portar (alcun) nessun rispetto. (Pazzaglia, 370, 3; Gaal, 1524.) – A tavola non bisognia aver vergogna. (Gaal, 816.)
Lat.: Apud mensam (et in lecto) verecundari neminem decet. (Plautus.) (Erasm., 798; Henisch, 343, 2; Philippi, I, 36; Seybold, 32; Tappius, 194b; Gaal, 916.) – Utilis in mensa non solet esse pudor. (Seybold, 659; Philippi, II, 337.)
Schwed.: Den som har maten på bordet och pijgan i sängen, och intet törs taa til, han er alt för bonde bliger. (Törning, 24.)
[1209] 25. Bei Tische und im Bette muss man nicht den Ton angeben.
26. Bei Tische und im Bette muss man nicht prangen (oder: viel Worte machen). – Eiselein, 596.
27. Bei Tische verliert man vier Dinge: Hunger, Durst, Zeit, Feuer am Herd.
Der Venetianer sagt: Man muss vom Tische mit Hunger aufstehen. Aber die Zeit schwindet. Bei Tische wird man nicht alt, sagt der Franzose; und der Toscaner behauptet sogar: Bei Tische wird man jung. In der Lombardei heisst es: Nè a tavola, ne a in lecc no se ven veci. (Magazin, 1803, 605.)
28. Bei Tische verräth man sich leicht.
It.: La tavola è una dolce (colla).
29. Bei Tische wird man nicht alt.
D.h. es wird einem die Zeit dort nicht lang.
It.: A tavola non s' invecchia mai. (Pazzaglia, 370, 1.)
30. Besser am Tische singen als in der Badestube, da man nicht weiss, ob man die Kleider wiederkriegt.
31. Besser an eigenem Tische darben, als an fremdem schwelgen.
Holl.: Beter altijd rapen aan eigen disch dan elders vleesch of visch. (Harrebomée, II, 138a.)
32. Besser an einem fetten Tische als auf dürrer Heide.
Holl.: Beter aan een' vetten disch, dan op eene dorre heide. (Harrebomée, I, 138a.)
33. Besser den Tisch vermeiden, als anderer Ehre abschneiden. – Gaal, 1535.
34. Besser ein guter Tisch als ein schöner Wisch.
Gesundes und gutes Essen ist theurer Kleidung vorzuziehen.
Böhm.: Lepši dobrá potrava, než nádherné svrchky. (Čelakovsky, 100.)
35. Besser ein halber Tisch als ein leerer.
Dän.: Bedre er halv raadet end alt fortært. – Bedre grov kage end intet smager. – Bedre mullet brød end alt opædt. – Bedre smaae fiske end tomme diske. – Bedre tyndt øll end tør skaal. (Prov. dan., 270.)
36. Besser leere Tische als faule Fische.
37. De 'r bi Diske wat mag, kann auk wierken den ganzen Dag. (Osnabrück.) – Firmenich, III, 162, 3; für Münster: Frommann, VI, 427, 67.
38. Den Tisch abg'rommt, der Schneider kommt. (Wurmlingen.) – Birlinger, 456.
39. Der erste Tisch schweigt, so man Käse und Kalbskopf isst, und jedermann auf seinem Teller nistet (pugna pro patria); der andere Tisch faht an zu reden, aber der dritte Tisch (wo jedermann voll ist worden) schreit, dass man sein eigen Wort nicht hören mag. – Eiselein, 597.
40. Der sich unter den Tisch säuft, säuft sich auch in die Hölle. – Caspari, 21.
41. Der Tisch ist ein heimlicher Dieb, der seinen Herrn ins Spital führt. – Winckler, II, 79.
42. Der Tisch ist noch nicht gedeckt, wenn ein weiss Tuch darauf liegt.
43. Der Tisch muss sich nach dem Beutel, das Kleid nach dem Wetter richten.
Dän.: Føde som nœd, og klæde som veder. (Prov. dan., 429.)
44. Derjenig soll den Tisch meiden, der andern will die Ehr abschneiden. – Lehmann, 231, 24.
45. Die bei Tische sitzen, sollen sich nicht die Ohren ritzen.
Sollen sich nicht Dinge sagen, die unangenehm zu hören sind.
It.: Non ricordar mai morti a tavola. ( Pazzaglia, 370, 7.)
46. Die Tische ohne Saltz seynd wie der Mund ohn Speichl. – Chaos, 683.
47. Die weissen Tische sind gerüstet, die bunten Kränze aufgesetzt; alles ist fertig. (Lit.)
48. Dreymal vber Tisch getrunken, ist das allergesündeste. – Gruter, III, 24; Lehmann, II, 87, 203; Sailer, 291.
»Domine Phîsiguncke ist nicht ein gemein Regel, dreymal vber Tisch getruncken, sey das gesundest.« (Fischart, Gesch., in Kloster, VIII, 170.)
[1210] 49. Du solt sein ob dem tisch ein Adler, vf dem veld ein leo, vf der gassen ein pfaw, in der kirchen ein lamb, in dem pett ein Aff. – Hätzlerin, LXVII, 2 u. 3.
50. Eigener Tisch der beste.
Engl.: Never be ashamed to eat your meat. (Bohn II, 68.)
51. Ein armer Tisch ist bald gedeckt.
Engl.: A poor man's table is soon spread. (Bohn II, 125.)
52. Ein gedeckter Tisch stillt viel Streit. – Cahier, 2479.
53. Ein guter Tisch ist ein theures Möbel.
54. Ein guter Tisch ist schlimmer als ein schlechter Dieb.
It.: La tavola rubba più, che non fà un ludro. (Pazzaglia, 370, 6.)
55. Ein guter Tisch ohne Hunger ist nicht mehr werth als ein Fest ohne Unger(wein).
Ein Reicher, der nur einen guten Tisch führt, aber keinen Hunger hat, ist ziemlich ebenso zu beklagen, wie ein Armer, der blos Appetit, aber nichts zu essen hat.
56. Ein Tisch im Hause ist nur nützlich, wenn etwas darauf steht. – Hausblätter, 1861, II, 1.
57. Ein Tisch ohne Salz ist ein Mus ohne Schmalz.
Frz.: Table sans sel, bouche sans salive. (Kritzinger, 665b.)
Holl.: Het is eene gedekte tafel zonder zout. (Harrebomée, II, 312.)
58. Es is beter, wenn men up en'n slechten Dische wat Gaues te äten het, as wenn men up en'n gauen Dische nits te äten het. – Schambach, II, 178.
Spricht die Ansicht aus, dass gute und reichliche Nahrung bei schlechtem Hausrath den Vorzug verdiene vor kostbaren Geräthen mit Nothleiden verbunden.
59. Es ist am Tische nichts aufzuwarten, wächst nichts im Feld und nichts im Garten.
60. Es ist nicht für jeden zu Tisch gedeckt.
Lat.: Non cuilibet pulsanti. (Sutor, 195.) – Non cuilibet pulsanti patet janua. (Binder II, 2146; Schreger, 14.)
61. Es ist selten ein Tisch voll Leute, da nicht einer Hans heisse.
62. Es kann nicht jeder an zwei Tischen zugleich geniessen.
63. Fremder Tisch gibt (macht) guten Appetit.
64. Grosser Tisch macht leere Speicher.
65. Hinter dem Tische ist leicht kriegen.
66. Kommst du spät zu Tische, so bekommst du keine Fische.
67. Macht frischen Tisch, so gibt's gut Wetter.
68. Man kann auch bei Tische viel lernen.
Frz.: Table vault bien escole.
Lat.: Qui netiam mensa, optima quaedam est schola. (Bovill, II, 213.)
69. Man kommt lieber zu früh als zu spät zu Tische.
It.: È meglio aspettar t'arrosto, che trovare il diavolo nel cattino.
70. Mancher sitzt am Tisch vnd versäumt die Mahlzeit. – Petri, II, 452.
71. Nach Tische soll man stehen oder tausend Schritte gehen. (S. Essen ⇒ 25 u. ⇒ 26.)
Frz.: Coucher de nuict, matin seoir, droict a midy, aller au soir.
Lat.: Jacene nocte, sedere mane, stare meridie, sero ambulare. (Bovill, III, 19.)
72. Ob deinem tisch gedenk der armen, so wird sich Gott auch dein erbarmen.
Lat.: Tunc bene prandetur, cum Christus adesse uidetur si des, ipse dabet, si non des, ipse negabit. (Loci comm., 167.)
73. Sässen wir alle zu Tisch, wer brächte uns dann Fisch? – Preuss. Provinzialbl., XI, 444.
74. Sitzt am Tisch zu eng die Gruppe, so verschüttet man die Suppe.
Engl.: Sensible inconveniences attend too crowded entertainments.
Frz.: Quand les chèvres sent trop pressées, vous savez qu'il y a un inconvénient.
75. Ueberfüllter Tisch macht Ekel.
Lat.: Semper abundantes pariunt fastidia mensae. (Seybold, 548.)
76. Unterm Tisch ist auch in der Stube. (Schwaben.)
77. Vber frembdem Tisch soll man für gut (fürlieb) nemen. – Henisch, 1211, 4; Petri, II, 554.
[1211] 78. Vber Tisch muss man sich nicht schemen. – Petri, II, 554; Lehmann, II, 489, 3.
79. Volle Tische machen leere Kasten.
80. Voller Tisch macht die Gesellschaft frisch.
Die Russen: Ohne Schüssel und Brot ist keine gute Gesellschaft. (Cahier, 1979.)
81. Vom Tisch nüchtern, auss dem Bett Gottsförchtig. – Lehmann, II, 793, 132; Petri, II, 578; Henisch, 443, 47.
Dän.: Stat op fra bordet ædru, fra sengen gudfrygtig. (Prov. dan., 12.)
Lat.: De mensa sobrius esto, de lecto surge pudicus. (Sutor, 136.)
82. Von einem geringen Tisch ist sicher zu essen.
Lat.: Tutus capitur mensa angusta cibus. (Seybold, 617.)
83. Von einem schönen Tisch kann man nicht satt werden.
Holl.: Men kan van erne mooije tafel niet eten. (Harrebomée, II, 122b.)
84. Was man bei Tische spricht, geh' über die Schwelle nicht.
It.: Quello, che si dice a tavola, hà da restar serrato nella tavoglia. (Pazzaglia, 370, 4.)
85. Was man nach Tische schreibt, wird in der Hölle gelesen. (Türk.)
86. Was vber Tisch geredt wird, das soll nicht vber die Schwelle kommen. – Petri, II, 611.
Holl.: Dat over tafel wordt gesproken, in 't tafellaken blijft geloken. (Harrebomée, II, 322a.)
87. Wel bi Diske wat mag, kan auk wirken den Dag. (Münster.) – Frommann, VI, 427, 67.
88. Wenn auf dem Tische fehlt das Salz, so fehlt das beste Gewürz.
It.: Tavola senza sale i come bocca senza salina. (Pazzaglia, 370, 3.)
89. Wenn der Tisch leer, da isst es sich schwer.
Böhm.: Tĕžkot' jest jísti, když ne nico. (Čelakovsky, 176.)
90. Wenn der Tisch leer, gehen die Freunde quer.
Engl.: When good cheer is lacking, our friends will be packing. (Bohn II, 78.)
Span.: El pan comido, la compañia deshecha.
91. Wenn drei an einem Tische sitzen, findet auch der vierte Platz. – Schmitz, 178, 10.
92. Wer am fremden Tisch' will essen, muss Fusstritte nehmen und die Ehre vergessen.
Gilt von Schmarotzern (Parasiten) und Spassmachern. Darum lässt der griechische Komiker Antiphanes ein solches Subject sagen: »Meinen Charakter kennst du, Stolz wohnt nicht in mir, ich bin vielmehr für meine Freunde ein Klotz, ein Klotz beim Schläge bekommen, ein Donnerkeil beim Zuschlagen, ein Sturmwind beim Hinauswerfen, ein Strick beim Würgen, ein Erdbeben beim Thüraufsprengen, eine Heuschrecke beim Hineinspringen; ich esse ungerufen mit, wie eine Fliege.«
93. Wer am vollen Tische sitzt und nicht isst, der ist nicht zu beklagen, wenn er hungrig aufsteht.
D.h. wer die gebotene Gelegenheit nicht benutzt, ist nicht zu beklagen.
Böhm.: Kdo za stolem jídlo zmešká, bohnhonaň žel. (Čelakovsky, 281.)
94. Wer an den Tisch strebt, kommt wenigstens auf die Bank.
95. Wer auf eines andern Tisch wartet, wird spät zum Essen kommen.
Engl.: He that waits on another man's trenker, makes many a late dinner. (Bohn II, 21.)
It.: Chi per man d' altri s' imbocca tardi satolla. (Bohn II, 135.)
96. Wer bei Tische schläft, steht hungrig auf.
Frz.: Qui a la table dort doibt payer lescot.
Lat.: Dormiens in mensa plectatur impensa. (Bovill, II, 208.)
97. Wer bei Tische singt, bekommt ein närrisch Weib. – Simrock, 10329.
98. Wer bei Tische singt, kriegt eine tälsche1 Frau. (Schles.) – Weinhold, 96.
1) Tälsch von tâlen.
99. Wer bey Tische sitzt vnnd nicht isst, bey einer Jungfrawen sitzt vund sie nicht küst, hat Wein vnd nicht schenkt ein, muss doch wol ein Narr vnnd Dölpel seyn. – Lehmann, II, 424, 43.
100. Wer den Tisch besorgt, erhungert nicht.
Holl.: Die de tafel dekt, heeft den meesten kost. (Harrebomée, II, 322a.)
[1212] 101. Wer den Tisch voll Braten hat, lässt die Grütze stehen.
It.: Chi ha vitella in tavola, non mangia cipolla. (Gaal, 1241.)
102. Wer einen guten Tisch will, muss einen vollen Beutel haben.
103. Wer nich passt up'n Disk, deu mott eten, wat öbbrig blifft. (Lippe.) – Firmenich, I, 269a.
104. Wer nicht an fremdem Tisch will essen, muss seine Mahlzeit spärlich messen.
Jüd.-deutsch: As män will sich beim Kuwed (Ehre) derhalten, müss män die Muhlzeit in zweien zerspalten, d i. wer sich nicht der Demüthigung aussetzen will, andere um Unterstützungen anzugehen, der muss in seinen Bedürfnissen mässig sein.
105. Wer sich bei Tische will schämen, wird sich nach Tische grämen.
106. Wer sich nahe hält zum Tisch und fern von den Frauen, der kann ein langes Leben schauen.
Holl.: Na bij de tafel en verre van de vrouwen, wilt gij lang een oud man blijven. (Harrebomée, II, 322b.)
107. Wer sich zum Tisch nicht schicken mag, der faste dann den ganzen Tag.
Lat.: Quos edisse pudet, vita molesta gravat. (Seybold, 517.)
108. Wer übel bei Tische sitzt, der fastet halb.
Holl.: Kwalijk aan tafel gezeten, is half gevast. (Harrebomée, II, 322.)
109. Wer über tisch wil ehrlich essen, der soll thun aller krieg vergessen.
110. Wer ungebetet zu Tische geht, sitzt nieder wie ein Schwein und steht auf wie ein Esel. – Coler, 215b; Nass. Schulbl., XIV, 5.
111. Wer unter dem Tische sitzt, wird nicht beneidet.
112. Wer vber Tisch schwatzen will, der wird gewiss nicht essen viel. – Gruter, III, 111; Lehmann, II, 878, 253; Fischart, Gesch., in Kloster, VIII, 70.
113. Wer vber Tisch sitzt, sol die Malzeit nicht verschlaffen. – Fischer, Psalter, 515, 1.
114. Wer wil an meinem Tisch sitzen, der sol mir niemands Ehr beschmitzen. – Petri, II, 778.
115. Wer zu spät zu Tische kommt, erhält die Knochen.
Frz.: Les os sont pour les absens. (Kritzinger, 494a.)
116. Wer zu spät zu Tische kommt, erhält einen schlechten Platz.
Frz.: Ceux qui vien dront les derniers au repas, dîneront tard, ou ne dîneront pas. (Cahier, 1521.)
117. Wer zu tisch sitzet vnd nicht spricht das benedizet, wie ein saw setzt er sich nider vnd steht auff als ein esel wider.
Lat.: In mensa residens et panem non benedicens, ille sedet quasi sus, et surget sicut asellus. (Loci comm., 126.)
118. Zu Tische nicht zu spät, in die Kirche nicht zu früh.
Die Armenier bestimmen dies genauer: Gehe nach Hause, sagen sie, wenn der Tisch gedeckt, und in die Kirche, wenn sie bald aus ist. (Ausland, 1871, 404a.)
119. Zu Tische sollst du Hunger im Magen und wüste Glieder zu Bette tragen. – Eiselein, 597.
120. Zu Tische wie zum Altar.
Lat.: Ad mensam quasi ad aram. (Frisius, 188.)
121. Zum Tische gehört mehr als ein weisses Tischtuch.
It.: Altro vuol tavola che una tovaglia bianca.
*122. Auf den Tisch verweisen. (Deutsch-amerikan.)
Aus dem nordamerikanischen Parlamentsleben entlehnt, in dem Petitionen, Anträge u.s.w. durch die Redeform: »Sie auf den Tisch legen« zurückgewiesen werden. »Auf den Tisch verweisen« heisst im gewöhnlichen Leben dort: eine Bitte nicht gewähren, abschlagen u.s.w.
*123. Auf seinem Tische ist alle Tage Quatember (Fasttag). – Parömiakon, 604.
*124. Den Tisch rücken. (Oberpfalz.) – Klein, II, 189.
Acht Tage nach der Hochzeit wieder ein kleines fröhliches Mahl mit Gesang und Tanz geben.
*125. Der erste beim Tisch und der letzte beim Bierglas sein.
Frz.: Être le premier au bois et le dernier á l'eau. (Kritzinger, 222a.)
[1213] *126. Der Tisch ist schon gedeckt. – Eiselein, 597.
*127. Ea laft zan Tisch wia d' Sau zan Trou. (Steiermark.) – Firmenich, II, 771, 177.
Er läuft zum Tisch wie die Sau zum Trog.
*128. Einem den Tisch rücken.
Einen beschmausen, besonders, wenn er eine neue Wohnung bezogen hat.
*129. Einem mit leerem Tische aufwarten.
Frz.: Faire dîner quelqu'un par coeur.
*130. Einen schlechten Tisch führen.
Frz.: Il ne vit que des Carotes. (Kritzinger, 109a.)
*131. Einen unter den Tisch trinken.
Holl.: Iemand onder de tafel drinken. (Harrebomée, II, 322b.)
*132. Er hat einen frischen Tisch gemacht.
Bei Henisch (1246, 46) findet sich diese Redensart mit folgenden zusammengestellt: Er ist im grund vnd boden verdorben, er ist auffgestanden, er hat gemäyet vnd gehöuwet, er hat nicht mehr: metogenes certe periit.
*133. Er leufft zum (vom) tisch wie ein saw (vom) trog. – Franck, II, 81b; Tappius, 97b; Eiselein, 597; Körte, 5985; Braun, I, 4522.
Ohne Segensspruch und Dankgebet.
Jüd.-deutsch: Laaft vum Tisch, wie das Chaser vum Trog. (Tendlau, 651.)
Lat.: Illotis manibus. (Sutor, 137.) – Illotis pedibus irrum pere ad sacra. (Tappius, 98a.)
*134. Er liebt (führt, hält) einen guten Tisch.
*135. Er sitzt besser zu Tische als zu Pferde.
Dän.: Som sidder bedre til bords end til hest. (Prov. dan., 497.)
*136. Erst zu Tische kommen, wenn das Fett abgeschöpft ist.
*137. Guten Tisch führen.
Lat.: Alcioni mensa. (Frisius, 123.)
*138. Nach Tische das Messer wetzen. – Altmann VI, 519.
*139. Nach Tische seid mein Gast!
»Mit Gunst, dass ich euch melde, nach Tisch sollt ihr meine Gäste seyn.« (Keller, 158b.)
*140. Reinen Tisch machen. – Frischbier2, 3767; Henisch, 210.
Alles aufessen, aufarbeiten, auch: sein ganzes Vermögen verzehren, verschwenden, oder: in der Geschwindigkeit das Gesinde wegen eines Vergehens abschaffen. Ein paar Spieler machen reinen Tisch, wenn sie so lange spielen, bis der eine so viel Partien gewonnen hat als der andere oder der eine den andern eingeholt hat.
*141. Sich an einen ungedeckten Tisch setzen.
Frz.: Il na que manger et a table sassiet. – Le houser et nauvir cheual.
Lat.: Imparata discumbere mensa. – Ocreari nullo equo. (Bovill, II, 169.)
*142. Sich zu Tische setzen, ehe gedeckt ist.
»Dass Saarbrücken so gut davongekommen, verdankt sie der Verblendung Napoleon's, der sich zu Tische setzen wollte, ehe gedeckt war.« (Wachenhusen im Hausfreund, 1873, S. 203.)
*143. Uber frembden Tisch nimb vor gut, wann guter Will sein bestes thut. – Chaos, 115.
*144. Unter dem Tisch liegen.
Betrunken sein.
Holl.: Hij ligt onder tafel. (Harrebomée, II, 322.)
*145. Vom Tische zu Bette und vom Bette zu Tische gehen.
Frz.: Faire le faut de l'Allemand. (Kritzinger, 637b.)
*146. Vun Tisch to Wisch1. (Holst.) – Schütze, I, 223; IV, 366; für Strelitz: Firmenich, III, 71, 27.
1) Schütze (IV, 366) sagt zwar, dass dabei einige das Wort Wisch in der Bedeutung von Wiese, die es im Plattdeutschen hat, denken, aber es steht sicher nur, wie auch Latendorf (Frommann, II, 226) bemerkt, euphemistisch, wofür auch der Umstand spricht, dass die Redensart hochdeutsch, z.B. in Schlesien vorhanden ist und niemand dabei an deren Anwendung auf die plattdeutsche Wiese denkt; man gebraucht sie nämlich, wenn jemand unmittelbar nach Tische den Abtritt aufsucht.
*147. Was auf den Tisch kommt.
Scherzhafte Antwort auf die Frage: Was essen wir heute.
*148. Zu einem gedeckten Tische kommen.
Dän.: At komme til duget bord. (Prov. dan., 18.)
*149. Zu Tische laufen, wie die Sau zum Rübenacker.
Ungewaschen und ohne Gebet.
[1214] *150. Zum Tische des Herrn gehen.
Frz.: Faire (prendre) la cene. – Faire ses pâques. (Kritzinger, 114a u. 504b.) – Faire son bon jour. – S'approcher de la sainte table. (Kritzinger, 402b u. 665a.) – S'approcher des sacremens. (Kritzinger, 629b.)
151. Am Tische, den ein andrer gedeckt, das Essen meist am besten schmeckt. – Schuller, 51.
152. An fremdem Tische nimm für gut, wenn guter Will nach Kräften thut. – Hertz, 70.
153. Auf sybaritischen Tisch folgt sybaritisches Elend. – Kornmann, V, 75.
In der berüchtigten unteritalienischen Stadt Sybaris herrschte der grösste Luxus. Die Gastmahle wurden so prächtig und kostspielig, dass man zur Bezeichnung eines üppigen Mahles sagte: »Eine sybaritische Tafel«. Nach der Zerstörung der Stadt wurde jedoch das Los dieses gestürzten Volkes so traurig, dass man die Redensart anwandte: »Sybaritisches Elend«. (S. ⇒ Gelächter 3.)
154. Bei Tisch und im Bette bedarf es keiner Etikette (Toilette).
155. Für den einen war der Tisch gedeckt, dem andern hat der Braten geschmeckt.
It.: Io ho le voci, ed un altro ha le noci. (Giani, 1787.)
156. Guter Tisch, gute Rede. – Storch, Freiknecht, III, 13.
157. Guter Tisch und Feiertag jedermann gefallen mag.
[1769] 158. Man kann bei Tisch durch Bankettiren weit mehr als durch den Dieb verlieren.
It.: La tavola ruba più che non fa un ladro. (Giani, 1608.)
159. Wenn man zu Tische dich geladen hat, so iss zu Hause vor dich satt. – Schuller, 51.
160. Wer bei Tisch und im Bette singen mag, ist ein Narr sein Lebetag.
It.: Chi canta a tavola e a letto, è matto perfetto. (Giani, 288.)
161. Wer synen disch wil versorgen, schlaff nyt steitz zum hellen morgen. – Weinsberg, 94.
*162. Es thüt sich dort auf Tisch ün auf Bänk. (Warschau.)
Es geht dort über Tisch und Bänke; es geht dort lustig, unruhig, unordentlich zu.
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