Artillerie

[780] Artillerie (nach Einigen v. lat. Ars tollendi, die Kunst, schwere Körper fortzuschleudern; nach And. von dem mittellat. Artillaria, dem Diminutiv von Ars, dem Inbegriff von Sachen, die zur Anfertigung geringerer Kunstfertigkeit bedürfen; daher Artillator, Verfertiger von Waffen u. Geschütz), 1) (A-wissenschaft), die Wissenschaft von der Einrichtung u. dem Gebrauch des Geschützes, u. von Allem, was zu beiden gehört. Dieser Wissenschaft müssen zur gründlichen Kenntniß mehrere Vor- u. Hülfswissenschaften, so Mathematik u. gewisse Abschnitte von Physik, Chemie, Technologie etc. vorausgehen; sie selbst zerfällt in: a) reine (theoretische u. technische) A., die Lehre von der Anfertigung u. Einrichtung des Geschützes u. alles Materials, nebst der Theorie des Schießens; b) angewandte A., u. diese in: aa) die eigentliche Taktik der A. im Felde; bb) Belagerungs-A., die Lehre von der Einrichtung u. dem Gebrauch des Geschützes in u. vor Festungen. 2) Das Geschütz (s.d.) selbst. 3) Die Mannschaft zur Bedienung desselben als Ganzes betrachtet, eine [780] 3. Hauptwaffe der Heere. I. Als solche bildet die Mannschaft sammt den wissenschaftlichen u. technischen Anstalten für sie das Artilleriecorps u. steht stets unter einem eigenen Chef, der nach der Stärke der verschiedenen Armeen verschiedene Namen, sonst den: Feldzeugmeister, jetzt mehr den: Generalinspecteur der A. u. dgl. hat. Die Offiziere, Unteroffiziere u. Soldaten dieses Corps (Artilleristen), vornehmlich die erstern, bedürfen einer vorzüglichen Ausbildung in der Artilleriewissenschaft u. ihren Hülfswissenschaften, besonders Mathematik, nächstdem der Pferdekenntniß, in Bezug auf Fuhrwesen, u. auf Reiterei, je nach der speciellen Zusammensetzung. Diese kann der Art sein, daß die A. in sich Alles begreift, was irgend zu ihr gehört, od. daß sie blos aus dem zur Bedienung der Geschütze nöthigen Personal besteht, u. alles Fuhrwesen-, Handwerker-, Laborir-Personal vom A-Corps getrennt ist; od. eine zwischen diesen beiden Extremen liegende Formation stattfindet. Die Unteroffiziere u. Gemeinen werden zu den verschiedensten Geschäften gebraucht; man sucht kluge u. anstellige Leute, die nicht zu schwach sind, um die Geschütze regieren zu können. Dabei muß jede A-compagnie zur Hälfte Leute haben, die mit Pferden u. Fuhrwerken umzugehen verstehen. Gern hat man Eisen- u. Holzarbeiter, Schmiede, Schlosser, Wagner, Tischler unter ihnen, obgleich diese oft in, zuweilen auch zur A. gerechnete Handwerkscompagnien organisirt sind (s. unt.). Die Offiziere werden in eigenen höheren A-schulen (s. u. Militärschulen) gebildet, die Unteroffiziere, Bombardiere u. Feuerwerker aber in besonderen Regiments- (Brigade-) schulen, wo sie auch technische Anleitung erhalten; dte Gemeinen, die sich nicht zum Avancement eignen, in besonderen Compagnieschulen unterrichtet. Diese Schulen müssen alle einen Grad höher stehen, als die ähnlichen Schulen bei der Infanterie u. Cavallerie. Das Corps selbst zerfällt je nach der Organisation der Armee in Artilleriebrigaden (Artillerieregimenter) u. Artillerieabtheilungen (Artilleriebataillons), u. diese wieder in Compagnien, deren jede meist eine Batterie von 8–12 Geschützen (nach der Organisation der verschiedenen Armeen) bedient. Außerdem besorgt das A-corps zugleich die Anfertigung aller Munition (in Österreich das Zeugwärteramt), u. hat die Oberaufsicht über die Waffen, das Pulver, das Ernstfeuer etc. Die A. zerfällt in Feld- u. Festungs-A. A) Die Feld-A. ist der Inbegriff der Mannschaft u. des Geräthes, was zum Krieg im offenen Felde mitgenommen wird. Sie besteht aus Fuß-A., reitender A., fahrender A., sogenannter halbberittener A., Gebirgs-A., Raketen-A. u. ist verschiedenartig zusammengesetzt aus Menschen, Reitpferden, Zugpferden, Packpferden, Geschützen u. anderen Fuhrwerken. Sie ist in Regimenter (Brigaden) eingetheilt u. führt an Geschützen in der neueren Zeit meist 12pfünder, schwere als Kanonen, leichte, kurze als Granatkanonen u. 7pfünder Haubitzen. Die 6pfünder schafft man allmählig ab, s. unter Geschütz. Das Exerciren der Feld-A. besteht aus der Einübung der Mannschaften an u. für sich, ganz ähnlich wie bei Infanterie u. Cavallerie, aus der Ausbildung von Mannschaften u. Pferden am Geschütz, u. aus der Übung der aus mehreren Geschützen zusammengesetzten Abtheilungen (Batterien, taktischen Einheiten) in Bezug auf das Formelle von Ruhe, Bewegung u. Kampf. Die Batterien sind in Züge (Pelotons od. Sections) von je 2 Geschützen getheilt u. machen die Bewegungen, Schwenkungen, Colonnen, Aufmärsche auf ähnliche Weise, wie bei den anderen Truppentheilen. Auf dem Marsche, wenn er blos dazu dient Entfernungen zurückzulegen, ohne zu einem Platz im Gefecht zu führen, bewegt sich die A. gewöhnlich zu Einem Geschütz. Die Geschütze sind meist mit 6 Pferden bespannt. Mehr s. u. Bedienung der Geschütze, Bespannung der Fuhrwerke, Exerciren u. Gefecht der A. Die Bestimmung der Feldartillerie im Gefecht ist, feindliche Truppen kampfunfähig zu machen, deckende Örtlichkeiten (z.B. Gebäude, Feldverschanzungen) od. Verkehrsmittel zu zerstören (z.B. Brücken aller Art etc.). Die Zwecke werden auf große Entfernungen, 3000–2000 Schritt, bei ebenem Terrain durch den Roll- od. bei wellenförmigem Terrain durch den Bogenschuß mit Vollkugeln erreicht, od. wirksamer auf Entfernungen von 1800, 1200–800 Schritt. Benutzt man auf diese letzteren Distanzen Hohlkugeln, so sollen die Granaten am Ziele als Rollkugeln, u. in demselben Augenblicke durch ihr Springen wirken, während die Kartätschgranaten (Shrapnels) kurz vor dem Ziele springen müssen, um dasselbe mit Kartätschen zu überschütten. Auf die Entfernungen von 800–200 Schritt wendet man gegen Truppen beinahe ausschließlich Kartätschen, u. zwar grobe od. kleine, an, gegen Baulichkeiten u. Örtlichkeiten jedoch nur in besonderen Fällen. Eingehenderes über Schießen mit Voll- u. Hohlkugeln u. Kartätschen, über Werfen mit Hohlkugeln, über die Einrichtung der Geschütze u. Geschosse, s. Schießen u. Werfen, Geschütz, Munition u. die einzelnen Artikel Bombenkanone, Carronade, Granatkanone, Kanone, Haubitze, Mörser. Die Aufstellung der Feld-A. im Gefecht geschieht unter steter Berücksichtigung der Örtlichkeit, wo möglich gedeckt, u. nur in besonderen Fällen ohne Rücksicht auf Deckung, dem feindlichen Feuer vollkommen preisgegeben, in der offenen Ebene. Am besten, in sanft wellenförmigem Terrain dergestalt hinter dem Kamme einer Anhöhe, daß das Feuer derselben den nach dem Feinde zugekehrten Abfall rasirend bestreicht, so daß die Pferde, Protzen, Munitionswagen hinter der Höhe vollkommen gegen feindliche Geschosse gedeckt stehen. Erlaubt es die Zeit, so wirst man während des Gefechtes selbst flüchtige Deckungen auf. Die Bewegungen der A. geschehen entweder in Gefechtsstellung, in Linie od. in Marschcolonne zu ein od. zwei Geschützen, u. zwar entweder von einem der Flügel, od. von der Mitte, je nachdem es die Verhältnisse von Terrain u. Gefecht gebieten; auf dem Marsche im Schritt, während des Gefechts in beschleunigten Gangarten, selbst auf größere Entfernungen. Es ist selbstverständlich, daß die Bewegungen der A. denen der übrigen Truppen nicht hinderlich sein dürfen, am wenigsten während des Gefechtes. Die Feld-A. wird mach Maßgabe ihrer Organisation u. der Organisation der operirenden Armee vertheilt, doch lassen sich folgende Grundzüge aufstellen: ein jedes selbständige Corps hat seine A. nach Maßgabe der Stärke zur Avantgarde, zum Gros, je nach den Divisionen u. Brigaden desselben, u. zur Arrière-garde vertheilt u. behält eine entsprechende A-Reserve; die Armee hat außer diesen noch eine besondere [781] Reserve-A., um nach Bedarf an einzelnen Punkten mit einer hinreichenden A-masse auftreten zu können, ohne den Divisionen, Brigaden etc. die ihrige entziehen zu müssen u. den beabsichtigten Zweck durch verhältnißmäßig größeren Zeit- u. - Kräfteaufwand erreichen zu können. Beim Übergange zum. Gefecht befindet sich die A. der Corps, Divisionen u. Brigaden an entsprechender Stelle, um dasselbe einzuleiten, während die A-Reserve dieser, sowie die Reserve-A. der Armee so lange als möglich dem feindlichen Feuer entzogen werden, um. mit voller Kraft an dem vom Feldherrn bezeichneten Punkte auftreten zu können. Es ist allgemeiner Grundsatz, die A. nie ohne Bedeckung zu lassen, weil ihr zum großen Theil die Fähigkeit abgeht, sich im Handgemenge zu vertheidigen. Man gibt ihr daher sowohl im Zustande der Ruhe (Quartier, Bivouac etc), als auch auf dem Marsche u. im Gefecht eine besondere Batteriebedeckung (s.d.) mit, u. zwar der Fuß- u. Gebirgs-A. Infanterie, der reitenden, halbberittenen u. fahrenden A. Cavallerie, der Raketen-A. Infanterie od. Cavallerie, nach Bedürfniß. Man rechnet ungefähr auf eine Batterie von 8 Geschützen eine Compagnie Infanterie, od. eine halbe Schwadron Cavallerie zur Bedeckung, doch kann dies sehr von der speciellen Bestimmung abhängen. Um die Mannschaft der Artillerie für einzelne Momente des Gefechts, z.B. Einbruch des Feindes in die Batterie, vertheidigungsfähig zu machen, hat man dieselbe in einzelnen Armeen mit Feuerwaffen versehen, so z.B. in Frankreich mit Carabinern, in Baden mit leichten Miniébüchsen, in Brasilien mit Zündnadelcarabinern, in anderen Armeen mit Pistolen. Die reitenden Artilleristen müssen im Nothfalle als Cavalleristen fechten können. Das Nähere über das Gefecht der A., ihre Aufstellung u. Wirksamkeit in demselben s. u. Gefecht; über die Eintheilung der Feld-A. s. oben. a) Die Fuß-A. bedient sich stets der schweren Geschütze, 18pfünder, meist jedoch schwerer 12pfünder u. 10pfündiger Haubitzen, welche als Positions-A. (A. de position) zum Auftreten auf bes. wichtigen, entscheidenden Punkten im Terrain, od. als Linien-A. (A. de ligne) das leichte Geschütz (A. legère), 12pfündige Granatkanonen, 6pfünder u. 7pfündige Haubitzen, welche die Masse der auf der Schlachtlinie befindlichen Artillerie bilden. Mörser bei der Feld-A. mitzuführen, wurde mehrmals, so vom preußischen General Tempelhof u. auch in den Feldzügen in Italien 1848 u. 1849, versucht, diese Idee aber immer wieder verlassen, da kurze Haubitzen die Mörser ersetzen u. manövrirfähiger sind. Die Fuß-A. legt im Schritt in 1 Minute 108, in 3 Minuten 324, in 22 Minuten 2480 Schritt zurück; sie kann bis zu 10 Minuten Zeit sich im Trabe bewegen, wobei die Mannschaft sich an die Pferde u. an die Laffete anzuhalten pflegt, u. hierbei eine Strecke von 2400 Schritten zurücklegen. b) Die reitende A. (A. volante), bisher meist mit 6pfündern, doch durch Einführung der 12pfündigen Granatkanonen nun auch mit diesen u. mit 7pfündigen Haubitzen versehen, hat einerseits die Bestimmung, mit der Cavallerie Hand in Hand auf dem Schlachtfelde aufzutreten, andererseits die auf entscheidenden Punkten unerwartet schnell u. kräftig zu erscheinen. Sie gehört daher sowohl zur A. der Corps, als Reserve, wie zu den Cavalleriedivisionen, als auch in die Reserve-A. der Armeen. Nächstdem findet sie ihren Platz auf Vorposten, bei der Avant- u. Arrièregarde, bei Demonstrationen, Recognoscirungen u. bei der nachdrücklichen Verfolgung des geschlagenen Feindes. Die reitende A. legt im Schritt in 1 Minute 120, in 3 Minuten 360, in 22 Minuten 2640 Schritt zurück. Ist ihre Bewegungsgeschwindigkeit an u. für sich nur wenig größer als die der Fuß-A., so vermag sie solche auf größere Entfernungen, bis zu 11/2 Stunden Zeit zu verdoppeln, indem sie diese Entfernung im Trabe zurücklegt, also in 11/2 Stunden 21,600 Schritt, beinahe 33/4 Stunden Wegs, und bis zu 3/4 Stunden Zeit zu verdreifachen, indem sie in Galopp übergeht, u. demnach in 3/4 Stunden 16,200 Schritt, beinahe 3 Stunden Wegs, zurücklegt. Für kurze Strecken, im Gefecht, zu Aufmärschen etc., vermag sie in gestrecktem Galopp sich zu bewegen u. in der Minute 450–500 Schritt zurückzulegen. Sie kann daher unvermuthet auf dem entscheidenden Punkte mit Überlegenheit erscheinen u. wirken, Cavallerieattaken begleiten, die Linien, die von der Cavallerie geworfen werden sollen, durch nahes u. rasches Feuer vorher mürbe machen, in des Feindes Flanke u. möglicherweise selbst in seinem Rücken auffahren u. Schrecken verbreiten. Vergleicht man Fuß-A. u. reitende A., so hat allerdings die erstere den großen Vortheil, weniger Material an Menschen u. Pferden zu bedürfen, in ihrer Ausbildung einfacher, in ihren Leistungen im Gefecht ausdauernder zu erscheinen, denn die letztere bietet den feindlichen Geschossen eine größere Fläche, die bei ihr aller Wahrscheinlichkeit nach stattfindenden größeren Verluste werden daher empfindlicher sein, u. möglicherweise der mit ihr verbundene Kostenaufwand unverhältnißmäßig groß erscheinen, da bes. die Masse der Pferde einen schwer zu ersetzenden Gegenstand ihrer Zusammensetzung bildet (s. Batterie). Dagegen hat der Vorzug der außerordentlichen Beweglichkeit derselben u. die Fähigkeit, ihre Bewegungsgeschwindigkeit auf größere Zeiträume u. in gesteigertem Maße zu vermehren, dergestalt vorgewogen, daß man vielfach versucht hat, eine A. zu schaffen, welche die Vorzüge der reitenden A. besitzt, ohne ihre Mängel zu theilen. Dies führte c) zu der fahrenden A. (bei den Österreichern Cavallerie-A. genannt); sie befördert die Bedienungsmannschaft auf eigens dazu eingerichteten Wurstwagen od. auf den zum Sitzen eingerichteten Laffeten u. Protzen der Geschütze. Die fahrende A. leistet indessen bei weitem das nicht, was die reitende vermag. Den Fahrzeugen stehen immer mehr Schwierigkeiten entgegen, als den Reitern, ihre Eigenschaft als beweglichere A. hängt zu sehr von dem Zerbrechen der Wagen durch feindliche Schüsse ab, das Geschütz wird gerade im entscheidenden Augenblick, wo es am leichtesten u. beweglichsten sein soll, durch das Aufsteigen der Bedienungsmannschaft überladen u. eben deshalb aufgehalten, die Pferde werden durch diese übergroße Anstrengung leicht ruinirt, die Bedienung ist bei dem Umwerfen der Wagen sehr gefährdet, u. der Vortheil, daß die Pferde der Reiter im Nothfall vor das Geschütz gespannt werden können, fällt weg. d) Die halbberittene A., ein Zwitter der reitenden u. fahrenden, nicht alle Vorzüge, aber alle Mängel einer jeden theilend, bringt die Bedienungsmannschaft zum Theil auf den Protzen u. Handpferden, zum Theil auf Reitpferden unter. Sie hat allerdings[782] weniger Pferde als die rettende A., aber bei ihr werden stattfindende Verluste noch empfindlicher sein, weil die Möglichkeit des Ersatzes noch beschränkter ist. Fahrende u. halbberittene A. führen dieselben Geschütze, wie die reitende A. Mit Recht hat man daher die reitende A. in allen größeren Armeen beibehalten, u. das System fahrender u. halbberittener Batterien neben ihr auf die Reserve-A. angewendet. Fast bei allen Armeen hat man übrigens die Einrichtung der österreichischen Cavallerie-A. bei der Fuß-A. nachgeahmt, daß nämlich die zur Bedienung der Geschütze absolut nothwendigen Mannschaften auf den Handpferden der Bespannung u. auf den Protzen Platz finden u. so im Nothfall schnell fortgeschafft werden können, wodurch die Fuß-A. für einzelne Momente des Gefechtes mit Cavallerie-A. annähernd auf gleiche Linie gesetzt wird. e) Die Gebirgs-A. führt leichte, kurze, zum Auseinandernehmen eingerichtete 3- u. 4pfünder, Haubitzen vom Kaliber der 12pfünder, deren Rohr, Laffete, Räder, Munitionskasten von je einem Saumrosse od. Maulthiere getragen werden. Nicht selten hat man auch Schleifen für den Transport der Geschütztheile, welche am Orte der Aufstellung zusammengesetzt werden. Man organisirt Gebirgs-A. nur in den Staaten, welche Kriege in Hochgebirgen, wie Pyrenäen, Alpen, Kaukasus, Anden etc. führen, u. wählt zur Bedienungsmannschaft Gebirgsbewohner. Die Erfolge, welche durch die Gebirgs-A. erkämpft werden können, sind ganz analog dem Charakter des Gebirgskrieges, der stets den Charakter des Beengten, an die Örtlichkeit Gebundenen haben, nie Beispiele ungeheuerer Erfolge, wie der Massenkrieg auf der Ebene, bieten wird. f) Die Raketen-A. bietet eine Zusammensetzung ganz eigenthümlicher Art, indem sie aus der geringsten Anzahl von Menschen u. Pferden zur Bedienung eines Raketenstativs (Geschützes) besteht, weit beweglicher u. unabhängiger von der Beschaffenheit der Erdoberfläche ist, als alle anderen, u. dennoch bis jetzt nur von Österreich u. England auf dem Schlachtfelde angewendet worden ist. Sie vereinigt alle Vorzüge, welche man einer jeden der einzelnen A-Gattungen beilegt, u. jedenfalls steht ihr noch ein bedeutungsreicher Einfluß auf dem Schlachtfelde für die Zukunft bevor, s. Batterie u. Rakete. Man nimmt im Allgemeinen zu den Compagnien, welche die schweren 12pfündigen Batterien bedienen sollen, die größten u. stärksten Leute, dagegen die leichtesten, gewandtesten, resolutesten, ebenso die entschlossensten Offiziere zu der reitenden A. Bei dieser, wie bei der Cavallerie-A. überhaupt, verlangt man weniger einen hohen Grad theoretischer Ausbildung, als die vollendetste praktische Übung, vor Allem im Auf- u. Abprotzen, im Übergange von der schnellsten Bewegung zum Feuer u. umgekehrt, im Koppeln u. Abgeben der Pferde, im flüchtigen Erscheinen u. Auftreten auf einem Punkte des Gefechts u. eben so präcises Verlassen desselben, um an anderer Stelle von Neuem einzugreifen. Daher wählt man auch für diese A-Gattungen die behendesten u. gewandtesten Pferde, welche vorzüglich ein kräftiger Mittelschlag bietet, u. überläßt große, schwerfällige Pferde gern der Fuß-A. Auf 1600 Mann Infanterie werden meist 3, auf 1000 Mann Cavallerie 4 Feldgeschütze gerechnet. Bei jungen Truppen führt man gern mehr, bei kriegserfahrenen u. alten, weniger Geschütz. Mit 3 pro mille haben 10,000 Mann 30 Geschütze mit etwa 200 A-Fuhrwerken u. 1400 A-Zugpferden; mit 4 pro mille 40 Geschütze, etwa 270 Fuhrwerke u. 1860 Zugpferde; mit 2 pro mille 20 Geschütze, 140 Fuhrwerke, 960 Zugpferde. Erhellt hieraus, welche Differenz schon durch Annahme eines anderen Verhältnisses der A. zu der Truppenzahl hervorgerufen wird, so wird zugleich aus dieser oberflächlichen Zahlenangabe ersichtlich, wie weit die Vermehrung der A. über ein gewisses Maß hinaus auf die Präcision der Operationen, auf Unterbringung u. Verpflegung der Truppen, auf Ersatz u. Einübung des Materials an Menschen u. Pferden, auf die Dauer der Verkehrslinien etc. einen nachtheiligen Einfluß ausüben müsse. Indem man sich allerwärts bestrebt, den Procentsatz an A. zu verringern (denn viele Armeen rechnen nur 2 Geschütze auf 1000 Mann), sucht man dadurch das Gleichgewicht wieder herzustellen, daß man lauter 12pfünder führt, welche, mit kürzeren u. leichteren Rohren versehen, geeignet sind, mit Voll- u. Hohlkugeln gleich sicher zu schießen, gleich dem 6pfünder leicht u. schnell zu manövriren, gleich dem 1pfünder einen ergiebigen Kartätsch- u. Shrapnellschuß zu gewähren. Dies sind die Granatkanonen, welche für die Bedürfnisse der Feld-A. immer wichtiger werden, seitdem die Anwendung des Gußstahls zu Geschützröhren sich bewährt hat. Man rechnet bei der Feld-A. auf jedes Geschütz 9,10 od. 11 Mann zur Bedienung, 6 Pferde zur Bespannung, auf je 2 Pferde 1 Fahrsoldaten, auf je 10 Pferde 1 Pferd Reserve. B) Die Festungs-A. ward sonst durch eigene Compagnien bedient, zu denen man minder rüstige u. gewandte, oft sogar halb invalide Mannschaft nahm. Jetzt wird diese meist durch commandirte einzelne Artilleristen od. ganze Compagnien von der Feld-A. bedient. Die Festungs-A. zerfällt in Vertheidigungs- (Defensions-) u. Belagerungs-A., je nachdem sie zum Dienst in u. vor Festungen bestimmt ist, u. führt schwerere Kaliber als die Feld-A. Die Mehrzahl der auf dem Hauptwalle zur Vertheidigung u. in den Angriffswerken aufgestellten Geschütze besteht aus 18- u. 24pfündern, 10pfündigen Haubitzen, 16- u. 32pfündigen Mörsern; jedoch sind kleinere Caliber gar nicht ausgeschlossen, da z.B. zur Casemattenvertheidigung meist 12pfündige Kanonen, od. zur Grabenvertheidigung kleine Coehoornsche Mörser verwendet werden. Erst in der neueren Zeit hat man durch Verwendung der Bombenkanonen im Landkriege, sowie durch Construction abnormer Riesengeschütze (1000pfündige Mörser) den Aufwand an Munition ganz aus dem gewöhnlichen Gleise gerückt. Daß mit dem Wachsthume der Geschosse nicht die Erfolge gleichen Schritt halten, sondern daß immer der Geist, welcher Angriff u. Vertheidigung leitet, das Geschütz nur Waffe ist, dafür bietet die Belagerung von Sebastopol den schlagendsten Beleg. Die Festungs- u. Belagerungs-A. manövrirt nicht, sondern wird nur im Schießen u. Werfen u. in Anlegung der Batterien geübt. Zu dieser Kategorie gehört auch die A., welche den Dienst in den Küstenbatterien zu versehen hat (s. Batterie). Bei diesen A-en, welche meist auf Rahmenlaffeten stehende Geschütze zu bedienen haben, rechnet man 3 bis 6 Mann auf die Bedienung eines jeden. Über die Bedienung der Mörser, die hier in Betracht kommen, s. Bedienung der Geschütze; über[783] die Wirkung der schwereren Kaliber s. u. Schießen, über die Aufstellung der Festungsgeschütze in u. vor Festungen s. u. Festungskrieg. Die Schiffs-A. bildet keine bes. organisirte Truppe. Die Schiffsgeschütze, ihre Verwendung etc. s. u. Geschütz. Sonst wurden die Ingenieure, Pioniere u. Pontoniere in einigen Armeen zur A. gerechnet, jetzt sind sie in allen größeren Armeen von derselben getrennt. Bei manchen Armeen gehören auch die Handwerkscompagnien (s. Ouvriers) zur A. Das A-fuhrwesen ist jetzt in den meisten Armeen mit der A. selbst verbunden, so daß die Leute, die das Geschütz richten u. bedienen, auch geübt sind zu fahren u. mit dem Geschütz zu manövriren. In mehreren Armeen, so bei den Franzosen, ist es gewöhnlich, das Fahren dem Train zu übergeben, was jedoch viele Inconvenienzen hat. Über die verschiedenen A-n s. die Artikel über die Heere verschiedener Staaten. II. Literatur. Das erste Werk, welches von den Feuergeschützen eine, wenn auch ungenügende, Erklärung gibt, ist De re militari, von Robert Volturius, Verona 1472, Fol. Ihm folgen Jacob Preuß, Der sächsische Zeugmeister, Strasb. 1530, u. Die Büchsenmeisterey, von Mich. Blum, von Mann 1578. Bedeutungsreich für die Entwickelung der A-Wissenschaft sind die Werke Tartaglias, Scienza nuova di artigleria, Ven. 1537; L'arte di guerregiare, ebd. 1538; Quesiti ed invenzione. ebd. 1546, n. A. von Bascarini 1554 herausgeg. Die Literatur der einzelnen Zweige der A-Wissenschaft ist bei jedem derselben in ihren Haupterscheinungen angegeben: unter den allgemeinen Werken sind bes. hervorzuheben: Scharnhorst, Handbuch der A., Lpz. 1804–6, 2 Bde.; Morla, Lehrbuch der A., übers. vonv. Hoyer, Lpz. 1795–97, 3 Bde.; Hoyer, Wörterbuch der A., Tüb. 1804–12, 2 Bde.; Rouvroy, Vorlesungen über A., Dresd. 1830; Decker, Die A. für alle Waffen, Berl. 1816; Leitfaden zum Unterricht der A., Berl. 1818,1826; Decker, Geschichte des Geschützwesens u. der A. in Europa, Berl. 1822; Hülz u. Schmötzi, Handbuch der A., 1847; Ergänzungswaffenlehre, 1851; Gassendi, Aide-mémoire, 5. A. Par. 1819, 2 Bde. Unter den taktischen Schriften über A. sind: v. Rabe, Der A-dienst im Felde, 1786; v. Decker, Ergänzungstaktik der A., Berl. 1834; C. v. Decker, Gefechtslehre der beiden verbundenen Waffen, Cavallerie u. reitende A., Berl. 1819; Ders., System der reitenden A., ebd. 1823; Ders., Die reitende u. fahrende A., ebd. 1826; Ders., Die reitende A. im Cavalleriegefecht, Dresd. u. Lpz. 1838. III. Geschichte. Bei der Geschichte der A. kann weder von der des Pulvers u. der Projectilen, da diese bei Schießpulver, Kanonenkugel, Kartätsche, Granate, Bombe etc., noch von der des Geschützes, da diese unter Kanone, Haubitze, Mörser etc. erläutert werden, die Rede sein, sondern es soll nur die Geschichte der A. als Waffe hier abgehandelt werden. Die Geschütze wurden in dem ersten Jahrhundert nach ihrer Erfindung nicht von eigentlichen Soldaten, sondern von zunftmäßig einzeln angelernten Leuten bedient. Diese hießen, wenn sie mit Wurfgeschoß umzugehen u. Kunstfeuer anzufertigen wußten, Feuerwerker, wenn sie Belagerungsgeschütz zu richten verstanden, Büchsenmeister, beide erhielten vierfachen Sold; die Schlangen- u. Feldschützen hingegen, welche leichtes Geschütz im Feld zu bedienen verstanden, doppelten od. dreifachen Sold. Später begriff man sie insgesammt, da man sie nach beendigtem Kriege meist behielt u. in besondere Wohnungen (Stabulae) einquartierte, unter dem Namen Constabler. Sie hatten völlige Lehrbriefe, auf denen auch bemerkt wurde, welche Belagerungen u. Schlachten sie mitgemacht hatten, u. zogen umher, ihre Dienste Jedem bietend, der sie brauchen wollte. Meist waren diese Constablers Deutsche. Sie wurden, bevor sie angenommen wurden, von dem Zeugmeister geprüft, ob sie laden, richten, abfeuern, das Geschütz zernehmen u. wieder zusammensetzen, auch ob die Feuerwerker Munition zu fertigen verstanden. Zu ihrer Unterstützung befanden sich bei jedem A-train eigene Fähnlein Pioniere (Schanzbauern, Guastadoren), welche außer dem Geschäft des Wege- u. Schanzenbaus jedem Geschütz nach dessen Größe als Handlanger zugetheilt wurden. Ward eine Festung erobert, so gehörte den Constablern die im Geschütz befindliche Munition, die angebrochenen Pulverfässer, ein monatlicher Sold u. die größte Glocke in der eroberten Stadt. Offiziere hatten die Constablers nicht, wohl aber einen höchsten Befehlshaber, den Feldzeugmeister, der mehrere Beamte, den Zeugmeisterlieutenant, Zeugwärter, Zeugdiener, die Schneller, welche das Hebezeug besorgten etc., unter sich hatte. Die Aufsicht über die Bespannung führte ein Geschirrmeister. Natürlich war unter solcher Bedienung die A. sehr schlecht, u. man errichtete daher schon zu Ende des 15. Jahrh. eine Art A-schulen, die jedoch viel Handwerksmäßiges hatten u. noch Lehrbriefe ausstellten. Erst im Dreißigjährigen Kriege wurde die Bedienungsmannschaft (oft, so bei den Schweden, Musquetiere, bei den Niederländern auch wohl Matrosen) in Compagnien organisirt, u. diese erhielten auch hier u. da Offiziere. Der Gebrauch der Kartätschen u. der Kartuschen (Geschützpatronen) stammt aus der ersten Hälfte des 17. Jahrh. Doch wirkte noch das alte zunftmäßige Verfahren nachtheilig ein, u. erst die Franzosen organisirten 1695 ein förmliches A-regiment, das aus 6 Bataillons u. von diesen jedes aus einer ungleichen Zahl Arbeitscompagnien, einigen Compagnien Kanonieren u. einigen dergl. Füsilieren bestand. Fast zugleich errichtete Ludwig XIV. 2 Bombardiercorps. Indessen wurden diese nach u. nach so umgeformt, daß sie erst 1740 als complet organisirt betrachtet werden konnten u. 5 Bataillons, jedes von 1 Arbeiter- u. 7 A-compagnien, à 104 Mann, bildeten. Auch bei den deutschen u. anderen Heeren wurde diese Einrichtung angenommen, u. fast überall formirte man zu Ende des 17. u. zu Anfang des 18. Jahrh. die A-compagnien in Bataillons u. Regimenter u. organisirte diese völlig militärisch. Dabei errichtete man überall eigentliche Artillerieschulen, die erste 1679 zu Douay; in Deutschland die erste zu Dresden 1766, vervollkommnete die bestehenden u. benutzte in ihnen die neuen Entdeckungen in der A., die jetzt zur eigentlichen A-wissenschaft sich gestaltete, bes. hinsichtlich der Wirkung des Pulvers u. der Flugbahnen (s. Ballistisches Problem) zur Verbreitung richtiger Ansichten über die A. Bisher hatte man bei Belagerungen die schwersten Kaliber, im Felde, bes. seit Gustav Adolf, der selbst Lederkanonen (s. u. Kanone) führte, die leichtesten, u. auch von diesen wenig mitgeführt, so daß man 1 Geschütz auf 1000 Mann rechnete. Seit dem Schlesischen Krieg fiel man in das andere Extrem u. belud sich mit einer Menge [784] Geschütze. So enthielt das russische, 1761 gegen Preußen u. Polen errichtete Heer 11 Bataillons A., u. bis 1784 wuchs die gesammte russische A. auf 39,000 Mann, ja die Zahl der A. mehrte sich so, daß sie im baierischen Erbfolgekriege 8–10 Geschütze auf je 1000 Mann betrug. In die Mitte des 18. Jahrh. fällt die Einführung der reitenden A. Bereits früh hatte man die Idee, mittelst doppelt od. doch stärker als gewöhnlich bespannter Geschütze u. vermöge berittener Bedienung die A. fähig zu machen, die Cavallerie überall hin zu begleiten u. auf irgend einem wichtigen Punkte A. überraschend zu zeigen, auszuführen versucht. So hatte der Herzog von Enghien 1544 in der Schlacht von Cérisoles eine so bediente A. mit der Cavallerie vorgesendet, u. Friedrich Wilhelm, der große Kurfürst von Brandenburg, hatte 1675 gegen die Schweden 12pfünder, deren Bedienung beritten war. Bald verlor sich aber diese Einrichtung wieder. Die Einführung zweier Einhörner mit berittener Bedienung bei jedem russischen Dragonerregiment zu Anfang des 7jährigen Krieges scheinen aber Friedrich den Gr. 1759 u. 1760 dessen Bruder, den Prinzen Heinrich, ohne daß Einer von des Andern Idee etwas wußte, auf die Gedanken gebracht zu haben, einige Batterien beritten zu machen. Diese Einrichtung bewährte sich bei beiden u. wurde im Siebenjährigen Kriege bei den Preußen förmlich normal. Nach dem Frieden ahmten zuerst die Österreicher, dann die Russen, Sachsen, Baiern etc. diese Einrichtung nach. Doch fuhren bei den Österreichern u. Baiern die Artilleristen statt zu reiten (s. oben). Beim Beginn der Revolution machte Mirabeau die Franzosen darauf aufmerksam, welchen Vortheil reitende A. habe, u. sie wurde damals in der französischen Armee eingeführt, ja man wollte eine leichte Kanone mit aufs Pferd nehmen, allein 16 Unzen Pulver warfen Pferd u. Mann um. Doch hatten die Perser zu Ende des 18. Jahrh. eine Kameel-A. mit am Sattel befestigtem Rohr, u. Ähnliches wollten die Türken schon 1690 einführen. Nach dem Siebenjährigen Kriege u. bes. nach dem Baierischen Erbfolgekriege wurden in fast allen A-n, namentlich bei der französischen, preußischen, österreichischen, sächsischen u. russischen, wichtige Änderungen gemacht. Vornehmlich dachte man darauf, die Bedienung der Geschütze mit den Geschützen selbst mehr zu vereinen. Man theilte, wie früher schon provisorisch geschehen war, die Geschütze daher definitiv in Batterien (Divisionen, Brigaden), deren jeder man eine A-compagnie zur Bedienung gab. Anfangs war die Zahl der Geschütze verschieden u. schwankte nach den verschiedenen Armeen zwischen 6 u. 12; neuerdings bestehen sie meist aus 8 Geschützen, von denen 2 Haubitzen sind. Damals bestanden auch seit dem Dreißigjährigen Krieg bei jedem Infanterie-Bataillon besondere Bataillonskanonen, deren jedes Bataillon zwei 4- od. 6pfünder, auch wohl 7pfünder hatte u. die den Bewegungen des Bataillons überall folgten u. im Gefecht meist auf den Flügeln desselben standen. Sie waren schon in dem Niederländischen Krieg durch Spinola aufgekommen u. wurden durch Gustav Adolf allgemeiner. Da ihre Wirkung aber zu isolirt war, sie auch die Bewegung der Infanterie hemmten, so wurden sie im Revolutionskrieg zuerst von den Franzosen, dann von den Preußen, Österreichern, am spätesten von den Sachsen wieder abgeschafft, waren jedoch 1815 bei den Franzosen wieder eingeführt u. sind jetzt durch die jeder Division beigegebene Batterie ersetzt. Eine der wesentlichsten Verbesserungen neuerer Zeit ist die Vereinigung der zur Bespannung gebrauchten Mannschaft mit der eigentlichen A. Sonst besorgte nämlich der Train die Bespannung u. die A. übernahm nur die eigentliche Bedienung im Feuern; jetzt hat man bei mehreren Armeen, namentlich bei der preußischen, eingeführt, daß dieselbe Mannschaft im Fahren wie im Feuern geübt wird, u. daß ein eigentlicher Train bei der A. nicht mehr Statt findet. Letzteres gewährt ein größeres Vertrautsein der Artilleristen mit den Bewegungen des Geschützes u. daher eine größere Beweglichkeit desselben u. die Möglichkeit, die eigentliche Bedienung, wenn die A. großen Verlust erlitten hat, aus dem bisherigen Train zu ersetzen. Dennoch haben viele Armeen, so namentlich die französische u. die nach französischer A. organisirten, diese Einrichtung noch nicht angenommen, dagegen schon vor der Revolution die unbehülfliche Bespannung, wo die Pferde einzeln in einer Reihe vor einander gespannt waren, aufgegeben. In der neuesten Zeit sind nur wenige wesentliche Verbesserungen in den verschiedenen A-n vorgekommen. Sie sind nach wie vor in A. regimenter (A-brigaden) u. A-bataillons (A-abtheilungen) getheilt, u. die reitende, wie in Preußen, entweder mit diesen verbunden, od., so wie auch die Belagerungs-A., getrennt. Die Abtheilungen der A. zerfallen immer in Compagnien. Die Anzahl der bei einem Heere gebrauchten Geschütze hat sich in neuerer Zeit bedeutend verringert, u. man nimmt an, daß 3 Geschütze auf 1000 Mann genügen, mehr aber nur eine Last machen. Fast alle A-n beeifern sich jetzt, das Gute u. Praktische von einander anzunehmen, die Geschütze von ihren sonstigen unnützen Zierrathen zu entkleiden u. möglichst zweckmäßig einzurichten, die Laffeten zu erleichtern, ohne ihrer Festigkeit Eintrag zu thun, die Bespannung gut u. möglich zugkräftig zu machen, das Ganze aber so zusammenwirkend zu organisiren, als nur möglich. Manche Umgestaltungen u. neue Erfindungen finden allerdings nur langsam den Weg in die A., welche sich schon deshalb in der Regel nur nach gewissenhaftester Erwägung zu solchen verstehen kann, weil Änderungen im Material etc. nicht allein große Ausgaben an u. für sich zu veranlassen pflegen, sondern auch sehr oft die vorhandenen Vorräthe unbrauchbar machen würden. Nächstdem ist nicht zu verkennen, daß so manche der mit Emphase verkündeten Erfindungen u. Verbesserungen nicht die praktische Bedeutung bewährt haben, welche man ihr beigelegt hat. In Güte des Materials zeichnet sich die englische A., in der Bespannung die russische, in wissenschaftlicher Ausbildung die österreichische u. sächsische, in zweckmäßiger Organisation die französische, preußische u. baierische aus. Bei letzterer hat bes. neuerdings der General von Zoller, bei der preußischen General Scharnhorst u. bes. Prinz August von Preußen Vorzügliches geleistet. Über die vom Kaiser Napoleon III. bewirkte Einführung leichter 12pfünder als Granatkanonen (Canon-obusier) u. ihren Einfluß s. u. Geschütz.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 1. Altenburg 1857, S. 780-785.
Lizenz:
Faksimiles:
780 | 781 | 782 | 783 | 784 | 785
Kategorien:

Buchempfehlung

Diderot, Denis

Die geschwätzigen Kleinode oder die Verräter. (Les Bijoux indiscrets)

Die geschwätzigen Kleinode oder die Verräter. (Les Bijoux indiscrets)

Die frivole Erzählung schildert die skandalösen Bekenntnisse der Damen am Hofe des gelangweilten Sultans Mangogul, der sie mit seinem Zauberring zur unfreiwilligen Preisgabe ihrer Liebesabenteuer nötigt.

180 Seiten, 9.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Große Erzählungen der Spätromantik

Große Erzählungen der Spätromantik

Im nach dem Wiener Kongress neugeordneten Europa entsteht seit 1815 große Literatur der Sehnsucht und der Melancholie. Die Schattenseiten der menschlichen Seele, Leidenschaft und die Hinwendung zum Religiösen sind die Themen der Spätromantik. Michael Holzinger hat elf große Erzählungen dieser Zeit zu diesem Leseband zusammengefasst.

430 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon