1. Der echte Schwabe hat Montags Nudle, Dienstags Hutzle, Mittwochs Knöpfle, Donnerstags Spätzle, Freitags gedämpfte Grundbirn, Sonnabends Pfannkuchen, Sonntags Brätle und Salätle. – Demokritos, III, 217.
Man unterscheidet folgende Arten von Schwaben: Seehasen, Nestelschwaben, Knöpfle- oder Suppenschwaben, Blitz- oder Bigottschwaben, Rothfüssler, Gelbfüssler und Spiegelschwaben. Der Seehas von Ueberlingen hatte die andern sechs zum Feldzug gegen das Ungeheuer am Bodensee, das sich später als Hase entpuppte, verführt und half sich nachher mit der Ausrede: Nun ja, Has' hin, Has' her, ein Seehas ist halt grösser und grimmiger als alle Hasen im heiligen römischen Reich. Der Nestelschwab' hatte statt der Knöpfe Nesteln an Wamms und Hosen, und da die meiste Zeit eine oder die andere zerrissen war, besonders an den Hosen, so musste er mit der einen Hand immer nachhelfen, was ihm so zur Gewohnheit ward, dass er auch dann so that, wenn er nicht also hätte thun dürfen. In der Heimat des Knöpfle- oder Suppenschwaben besteht die löbliche Gewohnheit, dass man jeden Tag fünfmal isst, und zwar fünfmal Suppe und zweimal dazu Knöpfle oder Spätzle. Der Bigottschwab ist nicht bigott, aber er betheuert, flucht und schwört gar oft mit dem Ausdruck bigoscht, zur Abwechselung Potz Blitz oder beim Deixel. Der Rothfüssler hält es mit den Thieren, die rothe Füsse haben, d.h. er trinkt Gänsewein. Der Gelbfüssler war von Bopfingen, wo man dem Herzog die jährliche Abgabe von Eiern zu geben hatte, sie in einen Korbwagen that und, damit recht viel hineingingen, mit den Füssen eintrat, was ihrer Ehrlichkeit keine Schande macht. Zur Zeit des Spiegelschwaben waren die Taschentücher noch nicht in Brauch, daher schlengten einige das Ding gleich von sich weg, was jetzt die Leute in die Tasche stecken; andere schmierten es dahin oder dorthin, der Spiegelschwab an den Vorderärmel, wo es sich zum Spiegel ansetzte und beim Sonnenschein glitzte. (Vgl. Schwabenspiegel, 46; Eiselein, 560.)
2. Der Schwabe wird erst im vierzigsten Jahre klug. – Eiselein, 558; Kirchhofer, 93; Simrock, 9209; Braun, I, 4016.
Es ist dies mehr ein Lob als ein Schimpf. Dann wenigstens wird er klug; es gibt viel tausend Menschen, die es [404] nie werden. Die Gutmüthigkeit, die sich selbst preisgibt, während andere hinter dem Berge halten, und daher leicht hintergangen wird oder andern den Vortheil lässt, hat, wie J. Weber sagt, dies ungerechte Sprichwort erzeugt. – W. Wackernagel (bei Haupt, VI, 258) wirft die Frage auf, seit wann die Schwaben für so dumm gelten. Er bemerkt, patriotische Nachforschungen hätten nicht weiter, als bis auf Kirchhof's Wendunmut zurückgeführt. Er erwähnt zwar noch Bebel's Facetiae; der Schwabenspiegel, (Stuttgart 1870) versichert aber, dass sich dort nichts darüber fände. Nach dem Sprichwort bleiben die Schwaben nur dumm, so lange sie noch jung sind; »junc und tump« sind in der ältern Sprache sinnverwandt. Wenn Wackernagel's Nachweise zutreffend sind, wären schon die Sueven dumm gewesen, und man hätte es den Schwaben des Mittelalters nur ihres ritterlichen Kampfes und Sanges wegen vergessen und verziehen, eingedenk der Worte jenes Beichtigers, dass es, wenn auch nicht schön, doch keine Sünde sei, ein Schwabe zu heissen. (Vgl. das Weitere darüber Wackernagel, a.a.O.)
3. Die Schwaben fechten dem Reiche vor. – Simrock, 9309.
Das älteste Zeugniss dafür befindet sich in Lambert's von Aschaffenburg Annalen zum Jahr 1075, wo es heisst: Den Schwaben ist von alten Zeiten her ein eigenthümliches Privilegium durch ein Gesetz übertragen, dass sie bei jeder Expedition eines deutschen Königs dem Heer vorangehen und den Kampf eröffnen dürfen. Das Rolandslied von Konrad (um das Jahr 1175) lässt Karl den Grossen von den Schwaben sagen: »Ich will, dass sie vorfechten.« So auch die Dichtungen: Der Stricker, die Kaiserchronik und der Lohengrin. Schon 1396 beriefen sich die Schwaben bei Nikopolus an der untern Donau auf ihr altes Recht des Vorstritts. Ihnen war daher die Reichssturmfahne, ein langgestrecktes, herabflatterndes, goldenes Banner, mit einem einköpfigen, nach seiner rechten Seite schauenden, schwarzen Adler, anvertraut. (Vgl. das Weitere Schwabenspiegel aus alter und neuer Zeit, Stuttgart 1870, S. 50.) Die Tapferkeit ist eine unbestrittene Eigenschaft der Schwaben. Schon Cäsar sagt: »Der Stamm der Sueven ist der am meisten kriegerische unter allen Germanen.« (Schwabenspiegel, 15.) Bei Wirth (I, 381) heisst es: »Als sich die Macht der Teutschen Ordens Brüder zum Ende nahte, ritten sie in etlichen Hauffen und hatten die Schwaben, Beyern und Franken allezeit den Vorzug, liessen auch in die Versamblungs-Stuben diesen Reim setzen: Hier mag niemand Gebietiger seyn, er sey denn Schwab, Beyer oder Franklein. Nachdem aber die Städte abgefallen, schrieb ein alter Ordensherr darunter: Wir haben einander wohlgeseit und seyn eines guten Landes queit, habens aber niemand zu danken, denn Beyern, Schwaben und Franken.«
Lat.: Suevorum gens longe bellicosissima. (Caesar.) (Binder II, 3232.)
4. Die Schwaben haben nur vier Sinne. – Simrock, 9298; Hesekiel, 10; Braun, I, 4018.
Scherzwort; daher, weil sie riechen mit schmecken bezeichnen. (Deutsche Romanzeitung, III, 40, 314.)
5. Die Schwaben kommen, Schweizer flieht. – Schwabenspiegel, 38.
6. Die Schwaben lassen die Federn aus im Winter, wenn es schneit, dass sie Junge kriegen. – Eiselein, 558.
7. Die Schwaben mangeln eines Sinnes. – Petri, II, 533.
8. Die Schwaben scheidet: I bi g'wea, und i bi g'si. – Eiselein, 560; Grimm, Gr., III, 161.
9. Die Schwaben sind von hoher Abkunft, wie wir wissen, 's hat sie ein Vogel vom Baum geschissen.
Mhd.: Doch ist ain sprichwort, die Swaben seien von hohem stam: sie schaiss ain raiger ab einem paum nider auf die erden bei dem Rein, davon die Schwaben komen sein. (Wackernagel verweist hierbei auf Reinard, 4, 780: pessima quae potuit monstro cacare Satan, vgl. Haupt, VI, 260.) – Und von der Swaben stank sind komen die Frank und aus der Franken air sindt komen die unsaubern Pair. (Schmeller, III, 524.)
10. Die Schwaben und bös Geld führt der Teufel in alle Welt. – Simrock, 9304.
»Wenn der Schwab' das Licht erblickt, wird er auf ein Sieb gedrückt, spricht zu ihm das Mütterlein und der Vater hinterdrein: So viel Löcher als da sind in dem Siebe, liebes Kind, so viel Länder sollst du sehen, dann magst du zu Grabe gehen.« (Schwabenspiegel, 26.) Fischart (Gesch.): »In welches Land laufen nicht die Schwaben aus? Fragt doch jener Würtemberger, wie Bebel meldet, sobald er in Asien aus dem Schiffe stieg: Ist ein guter Gesell von Böblingen hier?«
11. Ein Schwabe beginnt und erneut seine Klage wie ein König. – Graf, 95, 184.
Der Grundbesitz eines Schwaben kann so wenig wie Staats- und Kirchengut durch Verjährung in andern [405] Besitz so übergehen, dass er nicht angefochten werden könnte. (S. ⇒ Reich 7.)
Mhd.: In swaf der mac sine clage beginnen unde vorne. (Köhler, Görlitzer Landrecht, XXXIII, 1.)
12. Ein Schwabe hat kein Herz, aber zwei Magen. – Simrock, 9306.
13. Ein Schwabe wird doch schwäbeln dürfen. – Eiselein, 558; Simrock, 9318.
Lat.: Dorissare tamen fas Dorientibus arbitror esse. (Eiselein, 558.)
14. Einen Schwaben, da man Sträubele1 hat, einen Walen (Welschen) zum Salat, einen Schweizer zu einem Käs, einen Tiroler zu Nudeln und Nocken, einen Allgäuer zu süsser Milch und Brocken, einen Sachsen zu Speck und Schinken, darfst nit viel bitten oder winken, zuletzt wollen alle saufen und nit trinken. – Auerbach, Volksbuch, II, 372.
1) Eine Art krauser Mehlspeise, wozu der Teig durch einen Trichter in das heisse Schmalz gelassen wird. In Würtemberg Straubezen von strauben, starren, rauh hervorstehen. (Vgl. Schmeller, III, 676.)
15. Es gibt drei Arten von Schwaben: Geistlichkeit, Adel und Reichsstädte. – Münster, Cosmographia universalis, S. 64.
16. Man findet eher einen beherzten Schwaben, einen weissen Raben, trocknes Wasser, einen mässigen Prasser, einen schwarzen Schimmel, einen viereckigen Himmel, bei den Schnecken das Blut, als einen Geizhals, der Gutes thut.
17. Man hört gar bald, ob einer ein Schwab' oder ein Baier ist.
Im Werdenfelsischen werden die zur schwäbischen Mundart sich hinneigenden Tiroler des Oberinnthals von diesem Umstand Schwaben genannt. (Vgl. Schmeller, III, 525.)
18. Schwab ein schwetzer, Böhem ein Ketzer, der Pol ein Dieb, Preuss, der seinen Herren verrieth. (S. ⇒ Preusse 18.) – Gruter, III, 79; Lehmann, II, 574, 43; Eiselein, 558; Simrock, 9313; Körte, 5445; Berckenmeyer, 6; Hesekiel, 4; Deutsche Romanzeitung, III, 39, 234.
Bebel (Facetiae, 1590, 4) erzählt um das Jahr 1500: In Russland habe er gehört: »Der Pole stiehlt gern, der Preusse verräth den Herrn, der Böhm' ist ein Ketzer, der Schwab' ein Schwätzer.«
19. Schwab ein schwetzer, Böhem ein Ketzer, der Pol ein Dieb, Preuss ein Nimmerlieb. – Eiselein, 558.
Körte bemerkt dazu: Der Schwabe wird's belächeln, der Böhme wird's dem Hussiten in die Schuhe schieben, der Pole wird ein grosses Fragezeichen machen und der Preusse wird's gar nicht verstehen.
20. Schwab muss allezeit das Leberle gefressen haben. (S. ⇒ Leber 4.) – Gruter, III, 79; Lehmann, II, 575, 46; Eiselein, 416; Simrock, 6269; Körte, 5443; Braun, I, 4019.
Vgl. Auerbach's Erzählung vom heilgen Antonius und dem Schwäblein, wie Grimm's Märchen, 1822, III, 135.
21. Schwaben und Schaben verderben Land und Gewand.
Dies Sprichwort entstand als die Schwaben unter Graf Philipp von Nassau Ende des 13. Jahrhunderts bei erneuertem Einfall um Leipzig arge Verheerungen anrichteten. (Chronica Lipsiense u.s.w., 1655, S. 61.)
22. Supten1 die Schwaben nit so sehr, die Rheinleut wären längst nit mehr. – Gruter, III, 84; Lehmann, II, 580, 121; Simrock, 9315.
1) Der Schwabenspiegel (41) fragt hier: Heisst das söffen? Die Schwaben tranken im Mittelalter meist fremde Weine. Ja der Göttinger Meiners (Kleinere Länder- und Reisebeschreibungen, II, 277) sagt noch 1794: Kein anderer ausländischer Wein steht in Würtemberg in so grosser Achtung als der Rheinwein, dem man fast ohne Ausnahme einen entschiedenen Vorzug vor dem Neckarwein beilegt.
23. Warum säest du grobe Schwaben und nicht subtile? Das Erdreich trägt's nicht. – Simrock, 9301.
Zu den Zügen, durch welche der Charakter des Schwaben in früherer Zeit gezeichnet ward, gehört auch Grobheit. »Und der rauhe Schwarzwald brachte Bauern ungestalt (nämlich den Schweizer 1476 gegen Karl den Kühnen zu Hülfe), die nit zu verachten sind, dann sie halbe Schweizer sind in dem groben Wesen.« (Schwabenspiegel, [406] 26.) Joseph Victor Scheffel (Trompeter von Säckingen) lässt dem alten Baron sagen: »Es sind doch Teufelskerle, diese Schwaben. Ungehobelt sind sie alle und von grobem Schrot und Korn; aber in den eck'gen Köpfen liegt viel Klugheit aufgespeichert.«
24. Wenn dem Schwaben die Frau am Charfreitag stirbt, so heirathet er noch vor Ostern wieder. – Eiselein, 558; Simrock, 9300; Braun, I, 4017; Körte, 5446.
25. Wenn der Schwab verlässt die Suppen, der Däne die Grütze, der Franzose den Wein, der Baier das Bier; so sind verloren alle vier. – Eiselein, 560.
26. Wenn die Schwaben den Traubenblust schmecken, so gibt's einen guten Herbst.
27. Wie den Schwaben bei Lücken, wird es ihm ⇒ glücken (s.d. 18).
28. Zwei Schwaben frassen einen Raben, aus dem Gestank wurd' ein Frank'.
29. Zwei Schwaben schmiessen in einen Graben, aus dem Gestank wurd' ein Frank'.
*30. Der geduldige Schwab' lässt sich in den Hintern. -. – Eiselein, 560.
*31. Die hungrigen dürren Schwaben. – Kirchhofer, 94.
*32. Ein blinder schwab. – Franck, II, 48b; Kirchhofer, 94.
*33. Er ist ein dummer Schwab'. – Kirchhofer, 93.
*34. Es gehet dir nun als den Schwaben bei Lucka. (S. ⇒ Glücken 18.) – Schwabenspiegel, 18.
»Eine kleine altenburgische Stadt an der Schnauder, wo sie im Kampf für König Albrecht am 31. Mai 1307 von den Meissnern unter Friedrich dem Gebissenen geschlagen wurden, also, dass sie die Ross aufschnitten und krochen darein.« (Schmeller, III, 524.)
35. Die Schwaben buhlen im Mutterleib miteinander. – Dietrich, I, 863.
»Ist ein gemein Sprichwort.«
36. Die Schwaben sind nicht geboren, sondern gesäet.
»Ist das von Schmeller aus einem münchener Codex angeführte: Suevi non sunt nati, sed seminati.« (Schwabenspiegel, 32.)
37. Wenn der Schwab das Licht erblickt, wird er auf ein Sieb gedrückt, spricht zu ihm das Mütterlein und der Vater hinterdrein: So[1720] viel Löcher als da sind in dem Siebe, liebes Kind, so viel Länder sollst du sehn, dann magst du zu Grabe gehn.
Zur Schilderung der Wanderlust der Schwaben.
Lat.: Quando Suevus nascitur, tunc in cribro ponitur dicit ei mater simul atque pater: foramina quot cribro hoc ordine sunt miro, tot terras circumire debes sic vitam finire. (Aus einer wiener Handschrift des 13. Jahrhunderts.) (Schwabenspiegel, 25.)
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