Symbolische Bücher

[132] Symbolische Bücher, Schriften, in welchen die Glaubenssätze u. das Glaubensbekenntniß einer Kirche enthalten sind. I. Entstehung der S.B. Schon in der ältesten Kirche bildete sich auf Grund der apostolischen Lehre eine Glaubensregel, an welche sich alle bereits gegründeten Gemeinden ebenso, wie die neu zu begründenden hielten, welche sich jedoch nur durch mündliche Überlieferungen fortpflanzte. Zugleich suchte man aber auch die wichtigsten, evangelischen Lehren in kurzen Sätzen zusammenzufassen, um bes. den neu eintretenden Christen, welche man auf die damals nur Wenigen zugängliche Heilige Schrift nicht verweisen konnte, einen kurzen bestimmten Inbegriff der christlichen Lehre vorzuhalten u. dieselben hiernach auf die Taufe vorzubereiten. So bildeten sich bereits im 2. Jahrh. die sogenannten Taufbekenntnisse, in welchen die Grundlage zu den später ausführlichern Bekenntnissen gegeben war, mit denen man namentlich den Irrlehren entgegenzutreten suchte, indem man dieselben durch Wiederholung der alten Glaubensregeln u. durch einmüthige Zeugnisse der Bischöfe u. Gemeinden am besten zu bekämpfen glaubte, zugleich aber auch die göttliche Offenbarung von eindringenden Irrthümern zu sichern suchte. Schon diesen Glaubensbekenntnissen, namentlich dem Taufbekenntniß mit dem darin enthaltenen Glaubensbekenntniß, legte man den aus der Kriegs- u. Mysteriensprache entnommen Namen Symbol (s.d. bes. 12) u. 20) bei, u. so ging dieses Wort allmählig in den kirchlichen Sprachgebrauch über, u. zwar so, daß man nicht blos die ersten einfachen Taufbekenntnisse, namentlich das apostolische, sondern auch die in einzelnen Gemeinden od. ganzen Kirchenprovinzen geltenden Glaubensbekenntnisse Symbol (s.d. 22) nannte. Durch die theologischen u. kirchlichen Streitigkeiten, bes. seit dem Auftreten des Arianismus (s.d.), u. durch den Einfluß des Römischen Staates auf das christliche Kirchenwesen, nachdem das Christenthum von demselben anerkannt worden war, erweiterte sich die Zahl der Symbole, u. da die einzelnen Gemeinden einzelner Provinzen od. ganzer Länder in nähere kirchliche Verbindung mit einander traten, so machte man diese Verbindung gern von einem bestimmten Bekenntniß (Symbol) abhängig, um dadurch eine gewisse Glaubenseinigkeit den andringenden Irrlehren gegenüber festzuhalten u. zu fördern. Obschon diese Symbole nur unter vielen Kämpfen zur Geltung gelangen konnten, weil ihnen von Seiten einzelner Parteien der heftigste Widerstand geleistet wurde, so fanden sie doch theils an der weltlichen Macht der Kaiser eine bedeutende Stütze, theils war für sie der Umstand günstig, daß sie sich an die Lehrsätze der Heiligen Schrift anlehnten u. daß man den großen Kirchenversammlungen, auf denen sie durch die Bischöfe entstanden, in vielen Kreisen des Volkes eine besondere Auctorität beilegte u. einen Widerspruch gegen deren Aussprüche in keiner Weise duldete. Mit dem Wachsthum der päpstlichen Macht wuchs auch die Zahl der ökumenischen Kirchenversammlungen, die nun bes. den Zweck hatten einzelne kirchliche Lehren, z.B. die Transsubstantiation, die sieben Sacramente etc. festzustellen u. dieselben gegen diejenigen zu schützen, welche sie bekämpften. In der Reformationszeit hielt man zwar zunächst an dem Grundsatz fest, daß die Heilige Schrift die alleinige Quelle des christlichen Glaubens u. der christlichen Erkenntniß sei, u. suchte von diesem Standpunkte aus alles Irrthümliche u. Mißbräuchliche zu entfernen, was sich auf Grund der kirchlichen Macht u. der Tradition geltend gemacht hatte, allein es zeigte sich doch[132] auch bald das Bedürfniß ein gemeinsames Bekenntniß des Glaubens vor der Welt abzulegen u. die Unterscheidungslehren klar u. bestimmt hinzustellen, welche zur Trennung von der alten Kirche geführt hatten. Unter den S-n B-n, die auf diese Weise entstanden, sind zu erwähnen: A) Die allgemein in der ganzen Christlichen Kirche anerkannten Symbole (christliche Symbole); sie heißen die ökumenischen, weil sie aus Concilien entstanden, bei denen die größte Zahl der Bischöfe gegenwärtig war, u. weil sie den wahren orthodoxen Glauben darstellten. Es sind deren drei: a) Das Apostolische Symbol od. das Credo, s. Apostolisches Glaubensbekenntniß. b) Das Nikäische od. das Nikänisch-Constantinopolitanische Symbol, welches zu Nikäa 325 aufgestellt u. zu Constantinopel 381 erneut u. vermehrt wurde, s. Nikäisches Glaubensbekenntniß. An Auctorität steht dies über dem Apostolischen, weil es das erste öffentliche war u. eine solche dogmatische Bestimmtheit hatte, die nicht mißgedeutet werden zu können schien. c) Das Athanasianische Symbol od. nach seinem Anfang auch Quicunque genannt, s. Athanasianisches Symbolum. Dieses ist das am strengsten dogmatische u. macht die Seligkeit von einer dogmatischen Formel abhängig. Die Griechische Kirche hat es nicht im öffentlichen Gebrauch. Außerdem gab es nun B) in den einzelnen christlichen Hauptkirchen besondere Symbole u. zwar: a) in der Griechischen Kirche namentlich die Confessio orthodoxa von Petrus Mogilas, welche in der Griechischen u. Russischen Kirche symbolisches Ansehen erlangt hat, s.u. Griechische Kirche II. b) In der Römisch-Katholischen Kirche. Obgleich gewöhnlich nur die in Folge der Reformation entstandenen offiziellen Bekenntnißschriften, in welchen eine jede Konfession ihren Glauben niederlegte u. formulirte, den Namen S. B. führen, so legen die Katholiken, insofern die Katholische Kirche auch vor der Reformation öfter in der Lage war ihren Glauben in Rücksicht auf auftauchende Neuerungen aussprechen zu müssen, allen in dieser Weise entstandenen officiellen Documenten symbolischen Charakter bei. Als solche sind zu betrachten, außer den ökumenischen (s. oben A), die Beschlüsse der ökumenischen Concilien u. der Particularsynoden, insofern sie von der Gesammtkirche anerkannt sind, u. die päpstlichen Glaubensentscheidungen. Die in Rücksicht auf die Reformation entstandenen sind: die dogmatischen Decrete des allgemeinen Concils von Trient, das in Folge davon veröffentlichte Glaubensbekenntniß (Professio fidei Tridentina), der Katechismus des Concils von Trient (Catechismus Romanus) u. endlich die particularen Entscheidungen der Päpste. Dagegen haben alle privaten Schriften über Glaubenssachen, mögen sie von Theologen, Bischöfen od. selbst Kirchenvätern herrühren, kein symbolisches Ansehen u. können nur insofern als Zeugen für den katholischen Glauben angeführt werden, als sie mit dem Inhalte der genannten Schriften übereinstimmen. c) In der Lutherischen Kirche ist die Zahl der Symbole in der Concordienformel, außer den drei ökumenischen, auf folgende festgesetzt: aa) die Augsburgische Confession (s.d.), das am allgemeinsten anerkannte u. wichtigste Symbol der Protestanten, das jedoch wegen der Veränderungen, welche Melanchthon im 10. Artikel zu Gunsten der Reformirten vornahm, heftige Streitigkeiten unter den Protestanten veranlaßte. bb) Apologie der Augsburgischen Confession (s.d.) durch die Confutatio confessionis, welche die Katholischen gegen die Augsburgische Confession geschrieben hatten, veranlaßt; sie ist das inhaltreichste Buch, bes. in Bezug auf die Katholische Kirche; die strengen Lutheraner des 16. Jahrh. hielten sie für zu mild u. fanden auch Widersprüche zwischen ihr u. der Confession. cc) Die Schmalkaldischen Artikel (s.d.), 1536 von Luther abgefaßt, zunächst daß sie auf dem 1537 nach Mantua ausgeschriebenen Concil zur Grundlage von dem dienen sollten, was die Evangelischen glaubten. Da das Concil nicht zu Stande kam, so unterschrieben sie blos einige 30 Theologen zu Schmalkalden, u. sie wurden 1538 von Luther in Wittenberg herausgegeben; sie erlangten aber nie die Bedeutung der Augsburgischen Confession u. der Apologie. dd) Die beiden Katechismen Luthers (s. Katechismus S. 374), zuerst durch die Concordienformel für ein symbolisches Buch erklärt. ee) Die Concordienformel (Formula concordiae, s.d.); sie wurde 1580 zu Dresden publicirt u. von dem größten Theile der Protestanten angenommen u. unterschrieben. Die Landgrafen Wilhelm von Nieder- u. Ludwig von Oberhessen aber, die anhaltischen, holsteinischen u. pommerschen Theologen, die Städte Magdeburg, Nürnberg, Frankfurt a. M., Speier, Strasburg, Worms u. Danzig verwarfen sie. König Friedrich II. von Dänemark verbot sie bei Todesstrafe ganz in seinem Reiche. Die Vereinigung der entzweiten Glieder der Kirche durch die Concordienformel war eine sehr vorübergehende, denn bald traten mehre Lutherische, bes. Melanchthons Anhänger, zurück u. die Calvinisten trennten sich seitdem vollends ganz von den Lutherischen. Ehe die Concordienformel zu Stande kam, suchte man in den einzelnen protestantischen Ländern die entstandenen Streitigkeiten durch Sammlungen S-r B. (Corpora doctrinae) beizulegen u. nahm in dieselben einzelne symbolische od. auch ganz neue Schriften auf; die wichtigsten dieser Sammlungen sind: das Corpus doctrinae Philippicum, Wittenb. 1560, von Melanchthons Anhängern u. den freiern Lutheranern gebraucht, während die strengere Partei an dem Corpus doctrinae Thuringicum, Jena 1571, fest hielt; ferner das Corpus doctrinae von Pommern 1561, von Preußen 1567, von Brandenburg 1572, von Braunschweig (Corpus doctrinae Julium vom Herzog Julius) 1573, von Lüneburg (Wilhelminum) 1576 etc., s. Corpus doctrinae. Außerdem gab es in einzelnen Landeskirchen Particularsymbole, z.B. die gräflich Reußische Confession von Musäus 1567, die Württembergische Confession 1552, für Sachsen die Visitationsartikel, welche zum Theil noch jetzt gelten, 1592. Ähnliche Schriften erschienen für Dänemark, Schweden, Ungarn u. Siebenbürgen. d) In der Reformirten Kirche gibt es keine Sammlung der S-n B., welche in allen Kirchen Geltung hat, sondern es finden sich in den einzelnen Landeskirchen verschiedene Sammlungen, hierher gehören: Harmonia confessionum orthodoxarum et reformatarum ecclesiarum, 1581, u. Corpus et syntagma confessionum fidei, quae ecclesiae nomine editae sunt, 1612, die von M. Bucer verfaßte Confessio tetrapolitana (für die Städte Strasburg, Kostnitz, Lindau, Memmingen), welche fast ganz mit der Augsburgischen Confession übereinstimmt[133] u. auf dem Reichstag zu Augsburg übergeben werden sollte, wird zu den S-n B-n der Reformirten Kirche gezählt, erhielt aber nie öffentliches Ansehen; ferner die Confessio basiliensis (1532) u. Confessio helvetica (1536), die Confessio gallica, 1559, von Th. Beza für die Französische Kirche aufgesetzt; der Heidelberger Katechismus (Catechismus palatinus, s.u. Reformirte Kirche); die Confessio belgica (Emdensches Glaubensbekenntniß), nach Calvinischen Grundsätzen aufgesetzt von Guido de Bres in Brabant, französisch 1562, übersetzt, Emden 1571, gebilligt als symbolisch auf verschiedenen Synoden 1571, 1576, 1579, 1581, u. zu Dortrecht 1619 u. noch einmal bestätigt im Haag 1651; Confessio helvetica, 1566, von mehren Baseler Theologen verfaßt; Decreta concilii dordraceni von 1618, meist nur von den holländischen u. deutschreformirten Kirchen angenommen; Confessio marchica, 1613, für die brandenburgischen Kirchen; die Formula consensus helveticarum, von Heidegger 1675, nur in der Schweiz u. seit dem 18. Jahrh. auch dort nicht mehr als symbolisches Buch anerkannt, die Confessio scotica, 1563 für die reformirte Kirche in Schottland verfaßt; s.u. Confession S. 353 f. C) Unter den kleinern christlichen Parteien sind zu erwähnen: a) Die Unitarier (s.d. u. vgl. Antitrinitarier), sie haben als S. B. den größern Rakauer Katechismus von Valentin Schmalz, nach einer Schrift von F. Socinus. Er erschien 1605 unter dem Titel: Catechesis ecclesiarum, quae in regno Poloniae deum patrem etc. colunt (unterschieden von der früher unitarischen mit anapabtistischen Meinungen versetzten u. später nicht mehr anerkannten Catechesis et confessio fidei coetus per Poloniam congregati, 1574), neu bearbeitet u. vervollständigt 1684; ferner Confessio fidei christianae, edita nomine ecclesiarum in Polonia etc., 1642, wozu 1652 eine Apologie von Schlichtung kam. Diese Schriften sind keineswegs bestimmt den Glauben u. die Lehre zu bestimmen, vielmehr sollen sie nur den Glauben bezeugen. b) Die Arminianer, sie hatten unter allen protestantischen Parteien am wenigsten Symbole u. waren die ersten unter den Protestanten, welche sich gegen das Ansehen u. die normative Bedeutung von Symbolen erklärten, weil dieselben gegen ihr Princip von kirchlicher Freiheit stritten. Ihre S-n B. hatten deshalb nur ein hohes Ansehen als Zeugnisse der Lehre u. es sind von demselben bes. zu erwähnen: Die Vertheidigungsschrift Remonstrantia, 1610 den holländischen Ständen übergeben, 1612, die Confessio von S. Episcopius 1622 u. die Apologia von demselben. c) Die Mennoniten; von ihren Bekenntnißschriften sind die wichtigsten: Brevis confessio etc. von Ries u. Gerardi 1580; die Glaubenslehre der wahren Mennoniten von Ries 1766. Auch gibt es mehre Katechismen, z.B. von Schyn u. Cat. d) Was die übrigen Parteien anlangt, so haben die Waldenser das Glaubensbekenntniß von 1655 noch 1839 auf einer Synode als ein durchaus schriftgemäßes Bekenntniß bezeichnet; bei den Herrnhutern (s.u. Brüdergemeinde) hat die Augsburgische Confession u. Spangenbergs Idea fidei fratrum, bei den Swedenborgianern (s.d.) Swedenborgs Schriften u. bei den Quäkern (s.d.) die Schriften Barklay's hohes, jedoch lein symbolisches Ansehen.

II. Die Stellung u. Geltung der S-n B. Bereits in der Reformationszeit gelangten die öffentlichen Bekenntnißschriften zu einem hohen Ansehen, welches theils in der Achtung vor der Persönlichkeit der Reformatoren, theils in dem Rückblick auf die Kämpfe, unter denen sie entstanden, u. auf den Muth, mit welchem sie den Gegnern gegenüber vertheidigt wurden, seinen Grund hatte. Obschon man an der Heiligen Schrift als dem alleinigen Glaubensgrund u. als der wahren Erkenntnnißquelle der evangelischen Wahrheit festhielt u. darin keine Beschränkung dulden wollte, so glaubte man doch auch mit allen Glaubensgenossen auf Grund eines klaren bestimmten Bekenntnisses verbunden sein zu müssen u. hielt ein solches auch deshalb für nöthig, um durch eine bündige Darstellung der Unterscheidungslehren den Austritt aus der alten Kirche zu rechtfertigen u. etwaigen Irrthümern u. Mißbräuchen in der neu begründeten Kirche im Voraus vorzubeugen. Daher kam es, daß man sehr bald, namentlich bei Übertritten zur Evangelischen Kirche, das Unterschreiben der S-n B. u. zwar der Augsburgischen Confession von dem Übertretenden forderte u. dadurch eine Art von Verpflichtung einführte, z.B. bei den Magister- u. Doctorpromotionen (1533), bei der Anstellung der Staatsdiener u. Geistlichen etc. Durch die nach Luthers Tode entstandenen kirchlichen u. theologischen Streitigkeiten gewann diese Verpflichtung eine größere Ausdehnung, indem man dadurch von Seiten der Landesfürsten die Einheit u. Reinheit der Lehre zu sichern suchte. Bereits 1576 wurde die Augsburgische Confession zum ersten Mal das Symbol der Evangelischen Kirche genannt, u. allmählig erhielt beinahe jedes Land ein Corpus doctrinae (s. oben), d.h. eine Sammlung an Schriften, deren Inhalt als Lehrnorm bezeichnet wurde, bis endlich 1580 bei Erscheinen der Concordienformel von den protestantischen Fürsten u. Ständen bestimmt ausgesprochen wurde, daß bei der darin enthaltenen Lehre allenthalben beharrt u. alle etwaigen Streitigkeiten darnach zur Entscheidung gebracht werden sollten. Hieraus entwickelte sich von selbst die Bezeichnung dieser Schriften als Lehrnorm für die Geistlichen u. die Verpflichtung derselben darauf durch den Religionseid (s.d.) Die Reformirte Kirche wurde von diesen Fragen über die Stellung u. Geltung der S-n B. weit weniger berührt, weil bei ihren mehr praktischen Tendenzen u. bei dem Mangel eines allen Kirchen gemeinschaftlichen symbolischen Codex die Veranlassung zu dogmatischen Streitigkeiten seltener vorlag, obschon die Dortrechter Beschlüsse u. die Formula consensus helvetica der Lehrfreiheit in einigen Ländern manche Beschränkungen auferlegte, während in der Katholischen Kirche das Erscheinen des Tridentinums keine Änderung in dem bestehenden Festhalten an den Symbolen bewirkte. In der Lutherischen Kirche nahm man anfangs an dieser veränderten Stellung der S-n B. um so weniger Anstoß, je fester man an deren Übereinstimmung mit der Lehre der Schrift glaubte, allmählig aber machte sich die Befürchtung geltend, es möchte dadurch den menschlichen Satzungen ein neuer Weg gebahnt werden, u. in den Pietistischen Streitigkeiten (s.d.) bekämpfte man das bedeutende Ansehen, welches im Laufe der Jahre die S-n B. erhalten hatten (Symbolomachie). Zwar suchte P. I. Spener zu vermitteln u. entschied sich bei der damals[134] laut werdenden Frage, ob man auf dieselben verpflichten solle, »weil« (quia) od. »inwiefern« (quatenus) sie mit der Heiligen Schrift übereinstimmen, für »weil«, wollte indeß auch diejenigen geschont wissen, welche sich nur mit der Formel »inwiefern« verpflichten lassen wollten. Allein unter seinen Nachfolgern erklärten sich manche mit großer Heftigkeit gegen alle Lehrformeln u. sahen in denselben eine Beschränkung der Glaubens- u. Gewissensfreiheit. Unter den folgenden Gegnern bezeichnete Gottfried Arnold die S-n B. als geradezu schädlich u. gefährlich, weil sie zum Papismus führten, u. diese Kämpfe steigerten sich bei der freiern Richtung im 18. Jahrh. bes. durch die Schrift von Lüdke in Berlin (Vom falschen Religionseifer, 1767) u. von Büsching (Untersuchung etc., 1770), während Töllner, Schlegel u. A. die S-n B. zu vertheidigen suchten. Diese Meinungsverschiedenheit über die Geltung u. Stellung derselben hat sich bis auf die neueste Zeit herauf fortgesetzt, u. sie trat, nachdem die Herrschaft des vulgären Rationalismus, welcher die S-n B. nur als historische Zeugnisse betrachtete, allmälig entschwunden war, um so schärfer hervor, je mehr die confessionelle Richtung Anhänger gewann u. je nöthiger es schien das positive Christenthum überhaupt u. die Kirchenlehre insbesondere gegen die Angriffe zu sichern, denen beide von Seiten der liberalen Theologen ausgesetzt waren, ohne daß durch die vielen Streitschriften, z.B. von Bretschneider, Röhr, Schuderoff, Harleß, Jung, Bittet, Vilmar u. A. die Sache selbst zum Abschluß gebracht worden wäre. Die Anhänger der S-n B. haben bei ihrer Vertheidigung derselben hauptsächlich Folgendes geltend gemacht: Auf den S-n B-n, u. namentlich auf der Augsburgischen Confession, beruht die politischrechtliche Anerkennung der Protestanten im Deutschen Reiche, indem 1555 der Augsburger u. 1648 der Westfälische Frieden auf diese Bedingung hin geschlossen u. von dort aus die gesetzliche Anerkennung in die Deutsche Bundesacte 1815 übergegangen ist. Ferner gehöre zu dem Wesen einer Kirche ein gemeinschaftliches öffentliches Bekenntniß, durch welches die einzelnen Mitglieder zu einem Ganzen verbunden werden. Auch die Beschaffenheit des Lehramts erfordere ein solches Bekenntniß, indem derjenige, welchem ein solches Amt übertragen werde, nach dem Sinne seines Auftraggebers die Lehre vorzutragen habe, zu welcher sich die Kirche bekenne. Ohne ein Bekenntniß würde eine Lehrwillkür eintreten, bei welcher die Gemüther der Gemeinden verwirrt u. Glaubensspaltungen hervorgerufen würden. Gegen diese strenge Ansicht, welche man oft als eine sklavische Verehrung der S-n B. (Symbololatrie) bezeichnet hat, ist von den Gegnern bemerklich gemacht worden: Die Anerkennung der protestantischen Kirche durch jene Friedensschlüsse auf der Basis der Symbole lasse sich weder historisch noch staatsrechtlich beweisen; die Kirche beruhe allein auf dem Worte Gottes als der einzigen Quelle des christlichen Glaubens u. der christlichen Erkenntniß, nicht aber auf., den von Menschen verfaßten u. darum der Änderung unterliegenden Glaubensformeln; die S-n B. beschränken die Glaubens- u. Gewissensfreiheit, sie beeinträchtigen den Fortschritt in der Wissenschaft, sie enthalten Lehren u. Sätze, welche sich widersprechen, sie gründen sich zuweilen auf eine unrichtige Auslegung der Schrift, die Geistlichen können, um ihr Gewissen nicht zu bedrücken, nur auf eine gewissenhafte Berücksichtigung der S-n B. verpflichtet werden etc.

III. Bei diesen abweichenden Ansichten über die Stellung u. Geltung der S-n B. sind eine Menge Streitigkeiten in den einzelnen Landeskirchen darüber entstanden, namentlich geschah dies seit der Union (s.d.), welche in einzelnen Ländern zwischen Lutheranern u. Reformirten gemacht wurde, u. zwar bes. in Preußen bei den Kämpfen des Kirchenregiments mit den strengen Lutheranern (s.d.). Der Grundsatz fest in Lehre u. Wort an den S-n B-n zu halten (Symbolzwang) wird bes. in der Evangelischen Kirchenzeitung von Hengstenberg vertreten, u. es wurden verschiedene Versuche gemacht demselben Geltung zu verschaffen. So z.B. 1835 in Preußen bei der Predigerwahl in Schwelm, wo die symbolische Partei die von dem größern Theil der Wähler auf einen Prediger freierer Richtung gefallene Wahl vereitelte u. die Regierung den von der freiern Partei gewählten Prediger nicht bestätigte; bei der Erklärung der Geistlichen der Dortmunder Kreissynode gegen den Symbolzwang; 1830 bei der Denunciation gegen Wegscheider u. Gesenius in Halle, bei welcher Gelegenheit eine Menge Streitschriften über die Geltung der S-n B. erschienen; bei dem Streite über die Anbetung Jesu in Magdeburg 1838, wo Sintenis (s.d. 4), weil er im Widerspruch mit den Symbolen sei, mit Absetzung bedroht, der Prediger Rupp (s.d.) in Königsberg, weil er sich auf der Kanzel vom Athanasianischen Symbol losgesagt hatte, 1845 von seiner Predigerstelle suspendirt u. wegen Nichtgebrauch des Apostolischen Symbolums gegen Uhlig, Wislicenus u. A. eingeschritten wurde. Mit großer Energie werden die Symbole in Baiern von dem protestantischen Oberconsistorium in München anstecht erhalten; die Manifestationen begannen dort 1838 mit Kritiken gegen die rheinbaiersche Unionsurkunde u. bes. dem durch Ruft ausgeführten Befehle streng bei den Lehren der beiderseitigen Symbole zu bleiben. Dann folgten 1839 Befehle nur Geistliche anzustellen, welche aus Überzeugung den Lehren der Symbole zugethan wären u. dieselben bekennten, endlich die Absetzung solcher, welche dieser Richtung nicht folgten, bis sie zu dieser Überzeugung gekommen wären. Die Universität Erlangen wurde bis auf die neuste Zeit nur mit Lehrern der streng confessionellen Richtung besetzt. Auch in Hamburg wurde die Frage über die Geltung der Symbole 1839 angeregt u. die dortige Geistlichkeit sprach sich in verschiedenen Richtungen aus (für die Autorität der S-n B. z.B. Strauch, Rautenberg, Mumssen, gegen dieselbe Alt u. Schmalz). In Kurhessen wurde 1838 vom Oberconsistorium eine Formel des veränderten Diensteides der Geistlichen eingegeben, des Inhalts, daß die christliche Lehre nach Inhalt der heiligen Schriften u. mit gewissenhafter Berücksichtigung der Bekenntnißschriften der Evangelischen Kirche verkündigt werden sollte. Das Ministerium genehmigte diese Formel, aber dagegen erhob sich die verstärkte Partei der Orthodoxen, u. es begann ein lebhafter Kampf u. Flugschriftenwechsel, in welchem auf der Seite der Symbolischen bes. Bikkel, Carl, Martin, Vilmar, Kling u. A. standen. Die Ansicht des gelehrten Deutschland über die S-n B. sprach sich aus bei Gelegenheit des Altenburger Consistorialrescripts vom 13. Nov. 1838 (s.u. Sachsen S. 715). indem von den in dieser Sache berathenen theologischen Facultäten[135] die zu Berlin den Symbolzwang vertheidigte, während die zu Jena, Göttingen, Heidelberg mildere Ansichten aussprachen. Auch im Königreich Sachsen kam es zu Differenzen über die Symbole, zuerst 1844 in Leipzig, wo die meisten Geistlichen die Confirmanden statt auf das Apostolische Symbol auf eine, von Rosenmüller herrührende Paraphrase desselben verpflichtet hatten. Der Streit ging hier von denen aus, welche eine Gleichmäßigkeit im Bekenntniß wollten, aber das Ministerium ließ die Sache vor der Hand auf sich beruhen. Als indeß die sogen. Protestantischen Freunde (s.d.), welche auch nach Sachsen herübergriffen u. hier Versammlungen hielten, neben der Aufstellung anderer freisinniger Ansichten, auch die Geltung der S-n B. in Frage stellten, so verboten namentlich deshalb die in Evangelicus beauftragten Minister unter dem 17. Juli 1845 jene Versammlungen u. ermahnten zugleich die Geistlichen des Königreichs an ihren Amtseid, rücksichtlich der Lehre nach den S-n B-n. Über die Verpflichtung der Geistlichen auf die S-n B. wurde mehrfach auf den Landtagen, auch noch 1860 bei der beabsichtigten neuen Kirchenverfassung, verhandelt u. das Cultusministerium erließ unter dem 18. Mai 1862 neue Eidesformulare für Kirchen- u. Schuldiener, wonach die Letzteren auf die reine Lehre der Evangelisch-Lutherischen Kirche, wie solche in der Heiligen Schrift enthalten, in der ersten ungeänderten Augsburger Confession u. den beiden Katechismen Luthers erklärt u. dargestellt ist, verpflichtet werden sollen. Der Religionseid der Geistlichen ward etwas gemildert. In entgegengesetzter Weise kam die Verpflichtung auf die Symbole im Fürstentum Lippe zur Sprache. Hier war, um dem Zweifel einiger jungen Pastoren zu begegnen, zu den Worten der Reversalien (d.h. der Instruction der Prediger): »daß ich alle vornehmste Artikel der heiligen christlichen Lehre vermöge prophetischer u. apostolischer Schrift, auch darauf gegründeten Augsburgischen Confession etc. vortragen will,« von dem Consistorium hinzugefügt: »Augsburgische Confession, so weit diese mit dem Worte Gottes in der heiligen Schrift übereinstimmt.« Fünf strenggläubige Pastoren protestirten in einer Eingabe vom 22. October 1844 dagegen, indeß änderte das Lippesche Consistorium in seiner Antwort auf jene Protestation, vom 31. März 1845, in dieser Fassung der Reversalien nichts. Auch auf den Kirchentagen, Kirchenconferenzen, Missions- u. Gustavadolfsvereinen etc. machten sich diese Differenzen geltend. Bei den neuern Streitigkeiten in Mecklenburg, Hannover, Rheinbaiern etc. hat die Frage über die S-n B. immer im Vordergrund gestanden u. in allen Landeskirchen sind beide Richtungen vertreten, diejenigen, welche streng an den Symbolen halten u. diejenigen, welche sich nicht streng daran binden. Seitens der Kirchenregimenter ist hier u. da der Versuch gemacht worden den Religionseid zu ändern, im Übrigen hat man sich hier der strengern, dort der mildern Auffassung zugeneigt u. hiernach die Streitigkeiten beurtheilt u. entschieden.

IV. Die Literatur. Bei der Wichtigkeit, welche die S-n B. für die Lehre der Kirche u. deren Fortbestand hatten, u. bei der verschiedenen Art, wie ihre Stellung u. Geltung aufgefaßt wurde, zeigte sich sehr bald das Bedürfniß die hier einschlagenden Fragen in wissenschaftlicher Weise zu behandeln, u. es entstand dadurch eine besondere Wissenschaft, Symbolik (Theologische Symbolik, auch Symbolische Theologie genannt), während man vormals diesen Stoff mit der Dogmengeschichte verbunden hatte. Die Symbolik beschäftigt sich mit den S-n B-n u. deren Entstehung, Einrichtung u. Geltung u. mit dem Lehrinhalt derselben unter beständiger Vergleichung der Lehrbegriffe der verschiedenen Kirchen u. Parteien u. unter klarer Darstellung der Eigenthümlichkeit jedes einzelnen kirchlichen Lehrbegriffs. Während die früheren Arbeiten der Lutheraner einen polemischen Charakter hatten (so M. Chemnitz, Examen concilii Tridentini, 1565–73, 4 Bde. u. ö. (deutsch von G. Nigrinus, 1576); Calov, Synopsis etc., 1653; Joh. Musäus, Collegium controversarium, 1701; F. Bachmann, Theologica polem., 1702; bei den Reformirten: Spanheim, Elenchus controversarium, 1701; bei den Katholiken: Alphons de Castro, Libri XIV adversus haereses, 1534 u. ö.; Rob. Bellarmin, Disputationes de controversiis christianae fidei adversus hujus temporis haereticos, Rom 1581 ff., 4 Bde. u. ö. u. v. A.: wurde bereits seit dem 17. Jahrh. die lutherische Symbolik in der Form von Tabellen, Commentaren, Einleitungen u. systematischen Darstellungen des Lehrbegriffs bearbeitet (vgl. Rechtenbach, Encyclopaedia symb., 1612; J. B. Carpzov, Isagoge in libros symb., 1675; Von Sanden, Theologica symb., 1688; J. G. Majus, Synopsis theol. symb., 1694; J. G. Walch, Introductio in libr. symb., 1732; S. J. Baumgarten, Erläuterungen der symbolischen Schriften, 1747; Semler, Apparatus ad libros symb., 1775; Tittmann, Institutio symb., 1811 u. A), bis endlich seit G. J. Planck (Abriß einer Darstellung der dogmatischen Systeme unsrer verschiedenen christlichen Hauptparteien. Gott. 1796, 3, Aufl. 1822) die Symbolik historisch-comparativ behandelt wurde. Hierher gehören: Marheinecke, Christliche Symbolik, Heidelb. 1810–13, 3 Bde.; Ders., Institutiones symbolicae, Berl. 1812; Ders., Christliche Symbolik (Vorlesungen) herausgegeben von Matthias u. Vatke, ebd. 1848; Herb. Marsh, Vergleichende Darstellung der protestantischen, anglicanischen u. römisch-katholischen Kirche, Cambr. 1814 (deutsch von Schreiber, Sulzb. 1821); Winer, Comparative Darstellung des Lehrbegriffs der verschiedenen christlichen Kirchenparteien, Lpz. 1824, 2. Aufl. 1837; Tafel, Vergleichende Darstellung der Lehrgegensätze der Katholiken u. Protestanten, Tüb. 1835; Hahn, Das Bekenntniß der Evangelischen Kirche in seinem Verhältniß zu der Römischen u. Griechischen, Lpz. 1835; Köllner, Symbolik der lutherischen u. katholischen Kirche, Hamb. 1837–44, 2 Bde.; Guericke, Allgemein christliche Symbolik, Lpz. 1839, 1846; Hilgers, Symbolische Theologie, Bonn 1841; Matthes, Comparative Symbolik aller christlichen Confessionen, Lpz. 1854; Baier, Symbolik der christlichen Confessionen, Greifsw. 1854; R. Hofmann, Symbolik, Lpz. 1857; Göschel. Die Concordienformel, 1858; Franke, die Theologie der Concordienformel; K. Hase, Handbuch der protestantischen Polemik gegen die Römisch-katholische Kirche, Lpz. 1862; von Katholiken: Möhler, Symbolik, Mainz 1832, 6. A. 1843; A. Günther, Der letzte Symboliker, 1835. Deutsche Ausgaben der S-n B. der Lutherischen Kirche gibt es von Schöpf, 1826; Köthe, 1830; Detzer, 1830; Bodemann. 1843: lateinische von Rechenberg, 1678; [136] Pfaff, 1730; Weber. 1809–11; Tittmann, 1817; Augusti, 1827; Hase, 1827, 2. A. 1837; Meyer, 1830; Franke, 1847; deutschlateinische von Walch, 1750, u. von Müller, 1848. Sammlungen S-r B. der Katholischen Kirche von Danz, 1836: Streitwolf u. Klener, 1837. Sammlungen der S-n B. der Griechischen Kirche von Kimmel, 1838; der Reformirten Kirche von Augusti, 1837; von Meß, 1828–30, 2 Bde.; von Brok, 1830; von Niemeyer, 1840; von Bökel, 1847; von Bodemann, 1844; von Heppe, 1860.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 17. Altenburg 1863, S. 132-137.
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Romantische Geschichten II. Zehn Erzählungen

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Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Michael Holzinger hat für den zweiten Band eine weitere Sammlung von zehn romantischen Meistererzählungen zusammengestellt.

428 Seiten, 16.80 Euro

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