Taube (die)

1. A brâset Düüwen kem eg uun a Müüs fle'n (Amrum.) – Haupt, VIII, 359, 135.

Die gebratenen Tauben kommen nicht in den Mund geflogen.


2. Auch eine Taube hat Zorn.

Lat.: Columbae quoque biliosae finute fiunt. (Philippi, I, 86.)


3. Aus einer Taube kann man keinen Sperber und aus einem Schweinsohr keinen seidenen Beutel machen.Winckler, IX, 45.

Frz.: L'on ne peut faire d'un coulomb un espervier. (Leroux, I, 110.)


4. Aus einer Taube wird kein Habicht.

Holl.: Men kan van eene duif geen' sperwer maken. (Harrebomée, I, 159a.)


5. Besser ên Duv en der Hank als zehn om Dâch. (Bedburg.)


6. Blaue Tauben haben blaue Junge.Winckler, I, 10.

Buchstäblich verstanden, unwahr, uneigentlich: Die Jungen arten meist den Alten nach.

Holl.: Blaauwe duiven krijgen blaauwe jongen. (Harrebomée, I, 159a.)


7. Bradd'et Düüffen flö ek sallew die Müd' in. (Sylt.) – Haupt, VIII, 359, 135.


8. De gebrôdän Douwe fläje ned än der Laft eräm. (S. Kloss 2 und Pfannkuchen 2.) (Siebenbürg.-sächs.) – Schuster, 459.


9. Die gebraten tuben fliegen eim nicht ins mul. Geiler, Alsatia, 1862-63, 426; Simrock, 10112; Eiselein, 388; Lohrengel, II, 131.

Holl.: De gebraden duiven komen u niet in de lucht. (Harrebomée, I, 159a; Bohn I, 318.)


10. Die Taube ist gemein.Graf, 130, 383.

D.h. es konnte sie, sobald sie ausser Haus und Hof aufs freie Feld kam, jeder ergreifen und zu seinem Eigenthum machen. »Auch die Taube ist gemein, wer sie schützt und nährt, mag sie nehmen mit Recht.« (Rössler, I, 140.)


11. Die Taube ist verloren, die eine wilde Katze freit.


12. Die Tauben dir ein fürbild sein, wie du dein ehe solt halten rein.Henisch, 801, 65.


13. Die Tauben frewen sich nicht, wenn die Falcken (zu Besuch) kommen.Lehmann, 444, 135.

14. Die Tauben frewen sich nicht, wenn Sperber vnd Raubvögel ins Landt kommen.Henisch, 1219, 50; Petri, II, 145.


15. Die Tauben haben auch ihre Noth, fehlt's an Gerste, fehlt's an Brot.

Engl.: The pigeon never knoweth woe, but when she doth a benting go. (Bohn II, 36.)


[1041] 16. Die Tauben haben ihren Habicht, die Frösche ihren Storch.

Schwed.: Dufvan måste ha en hök, och grodan en stork. (Grubb, 160.)


17. Die Tauben sind vorm Wiesel nicht sicher, wenn auch der Marder gefangen ist.Altmann V, 103.


18. Die Tauben, so unter Dach bleiben, sind vor Stossvögeln sicher.Eiselein, 588; Simrock, 10114; Braun, I, 4402.


19. Die Tauben werden in keinem Lande ohne Feuer gebraten.

Die glückliche Zeit, wo auch Minderbegabte und Träge ihr Brot, und dies nicht im Schweisse ihres Angesichts fanden, ist vorüber. Jeder muss sich anstrengen. Wer z.B. in unserer Zeit sich den Wissenschaften weihen will, muss mit guten Anlagen den regsten Fleiss verbinden, wenn er nicht am Ziele die verlorene Zeit bedauern will.


20. Diuwen un Dijke maket keinen rijke. (Westf.)


21. Douwen, Enten un Dîche machen kenn oarmen Mann rîche. (Waldeck.) – Curtze, 365, 630; Firmenich, I, 325, 10.


22. Dûwen un Dîke mâket kennen rîke; Immen un Schôpe kummet im Schlôpe. (Waldeck.) – Curtze, 316, 40; für Hannover: Schambach, II, 309.


23. Eine blinde Taube findet manchmal auch eine Erbse. – Für Henneberg: Frommann, II, 409, 41.

Dän.: Blind dunner finder og stundom hvede-korn. (Prov. dan., 73, 30; Bohn I, 351.)

Schwed.: Blind dufwa finner och stundom et hwetekorn. (Grubb, 48.)


24. Eine Taube, die der Habicht gefressen, holt der Geier nicht.

Aehnlich russisch Altmann IV, 417.


25. Eine Taube hat (braucht, trägt) nicht so viel Federn als ein Schwan.


26. Eine Taube und eine Elster wohnen nicht in demselben Neste.


27. Es bringt nit ein jede Taube ein Oelblattzweig.Chaos, 284.


28. Es fliegen einem keine gebratenen Tauben ins maul.Henisch, 481, 15; Petri, II, 244; Blum, 543; Siebenkees, 145; Körte, 5856; Masson, 78.

Deutet an, dass nicht alles so bequem in der Welt ist, wie mancher denkt, und dass man ohne Anstrengung nichts bekommt. »Im Schweiss soll'n wir das brodt geniessen, vnd nicht so lang am rücken ligen, das gbraten tauben ins maul vns fliegen.« (Waldis, II, 14, 22.) »Gebratene Tauben ins Maul mir muss ich verbitten; sind sie nicht auch mit Kunst vorher minutim verschnitten.«

Frz.: Ce n'est pas benéfice sans cure. (Kritzinger, 66b.) – Les alouettes rôties ne se trouvent pas sur les haies. (Gaal, 1508; Lendroy, 24.)

Holl.: Gebrude duijven vliegen niet door de lucht. (Bohn I, 818.)

It.: Non a' è bene senza bene. (Pazzaglia, 30.)

Lat.: Non contingit ignavis praeda, nulli per ventos assa columba venit. (Binder I, 1157; II, 2142; Seybold, 364.) – Non volat in buccas assa columba tuas. (Eiselein, 588; Seybold, 382; Sutor, 153.) – Nulli per ventos assa columba venit. (Binder I, 1212; II, 2253; Buchler, 85; Fischer, 157, 108; Gaal, 1508.)

Ung.: Senki szájában nem repül a süllt galamb. (Gaal, 1508.)


29. Es hat noch nie eine Taube ein Adlerei gelegt.Altmann VI, 416.


30. Es können viel Tauben tanzen, ehe das Haus bebt.

Dän.: Det duuner ikke deert, der duen dandser. – Det duuner under ross, de Danske hov mænd den ride. (Prov. dan., 128.)


31. Es wäre um die Tauben geschehen, wenn der Marder Flügel hätte.Altmann VI, 494.


32. Fliegt die Taube zu weit ins Feld, zuletzt der Habicht sie behält.Körte, 5857; Masson, 360; Frischbier, 186.

Der Schwache setze sich nicht zu sehr der Gefahr aus, physisch oder moralisch zu unterliegen.

Span.: La muger y la gallina por mucho andar se pierde aina. (Masson, 361.)

33. Frembde Tauben mesten, ist torheit.Henisch, 1211, 3; Petri, II, 314.


[1042] 34. Gebrone Duvve kommen enge (einem) net egen Mull gefloge. (Aachen.) – Firmenich, I, 493, 75; für Steiermark: Firmenich, II, 766, 52; hochdeutsch bei Gaal, 1508.


35. Junge Tauben bei den Raben, schöne Jungfrau bei jungen Knaben, der wird so wohl behüt't, als wenn der Wolf der Schafe hüt't.


36. Keine Taube brütet (heckt) einen Sperber. Blum, 506; Sailer, 148; Simrock, 10115; Körte, 5861; Braun, I, 4403.

Frz.: D'une buse on ne saurait faire un épervier.

Lat.: Columba non generat aquilam. (Gaal, 1507.)


37. Man fängt nicht zwei Tauben mit Einer Bohne.Eiselein, 588; Simrock, 10111; Braun, I, 4401.


38. Mancher lest jhm seine tauben nicht abfangen.Lehmann, 512, 25.


39. 'N blinn' Dûw find't ôk woll 'n Aerft. (Altmark.) – Danneil, 7 u. 44; Schambach, II, 132.


40. Nicht jede Taube bringt einen Oelzweig. Winckler, XIX, 76.


41. Niemand komen de gebraden Duyven in den Mond gevlogen. (Münsterland.) – Archiv, 48, 364.

Schwed.: Inga steckta starar fiyga enom i munnen. (Törning, 86.)


42. Satte Tauben lassen die besten Körner liegen.

Frz.: A columbes savules cerises sont amères. (Leroux, I, 110.)


43. Sollen die Tauben nicht zum Nachbar fliegen, muss man ihnen einen guten Söller bauen.Altmann VI, 502.


44. Tauben, die unter Dach bleiben, sind vor dem Stossvogel sicher.Masson, 361.


45. Tauben, Gärten und Teich' machen keinen reich.Körte, 5862.


46. Tauben haben keine Gall' (Krall') und sind der Leute all'.Blum, 106; Eisenhart, 206; Henisch, 1339, 67; Pistor., X, 53; Eiselein, 588; Estor, I, 528; Hillebrand, 65, 95; Simrock, 10109; Graf, 130, 384.

Eiselein u.a. behaupten, das Wort »Galle« sei eine Verdrehung; es müsse Kralle heissen, das Sprichwort habe seine Quelle im sächsischen Weichbilde (Daniels, 108): »Duven, kran, alestren, pawen, vederspel dat nicht grymmet, vlüget it to velde, it is gemeine.« Es erscheint aber mindestens sehr fraglich, ob dieser Satz die Quelle zu obigem Sprichwort ist. Ich kann durchaus nicht einsehen, warum statt Galle Kralle stehen solle, zumal jedermann weiss, dass die Tauben wie alle Vögel Krallen haben, und wie es in Betreff der Galle steht, von jeder Köchin zu erfahren ist. In der That sagt auch jedermann: die Tauben haben keine Galle, und ich habe noch von niemand dafür Kralle sagen hören. Das Sprichwort enthält übrigens keinen gültigen Rechtssatz mehr. Weder die wilden noch die zahmen Tauben, mag man nun Galle oder Kralle sagen, sind der Leute alle; denn jene gehören zur Jagd, also nur denen, die dazu berechtigt sind, und diese sind Privateigenthum. – Vom allgemeinen, nicht juridischen Standpunkte betrachtet, gibt Hillebrand a a.O. den Sinn des Sprichworts mit dem Satze: »Die Tauben haben eine gutmüthige Natur und sind jedermann zugethan.« – »Man sagt gemeinlich, dass die Taub kein gall habe, welches doch Galenus für spöttlich haltet.« (Gessner, Vogelbuch, Zürich 1582, S. 239a.)

Frz.: Le coulomb n'a point de fiel. (Leroux, I, 110.)


47. Tauben legen immer Eyer vnnd zeugen junge, obgleich man sie jhnen raubt.Petri, II, 544.


48. Tauben und Bien' bringen Schaden und Gewinn; Schaf und Teich machen gleichfalls arm und reich.Gerlach, 36.


49. Tauben und Habichte lassen sich nicht in Einem Käfig gross ziehen.Altmann VI, 486.


50. Tauben und Pfauen haben gleiches Recht. Graf, 130, 385.

D.h. sie werden, wie es im sächsischen Weichbilde (Daniels, 118) heisst, gemein, wenn sie aus dem gerückten Gewer entkommen, d.h. ausser Haus und Hof aufs freie Feld.

Mhd.: Tuben und phawen hant gelichez reht. (Schwabenspiegel, 199, 1.)


51. Tauben und Raben müssen ihren Platz im Zirkel haben.Keller, 133a.


52. Tauben und Ziegen lassen den Bauer liegen, aber Bienen und Schaf' helfen ihm wieder auf. (Posen.)

[1043] 53. Tauben und Ziegen lassen ihren Herren nichts liegen; Kühe, Schafe und Bienen können ihren Herren was verdienen. Schambach, II, 569.


54. Wenn die Taube auch ein Adlerei legen könnte, sie würde doch daraus keinen Adler brüten.Altmann VI, 505.


55. Wenn die Taube fleugt zu weit ins Feld, zuletzt der Habicht sie behelt.Petri, II, 654.


56. Wenn die Taube mit dem Raben fliegt, bleibt zwar ihr Gefieder weiss, aber ihr Herz wird schwarz. (Tat.)


57. Wenn die Taube satt ist, schmeckt ihr die Gerste nicht mehr.

It.: A colombo pasciuta la vescia par amara. (Bohn I, 67.)


58. Wenn die Tauben ausgeflogen, wird der Schlag erst zugezogen.Seybold, 300.


59. Wenn die Tauben den Habich zum Schutzherrn erwehlen, so müssen sie ihre Haut in Acht nehmen. (S. Frosch 63, Habicht 2 u. 23, Huhn 177 und Pferd 691.) – Lehmann, 70, 11.


60. Wenn die Tauben Falken brüten, dann mögen sie sich zum Dank von ihnen fressen lassen.Altmann V, 128.


61. Wenn die Tauben nicht aussfliegen, so haben sie kein Vngemach.Petri, II, 654.


62. Wenn die Tauben vnterm Dach bleiben, so seynd sie sicher vorm Stossvogel. (S. Maus 1.) – Lehmann, 116, 6.


63. Wenn du die Taube nicht isst, was kümmert's dich, ob sie verbrannt ist.Sanders, 225, 51.


64. Wenn ich den Tauben nicht zu Hülfe komme, sagte der Marder, so frisst (raubt) sie der Fuchs.

Die Russen: Der Marder würgte die Tauben, damit sie vom Fuchs nicht gefressen würden. (Altmann VI, 415.)


65. Wenn man den Tauben ihre Jungen nimmt, so hecken sie doch wieder.

Aber das macht das Geld nicht; ist es hin, so legt es nicht ins Nest, dass man mehr goldene Eier könnte herausholen.


66. Wenn man sich auch vor den Tauben fürchtet, man muss doch säen.

67. Wenn sek de Dûwen bâet, sau gift et Räen. Schambach, II, 679.

Nach Schübler's Meteorologie (S. 207) ist die Bemerkung begründet, dass das Baden der Tauben ein Vorzeichen von Regen ist.


68. Wer kein tauben hat, der hat mücken1. Franck, I, 90a; Gruter, I, 81; Petri, II, 728; Lehmann, 100, 49; Eiselein, 676; Simrock, 10117; Körte, 5859.

1) Mucken; Axair des rats.


69. Wer sich zur Tauben macht, den stossen (fressen) die Falcken. (S. Bank 26 und Esel 476.) – Lehmann, 118, 10; Simrock, 10113; Körte, 5858; Winckler, XII, 24; Braun, I, 4399; Törning, 21; Altmann VI, 459.

Dän.: Hvo sig gjør til due, tages af høge. (Prov. dan., 235.)

It.: Chi colomba si fa, il falcon se la mangia. (Bohn I, 79.)


70. Wer Tauben brütet, der soll sie nicht vnzeitig lassen aussfliegen.Lehmann, 239, 40.

Empfiehlt Reife der Gedanken in Wort und Schrift.


71. Wer Tauben haben wil, der muss Tauben lassen aussfliegen.Petri, II, 769.

72. Wer Tauben hatt, dem muss man sie abfangen. (S. Maus 241 und Mücke 98.) – Lehmann, 430, 31.


73. Wo die Tauben gut Futter finden, da fliegen sie hin. (S. Taubenhaus.)

Span.: Aya cebo en el (oder: no falte cibo al) palomer, que palomas ellas se vesman. (Bohn I, 204 u. 235.)


74. Wo Dûw'n sünd, du flêg'n Dûw'n to. (Altmark.) – Danneil, 278; Engelien, 221, 33.


75. Wo Tauben sind, da fehlt es nicht an Habichten.

Dän.: Hvor der findes duer, vil gierne findes høge. – Hvor duer ere, flyer duer til. (Prov. dan., 166 u. 412.)


76. Wo Tauben sind, da fliegen Tauben zu.Luther's Ms., 16; Petri, II, 816; Oec. rur., 13, 521; Latendorf II, 31; Pistor., X, 54; Blum, 105; Eiselein, 588;

[1044] Siebenkees, 38; Simrock, 10110; Körte, 5860; Gaal, 1305; Lohrengel, I, 904; Braun, I, 4398.

»Der erste Thaler«, sagt J.J. Rousseau, »ist schwerer zu erwerben, als die letzte Million. Dem Reichen fällt eher etwas zu als dem Armen.« – »Zun (= zu den) schönen heussern mit grossen summen allzeit viel tauben geflogen kommen.« (Waldis, IV, 78, 91.)

Böhm.: Kde holubův mnoho, tam jich ještĕ více přiletuje. (Čelakovsky, 166.)

Frz.: Le bien cherche le bien. (Kritzinger, 133b.) – Où il y a un pigeon, pigeon y vient. (Cahier, 1377; Masson, 162.) – Qui chapon mange, chapon lui vient. (Gaal, 1305.)

Holl.: Waar duiven zijn, vliegen duiven toe. (Harrebomée, I, 159b.)

Schwed.: Alt watn wil i hafwet. – Der dufwor äre, der flyga dufwor til. (Grubb, 22 u. 153.)


77. Wo Tauben sind, da werden viel Leut blind.Petri, II, 816.


78. Wo 's d' Taube hintrage, da bleibt's. (Oberösterreich.)

Mir nicht verständlich, war auch in der Handschrift mit Fragezeichen begleitet.


*79. As wan's d' Daub'n z'samtragng hed'n. (Oberösterreich.) – Baumgarten, I, 103.


*80. Auf eine Taube zielen und eine Krähe treffen.

Engl.: To shoot at a pigeon, and kill a crow. (Bohn II, 174.)


*81. D' Tuub is kein Mensch, d' Tuub ist en Chernedieb.Sutermeister, 33.

Wortspiel; der Angeredete soll verstehen: du bist.


*82. Das sind seltzame Tauben.Herberger, Hertzpostille, II, 357.

D.h. Fabeln, Possen.

Lat.: Dulcia non neminit qui non gustavit amara. (Herberger, Hertzpostille, II, 357.)


*83. Dem will ich die Tauben ausnehmen.Klix, 108.


*84. Den Tauben Ganseier unterlegen.Altmann VI, 512.


*85. Die gebratenen Tauben fliegen ihm ins Maul.

Ihm kommt, was er wünscht, ohne Mühe und Sorge.

Frz.: Il n'a qu'à se baisser et en prendre.

Lat.: Fici cadunt in os comedentis. (Binder II, 1135; Faselius, 90.) – Virgula divina omnia suppeditantur. (Philippi, II, 253.)


*86. Die gebratenen Tauben möchten ihm ins Maul fliegen.

Er ist zu träge, um sich zu bemühen.

Frz.: Il attend que les alouettes lui tombent toutes rôties dans le bec.

It.: Aspetta che le lasagne gli piovano in bocca.

Lat.: Concupivit assam farinam. – Haec tibi non venient tenues de lapsa per auras. (Ovid.) (Philippi, I, 88 u. 173.)

Schwed.: Han wäntar att stekta sparfwar skola flyga honom i munnen. (Marin, 16.)


*87. Die kunnten die Taub'n net schöner z'sammeträge. (Niederösterreich.)

Von zwei Personen, besonders Eheleuten, die gut zusammen passen.


*88. Die Taube mit dem Oelblatt kommt.


*89. Die Tauben arretiren und die Raben privilegiren.

»Wenn man bei dir die Tauben arretirt und die Raben privilegirt; wenn du die kleinen Diebe aufhängst und den grossen alles anhängst; wenn du die kleinen Huesten (Huren) ausstreichst und die vornehmen hervorstreichst, wenn du den Armen ihr Verbrechen aufsuchst und den Reichen ihre Missethat nachsiehst u.s.w.« (Parömiakon, 871.)


*90. Die Tauben dünne machen.

Einen Taubenschlag entvölkern.

Frz.: Depeupler un colombier de pigeons. (Kritzinger, 219b.)

*91. Die Tauben sind ausgeflogen.

Frz.: Il a trouvé buisson creux. (Kritzinger, 98a.)


*92. Die Tauben werden dir nicht ins Fenster fliegen.Theatrum Diabolorum, 38a.


*93. Er bringt seltzam Tauben zu marckt.Herberger, II, 471.


*94. Er hat sich bei den Tauben eingemiethet.

Er wohnt im obersten Stockwerk.


*95. Er hat Tauben.

»Sagen die Deutschen, d.i. er ist ein Fantast, ein Narrenfresser. Er ist vnter den Hünern gesessen vnd hat eigen drauff gemerckt, wie vnd was die Hüner essen vnnd wenn sie pissen und nicht pferchen.« (Mathesy, 238a.)


*96. Er hat unter seine Tauben geschossen.

Holl.: Hij heeft onder zijne duiven geschoten. (Harrebomée, I, 159a.)


[1045] *97. Er is a stille Taub'. (Jüd.-deutsch. Brody.)

D.h. ein sehr ruhiger Mensch.


*98. Er ist wie ein Taub in der Lufft.Lehmann, 808, 3.


*99. Er lässt sich seine Tauben nicht abfangen.


*100. Er will zwei Tauben mit einer Bohne fahen.


*101. Es flog eine Taube durch's Gemach.

Lat.: Mercurius supervenit. (Seybold, 305.)


*102. Es ist eine Taube ohne Galle.

Holl.: Het is een duifje zonder gal. (Harrebomée, I, 159a.)


*103. Es will ihm immer eine Taube ans Ohr fliegen, wie Sanct-Thoma, nur ist ihr das Loch zu eng.Eiselein, 588.


*104. Et äs en blêsch Dauw. (Siebenbürg.- sächs.) – Frommann, V, 37, 95.

Es ist eine walachische Taube, d.i. ein Rabe.


*105. Flög' ihm eine gebratene Taub' ins Maul, wär' sie nicht gut zerschnitten, er wär' zum Kauen noch zu faul.


*106. Hä hät widder Duvven om Dâch.

Neben dieser Redensart, welche den Gedanken ausdrückt: die Verhältnisse fangen an, sich zu bessern, sind mir aus Bedburg noch folgende für denselben zugegangen: Hu kütt widder langsam bei Blote. Dä kütt widder op de Bên. Hä ess widder am Zog. Dä hät jetz de Wenk om Röcken.

*107. Hei heat Diuwen up'm Dake. (Westf.)

Allerhand Pläne.


*108. Tauben1 im Kopf haben.Simplic., 41, 170 u. 1044; III, 177; Schmeller, 423.

1) D.h. Grillen.


*109. Unter die Tauben schiessen.Körte, 5862a; Mathesy, 155b.

»D.i. in den Tag plaudern.« (Herberger, II, 120.)


*110. Vnter die Tauben werffen, das sy stieben. Agricola II, 138.


*111. Wemme (wem, einem) de Diuwen up dem Dake wijsen. (Westf.)

Aus dem Bereiche seiner Gewalt, vor ihm sicher sein, wie die Taube auf dem Dache.


*112. Wie eine Taube und ein Skorpionenschwanz.Winckler, IX, 4.


*113. Zwei Tauben mit Einer Erbse fangen.

Engl.: To catch two pigeons with one bean. (Bohn II, 174.)

It.: Pigliar due colombi a una fava. (Bohn I, 120.)


[1046]

114. Blinde Tauben finden auch zuweilen eine Erbse.Storch, Freiknecht, I, 367.


115. Heisst das nicht unter die Dauben geschossen, so schiessen bass darunter.Nigrinus, Inquisition, 137.


116. Während die Taube in ihrem Versteck sitzt, fliegt der Pfeil über sie hin.


117. Wer sich Tauben hält, ist ein verdorbener Millionär.Gutzkow, Zauberer, I, 10.


*118. Das sind Tauben.Herberger, II, 25.

Abgeschmackte Fabeln.


*119. Die Tauben zertraten ihm das Dach.

»Also von geringer wegen zertraten ihm die Tauben das Dach, hätte er schwerere Verwaltung gehabt, er wäre gar zum Narren worden.« (Polit. Schimpf und Ernst, 100.)


*120. Vnter die Tauben stossen.

»Wenn man von den Heiligen predigt, da werffen sie das Beilchen trefflich weit vnd stossen weidlich vnter die Tauben.« (Mathesius, Postilla, III, CCXLb.)


Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 4. Leipzig 1876.
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