Post [3]

[209] Post (im Mittelalter aufgekommenes Wort, vom mittellat. posta, gekürzt aus posita, aufgestellt, zu ergänzen statio), im 15. Jahrh. eine Station, besonders Relaisstation, d. h. ein Ort, wo angekommene Boten und Pferde behufs Weiterbeförderung der von ihnen mitgebrachten Briefe durch vorher aufgestellte (postierte) neue Kräfte abgelöst wurden; vereinzelt auch die zurückgelegte Wegstrecke zwischen zwei Stationen; von der Wende des 15. Jahrh. ab, als die Briefbeförderung allmählich für die allgemeine Benutzung organisiert wurde, Bezeichnung für die ganze Beförderungseinrichtung; heutzutage eine jedermann zugängliche Staatsanstalt zur Beförderung von Briefsendungen, meist auch noch von Zeitungen, Paketen, Geld- und Wertsendungen, an beliebig vorgeschriebene Bestimmungsorte, vielfach sogar an den Empfänger selbst, nach vorausbestimmten regelmäßigen Abgangs- und Ankunftszeiten unter allgemein verbindlichen und veröffentlichten Versendungsbedingungen, insbes. zu festen Taxen, in einzelnen Staaten auch zur Beförderung von Personen; endlich Bezeichnung für Postgebäude, für Kartenschluß (s. Karte), für eine Gesamtheit in der Beförderung begriffener Postsendungen und für die damit beladenen Postfahrzeuge, bei Kaufleuten für die angekommenen oder abgehenden Postsachen.

Die Vorläufer der heutigen P. lassen sich, wenn man von der gelegentlichen Briefbesorgung durch Kaufleute, Fuhrleute, Metzger, Schiffer, Mönche, Pilger etc. absieht, auf drei Verkehrsformen mit charakteristisch voneinander abweichenden Merkmalen zurückzuführen: 1) Einzelbotendienst, d. h. Gänge, Ritte und Fahrten, einschließlich Seefahrten, ausgeführt von einem für jeden besondern Fall und die ganze Beförderungsstrecke herangeholten Boten, der entweder zu den vom Absender für seine Rechnung unterhaltenen Bediensteten oder zu den die Nachrichtenbeförderung auf eigne Rechnung gewerbsmäßig besorgenden Personen gehört; 2) Staatsrelaisdienst, d. h. Gänge, Ritte etc., ausgeführt in militärischen und politischen, überhaupt in Staatsangelegenheiten von Boten, die unter behördlicher Aussicht stehen, auf den Abgangs- und Relaisstationen dauernd bereit sind, um sofort abzureisen und Privatsachen nur ausnahmsweise, vereinzelt sogar nur heimlich befördern; 3) Korporationsbotendienst, d. h. Gänge, Ritte etc., ausgeführt regelmäßig auf bestimmten Kursen in Angelegenheiten eines begrenzten Kreises von Personen, die durch gemeinschaftliche Interessen verbunden sind, von den Mitgliedern einer gewerbsmäßig organisierten Botenzunft oder von öffentlichen Dienern einer politischen Korporation (Magistrat etc.). Zur ersten Verkehrsform gehören die altägyptischen und die griechischen Läufer (Hemerodromen), die cursores, auch statores, später viatores und tabellarii (von tabella, Brieftäfelchen) der römischen Republik, die ständigen Boten der Städte, Bistümer, Klöster, die Withingen des Deutschritterordens, die seit 1718 zwischen Wien und Konstantinopel verkehrenden Regierungskuriere. Auch heute ist diese Form noch nicht zu entbehren, wie das Institut der Feldjäger und die Postkuriere des Kabinettspostamts in Berlin zeigen. Beispiele zur zweiten Verkehrsform sind: der im 6. Jahrh. v. Chr. von Cyrus eingerichtete, Angareion genannte Kurierdienst mittels reitender Boten und wahrscheinlich auch die nach dem Buch Esther (Kap. 8,10) von Susa auf Maultieren abgesandten Boten des Ahasveros (Artaxerxes I.), die von Cäsar zur Verbreitung von Siegesnachrichten in gleichmäßigen Entfernungen aufgestellten Reiter (equites dispositi), vor allem aber der cursus publicus (wörtlich öffentliche Reise) der römischen Kaiserzeit zur Verbindung von Rom mit den Provinzen, eine Beförderungsanstalt für Staatszwecke, die auf Kosten der am Kurse belegenen Gemeinden unterhalten wurde und zu einem auf dem Bürger- und Bauernstand schwer lastenden Frondienst ausartete. Allmählich wurden der cursus publicus, welchen Namen dervon Augustus eingerichtete Nachrichtendienst noch nicht führte, auch zur unentgeltlichen Beförderung von Beamten, Militärpersonen, Gesandten, ja selbst ganzer Truppenkörper und nur ausnahmsweise von Privatpersonen benutzt. Die Hauptrelaisstationen und Nachtquartiere hießen mansiones, später stationes, die Pferdewechselstationen mutationes, die reitenden Boten veredarii, der Personenwagen rheda, der Lastwagen clabulare, die den Reisenden ausgestellten Erlaubnisscheine diplomata oder evectiones, auch tractoriae. Zur zweiten Verkehrsform gehören ferner: der im letzten Viertel des 7. Jahrh. gegründete Nachrichtendienst der Kalifen, der sich im 10. Jahrh. mit beinahe 1000 Stationen über das ganze Gebiet des Islams erstreckte; die Beförderung der Sendboten der Merowinger und Karolinger (die missi Karls d. Gr.) durch Fronfuhrwerke, die von Alfons X, von Laon und Kastilien[209] (1252–84) aufgestellten Kuriere für Staatsdepeschenbeförderung; der durch Marco Polo zuerst in Europa bekannt gewordene chinesische Staatskurierdienst, der sich bis auf den heutigen Tag erhalten hat und bei dessen Beschreibung (nach Rübsam) Marco Polo in den von ihm (1298) diktierten Reiseerinnerungen schon das Wort poste (lat. posta erscheint es zuerst 1425 in Stundenpässen) für die chinesischen Relaisstationen gebraucht hat; der von Ludwig XI. 1464 (s. Bote) in Frankreich ins Leben gerufene umfangreiche ständige Reitbotendienst, dessen Inanspruchnahme für Private bei Todesstrafe verboten war, und dessen Kuriere von Karl VIII. 1487 in einem Patent, ein unbestrittenes geschichtliches Dokument für die damalige Gebrauchsweise des Wortes P., ausdrücklich chevaucheursen poste genannt werden; der schon vor 1490 in Spanien organisierte königliche Botendienst mit Botenmeistern (correos mayores); ja selbst die ersten Posten, d. h. Poststationen mit Pferdewechsel, des Roger und Franz von Taxis gehören der zweiten Verkehrsform an, ebenso die Dragonerpost des Großen Kurfürsten, die 1646 zwischen Berlin, Osnabrück und Münster in Westfalen für die Zwecke der westfälischen Friedensverhandlungen eingerichtet war. Unter die dritte Verkehrsform fallen die mittelalterlichen Botenanstalten, die von geistlichen und weltlichen Orden, z. B. den Deutschordensrittern, ferner von wissenschaftlichen Instituten (Universitäten, Sorbonne in Paris), von kaufmännischen und politischen Korporationen (s. Bote) unterhalten wurden. Aus vorliegenden Urkunden läßt sich schließen, daß in Barcelona schon 1283 eine Botenanstalt bestanden hat. Die Blütezeit der Botenanstalten beginnt mit dem Ende des 15. Jahrh.; auf den großen westeuropäischen Handelsstraßen entstehen regelmäßige und ineinandergreifende Botenkurse; größere Bedeutung erlangten die Botenanstalten der italienischen Stadtrepubliken, des Rheinischen Städtebundes und der Hansa.

Entwickelung der neuzeitlichen Posten.

In den erwähnten Vorläufern sind die Organisationsbestandteile der heutigen P. zwar enthalten, bei einzelnen fehlt selbst die allgemeine Zugänglichkeit nicht; im Grund sind alle zusammen einschließlich der mittelalterlichen Botenanstalten doch nur örtlich begrenzte Betriebsfäden, die unabhängig und eigenwillig neben-, durch- und hintereinander laufen. Erst mit dem Beginn des 16. Jahrh. fordert der wirtschaftliche Fortschritt und ermöglichen die staatlichen Verhältnisse für die Beförderung der Privatbriefe ein Betriebsnetz, dessen Fäden geordnet ineinandergreifen, und das sowohl durch Ansetzen neuer als auch durch Verengerung bereits vorhandener Maschen entwickelungsfähig ist: es entsteht die P. im heutigen Sinne. Das damals in Deutschland, Spanien, Italien und den Niederlanden vorliegende Bedürfnis wurde von der aus Bergamo stammenden Familie Taxis weitblickend und richtig erkannt: sie wählte aus den vorhandenen Verkehrsformen die zur Schaffung der P. erforderlichen Organisationen kritisch aus und fügte diese, vor allem durch Inanspruchnahme des Postregals im Wege des Reichslehens, mit Erfolg zu einem lebens- und entwickelungsfähigen, die Konkurrenz niederkämpfenden internationalen Privatunternehmen zusammen. Dieser Umwandelungsprozeß hat sich nicht mit einem Schlage, sondern im Laufe des 16. Jahrh. nur allmählich, selbst unter Rückschlägen, vollzogen, weshalb es auch nicht möglich ist, anzugeben, an welchem Tag in Deutschland zuerst eine P. im neuzeitlichen Sinn abgefertigt worden ist. Die Familie Taxis, deren zahlreiche Mitglieder schon im 15. Jahrh. auf verschiedenen Strecken vorübergehend einen Staatsrelaisdienst eingerichtet, auch Privatkorrespondenz befördert hatten, wußte wohl, daß ein Zusammenschweißen der bestehenden Botenanstalten etc. unter ihrer Leitung nie gelingen würde, es mußte ein neuer großzügiger Postkurs eingerichtet und an diesen die Maschen des Betriebsnetzes allmählich angesetzt werden.

1504 traf König Philipp der Schöne mit Franz von Taxis ein Abkommen, nach dem dieser sich verpflichtete, eine Postverbindung zwischen den Niederlanden, dem Hofe Maximilians I. in Deutschland, der jeweiligen Hofhaltung des Königs von Frankreich und dem spanischen Hof ins Leben zu rufen und im Gange zu erhalten. Diese Einrichtung wurde beim Regierungsantritt Karls I. (des spätern Kaisers Karl V.) durch Vertrag mit Franz und Johann Baptist von Taxis vom 12. Nov. 1516 derart erweitert, daß die Postkurse zur Verbindung mit den habsburgischen Besitzungen in Italien nach Rom und Neapel ausgedehnt wurden. Joh. Bapt. von Taxis erhielt 1520 von Karl V. den Titel eines chief et maistre général de noz postes par tous noz royaumes, pays et seigneuries und ist als der eigentliche Stifter der Taxisschen Postdynastie zu betrachten. Jener erste Postkurs Brüssel-Wien-Italien wurde bald durch Seitenkurse nach Paris und Südfrankreich erweitert; hieran schlossen sich Postkurse zwischen Nürnberg, Frankfurt a. M. und Schaffhausen, während sich nach Norden der Taxissche Postenlauf bis Hamburg erstreckte. 1615 wurde Lamoral von Taxis unter Erhebung in den Grafenstand zum Reichsgeneralpostmeister ernannt mit der Wirkung, daß er dieses Amt als ein neu ein gesetztes Regal für sich und seine Erben zum Lehen erhielt.

Außer von den Taxis wurde auch von andrer Seite die Einrichtung neuzeitlicher Posten mit vorübergehendem Erfolg versucht, z. B. von dem frühern Taxisschen Postmeister Henot in Köln, der dem Kaiser 1586 die Übernahme des ganzen Reichspostwesens vorschlug; auch einzelne Städte, namentlich solche, wo die Handelskorporation oder die Kaufmannsgilde mit dem Magistrat zusammenfiel, strebten ein geregeltes Postwesen an, indem sie die Verwaltung der Botenanstalten auf städtische Rechnung übernahmen (Nürnberg 1570, Rotterdam sogar noch 1714). Ein nachhaltiger Wettbewerb mit den Taxis war den Städten nicht möglich, da ihr politischer Machtbereich geographisch zu beschränkt war, während sich das Taxissche Unternehmen auf die habsburgisch-spanische Weltmonarchie stützte. Wohl aber erwuchs dem Taxisschen Privatunternehmen eine erfolgreiche Konkurrenz in den Landesposten derjenigen Landesherren, deren Souveränität im Erstarken begriffen war, die dem Kaiser das Bestehen eines Reichspostregals bestritten und das Postregal als Ausfluß der Landeshoheit selbst in Anspruch nahmen. Ja der Kaiser selbst errichtete in seinen österreichischen Erblanden ein eignes Postwesen und verpachtete es an Private, zuletzt 1627 an die Grafen von Paar; Karl VI. löste 1720 das Posterblehen ab, und der Betrieb ging in Österreich auf den Staat über. Von den deutschen Landesherren gründete der Große Kurfürst als erster, der die Ordnung des Postwesens in seinen Landen selbst in die Hand nahm, 1646 die brandenburgisch-preußische P., die den Ausgangspunkt der heutigen deutschen Reichspost bildet; ihm folgten Kursachsen, Braunschweig-Lüneburg etc. Mit der fortschreitenden Schwächung[210] der Reichsgewalt verringerte sich auch das Taxissche Postgebiet stetig, bis es zuletzt auf die kleinern süd- und mitteldeutschen Territorien beschränkt war. Die durch den Rheinbund erlangte Souveränität der Landesfürsten veranlaßte weitere Beschränkungen der Taxisschen Posten. Diesen wurden zwar bei Errichtung des Deutschen Bundes ihre Gerechtsame gewährleistet, die Errichtung von Landesposten wurde aber unter Voraussetzung entsprechender Entschädigung des Taxisschen Hauses nicht gehindert. In Bayern hatten sich die Taxisschen Posten von 1664–1808 erhalten; nach der Erhebung des Landes zum Königreich wurde eine Staatspost eingerichtet. In Württemberg wurden die Taxisschen Posten, obgleich eine Staatspost eingerichtet war, endgültig erst 1851 abgelöst. Bei dieser Entwickelung hatte das Postwesen in Deutschland in der ersten Hälfte des 19. Jahrh. eine sehr zersplitterte Gestaltung angenommen, in Hamburg hatten sogar Schweden und Dänemark Postämter errichtet. Die gesteigerten Anforderungen, die der zunehmende Verkehr stellte, machten eine engere Vereinigung der deutschen Postverwaltungen nötig. Am 1. Juli 1850 trat der deutsch-österreichische Postvereinsvertrag ins Leben. Dieser Vertrag (revidiert 1852, 1860 und 1865) gestaltete die 16 vereinigten Postverwaltungen für ihren gesamten Wechselverkehr zu einem einzigen Postgebiete, dessen Verhältnisse zu dem Postvereinsauslande durch eine Reihe einzelner Verträge geordnet waren. 1867 gelang Preußen die Beseitigung der Thurn und Taxisschen P., und nach Errichtung des Norddeutschen Bundes wurde das Postwesen für das gesamte Gebiet des Bundes vom 1. Jan. 1868 ab als einheitliche Staatsverkehrsanstalt eingerichtet. Gleichzeitig erhielt der Postverkehr mit den süddeutschen Staaten und Österreich-Ungarn unter Auflösung des deutschösterreichischen Postvertrags durch besondere Übereinkommen eine neue Regelung. Die oberste Verwaltung des norddeutschen Postwesens führte das Generalpostamt des Norddeutschen Bundes. Nach Gründung des Deutschen Reiches wurde die norddeutsche P. zu der deutschen Reichspostverwaltung erweitert, die bayrische und württembergische Postverwaltung blieben selbständig, jedoch erstreckt sich die Reichsgesetzgebung auch auf diese Verwaltungen in genau festgesetzten Angelegenheiten (s. Postrecht).

In Spanien dehnte die Familie Taxis seit Einrichtung des Postkurses Brüssel-Madrid ihre Ansprüche immer mehr aus, ließ sich 1580 das Monopol für ganz Spanien verleihen, stieß allerdings bei den seit dem 14. Jahrh. bestehenden und unter dem Schutz der Provinzial- und städtischen Behörden gut organisierten Zünften der Boten (correos) auf erheblichen Widerstand, hielt sich aber trotzdem bis in das 17. Jahrh. und machte durch Verkauf und Verpachtung der Botenämter und Postmeistereien ein glänzendes Geschäft. Erst unter Philipp V. 1716 wurde die spanische P. eine einheitliche Verkehrsanstalt. In Italien erging es den Taxis ähnlich wie in Deutschland; ihre Posten in Mailand, Rom und Neapel wurden durch landesherrliche ersetzt. Nach Errichtung des Königreichs Italien (1861) wurden die sieben Landesposten zu einer Staatsverkehrsanstalt vereinigt.

In den Niederlanden suchten die Botenanstalten der Städte, z. B. Arnheim und Nimwegen, Anschluß an die internationalen Kurse der Taxis, die 1633 auch einen Stafettendienst von Brüssel über Calais nach London sowie 1642 eine reitende Botenpost von Roermond über Nimwegen, Utrecht nach Amsterdam einrichteten. 1747 überläßt der Magistrat vom Haag das Recht, Postmeister zu ernennen, dem Statthalter, und in der Provinz Holland tritt unter Entschädigung der städtischen Postmeister 1752 die holländische Staatspost in Wirksamkeit, in den übrigen Provinzen, auf Grund des Beschlusses der batavischen Republik von 1799, jedoch erst 1803; die Staatspost wird 1807 nach Erhebung Hollands zum Königreich (1806) einem Generaldirektor unterstellt.

In den übrigen von der Familie Taxis nicht beeinflußten Ländern entwickelt sich gleichzeitig, zum Teil erst sehr spät, ein neuzeitliches Postwesen. In Frankreich wurde 1627 der Staatsrelaisdienst, nachdem er schon vorher für Privatbriefe benutzt, auch für den Privatreiseverkehr organisiert worden war, in eine gemeinwirtschaftliche Staatsverkehrsanstalt unter Festsetzung von Brieftaxen und Kurszeiten umgewandelt und 1681 der Postzwang für Briefe eingeführt. Die Verpachtung der Posten beseitigte erst die Revolution und beschränkte die Staatspost hauptsächlich auf den Briefverkehr. In der Schweiz zeigen sich vom Ausgang des Mittelalters bis 1848, wo die P. Bundesregal wird, in den verschiedenen Kantonen in buntem Wirrwarr alle Verkehrsformen der Vorläufer der modernen P.: Hunderte von Einzelprivatboten, vereinzelte Korporationsanstalten, Verpachtung des Kantonregals an bestimmte Familien und Privatbetrieb durch bevorzugte Geschlechter. In England lassen sich die Vorläufer der P. bis ins 14. Jahrh. zurückverfolgen: königliche Boten unter Eduard III., Staatsrelaisdienst unter Heinrich VIII., wobei selbst der Postmeistertitel nicht fehlt, sowie die von ausländischen Kaufmannsgilden zur Verbindung mit dem Festland in London unter einem eignen Postmeister unterhaltene »Fremdenpost«, deren Verstaatlichung 1568 versucht, aber erst unter Jakob I. 1619 durch Einsetzung eines besondern Postmeisters für die ausländischen Posten durchgeführt wird. Unter Karl I. wurde endlich die Staatspost mit dem Postzwang für Briefe (1637) als eine wenn auch unvollkommene, so doch gemeinwirtschaftliche Anstalt eingerichtet und verpachtet. Bemerkenswerte Daten der englischen Postgeschichte sind: 1660 Einführung der Postaufgabestempel durch den Generalpächter des englischen Postwesens Henry Bishopp; Ausbildung der später verstaatlichten Londoner Stadtpost (Pennypost) durch Dockwray (1680); Einrichtung des General Post Office für England, Schottland, Irland und die Kolonien (1710); Angliederung von Seitenkursen (cross-roads postal system) an die staatlichen Hauptpostkurse durch Ralph Allan (1720) im Wege des Postvertrags und Verstaatlichung der cross-posts (1799); Beschleunigung der Briefbeförderung auf Anregung des Theaterdirektors John Palmer durch Benutzung der privaten man-coaches (1784); Regelung des Seepostdienstes (1799); Einrichtung der Überlandpost von England nach Indien durch Waghorn (1835); Einführung des 1837 von Rowland Hill vorgeschlagenen Pennyportos (1840) für das vereinigte Königreich (s. Porto) und Ausdehnung des Pennyportos auf die Kolonien (1898). In Schweden entwickeln sich infolge seiner Großmachtstellung unter Gustav Adolf die Vorläufer der P. in Form regelmäßiger Verbindungen mit den Reichslehen in den transbaltischen Gebieten (Bremen, Wismar, Pommern); zwischen Stockholm und Hamburg bestand 1631 eine regelmäßige Beförderung von Briefen, die gegen Seeunfälle nach Art der Flaschenposten in hölzerne Zuber (Kaggar) verpackt wurden. 1636 werden Staatsposten, die von Gutsbesitzern[211] gegen Entschädigung befördert werden, eingerichtet. In Dänemark wurden die Botenanstalten 1711, in Rußland unter Katharina II. 1775 verstaatlicht. In Nordamerika bestand bereits vor der Unabhängigkeitserklärung eine dem General Post Office in London (1710) unterstellte P.; durch die Bundesverfassung ist die P. der Vereinigten Staaten von Amerika Bundessache geworden. Gegen Ende des 18. Jahrh. ist die P. in allen Kulturstaaten als öffentliche Verkehrsanstalt in den Händen des Staates; nur China, wo mehrere europäische Staaten eigne Postanstalten unterhalten, hat erst 1897 begonnen, die seit 1860 bestehenden Zollposten zu einer allgemein zugänglichen kaiserlichen P. zu erweitern, während der Staatsrelaisdienst (der I Tschan) und viele von Kaufleuten unterhaltene Privatposten dabei größtenteils noch weiterbestehen.

Im Laufe des 19. Jahrh. wird die P. in allen wirtschaftlich aufblühenden Staaten durch die Verkehrsbedürfnisse des Handels, der Industrie, der Presse und des Bankwesens dazu gedrängt, ihre Organisation den Forderungen der Zeit entsprechend zu vervollkommnen. Die Erreichung dieses Zieles wird ihr erleichtert durch den Ausbau der Landstraßen und die Fortschritte in der Technik, zunächst besonders des Wagenbaues, dann des Dampfschiff- und Eisenbahn wesens (in England die ersten Bahnpostwagen 1838 zwischen Birmingham und Liverpool, in Österreich die ersten Bahnposten 1850 auf der Strecke Wien-Oderberg). Die Gesetze, von denen das zweckmäßige Arbeiten (Funktionieren) des Postorganismus abhängt, werden erkannt und unter Zurückdrängung partikularistischer, fiskalischer und bureaukratischer Engherzigkeiten immer mehr angewendet. Die Beförderung wird beschleunigt, die Sicherheit vergrößert, das Betriebsnetz dichter und die Postenfolge häufiger; die Versendungsbedingungen werden erleichtert, insbes. die Gebühren erniedrigt und die Arten der Versendungsgegenstände vermehrt; der Orts- und Landbestelldienst wird organisiert, letzterer zuerst 1829 in Frankreich; Verwaltung und Betrieb werden einheitlicher und einfacher, das System der Einzelvertragsabschlüsse über den Briefpostverkehr mit dem Ausland wird durch den allgemeinen Postvereinsvertrag (Bern 1874) ersetzt, der allgemeine Postverein erweitert sich (1878) zum Weltpostverein (s. d.), innerhalb dieses Vereins organisieren größere Gruppen von Staaten einen Wertbrief-, Postanweisungs-, Paket-, Postauftrags- und Zeitungsvereinsverkehr, dessen Entwickelung zu Beginn des 20. Jahrh. noch fortdauert. Fürs erste und solange die Kultur sich noch hebt, ist selbst ein vorläufiger Abschluß der Vervollkommnung der P. weder in organisatorischer noch in technischer Hinsicht zu erwarten, man denke nur an die Schnellbahnen und die bereits in den Bereich der Ausführbarkeit gerückte elektropneumatische Rohrpostbeförderung auf große Entfernungen zur Verbindung der Handelszentren, anderseits empfängt die P. nicht nur aus den Kulturfortschritten der Menschheit Anregung, sondern sie wirkt selbst wieder befruchtend ein.

In der Steigerung der Beförderungsgeschwindigkeiten treten die Fortschritte, welche die P. im Laufe der Jahrhunderte gemacht hat, am deutlichsten hervor. Im 13. Jahrh. brauchte ein amtlicher Brief von Haag nach Rom 25 Tage; die Nachricht von der Pariser Bluthochzeit (24. Aug. 1572) erreichte Rom 5. Sept. früh, jetzt befördern die in den Eisenbahnzügen fahrenden Postämter einen Brief von Haag, Berlin oder Paris nach Rom in 401/4, 32 oder 333/4 Stunden. Der deutsche Dampfer Kronprinz Wilhelm überbrachte 1902 die P. von New York nach London über Plymouth in 145,9 Stunden. Doch gibt es auch heute noch sehr lange Fußboten- und Personenpostkurse: der deutsche Postfußbote von Alkassar (Marokko) nach Fez (154 km) braucht 49 Stunden und die Personenpost von Lötzen (Ostpreußen) nach Johannisburg mit neun Zwischenstationen (56 km) 63/4 Stunden.

Trotz der hohen Aufwendungen für die Vervollkommnung der P. wird in wirtschaftlicher Beziehung in allen Staaten an dem Grundsatz festgehalten, daß der gesamte Postorganismus sich nicht nur aus seinen Einkünften erhalten, sondern möglichst noch eine Rente abwerfen soll.

In Deutschland machte das Postwesen infolge der Gründung des Norddeutschen Bundes (1866 und 1867) und des Deutschen Reiches (1871) gewaltige Fortschritte. Unter der tatkräftigen Leitung Stephans (seit 1. Mai 1870 Generalpostdirektor des Norddeutschen Bundes, 1876 Generalpostmeister des Deutschen Reiches, dann Staatssekretär des Reichspostamts, gest. 1897) hat sich die deutsche P. mustergültig entwickelt. Von den zahlreichen Errungenschaften seit 1866 seien hier außer der fortgesetzten erheblichen Vermehrung der Postanstalten und der durchgreifenden Ausgestaltung des Landbestelldienstes erwähnt: 1868 Einführung des Einheitsportos von 1 Silbergroschen (10 Pf.); 6. Juni 1870 Einführung der Korrespondenzkarte, anschließend daran Einführung der Feldpostkarte; 1874 Reform des Pakettarifs, Einführung der Fünfkilopakete (s. Porto) und der Postaufträge; 1876 Errichtung der Rohrpost (s. d.) in Berlin; 30. Juni 1886 Eröffnung der subventionierten Reichspostdampferlinien durch den nach Ostasien abgehenden Dampfer Oder [die Einrichtung deutscher subventionierter Postdampferlinien (s. Dampfschiffahrt) nach Ostasien und Australien (1885), nach Westafrika (1885), nach Deutsch-Ostafrika (1890) und nach Deutsch-Neuguinea (1893) gewährte der deutschen Reichspostverwaltung eine gewisse Unabhängigkeit von den fremden Postdampferlinien und die Möglichkeit, für die Benutzung andrer Linien den betreffenden fremden Postverwaltungen eine Gegenseitigkeit der Leistungen zu bieten. Die deutschen Post dampferlinien haben den Austausch von Postpaketen (colis postaux) und Postfrachtstücken (s. d.) wesentlich gefördert]; 1889 Einrichtung von Drucksachenverteilungsstellen, um die Briefpost vor den Beeinträchtigungen durch nicht eilige Korrespondenz zu schützen; 10. April 1890 Ankunft der ersten deutschen »Seepost« (s. d.) in New York; 1897 Einrichtung der deutsch-schwedischen Seepost; 1899 Erhöhung des Gewichts für Warenproben auf 350 g; 1. April 1900 Ausdehnung des Postzwanges auf Ortsbriefe und Aufhebung des organisierten gewerbsmäßigen Privatpostbetriebs, Zulassung 20 g schwerer Briefe zum einfachen Portosatz in Deutschland, Ausdehnung der Ortstaxe auf Nachbarpostorte; 1901 Einführung gemeinsamer Postwertzeichen im Reichspostgebiet und in Württemberg; 1903 Benutzung der sibirischen Überlandpost für den Verkehr von Deutschland nach China; 6. Aug. 1903 Erlaß einer Rohrpostordnung für Berlin; 1904 Einrichtung des Feldpostdienstes für Deutsch-Südwestafrika; 1904 Einführung von Briefmarkenautomaten (s. Frankierungsapparate).

Organisation und Betrieb der neuzeitlichen Posten.

Über die innere Organisation, insbes. über die Handhabung des Postdienstes in den einzelnen Vereinsländern veröffentlicht das Internationale [212] Bureau des Weltpostvereins in Bern von Zeit zu Zeit umfassende amtliche Berichte; die letzten Berichte: »Recueil des renseignements sur l'organisation des Administrations de l'Union et sur leurs services internes« (Bern 1904) erstrecken sich auf 106 Ländergebiete. Indes läßt sich der gewaltige Inhalt und die zwar verwickelte und bis ins einzelne geregelte Gestaltung der modernen Postorganismen schon nach den Einrichtungen der deutschen Reichspost und an der Hand einiger Hinweise auf die P. in Österreich-Ungarn, Großbritannien und Nordamerika übersehen, zumal die deutsche Reichspost sich mit fast allen der P. zukommenden Geschäftszweigen befaßt, s. S. 215.

Die deutsche Reichspost (wegen der gesetzlichen Grundlagen derselben s. Postrecht) wird von einer dem Reichskanzler unterstellten Zentralbehörde geleitet, die seit 1880 die Bezeichnung Reichspostamt führt, an deren Spitze der Staatssekretär des Reichspostamts steht, und welche die Befugnisse einer obersten Reichsbehörde hat. Das Reichspostamt (amtlich abgekürzt R P A) besteht aus vier Abteilungen (mit einem Unterstaatssekretär und drei Direktoren an der Spitze), von denen die erste die posttechnischen, die zweite, seit der 1875 erfolgten Vereinigung der Telegraphie mit der P., die telegraphentechnischen, die dritte und vierte die gemeinsamen Angelegenheiten bearbeiten. Das Reichspostgebiet ist in 41 Oberpostdirektionsbezirke eingeteilt. An der Spitze jeder Oberpostdirektion (abgekürzt O P D) steht ein Oberpostdirektor, der nach den Gesetzen und den Anweisungen des Reichspostamts das Post- und Telegraphenwesen in seinem Bezirk zu verwalten hat; hierin wird er unterstützt und vertreten durch Posträte, die einen Teil der Verwaltungsgeschäfte selbständig erledigen; den technischen Teil des Postbauwesens bearbeitet ein Postbaurat meist für mehrere Oberpostdirektionsbezirke, in Berlin sind zwei Postbauräte; bei juristischen Fragen wird ein Rechtsbeistand zugezogen, in Berlin ist hierfür ein juristisch vorgebildeter Postrat bestimmt. Als ständige Beauftragte des Oberpostdirektors beaufsichtigen mehrere Oberpostinspektoren fortgesetzt persönlich den Post- und Telegraphenbetriebsdienst bei den der Oberpostdirektion unterstellten Verkehrsanstalten (s. Postanstalten, Telegraphenanstalten, Fahrende Postämter). Zu jeder Oberpostdirektion gehört eine Oberpostkasse. Dem Reichspostamt sind ferner unmittelbar untergeordnet: die Generalpostkasse (zugleich Oberpostkasse für den Bezirk Berlin), das Postanweisungsamt (s. d.), das Postzeitungsamt (s. d.), die Telegraphenapparatwerkstatt, das Telegraphenversuchsamt, sämtlich in Berlin, sowie die Post- und Telegraphenanstalten in den deutschen Schutzgebieten, in der Türkei, in Marokko und die Postdirektion für China in Schanghai.

Der praktische Postdienst umfaßt im wesentlichen: das Annehmen der Sendungen vom Publikum, das Wiegen, Stempeln, Leiten, Sortieren, Abfertigen, Verladen, Umladen, Entkarten, Ausgeben etc. der Sendungen einschließlich der zugehörigen Kassen-, Rechnungs- und Prüfungsgeschäfte. Während diese Tätigkeiten bei kleinern Postanstalten oft von einem Beamten und einem Unterbeamten wahrgenommen werden, muß bei großen Postämtern wegen der Riesensummen gleichartiger Geschäfte eine bis ins einzelne gehende Arbeitsteilung stattfinden; diese Verschiedenheit tritt auch äußerlich in der Größe und Ausstattung der Posthäuser, den reichseignen Gebäuden und den eigens für Postzwecke unter Leitung der Postverwaltung von Privaten errichteten Mietpostgebäuden hervor. Auf Bahnhöfen mietet die P. besondere Räume von der Eisenbahnverwaltung, auf Bahnhöfen mit starkem Paketverkehr, z. B. in Berlin, Leipzig, Hamburg, bestehen besondere Postverladebahnhöfe mit ausgedehnten Gleisanlagen. Die Anmietung von Postdiensträumen in Privathäusern erfolgt entweder unmittelbar durch die P. oder für kleinere Postämter auf Rechnung des durch eine Bauschsumme entschädigten Postverwalters. Die Postagenten und Hilfsstelleninhaber nehmen den Betrieb in ihren eignen, sonst noch für Privatzwecke benutzten Räumen wahr.

Die Beförderungsmittel der Reichspost sind a) auf Eisenbahnen, einschließlich Nebenbahnen: die reichseignen Bahnpostwagen, deren je einer in jedem fahrplanmäßigen Zuge von der Eisenbahn unentgeltlich (s. Eisenbahnpostgesetz unter »Postgesetz«) befördert werden muß, ferner gemietete, postmäßig eingerichtete Abteile in Eisenbahnwagen und bei gesteigertem Paketverkehr Eisenbahngüterwagen (Briefpost wird auch durch Eisenbahnpersonal unentgeltlich mitgenommen); b) auf Kleinbahnen: selten besondere Wagenabteile, meist ist nur ein Stehplatz für einen den Postsack begleitenden Postunterbeamten vorbehalten; c) aus Landwegen: Personenpostwagen (franz. diligences; die Schnellpostwagen für Personen und Briefpost ohne Pakete, franz. diligences accélerées, engl. flying coaches, gehören dem zweiten Viertel des 19. Jahrh. an), ferner Güter-, Karriol- und mit einem Pferd bespannte Landbriefträgerwagen sowie für die Beförderung der Postsachen eingerichtete Privatpersonenfuhrwerke, reichseigne und private Schlitten, selbst das uralte Postfelleisen hat sich in Gestalt der Botenposttasche und des Rucksackes des Postfußboten erhalten; d) auf Wasserwegen: private Dampf- und Segelschiffe sowie Ruderboote; e) im Orts- und Bahnhofsverkehr: Pakethand- und Paketbestellwagen, Perronkarren. Die Überbringung der Postsachen an die Empfänger erfolgt durch Briefträger, Paketbesteller, Landbriefträger und Eilboten, von denen namentlich die letztern, ebenso die Kastenleerer zum Einsammeln der Briefe aus den Briefkasten häufig Fahrräder benutzen.

Das in den Einrichtungen der deutschen Reichspost angelegte Kapital (Postvermögen) wird auf 662,5 Mill. Mk. geschätzt. Das Betriebskapital beträgt 5,25 Mill. Mk. aus der französischen Kriegsentschädigung, daneben ein Kredit bei der Reichshauptkasse bis 12,75 Mill. Mk., die sonst noch der P. und auch der Reichshauptkasse fehlenden Betriebsmittel, namentlich zur Ausführung der sozialen Gesetzgebung (Nebenbetriebe der P.), werden durch vorzeitige Einforderung der Matrikularbeiträge der Einzelstaaten und durch Verzögerung der Überweisungen an die Einzelstaaten zu beschaffen gesucht, da die Regelung der Finanzwirtschaft des Reiches noch aussteht.

Für die Angehörigen des zahlreichen Beamtenpersonals (Ende 1904: 229,079 Köpfe) wurden Wohlfahrtsanstalten geschaffen, namentlich die Postunterstützungskasse (s. d.), eine Poststerbekasse, Vermittelung von Lebensversicherungen auf Grundlage von Verträgen mit bewährten Lebensversicherungsgesellschaften unter Gewährung von Zuschüssen aus der Postkasse, Kleiderkassen für die Unterbeamten, gleichfalls mit finanziellen Beihilfen seitens der Verwaltung Postspar- und Darlehnsvereine auf Grundlage gegenseitiger Selbsthilfe der Beamten (Ende 1904: 164,503 Mitglieder mit einem Sparguthaben von 47,160,682 Mk.), endlich eine von Überschüssen aus der Verwaltung der P. in den französischen okkupierten Gebietsteilen während des Krieges 1870/71 gebildete und inzwischen durch Schenkungen bedeutend angewachsene [213] Kaiser Wilhelm-Stiftung für die Angehörigen der Reichspost- und Telegraphenverwaltung (Vermögen Ende 1904: 750,712 Mk.) mit dem Zweck der Förderung des geistigen und materiellen Wohls der Beamten. Über Postkrankenkassen s. d. Für Wohnungsfürsorge, d. h. zur Bereitstellung von Wohnungen für Beamte an Orten, wo Wohnungen schwer erhältlich, sind bis 1905: 5,5 Mill. Mk. für ca. 500 reichseigne Häuser und 1905: 101,000 Mk. Miete für etwa 230 Mietshäuser aufgewendet.

Die bayrischen Posten (und Telegraphen nebst dem Telephonwesen) sind dem Staatsministerium für Verkehrsangelegenheiten unterstellt; unter ihm steht die Generaldirektion der Posten und Telegraphen, der die sieben Oberpostämter untergeordnet sind. In Württemberg wird die P. (und Telegraphie) durch die dem Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten (Abteilung für die Verkehrsanstalten) untergestellte Generaldirektion der Posten und Telegraphen geleitet. von der die Postanstalten unmittelbar ressortieren.

Tabelle

Das Post- (und Telegraphen-) Wesen in Österreich-Ungarn wird für die österreichischen Staaten, einschließlich Galizien und Bukowina, getrennt von dem für Ungarn nebst Siebenbürgen, Kroatien und Slawonien verwaltet. Die Zentralverwaltung für Österreich ist die dritte Sektion des Handelsministeriums (die Post- und Telegraphensektion), deren Chef den Titel Generaldirektor für Post- und Telegraphenangelegenheiten hat. Von dieser Sektion ressortieren zehn Post- und Telegraphendirektionen, denen die Postanstalten nachgeordnet sind. Die meisten österreichischen Postanstalten im Orient sind dem Botschaftspostamt in Konstantinopel unterstellt. Die Postanstalten, bei denen der Dienst durch Beamte mit Staatsdienereigenschaft wahrgenommen wird, heißen ärarische, die andern, weniger verkehrsreichen Anstalten nichtärarische. Außerdem gibt es Bahnposten, Postablagen (s. d.) und Poststationen, die den Postfuhrdienst wahrnehmen. In Ungarn bildet die siebente Hauptabteilung des Handelsministeriums die Generaldirektion für Posten, Telegraphen und Telephonie mit einem Präsidentdirektor an der Spitze. Der Generaldirektion sind neun Post- und Telegraphendirektionen als Bezirksbehörden unterstellt, von denen die Anstalten, in gleicher Einteilung wie in Österreich, ressortieren. Die postalischen Einrichtungen und Versendungsvorschriften sind im wesentlichen gleich in beiden Reichshälften, die überdies durch ein besonderes Übereinkommen zu einem engern Postverband vereinigt sind. Die Betriebszweige sind, abgesehen von den Nebenbetrieben, dieselben wie diejenigen der deutschen Reichspost; abweichend von der letztern besitzt Österreich-Ungarn Postsparkassen (s. d.) und einen Postscheck- und Clearingdienst.

Die Oberleitung der P. in Großbritannien hat das Generalpostamt (Post Office) in London mit dem Generalpostmeister (Postmaster general) an der Spitze, der als Mitglied des Ministeriums zwar nur der Krone unterstellt, in Finanzangelegenheiten jedoch dem Schatzamt verantwortlich ist. Der erste Beamte nach dem Generalpostmeister ist der Secretary, der auch beim Wechsel des Ministeriums im Amt bleibt; für Schottland und Irland sind bestimmte Befugnisse des Secretary je einem besondern Sekretär in Edinburg und Dublin übertragen. Die Postämter unterstehen der Zentralbehörde unmittelbar; eigentliche Provinzialbehörden gibt es nicht, jedoch ist Großbritannien mit Ausnahme von London, Edinburg und Dublin in 24 Postbezirke eingeteilt, in denen je ein Surveyor den Dienstbetrieb überwacht. Den Postämtern erster Klasse (Head-Offices) mit Vollbetrieb sind die Ämter zweiter Klasse (Sub-Offices) meist mit beschränkten Befugnissen untergeordnet. Die Branch Post Offices (Zweigpostanstalten) sind Filialen der Hauptämter und haben die Annahmebefugnisse derselben. Den Markenverkauf und die[214] Briefeinsammlung besorgen die Town Sub-Offices, welche die Briefe ungestempelt an die Hauptämter abliefern; den Postdienst in den Eisenbahnzügen nehmen die Travelling Post Offices wahr. Das Postregal erstreckt sich nur auf Briefe. Die Betriebszweige der englischen P. sind: Briefpost, Paketpost (nur Pakete bis 5 kg) und Postanweisungsdienst (s. auch Postnote); Nebenbetriebe sind: Postsparkassen (Einlagen bis 200 Pfd. Sterl.), Abschließung von Lebensversicherungen und Leibrenten bis je 100 Pfd. Sterl., Vertrieb von Erlaubnisscheinen, betreffend Gesinde, Wagen, Hunde, Jagdgewehre und Wappen. Mit Nachnahmen, Postaufträgen, Zeitungsabonnements, Wertbriefen und Personenbeförderung befaßt sich die englische P. nicht. Zeitungen können jedoch beim Generalpostamt eingetragen (registered) und dann als Drucksachen gegen 1/2 Penny franko für die Nummer mit den Drucksachen (Bookpost) versandt werden. Der Postbeförderung dienen nur wenige Eisenbahnzüge, daher die Zulassung von Eisenbahnbriefen (Railway letters), die insofern von den deutschen Bahnhofsbriefen abweichen, als die Annahme etc. ganz durch die Eisenbahn ohne Zutun der P. erfolgt.

An der Spitze der obersten Postbehörde (Post Office Department) der Vereinigten Staaten von Amerika in Washington steht der Postmaster General, der als politische Persönlichkeit beim Kabinetts wechsel aus dem Amte scheidet; meist ist dies auch bei den ihm beigegebenen vier Assistants Postmasters General der Fall. Die Postverwaltung ist vollständig zentralisiert ohne Bezirkbehörden; die je nach der Roheinnahme in vier Klassen eingeteilten Postanstalten sind dem Generalpostmeister unmittelbar untergeordnet, dem zur Überwachung der Anstalten Inspektoren (Division Inspectors) zur Verfügung stehen. Die Postmeister der Ämter 1.–3. Klasse ernennt der Präsident, die Briefträger der Generalpostmeister, die übrigen Beamten (clerks) sind Privatbedienstete der Postmeister. Die Postverwaltung hat das Briefmonopol; ihre Betriebszweige sind nur Briefpost, Postanweisungsdienst (money order) und eine ganz beschränkte Paketpost, indem leicht prüfbare (offene) Warenpakete bis 4 engl. Pfund befördert werden. Mit Zeitungsabonnements, Wertbriefen, Postaufträgen etc. befaßt sich die amerikanische P. nicht. Infolge der nachhaltigen Durchführung des Landbestelldienstes (1904 schon 24,556 Landbestellbezirke) wird die Zahl der Postanstalten vierter Klasse fortgesetzt vermindert. Nur 1100 Postämter haben Stadtbestellung. Wegen der pneumatischen Beförderung größerer Briefmengen s. Rohrpost.

Statistisches: Im ganzen Weltpostverein wurden ausgeliefert 1873: 3300 Mill., 1900: mehr als 29,000 Mill. Sendungen, die von 251,000 Postanstalten durch 1 Mill. Postbeamten auf jährlich 3000 Mill. km befördert wurden; vgl. die Tabelle, S. 214.

[Literatur.] Vgl. Herz, Die Postreform im deutschösterreichischen Postverein (Wien 1851); Hüttner, Das Postwesen unsrer Zeit (Leipz. 1854–60, 5 Bde.); Sieblist, Die P. im Auslande (3. Aufl., Berl. 1900); Dambach, Das Gesetz über das Postwesen des Deutschen Reiches (6. Aufl., das. 1901, nebst Nachtrag von 1904); Fischer, Die deutsche Post- und Telegraphengesetzgebung (5. Aufl., das. 1902) und P. und Telegraphie im Weltverkehr (das. 1879); »Allgemeine Dienstanweisung für Post und Telegraphie«, 12 Abschnitte (das., Reichspostamt; wird durch Nachträge und Neuauflage einzelner Teile stets laufend richtig gehalten; Sachregister 1906); Meili, Die Haftpflicht der Postanstalten (Leipz. 1877); A. Meyer, Die deutsche P. im Weltpostverein und im Wechselverkehr (Berl. 1901); Hudemann, Geschichte des römischen Postwesens (2. Aufl., das. 1879); Flegler, Zur Geschichte der Posten (Nürnb. 1858); Stephan, Geschichte der preußischen P. (Berl. 1859) und Das Verkehrsleben im Altertum und Mittelalter (Raumers »Historisches Taschenbuch für 1868 u. 1869«); Hartmann, Entwickelungsgeschichte der Posten (Münch. 1868); A. v. Rothschild, Histoire de la poste aux lettres (4. Aufl., Par. 1879, 2 Bde.); Melillo, Le Poste italiane nel medio evo, 476–1600 (Rom 1904); Veredarius, Das Buch von der Weltpost (3. Aufl., Berl. 1894); v. Schweiger-Lerchenfeld, Das neue Buch von der Weltpost (Wien 1901); Rübsam, Johann Baptista von Taxis, 1530–1610 (Freib. i. Br. 1889); Huber, Die geschichtliche Entwickelung des modernen Verkehrs (Tübingen 1893); Schulte, Zur Entstehung des deutschen Postwesens (Beilage zur »Allgemeinen Zeitung«, 1900, Nr. 85). Aus der ältern Literatur, die meist durch den Streit über die staatsrechtliche Natur des Postregals hervorgerufen war, sind zu erwähnen: Beust, Versuch einer Erklärung des Postregals (Jena 1748, 3 Tle.); Matthias, Über Posten und Postregal (Berl. 1832); Stängel, Das deutsche Postwesen in geschichtlicher und rechtlicher Beziehung (Stuttg. 1844). Zeitschriften: »Archiv für P. und Telegraphie« (Berl., seit 1871); »Postblatt« (s. d.); »L'Union Postale«, amtliches Organ des Weltpostvereins (Bern, seit 1875).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 16. Leipzig 1908, S. 209-215.
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