Bier [1]

[757] Bier, ein durch heißen Wasserausguß dargestellter Malzauszug, der mittelst Zusatz von Hefe in geistige Gährung versetzt worden ist. I. Das B. enthält folgende Bestandtheile: Wasser, Alkohol, Kohlensäure, Stärkegummi, Kleber, Diastase, Zucker, farbigen Extractivstoff, Hopfenbitter, Kali-, Natron- u. Magnesiasalze. Die Frage, wie diese Körper in das B. kommen, erhält ihre Beantwortung durch die Veränderung, die mit denselben in Folge des Malzens vorgeht. Die Getreidekörner enthalten außer anderen Bestandtheilen Stärkemehl, Eiweiß u. Kleber. In Folge der beim Malzen entstehenden Temperaturerhöhung wird unter Mitwirkung von Feuchtigkeit in dem Embryo des Keimes die Lebensthätigkeit geweckt, die sich alsbald in dem Wachsen des Keimes u. in der sofortigen Bildung von Diastase aus einem Theil Kleber kund gibt, die nun ihrerseits die Umbildung des Stärkemehls in Gummi u. Zucker bewirkt; letzterer liefert durch seine Gährungsfähigkeit die hauptsächlichsten Bestandtheile des B-es; mithin ist die Überführung von Stärkemehl in Stärkegummi u. Zucker Zweck des Malzens. Durch das Keimen der Getreidekörner ist Stärkemehl u. Holzfaser weniger geworden, indem sich auf ihre Unkosten eine größere Menge Stärkegummi u. Stärkezucker gebildet hat; ebenso hat sich die Menge des Klebers vermindert u. das Eiweiß ist ganz verschwunden, da aus ihrem Elemente Diastase entstanden ist (s. übrigens Bierbrauen). Der Alkoholgehalt ist bei den leichtesten B-en (Smalbier) 0,75 bis 1,28, in den stärksten (Ale) 7 od. 8 Proc. Das B. ist ein gesundes Getränk, bes. für Personen, die sich viel Bewegung machen u. dabei körperlicher Kräfte bedürfen. Doch kommt die Art des B-es, die Zeit, wo es genossen wird (am besten in der Nachmittagszeit nach geendigter Verdauung), Körperconstitution, Gewohnheit, Lebensart etc. dabei sehr in Betracht. Wenige Menschen werden alle Arten B-e u. zu aller Zeit u. untermischt mit anderen Getränken vertragen. Jedes B. aber, das bekommen soll, muß gehörig bereitet sein, gut ausgegohren haben u. auch gut erhalten sein. Das gesundeste u. kräftigste B. ist das echt baierische untergährige; deshalb wird es auch in der neuesten Zeit von den Ärzten namentlich als verdauungsbeförderndes, stärkendes, blutvermehrendes Mittel sehr empfohlen, obschon Liebig die Nahrhaftigkeit u. Blutbildungsfähigkeit des B-es leugnet. Da aber nach Mulder 1 baierisches Maß B. 1,8 Gran Kleber, also einen stickstoffhaltigen Bestandtheil enthält, so ist die Nahrhaftigkeit des B-es außer allem Zweifel. Gutes, malzreiches, ausgegohrenes B. kann als gutes Nähr- u. Heilmittel auch in mancherlei Krankheiten gelten. Übrigens sollten auch Gesunde nicht B. in leeren Magen hineintrinken, wie dies z.B. in Deutschland gewöhnlich kurz vor dem Mittagsessen geschieht; vgl. Das B, als Heilmittel im Dienst der physiolog. Heilkunde, Lpz 1852. Die Medicinischen B-e (Kräuterbiere), z.B. Wachholder- u. Meerrettig-B., waren sonst gewöhnlicher als jetzt. Man beabsichtigte dadurch entweder Magenstärkung durch Zusätze bitterer Stoffe (Magenbiere), od. stärkere Harnabsonderung, od. vermeintliche Blutreinigung. Das Sprossenbier hat sich noch auf Seereisen als antiscorbutisches Getränk in Ruf erhalten. Die stärkeren B-e, wie Mumme, Ale, können als Arzneien in geeigneten Fällen, bes. Reconvalescenten, mit Vorsicht genossen, häufig heilsamer sein, als sie dies, bei zu gewöhnlichem Gebrauch, Gesunden sind. Ein wesentlicher Fortschritt ist, daß man in neuer Zeit, bes. seit Einrichtung des Deutschen Zollvereins, von Staatswegen für Herstellung eines guten B-es sorgt u. dagegen den Branntwein, durch Auflegung eines starken Imposts, möglichst durch das B. zu ersetzen sucht, u. in der That ist seitdem gutes B. gewöhnlicher geworden. Von wesentlichen Einfluß auf die Güte des B-es sind auch die in neuester Zeit ins Leben gerufenen Actienbierbrauereien.

II. Man unterscheidet mehrere Bierarten (Biersorten), u. zwar: A) nach den Substanzen: a) Weizenbier, zwar nahrhaft, bekommt aber weniger, da es bei großer Gährungsfähigkeit viel Hefe absetzt u. zu viel Kohlen- u. Pflanzensäure daraus sich entwickelt; b) Roggenbier, von grünlicher Farbe, zwar sehr nährend, aber schwer verdaulich u. daher nicht in Gebrauch; c) Haferbier, das nicht beliebt ist; d) Gerstenbier, das gewöhnliche, aus Gerstenmalz bereitete; dagegen kommt e) das Maisbier in Amerika dem Gerstenbiere gleich; f) das B. aus fester[757] B-würze (s. Getreidestein); g) die B-e aus schleimigen Wurzeln, Möhren, Runkelrüben, Gurken u. dgl. sind nur als Bierkünsteleien zu betrachten, die den bekannten u. benutzten B-arten immer nachgestellt bleiben werden. Eine Ausnahme davon macht das Kartoffelbier, das aus Kartoffelstärkemehl bereitet wird u. dem Getreidebiere in Güte wenig nachsteht. Auch B. aus Zucker u. Syrup steht dem Getreidebiere nicht od. wenig nach, doch dürfte die Anwendung des Zuckers statt des Getreides zu kostspielig sein. B) Dem Grade der Stärke nach: a) Doppel- od. starke B-e, zu denen bei einer bestimmten Menge Wasser bedeutend mehr Malz u. im angemessenen Verhältniß auch mehr Hopfen genommen u. die unter Umständen etwas länger gekocht werden. In gleicher Weise hat man auch dreifache B-e (Tripelbiere); b) Leichte od. einfache B-e, zu denen weniger Malz u. Hopfen genommen wird; c) Halbbiere (Nachbiere), die über das schon einmal im Gebrauch gewesene Malz gebraut sind. Da im 14. u. 15. Jahrh. in den deutschen Klöstern die Patres das schwerere B. erhielten, während sich der Convent mit Nachbier begnügen mußte, so heißt dies noch jetzt Covent. C) Nach der Farbe. a) Dunkele B-e (Braunbier), oft der schwarzen Farbe sich nähernd, u. dann sehr dick u. schwer stets aus sehr scharf gedarrtem Malz gebraut u. nach dem Grade des Darrens weniger od. melbraun; b) Lichte B-e, bernsteingelb, wie das baierische u.a. B-e, aus weniger gedarrtem Malbereitet; c) Weißbier, die lichteste B-sorte, aus Gerstenluitmalz mit od. ohne Zusatz von Weizenmalz bereitet, gelblich, mehr ins Weiße spielend, wegen reichlicher kohlensaurer Luft auf der Zunge prickelnd, weinsäuerlich, geistig, durstlöschend, erweichend, daher ein B. für die heiße Jahreszeit, für Viele jedoch zu blähend u. überhaupt sich nicht lange haltend, wenn ihm nicht Hopfen zugesetzt wird, wodurch es aber an Güte verliert. Hierher gehören der Broihahn (s.d.), ein weißes, süßschmeckendes Weißbier, aus Weizen- u. Gerstenluftmalz gebraut; ferner die Gose, ein sehr schäumendes Weißbier, zuerst zu Goslar gebraut u. nach dem dortigen Flüßchen Gose genannt, kommt in seinen Eigenschaften mit dem gewöhnlichen Weißbier überein. Bei jeder Färbung muß das B. bell sein; jede Trübheit deutet an, daß entweder seine Gährung noch nicht vollendet ist, od. daß es im Begriff ist, in saure Gährung überzugehen. D) Nach der Gährung. Man unterscheidet bes.: a) Obergähriges B., das die Hefen nach oben ausstößt. Es ist meist vor ganz vollendeter Gährung auf Flaschen gezogen u. hier eine Zeitlang im kühlen Keller erhalten u. schäumt beim Ausschenken wegen Entweichens der noch unter fortgesetzter Gährung entbundenen kohlensauren Luft. Es muß dann, wenn es gut ist, im Glase ein ganz helles Aussehen u. einen seinen, milchweiß dichten. in der Mitte lange stehen bleibenden Schaum haben, zwischen den Fingern etwas kleben, rein geistig u. angenehm bitter (weder sauer noch schal) schmecken; b) Untergähriges B., das die Hefen nur zum geringen Theil nach oben, die meisten aber nach unten ausstößt. Werden sie in dem zum Brauen am günstigsten März u. mit mehr Zusatz von Malz u. Hopfen gebraut (Märzbier), u. lange in Kellern verwahrt, bevor sie ausgeschenkt werden, so heißen sie Lagerbiere (Kufenbiere), u. da sie oft in Felsenkellern od. tieferen Höhlen aufbewahrt werden, Felsenkeller- od. Höhlenbiere. Solches B. wird gleich vom Fasse verschenkt u. selten auf Bouteillen gezogen, schäumt wenig u. ist deshalb gesünder u. beliebter als Flaschenbier. Da die obergährigen B-e die Hefe bei einer Temperatur von 15–24° R. erhalten, so nennt man sie auch heißgegohrene B-e, während die untergährigen, welche die Hefe bei 2–10 R. erhalten, kaltgegohrene B-e genannt werden. E) Nach der Zuthat. Alle durch Zuthat u. ungewöhnliche Verstärkung erkünstelte B-e sind nur mit Vorsicht zu genießen. Die zu solchen B-en kommenden Ingredienzen sind theils Surrogate des Hopfens, die häufig auch aus ökonomischen Gründen, wenigstens als Beisatz, benutzt werden, so: Wermuth, Rothe Enzianwurzel, Bitterklee, Tausendgüldenkraut, Schafgarbenkraut, Kamillen, Candischer Dosten, unechte Quassia, Bitterer Beifuß (man erhält aus mehreren dieser Stoffe ein sich durch seine vorzügliche Bitterkeit auszeichnendes B. [Bitterbier]), Fichtensprossen, bes. von der Canadischen Fichte (Sprossenbier) u.a. Wer aber nicht an B. mit solchen Zusätzen gewöhnt ist, dem wird es nicht leicht bekommen, u. für die Dauerhaftigkeit des B-es ist der Hopfen durch kein Surrogat zu ersetzen. Andere Zusätze sollen dem B. einen angenehmen, bes. gewürzhaften Geschmack ertheilen, so: Lakritzensaft, Paradieskörner, Koriandersamen, auch wirkliche Gewürze, wie Ingwer, Kardamomen etc. Bedenklicher als diese Beimischungen sind Zusätze, die dem B. berauschende Eigenschaften ertheilen, ohne ihren Geist zu vermehren, wie: Ignatiusbohne, Brechnuß, Coloquinten, welche alle drei Strychnin u. Brucin, zwei scharfe Pflanzengifte, enthalten; ferner: Wilder Rosmarin, Kockelskörner, Weiße Nießwurz, Haselwurz, Bilsenkraut u. Bilsensamen, Belladonna, Stechapfelsamen, Lolch, Opium etc. Sonst wird aber auch B. schädlich durch Spirituszusatz, um den Alkoholgehalt zu erhöhen, u. durch zufällige Aufnahme von Grünspan in schlecht gehaltenen Braupfannen. F) Nach dem Ort, woher das B. kommt. Im Allgemeinen kennt man in den südlichen Ländern Europas, in Italien Spanien, Portugal, der Türkei, Griechenland, kein gutes B., da der Wein dasselbe ersetzt; auch in Frankreich ist das B. schlecht u. unkräftig, da die Gegenden desselben then, die ohne Wein sind, meist Eider haben. Dagegen hat a) England sehr gutes B., wo bes. 2 Sorten, die Ale u. der Porter (s. b.), trefflich sind, u. erstere, stark, kräftig u. sehr klar, den Wein fast ganz ersetzt, aus blassem, letzterer aus braunem Malz, mit Zusatz von gelbem u. blassem Malz gebraut wird. Der Doppelporter od. Brownstout unterscheidet sich von dem einfachen durch größeren Gehalt an extractiven Theilen des Malzes, sowie an geringerer Wässerigkeit u. Stärke. Außerdem sind mich zu nennen: das Readingbier, vorzüglich gut zu Reading in Perthshire aus blassem Gerstenmalz u. einigen gewürzhaften Zusätzen gebraut, ist sehr hell, wenig bitter u. von aromatischem Beigeschmack; Amberbier, von hellgelber Bernsteinfarbe, angenehm u. mäßig stark; Hock, dem Hochheimer u. überhaupt dem Rheinwein ähnliches B., aus blassem u. bernsteinfarbigem Malz, Hopfen u. Zucker; Table-Beer (Tischbier), das gewöhnliche Getränk der Engländer, ist von dem deutschen B. durch einen Zusatz von Lakritzensas unterschieden; Pur 1, ein bitteres, aromatisches[758] Kräuterbier von magenstärkenden Eigenschaften; Elderberry-Beer (Hollunderbeerbier), vertritt die Stelle des Portweins, Ginger-Beer (Ingwerbier) etc.; b) Niederlande: Mastrichter Braunbier, wird gewöhnlich aus Gerstenmalz bereitet; Geldernsches Weißbier, aus Gerstenmalz u. Weizen; Diester B., hat frisch einen süßen Geschmack u. ist roth von Farbe; c) Belgien: Antwerpener B., wird aus Gerstemalz u. einem kleinen Theil Weizen u. Hafer gebraut; Brüsseler B., stellt man aus ungemalztem Weizen u. Wintergerstemalz dar; Ather B., in Ath gebraut, ist dreifach, braun, Grisette u. Faro, die ersten 2 Sorten nur aus Malz gemacht, entweder aus Sommergerste od. aus Gerste u. Weizen; Genter B. (Uytzet), bräunlich od. gelb, vorzüglich in Gent u. Wetteren gebraut; in letzterem Orte nimmt man dazu bräunliches Gerstemalz, in ersterem Weizen- u. Hafermalz; Lütticher B., aus ungemalztem Weizen u. Spelzmalz bereitet; Tirlemonter B., wird aus Mehl, Gerstemalz, Weizen u. Hafer gebraut; Mechelnsches Braunbier aus Gerstemalz, Weizen u. Spelz; Löwener B. u. Petermann ist bes. in NFrankreich u. Belgien berühmt; Hoegarder B., von schöner weißer Farbe u. angenehm süßem u. kühlendem Geschmack; St. Troner Braun- od. Gelbbier, wird aus Gersten-, Weizen- u. Spelzmalz bereitet; Lierer B., ist weißlich, süß, schwach, bitterlich u. kühlend; d) Deutschland: Baierisches B., wozu die fränkischen B-e (unter denen sich bes. das Bamberger, Erlanger u. Nürnberger B. auszeichnet) gerechnet werden, ist hell u. dünnflüssig, dem Wein ähnlich, läßt beim Abdampfen eine geringe Menge Extract, sättigt deshalb nicht so sehr u. kann in größerer Menge getrunken werden; das Münchener B., weniger bitter u. lieblicher als das fränkische u. kann deshalb in noch größerer Menge als dieses genossen werden; berühmt ist der Münchener sehr starke Bock; Manheimer B., braun, klar u. durchsichtig, bes. in Manheim, Berlin, Leipzig u. an anderen Orten gebraut; Köstritzer Doppelbier, ist wegen seines Wohlgeschmacks, seiner Reichhaltigkeit an Geist u. Nahrungsstoff der Londoner Ale ähnlich, das braune nährend u. sonst sehr beliebt; Broihahn (s. oben); Gose (s. ebd.); Berliner Weißbier (Kühle Blonde); Lichtenhainer, in dem Meiningenschen Dorfe Lichtenhain bei Jena gebraut, etwas säuerlich u. trübe, u. deshalb aus hölzernen Kannen getrunken; Kottbuser B, dem Broihahn ähnlich, aus einem Gemeng von Gerste- u. Weizenmalz mit etwas Hopfen bereitet; Kasseler B. etc., sämmtlich sehr starke u. berauschende B-e; Braunschweiger Mumme (s.d.), sehr starkes, dickes, dunkelbraunes, süßlich bitteres, kräftig nährendes, einfaches u. doppeltes Hopfenbier, das in Braunschweig gebraut wird. Außer den genannten gibt es in Deutschland unzählige B-sorten, die sich aber nicht sowohl durch besondere Güte, als durch ihre wunderlichen Namen auszeichnen, so: in Bautzen Klotzmilch, Boitzenburg Biet (Beiß) den Stärk (Kerl), Brandenburg Alter Klauß, Bremen Hund, Breslau Schöps, Delitzsch Kuhschwanz, Dornburg Störtenkerl, Duisburg Cacabulla, Eisleben Krabbel an der Wand, Gardelegen Garley, Glückstadt Ramenach, Güstrow Knisenack, Hadeln Seht den Kerl, Halle Puff u. Muff, Helmstädt Klapper od. Kieppit, Herford Ramme, Jena Dorfteufel, Kiel Witte, Königslutter Duckstein (Dongstein), Kolberg Block, Kyritz Mord u. Todtschlag, Leipzig Rastrum (Raster), Lübeck Israel, Magdeburg Filz, Marburg Jumber, Merseburg Heidecker, Münster Kalte, Naumburg Zitzenmille, Nimwegen Mill, Osnabrück Buse, Ratzeburg Rammeldeist, Rügen Schüttekappe, Stade Kater, Wernigerode Lumpenbier, Wittenberg Kukuk, Zerbst Würze.

III. Das B. ist, sich selbst überlassen, vielen Verderbnissen ausgesetzt. Die vorzüglichsten sind: a) Trübheit, diese erfolgt durch Entmischung, um so eher, wenn das Malz nicht gehörig bereitet war u. noch zu viel Kleber behielt, der in die Würze mit überging; ferner wenn das B. nicht hinlänglich ausgegohren hat; endlich wenn es übergegohren hat, d.i. wenn das gegohrene B nicht zur rechten Zeit von der Oberhefe befreit u. von der Unterhefe abgezogen wurde. Man hilft dem Übel noch eine Zeitlang durch Abklärung mittelst Eiweiß od. Hausenblase ab; das B. wird aber dadurch gewöhnlich weniger haltbar. b) Sauerwerden; jedes B. enthält schon einige freie Säure, aber die durch Verderbniß sich bildende Säure ist Essigsäure in schon anhebender Essiggährung. Gewöhnliche Veranlassungen sind: das Einmaischen des Malzes mit zu heißem Wasser; verspätetes Abziehen der gebildeten Würze von den Trebern; Aufkochen der Trebern mit der Würze (was also unter Umständen zu vermeiden): Einwirkung der Atmosphäre u. zu hohe Temperatur, weswegen jedes B. der Luft ausgesetzt u. in warmer Temperatur in kurzer Zeit sauer wird. Die gewöhnlichen Vorkehrungen gegen säuerndes B. durch Einhängen eines Büschels Ottermennige od. von Beuteln mit Nelkenwurzel etc. entsprechen nur wenig ihrem Zwecke. Säure dämpfende Substanzen, wie bes. Kreide, Austerschalenpulver od. Pottasche, stumpfen zwar die Säure ab, verstecken sie aber mehr, da die Säureentbindung auch in dem ausgeschenkten u. genossenen B. fortgeht, u. begünstigen ebenfalls den Fortgang zur folgenden Verderbniß, c) Schalwerden, wobei dem B. mit dem noch beigemengten kohlensauren Gas seine schäumende Eigenschaft, zugleich mit seinem pikanten säuerlichen Geschmack u. Geruch entzogen wird, u. es auch an seiner Kräftigkeit beim Genuß wesentlichen Abbruch leidet. Ursachen des Schalwerdens sind: Mangel an gehöriger Gährung; Aufbewahrung des B-es in schlecht verspundeten Fässern; Anhaltende u. heftige Gewitter; schlechte Keller, mit dem die äußere Atmosphäre zu viel Gemeinschaft hat. Durch Weinsteinsäure u. gepulverte Kreide kann dem schaal gewordenen B. zwar wieder etwas kehlensaures Gas verliehen werden, aber nur auf kurze Zeit.

IV. Künsteleien u. Verfälschungen. Bei der Anfertigung des B-es bedient man sich oft verschiedener Kiluste u. Verfälschungen, d.h. solcher Mittel, welche dem B-e einen eigenen Geschmack geben, u. solcher, wodurch das B., das mit einer Verderbniß bedroht ist, noch einige Zeit kräftig erhalten od. diese ganz abgehalten wird. Letztere sind von Werth u. gewöhnlich das Resultat langer Erfahrungen für gewisse B-arten. [759] Häufig sind sie aber auch nur Mittel, die wirklich schon eintretende B-verderbniß zu verstecken, so z.B. Zusätze von absorbirenden Erden, wie Kalk, Kreide etc., od. auch Pottasche, um die beginnende sauere Gährung eines Lagerbieres zu verbergen, od. stärkeres Schäumen des B-es zu bewirken (dies erkennt man, wenn man nach getrunkenem B. ein Aufstoßen vom Geschmack fauler Eier bekommt); durch andere Zusätze, wie z.B. von Kochsalz, wird der Durst vermehrt, von Alaun od. Blei wird die zu starke Gährung bei der Bereitung gehindert; Verfälschungen des B-es durch Zusatz von bitteren Mitteln statt des Hopfens, welche der Gesundheit nachtheilig sind, s. oben I. Eine andere Bewandtniß hat es mit dem Klären des B-es; dasselbe kann bei obergährigen B-en schon deshalb nöthig werden, um dieselben schneller brauchbar zu machen; namentlich ist es für Brauer, die ihre B-e od. Hausbiere jung abgeben müssen, fast immer rathsam, dieselben zu klären. Das Klären kann vor dem Gähren u. nach dem Gähren des B-es geschehen; es geschieht entweder durch Schwefelsäure, die später mit Kreide abgestumpft wird, od. durch gerbstoffhaltende Mittel (Eichenrinde), od. durch gallertartige Mittel. Erstere sind der Gesundheit schädlich, die zweiten ertheilen dem B-e einen Beigeschmack; deshalb werden am besten die gallertartigen Klärmittel: Hausenblase, Kälberfüße, Caraghenmoos, angewendet, auch eine Abkochung von Leinsamen soll ein gutes Klärmittel sein. Damit erkünsteltes, verfälschtes od. vielleicht gar verdorbenes B. nicht ins Publicum komme, ist eine Bierpolizei nöthig; dieselbe hat überhaupt darauf zu sehen, daß B. in guter Qualität in großen, entweder vom Staat eingerichteten rd. Communen, od. bes. dadurch Begünstigten, od. auch eignen Brauerinnungen überlassenen Bierbrauereien, ebenso auch zu rechter Zeit u. in erforderlicher Menge bereitet werde. Wem auch die Brauerei anvertraut werde, so hat die B-polizei bes. auf Auswahl guter Materialien zur B-bereitung, vornehmlich Gerste u. Hopfen, auch gutes geeignetes Wasser, gehörige Anlagen u. Unterhaltung von Brauhäusern, Anschaffung u. Unterhaltung der nöthigen Braurequisiten zu achten; ebenso, daß gutes B. zu jeder Zeit um möglichst wohlfeilen Preis zu erhalten sei, u., wenn Consumtionssteuern auch indirect durch Erhöhung der durch Biertaxen (eine obrigkeitliche Schätzung des Verkaufspreises des B-es, nach dem Preise des Malzes u. Hopfens regulirt) bestimmten B-preise erhoben werden, darauf Bedacht zu nehmen, daß das B. dadurch nicht zu unverhältnißmäßig gegen andere Gegenstände des nöthigen Lebensbedarfes belastet sei; ferner daß zum Verschenken des B-es berechtigte Personen nicht der Gesundheit schädliche Künsteleien sich erlauben, nicht schlechtes B. als gutes verkaufen, auch dasselbe nicht durch Wässerung verschlechtern. Bei Zulassung fremder u. ungewöhnlicher B-e zum Verschenken von Gastwirthen u. dazu Berechtigten sind auch diese zu untersuchen, wenn ein Verdacht schädlicher Beimischungen obwaltet, u. sind diese dann nicht od. nur unter Beschränkungen zu gestatten. Die Prüfung des B-es geschieht mittelst Kostens durch die Bierprobe die Untersuchung selbst heißt die Bierschau. Man hat Behufs der B-proben in neuer Zeit besondere Instrumente erfunden, so das Saccharometer, Hydrometer, die Fuchs'sche Hallymetrische B-probe, Steinheil's B-probe, die Aräometerpipette etc., s.u. Bierbrauen IV. Auch die Schwefelsäure dient zur Untersuchung namentlich mit Spiritus, Syrup u. Johannisbrod vermischter B-e.

V. Das Ausschenken des B-es geschieht entweder in Wirthshäusern oder in besonderen Bierlocalen (Bierstuben, s. Bierschank), u. zwar wird es den Gästen gereicht bald frisch vom Faß in Gläsern od. irdenen Krügen u. hölzernen Kannen, od. auf Flaschen gezogen. Das Abziehen des B-es hat den Zweck, ein gehörig gebrautes B., nachdem es seine Gährung noch auf dem Fasse bewirkt hat, ehe diese völlig vollendet ist (als ein noch junges B.), in kleineren Quantitäten, u. dem Zutritt der Luft entzogen, seine letzte Gährung bewirken zu lassen, diese aber durch Verstopfen u. Kühlhalten der Gefäße (Flaschen), in welche es vertheilt wird, so zu beschränken, daß die noch sich entbindende Kohlensäure mit dem B-e verbunden bleibt u. sowohl den Geschmack, als auch die Zuträglichkeit des B-es zugleich erhöht. Es ist dabei wahrzunehmen, daß das B. seine Hauptgährung auf dem Fasse wirklich vollendet habe, daß es. auf vollkommen gereinigte Flaschen (am besten irdene Krüge mit engen Hälsen) gezogen werde, daß nur neue Pfropfe angewendet werden, daß das B. aus dem Fasse (das, wenn es vorher bewegt worden, wieder einige Zeit ruhig liegen bleiben muß, damit die groben Hefen sich zu Boden setzen) durch einen (mit einem Haartuch ausgefütterten Trichter) so lange abgezogen werde, als es noch klar abläuft; daß die Flaschen gut zugepfropft, noch besser verpicht u. bei schwereren Lagerbieren, die erst mit der Zeit schäumend werden, noch mit Draht umzogen werden. Die Flaschen selbst werden dann am besten. in einen kühlen, hinlänglich tiefen u. gegen den Übergang der äußeren Temperatur gehörig gesicherten Keller gelegt, bis zur Zeit, wo das B. trinkbar wird, welches nach Verschiedenheit der B-art eine frühere od. spätere, länger od. kürzer dauernde ist.

VI Die Erfindung des B-es, sofern man darunter einen Absud von Gerste versteht, legt das Alterthum dem Bacchos bei, u. derselbe soll die Verfertigung dieses Getränkes den Völkern gelehrt haben, deren Land nicht zur Erzeugung des Weinstocks geeignet war. B. trank man in Ägypten, wo es Zythos hieß u. von Herodot als Wein aus Gerste gemacht umschrieben wird. Eine andere Art B. war nach Athenäos das Kurmi, von den Ägyptiern ebenfalls aus Gerste bereitet, aber gewöhnlich mit Honig versetzt. Nach Diodoros Sic. soll Osiris (2000 v. Chr.) das B. statt des Weines in den von ihm beherrschten Ländern eingeführt haben. Auch die Griechen bedienten sich nach Athenäos eines Getränkes aus Gerste, Pinon, wogegen das Bryton der Thracier zwar auch aus Gerste, meist aber aus Obst bereitet wurde (vgl. Cider). Von den westlichen Völkern bereiteten die Celten in Spanien u. Britannien B. aus Weizen (Ceria, Celia), od. aus Gerste, welche gerieben u. ausgepreßt wurde; es wurde nur von den Ärmeren rein genossen, von den Vornehmen mit Honig zu einer Art Meth versetzt. Es muß aber von unangenehmem Geruch gewesen sein, denn Julianus sagt in einem Epigramm, es stinke wie Bock. Den Römern war dies Getränk ganz fremd; sie nennen es nur als bei den Celten u. Germanen gebräuchlich, gleichwohl haben die alten Etymologen das von den Römern gebrauchte Wort Cerevisia u. Cervisia als von [760] Cereris vis (Kraft der Ceres, d.h. Getreides) gebildet angegeben; es ist aber wahrscheinlich ein celtisches Wort, vielleicht mit dem britischen Keirch (Hafer) verwandt. Bei den Deutschen kennt schon Tacitus das B. u. nennt es ein dem Wein ähnliches Getränk aus gegohrener Gerste; daher auch der Name B. (althochdeutsch peor, bier) von dem germanischen Wort baris, bere, d.i. Gerste, abgeleitet wird, obgleich es Andere zu der Wurzel bi..., trinken, ziehen wollen. Auch sollen die Deutschen Eichenrinde zugesetzt haben; das eigentliche mit Hopfen gewürzte B. scheint erst später aufgekommen zu sein, wenigstens rühren die ersten Nachrichten von Hopfenbau vom Jahre 768 her. Allgemeine Verbreitung fand der Hopfenbau in Deutschland erst im 14. Jahrh. u. kam von hier aus nach England. Die B-brauer hießen damals Braceatores, d.i. Malzmacher, das B. nannte man auch Gruit. Sowohl aus Gerste als auch aus Hafer u. Weizen braute man B.; die Stadt Nürnberg erließ aber 1290 ein Verbot, daß kein anderes als Gerstenbier gebraut werden dürfe; in Augsburg war nur Haferbier gestattet. In den Niederlanden braute man ein Bier (Grotbier), bei welchem man Kräuter als Gährungsmittel anwendete. Schon im 14. Jahrh. unterschied man stärkeres u. schwächeres B. (Conventbier, Covent). Vor dem Aufblühen der Städte wurde in jedem Hause der Bedarf von B. gebraut; dann aber bildete sich ein besonderer B-brauerstand, u. es waren namentlich die Städte Bommel, Amersfort, Delft, Nivelle, Brügge, Gent, Köln u.a., wo die B-brauer in besonderem Ansehen standen; auch gelangten schon damals die Braunschweiger Mumme, das Märkische u. Merseburger B., der Breslauer Schöps, Münchener Bock u.a.m. zu großer Berühmtheit. In Ulm entstand 1255 eine B-steuer, die dann nach u. nach an allen Orten erhoben wurde. In manchen Städten, wo aus Mangel an gutem Wasser u. Kellern schlechtes B. gebraut wurde, wurde von Seiten des Stadtrathes fremdes B. verschrieben, welches in bes. Schenkstuben ausgeschenkt wurde; so entstanden die Rathskellerwirthschaften, welche der genannten Behörde oft einen beträchtlichen Gewinn einbrachten. Das englische Porterbier wurde 1730 vom Brauer Harword in London erfunden; jetzt braut man es auch in Deutschland. Das erste Weißbier wurde 1541 von einem Niederländer, Hans Kräne, in Nürnberg gebraut. Auch bei außereuropäischen Nationen sind in frühester Zeit B. u. bierartige Getränke bereitet worden, entweder ebenfalls aus Gerste u. Weizen, als den beiden (bes. die erste) dazu vor allen tauglichen Stoffen, wie von den Chinesen ihr Tarasum genanntes B., od. aus Reiß, wie von den Japanesen, deren Sali, od. aus Mais, wie von den Mexicanern, od. aus ägyptischem Hirse, wie das der Nubier, Beuza, od. aus mehreren Getreidearten, wie das der Abyssinier, Sasoir. Zu den wesentlichen Verbesserungen, welche die B-brauerei in der neuesten Zeit erfahren hat, sind die mannichfachen Arten von Malzdarren, Malzmühlen u. Kühlapparate zu rechnen. In Frankreich hat man angefangen, dem B-e, um Malz zu sparen, Stärkezucker zuzusetzen, welches die Güte des B-es nicht beeinträchtigt u. die Herpellung wesentlich billiger macht; auf der Londoner Ausstellung war ein B., das aus Stärkezucker ohne Malz gebraut war u. sich vorzüglich halten soll. Endlich hat man B-extract (s. Getreidestein) verfertigt, welcher, in kaltem Wasser aufgelöst, ein wohlschmeckendes u. wohlfeiles B. liefert; diese Erfindung kann namentlich für Seereisen von großem Nutzen sein.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 2. Altenburg 1857, S. 757-761.
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