1. An gedancken geht viel ein, wie am rohen Duch. – Lehmann, 240, 45.
2. An gedancken vnd geneetem Tuch geht viel ab. – Gruter, III, 6.
3. An (eigenen) Gedanken und gespanntem Tuche gehet viel abe. – Luther in der Auslegung des 7. Kap. Johannis, vgl. Heuseler, 236; Simrock, 3130; Körte, 1819; Kirchhofer, 238.
Lat.: Cogitationes saepissime fallunt. (Seybold, 80.)
4. Auff traurige Gedancken gehört ein frölich Liedlein. – Henisch, 1404, 3.
5. Aus einem grossen Gedanken werden viel kleine.
»Wenn die Könige bauen, haben die Kärrner zu thun.« (Schiller.)
[1393] 6. Beste gedancken kommen erst hinden nach. – Gruter, III, 10.
7. Böse gedancken klopffen immer an; thue zu, so gehen sie davon. – Lehmann, 238, 5.
8. Böse Gedanken klopfen allzeit an.
Sprich du nur nicht: Herein!
9. Bösen Gedanken wehre, weil sie noch bloss sind; sind sie flügge, so suchen sie Nester.
10. Böser gedancken kann sich niemand erwehren; sie fallen ins Hertz, wie die Raben auff ein aass. – Lehmann, 239, 33.
11. Der beste Gedank' liegt oft unter der Bank.
12. Der böse Gedanke klopft, wenn man auch Thüren und Fenster verstopft.
13. Der gedancken straff darff niemand leiden. – Henisch, 1404, 5; Petri, II, 89.
14. Der Gedanke ist des Herzens Gevatter. (Lit.)
Von einem andern Standpunkte aus sagt Moleschott (Kreislauf des Lebens, Mainz 1852, S. 401): »Der Gedanke ist eine Bewegung des Stoffs.«
15. Die besten gedancken kommen alweg hindennach. – Franck, I, 90a; II, 115b; Henisch, 1404, 10; Petri, II, 124; Gruter, I, 19; Lehmann, 238, 13; Lehmann, II, 51, 43; Schottel, 1128a; Mayer, II, 86; Latendorf II, 7; Eiselein, 214; Gaal, 1283; Simrock, 3131; Körte, 1821; Braun, I, 651.
It.: I secondi pensieri sono i migliori. (Pazzaglia, 270, 4.)
Lat.: Cogitationes posteriores sunt saniores. (Gaal, 605.) – Posteriores cogitationes sapientiores esse solent. (Cicero.) (Eiselein, 214.)
16. Die besten Gedanken kommen hintennach, sagte der Pfarrer zur Köchin, als er aus der Kirche kam.
17. Die besten Gedanken kommen hintennach wie die hinkenden Kühe. – Mayer, I, 141.
18. Die ersten Gedanken der Weiber und die andern der Männer sind die besten.
19. Die ersten Gedanken sind die besten. – Eiselein, 213; Simrock, 3132; Winckler, V, 42.
20. Die Gedanken betrügen die Menschen.
21. Die Gedanken gehen nicht zum Richter.
Wer nicht schon Gedanken hat, ehe er Richter wird, kann sein Lebtag auf sie warten. Sehr treffend sagt der Araber von unwissenden Richtern: Er hinkt dem Kamele gleich, das mit schwachem Auge den Weg nur stolpert. Sein Urtheil ist das Urtheil aller Weiber.
22. Die Gedanken scheuchen (auch: erzeugen) Gespenster, andere gibt es nicht. (Wend. Lausitz.)
23. Die Gedanken sind kein Bastkorb.
24. Die grossen Gedanken kommen aus dem Herzen.
Vielleicht der bei uns sprichwörtlich gewordene Ausspruch des Franzosen Vauvenergues: »Les grandes pensées viennent du coeur.«
25. Die guten Gedanken und die hinkenden Ross kommen allweil hernach. (Oberösterreich.)
26. Die letsten gedancken sind die besten. – Henisch, 1404, 1; Gaal, 605.
Zuweilen auch die schlechtesten.
Frz.: Les secondes pensées sont les meilleurs. (Gaal, 605.)
It.: I secondi pensieri sono i migliori. (Pazzaglia, 279, 4.)
Lat.: Posteriores cogitationes potiores. (Gaal, 605.)
27. Dunckele gedancken kommen auss einem finstern Kopff. – Lehmann, 855, 17.
28. Ehe man seine Gedanken um Rath fragt, soll man seinen Beutel fragen.
29. Ein Centner Gedanken bezahlt kein Loth Schulden.
It.: Cento libre di pensieri non pagano un onzio di debito. (Pazzaglia, 279, 1.)
30. Ein Gedanke im Haus treibt den andern heraus.
31. Ein guter Gedanke kommt selten allein.
32. Ein guter Gedanke verzinst sich reichlich.
33. Ein schlechter Gedanke wird im Pult nicht besser.
Ein Angriff auf das Horazische: Nonum prematur in annum.
34. Einen Gedanken bringen zehn Schergen nicht aus dem Kopfe.
Lat.: Perfacile esse in mentem cogitationes admittere, difficile, excludere eas. (Bovill, I, 193b.)
35. Finstere Gedanken sind die Kinder eines melancholischen Kopfes. – Eiselein, 214.
[1394] 36. Gedancken, die zuerst gleissen, thun zuletzt die Leut beschmeissen. – Lehmann, 240, 44.
37. Gedancken fliegen stets ein vnnd auss, eine stost die ander auss. – Lehmann, 238, 8.
Die Chinesen empfehlen, die Gedanken (überhaupt) nur als Gäste und die Wünsche als Kinder aufzunehmen.
38. Gedancken kan man so wenig wehren, als den Vögeln, dass sie dir nicht uber kopff auff der strassen fliegen. – Lehmann, 234, 32.
Mhd.: Gedanke muoz man ledic, vrî, ungevangen lâzen gân, ez enwart nie keiser, künic sô hêr, der gedanc unt merken kunne erwern. (Reim. Zw.) (Zingerle, 46.)
39. Gedancken machen offt grossen lermen im Menschen. – Lehmann, 238, 21.
40. Gedancken seind geflügelt, aber fast alle dar Hühner art, sie fliegen nicht in die höhe, bleiben auffm Boden. – Lehmann, II, 238, 10.
41. Gedaneken seind so viel werth als die materi darauff sie fallen. – Lehmann, 238, 14.
42. Gedancken seind wie kugeln auffm kegelplatz; sie lauffen vnd felen, sie lauffen vnd treffen. – Lehmann, 238, 19.
43. Gedancken sind wie der Wind, den man wol hört vnd nirgendt findt. – Henisch, 1404, 15; Petri, II, 325.
Mhd.: Die bant kan niemen vinden, diu gedanke mugen binden: man vât wol wîp unde man, gedanke nieman vahen kan. (Freidank.) – Gedanke und ougen die sint snel. (Spervogel.) (Zingerle, 46.)
44. Gedancken sind zollfrey. – Agricola I, 155; Franck, I, 90a; II, 88a; Tappius, 119a; Henisch, 1404, 12; Petri, II, 325; Gruter, I, 42; Egenolff, 84a u. 349a; Eyering, II, 639; Lehmann, II, 234, 12; Guttenstein, 41; Trinius, 1; Parömiakon, 1482-1483 u. 1490; Mayer, I, 141; Pistor., VIII, 89; Winckler, XII, 69; Hermann, I, 9: Sailer, 257; Latendorf II, 15; Nieter, 162; Körte, 1818 u. 2238; Beyer, II, 319; Meisner, 3; Schamelius, 28; Gerber, I; Eisenhart, 447; Siebenkees, 26; Braun, I, 650; Günther, 53; Lohrengel, I, 297; Hillebrand, 185, 261; Simrock, 3128; Eiselein, 213; Hertius, I, 116; Estor, II, 997; Kirchhofer, 238; Graf, 292, 67; Götz, Beiträge zur populären Rechtsgelehrsamkeit (Nürnberg 1782), I, 30 (vgl. Nopitsch, 69) für Waldeck: Curtze, 358, 552; für Henneberg: Frommann, II, 411, 149.
Aber nicht, wenn sie gedruckt sind; dann erheben zur Zeit die Zollvereinsstaaten 15 Sgr. Eingangssteuer vom Centner. – »Man kann den Menschen nicht verwehren zu denken, was sie wollen.« (Schiller.) – »Wer das Wort Denkfreiheit erfunden hat, war gewiss ein Dummkopf, der weiter keine Erfindung machen wird. Gedankenfreiheit ist eine Erfindung der Despotie. Sie ist und wird weder gegeben, noch zugestanden; jeder denkt, indem er ist, durch sein Wesen. Wer den Tod nicht fürchtet, denkt auch laut, wenn er erst mit seiner moralischen Natur gehörig in Ordnung ist.« (Seume.) – Ein Witzling bemerkt, wenn die Gedanken etwas taugten, wären sie nicht zollfrei. – Im juridischen Sinne will das Sprichwort sagen, dass ein Mensch wegen blosser Gedanken von der Obrigkeit nicht bestraft werden kann. Jeder Strafe muss eine gesetzwidrige Handlung vorangehen. Nur die That tödtet den Mann; denn wer auch an ein Verbrechen denkt, begeht dasselbe nicht. Daher empört das päpstliche Recht den Sinn des Unbefangenen, da es gegen die Ketzer und Ungläubigen blos wegen irriger Meinungen schwere Strafen verordnet.
Mhd.: Gedanke sint vrî, daz ist wâr. (Helbling.) (Zingerle, 46.)
Engl.: Thoughts are free. (Gaal, 604.)
Frz.: Les pensées sont libres. (Gaal, 604; Starschedel, 398.)
Holl.: Gedachten zijn tolvrij. (Harrebomée, I, 210.)
It.: I pensieri non pagano gabelle. (Pazzaglia, 279, 3; Gaal, 604.) – I pensieri sono esenti dal tributo, ma non dall' inferno. (Pazzaglia, 279, 2.)
Lat.: Cogitationis poenam nemo patitur. (Ulpian.) (Binder I, 201; II, 523; Faselius, 47; Gaal, 604; Philippi, I, 86; Seybold, 80; Wiegand, 655.) – Immunis est hominum cogitatio. (Binder II, 1386.) – Liberae sunt cogitationes. (Cicero.) (Binder II, 1662.) – Linguis potest, non imperari mentibus. (Binder II, 1670.) – Quaevis cogita at haud quaevis tua lingua loquatur. (Henisch, 1404, 13.)
45. Gedancken sind Zollfrey, aber nicht Hellenfrey. – Gruter, III, 41; Simrock, 3129; Graf, 292, 67.
Wenn Gedanken auch vom weltlichen Gericht nicht bestraft werden können, so mögen sie doch vor dem Gesetz der Sittlichkeit nicht bestehen.
46. Gedancken sind zollfrey, treffen doch offt ein. – Lehmann, 238, 23.
[1395] 47. Gedanken im Haus wollen auch heraus.
Böhm.: Co na mysl padne, to i na ústa. – Jak do myslí, tak i mluví. (Čelakovský, 69.)
48. Gedanken laufen und fehlen, laufen und treffen.
49. Gedanken leiden keinen Zwang.
Mhd.: Gedanke die sint ledic frî, dazs in der werlte nieman kan erwenden. (Zingerle, 46.)
50. Gedanken niemand fahen kann, er sei ein noch so kluger Mann.
Mhd.: Wan die sêle und den gedanc nie dehein man betwanc. (Wälscher Gast.) (Zingerle, 46.)
51. Gedanken sind von Gesetzen nicht zu Tode zu hetzen.
»Für die stillen Gedanken ist noch kein Inquisitionsgericht erfunden.« (H.G. Zehner, Die Pietistin, Frankfurt a.M. 1832.)
52. Gedanken sind zollfrei, Worte vogelfrei.
Aeusserst feine brüsseler Kanten haben den Namen »Gedanken« (Pensées). Ein Speculant im Contrebandiren versuchte eine Partie über die Grenze zu bringen. Er wurde ertappt und wollte sich mit dem Sprichwort, Gedanken sind zollfrei, vertheidigen, konnte aber die Steuerbehörde nicht für seine Anschauung gewinnen.
53. Gedanken steigen ein und aus, der eine stösst den andern aus.
54. Gedanken stossen dem Fasse den Boden nicht aus. – Parömiakon, 1486.
55. Gedanken trifft kein Bannstrahl.
Mhd.: Gedanke nieman kan erwern den tôren, noch den wîzen, dar umbe sint gedanke frî ûf aller hande sache. (Zingerle, 46.)
56. Gedanken und Tauben kommen nicht allein zurück, wenn sie fortfliegen.
57. Grosse Gedanken haben nicht Platz in einem kleinen Kopfe.
»Der arme Teufel erschrickt vor grossen Zahlen, der arme Tropf vor grossen Ideen. Ein grosser Gedanke hat ebenso wenig in einem kleinen Kopfe Platz, als eine Bombe in einer Nussschale.« (Welt und Zeit, I, 144, 95.)
58. Guidi Gedanken und krumpi Rous kemman hinterdrain. (Steiermark.) – Firmenich, II, 767, 184.
Gute Gedanken und lahme Rosse kommen hinterdrein.
59. Gut gedancken fallen offt in Brunn. – Petri, II, 364.
60. Gut gedancken fallen wol etwa hin, aber nit gar vnder. – Franck, I, 66b.
61. Gut gedancken wann sie schon empfallen, so verfallen sie doch nit. – Franck, I, 66b.
62. Gute gedancken geberen gut thaten. – Lehmann, 238, 12.
Frz.: Facile c'est de penser, difficile est pensée jetter. (Leroux, II, 223.)
63. Gute Gedanken brauchen wenig Worte.
»Nur die schlechten«, sagt Wolfgang Menzel (Streckverse, Heidelberg 1823, S. 39), »verstecken sich in einen Schwall von Worten, wie Nachtigalleier nur in einem kleinen Neste liegen, Spatzeneier aber in einem dicken Wust.«
64. Gute Gedanken kommen über Nacht.
65. Gute Gedanken schweben in der Luft.
66. Gute Gedanken und gute Hefen haben Triebkraft.
Frz.: Pensée m' emporte. (Leroux, II, 280.)
67. Gute Gedanken und gute Werke sind Geschwisterkinder, die einander immer bei der Hand führen.
68. Hundert Kärch voll Gedanken bezahlen nicht ein hand voll schuld. – Lehmann, 239, 50.
69. In Gedanken föört de Bûr ôk in't Kutsch. (Altmark.) – Danneil, 205.
Wird angewandt, wenn jemand schwer auszuführende Pläne vorträgt.
70. Mancher fleucht mit seinen gedancken so hoch, dass er weder Himmel noch Erden berührt. – Lehmann, 238, 7.
71. Mancher sitzt in gedancken, wie der Hundt in Flöhen. – Lehmann, 240, 42.
72. Mit gedancken kan man niemand melden, mit Ehren kan man niemand schelten. – Petri, II, 476.
73. Mit Gedanken beisst man einem kein Ohr ab. – Parömiakon, 1484.
[1396] 74. Mit Gedanken schlägt man kein Fenster ein. – Parömiakon, 1485.
75. Mit Gedanken von tausend Gulden bezahlt man keinen Pfennig Schulden.
76. New Gedancken bringen newen Wandel. – Gruter, III, 72; Petri, II, 493; Guttenstein, II, 29; Lehmann, II, 432, 44; Körte, 1822.
77. Nur in Gedanken, sagt der Jude Henoch.
In Paul Heyse's Hans Lange. Zur Verspottung von Entwürfen ohne Ausführung und grossen Worten ohne Handlung.
78. Schlechte Gedanken führen zu schlechten Thaten. – Romanzeitung (Berlin 1855), S. 50.
79. Stumme Gedanken, todte Gedanken.
Darum erhält die Gedankenfreiheit nur durch unbeschränkte Pressfreiheit einen Sinn. »Das Wort«, sagt Braniss, »erzieht den Gedanken und der Gedanke beherrscht das Wort.«
80. Von Gedanken geht viel abe. – Heuseler, 181; Körte, 1820.
»Jeder, der drinnen steckt, lässet sich dünken, er wolle mehr thun, denn er kann oder mag, wie man in dem gemeinen Sprichwort sagt: Von Gedanken geht viel abe.« (Luther in der Auslegung des 20. Kap. Johannis.)
81. Was man in Gedanken nicht alles thun kann, sagte Töffel, da hatte er Fischthran für Milch getrunken.
Holl.: Wat kan men niet al in gedachten doen, zei droomige Joris, en hij at mosterd zonder ham. (Harrebomée, I, 210.)
82. Wenn dir ein böser Gedanke einfällt, so lass ihn wieder ausfallen.
83. Wenn man die Gedanken richten könnte, so wär' es um viel Köpfe geschehen.
Dän.: Vare tanker tingsvidne, da blev mangen, ærlig mand til en skielm. (Bohn I, 402.)
84. Wenn zwei denselben Gedanken haben, wird eine Seele aus dem Fegfeuer errettet. – Kirchhofer, 132.
Schweizerischer Aberglaube.
85. Wer bösen gedancken wehrt, so sie noch blutt sein, der wehret bösen wercken; werden sie flick, so suchen sie mancherlei nester. – Lehmann, 240, 43.
86. Wer Gedanken hat, dem fehlt's auch nicht an Worten.
Holl.: Diepe gedachten leeren hooge woorden spreken. (Harrebomée, I, 210.)
87. Wer keine Gedanken hat, muss Beine (Füsse) haben. – Kirchhofer, 176.
Von einem Vergesslichen. (S. ⇒ Kopf.)
88. Wer mit gedancken kegelt, der mag wol sechs treffen, obschon drey auffm platze stehen. – Lehmann, 238, 20.
89. Wer nicht seine Gedanken in die Ferne trägt, hat den Gang in der Nähe.
90. Wer viel Gedanken hat, kann nicht schlafen.
Luther gebraucht dies Sprichwort in seiner Auslegung des 3. Psalms.
91. Wie der Gedanke, so der Traum.
92. Wo Gedanken sind zu kaufen, kommen Worte gelaufen.
*93. Du gehst in Gedanken als eine verlobte Maid.
Aus einem Briefe Sidonia's an ihren Sohn Georg (den Bärtigen von Sachsen), der, kurz nach seiner Verlobung mit der polnischen Königstochter Barbara, zwei Briefe, einen an die Mutter und einen an seinen Vetter Friedrich (den Weisen) bei der Adressirung verwechselt hatte. Die Stelle im Briefe lautet: »Es wird, herzallerliebster Sohn, das Sprichwort an dir wahr; denn man spricht gern zu denen, die nicht aller Dinge thun Achtung geben: Du gehst in Gedanken als eine verlobte Maid. Desgleichen mag man auch jetzt zu dir sprechen.«
*94. Der hat auch heute wieder seine Gedanken im Hosenthür'l. (Troppau.)
Den Kopf nicht bei sich.
*95. Einem Gedanken Luft machen.
Ihn andern mittheilen.
*96. Er hat die Gedanken, wo die Hühner die Eier haben. (Trier.)
Die Alten sagten von einem, der irgendein Uebel befürchtete, z.B. die Peitsche oder Krieg u.s.w., er habe die Gedanken auf dem Rücken.
Lat.: Mens est in tergoribus. (Erasm., 869.)
[1397] *97. Er hat Gedanken wie Händel.
Trinkt gern, besonders im Verborgenen. Die Entstehung dieser Redensart soll folgende sein. Händel bewirthete einst eine Gesellschaft und setzte ihr trefflichen Portwein vor. Kurz vor der Tafel war aber als Geschenk ein Fässchen Burgunder eingegangen, das noch nicht hatte geöffnet werden können. Händel widerstand indess der Begierde nicht, es öffnen zu lassen und zu kosten. Er fand den Burgunder noch besser als den Portwein, stand daher von der Tafel auf und rief: »Ich habe einen Gedanken!« Die Gesellschaft, die nur an musikalische Gedanken dachte, bat ihn, denselben doch sogleich zu Papier zu bringen, und Händel ging in ein Nebenzimmer. Als sich aber die »Gedanken« wiederholten, ging man ihm nach und fand die Quelle der »Gedanken« im Burgunder. Seitdem wurden Händel's Gedanken sprichwörtlich. (Vgl. G.F. Händel. Eine biographische Charakteristik, Berlin 1857.) In O. Ruppius' Sonntagsblatt (Berlin 1863, Nr. 34, S. 271) ist die Entstehung der Redensart nur insofern abweichend erzählt, als statt des Burgunders ein Dutzend Flaschen Johannisberger stehen.
*98. Er het's i de Gidanke wie der arm Jud 's Handln. (Solothurn.) – Schild, 82, 282.
*99. Er ist (sitzt) in Gedanken wie ein Hund in Flöhen. – Mayer, I, 141.
*100. Er ist in Gedanken wie Grosche. (Köthen.)
Ein einfältiger Bursche vom Lande kam zum ersten mal in die Stadt, aus der er für vier Groschen Weissbrot mit nach Hause bringen sollte. Indem er neugierig dumm durch die Strassen schlendert, verzehrt er in Gedanken das gesammte Weissbrot und sucht es schliesslich, in der Meinung, er habe es verloren.
*101. Er ist mit seinen Gedanken im ⇒ Gerstenfelde (s.d.). – Eiselein, 213.
Zerstreut.
Frz.: Avoir l'esprit aux champs. – Il est à cent lieues d'ici. (Kritzinger, 119 u. 418.)
Holl.: Hij is met zijne gedachten van huis. (Harrebomée, I, 210.)
Lat.: Mens abest in popina. (Binder II, 1839; Eiselein, 213.) – Mens peregrina. (Binder I, 981; II, 1839; Erasm., 100; Philippi, I, 247; Seybold, 304.) – Mentem habet peregrinam. (Seybold, 304.) – Praesens absens. (Binder I, 1388; II, 2635; Buchler, 215; Erasm., 100; Philippi, I, 104; Seybold, 453.)
*102. Er ist mit seinen Gedanken in der Küche.
Lat.: Animus est in patinis. (Philippi, I, 31.)
*103. Es ist nur ein Gedanke von einem Menschen. (Wien.)
Ich erinnere mich, gehört oder gelesen zu haben: Es ist kein Gedanke von einem Menschen.
*104. Er legt alle seine Gedanken auf Kraut und Loth.
Frz.: Il a tourné toutes ses pensées à la guerre. (Kritzinger, 686.)
*105. Er trägt sich mit dem Gedanken.
*106. Es ist ein ganz gescheiter Gedanke, nur dass er dumm aussieht.
Erinnert an den Vers aus Schiller's Piccolomini (2. Act, 7. Scene): »Wär' der Gedanke nicht so verwünscht gescheit, man wär' versucht, ihn herzlich dumm zu nennen.«
*107. Es sind halbschürige Gedanken. – Eiselein, 213.
*108. Geht in tieffen Gedanken. – Schottel, 1116b.
Dän.: Sidder i tanker som forlovede meer. (Prov. dan., 180.)
*109. Hei geit in Gedanken äs de Rue in Flöhen. (Büren.) – Honcamp.
Frz.: Il est en pensée comme un chien plein de puces. (Kritzinger, 523.)
*110. Ich bin in Gedanken wie der Stier von Schlatt. – Kirchhofer, 355.
*111. Mach' dir keine unkeuschen Gedanken. (Nürtingen.)
Keine vergebliche Hoffnung.
*112. Mit seinen Gedanken am Kreuzwege stehen.
Hin- und herschwanken und nicht wissen, was zu wählen sei.
*113. Seine Gedanken sind im Weingarten. – Parömiakon, 2296.
Von einem, der den Trunk liebt.
*114. Seine Gedanken sind in der Fremde.
Die Franzosen sagen von einem, der mit seinen Gedanken bald hier bald da ist, er habe mailändisches Gehirn.
Frz.: Trop tourner ça et là les yeux des monstre cerveau de milan. (Leroux, II, 196.)
*115. Seine Gedanken sind kurz wie ein Furz. (Köthen.)
*116. Seine Gedanken sind so hoch, dass er weder Himmel noch Erde damit berührt.
[1398] *117. So viel Gedanken als Löcher in einem Siebe.
Jeder hat seine eigenen Ansichten, so viel Köpfe, so viel Sinne.
118. Andere Gedanken kommen über Nacht. (Ulm.)
119. Aus bösen Gedanken entspringen böse Thaten.
Russisch: Böse Gedanken sind der bösen Thaten Vorläufer. (Altmann VI, 428.)
120. Der Gedanke ist schneller, als das Auge sieht.
Böhm.: Oko hledí daleko, a mysl ještĕ dále. (Čelakovský, 201.)
121. Der Gedanke von gestern ist nicht der Gedanke von heute.
Die Chinesen sagen: Man muss entweder sehr weise oder sehr dumm sein, wenn man seine Gedanken nicht ändert. (Cahier, 2121.)
122. Die Gedanken eines weisen Mannes sind Eier, die erst die Nachwelt ausbrütet.
Dän.: Det egg som kundskab hor föelt, bör af viisdom opklaekkes. (Prov. dan., 139.)
123. Die Gedanken sind schnell wie der Blitz.
Lat.: Mente nihil celerius. (Cicero.) (Philippi, I, 247.)
124. Es hat mancher die Gedanken zu Pferd und wärmt sich die Sohlen am Aschenherd. – Wenzig, 79.
125. Gedanken dulden keinen Zwang.
Lat.: Cogitatum quis coget? Vis veritatis. (Sailer, Sprüche, 109, 57.)
126. Gedanken machen Narren den Tantz gut. – Coler, 5796.
127. Gedanken machen Flüsse. – Luther's Tischr., 213b.
Das Nachsinnen, Nachgrübeln über einen Gegenstand macht innerlich unruhig.
128. Gute Gedanken und das Abendroth kommen, wenn die Sonne untergegangen ist. – Horn, Spinnstube, 1858, S. 84.
129. Man muss seine Gedanken niemand auf die Nase binden.
Wer klug ist, sagen die Indier, wird seine Gedanken nie einem andern sagen, bevor er dessen Gedanken weiss. (Cahier, 2223.)
130. Müssige Gedanken öffnen der Hölle Schranken.
131. Schöne Gedanken, awer 't kümmt annersch, söä' de Voss, ass se 'n in 'n Höhnerstall fangen harn. – Schlingmann, 1459.
132. So 'n Gedanken kamen mir blot in, wenn du hier büst un ik di seh, antwortete Hans, da seine Frau, als sie auf ein paar Tage wegging, zu ihm sagte: Hans, warr mi nich untreu während de Tied. – Plattd. Husfründ, II, 25.
133. Wenn sich Gedanken begegnen, sie beissen sich nicht. – Storch, Freiknecht, II, 279.
134. Wer mit einem weisen Gedanken schlafen geht, der steht weise auf. – Sailer, Sprüche, 161, 38.
135. Wer mit Gedanken handelt, der büsst wenig ein. – Wirth, I, 169.
136. Wer übel berathen ist in Gedanken, dess Thun ist nur ein Schwanken. – Devisenbuch, 20.
*137. Dr hät am Gedank wie ä Seidenschwans. (Oberharz.)
D.i. einen dummen Gedanken, da der Seidenschwanz für dumm gehalten wird.
[1308] *138. Ich dachte so in meinen Gedanken. (Schles.)
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