1. Alle Gesetze zu halten, würde auch kein Nagel stark genug sein.
2. Alte Gesetz vnd frische Speisen haben grossen nutzen. – Lehmann, 265, 13.
Dän.: Gamle lover og ny spiise er best. (Prov. dan., 390.)
3. Alte Gesetze vnd frische Kost (Gemüse) sind am besten. – Petri, II, 10; Henisch, 1246, 11.
An alten Gesetzen fehlt es nicht, selbst da nicht, wo sie nicht die besten sind. Goethe sagt: »Es erben sich Gesetz und Rechte wie eine ew'ge Krankheit fort.«
Lat.: Legibus utere antiquis, opsoniis novis. (Binder I, 858; II, 1642; Buchler, 187; Philippi, I, 222; Seybold, 257.)
4. Besser keine Gesetze, als papierne.
D.h. solche, die nicht ausgeführt oder falsch angewandt werden.
Dän.: Bedre ingen lov, end uden fremgang. (Bohn I, 350; Prov. dan., 390.)
5. Das gesätz ist ein Hammer, dardurch verstockte Hertzen zu boden geschlagen werden. – Henisch, 1560, 40.
Die Russen: Für die, so nach den Gesetzen thun, bestehen keine Strafen. (Altmann VI, 407.)
6. Das Gesatz ist Gottes Rugk, das Evangelium Gottes Angesicht. – Henisch, 1560, 42.
7. Das Gesatz ist gut, so sein jemand recht gebraucht. – Henisch, 1560, 23.
8. Das gesatz manet, der glaub bezahlet. – Henisch, 1560, 45.
9. Das gesätz vnd weltliche Ordnung binden dem Teuffel die Fäuste, dass er inn den seinen nicht nach seinem willen lebe. – Henisch, 1560, 46; Petri, II, 61.
Dän.: Lov er fordi lagt, at bud-ord skal holdes. (Prov. dan., 390.)
10. Das Gesetz hat eine wächserne Nase, man kann sie drehen wie man will. – Kirchhofer, 352.
Ein Glück, wenn nur die Nase wächsern ist. »Aus manchen Gesetzen lässt sich alles machen, nur keine Garantie für die Rechte des Volks.« (Das enthüllte Preussen, Winterthur 1845, S. 167.)
Dän.: Loven har ei mund, kand ei klagen sig. (Prov. dan., 392.)
11. Das Gesetz ist den Wachenden geschrieben.
Wer sein Recht, besonders im Wege des Processes, nicht verlieren will, muss aufpassen und sorgfältig alle [1612] vorgeschriebenen Formen und Zeitfristen beobachten. Versäumt, zu spät gethan, ist auch verspielt.
Dän.: Loven er de vaagendes, lykken er de sovendes. (Prov. dan., 392.)
12. Das gesetz ist zorn, das Evangelium genad. – Henisch, 1560, 44.
13. Das Gesetz richtet nur Zorn an. – Petri, II, 60.
14. Das Gesetz weicht der Gnade. – Petri, I, 10; Simrock, 3527; Braun, I, 766; Körte, 2080.
15. Das ist das Gesetz und die Propheten. – Matth. 22, 40; Schulze, 226; Kirchhofer, 336.
Frz.: Ce que je vous dis c'est la loi et les prophètes. (Leroux, II, 100.)
Lat.: In his duobus mandatis universa lex pendet et prophetae. (Schulze, 226.)
16. Das lebendige Gesetz ist der König. – Graf, 17, 202.
D.h. das Staatsoberhaupt als Vertreter der Gesammtheit.
17. Das weltliche Gesetz muss dem geistlichen dienen. – Graf, 22, 245.
Es soll auch die geistigen Interessen schützen und fördern. Wenn aber das Sprichwort den Satz ausdrücken soll, dass das Kirchenrecht, falls es mit dem weltlichen Recht in Widerspruch trete, allzeit vorgehe, dass das Staatsrecht gewissermassen die Dienstmagd des Kirchenrechts sein solle; so würde dies blos bekunden, was die Kirche angestrebt hat. Es ist entlehnt aus J. Hug, Der heiligen Kirchen und des Römischen Reichs Wagenfuhr (Strasburg 1504), 35, V.
18. Dein eygen gesatz greiff erst an, wiltu dein Böfel nacher gon. – Franck, I, 158b.
19. Die die Gesetze selber am wenigsten befolgen, verlangen am meisten, dass andere sie halten.
So war es schon zur Zeit des Dreissigjährigen Kriegs, wo es hiess, »dass diejenigen ihnen die Reichs-Constitutiones am meisten wollen gehalten haben, die sie andern am wenigsten halten«. (Opel, 382.)
20. Die Gesetze hält der Nagel.
Volkswitz an Orten, wo die niedern Behörden nicht darauf merken oder nicht Macht haben, die Gesetze und Verordnungen in Ansehen zu erhalten.
21. Die Gesetze sind im Himmel gemacht.
Daher scheint es auch wol zu kommen, dass sie oft für die Erde so wenig passen. Die Russen behaupten: Die Gesetze sind zum Schutze der Vornehmen und zur Strafe für die Geringen. (Altmann VI, 398.) Die römischen Gesetzgeber haben wenigstens einen Theil ihrer Gesetzbücher Digesta (Verdautes) benannt und dadurch angedeutet, dass sie eher aus dem Magen, als im Himmel entspringen.
22. Die Gesetze sprechen, wenn auch die Tafeln brechen.
23. Die Gesetze strafen und nicht der Richter. – Graf, 286, 9.
Vorausgesetzt, dass er sie in ihrem Sinne und nicht in dem der Gewalt, von der er abhängig ist, zur Ausführung bringt.
Isl.: Laugiun refsa ma y domr. (Galath, 169.)
24. Die meisten Gesetze werden ohne Füsse geboren; und wenn sie Füsse mit auf die Welt bringen, werden sie ihnen abgehauen.
25. Eim newen Gesatz folgt newer Betrug. – Lehmann, 265, 1.
Die Russen: Das Gesetz sitzt in der Telege, der Betrug ist das Zugpferd. (Altmann VI, 481.)
26. Ein Gesetz auf Stein ist Stein, ein Gesetz in der Brust ist Lust.
27. Ein Gesetz gilt nicht überall.
Dän.: Saa ganger lov som hun haver lov. (Prov. dan., 390.)
28. Ein Gesetz ohn ein Handhaber ist wie ein Glock ohn ein Schwengel. – Henisch, 1653, 40; Petri, II, 189; Sailer, 343.
Dän.: Lov uden forsvar er baand af sand. (Prov. dan., 390.)
29. Ein neues Gesetz macht man über Nacht, aber es ist niemand, der es handhaben macht.
30. Es ist kein gesatz, es findet seinen satz. – Henisch, 1560, 62; Lehmann, II, 143, 179.
31. Es ist kein Gesatz, es hat ein Loch, wer es finden kan. – Lehmann, 265, 2; Graf, 18, 220; Simrock, 3519.
Dän.: Loven er aldrig saa streng, hun har jo udflugt. (Prov. dan., 392.)
32. Es ist kein Gesetz so allgemein, es wird eine Ausnahme dabei sein.
33. Fangen neue Gesetze an, so spannt Betrug gleich daran, dass Obrigkeit nicht strafen kann.
[1613] 34. Für Gesetz und Unterthan soll ein Fürst sein Leben lan.
Lat.: Pro lege et grege.
35. Gesatz dienet der Lieb. – Henisch, 1560, 63.
36. Gesatz ohne folg taugt nichts. – Henisch, 1560, 64; Petri, II, 335.
Dän.: Lov er som ugiort, naar den ei øves (holdes). (Prov. dan., 390.)
37. Gesatz seynd meister vnd nicht die Menschen. – Lehmann, 265, 7.
D.h. die guten Gesetze sollten Meister sein. Das ist deutsche Rechtsanschauung. Die Spanier sagen: Por ser rey se quiebra toda ley. (Bohn II, 241.)
38. Gesetz bestehen nicht im befehlen, sondern im exequirn. – Lehmann, 269, 60.
Dän.: Loven enten paabyder, eller forbyder. (Prov. dan., 392.)
39. Gesetz muss Gesetz brechen. – Graf, 18, 230; Simrock, 3526; Eiselein, 231.
In einem Staate, in dem das Gesetz herrscht und nicht der Wille eines einzelnen, können Gesetze nur durch die Factoren ausser Wirksamkeit gesetzt werden, durch welche sie gegeben worden.
Lat.: Corruptissima res publica, plurimae leges. – Leges opera habent lege, qua corrigantur. (Aristoteles.) (Eiselein, 231.)
40. Gesetz muss man nach den Leuten messen, vnd nicht die Leut nach den Gesetzen. – Lehmann, 268, 49.
41. Gesetz und geschriebenes Recht muss die Obrigkeit regieren. – Graf, 487, 17.
Die Obrigkeit soll nicht die Herrin, sondern die Dienerin des Gesetzes sein. »Gesetz und geschrieben Recht sollen die Oberkeyt regieren vnnd die Oberkeyt die Gemeyn.« (Hertius, 2, V.)
42. Gesetz und Recht beherrschen Herr und Knecht.
Man denkt nicht allgemein so. Eliçagaray, Inspector der Universität, erklärte im Jahre 1821 in Marseille vor den versammelten Professoren unter anderm: »Müsste man sich in allen Fällen nach dem Gesetz richten und von ihm leiten lassen, der erste beste Thürhüter könnte regieren.« (Jachmann, Reliquien, I, 117.)
Dän.: Lov og ret styrer herre og knekt. (Prov. dan., 389.)
43. Gesetz und Recht sind verschieden Geschlecht.
Die Türken sagen: Das Gesetz ist nur für die Armen, Recht nur für die Reichen. (Magazin für die Literatur des Auslandes, 1854, Nr. 58.) Nach der weisen Gesetzgebung der Kalmücken kann ein Hochadelicher ein Verbrechen neunmal ungestraft begehen. (Jachmann, Reliquien, III, 120.) Uebrigens kennt man auch in Preussen diesen Unterschied zwischen Gesetz und Recht. Der Abgeordnete Graf Pfeil erklärte 1857 im preussischen Abgeordnetenhause in Bezug auf das Verfahren der Regierung gegen mich: »Die Regierung hat vielleicht ohne das Gesetz, vielleicht gegen das Gesetz, aber sie hat recht gehandelt.« (National-Zeitung, Berlin 1857, Nr. 33.)
44. Gesetze machen kein willigen gehorsamb. – Lehmann, 268, 48.
Dän.: Hver giør heller hvad han vil, end hvad loven vil. (Prov. dan., 392.)
45. Gesetze machen wenig Respect, wenn der Prügel nicht dazwischen steckt.
46. Gesetze macht man nicht, wie Karnickel. – Simrock, 3523.
47. Gesetze muss man nicht mit gutem Willen, sondern mit der That erfüllen.
48. Gesetze ohne Strafen sind Glocken ohne Klöppel. – Körte, 2079; Braun, I, 767; Simrock, 3516; Graf, 286, 20.
Böhm.: Zákon jak zvon; kdož ho slyší nebije-li srdce? (Čelakovský, 340.)
It.: Non sia zoppa la legge, ov' altri attende.
49. Gesetze sind wie Spinnweben; Vögel (Hummeln) fliegen durch, und Fliegen werden gefangen. – Parömiakon, 171; Wurzbach I, 31.
Dän.: Loven skal maales efter folket, og ei folket efter loven. (Prov. dan., 392.)
Frz.: Les lois ne sont que destoiles d'araignée qui n'arrêtent que les mouches et qui sont rompues par les frelons. (Lendroy, 54.)
Lat.: Irretit muscas, transmittit aranea vespas. (Gaal, 288.)
Die Römer hatten auch das Sprichwort: Quod leges in schola sint virgines, in foro autem meretrices.
Ung.: A pók hálón fel-akad a légy, de azon a darázs keresztül veri magát. (Gaal, 288.)
50. Gute Gesetz vnd Ordnung binden bösen Leuten die Fäust. – Lehmann, 266, 22.
Damit ist das Urtheil auch über solch Gesetz und Ordnung gesprochen, so guten Leuten die Hände bindet und den Mund verschliesst.
[1614] 51. Gute Gesetz vnd Ordnung liegen offt kranck. – Petri, II, 364.
52. Gute Gesetz vnd Ordnung regieren die Leut. – Lehmann, 583, 30.
»Der aber noch viel mehr, der sie recht weiss zu gebrauchen.«
53. I mehr gesetz, i weniger recht. – Gruter, I, 50; Petri, II, 394; Simrock, 3521a; Braun, I, 764; Graf, 18, 226.
54. I weniger gsatz, i besser recht. – Gruter, I, 50; Petri, II, 397.
55. Je mehr gesetz, je mehr recht. – Henisch, 1560, 25.
56. Je mehr gesetz, je mehr sünd vnd vntugend. – Henisch, 1560, 24; Petri, II, 394; Graf, 18, 223.
57. Je mehr Gesetz, je mehr Uebertretung (Sünde). – Körte, 2082; Körte2, 2563; Braun I, 762; Graf, 18, 123; Simrock, 3521.
Frz.: Ordre, Contreordre, Désordre.
58. Je mehr Gesetze, je mehr Unordnung.
In dem Zeitraume von 1789 bis 1843 sind z.B. in Frankreich 81366 Gesetze, von 1790 bis 1814 allein 8 Constitutionen gegeben worden; und das römische Recht war in 1300 Jahren zu 2000 Bänden angeschwollen. (Jachmann, Reliquien, I, 299.)
Frz.: Rien ne nuit tant aux loix que leur nombre. (Cahier, 956.)
59. Je mehr Gesetze, je weniger Recht, je mehr Recht, je weniger Gesetz. – Venedey, 139; Schottel, 1144a; Sailer, 80; Mayer, I, 170; Körte, 2084.
60. Je strenger die Gesetze, je schlechter die Menschen.
Böhm.: Prísny zákon vinniky množí. (Čelakovský, 339.)
Dän.: For streng lov er stundum ulov. (Prov. dan., 390.)
61. Je weniger gesätz, je besser Recht vnd je weniger übertrettens. – Henisch, 1560, 31; Braun, I, 763; Graf, 18, 227; Körte, 2083.
62. Jeder, der 's Gesetz gegeben, muss am ersten danach leben.
63. Jeder will Gesetze für sich und andere für den Nachbar.
It.: L'huomo vuol una legge per se, et una per gl' altri. (Pazzaglia, 176, 8.)
64. Kein Gesetz, es hat ein Loch, wer's finden kann. – Körte, 2086 u. 2567.
Böhm.: Není na svĕtĕ tak pevného pravidla (zákonu) aby se hnouti nemohlo. (Čelakovský, 340.)
65. Leicht ist's, Gesetze geben, aber schwer danach leben.
Derselben Ansicht sind auch die Russen, indem sie sagen: Gesetze sind leichter gegeben, als befolgt. (Altmann VI, 401.)
66. Man hält ein Gesetz so lange, als es nützt.
Dän.: Loven holdes men der er nytte hos. (Prov. dan., 390.)
67. Man kann mit Gesetzen Gesetze verletzen.
68. Man muss die Gesetze nach den Leuten messen und nicht die Leute nach den Gesetzen.
Solon sagte, »er habe den Athenern nicht die besten Gesetze, sondern nur die besten von denen gegeben, welche sie zu erhalten fähig wären«. (Welt und Zeit, I, 36, 9.)
69. Mit gesatzen martert vnd tilgt man die gesatz. – Lehmann, 267, 36.
70. Mit Gesetz muss man das Land bewohnen, nicht mit Gewaltswerken. – Graf, 285, 2.
Das Gesetz soll herrschen, nicht Gewalt. »Wo das Gesetz herrscht, ist der Staat ein Himmel und der Schwächste hat die Rechte und Kräfte des Stärksten.«
Dän.: Lov er rettens stigd, oc krogens fork ud. – Med lov skal man land bygge. (Prov. dan., 390.)
71. Mit gsatz vnd worten regiert vnd leitet man die Welt. – Gruter, I, 59.
Die Russen: Die Gesetze regieren das Volk und das Gold regiert die Gesetze. (Altmann VI, 421.)
72. Mit wenig gsatzen regirt man wol. – Franck, II, 183a; Gruter, I, 60; Petri, II, 482; Eiselein, 231; Sailer, 248; Simrock, 3522.
73. Neu Gesetz setzt man um neuer Sachen willen. – Klingen, 28a; Graf, 18, 217.
Böhm.: Nuzná (a náhlá) potřeba práva lomí. – Potřeba zákon ruší. (Čelakovský, 340.)
74. Neue Gesetze kommen mit neuen Herren. – Graf, 17, 210.
»Gesetz ist der Ausspruch der höchsten Gewalt darüber, was sie als Recht erkannt habe und als solches [1615] beobachtet wissen wolle. Der Inhaber der höchsten Gewalt leiht seine Kraft dem Rechtsgedanken und befiehlt, demselben zu folgen. Sein Nachfolger kann darüber verschieden denken und es in neuen Gesetzen aussprechen, was im Lauf der Zeiten infolge stetig fortschreitender Rechtskenntniss sogar geschehen muss.« (Graf, 18.)
Isl.: Ni løg koma medh nyum herrum. (Jonssyni, 244.)
75. Neue G'satz mache ist leicht, aber es fehle mängist d' Handhabe dra. (Luzern.) –Hochdeutsch bei Eiselein, 228; Simrock, 3515.
76. New Gesetze machen, ist leicht, aber der Meister, der handhaben kann, ist gestorben. – Lehmann, 268, 55.
77. Newen gesetzen folgt auf den Fersen auch newer betrug (neue Uebertretung). – Henisch, 1560, 26; Petri, II, 493; Mathesy, 282a; Graf, 18, 221; Simrock, 3517; Braun, I, 768; Körte, 2087.
»Nun muss die Welt wol über Nacht mit Mann und Maus zu Grunde gehen; ein neu Gesetzbuch ist gemacht, und – nicht ein Punkt lässt sich verdrehen.« (von Schweitzer, 285.)
It.: Fatta la legge, pensata la malizia. (Pazzaglia, 176, 6; Gaal, 694.)
78. Nichts gegen das Gesetz, sagt der Amerikaner. (Deutsch-amerik.)
79. 'S Gesetz hät e wächserne Nase. – Schweiz, II, 216, 3.
It.: Là van le leggi ove vogliono i reggi. (Pazzaglia, 191, 7.)
80. Schlechte Gesetze sind besser als gar keine.
81. Sobald das gesetz vnd vernunfft zusammen kommen, hat der Glaub sein Jungfrawschafft verlohren. – Henisch, 1560, 70; Petri, II, 848.
82. Sobald Gesetz ersonnen, wird Betrug begonnen (gesponnen). – Körte, 2088 u. 2570; Pistor., IX, 64; Braun, I, 769; Graf, 18, 222; Simrock, 3518.
83. Sollen die Gesetze bleiben, muss man sie auf Steine schreiben.
84. Ueber dem Gesetz, ausser dem Gesetz!
»Man kann nicht über dem Gesetz sein, ohne auch ausser dem Gesetz zu sein.« (Jachmann, Reliquien, I, 250.)
85. Viel Gesatze vnd Ordnung helffen nicht darzu, dass die Leut fromm seyn. – Lehmann, 266, 15.
»Die Gesetze bringen keine Freiheit, sie begrenzen dieselbe nur.« »Die Römer hätten ohne ihr Gesetz unmöglich unglücklicher sein können; die Engländer dagegen würden noch glücklicher sein ohne ihr Gesetz.« (Jachmann, Reliquien, I, 139; II, 118.)
86. Viel Gesetz, viel Uebertretung. – Kirchhofer, 170; Sailer, 248; Simrock, 3524.
87. Viel Gesetz, wenig Gehorsam. – Mayer, II, 172.
88. Vil Gesätz, vil Sünd. – Henisch, 1560, 32; Petri, II, 572.
Dän.: Mange lover hielpe ikke at vorde from. (Prov. dan., 393.)
89. Vil Gesätz, wenig rechts. – Henisch, 1560, 30; Petri, II, 572.
Böhm.: Kde mnoho zákonuv, tu i křívd mnoho. (Čelakovský, 340.)
Dän.: Faa lover, god ret; mange lover, faa god egierninger. (Prov. dan., 393.)
90. Wär' kein Gesetz im Land, so hätte der Stärkste die Oberhand.
Dän.: Vare ei lov i lande, da toge hver som han finge. (Prov. dan., 393.)
91. Was nützen gute Gesetze, die man nicht hält.
Als Director des berliner Theaters gab Engel demselben im Jahre 1788 feste Gesetze. Aergerlich über den Widerstand, den er dabei fand, rief er aus: »Der Engel hat Gesetze gegeben, aber kein Teufel will sie halten.«
Böhm.: Darmo zákon psáti, nemá-li se zachovati. (Čelakovský, 340.)
Dän.: Gode lover, som ei holdes, er som koen, der malker vel, men spilder melken. (Prov. dan., 392.)
92. Was sol ein gsatz, das man nit handhabt? – Franck, II, 163b; Henisch, 1561, 2; Petri, II, 609; Gruter, I, 76.
»Gesetze sollen nicht sein wie Netze, darin allein die kleinen Fische gefangen werden, die grossen aber durchreissen; und mancher Obrigkeit Schwert ist gleich einem hölzernen Reiter, der zwar die Hand zum Schlagen erhoben, aber niemals zuschlägt.« (G. Kober's Cabinetsprediger.)
Dän.: Love har ingen dyd uden den holdes. (Prov. dan., 391.)
93. Welche ohne gesetz sündigen, werden auch ohne gesetz verlohren. – Henisch, 1561, 3.
[1616] 94. Wenig Gesatz, gut Recht. – Lehmann, 265, 2; Körte, 2085; Körte2, 2566.
»Für Menschen, gut und klug, gibt es Gesetze genug. Auf Menschen, dumm und schlecht, passt aber keines recht.« (von Schweitzer, 152.)
95. Wenig Gesetz, wenig Uebertretung.
96. Wenn das gesatz recht verstanden wirdt, so machts verzagt, wird es vnrecht verstanden, so macht es Heuchler. – Henisch, 1561, 7; Petri, I, 94.
97. Wenn kein Gesetz, muss Verstand in die Luke treten.
Dän.: Der lov slipper bør hæder at møde. (Prov. dan., 390.)
Lat.: Quod non vetat lex hoc vetat fieri pudor.
98. Wer auf dem Gesetz steht, hat einen festen Boden.
Böhm.: Zákon nepřečká tupitel, ale plnitel. (Čelakovský, 340.)
99. Wer das Gesetz gibt, ist nicht daran gebunden. – Pistor., IX, 63; Simrock, 3525.
In Willkürherrschaften freilich wahr; aber wo Völker und Fürsten ihre Bestimmung kennen und ihre Stellungen begriffen haben, nicht.
100. Wer ein Gesetz gibt, ist selbst daran gebunden. – Graf, 286, 15.
Span.: El que no duda, no sabe cosa alguna. (Bohn I, 220.)
101. Wer ein Gesetz gibt, muss auch darüber wachen. – Simrock, 3520; Graf, 286, 14.
Dän.: Det hører den til at forklare loven som har givet den. (Prov. dan., 392.)
102. Wer ein Gesetz gibt, muss auch über solches halten. – Pistor., IX, 62; Graf, 286, 17.
103. Wer ein Gesetz gibt, muss (soll) es auch selbst befolgen.
Die Chinesen sagen: Wenn die Gesetze nicht bis zur kaiserlichen Familie ihren Lauf haben, so werden sie nicht respectirt.
Böhm.: Kdo zákony vydává, nech je první zachovává. (Čelakovský, 339.) – Ten mocnĕ zákon stanoví, kdo ho na sobĕ obnoví. (Čelakovský, 340.)
Frz.: Celui qui établit la loi, garder la doit. (Kritzinger, 425a.)
It.: Guardar deve la legge quel che fà la legge. (Pazzaglia, 176, 2.)
Lat.: Patere legem, quam ipse tulisti. (Faselius, 195; Schulblatt, 484.)
Poln.: Ustawę mocno stanowi, kto ją na sobie odnowi. (Čelakovský, 340.)
104. Wer Ein Gesetz verachtet (übertritt), verachtet sie alle.
Die Chinesen sagen: Mit den Gesetzen ist es wie mit den Dämmen, wenn sie an Einem Orte brechen, sind die übrigen unnütz.
105. Wie die Gesetze, so die Richter.
Lat.: Bonus Institutista, bonus Jurista. (Pistor., V, 56.)
106. Wie man die Gesetze ansieht, so sehen sie einen wieder an; wie man sie fragt, so antworten sie.
D.h. sie sagen stets das, was die Gewalt gesagt haben will; sie sind elastischer als Kautschuk. Die Russen: Das Gesetz ist eine Wetterfahne, Geld (Gewalt) ist der Wind, der sie dreht. (Altmann VI, 422.) Die Türken: Der Richter hat zwei Auslegungen des Gesetzes; eine für den Sklaven, eine für dessen Herrn. (Magazin für die Literatur des Auslandes, 1854, Nr. 58.)
Frz.: La loi dit ce que le roi veult. – Que veut le roy ce veult, la loy. (Leroux, II, 75.) – La loi voit bien l'homme plein d'ire, mais il ne voit mie la loi. (Cahier, 887.)
Span.: Allá van leyes, do quieren reyes. (Cahier, 3492.)
107. Wiener Gesetze dauern von elf Uhr bis Mittag.
Auch ausserhalb Deutschlands gibt es Orte, über deren Gesetze Sprichwörter in ähnlicher Weise urtheilen. So sagen die Italiener: Gesetz von Venedig dauert eine Woche, Gesetz von Vicenza währt vom Abend bis zum Morgen und Gesetz von Verona von der dritten bis zur neunten Stunde. (Reinsberg VI, 36.)
108. Wo Gesetz und Recht, steht's wohl mit Herr und Knecht.
Die Junker denken anders. »Wenn das Gesetz nicht mehr waltet, tritt kräftig das Ritterthum ein; wo Ritterthum wieder veraltet, da schleichen Gesetze sich ein. Man findet so häufig geschrieben: ›Sechs Kreuzer bezahlt man den Platz, die Standesperson nach Belieben‹, da habt ihr genau meinen Satz.« (Soldatenlaune, Darmstadt 1854.)
Dän.: Med lov og ret trives alting net. (Prov. dan., 390.)
109. Wo kein gesatz ist, da ist kein Misshandlung, wo viel Gesatz, da ist viel Misshandlung. – Lehmann, 265, 6.
110. Wo kein gesetz ist, da achtet man der Sünden nicht. – Henisch, 1561, 17.
Dän.: Hvor der ingen lov, der er ingen ære. (Prov. dan., 390.)
[1617] 111. Wo kein Gesetz ist, da ist auch kein Uebertretung. – Röm. 4, 15; Henisch, 1561, 19; Kirchhofer, 170; Graf, 286, 7.
112. Wo viele Gesetze sind, da sind viele Laster. – Graf, 18, 224.
113. Ye mehr gsetz, ye weniger recht. – Franck, II, 88a.
*114. Er hält das Gesetz, wie ein Affe heisse Nussschalen. – Parömiakon, 1870.
*115. Er hat seine Gesetze in den Händen.
116. All gsatz vnd recht sein drumb geben, dass man möge in friden leben. – Loci comm., 162.
Lat.: Vt pax servetur, legis moderamen habetur. (Loci comm., 162.)
117. Das Gesetz befiehlt, was recht, und verbeut, was schlecht.
118. Das Gesetz erklärt die Spitze vom Schwert.
119. Das Gesetz gleicht dem Wasser, dem Wein und der Milch, die sich am besten in irdenen Gefässen halten. – Löwenheim, 55, 227.
Will sagen: so wird das Gesetz am besten von bescheidenen Menschen bewahrt.
120. Die besten Gesetze sind todt, wenn sie nicht angewandt werden.
Lat.: Vis magna legis, judicem si habeat bonum. (Sailer, Sprüche, 202.)
121. Gäbe es keine Gesetze, so wäre kein Eigenthum sicher.
122. Gesetz ist kein Recht.
123. Gute gesatz vnd gerechtigkeit gelten wenig zu dieser zeit, weil sich viel Richter lassen schmieren mit gelt, vnd nach gunst iudicieren. – Loci comm., 95.
Lat.: Lex est defuncta, qua iudicis est manus uncta, propter id unguentum ius est in carcere tentum.
124. Jemehr Gesetze, je verdorbener der Staat.
Lat.: Pessima republica plurimae leges. (Tacitus.)
125. Ist das Gesetz auch streng, es ist doch Gesetz.
Lat.: Dura lex, sed lex.
126. Kein Gesatz so gut, es hab' ein ausszug. – Franck, Paradoxa, 137a.
127. Mit Gesetz soll man das Land bauen.
»In Dänemark sei ein altes Sprichwort: ›Mit Gesetz soll man das Land bauen‹, sprach der Cultusminister Worsaae am 11. Nov. 1874 im Folkething zu Kopenhagen.«
128. Neue Gesetze heben die alten auf.
Lat.: Constitutiones tempore posteriores potiores sunt iis, quae praecesserunt. (Faselius, 49.)
129. Nur wer Gesetz und Ordnung ehrt, ist den Namen Bürger werth. – Devisenbuch, 376.
130. Viel Gesetz, viel Gezänck. – Lehmann, Chronik, 92.
131. Weil einer das Gesetz nicht gekannt, wird er drob nicht weissgebrannt.
Unkunde des Gesetzes entschuldigt und schützt nicht.
132. Wem die Gesetze sollen nützen, der muss sich darauf stützen.
D.h. er muss sie kennen und anwenden.
133. Wer das Gesetz verletzt, kann sich nicht mit dem Gesetz schützen.
134. Wie das Gesetz, so das Land (Volk).
Von den Gesetzen hängt der Zustand des Landes, die Bildung des Volkes ab.
135. Wo man viel Gesetz macht, da helt man jhr wenig.
*136. Ein eisernes Gesetz.
Jüdisch-deutsch.: A. Chok weloj jaawer. (Warschau.) D.i. ein Gesetz, das nicht übertreten werden darf.
Brockhaus-1809: Salisches Gesetz
Brockhaus-1837: Salische Gesetz
Brockhaus-1911: Joules Gesetz · Gesetz · Gay-Lussacsches Gesetz · Ohmsches Gesetz · Webersches Gesetz · Salisches Gesetz · Ribuarisches Gesetz · Dulong-Petitsches Gesetz · Biot-Savartsches Gesetz · Bernoullisches Gesetz · Avogadros Gesetz · Boylesches Gesetz · Daltonsches Gesetz · Coulombs Gesetz · Burgundisches Gesetz
Eisler-1904: Resultanten, Gesetz der psychischen · Relationen, Gesetz der psychischen · Merkelsches Gesetz · Gesetz · Zahl, Gesetz der großen · Webersches Gesetz · Malthusische Gesetz · Gesetz · Fechnersches Gesetz · Excentrischen Empfindung, Gesetz der · Gesetz der drei Stadien · Gesetz der Contraste · Gesetz der bestimmten Anzahl
Goetzinger-1885: Salisches Gesetz
Herder-1854: Salisches Gesetz · Gesetz
Kirchner-Michaelis-1907: psychophysisches Gesetz · Webersches Gesetz · Malthusisches Gesetz · Fechners psycho-physisches Gesetz · Gesetz
Lueger-1904: Daltons Gesetz · Coulombsches Gesetz · Dulong-Petitsches Gesetz [1] · Faradays Gesetz · Dulong-Petitsches Gesetz [2] · Biot-Savartsches Gesetz · Barisches Gesetz · Boyle-Gay-Lussacsches Gesetz · Buys-Ballotsches Gesetz · Boylesches Gesetz
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