[91] Landstände (Landschaft), im Allgemeinen die Vertretung der Unterthanen, welcher das verfassungsmäßige Recht zukommt, daß wichtigere Angelegenheiten des Landes, insbesondere Besteuerungsfragen, von dem Landesherrn ohne ihren vorher angehörten Beirath, in manchen Beziehungen auch ohne ihre ausdrückliche Einwilligung, nicht erledigt werden können. Bezüglich der allgemeinen Einrichtung der L. sind zu unterscheiden die L. nach altem Muster, wonach in den Vertretungen das ständische Element herrschte, u. die L. nach dem Muster des neueren Repräsentativsystems. Nach dem älteren ständischen System bestanden die L. aus Abgeordneten, welche nur aus gewissen bevorzugten Klassen der Unterthanen, namentlich aus den Vasallen, hervorgingen od. von bevorrechteten Corporationen, wie geistlichen Stiftern, Städten etc. gewählt wurden. Dieser Zusammensetzung entsprach es, daß die L. dieser Art zunächst auch nur die Rechte ihres Standes vertraten u. nur mittelbar auch zugleich als eine Vertretung des ganzen Landes gelten konnten. Nach dem modernen Repräsentativsystem soll die Landschaft das Volk selbst in seiner Gesammtheit vertreten, indem jedem urtheilsfähigen Staatsbürger nach dem Maße seines Interesses u. seiner politischen Befähigung ein Antheil an der Berathung der öffentlichen Angelegenheiten gebühre. Während der Charakter der älteren L. mehr ein privatrechtlicher war, beruht derselbe bei den neueren L-en in der staatsrechtlichen Fiction, daß die Aussprüche des Repräsentantenkörpers den Ausdruck des in ihm concentrirten Volkswillens bilden, weshalb derselbe auch für das Volk unbedingt verpflichtend wird, so wie die Zustimmung des Souveräns zu den gefaßten Beschlüssen hinzutritt (s. Constitutionell). Doch gehören nicht alle landständische Verfassungen bestimmt der einen od. der andern dieser beiden Arten an; es gibt ältere landständische Verfassungen, denen unzweifelhaft auch ein gewisser Repräsentativcharakter beiwohnt, u. andererseits erinnern mehre der neueren Repräsentativverfassungen an das Institut der alten L., aus welchem sie entweder unmittelbar hervorgegangen sind, od. an welche man die neuere Justitution mindestens anzuknüpfen suchte. Im Allgemeinen überwiegt indessen seit den Jahren 1848 das Repräsentativsystem. Bei beiden Arten von Volksvertretungen ist für die allgemeine Versammlung der L. die Bezeichnung Landtag der gebräuchliche. Daneben kommen aber besonders bei den älteren L-n auch kleinere Versammlungen von Landtagsausschüssen od. von Deputationen der L. vor, welche dann als Ausschußtage od. Deputationstage bezeichnet werden. Auf den Versammlungen der letzteren Art werden dann minder wichtige od. dringende Angelegenheiten von Deputirten aus der Landschaft abgemacht. Zuweilen sind diese Deputationen der L. sogar permanent u. haben dann bes. die Oberaufsicht über die ständischen Kassen, eine Mitwirkung bei Besetzung ständischer Stellen etc. In größeren Staaten hat man weiter allgemeine Land- u. Provinzialstände zu unterscheiden. Nur die ersterenrepräsentiren das ganze Land, die letzteren sind Vertretungen für die einzelnen Provinzen; ja es gibt selbst für die Abtheilungen der Provinzen, die Kreise, ständische Vertretungen, Kreisstände, wie z.B. in Preußen.
Während die Leitung der kreisständischen Versammlungen in der Regel dem ersten Verwaltungsbeamten des Kreises, dem Landrath (s.d.), Bezirksdirector etc. zusteht, erfolgt bei den größern Vertretungen der Provinzial- od. allgemeinen Stände die Wahl des Vorsitzenden, welcher dann bald den Titel Landschaftspräsident, bald Landschaftsdirector, Landtagsmarschall, Landmarschall führt, regelmäßig durch die Stände selbst, doch so, daß dem Landesherrn zuweilen ein Bestätigungsrecht vorbehalten ist. Ein gleiches Bestätigungsrecht übt der Landesherr in der Regel auch hinsichtlich der andern landschaftlichen Beamten aus, welche entweder nur auf die Dauer eines Landtages, od. auf Lebenszeit zur Verrichtung bestimmter Functionen bestellt werden. Als dergleichen Beamte kommen in den älteren landständischen Verfassungen schon seit dem Anfang des 17. Jahrh. fast überall die rechtsgelehrten Landschaftsconsulenten od. Syndiken vor, deren sich die Landschaft zur juristischen Begutachtung ihrer Angelegenheiten, bei Führung von Processen, Besorgung der Registraturgeschäfte, auch wohl zur Protokollirung ihrer Verhandlungen bediente. Diese Syndiken sind auch vielfach in die neueren Verfassungen übergegangen, in denen sich der Geschäftskreis derselben nach den besonderen Geschäftsinstructionen u. ständischen Geschästsordnungen richtet.
Die Befugnisse der L. waren schon in älterer Zeit sehr verschieden; unbezweifelt stand von jeher den L-n das Recht der Steuerbewilligung zu; allein außerdem war ihnen auch schon früh eine gewisie Mitwirkung bei der Landesgesetzgebung eingeräumt. Doch beschränkte sich diese Mitwirkung bei den älteren L-n meist nur auf einen Beirath, so daß der Landesherr an das Gutachten der Stände nicht gebunden war. In den neueren Verfassungen sind aber diese Rechte wesentlich erweitert. Nicht allein ist das Recht der Mitwirkung bei der Gesetzgebung darauf ausgedehnt, daß kein wirkliches Gesetz (im Gegensatz bloßer Verordnungen) ohne ständische Zustimmung Gesetzeskraft erlangen kann, sondern auch das Recht der Steuerbewilligung hat dadurch bedeutend an Umfang gewonnen, daß die L. jetzt regelmäßig in Gemeinschaft mit der Regierung die Ausgaben in festen Etats im Voraus feststellen u. bei Contrahirung von Staatsschulden, Veräußerung von Staats- u. Domanialgütern um ihre Einwilligung gefragt werden müssen. Manchen L-n steht das Recht zu, auch bei der Verwaltung der Landeskasse, des Staatsschuldenwesens, bei Besetzung höherer Richterstellen durch Wahl od. Präsentation der Candidaten mit der Regierung zu concurriren. Überall anerkannt ist ferner das Recht der L., auf Mängel u. Mißbräuche bei der Staatsverwaltung aufmerksam zu machen u. deshalb, sowie auf die von Einzelnen an sie gelangten Petitionen Beschwerden, Bitten u. Wünsche an die Staatsregierung zu richten. Bei wirklichen Verletzungen der Verfassung steht ihnen das Recht zu, die Minister in Anklage zu versetzen u. deren Bestrafung durch den Staatsgerichtshof zu betreiben.
Das Recht zur Theilnahme an der landständischen Versammlung beruhte bei den älteren[91] L-n meist auf einem erblichen Titel, dem Besitze eines landtagsfähigen Gutes; außerdem wurde nach mehreren Verfassungen adelige Geburt verlangt. Corporationen, wie Stifter, Universitäten, Klöster, Städte, erschienen, wenn ihnen die Landstandschaft zustand, durch einen aus ihrer Mitte. Für die neueren Ständeversammlungen bildet die Wahl der Deputirten unmittelbar aus dem Volke die Regel (s. Wahlgesetze). Doch kommen daneben namentlich da, wo es zwei Kammern (s.d.) gibt, auch geborene L. vor. Zu diesen gehören dann bes. die Prinzen des regierenden Hauses, die sogen. Standesherren u. Besitzer größerer Majorate; andere Mitglieder werden auch wohl vermöge des von ihnen bekleideten Amtes berufen, wie z.B. Kronbeamte, Landesbischöfe, die Kanzler der Universitäten etc., u. daneben steht auch zuweilen dem Landesherrn das Recht zu, eine bestimmte Anzahl Mitglieder nach eigener Wahl zu ernennen. Die Versamlungen der L. können regelmäßig nur auf landesherrliche Berufung erfolgen. Das frühere Recht, sich willkürlich zu versammeln, wurde den L-n seit dem 16. Jahrh. in den meisten Territorien genommen od. wenigstens eingeschränkt. Nur blieb in mehreren Verfassungen so viel bestimmt, daß der Landesherr auf Begehren der Landschaft, od. einzelner Stände, od. des ständischen Ausschusses binnen bestimmter Frist einen Landtag ausschreiben müsse, u. daß widrigenfalls die Stände sich auch eigenmächtig versammeln dürften. Die neueren Verfassungen erklären dagegen alle landständischen Versammlungen ohne landesherrliche Berufung für nichtig u. sogar für strafbar. Ausnahmen werden hierbei nur gemacht theils für den Fall eines Regierungswechsels, theils wenn nach einer Auflösung der L. der Landesherr den Landtag innerhalb einer bestimmten Frist nicht beruft, in welchem Falle der vorige Landtag von selbst wieder zusammentritt. Die Versammlungen selbst sind theils ordentliche, theils außerordentliche. Die ordentlichen werden in bestimmten Zeiträumen abgehalten, die meist mit den sogen. Steuer- od. Finanzperioden, d. h. den Zeitabschnitten, auf welche die Steuern bewilligt, die Einnahme- u. Ausgabebudgets festgestellt werden zusammenhängen. Abgesehen davon kann der Landesherr die Stände auch außer dieser Zeit zu einem außerordentlichen Landtag zusammenberufen, so oft er es für nöthig hält, u. es können auf einem solchen Landtag der Regel nach alle dieselben Angelegenheiten abgemacht werden, wie auf einem ordentlichen, wenn nicht die Verfassung ausdrücklich die Thätigkeit des außerordentlichen Landtags auf den Gegenstand beschränkt, welcher die Berufung veranlaßte. Der Ort der Versammlung ist entweder verfassungsmäßig bestimmt (z.B. in Mecklenburg abwechselnd Sternberg u. Malchin), od. er hängt von der Willkür des Landesherrn ab; in der Regel aber ist es die Hauptstadt des Landes od. bei Provinzialständen der Provinz. Die Zusammenberufung erfolgte bei den L-n der älteren Art gewöhnlich an jeden zum Erscheinen Berechtigten bes. durch eigene Einberufungsschreiben, in denen wohl auch der zu verhandelnden Gegenstände (Capita proponenda) bes. gedacht wurde. Nach den neueren Verfassungen geschieht die Berufung meist durch öffentliche Bekanntmachung; doch kommen daneben auch noch persönliche Einberufungsschreiben vor. Die Eröffnung des Landtags geschieht, wenn die meist gesetzlich bestimmte Minimalzahl von Mitgliedern beisammen ist, entweder durch den Landesherrn selbst od. durch einen Stellvertreter (einen Prinzen od. Minister), im ersteren Falle in der Regel mit einer feierlichen Thronrede, auf welche die L. zuweilen mit einer Adresse (s.d.) antworten. Bei den L-n der früheren Zeit erfolgte gewöhnlich zugleich die Verleihung der Landtagspropositionen, d.i. von der Regierung zur Berathung vorgelegten Gegenstände, durch einen landesherrlichen Beamten, während neuerdings dies meist weggefallen ist u. höchstens die Thronrede der zu machenden Vorlagen im Allgemeinen gedenkt, die Vorlagen selbst aber dann den Ständen mittelst besonderer Erlasse zugehen. Andere Solennitäten, wie z.B. Vorstellungen bei Hofe, die Abhaltung einer besonderen Landtagspredigt, od. in katholischen Ländern eines feierlichen Hochamtes, richten sich je nach dem besonderen Herkommen. Der Eröffnung folgt zunächst die Beeidigung der Mitglieder u. die Prüfung der Vollmachten, wobei nach den meisten Verfassungsurkunden den Ständen selbst die Entscheidung über die streitigen Wahlen u. die fernere Zulassung der Mitglieder gebührt.
Die Form der Verhandlungen selbst war bei den älteren L-n eine von der jetzigen wesentlich abweichende. Bei jenen wurde zwischen Regierung u. Ständen meist nur schriftlich verhandelt. Die Stände selbst hielten in der Regel je nach den verschiedenen Klassen (Curien) abgesonderte Sitzungen od. hatten wenigstens das Recht der Itio in partes, d. h. das Recht, bei Meinungsdifferenzen, bei denen die Interessen der einzelnen Stände aus einander gingen, in eine nach Ständen abgesonderte Berathung zu treten. Solcher Curien zählte man in den größeren Territorien in der Regel drei, die der Prälaten, der Grafen u. Herren, der Städte; in den kleineren fehlte manchmal die Curie der Prälaten, wofür sich dann aber noch eine Scheidung der Grafen u. Herren od. eine Bauernbank findet. In jeder der Curien entschied der Regel nach die absolute Mehrheit der Stimmen; waren die Curien unter einander differenter Meinung, so hing es von der besonderen Landesverfassung ab, ob dann eine Durchzählung der Stimmen entschied od. ob bei dem Widerspruch einer Curie überhaupt ein Beschluß als zu Stande gekommen galt. In den neueren Verfassungen findet dagegen die Verhandlung zwischen Regierung u. Ständen in der Regel zum großen Theil mündlich statt, indem die Minister od. besondere landesherrliche Commissarien unmittelbar an den Sitzungen der L. Theil nehmen, dabei die einzelnen Gesetzentwürfe übergeben, bei den Debatten den Standpunkt der Regierung vertreten, auf Interpellationen sofortige Auskunft ertheilen etc. Nur die Beschlüsse, bei denen zuweilen für Abänderung in der Verfassung zwei Drittheile od. drei Viertheile der Stimmen verlangt werden, sonst aber die gewöhnliche Majorität entscheidet, werden dann in kurzen Aufzeichnungen der Regierung schriftlich mitgetheilt. Sind die L. in zwei Kammern (s.d.) vertheilt, so gilt nur dasjenige aksendgültiger Beschluß, dem die beiden Kammern, jede für sich, ihre Zustimmung ertheilt haben; können beide Kammern sich in ihren Beschlüssen nicht vereinigen, so tritt nach manchen Verfassungen ein besonderes Vereinigungsverfahren durch Conferenzen der beiden Kammern ein. Die Berathung in voller Versammlung wird gewöhnlich durch eine Vorberathung in dazu niedergesetzten Commissionen od.[92] Ausschüssen vorbereitet. Bei der Debatte dürfen nach den meisten Geschäftsordnungen nur mündliche Vorträge gehalten werden u. ist die Ablesung schriftlicher Aufsätze meist nur den landesherrlichen Commissarien gestattet. Die Abstimmung erfolgt entweder offen durch Ja u. Nein, Ausstehen u. Sitzenbleiben, od. auch geheim durch Kugelung od. Stimmzettel. Die älteren landständischen Versammlungen beriethen dabei gewöhnlich in verschlossenen Räumen, selten öffentlich (wie z.B. bei den L-n des Eichsfeldes die Berathung unter freiem Himmel erfolgte); bei den neueren landständischen Versammlungen ist namentlich seit dem Jahr 1848 überall Öffentlichkeit eingeführt, so daß das Publikum auf Tribünen u. Gallerien Zutritt hat; außerdem findet auch noch regelmäßig eine Veröffentlichung der Verhandlungen durch den Druck statt.
Die Beendigung des Landtages erfolgt entweder durch Vertagung, Schluß od. Auflösung. Durch die Vertagung (Prorogation) wird die Geschäftsverhandlung nur auf einige Zeit ausgesetzt. Bei den älteren L-n konnte dieselbe auch auf unbestimmte Zeit, so daß dann neue Ausschreiben erfolgen mußten, geschehen u. hieß dann Limitation; nach den neueren Verfassungsurkunden ist eine Vertagung auf einige Tage gewöhnlich dem Ermessen der Vorsitzenden überlassen; Vertagungen auf längere Zeit aber können nur durch den Landesherrn u. meist nur so erfolgen, daß innerhalb einer bestimmten Frist die Wiedereinberufung erfolgen muß. Der Schluß des Landtages tritt ein, wenn die Geschäfte ordnungsmäßig beendigt sind. Bei den älteren L-n war derselbe fast überall mit der urkundlichen Vollziehung des Landtagsabschiedes verbunden, eines Erlasses an die Stände, worin die gefaßten Beschlüsse, die verglichenen u. die noch ausgesetzten Punkte zusammengestellt u. meist auch von dem Landesherrn über die Rechte der L. besondere Reversalien ausgestellt wurden. Diese Gewohnheit ist auch in mehreren neueren Verfassungen beibehalten worden. Die Auflösung kam bei den älteren L-n eigentlich nicht vor; man sprach nur von einer Dissolution, wenn Landesherr u. L. über die Gegenstände der Verhandlung nicht einig werden konnten u. der Landtag darauf entweder auf landesherrlichen Befehl od. auch ohne diesen unverrichteter Dinge aus einander ging; allein eine solche Dissolution hatte nicht die Vernichtung des ganzen landständischen Corpus in der Weise zur Folge, daß es darauf einer gänzlichen Erneuerung desselben bedurft hätte, vielmehr blieb dieselbe namentlich auf die Ausschüsse ohne Wirkung, u. bei einer Convocation konnten regelmäßig die früheren Mitglieder wieder erscheinen. In den neueren Verfassungen dagegen bildet die Auflösung der ständischen Versammlung einen Act der Prärogative der Krone, durch welchen alle gewählten od. nicht persönlich berechtigten Mitglieder der Ständeversammlung diese ihre Eigenschaft verlieren u. es erst neuer Wahlen bedarf, um die Kammern in beschlußsähiger Weise wieder herzustellen. Die Auflösung tritt bes. dann ein, wenn der Landesherr annehmen kann, daß die Ständeversammlung den Willen des Volkes nicht vertritt, u. daß die anzuordnenden Neuwahlen die Parteirichtungen entfernen werde, welche sich in der aufgelösten Versammlung geltend gemacht haben.
Der geschichtliche Ursprung der L. läßt sich, wenn man dabei das heutige Institut im Auge behält, nicht über das 14. Jahrh. zurückführen. Obgleich nach Tacitus schon in der frühesten Zeit, bezüglich der wichtigeren öffentlichen Angelegenheiten, eine Mitberathung stattfand u. auch zur Zeit der Fränkischen Monarchie, sowohl in den allgemeinen Versammlungen des Adels u. der Geistlichkeit (Placita), als auch bei den einzelnen Volksstämmen, z.B. der Baiern u. Sachsen, eine gewisse Art von Repräsentation des Volkes sich erhielt, so können diese Versammlungen mit den Corporationen der L., wie sie sich später ausbildeten, ebensowenig zusammengestellt werden, wie die Hof- u. Rittertage u. die Landthinge, die sich im 12. u. 13. Jahrh. häufig finden, auf denen zwar auch wohl Gegenstände der allgemeinen Landeswohlfahrt verhandelt wurden, denen aber doch der Charakter einer Einung, der Verbindung zu einem selbständigen Corpus, ebenfalls noch abging. Es war nie Recht des Fürsten, die eingesessenen Herren, Vasallen u. Dienstmannen zusammenzuberufen, u. diese folgten diesem Rufe mehr als Ausübung einer Amtspflicht, als um eine ihnen rechtmäßig zustehende Befugniß auszuüben. Der letztere Zweck, u. damit der Charakter eigentlicher L., tritt erst mit dem Anfange des 14. Jahrh. in Verbindung mit der Entwickelung der Landeshoheit (s.d.) u. mit der festeren Begrenzung des Territorialbestandes der einzelnen Herrschaften hervor. Mehrere äußere Veranlassungen trafen dabei zusammen, um die Entstehung einer festeren Organisation zu begünstigen, bes. waren es die jetzt häufigen, von dem Landesherrn verlangten Steuern u. Beten, welche die größeren Grundbesitzer dazu führten, sich von dem Landesherrn bestimmtere Versprechungen über die künftige Anlegung derselben geben zu lassen; andere Gründe, zu innigerer Vereinigung zusammenzutreten, bildeten Streitigkeiten über Successionsverhältnisse, der Übergang des Landes an einen neuen Herrn, die Wiedervereinigung getrennter Landestheile, welche man für künftighin untheilbar erklären ließ etc. Aus den hierbei gewonnenen Privilegien bildete sich eine Summe von Landesfreiheiten, als deren Vertreter u. Schützer dem Landesherrn gegenüber sich diejenigen betrachteten, durch welche die Interessen des Landes dabei vertreten worden waren. Je mehr sich diese Freiheiten mehrten, um so enger schloß man sich zu einer festen Corporation zusammen, u. je weniger manche Landesherren bei der Beschränktheit ihrer eigenen Mittel der Unterstützung ihrer L. entbehren konnten, um so mehr wuchs die Bedeutung derselben. Daher findet sich, daß im 15. u. 16. Jahrh. die L. sogar nicht selten als wirkliche Mitregenten auftreten u. bei allen wichtigeren Angelegenheiten, selbst solchen, welche zunächst nur die fürstliche Familie angingen, sich thätig zeigen. Die Gründung eigener landschaftlicher Kassen, in welche zunächst die bewilligten Steuern flossen, um von da aus erst in die fürstlichen Kassen übergeführt zu werden, rief einen mannigfachen Verkehr mit Anweisungen, Assecurationen etc. hervor. Allein seit dem 16. u. noch mehr seit dem 17., bes. aber im 18. Jahrh. trat ein sichtlicher Verfall des Instituts der L. ein. Viel wirkte dazu die völlige Veränderung des Kriegswesens, welche die Macht in den Händen der Landesherren concentrirte, u. mit ihr ging die Theorie der Publicisten Hand in Hand, welche die Lehre von der urspünglich unumschrankten Gewalt der Fürsten verbreiteten u. die derselben hinderlichen ständischen Rechte unter den Gesichtspunkten bloßer [93] Concessionen u. Privilegien brachte. Auch die Reichsgesetzgebung war der Entwickelung des landständischen Instituts nicht günstig, indem sie die Selbständigkeit der Stände zu beschränken suchte. In mehreren Staaten begnügte man sich daher damit, von nun an nur noch die landständischen Ausschüsse zur Bewilligung der unumgänglich nothwendigen Steuern einzuberufen, u. meistens hatten diese nicht mehr zu sagen, als den landesherrlichen Propositionen ohne Weiteres zuzustimmen. In anderen Territorien gingen die L. ganz ein, wie z.B. in den Brandenburgischen Landen. Als durch den Reichsdeputationsschluß von 1803 vielfach die Länder zersplittert u. anderen Landesherren zugewiesen wurden, benutzte man dies ebenfalls, um die L. der Entschädigungslande, ungeachtet der ihnen ertheilten Zusicherungen der Forterhaltung der politischen Verfassungen, willkürlich zu beschränken od. ganz aufzuheben, wie z.B. im Herzogthum Westfalen. Noch mehr hielt man diese Befugniß mit der gänzlichen Auflösung des Deutschen Reiches herbeigeführt, indem man das Bestehen der L. als mit der erlangten Souveränetät unverträglich erklärte. In Folge dessen wurden namentlich in Württemberg, Hessen Darmstadt u. Baden die bis dahin noch bei ihren Rechten erhaltenen Stände aufgehoben; in anderen Territorien, wie im Westfalen u. Baiern, verdrängte man sie mit neugebildeten Constitutionen, u. nur in Mecklenburg, Sachsen u. den sächsischen Fürstenthümern erhielten sie sich fortdauernd bei ihrer althergebrachten Verfassung.
Bei der Restauration der deutschen Verhältnisse durch den Wiener Congreß, im Jahr 1814, ging man aber fast allgemein von der Nothwendigkeit einer Anerkennung des Rechtes der Deutschen auf eine ständische Verfassung aus, u. im 13. Artikel der Bundesacte wurde festgesetzt: In allen Bundesstaaten wird eine landständische Verfassung stattfinden. In Folge dessen wurden auch in mehreren Staaten bald darauf neue Verfassungen eingeführt, welche eine Volksvertretung, zum Theil mit umfassenden Rechten, gewährten. Allein mit dem Jahr 1819 u. dem Karlsbader Congresse trat wiederum ein bedeutender Wendepunkt ein. Man erklärte sich namentlich gegen die Deutung, daß die Bundesacte, indem sie von landständischen Verfassungen spreche, damit eine Repräsentativverfassung gemeint habe, u. fügte der Bestimmung des Art. 13 die Beschränkung bei, daß die L. in keinem deutschen Staate solche Rechte erhalten dürften, welche mit dem monarchischen Princip in Widerspruch träten. In Folge dessen ergingen die Art. 5459 der Wiener Schlußacte, in denen namentlich bestimmt wurde, daß, weil der Deutsche Bund, mit Ausnahme der Freien Städte, aus souveränen Fürsten bestehe, diesem Grundbegriffe auch die gesammte Staatsgewalt in dem Oberhaupte des Staates vereinigt bleiben müsse u. der Souverän durch eine landständische Verfassung nur in der Ausübung bestimmter Rechte an die Mitwirkung der Stände gebunden werden dürfe; daß ferner die Fürsten durch keine landständische Verfassung in der Erfüllung ihrer bundesmäßigen Verpflichtungen beschränkt od. gehindert werden dürften u. daß, wo die Öffentlichkeit der Verhandlungen gestattet sei, doch durch die Geschäftsordnung Sorge getragen werden müsse, daß die gesetzlichen Grenzen der freien Äußerung nicht auf eine die Ruhe Les einzelnen Bundesstaates od. Deutschlands gefährdende Weise überschritten würden. Dagegen bestimmte dieselbe Schlußacte im Interesse der landständischen Verfassungen auch, daß die in anerkannter Wirksamkeit bestehenden landständischen Verfassungen nur auf verfassungsmäßigem Wege wieder abgeändert werden könnten, u. erklärte es für eine Pflicht der Bundesversammlung darüber zu wachen, daß die Bestimmung des Art. 13 der Bundesacte in keinem Bundesstaate unerfüllt bleibe. Allein diese letzteren Bestimmungen fanden, wie namentlich der Hannöverische Verfassungsstreit (s.u. Hannover [Gesch.] IV. u. V.) zeigte, von Seiten der Bundesversammlung weit weniger Beachtung, als die auf Repression der landständischen Thätigkeit gerichteten. So erfolgten, namentlich nachdem die Wirkungen der französischen Julirevolution 1830 auch auf das parlamentarische Leben der deutschen Ständeversammlungen nicht ohne Einfluß geblieben waren, im Jahre 1832 mehrere Beschlüsse der Bundesversammlung, welche jene Bestimmungen der Wiener Schlußacte wegen Reinerhaltung des monarchischen Princips u. Unterdrückung aller staatsgefährlichen Äußerungen einschärften u. noch weiter ausdehnten. Ebenso wurden auch auf den Wiener Conferenzen (1834) mehrfache Maßregeln zur Verhütung von Übergriffen der L. verabredet.
Nichtsdestoweniger machte sich aber namentlich seit dem Jahre 1840 in allen landständischen Versammlungen wieder ein regeres Leben bemerkbar. Lebhaft wurde überall auf Erfüllung des Art. 13 der Bundesacte gedrungen, mit welcher gerade die beiden größten Staaten, Österreich u. Preußen, noch zurückstanden. In Beziehung auf die den Ständen einzuräumenden Befugnisse trat mehr u. mehr die Forderung nach Verwirklichung des Repräsentativsystems, zum Theil mit dem Gedanken einer Theilung der Gewalten nach dem Vorbilde der französischen Charte von 1830 hervor. Einen neuen gewaltigen Anstoß erhielt dies Streben durch die demokratische Bewegung des Jahres 1848. In Folge dessen erlitten nicht nur fast alle früheren Verfassungen wesentliche Modificationen, sondern es wurden nun auch in den noch bis jetzt mit L-n nicht versehenen Staaten L. eingeführt, die sogar zum Theil ganz unverhohlen dem demokratischen Principe das Übergewicht über das monarchische Princip beilegten. Selbst Österreich u. Preußen, welcher letztere Staat erst ein Jahr vorher in dem Allgemeinen Landtage sein bisheriges System der Provinzialstände ausgebaut hat, konnten sich dieser Richtung nicht entziehen. Als aber der Versuch einer Umgestaltung der politischen Gesammtverfassung Deutschlands im Sinne der demokratischen Bewegung gescheitert war, äußerte dies auch seinen Einfluß auf die landständischen Verfassungen. Die eingeführten Modificationen wurden zu einem großen Theil wieder zurückgezogen u. die neuen Verfassungen wieder mehr mit dem monarchischen Princip in Einklang gesetzt od. auch wieder ganz beseitigt. Durch den Bundesbeschluß vom 23. Aug. 1851 wurden die Regierungen direct aufgefordert, die nothwendige Übereinstimmung der Bundesverfassungen mit der Bundesgesetzung wieder herzustellen, wobei man namentlich die landständischen Verfassungen im Auge hatte. Ja die Bundesversammlung erkannte hierbei sogar an, daß auf diese Wiederherstellung der Art. 56 der Wiener Schlußacte wegen der nur auf verfassungsmäßigem Wege zu bewirkenden Abänderung der in anerkannter Wirtsamkeit[94] bestehenden Landesverfassungen keine Anwendung leide, weshalb mehrere dieser Restaurationen, z.B. in Lippe u. Hannover, einseitig von dem Landesherrn ohne Mitwirkung der Stände erfolgt sind. Von andern Regierungen ist dagegen diesem Bundesbeschlusse nur eine sehr beschränkte Anwendung gegeben worden, u. es erklärt sich daraus, daß die deutschen landständischen Verfassungen gegenwärtig viel verschiedener sind, als vor dem Jahre 1848. Während in einigen Staaten durch die Wiederaufhebung der Volksvertretung der Art. 13 der deutschen Bundesacte noch unerfüllt dasteht, zeigen andere das landständische Institut ganz in der Form einer demokratischen Monarchie, in anderen dagegen sind die L. ganz auf dem Fuße der alten deutschen Einrichtung geblieben, die meisten haben die L. mit einer Verbindung altständischer u. repräsentativer Elemente ausgebildet, wobei bald das eine, bald das andere Element vorherrscht.
Im Einzelnen legt ein allgemeiner Überblick den gegenwärtig bestehenden Zustand der landständischen Verhältnisse in den verschiedenen deutschen Bundesstaaten folgendermaßen dar: a) In Österreich befanden sich schon von Alters her in den einzelnen deutschen Kronländern L. in 3 od. 4 Curien, welche sich auch bis zum Jahre 1848 zum Theil erhalten hatten, zum Theil erst in Folge des Art. 13 der Bundesacte wieder erneuert wurden, wie in Tyrol. Der Sturz des Regierungssystems im Frühjahr 1848 hatte zunächst die Verkündigung einer allgemeinen Reichsverfassung (25. April 1848) mit einem allgemeinen Reichstag zur Folge. Diese Verfassung trat indessen ebenso wenig in Wirksamkeit, als die nach Auflösung des Reichstags von Kremster am 4 März 1849 octroirte Reichsverfassung, welche ebenfalls allgemeine Stände kannte, indem letztere am 31. Dec. 1851 wieder aufgehoben wurde. Dagegen stellte ein Cabinetsschreiben von demselben Tage für die einzelnen Kronländer die Bildung berathender Ausschüsse aus dem besitzenden Erbadel, dem großen u. kleinen Grundbesitz u. der Industrie in Aussicht. Die Statute für diese neuen Landesvertretungen sind indessen noch zur Zeit nicht erschienen. b) In Preußen waren die frühern in den einzelnen Landestheilen befindlichen ständischen Vertretungen bereits seit Friedrich Wilhem I. fast ganz unterdrückt worden. Nach dem unglücklichen Kriege von 1806 fühlte man die Nothwendigkeit, wieder eine Volksvertretung zu schaffen, u. es wurden bereits 1808 Repräsentanten der Provinzen zu einer gewissen Theilnahme an der Verwaltung berufen. In einem Edicte vom 27. Oct. 1810 erklärte der König, daß er der Nation eine Repräsentation sowohl in den Provinzen als auch für das Ganze zu geben beabsichtige, eine Zusage, welche in einem Edicte vom 7. Sept. 1811 u. in den verschiedenen Besitzergreifungspatenten, so wie in einer königlichen Verordnung vom 22. Mai 1815 wiederholt wurde. Eine Verordnung vom 17. Jan. 1820 verkündete, daß künftig die Aufnahme von neuen Staatsdarlehen nur mit Zuziehung u. unter Mitgarantie der künftigen reichsständischen Versammlung geschehen solle. Dennoch erschien nur am 5. Juni 1823 ein Gesetz wegen Anordnung von Provinzialständen, welche darauf auch durch besondere Gesetze für die einzelnen Provinzen nebst ständischen Vertretungen für die einzelnen Kreise eingeführt wurden. Eine allgemeine Vertretung erhielt das Königreich erst durch die Edicte vom 3. Febr. 1847, wodurch die Provinzialstände der verschiedenen Provinzen zu einem allgemeinen Landtag vereinigt wurden, welcher darauf auch im Laufe des Jahres 1847 zu einer langen Sitzung zusammentrat. Durch die Ereignisse des Jahres 1848 trat indessen in der weiteren Entwickelung dieser im Wesentlichen auf altständischer Grundlage beruhenden Einrichtung eine Störung ein. Zunächst wurde eine Nationalversammlung zur nähern Feststellung der Verfassung berufen u., als diese im Nov. 1848 aufgelöst werden mußte, eine auf breitester demokratischer Basis beruhende Verfassung (vom 5. u. 6. Dec. 1848) mit zwei Kammernoctroirt. Auch die Provinzial- u. Kreisvertretung wurde durch ein Gesetz vom 11. März 1850 in diesem Sinne neu geregelt. Allein bald machte sich eine entschiedene Reaction gegen diese Gesetze bemerkbar. Die Verfassungsurkunde wurde in wesentlichen Punkten revidirt u. erschien mit diesen Modificationen von Neuem unter dem 31. Jan 1851. Auch später sind noch bedeutende Abänderungen, besonders in Bezug auf die Zusammensetzung der ersten Kammer (Herrenhaus), welche dem König überlassen wurde, vorgenommen worden, s.u. Preußen (Geogr.). Die Kreis-, Bezirks- u. Provinzialordnung vom 11. März 1850 wurde ganz wieder beseitigt, u. es traten dafür die früheren Kreis- u. Provinzialstände nach den Gesetzen von 1828 ff. wieder in das Leben. c) In Baiern beruht die ständische Vertretung, nach Aufhebung der früheren Stände, auf der Verfassungsurkunde vom 26. Mai 1818, welche auch im Jahre 1848 wenig Änderungen erfuhr. Es bestehen zwei Kammern (die der Reichsräthe u. der Landtagsabgeordneten), s.u. Baiern (Geogr.). d) Im Königreich Sachsen hatten sich die früheren L. bis 1830 erhalten. Mit diesen wurde auch die neue Verfassungsurkunde vom 4. Sept.1831 vereinbart, welche die Landesvertretung in zwei Kammern theilte u. die Vorzüge des älteren ständischen Wesens mit den Anforderungen des neueren Repräsentativsystems vereinigte. Mehrere durch ein provisorisches Gesetz vom 15. Nov. 1848 getroffene Abänderungen wurden durch eine königliche Verordnung vom 1. Juni 1850 wieder beseitigt. Neben den allgemeinen Ständen bestehen noch Provinzialstände für das Markgrafthum Oberlausitz. e) In Hannover wurde nach Beseitigung der westfälischen Herrschaft 1814 zunächst die alte provinziallandschaftliche Vertretung wieder hergestellt, zugleich aber auch eine allgemeine Ständeversammlung berufen. In Folge der Verhandlungen mit dieser erschien das Patent vom 7. Decbr. 1819 über die Organisation der allgemeinen Ständeversammlung. Im Jahre 1831 legte die Regierung einen vollständigen Verfassungsentwurf vor, welcher durch Patent vom 26. Septbr. 1833 als Grundgesetz verkündigt wurde. Dieses Grundgesetz hob König Ernst Aug. 1837 einseitig auf u. gab dafür das Landesverfassungsgesetz vom 6. Aug 1840. Dieses bildet auch noch jetzt, nachdem die im Jahre 1848 damit vorgenommenen Abänderungen durch Einschreiten der Bundesversammlung wieder beseitigt worden sind, die Grundlage der ständischen Vertretung. f) In Württemberg wurde die ständische Vertretung nach einseitiger Aufhebung der alten Stände im Jahre 1806 durch die Verfassungsurkunde vom 25. Sept. 1819 neu begründet. Die Stände theilen sich in zwei Kammern (die der Standesherren u. die der[95] Abgeordneten). g) Baden erhielt durch die Verfassungsurkunde vom 22. August 1818 neue L., welche ebenfalls in zwei Kammern getheilt sind. h) In Kurhessen bestanden bis 1830 die alten L.; am 5. Jan. 1831 wurde nach einer mit diesen getroffener Vereinbarung eine neue auf sehr liberalen Grundsätzen beruhende Verfassungsurkunde verkündet, welche die L. in einer Kammer vereinigte. Nachdem diese Verfassung im Jahre 1848 noch mehr in demokratischem Geiste modificirt worden war, erklärte ein Bundesbeschluß vom 27. März 1852 dieselbe für unvereinbar mit den Bundesbestimmungen, u. es wurde darauf provisorisch am 13. April 1852 eine neue Verfassungsurkunde mit zwei Kammern verkündet, deren Revision vorbehalten wurde. Die Frage, ob diese Verfassung endgültig anzunehmen, od. ob zu der Verfassung von 1831 zurückzukehren u. aus ihr nur diejenigen Bestimmungen zu entfernen seien, welche sich als bundesgesetzwidrig erwiesen haben, schwebt gegenwärtig (Anfang 1860) noch. i) Im Großherzogthum Hessen beruht die neuere ständische Vertretung auf der Verfassung vom 17. Dec. 1820. k) Ganz die alten L. bestehen noch in den beiden Mecklenburg nach dem landesgrundgesetzlichen Erbvergleiche von 1755. Zwar wurde im October 1849 mit einer constituirenden Versammlung ein neues Staatsgrundgesetz zu Stande gebracht, allein dasselbe wurde durch einen schiedsrichterlichen Spruch vom 11. Septbr. 1850 fürnichtig erklärt u. wieder die alte Verfassung hergestellt. Ebenso bestehen die alten L. noch in Anhalt u. in Reuß ältere Linie; in Hessen-Homburg gibt es, nachdem die 1850 verkündete Verfassungsurkunde 1852 wieder außer Wirksamkeit gesetzt worden ist, dermalen gar keine landständische Vertretung. Über die übrigen Länder, in denen meist neue Verfassungen nach dem Muster des Repräsentativsystems eingeführt sind, sowie das Ausführliche über die L. in den vorgenannten Ländern, s. die einzelnen Artikel. Vgl. I. I. Moser, Von der Reichsstände Landen, deren Landständen etc., Frankf. u. Lpz. 1769; Lang, Prüfung des vermeintlichen Alters der deutschen L., Gött. 1796; Unger, Geschichte der deutschen L., Hannov. 1844, 2 Thle.; Zachariä, Die deutschen Verfassungsgesetze, Gött. 1855.
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1799 schreibt Novalis seinen Heinrich von Ofterdingen und schafft mit der blauen Blume, nach der der Jüngling sich sehnt, das Symbol einer der wirkungsmächtigsten Epochen unseres Kulturkreises. Ricarda Huch wird dazu viel später bemerken: »Die blaue Blume ist aber das, was jeder sucht, ohne es selbst zu wissen, nenne man es nun Gott, Ewigkeit oder Liebe.« Diese und fünf weitere große Erzählungen der Frühromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe ausgewählt.
396 Seiten, 19.80 Euro