[272] Colonien (v. lat.), von einem Staate od. einer Stadt in einem fremden Lande od. von einem Sieger im Lande der Besiegten angelegte Pflanzorte, die mit dem Mutterorte in politischer Verbindung bleiben, mit demselben gleiches Recht u. gleiche Oberherrlichkeit haben u. die Eroberung sichern, Civilisation verbreiten, Handelsinteressen etc. fördern sollten. I. Das Recht, C. anzulegen (Colonisationsrecht) hat Jedermann, sowohl Staaten als Privaten, wenn es ohne Verletzung eines fremden Rechtes geschieht. Man unterscheidet zunächst A) rücksichtlich des Standes der in C. Abgeführten: Militär-C., Armen-C., Verbrecher-C. (s.d. a) etc.; B) rücksichtlich der Absicht u. des Zweckes, welchen man in den C. verfolgen will: a) Bergwerks-C., wo zunächst der Gewinn von Gold, Silber, Edelsteinen etc. beabsichtigt wird. Dergleichen C. waren die der Spanier in Westindien u. auf dem Festlande von Amerika; auch Brasilien war zum Theil Bergwerks-C. Die Colonisten wirkten aber dadurch verderblich auf die Ureinwohner, daß sie dieselben zu den ungewohnten u. ungesunden Arbeitenin den Gruben u. Hütten zwangen; b) Pflanzung s-C., welche die Erzeugung von Colonialwaaren beabsichtigten. Die Colonisten siedelten sich entweder für immer od. vorübergehend in solchen C. an, um im letzteren Falle nach gewonnenen Reichthümern nach Europa zurückzukehren. Bei dem Mangel an Europäern zwangen sie ebenfalls die Eingeborenen zur Arbeit u. holten, als diese ausstarben, Negersklaven aus Afrika herbei. So wurden die C. Veranlassung zu dem Sklavenhandel. Ganz Westindien, das südliche Nordamerika u. auch theilweise die ehemaligen spanischen Provinzen in Südamerika sind hierher zu rechnen. c) Ackerbau-C., wo die Colonisten sich hauptsächlich mit Feldbau beschäftigen. Da die Colonisten der Natur der Sache nach hier am leichtesten heimisch werden u. schwer wieder von der einmal urbar gemachten Stelle weichen, so eignen sich solche C. am ersten, um nach mehreren Generationen eine Nation zu bilden u. sich unabhängig vom Mutterlande zu machen. So in den Nordamerikanischen Freistaaten, Canada, Botanybai, am Cap der guten Hoffnung u. gewissermassen die russischen mit fremden Auswanderern bevölkerten C. in der Krim. d) Handels-C., Anfangs Niederlassungen od. bloße Factoreien, um den Handel mit den Eingeborenen zu vermitteln. Später griffen gerade die Handels-C. weiter um sich, erkauften od, gewannen durch Unterhandlungen Districte, die sich zum Theil (wie in Ostindien) zu mächtigen Reichen vergrößerten. Solche Handels-C. bezweckten haupsächlich[272] den Handel mit Colonialwaaren, so die C. aller Westindischen Inseln, die Küstenplätze des amerikanischen Continents u. alle ostindischen C.; mit Pelzwaaren wie die englischen u. russischen C. in Nordamerika etc.; mit Sklaven. Die Handels-C. jeder Art bringen auch europäische Waaren aller Artgegen die in den C. von ihnen empfangenen Colonialwaaren herbei, u. bis jetzt ist die Bilanz immer noch zu Gunsten Europas gewesen. In neuester Zeit jedoch hat ein bedenklicher Abfluß des Silbers aus Europa nach Asien stattgefunden, eine Erscheinung, die darauf hindeutet, daß der Export europäischer Waaren nicht mehr den Import der Colonialwaaren deckt. Bis zu Ende des 18. Jahrh. betrachtete man die C. durchgängig nur als Mittel, den Mutterstaat zu bereichern, u. behandelte dieselben daher stiefmütterlich. Nicht allein, daß man die Einwohner, wenn sie einmal unterjocht waren, fast allgemein als Sklaven ansah, sondern auch eine engherzige Politik trat der Entwickelung der materiellen Hülfsquellen der C. hindernd in den Weg. Namentlich war es die von der Clerisei u. von habgierigen Großen beeinflußte Regierung Spaniens, welche den Keim zu jenen unheilvollen Zuständen legte, aus denen erst der Krieg mit dem Mutterlande, dann der Bürgerkrieg im Innern der C. selbst hervorging. Keine Einrichtung aber hat schlimmere Früchte für die jungen C. getragen, als die der privilegirten Handelsgesellschaften. Die Einwohner der Länder, in welchen solche Compagnien den Herrn spielten, wurden zur niedrigsten Knechtschaft verdammt u. verarmten unter den willkührlichen Erpressungen blutsaugerischer Beamten, der Handelsstand wurde durch die Beschränkungen, die sie auflegten, in seinen Unternehmungen beengt, das Mutterland durch die willkührlich gesetzten Preise übertheuert; das Übel fiel mit der Zeit auf die Compagnien selbst zurück, u. am Ende gewann Niemand etwas als die Beamten, welche die Compagnie betrogen u. nicht genau zu controliren waren. Fast alle Compagnien gingen daher unter, u. wo dies nicht der Fall war, wie bei der Englisch-ostindischen, griff die Regierung noch zu rechter Zeit ein, um wenigstens den größten Mißbräuchen der Gewalt Einhalt zu thun. Die Erfahrungen der neuesten Zeit werden indeß auch England dazu drängen, die Regierungsgewalt einer Privatgesellschaft zu entziehen, deren kaufmännische Tendenzen den wirthschaftlichen Zuständen eines Colonialstaates früher od. später verderblich u. die Existenz desselben in Frage stellen müssen. Seitdem England sich zum Princip des freien Handels bekannt hat, ist dieser ökonomische Grundsatz auch seinen C. zu Gute gekommen, deren Macht u. Bedeutung von Jahr zu Jahr zunimmt. Ebenso hat England sich dazu bequemt, den C. freieren Spielraum in der Ordnung ihrer inneren Angelegenheiten zu gewähren u. die freien politischen Institutionen des Mutterlandes sind auch auf alle größeren C., Canada, Australien u. das Cap der guten Hoffnung übertragen worden. Außer den in fremden Erdtheilen durch Auswanderung entstandenen C. hat man in neuerer Zeit auch C) sogenannte innere C. anzulegen gesucht, um zu verhindern, daß in Ländern, wo die Production des Bodens durch arbeitende Kräfte noch bedeutend gesteigert werden kann, nicht unnöthiger Weise Capital u. Arbeitskraft sich durch Auswanderung vermindere. Zu solchen inneren C. besitzt Rußland, dann Österreich u. selbst Preußen in seinen östlichen Landestheilen die günstigsten Bedingungen u. die Regierungen, namentlich der letztgenannten beiden Staaten, haben bereits ihr Augenmerk darauf gerichtet, durch Begünstigung der inneren Colonisation ihren Gebieten nicht nur Arbeitskraft u. Capital zu erhalten, sondern dieselben dadurch auch nutzbar für das wirthschaftliche Gedeihen des Volkes überhaupt zu machen. Auch um das Proletariat größerer Städte zu vermindern, hat man in verschiedenen Ländern versucht, die Arbeitslosen im Innern anzusiedeln, um ihre Kräfte in der Urbarmachung des Bodens productiv zu machen, Armencolonien, s.d. Derartige C. haben aber selten den Erwartungen entsprochen, welche man von ihnen hegte. Vgl. Roscher, Colonien, Colonialpolitik u. Auswanderung, 2. Aufl. Lpz. 1856.
II. Geschichte. Sehr früh legten C. an A) die Phönicier zu Beförderung ihrer Handelsinteressen, auf Cypern, Kreta, Sicilien, Sardinien u.a. Inseln des Mittelmeeres, an den Süd- u. Westküsten von Spanien, wohin sie der Reichthum von Metallen lockte. Am mächtigsten aber von allen phönicischen C. wurde das von Tyrus aus gegründete Carthago auf der Nordküste Afrikas.
Nächst den Phöniciern waren das größte Colonialvolk B) die Griechen. Die politische Entwickelung der Griechen, denen das kleine Land, welches sie bewohnten, rasch zu enge wurde, die starke Küstenentwickelung des Landes, welche die Seefahrt begünstigte, sowie der Umstand, daß nach Norden zu der Ausbreitung des hellenischen Wesens mancherlei Hindernisse entgegenstanden, wiesen der Auswanderung derer, welche um des materiellen Wohlergehens od. aus politischen Gründen die Heimath verließen, den Weg über das Meer nach den Küsten des Mittelmeeres an, deren Eigenthümlichkeit der Natur ihres eignen Landes am meisten entsprach. Gleiche Gesetze, Religion, Sprache, Theilnahme an den Nationalspielen blieben gewöhnlich das Band zwischen Mutter- u. Tochterstadt, so wie, wenn auch der politische Zusammenhang gelöst war, die traditionelle Zusammengehörigkeit namentlich dann an das Licht trat, wenn es die Vertheidigung gegen äußere Feinde galt. Das bundesgenössische Verhältniß zwischen C. u. Mutterstaaten löste sich selten, wiewohl die Geschichte auch Kriege zwischen den C. u. dem Mutterstaate kennt. Übrigens erfolgte die Anlage dieser C. anfänglich nicht mit Rücksicht auf bestimmte politische Zwecke, bis Athen zuerst unter den Griechen mit bestimmter politischer Absicht für Handel u. Schifffahrt C. in Thracien unter Oberhoheit des Mutterstaates anlegte u. für das Verhältniß beider bestimmte Normen festsetzte. C. gründeten die Griechen von Hellas, vom Peloponnes, von Kleinasien aus, bes. Athener, Korinther, Euböer, Rhoder u. Milesier, meist 700550 v. Chr. an den Küsten von Macedonien (z.B. Olynthos, Potidäa, Epidamnos etc.) u. Thracien (z.B. Byzantium, Abdera, Heraklea etc.), an der Nord- u. Ostseite des Pontos Euxinos u. am Mäotischen See (z.B. Phanagoria, Tanais, Dioskurias etc.), in Kleinasien (bes. auf der ganzen Westküste, außerdem Sinope, Heraklea, Chalkedon, Abydos, Patara, Aspendos, Soli etc.), auf den Küsten von Unteritalien (Magna Graecia, z.B. Croton, Sybaris, Tarent, Brundisium, Rhegium, Neapel, Cumä etc.), auf Sicilien (z.B. Messana, Syracusá, Camarina, Agrigent [273] Himera etc.), auf der Südküste von Gallien (Massilia), Spanien (Saguntum), in Afrika (Kyrene). S. Hegewisch, Nachrichten, die C. der Griechen betreffend, Altona 1808; Raoul Rochette, Histoire de l'établissement des Colonies grecques, Par. 1818, 4 Bde.
C) Die Römer pflegten schon sehr früh auf einem Theile des den unterworfenen Völkern genommenen Gebietes C. anzulegen. Die Ansiedler waren römische Bürger, vor der Servianischen Verfassung Patricier, nach derselben überhaupt Bürger aus allen Censusklassen, u. der ursprüngliche Zweck dieser Ansiedelungen war, die neue Eroberung der römischen Herrschaft zu erhalten, da ein stehendes Heer nicht vorhanden war. Gewöhnlich wurden 300 Colonisten ausgesendet, sie erhielten eine Verfassung, welche der in Rom gleich war, waren von der Stellung der Soldaten zur Armee befreit (Vacatio militiae) u. bildeten in der C. den bevorzugten Stand, wie in Rom die Patricier, gegenüber den früheren Bewohnern, welche Letzteren zwar auch das Bürgerrecht (Anfangs sehr beschränkt, seit dem 4. Jahrh. v. Chr. das volle) besaßen u. unter den Behörden der C. standen, aber sich in einem seht bedrängten Zustand befanden u. deshalb zuweilen gewaltsame Versuche machten sich zu befreien, wie in Cameria u. Soria. Dieses Verfahren, eroberte Länder durch Bürgercolonien zu sichern, wendeten die Römer Anfangs außer auf das eigentliche Italien (Latium, Etrurien, Campanien, Calabrien, Picenum, Umbrien etc.) nur noch auf das Cisalpinische Gallien an; dann gründeten sie bis zum Jahr 100 v. Chr. nur einzelne solche C. im Narbonensischen Gallien, Ligurien u. Afrika. Nach der Unerwersung Italiens verloren die C. den Charakter einer militärischen Besetzung, u. seit der Zeit der Gracchen war bei neuen Colonisationen nur noch die Versorgung armer Bürger maßgebend, u. indlich seit 100 v. Chr. bis zur Kaiserzeit wurden ausgediente Soldaten durch Anweisung von Ackerbesitz in den C. belohnt, so daß die C. seitdem reine Militärcolonien wurden; Sulla ist als Begründer derselben anzusehen. Von diesen rein Römischen C. sind die Latinischen C. zu unterscheiden, C., welche ursprüglich von dem Latinischen Bunde innerhalb des Bundeslandes zur Anlage einer neuen Stadt abbgeführt wurden, nach Besiegung der Latiner u. Herniker (336306 v. Chr.) aber allein von den Römern u. zwar ausschließlich zum Schutz der beiden Seeküsten Italiens, daher sie Coloniae maritimae heißen. Zur Bevölkerung solcher C. bedienten sich die Römer nicht der Bürger, sondern verbündeter u. verwandter Stämme, u. nur etwa arme römische Bürger schlossen sich den Latinischen C. an, wogegen sie sich aber des römischen Bürgerrechtes begaben. Zu den Latinischen C. wurden viel mehr als zu den Römischen, u. zwar bis zu 6000 Leute abgeführt, sie bildeten eine Civitas, hatten eine eigene Verfassung (Formula), brauchten römische Gesetze nicht zu befolgen, waren keinem römischen Magistrate unterworfen, hatten das Münzrecht u. dienten nicht in den Legionenen, sondern in den Hülfstruppen; s. Föderirte Staaten. Die älteren C., auch die Latinischen, wurden auf Antrag eines Consuls od. Tribunen u. auf Grund eines Senatsbeschlusses (worin die Zahl der Colonisten, die Landanweisung u. die die Anlage ausführende Behörde angegeben war), durch einen Volksbeschluß (Colonica lex) angeordnet u. nun die Wahl der Commission, welche diesen Auftrag ausführen sollte u. welche gewöhnlich aus 3 (Triumviri coloniae deducendae agroque dividundo, Triumviriagrarii, Curatores), zuweilen auch aus mehr, bis 20 Personen bestand, von dem Volke in Tributcomitien vorgenommen. Diese Commission, aus angesehenen Männern, häufig Consularen, zusammengesetzt, leitete das ganze Geschäft der Colonisation, was gewöhnlich 35 Jahre dauerte, u. die Mitglieder derselben blieben auch nach Vollendung des Geschäftes noch als Patronen der C. in steter Beziehung zu derselben. Die Militärcolonien der Kaiserzeit wurden dagegen durch den Kaiser als Kriegsherrn auf Grund eines von demselben erlassenen Befehls angeordnet u. durch einen Legaten abgeführt, daher auch die ganze Verwaltung eine militärische Organisation hatte. Der Ritus bei der Colonieanlage war folgender: die Colonisten, über deren Zahl u. Auswahl früher das Gesetz, später der Befehl des Kaisers bestimmte, hielten unter Anführung des Curator od. des Legatus u. unter Vortragung der Fahnen (daher die Colonialmünzen gewöhnlich als Gepräge die Militärzeichen hatten) ihren Auszug. Wenn sie in die C. kamen, wo schon vorher durch die Agrimensoren die Ländereien vermessen waren, so wurde, wenn nicht schon eine Stadt vorhanden war, die Gründung der C. nach Anstellung von Auspiecien vollzogen, indem die damit beauftragte Magistratsperson, mit dem Cinctus gabinus (s.d.) angethan, mit einem, von einem Rindergespann gezogenen Pflug eine Furche zog u. so den Umkreis der neuen Stadt angab (s. u. Stadt). Das zur Colonisation bestimmte bereits bebaute Land wurde in ältester Zeit der Republik in drei Theile getheilt: 1/3 blieb für die gemeinsame Viehweide, welche die Colonisten gegen Erlegung einer Abgabe benutzten; 1/3 war zur Erhaltung der Tempel, des Cultus u. der öffentlichen Gebäude bestimmt; 1/3 in Parzellen zu zwei Jugern jedem Colonist angewiesen u. geeignet (Asssignationes); das unbebaute Land konnte willkührlich von den Colonisten gegen Abgabe von 1/10 der Ernte u. 1/5 der Baumfrüchte, bis zur Zurückforderung von Seiten des Staates, in Besitz genommen werden (Possessiones). Diese letztern Stückepflegten Anfangs die Patricier in Besitz zu nehmen, weil sie allein die Mittel zu Bestreitung des Aufwandes der Cultivirung hatten, u. darauf ihre Clienten anzusiedeln; od. zur Zeit der Republik wenigstens die wohlhabenden Bürger aus Rom u. den Municipalstädten, welche dieselben mit ihren zahlreichen Sklaven bewirthschafteten. Und auf diese Partien des Grundbesitzes pflegten sich später, wo es galt auch ärmeren Bürgern Grundbesitz anzuweisen, die Forderungen u. Bestimmungen der Agrariae leges zu beziehen, indem die Innehaltung der Possessionen auf ein bestimmtes Maß zurückgeführt wurde, u. da dies nicht ausreichte, od. auch nicht ausgeführt werden konnte, so wurden endlich auch die Staatsdomänen an Colonisten geeignet. Da die Zahl der Bedürftigen u. zur Zeit der bürgerlichen Unruhen derer, welche für ihre, den Machthabern geleisteteten Dienste belohnt sein wollten, immer größer wurde, so wurden auch die confiscirten Güter der geächteten Personen od. ganzer unliebsamer Gemeinden unter Colonisten vertheilt, ja jetzt sogar Colonisten in den Provinzen, wie in Gallien[274] u. seit 40 v. Chr. in Spanien, unter Augustus in Macedonien, Griechenland u. Afrika angesiedelt. Die Zueignung des urbaren Landes geschah jetzt Centurienweise, durchschnittlich 200 Jugern, u. diese wurden unter die Einzelnen verloost; die Veteranen, Centurionen u. Tribunen erhielten größere Portionen. Zur Zeit der Kaiser wurden auch Städte, welche nicht von Römern, sondern auf Befehl der Kaiser von den Einwohnern der eroberten Länder angelegt waren, zuweilen Coloniae genannt u. erhielten den Namen des Kaisers; seit Hadrian kam auch die Sitte auf, schon bestehenden Städten, in welchen gar keine neue Ansiedelung vor sich ging, das Privilegium einer C. als bloßen Titel zu geben. Die letzte wirklich ausgeführte C. war Verona, welche zwar schon vor Trajanus gegründet war, aber 265 n. Chr. von Gallienus neu besiedelt wurde; unter Diocletianus wurde Nicomedia in Bithynienzum Range einer C. erhoben; unter Constantin d. Gr. ist das Institut der C. nicht mehr vorhanden. Römische C. in Italien, bis 100 v. Chr. abgeführt, waren: die ältesten Ostia u. Antium, dann in Latium: Lavici, Äsulum, Fabrateria; im Volskerlande: Vitellia, Satricum, Tarracina, Casinum; in Campanien: Minturnä, Sinuessa, Puteoli, Vulturnum, Literuum, Salernum; in Umbrien: Sena Gallica, Pisaurum; in Picenum: Castrum novum, Potentia; in Etrurien: Alsium, Fregenä, Pyrgi, Saturnia, Graviscä, Luna; in Lucanien: Buxentum; in Apulien: Sipontum; in Bruttium: Tempsa, Croton; in Calabrien: Scylacium (Minervia) u. Tarentum (Neptunia); dazu noch in den Cis- u. Transpadanischen Gallien u. Ligurien: Parma, Mutina, Eporedia Dertona; Latinische C. waren die ältesten: Signia, Circeji, Cora u. Pometia; im Volskerlande: Norba, Ardea, Setia, Fregellä, Pontiä, Interamna, Sora; in Etrurien: Sutrium, Nepeta; in Campanien: Cales, Suessa Aurunca, Cosa; in Apulien: Luceriä, Venusia; in Samnium: Saticula, Beneventum; im Marserlande: Alba; in Umbrien: Narnia, Spoletium; bei den Ägnern: Carseoli; in Picenum: Hatria, Firmum, Äsernia; in Lucanien: Posidonia, Copia; in Calabrien: Brundisium; in Bruttium: Valentia; dazu noch in dem diesseitigen Gallien: Ariminum, Cremona, Placentia, Bonnonia, Aquileja. Außerdem gab es zahlreiche römische C. in Gallien (Aquä Sextiä, Arelate, Aventicum, Bäterra, Forum Julii, Lugdunum, Narbo Martius, Nemausus, Tolosa, Valentia, Viennä etc.), in Gallia belgica (Augusta Trevir., Lugdunum Batav.), in Spanien (Acci, Astigi, Asturica, Augusta Emerita, Barcino, Cäsaraugusta, Carthago Nova, Corduba, Hispalis, Italica, Norba, Tarraco, Toletum, Valentia etc.), in Britannia (Camalodunum, Eboracum, Londinium etc.), in Germanien (Col. Agrippina, Augusta Rauracorum, Col. Trajana), in Vindelien (Aug. Vindelicorum etc.), in Rhätien (Constantia, Curia), in Noricum (Aurelium, Celeja, Lauriacum, Solva etc.), in Pannonien (Amonia, Ala Flaviana, Carnuntum, Petovio, Salaria, Sirmium etc.), in Dacien Sarmizegethusa etc.), in Dalmatien (Dyrrhachium, Epidaurus, Salona etc.), in Liburnia (Jadera), in Thracien (Flaviopolis etc.), in Macedonien (Apollonia, Kassandrea, Pella, Philippi), in Epirus (Buthroton u. Nikopolis), in Hellas (Megara), im Peloponnes (Korinth, Dyme, Paträ), in Sicilien, Catana, Syrakus, Tauromenium, Therma, Tyndaris), in Sardinien (Usellis), in Corsica (Aleria, Mariana), in Asien (Parium, Selinus, Antiochia, Archelais, Adramyttium u. Alexandria. Ankyra u. Germa, Apamea, Sinope, Melitene, Nisibis, Antiochia, Emesa, Heliopolis, Laodicea, Palmyra, Damaskos, Berytos, Ptolemais, Sidon, Tyros, Alia Capitolina, Cäsarea Philippi, Sebaste, Bostra); in Afrika Heliopolis, Aquä Regiä, Carthago, Leptis Magna, Utica, Zama, Cirta, Hippo Regius, Icosium, Igilgili, Iol [Casarea], Rusconiä, Sitifis, Abyle, Arzila, Rusardir, Tingi etc.). Vgl. Madvig, De iure et conditione coloniarum populi rom. in seinen Opuscula (Kopenh. 1834), p. 208 ff.; Ruperti, De coloniis Romanorum, Rom 1838; C. Dumont, Essai sur les colonies romaines Brüssel 1844; Schmidt, Das Colonialwesen der Römer, Potsd. 1847.
D) Im Mittelalter gingen fast alle C. in der Völkerwanderung unter, u. nur wenige Handelsniederlassungen der Genueser u. Venetianer in Kleinasien u. am Schwarzen Meere konnten für C. gelten. Erst nachdem a) die Portugiesen den Weg um Afrika nach Ostindien gefunden hatten (1498), legten sie Ansiedelungen auf Malabar an, die Almeida u. Albuquerque erst zu einem selbständigen Gebiet, dessen Hauptsitz 1508 Goa wurde, erhoben. Bald kamen sie in Ostindien u. in Afrika in den Besitz mehrerer fester Plätze, welche die Grundlagen zu C. bildeten, u. unter denen Mozambique, Sofala u. Melinda in Afrika, Ormuz u. Mascate im Persischen Meerbusen, Diu, Damaun u. Goa auf der malabarischen u. indischen Küste, Negapatnam u. Meliapur auf Koromandel, Malacca u. einige andere auf den Gewürzinseln, Ceylon, Java, Sumatra, Borneo etc., die wichtigsten waren. Als aber Spanien 1589 Portugal usurpirte, bemächtigten sich die Niederländer, welche Portugal, gleich den Spaniern, feindlich behandelten, der meisten C. Portugals in Ostindien. So behielt Portugal nur, außer Goa u. Diu, noch das 1500 von Cabral aufgefundene Brasilien, welches aber seit 1820 vom Mutterstaate losgerissen u. 1825 von diesem als unabhängig anerkannt ist. Auch b) den Spaniern war durch die Entdeckung von Amerika Gelegenheit zu Anlegung von C. gegeben, u. diese siedelten sich bald auf Cuba, Portorico, Jamaica, vorzüglich aber auf dem goldreichen Domingo an, u. die Waffenthaten Ferdinand Cortez' (151924) u. Franz Pizarro's (152636) machten es ihnen möglich, auch Mexico, Peru, Chile, Quito, Neu-Granada etc. zu colonisiren. Gold u. Silber waren die Gegenstände, welche man dort vor Allem suchte, u. demnächst leitete das Bestreben, die christliche Religion zu verbreiten, die sich dort ansiedelnden Eroberer. In Kurzem war Amerika zum großen Theile untersucht; Städte entstanden an der Küste u. im Innern, u. die neuen C. blühten auf, während die alten seßhaften Volksstämme mehr u. mehr ihrem Untergange zueilten. Indessen fehlte es den C. an selbständigen Elementen zu einem großen wirthschaftlichen u. politischen Aufschwunge. Eine engherzige Colonialpolitik des Mutterlandes hielt die Ansiedler unter strenger Vormundschaft; der Handel wurde einzig von Spanien u. zwar von Sevilla aus betrieben, von wo jährlich etwa 12 Gallionen[275] nach Portobello u. 15 Schiffe nach Vera Cruz segelten. Alle C. mußten Spaniens schlechte u. mit hohen Zöllen belastete Waaren nehmen, kein Eingeborener konnte, auch selbst wenn er von spanischen Eltern war, ein Amt erhalten. Diese u. andere Vexationen, denen die C. ausgesetzt waren, hatten gerade die umgekehrte Wirkung, welche die spanischen Colonialpolitiker davon erwartet hatten. Statt die Bande zwischen Mutter- u. Tochterstaaten enger zu knüpfen, führten sie zu einer Entfremdung beider, welche endlich in offene Feindschaft ausbrach. So geschah es, daß, als 1810 einzelne Provinzen sich gegen die spanische Macht empörten, bald die übrigen nachfolgten u. das ganze amerikanische Festland sich der Macht des Mutterlandes entzog, indem es seine Unabhängigkeit erklärte (s. Südamerikanischer Revolutionskrieg). Von den ausgedehnten reichen C. in Amerika ist Spanien nichts geblieben, als die Insel Cuba, u. auch diese wäre vielleicht schon den Annexationsgelüsten der Nordamerikaner zum Opfer gefallen, wenn nicht die Rivalität Englands u. der Vereinigten Staaten der spanischen Regierung zu Hülfe gekommen wäre. Außer den amerikanischen Besitzungen erwarb Spanien noch die Philippinen in Ostindien u. einige Inseln an der Küste Guineas. c) Die Holländer machten bald den Portugiesen u. Spaniern die Alleinherrschaft in den Gewässern fremder Welttheile streitig. Als die Niederländer sich gegen die spanische Herrschaft erhoben, wurde ihnen der Zwischenhandel zwischen Portugal, welches die ostindischen Producte herbeischaffte, u. dem übrigen Europa erschwert u. endlich 1594 ganz verboten. Sie rüsteten daher (zuerst 1595) Schiffe aus, um diese Waaren selbst unmittelbar aus Ostindien zu holen; der glückliche Erfolg weckte Nachahmer, zahlreiche Expeditionen liefen nach Ostindien aus u. siedelten sich dort an. Die niederländische Regierung vereinte 1602 die verschiedenen Handelsgesellschaften (s.d.), welche Schiffe ausrüsteten, um ihnen mehr Einheit zu geben, in eine einzige, u. die Ostindische Compagnie, welcher Hoheitsrechte über die eroberten Länder zugestanden wurden, baute nun (1617) Batavia, eroberte die portugiesischen Besitzungen in Ostindien sämmtlich, bemächtigte sich des chinesischen u. japanischen Handels (um 1611) u. befestigte 1653 ihre Macht in Ostindien durch Anlegung einer Zwischenstation auf dem Cap der guten Hoffnung. 1621 versuchten die Holländer auch durch Errichtung einer Westindischen Compagnie in Amerika festen Fuß zu gewinnen, konnten jedoch nach vorübergehenden Eroberungen in Brasilien u. nachdem sie ihre Ansiedelungen in Nordamerika an England verloren hatten, nur Surinam, Essequebo, Berbice u. Paramaribo behaupten. Später erhielten auch d) die Engländer Bedeutung im Colonialhandel. Zwar hatten sie schon früher das Cap der guten Hoffnung umfahren, eine Ostindische Compagnie war 1600 entstanden, hatte St. Helena besetzt u. Factoreien auf dem Festlande Ostindiens errichtet; aber in den Unruhen unter Karl I. u. Karl II. löste sich der Ostindische Handel fast ganz auf, u. erst die 1708 erlangte Vereinigung der 1698 neu entstandenen Ostindischen Compagnie mit der schon früher bestehenden, gab demselben einen neuen Aufschwung. Calcutta, Madras u. Bencoolen waren damals noch die einzigen Punkte, die England in Ostindien besaß. Da benutzten die Engländer die inneren Unruhen, welche in Indien in der ersten Hälfte des 18. Jahrh. ausbrachen, um auf die Bewohner politischen Einfluß zu gewinnen. Unter dem Vorwand der Schutzherrschaften gelangten sie allmälig durch ihre Interventionen in Besitz von Bengalen, Mysore, dem Reiche des Großmogul u. fast ganz Vorderindien nebst Ceylon. In Amerika wurde durch die 1606 von Jacob I. privilegirte London- u. Plymouthcompanie Jamestown angelegt. Diese Acker-C. gewann viele fleißige u. strebsame Colonisten durch die bürgerlichen Unruhen, welche im Mutterlande zu Parteiverfolgungen Anlaß gaben, u. breitete sich durch Erwerbungen von holländischen u. schwedischen Besitzungen bald über einen bedeutenden Theil Nordamerikas aus. Später gewann England (1641) Barbados u. (1655) Jamaica in Westindien von den Spaniern, kam 1713 in den unbestrittenen Besitz von Newfoundland u. erhielt durch die Frieden von Utrecht u. Paris von den Franzosen (1715) Acadien, Terreneuve, Cap Breton u. 1761 Canada. Es verlor zwar durch den Krieg mit den nordamerikanischen Provinzen, welcher 1772 begann u. 1783 mit der Anerkennung der Union endete, den größten u. besten Theil seiner nordamerikanischen Besitzungen, war aber nun um se mehr darauf bedacht, seine übrigen C. zu erhalten, indem es durch den schlimmen Erfolg belehrt, eine liberalere Colonialpolitik einschlug. In den Revolutionskriegen (17921814) eroberte England die meisten wichtigen französischen u. holländischen C., gab sie aber mit Ausnahme von Isle de France, dem Cap, den Sechellen, Cape Coast u. einigen anderen im Frieden von Paris wieder heraus. Dagegen legte es schon 1788 die Niederlassung Botanybai in Australien an, denen in neuerer Zeit noch andere in Australien, auf Neuholland, Otaheiti u. den Sandwichsinseln gefolgt sind. e) Frankreich legte erst 1664 unter Colbert C. an. Es kaufte zu diesem Zwecke mehrere westindische Inseln (Martinique, Guadeloupe, St. Lucie, Grenada), sendete Colonisten nach Cayenne u. gewann einen Theil von S. Domingo von den Flibustiern. Gleichzeitig siedelte es sich auf dem Festlande Nordamerikas in Canada, Terre neuve u. Acadien an, verlor aber diese 1713 u. 1762 an England; Luisiana trat es an Spanien ab, verkaufte dasselbe aber, nachdem es dasselbe wieder gewonnen hatte, 1803 an Nordamerika. Die übrigen C. blieben Frankreich, mit Ausnahme von Domingo, das 1791 durch den Negeraufstand verloren ging. Gleichzeitig mit den westindischen entstanden französische C. in Ostindien u. dessen Nachbarschaft. Pondichery wurde 1670 besetzt, von da breitete sich die französische Macht bald in Hindostan aus, wurde aber nach kurzer Zeit wieder gebrochen, u. selbst Pondichery ging 1766 an England verloren. Schon 1759 hatte sich die französische 1664 gestiftete, 1719 mit der Mississippigesellschaft vereinte Ostindische Compagnie aufgelöst. Vorübergehend waren die französischen Ansiedelungen auf Madagascar, länger bestanden die 1720 auf Isle de France u. Isle Bourbon errichteten; doch wurden beide Inseln im Revolutionskriege von den Engländern erobert u. nur die letztere wieder herausgegeben. In neuester Zeit hat Frankreich durch die Eroberung Algiers Gelegenheit genommen, dieses Land zu colonisiren. f) Die Dänen ließen sich 1618 in Ostindien nieder, wo sie Tranquebar erwarben, besetzten 1671 in Westindien St. Thomas[276] u. kauften zu Anfang des 18. Jahrh. St. Croix u. St. Jean, verkauften aber 1845 ihre Ostindischen C-n an die Ostindische Compagnie. Auch g) Schweden errichtete 1731 eine Ostindische Compagnie, die Theehandel nach China trieb; 1785 erwarb es die westindische Insel St. Barthelemy. h) Rußland legte 1737 Pelzcolonien auf den Kurilen, Aleuten u. den Küsten von Westamerika an. i) Preußen stiftete 1682 die Afrikanische Handelsgesellschaft in Guinea u. errichtete an der dasigen Küste die C. Groß-Friedrichsburg, verkaufte jedoch 1718 diese Niederlassung an Holland.
Buchempfehlung
Die zentralen Themen des zwischen 1842 und 1861 entstandenen Erzählzyklus sind auf anschauliche Konstellationen zugespitze Konflikte in der idyllischen Harmonie des einfachen Landlebens. Auerbachs Dorfgeschichten sind schon bei Erscheinen ein großer Erfolg und finden zahlreiche Nachahmungen.
640 Seiten, 29.80 Euro
Buchempfehlung
Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Michael Holzinger hat für diese preiswerte Leseausgabe elf der schönsten romantischen Erzählungen ausgewählt.
442 Seiten, 16.80 Euro