1. Gelächter vnd schertz wohnet ins Narren hertz. – Henisch, 1451; Petri, II, 332.
*2. Ein homerisches Gelächter.
*3. Ein sardonisches Gelächter.
Wer bei einem grossen Unglücksfalle oder bei Frevelthaten lacht. Von den Sardoniern entlehnt, welche ihre siebzig Jahre alten Aeltern dem Saturn opferten und die Feier mit einem Gelächter begleiteten. Oder nach Erasmus ein erheucheltes, bitteres, unsinniges Lachen. Von einem Kraute (Sardoa), eine Art giftigen Hahnenfusses, die Mund und Hals des Menschen so zuschnürte, dass er zu lachen schien. (Sardonicus risus. Erasm., 815.)
Frz.: Ris qui est de saint Médart, le coeur n'y prend pas grant part. (Leroux, I, 33.)
Griechen und Römer hatten eine grosse Anzahl ähnlicher sprichwörtlicher Redensarten:
Aeacidinische (achillische) Drohungen. – Von Achill, dem Enkel des Aeakos, den Homer als sehr heftig schildert. (Aeacidinae minae. Erasm., 625.)
Ein abderitischer Verstand. – Die Bewohner der thracischen Stadt Abdera sind wegen der Beschränktheit ihres Verstandes sprichwörtlich. (Abderitica mens. Erasm., 501.)
Achilleïsche Beweisgründe. D.i. unwiderlegliche. (Achilleum argumentum. Erasm., 104.)
Afrikanischer Vogel. – Von einem durch fremde Tracht und Sitte auffallenden Menschen. (S. ⇒ Afrika.) (Afra avis. Erasm., 551.)
Agathonischer Gesang. – Von einer mehr angenehmen als fruchtbaren Rede. Von Agathon, einem lieblichen Flötenspieler mit ausschweifenden Sitten. (Erasm., 506.)
Aegyptische Ziegelsteinträger. – Von der untersten Arbeiterklasse und wie von solchen überhaupt, die unter der Last schwerer Arbeit seufzen. (S. Marianisches ⇒ Maulthier.) (Aegyptus laterifer. Erasm., 641.)
Aegyptischer Charakter. – Betrügerisch, schlau, weil die Aegypter Meister im Ränkeschmieden gewesen sein sollen. (Erasm., 433.)
Akarnische Pferde. – Von einer ausgezeichneten Sache oder Belohnung; jene Pferde galten für die grössten und schönsten. (Acarnici equi. Erasm., 278.)
Ein akarnisches Ferkel. – Als Delicatessenbezeichnung. (Procellus Acarnanius. Erasm., 438.)
Antiopisches Geheul (Geschrei). – Ein fürchterliches Heulen oder Schreien. Antiope, eine Buhlerin des Thebanerkönigs Lycus, wurde von dessen Gemahlin an den Hals eines Ochsen gebunden, dem man brennende Fackeln auf die Hörner befestigt hatte. Ihr Geschrei ward sprichwörtlich. (Antiopae luctus. Erasmus, 467; Philippi, I, 35.)
Arabischer Bote (Flötenspieler, Trompeter). – Von denen, die, wenn sie etwas angefangen haben, nie damit aufhören. Die Freigeborene lernten das Flötenspiel als gemeine Kunst nicht, es wurde von den Sklaven, die man meist aus Arabien erhielt, geübt. (Arabicus tibicen. Erasm., 345 u. 634.)
Ein archidamischer Krieg. – Von einem wüthenden und grausamen Kriege, wie ihn Archidamos, ein Feldherr der Lacedämonier nach einem Einfall in Attika führte, wo er zehn Jahre hauste und plünderte. (Archidamicum bellum. Erasm., 468.)
Archilochische Edicte. – Beissende, giftige Reden. Nach dem Dichter Archilochus benannt, dessen Schärfe bekannt war. (Archilochia edicta. Erasm., 691.)
Argivischer Dieb. – Von öffentlichen Schurken. Die Argivier standen in schlechtem Rufe. (Argivi fures. Erasm., 807.)
Arkadischer Sprössling. – Von Grossen, Faulen, Feigen, weil die Arkadier im Rufe der Dummheit standen. (Arcadicum germen. Erasm., 498.)
Askulanische Schlacht. – Von einer Schlacht, in welcher der anfänglich Besiegte dennoch siegt, weil der bei Asculum eben von Pyrrhus besiegte römische Feldherr schliesslich Sieger über Pyrrhus wurde. (Asculana pugna. Erasm., 329.)
Attische Muse, attischer Witz, attische Beredsamkeit. – Weil unter allen griechischen Völkerschaften die Attiker die höchste Bildung besassen. (Attica musa. Erasmus, 293.)
Attische Pfannkuchen (Backwerk, Leckerbissen). – Von allem Angenehmen und Wohlschmeckenden. (Erasmus, 550.)
Attische Treue. – Die Attiker hatten der Fides einen Tempel errichtet. (Attica fides. Erasm., 309.)
Ein attischer Zeuge. – Eigentlich ein unbestechlicher, ironisch von falschen Zeugen. (Atticus testis. Erasmus, 309.)
Azanäische Anstrengung (Mühe). – Von Azanäa, einer sehr unfruchtbaren Gegend in Arkadien, deren Bewohner unter vielem Schweiss nur wenig Früchte erzielten. (Azanaea mala. Erasm., 210.)
Ein batavisches Ohr. – Zur Bezeichnung von Geschmacklosigkeit und Mangel an Bildung. Die Bataver bewohnten [1465] damals die gallischen Küsten und galten den Römern als roh. (Auris Batava. Erasm., 501 u. 531.)
Böotische Räthsel. – Dunkle, verworrene, schwer verständliche Aussprüche. Von dem Räthsel, das die Sphinx dem Oedipus vorlegte. (Boeotica aenigmata. Erasm., 685.)
Böotisches Genie (Geist). – Alles Thörichte und Ungereimte hiess böotisch. (Boeoticum ingenium. Erasmus, 491.)
Böotisches Lied (Gesang). – Wenn jemand anfänglich in Ruhe und Glück lebt, sein Ende aber unruhig und stürmisch ist, wie der Gesang der Böotier, die mit Jubelliedern begannen und mit Klagegesängen endeten. (Boeotica cantilena. Erasm., 491.)
Böotisches Ohr. – Von einem Menschen, der dumm und einfältig urtheilt. (Boeotica auris. Erasm., 491.)
Böotisches Schwein. – Von ungelehrten, ungeschliffenen, wie von Menschen bäurischer Sitten. (Boeotica sus. Erasm., 491.)
Budorischer Brauch. – Suidas wendet die Redensart auf die an, welche werth sind, dass man ihnen wie den Ochsen die Haut abziehe. Die Budiner waren ein Volk Scythiens, so genannt, weil sie mit Ochsen fuhren. Budorus ist einer, der den Ochsen die Haut abzieht. (Budoro lege. Erasm., 892.)
Campanischer Hochmuth. – Von dem Uebermuth des Glücks. Campanien war einst eine so wohlhabende Gegend, dass Capua mit Rom um die Oberherrschaft stritt. (Erasm., 83.)
Ein chiisches Gelächter. – Von leichtsinnigem und muthwilligem Lachen. Auch die Sitten der Chier standen in der alten Komödie in keinem guten Rufe. (Risus Chius. Erasm., 815.)
Claudische Donnerwetter. – Von Menschen, die unmässig schreien und einen grossen Lärm machen. Claudius pulcher soll sie zuerst bei den Schauspielen zur Nachahmung des Gewitters veranstaltet haben. (Claudiana tonitrua. Erasm., 144.)
Cyprischer Ochse. – Von einem dummen und rohen Menschen. Die cyprischen Ochsen sollen sehr wild und unbändig gewesen sein. (Bos Cyprius. Erasm., 878.)
Ein cyrnischer Verlust (Schaden). – Von grossen Schäden und Verlusten, Plünderungen. Cyrnus, eine Insel, Apulien gegenüber. (Cyrnia jactura. Erasm., 468.)
Cythnische Leiden (Plagen, Ungemach). Die Cythnier, Bewohner von Cythnus, eine der cykladischen Inseln, sollen von Amphitryon derart geplagt worden sein, dass ihre Leiden sprichwörtlich wurden. (Cythnicae calamitates. Erasm., 467.)
Dädalische Arbeiten. – Von denen, die mit ausserordentlicher Geschicklichkeit und Kunstfertigkeit ausgeführt werden. (Daedali opera. Erasm., 429.)
Ein dädalisches Fahrzeug. – Um die Schnelligkeit zu bezeichnen. (Daedalium remigium. Erasm., 297.)
Daulische Krähe. – Wie die Nachtigall von den Dichtern genannt wird, weil Philomele zu Daulis in einen Vogel verwandelt ward. Von schön Singenden, aber auch von Schwätzern. (Daulia cornix. Erasm., 346.)
Delischer Schwimmer. – Sehr geübter. (Delius natator. Erasm., 684.)
Delphisches Schwert. – Von einer Sache, die man zu verschiedenen Zwecken gebraucht, weil es so eingerichtet war, dass man damit Opferthiere schlachten und Uebelthäter hinrichten konnte. (Delphicus gladius. Erasm., 75.)
Dodonische Schelle (Erz, Cimbel). – Zur Bezeichnung von ungelegener und unverschämter Geschwätzigkeit. (Dodonaeum aes. Erasm., 347.)
Dorische Muse. – Von Bestechlichen. Dorisch von doron (Geschenk). (Erasm., 646.)
Eherne Mauer. – Zur Bezeichnung des Festen, Unwandelbaren. (Murus aheneus. Erasm., 198.)
Gigantische Anmassung (Vermessenheit). – Von denen, die etwas anstreben, das über ihre Kräfte geht. (Gigantum arrogantia. Erasm., 89.)
Griechische Treue. – Für das, was sicher und zuverlässig ist. Plautus findet »griechische Treue« da, wo nicht mit Versprechungen, mit Worten, sondern mit baarem Gelde gehandelt wird. »Was wir haben wollen, werden wir mit griechischer Treue (mit baarem Gelde) kaufen.« (Graeca fide. Erasm., 429 u. 737.)
Herculanische Betten. – Weiche, kostbare. Beim Athenäus will jemand beweisen, dass Hercules ein weichliches, vergnügungssüchtiges Leben geführt habe und seine Arbeiten – Erfindung, Dichtung seien. (Herculani lecti. Erasm., 579.)
Eine herculische Krankheit. – Einige glauben, dass die Fallsucht darunter zu verstehen sei, an der Hercules gelitten haben soll, sowie unter einem »herculischen Jucken« eine wohlthuende heilbare Krätze. (Herculanum morbus. Erasm., 481. – Herculana scabies. Erasmus, 482.)
Ein herculischer Knoten. – Von treuer Freundschaft und andern schwer lösbaren Banden. (Herculanus nodus. Erasm., 940.)
Ein ionisches Gelächter (Lachen). – Von Schwelgern, Weichlingen und Vergnügungssüchtigen. (Risus Ionicus. Erasm., 577 u. 814.)
Ionische Tänze. – Wenig anständige, lüsterne. (Choreae Ionicae. Erasm., 577.)
Ionische Weichlichkeit s. Ionisches Gelächter.
[1466] Kadmeischer Sieg. – Ein auch für den Sieger unglücklicher. Die Kadmäer hatten zwar die Argiver besiegt, mussten aber später dafür büssen. (Cadmea victoria. Erasm., 458.)
Nach karischer Manier (Sitte, Weise). – Um das Anstössige, Schmuzige, auch in sittlicher Beziehung, zu bezeichnen. Auch: Mit karischem Fahrzeuge. (More Carico. Nave Carica. Erasm., 20.)
Ein karisches Grabmal. – Ein theueres, kostbares. Von den bei den Kariern befindlichem Grabmal des Mausolus (Mausoleum). (Caricum sepulchrum. Erasm., 779.)
Karisches Opfer. – Mageres, unschmackhaftes; von unschmackhafter Speise. Die Karier pflegten einen Hund zu opfern. (Carica victima. Erasm., 880.)
Kassischer Knoten. – Ein schwer lösbarer. Die Kassier, Bewohner einer ägyptischen Stadt, sollen die Geschicklichkeit besessen haben, wundervolle Knoten zu schürzen. Die Redensart wird von Verschlagenen gebraucht. (Cassioticus nodus. Erasm., 436.)
Kaunische Liebe. – Gesetzlich verbotene. Biblis liebte ihren Bruder Kaunis. (Caunius amor. Erasm., 66.)
Kimmerische Finsterniss. – Von den Kimmeriern, fabelhaften Einwohnern am Avernischen See, die (Homer, Odyssee, 11, 14 fg.) die Sonne nie beschien, vielleicht weil sie in Höhlen gelebt haben. (Cimmeriae tenebrae. Erasm., 127; Hanzely, 59, 60.)
Köchische Reden. – Aristophanes bezeichnet damit süsse, schmeichlerische Reden, weil die Köche es verstehen, auch herbe Speisen durch Gewürz wohlschmeckend zu machen. (Verbis coquinariis. Erasm., 35.)
Kolophonische Schuhe. – Für die, welche durch Koth gehen wollen und nicht blos die Sohle bedecken. Wer in schmuzigen Büchern lesen will, bedarf »kolophonischer Schuhe«. Das Gegentheil: sikyonische Schuhe. (Colophonium calceamentum. Erasm., 492.)
Eine kolophonische Stimme. – Eine entscheidende, weil die Kolophonier bei Stimmengleichheit durch ihre Stimme entschieden. (Colophonium suffragium. Erasmus, 729.)
Kolophonischer Uebermuth (Anmassung, Trotz). – Von solchen, die ihre Anmassung, ihr Stolz u.s.w. zu Grunde richtet. (Colophonia ferocia. Erasm., 751.)
Kolophonisches Gold. – Von reinen Sitten, edelm Charakter, hohem Geiste. Das Gold der Kolophonier galt für das beste. (Aurum Colophonium. Erasm., 438.)
Kretische Einigung (Freundschaft, Versöhnung). – Wenn sich bisher bittere Feinde aussöhnen, weil beide von demselben Uebel oder Ungemach betroffen werden. Wenn die Kreter sich untereinander bekämpften und auswärtige Feinde in ihr Land einfielen, so verbanden sie sich gegen diese, was man Synkretismus nannte. (Erasmus, 63.)
Lemnische Hand. – Gottlose, grausame, verruchte. (Lemnia manu. Erasm., 192 u. 469.)
Lemnisches Unheil. – Grosses, ungeheueres. Daher, weil die Weiber auf Lemnos einst alle ihre Männer ermordeten. (Lemnium malum. Erasm., 461.)
Lesbische Art. – Unanständig, schmuzig, gemein. (Lesbiari. Erasm., 504.)
Lesbische Regel. – Eine unzeitige oder verkehrt angewandte. (Lesbia regula. Erasm., 531.)
Ein lokrischer Vertrag. – Von Bund- und Vertragbrüchigkeit, weil die Lokrer das mit den Peloponnesern geschlossene Bündniss gebrochen und zu den Herakliden übergegangen waren. (Locrense pactum. Erasm., 426.)
Lydischer (auch herakleischer) Stein. – Von denen, die ein scharfes Urtheil haben, weil der Stein (unser Kieselschiefer) scharfe Kanten hat. (Lydius lapis. Heracleus lapis. Erasm., 528.)
Lydisches Ragout. – Kostbare Leckerbissen. (Lydorum carycae. Erasm., 552.)
Magnesisches Unglück. – Sehr grosses, oder solches, das auf den Anstifter zurückfällt. Von den Magnesiern, die durch Beleidigung einer Gottheit in grosse Bedrängniss geriethen. (Magnetum mala. Erasm., 461.)
Ein maltesisches Hündchen (Kätzchen). – Ein Schoshündchen oder -Kätzchen zum Vergnügen für müssige Frauen. (Melitaeus catulus. Melitaea catella. Erasmus, 439.)
Marianischer Maulesel. – Von einem Menschen, der durch schwere Arbeiten belastet ist. Aus dem Lager des Feldherrn Marius entlehnt, wo gewisse Soldaten sehr schwere Arbeiten zu verrichten hatten. (Muli mariani. Erasmus, 451.)
Mäsonische Reden. – Ausgelassene, muthwillige. Von einem Schauspieler Mäson. (Maesonica dicteria. Erasmus, 589.)
Megarische Ränke. – Die Megarer standen als Ränkeschmiede in übelm Rufe; desto günstiger lautete das Urtheil über die megarischen Töpfe. (Megaricum machinamentum. Erasm., 432.)
Ein megarisches Gelächter. – Von solchen, die durch Scherzreden eher einen Freund als einen Witz opfern. (Risus Megaricus. Erasm., 815.)
Eine mykonische Glatze. – Strabo erzählt, dass man gemeinhin die Mykonier Kahlköpfe genannt habe, weil dieser Fehler dort allgemein gewesen sei. (Myconius calvus. Erasm., 317.)
Nestorische Beredsamkeit. (Poetischer Honig.) – Um die Anmuth eines Greises im Reden zu bezeichnen. Von der Wohlredenheit Nestor's. (Nestoria eloquentia. Poetica mella. Erasm., 294.)
[1467] Oedipischer Fluch. – Von grossem, tragischem Unglück. (Oedipi imprecatio. Erasm., 282.)
Ein orphisches Leben. – So nennt Plato ein Leben frei von Schuld, Habgier, Schwelgerei u.s.w. Ein solches Leben soll Orpheus geführt haben. (Orphica vita. Erasmus, 534.)
Panagäischa Diana. – Von denen, die viel reisten, dann überhaupt von Leuten, die keinen festen Wohnsitz hatten, Unbeständigen, Vagabunden u.s.w. Weil die Diana überall herumschweifte. (Panagaea Diana. Erasmus., 421.)
Ein panischer Schreck. – Ein plötzlicher, leerer Lärm, weil die Alten glaubten, der Gott Pan sende dergleichen Bestürzung, wobei man die Besinnung verliere. (Panicus casus. Erasm., 386.)
Auf parische Manier handeln. – Von einem Uebereinkommen abgehen, sobald die Umstände sich vortheilhafter gestalten. (Repariazare. Erasm., 428.)
Papyrische Prügel. – Erfolglose Drohungen. Von Papyrius, dem seine Mutter vergeblich mit Prügeln drohte, um zu erfahren, was im Senat verhandelt worden sei. (Vapula papyria. Erasm., 164.)
Pellenischer Mantel. – Von Pellene, einer Stadt Achajas, wo viel Kleider verfertigt wurden. (Pellenaea Tunica. Erasm., 478.)
Der philotesische Becher. – Wenn alle zum Zeichen der Freundschaft aus demselben Becher oder Glase trinken. (Philotesius crater. Erasm., 59.)
Phocenser Fluch. – Die Phocenser hatten einmal infolge eines allgemeinen Volksbeschlusses die vaterländische Erde verlassen und Flüche und Verwünschungen darauf gesetzt, dass niemand wieder daran denken solle, ins Vaterland zurückzukehren. Man gebrauchte die Redensart daher auch von Eiden, die man unter Verwünschungen auf das Haupt derer, welche sie brechen würden, geleistet hatte. (Phocensium exsecratio. Erasm., 282.)
Ein phokischer (phocensischer) Entschluss. – Ein äusserster oder solcher Entschluss, den man aus Verzweiflung fasst, wenn man schon alles aufgegeben hat, wie die Phokier thaten, als sie mit den Thessaloniern im Kriege waren. Sie hatten Weiber und Kinder an einem Orte versammelt, eine grosse Masse Holz herbeigeholt und den Wächtern befohlen, falls sie die Schlacht verlören, sie zu verbrennen. (Phocensium amolitio. Erasmus, 283.)
Phönizische Verträge. – Treulose; solche, die man zum eigenen Vortheil in einem andern Sinne auslegt, als in dem sie geschlossen sind. (Phoenicum pacta. Erasmus., 426.)
Punische Treue. – Die Punier standen in dem übeln Rufe der Bundbrüchigkeit und Treulosigkeit. (Punica fides. Erasm., 429 u. 737.)
Rhadamantischer Schwur. – Eine Betheuerung der Wahrheit, bei der aber kein Gott angerufen wurde. Die Griechen pflegten bei den Köpfen anderer zu schwören, Sokrates auch bei einem Hunde, einer Gans. (Rhadamanthi jusjurandum. Erasm., 310.)
Rhadamantisches Gericht. – Von unbestechlichen Gerichten, nach einem Richter der Unterwelt, Rhadamantos. (Rhadamantum judicium. Erasm., 309 u. 534.)
Rhodisches Opfer. – Wenn etwas unter Hader und Zank gethan wird. (Rhodii sacrificium. Erasm., 816.)
Salamisisches Schiff. – Ein Schnellsegler. Von der Seeschlacht bei Salamis. (Salaminia navis. Erasm., 300.)
Sardonische Tinctur. – Von einer ausgezeichneten Farbe; im Scherz von jemand, der schamroth wird oder blutig geschlagen ist. Auf Sardon wurden verschiedene gute Purpurfarben verfertigt. (Tinctura Sardonica. Erasmus., 798.)
Saturnischer Augenbalsam. – Von blinden Hessen und solchen, die infolge ihres Alters albern worden. (Saturniae lemae. Erasm., 500.)
Sejanisches Pferd. – Wer dies Pferd besass, ging mit seinem ganzen Hause zu Grunde. Also von einem Verunglückten. (Equum habet Sejanum. Erasm., 458.)
Serefischer Frosch, s. ⇒ Frosch 85.
Ein sikulischer Soldat. – Von Personen, die des Gewinns halber keine Art von Dienstleistung verweigern. Die Sikuler bedienten sich zur Zeit des Hiero ausländischer Soldaten. (Siculus miles. Erasm., 174.)
Sybaritische Tafel (Tisch). – Von einem üppigen Mahle. Auch »syrakusischer Tisch«, weil auch die Syrakuser kostbar und prächtig zu leben pflegten. (Sybaritica mensa. Syracusana mensa. Erasm., 580.)
Sybaritisches Unheil. – Von denen, die wegen Sittenverderbniss ihren Untergang finden. (Sybaritica calamitas. Erasm., 463.)
Tänarisches Unglück. – Härte gegen Dienstleute und Untergebene. Weil die Lacedämonier die Gefangenen, die nach Tänarius geflohen waren, zum Tode verdammten. (Taenaricum malum. Erasm., 461.)
Tenedischer Advocat (Patron). – Ein Advocat, der eine Sache kurz und gut ausführt, den Knoten des Streits schnell zerhaut. Entlehnt von dem tenedischen Beile. (Tenedius patronus. Erasm., 529.)
Termerisches Ungemach. – Sehr grosses, besonders solches, das andern zugefügt ward, aber in der Folge das Haupt des Thäters trifft. (Termeria mala. Erasm., 590.)
Thessalische Sophismen. – Finten, Lügen, Schwindeleien. Von denen, die durch List jemand berücken. (Thessalorum commentum. Erasm., 425.)
[1468] Ein thessalisches Weib. – Von Frauen, die Meisterinnen in schlimmen Sachen waren, z.B. Giftmischerinnen. (Thessala mulier. Erasm., 316.)
Eine thrazische Finte. – Die Thrazier, welche mit den Böotiern einige Tage Waffenstillstand geschlossen hatten, aber dennoch Einfälle in das gegnerische Gebiet machten, erwiderten auf den Vorwurf der Vertragsbrüchigkeit, der Waffenstillstand sei nur auf Tage, nicht für die Nacht geschlossen. (Thracicum commentum. Erasm., 426.)
Ein titanischer Blick (Anblick). – Ein ernster, furchtbarer. (Titanicus aspectus. Erasm., 545.)
Toulousisches Gold. – Von denen, die schwere Schicksale treffen, die auf eine traurige Weise zu Grunde gehen. Daher, dass der römische Consul sammt seinen Leuten, mit denen er Toulouse geplündert hatte, goldbeladen ein elendes Ende nahm. (Aurum habet Tolosanum. Erasm., 436.)
Trojanische List. – Von dem trojanischen Pferde entlehnt. (Superavit dolum Trojanum. Erasm., 737.)
Ein trojanisches Schwein. – Ein mit andern Thieren angefülltes, für die Tafel zubereitetes Schwein. Um kostbare Gastmähler, wie mit allerhand Delicatessen vollgestopfte Menschen zu bezeichnen. (Porcus Trojanus. Erasm., 577.)
Tyrrhenische Fesseln. – Verhasste, drückende Geschäfte. Von den Fesseln, mit denen die Tyrrhener ihre Gefangenen banden. (Vincula Tyrrhena. Erasm., 701.)
Ulysseische Schlauheit. – Um List und Verschlagenheit zu bezeichnen, weil Homer den Ulysses schlau und verschlagen darstellt. (Ulysseum commentum. Erasm., 433.)
Vatinischer Hass. – Todhass. Von Vatinius, der vom römischen Volke aufs äusserste gehasst wurde. (Odium Vatinianum. Erasm., 702.)
*4. Es ist ein hölzernes Gelächter.
*5. Ich meine, ich richte ein Gelächter an, sagt jener, ich fiel mit dem Essen zur Thür hinein. – Latendorf II, 18.
*6. Sich zum Gelächter machen.
Frz.: S'exposer à la risée. (Kritzinger, 297.)
Buchempfehlung
»In der jetzigen Zeit, nicht der Völkerwanderung nach Außen, sondern der Völkerregungen nach Innen, wo Welttheile einander bewegen und ein Land um das andre zum Vaterlande reift, wird auch der Dichter mit fortgezogen und wenigstens das Herz will mit schlagen helfen. Wahrlich! man kann nicht anders, und ich achte keinen Mann, der sich jetzo blos der Kunst zuwendet, ohne die Kunst selbst gegen die Zeit zu kehren.« schreibt Jean Paul in dem der Ausgabe vorangestellten Motto. Eines der rund einhundert Lieder, die Hoffmann von Fallersleben 1843 anonym herausgibt, wird zur deutschen Nationalhymne werden.
90 Seiten, 5.80 Euro
Buchempfehlung
Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Nach den erfolgreichen beiden ersten Bänden hat Michael Holzinger sieben weitere Meistererzählungen der Romantik zu einen dritten Band zusammengefasst.
456 Seiten, 16.80 Euro