[985] 1. Aller Neid ist zwischen Nachbarn. – Petri, II, 7.
2. Besser der Neid als der Gotterbarm. (Rott-Thal.)
Böhm.: Radĕji v nenávisti, nežli v bídĕ trvati. (Čelakovský, 173.)
3. Besser der Neid des Feindes als das Mitleiden des Freundes.
Lat.: Praestat invidiosum esse quam miserabilem. (Philippi, II, 105.)
4. Besser Neid als Mitleid. (S. ⇒ Beneiden 1.)
Dän.: Bedre er avinds-plage end ynke og klage. (Prov. dan., 41.)
Frz.: Il vaut mieux faire envie que pitié.
Lat.: Insidiosum esse praestat quam miserabilem. (Marin, 6.) – Miseratione melior invidia. (Masson, 262.)
Poln.: Lepiéj że mi kto zajrzy, niż ja komu. (Masson, 261.)
Schwed.: Bättre wäcka afund, än medömkan. (Marin, 6.)
5. Dem Neid macht anderer Freude Leid.
Böhm.: V zlobĕ a závisti není stálosti, ani radosti. (Čelakovský, 109.)
6. Der Neid folgt dem Glück.
Lat.: Sola miseria caret invidia. (Sutor, 573.)
7. Der Neid guckt schon aus kleiner Kinder Augen.
Dän.: Avind reys aarle. (Prov. dan., 42.)
8. Der Neid hat eine hohe Stange, damit er kan durch die gantze Welt reichen. – Petri, II, 103.
9. Der Neid hat noch niemand reich gemacht. – Simrock, 7493.
10. Der Neid hat seine Freitafeln zu Hofe. – Parömiakon, 216.
11. Der neid hette gern nur ein aug, das der nechst gar blind wer. – Henisch, 420, 1; Petri, II, 103.
12. Der neid isset nichts böss. – Franck, I, 57b; Petri, II, 103.
Lat.: Optima cibus invidia. (Franck, I, 57b.)
13. Der Neid ist die schlimmste Krankheit.
Böhm.: Závist' nejhorší nemoc. (Čelakovský, 108.)
Poln.: Zazdrość największa choroba. (Čelakovský, 108.)
14. Der neid ist ein natter. – Franck, I, 58a; Gruter, I, 16.
Lat.: Invidia vipera. (Franck, I, 58a.)
15. Der Neid ist ein starker Wind, der nur die hohen Bäume umwirft, bei Stauden und Hecken streicht er vorüber.
16. Der Neid ist ein Thier, das die eigenen Beine benagt, wenn's keine andern haben kann. – Winckler, XIV, 73.
Die Russen: Der Neid ist eine grausame Hyäne, welche selber die Leichen aus den Gräbern scharrt. (Altmann VI, 477.)
Lat.: Justius invidiae nihil est, quae protinus ipsum auctorem rodit discruciatque animum. (Chaos, 408.)
17. Der Neid ist eine Eule, so das Licht eines andern Glücks nicht vertragen kann.
18. Der neid ist gegen jhm selbs ein rechter richter, gegen andere ein tyrann. – Franck, I, 58a; Petri, II, 103.
Schwed.: Afwunds man böör icke wittna. (Törning, 4.)
19. Der Neid ist in zeitlichen Dingen der Christen Feind, zum Himmel will er sein der beste Freund.
20. Der Neid ist jhm selbst allein günstig, sonst niemand. – Petri, II, 103.
21. Der Neid ist kaum geboren, so hat er schon Henker und Galgen zu Gefährten.
22. Der Neid ist sein eigen Schindmesser. – Sailer, 176.
Dän.: At hade er egen skade. – Avind æder der, som hun boer. – Hadeful hierte har altid smerte. (Prov. dan., 41.)
23. Der neid ist sein selbs leyd. – Franck, I, 58a; Petri, II, 103; Gruter, III, 71; Lehmann, II, 432, 36.
Lat.: Solita odia inter propinquos et affines. (Sutor, 569.)
Schwed.: Afwund är intet bättre än hon heter. (Grubb, 9.)
24. Der Neid ist uns angeboren.
Böhm.: Zâvist' dávno před námi se zrodila. (Čelakovský, 108.)
25. Der Neid kocht sein eigen Glieder. – Henisch, 1650, 37; Petri, II, 103.
26. Der Neid lachet nicht eher, biss ein Schiff mit Leuten vntergeht. – Petri, II, 103.
27. Der Neid last nicht wachsen, grünen oder aufnehmen. – Gansler, II.
[986] 28. Der Neid leid offt willig einen schaden, damit der nechst auch werd beladen. – Petri, II, 103.
29. Der Neid mag nichts essen, ausser sein Herz. – Sailer, 176; Simrock, 7470.
30. Der neid neidt sich selbs. – Franck, I, 58a; Gruter, III, 71; Petri, II, 103; Lehmann, II, 432, 37; Körte, 4514.
31. Der Neid will andern die Brücke ablaufen. – Eiselein, 491; Simrock, 7488.
32. Der neidt kraucht nit in ein ler scheuren. – Gruter, I, 17; Petri, II, 103; Lehmann, 545, 22; Lehmann, II, 426, 70; Schottel, 1124a; Eiselein, 491; Simrock, 7479; Sailer, 175; Körte, 4512.
Die Russen: Der Neid legt seine Sense nicht an ein mageres Feld. (Altmann VI, 306.)
Böhm.: Hloupost žavidí bohatému a posmívá se chudému. (Čelakovský, 108.)
Dän.: Avind boer ikke i øde huus. (Bohn I, 348; Prov. dan., 41.)
It.: La miseria è franca d'invidia. (Masson, 262; Pazzaglia, 180, 5.)
Lat.: Saepe liliis infestae spinae. (Sutor, 202.)
33. Der Nekt frässt de Lekt. (Siebenbürg.- sächs.) – Schuster, 1066.
34. Der Neyd ist ein Lakai dess Glücks.
Lat.: Malo nemo invidet. (Chaos, 409.)
35. Der neyd wächst aus Glück vnd Heyl. – Henisch, 1661, 15.
Böhm.: Plodí závidky cizi požitky. (Čelakovský, 108.)
36. Des Neides Mutter ist Eitelkeit.
»Der Neid ist der Eitelkeit legitimer Sohn.« (Welt und Zeit, V, 241, 316.)
37. Dess Neydes Hertz in Frewden steht, wenn es dem nechsten vbel geht. – Petri, II, 120.
Dann ist der Neid mit Schadenfreude verbunden. In dieser Beziehung sagt Schopenhauer (Ethik, S. 199): »Neid zu fühlen ist menschlich, Schadenfreude zu geniessen teuflisch.«
38. Durch Neid und Hass ist Jerusalem zerstört worden.
Jüd.-deutsch: Durch Kinne – Sinne is Jeruscholajim chorew geworden. (Tendlau, 952.)
39. Es ist kein ärgerer Neid als Weiberneid und Handelsneid.
»Nach dem Neide der Weiber in der Liebe kommt der Handelsneid.« (Welt und Zeit, V, 249, 373.)
40. Heimlicher neyd, eigener nutz, junger (kindischer) Rath Rom (Troja) vnnd andere Stätt zerstöret hat. – Lehmann, 599, 96; Chaos, 676.
»Das steet zu Kolmar auff dem rathhauss an der wand geschrieben.« (Pauli, Schimpff, LXXXVIIa.) – Auch Wahlspruch der Stadt Guben. (Schles. Provinzialbl., 1862, S. 567.)
41. Je grösser Neid, je grösser Glück.
Dän.: Jo større avind, jo bedre trevned. (Prov. dan., 41.)
42. Je mehr Neid, desto mehr Segen.
Lat.: Invidia immortale peccatum. (Bovill, I, 15.)
43. Käme der Neid in den Himmel hinein, er litte dort nur Höllenpein.
Böhm.: Závist' nedá do nebe. (Čelakovský, 108.)
Poln.: Przed zazdrością w niebie niebyć. (Čelakovský, 108.)
44. Kein Neid entwendt, was Gott mir gönnt.
45. Kein Neid fährt ins Grab.
46. Lass allen Neid, sonst wirds dir leid. – Petri, II, 431.
47. Lieber Neid, denn Mitleid. – Körte, 4515.
48. Neid beist. – Lehmann, 546, 36; Sailer, 176.
Holl.: Mijd nijd. – Nijd baart spijt. – Nijd bijt. (Harrebomée, II, 127b.)
49. Neid bringt dem Neider Leid. – Petri, II, 492.
50. Neid, durch Tugend erarnet, ist Ehre. – Körte2, 5664.
51. Neid findet sich in jeder Kunst.
Frz.: Envie en tout art est en vie. (Kritzinger, 279b.)
52. Neid folgt bis ans Grab, aber nicht hinein.
Böhm.: Závist' se po živých ráda vozi. (Čelakovský, 108.)
53. Neid frisst nichts Schlechtes. – Körte, 4513; Braun, I, 3005.
»Grosse Geister und grosse Reichthümer verfolgt der Neid unablässig. Die Mittelmässigkeit des Geistes und Vermögens ist die sicherste Bürgschaft der Ruhe im Leben.« (Welt und Zeit, III, 87, 55.)
[987] 54. Neid frisst (neidet) seinen eigenen Herrn. – Petri, II, 492; Eiselein, 491; Simrock, 7471; Masson, 261; Braun, I, 3004.
Böhm.: Kdo závistiv, sám sobĕ křiv. (Čelakovský, 108.)
Dän.: Det sygdom er for legemet, er avind for siĕlen. (Prov. dan., 41.)
Engl.: Envy shoots at others, and wounds herself.
Frz.: Envie est toujours en vie.
It.: L'invidia è tignuola dell' anima, trafigge la mente, e pasce il cuor dell' uomo. – L'invidia rode se stessa. (Marin, 4.) – Siccome il tarlo consuma il legno, così consuma l'invidia il corpo dell' uomo.
Lat.: Invidus invidia consumitur intus et extra. (Horaz.)
Poln.: Kto zazdraściw sam sobie krzyw. (Čelakovský, 108.)
Port.: Ao invejoso emma grece-lhe o rosto, in cha-lhe o olho. (Bohn I, 266.)
Schwed.: Afund fräter hwar hon bor. (Grubb, 9; Marin, 4; Rhodin, 2; Wensell, 5.)
55. Neid frisst sich selbst, wie Rost das Eisen.
Böhm.: Železo rez sežírá, a závistník od závisti umírá. (Čelakovský, 109.)
Dän.: Avind-syge æder sig selv som rust jernet. (Prov. dan., 42.)
Holl.: De nijd verteert zich zelven. (Harrebomée, II, 127a.)
Poln.: Kto zazdrościw, sam sobie krzyw. – Zazdrośc największa choroba. (Masson, 261.)
56. Neid gebiert verderblich End. – Petri, II, 492.
57. Neid gräbt andern ein Grab und fällt selber hinab.
Böhm.: Zavist' se cizí nehodou chladí, byt' vlastní se škodou. (Čelakovský, 109.)
It.: L'invidia fà ad altri la fossa, ed essa vi casca dentro. (Pazzaglia, 185, 2.)
Poln.: Nienawiść złym cudzym się chłodzi, choć jéj to saméj równo szkodzi. (Čelakovský, 109.)
58. Neid hat scharfe Augen.
Mhd.: Der nît gêt ûf siben stigen. (Renner.) (Zingerle, 109.)
59. Neid hat zu Hofe freie Tafel. – Körte2, 5678.
60. Neid, Hoffart, Uebermuth gewinnen selten grosses Gut. – Gerlach, 61.
61. Neid ist allzeit am Leben.
Frz.: Les envieux mourront, mais jamais l'envie. (Gaal, 1208.)
It.: Astio ed invidia non morì mai. (Gaal, 1208.)
62. Neid ist dem Menschen, was Rost dem Eisen. – Simrock, 7472; Körte, 4509; Körte2, 5665; Masson, 261; Braun, I, 3001.
63. Neid ist der Hund auf dem Heu.
Schwed.: Afwund sinker som hund på hö. (Grubb, 9.)
64. Neid ist der Prahlerei Geleit.
Um jemand zu warnen, sich der Gaben des Glücks oder der Natur, die er besitzt, zu rühmen. Homer sagt: »Hat dir der Himmel Gaben verliehen, besitze sie ruhig und schweigsam.«
Böhm.: Závist' nepředčí nad pýchou, než za ní v patách kluše. (Čelakovský, 109.)
65. Neid ist der Tugend Geleit (Gefährt). – Gaal, 1209.
»Tugend hat den Neid zum Feinde, Schmeichler sein des Glückes Freunde.« (Gerlach, 235.)
Lat.: Virtutis comes est invidia. (Cicero.) (Chaos, 406; Egeria, 323; Philippi, II, 256.)
66. Neid ist des Glücks Gefährte. – Petri, II, 492; Simrock, 7481; Körte, 4508; Braun, I, 3000.
Die Russen: Neid geht dem Glück zur Linken, Sorge zur Rechten. (Altmann VI, 460.) – Neid ist die Motte des Glücks. – Neid lässt die eiserne Tugend vorbeigehen und hängt sich dem silbernen Glück an. – Neid ist ein leckerer Kostgänger. (Altmann VI, 446, 455 u. 507.)
Mhd.: Wirde und nît diu zwei diu sint reht als ein muoter unde ir kint. (Tristan.) – Nieman mac ze langer zît grôz êre haben âne nît. (Freidank.) (Zingerle, 100.)
Dän.: Hvo ei har avind, har ei lykke. (Prov. dan., 41.)
It.: Crescendo i favori, crescono i dolori. – L'invidia è annessa alla felicità. – L'invidia è sommo male, perchè crepa dell' altri bene.
67. Neid ist des Narren Leid. – Petri, II, 492; Simrock, 7464; Körte, 4507.
68. Neid ist des Ruhmes Geleit.
»Neid,« sagt Schopenhauer (Ethik, 199), »ist Uebelwollen erregt durch fremdes Glück, Besitz oder Vorzüge. Kein Mensch ist ganz frei davon. Jedoch sind die Grade desselben sehr verschieden. Am unversöhnlichsten und giftigsten ist er, wenn auf persönliche Eigenschaften gerichtet, weil für den Neider keine Hoffnung bleibt, und zugleich am niederträchtigsten, weil er hasst, was er lieben und ehren sollte.« »Muss es doch die Sonne leiden, dass sie oft verdunkelt wird; ei, wie soll ich's denn vermeiden, dass der Neid mich nicht berührt.« (Gerlach, 197.)
Frz.: L'envie s'attache à la gloire.
It.: Non fu mai gloria senza invidia. (Marin, 4.)
[988] Lat.: Invidia comes fortunae (gloriae). (Rhodin, 2.)
Schwed.: Afunden är ärens (lyckans) fölgeslagare. (Marin, 4; Grubb, 9; Rhodin, 2; Wensell, 5.)
69. Neid ist dess teuffels kreidt. – Gruter, I, 61; Petri, II, 492; Simrock, 7463; Körte, 4505.
Frz.: L'envie suit la vertu comme l'ombre suit le corps. (Gaal, 1209.)
Lat.: Invidia virtutis comes. (Gaal, 1209.)
70. Neid ist ein Holtzwurm, der nagt das Holtz, darin er wächst, sonst niemand. – Lehmann, 544, 5.
Dän.: Nid er som træ-ormen, der fortærer det træ han voxer i, og ellers intet. (Prov. dan., 428.)
It.: L'invidia è tignuola dell' animo, la quale si mangia il senno e il sentimento.
71. Neid ist ein leid vnd ein frewd, doch allzeit verputzt. – Lehmann, 544, 1.
Mhd.: Nît tuot nieman herzeleit, wan im selben, der in treit. (Freidank.) (Zingerle, 108.)
72. Neid ist ein scharfes Augenwasser. – Petri, II, 492.
73. Neid ist ein Wucherer.
74. Neid ist Eiter in Beinen. – Petri, II, 492.
75. Neid ist Freud' und Leid zu gleicher Zeit.
76. Neid ist gegen jhm selb ein rechter Richter, gegen andere ein Tyran. – Gruter, III, 71; Lehmann, II, 432, 35.
77. Neid ist kein guter Fürsprecher.
Dän.: Avind var aldrig god talsmand. (Prov. dan., 41.)
78. Neid ist sein eigener Henker.
Dän.: Avind-syge er sin egen bødel. (Prov. dan., 42; Bohn I, 348.)
It.: L'invidia è carnefice di se stessa. (Pazzaglia, 185, 7.)
79. Neid ist seine eigene Geissel.
»Ein neidig vnd verbünstig hertz hat von innen vnnd aussen schmertz.« Die Russen: Der Neid ist ein Blutegel, der sich oft an Schwämme festsaugt. (Altmann VI, 390.)
80. Neid ist überall daheim.
Böhm.: Krom nebe všude závist'. – Všude závist' kromĕ nouze. (Čelakovský, 108.)
Poln.: Niecnotliwa zazdrość, chyba w niebie jéj niemasz. – W każdéj rzeczy zazdrość, chyba w nędzy nic. (Čelakovský, 108.)
81. Neid kan niemandt tragen, er sei dann grossmütig oder reich. – Franck, I, 69b.
Lat.: Invidiam ferre aut fortis aut foelix potest. (Franck, I, 69b.)
82. Neid kommt nicht weit.
Holl.: Nijd loopt niet wijd. (Harrebomée, II, 127b.)
83. Neid kompt auss freud. – Gruter, I, 61; Körte, 4511.
84. Neid legt alles übel aus.
85. Neid legt nichts zum bessten auss. – Lehmann, 546, 34.
Lat.: Ex nihilo multum facit.
86. Neid macht aus niedern Halmen hohe Palmen.
In Habesch: Der Ginsterstrauch wächst in den Augen des Neides zu einem Palmenwald aus. Die Russen: Neid sieht einen Wachholderstrauch für einen Tannenwald an. – In eines Neidischen Auge wächst der Pilz zur Palme aus. – Neid macht aus einem Ginster einen Tannenwald. (Altmann V, 114; VI, 386.)
87. Neid macht Leichen.
88. Neid macht Leid. – Körte, 4506; Körte2, 5661; Sailer, 67.
Engl.: Envy never enriched any man. (Bohn II, 7.)
89. Neid reichet nicht.
Man wird dadurch nicht reicher, dass man andere beneidet.
Böhm.: Závistí ještĕ nikdo nezbohatl. (Čelakovský, 109.)
Engl.: Envy never enriches any one.
It.: L'invidia non arricohisce l'invido.
90. Neid scherpffet das Gesicht. – Petri, II, 492.
91. Neid schlägt sich selbst. – Simrock, 7469.
92. Neid sicht schel, dass ein anderer gütig ist. – Lehmann, II, 432; Gruter, III, 72.
93. Neid siehet die mängel ehe, als was guts. – Lehmann, 546, 33.
Dieser Gedanke ist in russischen Sprichwörtern auf mannichfache Weise ausgesprochen: Neid sieht wol das Schiff, aber nicht das Leck. – Neid sieht die See, aber nicht die Riffe. – Neid sieht nur die Brücke, aber nicht den Sumpf, über den sie führt. – Der Neid sieht wol den Dnjepr, aber nicht dessen Fälle. (Altmann V, 89 u. 105.) – Neid sieht wol den Bärenpelz (die Schube), aber nicht die Motten. – Neidhart sieht nur das Beet, aber nicht den Spaten. – Neid sieht den Hecht im Karpfenteich für eine Goldforelle an. – Neid hängt dem Bettler einen Hermelin um die Schulter. – Neid hält Kuhdreck für einen Bäckerfladen. – Neid sieht einen [989] Sumpf für einen See an. – Neid sieht nur auf die gute Schale des Eies, nicht auf das faule Dotter. – Neid lässt aus faulen Enteneiern Schwäne brüten. – Neid sieht sauere Vogelbeeren für süsse Kirschen an. – Neid sieht grau für weiss an, der Kummer weiss für grau. (Altmann V, 98 u. 105; VI, 390, 413, 420, 421, 481 u. 510.)
94. Neid steigt nur in die Höhe.
Und reisst die Leute vom Gipfel ihres Glücks.
95. Neid stirbt nicht.
Böhm.: Paní závist' jĕstĕ živa. – Všemu konec kromĕ závisti. (Čelakovský, 108.)
Dän.: Avind døer ikke, men de avind-syge. (Prov. dan., 41.)
Frz.: Envie est toujours en vie. (Kritzinger, 279b.)
It.: L'invidia non muore mai.
96. Neid sucht böse Weg. – Petri, II, 492.
97. Neid thut ihm selbst den grossesten Schaden. – Petri, II, 492.
Lat.: Qui invident, egent, illi, quibus invidetur, rem habent. (Plautus.) (Philippi, II, 133.)
Schwed.: Afwundsjuker haar sielwer wärst. – Swartsiuken dräper ingen. (Grubb, 773.)
98. Neid thut niemand Herzeleid, als demselben, der ihn treit. – Eiselein, 491.
99. Neid thut sich selbst leid. – Eiselein, 491; Simrock, 7465; Gaal, 1210; Sailer, 70.
Kat.: Invidus alterius rebus macrescit opimis. (Horaz.) (Binder I, 797; II, 1556; Froberg, 396; Gaal, 1210; Philippi, I, 208; Schonheim, J, 27.)
100. Neid und Hass wohnen in Einem Fass. – Schulfreund, 85, 11.
101. Neid und Misgunst fehlen nicht. – Gaal, 1208.
Lat.: Quisque mortalium invidiae obnoxius est. (Gaal, 1208.)
102. Neid und Schelsucht sind unsterblich, Freundschaft und Liebe gläsern. – Sailer, 346.
103. Neid und Schlemmerei sind des Teufels beste Leimruthen.
Dän.: Af lasterne er avind ældst, hoffærdighed størst, fylderie slemmest. (Prov. dan., 41.)
104. Neid und Zorn würgt den Thorn. – Schottel, 1124a.
105. Neid verbittert das Leben.
106. Neid vergönnt1 einem auch die Sonne. – Gruter, III, 72; Lehmann, II, 432, 39.
1) Die Vorsilbe »ver« verneint hier den Inhalt der Hauptsilbe und steht in der Bedeutung von »nicht« oder »mis«. – Aber er kann ihren Schein nicht hindern.
Böhm.: Závist' ujímá ale moci nemá. (Čelakovský, 108.)
107. Neid vnd Feindschafft macht Narren. – Petri, II, 492.
108. Neid vnd Zorn macht vngesunde Leut. – Petri, II, 492.
109. Neid wird zu Hof geboren, im Closter ernert, stirbt im Spital. – Gruter, III, 72; Pistor., VII, 78; Lehmann, II, 432, 40; Winckler, XV, 56; Körte, 4520; Klosterspiegel, 13, 17; Braun, I, 3009; Kloster, VIII, 515.
Bei Sailer (S. 81) wird er, bevor er ins Kloster geht, auf der Universität erzogen.
Dän.: Nid bliver fød til hove, opfød i kloster, død i hospital. (Prov. dan., 428.)
Holl.: De nijd wordt in het hof geboren, erft in het klooster en sterft in het hospital. (Harrebomée, II, 127a.)
It.: L'invidia nasce nelle corti, e muore spesso nello spedale. (Pazzaglia, 185, 4.)
Lat.: Quinque habet invidia proles: Luxuratio, detractio, in adversis exultatio, in prosperis proximi afflictio et mortis acceleratio. (Chaos, 409.)
110. Neidt wirdt jhm selbs leid. – Gruter, I, 61; Petri, II, 492; Schottel, 1124a.
111. Neid zeucht nur bey grossen Herren ein. – Gruter, III, 72; Lehmann, II, 432, 41; Simrock, 7491.
112. Neyd ist sein eigen leid; er frist vnd nagt sich selbst. – Lehmann, 545, 21.
113. Neyd volgt der ere. – Werdea, Biiij.
Frz.: L'envie suit la vertu comme l'ombre suit le corps. (Lendroy, 503.)
114. Ohn neyd ist kein fraw noch herrschaft. – Henisch, 1197, 68.
115. Ohne Neid lebt niemand in der Welt.
Lat.: Invidiam virtus peperit, partamque tuetur, ex virtute unum nascitur hoc vitium. (Chaos, 409.)
116. Verborgener Neid ist ein zweifachs Vbel. – Petri, II, 566.
117. Was einem der Neid nachsagt, hört man gern.
Lat.: Obtrectatio et livor pronis auribus accipiuntur. (Tacitus.)
[990] 118. Wenn der Neid in den Spiegel sieht, muss er sich schämen.
119. Wenn Neid die Wahl hat, so ist ihm Barrabas lieber als Christus.
Schon Petrarca klagt: »Man scheint mehr als andere die zu neiden, die, durch der eigenen Flügel Kraft gehoben, aus dem gemeinen Käfig aller scheiden.«
120. Wenn Neid ein fieber were, so were die Welt schon gestorben. – Lehmann, 545, 11.
Dän.: Var avind en feber, da var all verden sig; var hun en pest, da var verden længe siden uddød. (Prov. dan., 41; Bohn I, 402.)
It.: Se l'invidia fosse una febbre, tutto il mondo l'haverebbe (sarebbe infermo). (Gaal, 1208; Pazzaglia, 185, 8.)
Lat.: Si foret invidiae rabies certissima febris, certe jam dudum mundi obiisset opus. (Grubb, 684.)
Schwed.: Om afund wore feber, så wore hela werlden sjuk. (Grubb, 614; Wensell, 62.)
121. Wenn Neid eine Krankheit wäre, so würde die Welt ein Spital sein. – Winckler, XI, 9.
122. Wenn Neyd brent wie fewer, were das Holtz lengst nicht so thewer. – Gruter, III, 97; Lehmann, II, 863, 44; Gerlach, 26; Birlinger, 1171; Simrock, 7490; Körte, 4510; Braun, I, 3008; Aarg. Taschenb.; Welt und Zeit, V, 86.
Das Haus im Wiesenthal, in dem Hebel als Knabe lebte, hatte die Inschrift: »Wenn Neid und Holz brennen wie ein Feuer, wär' Holz und Kohlen nit so theuer.« Die Russen: Wenn der Neid wie Talg röche, man könnte es vor Stank nicht aushalten. (Altmann VI, 421.)
Lat.: Odium est vetus ira ex pluribus causis collecta diurno tempore perseverans. (Sutor, 571.)
123. Wer dem Neide einen Nagel zum Sarge schlagen will, muss andere loben.
124. Wer durch Neid will schaden, wird selbst mit angst beladen. – Petri, II, 697.
125. Wer ohne Neid will leben, muss mild sein und gern geben.
126. Wer will sein ohne Neid, erzähle niemand seine Freud'.
»Wilt ohn Neid sein, verschweig dein Glücke.« (Sutor, 569.)
127. Wider Neid ist Tugend das beste Schild und Kleid.
Dän.: Ved speyl dræbes basiliskan, ved dyd dræbes misundere. (Prov. dan., 118.)
128. Wiltu sein ohn neid, so sag dein glück mit vnterscheid. – Gruter, I, 85.
Lat.: Jactantiae comes invidia. (Philippi, I, 184.)
129. Wiltu sein on neid, so sag dein glück nyemandt. – Franck, I, 59b; Henisch, 1666, 7; Egenolff, 326b; Schottel, 1126b; Körte, 4510; Braun, I, 3007.
Lat.: Propter invidiam vela opulentiam. (Franck, I, 59b.)
130. Wo Neid wuchert, kann Verdienst nicht aufkommen. – Körte2, 5675.
*131. Das muss ihm der Neid lassen.
*132. Den wird der Neid noch selber auffressen.
*133. Der blasse Neid.
Mhd.: Grüene gel und weitîn sol diu nîtvarwe sîn. (Freidank.) (Zingerle, 108.)
*134. Der Neid guckt ihm aus dem Arsche heraus. (Nürtingen.)
*135. Der Neid reitet ihn.
Holl.: Hem rijdt de nijd. (Harrebomée, II, 127b.)
*136. Der Neid sieht ihm aus den Augen heraus. – Körte2, 5678a; Braun, I, 3003.
Holl.: De nijd ziet hem oogen uit. (Harrebomée, II, 127a.)
137. Der Neid ist das schädlichste unter den Wilden, die Schmeichelei unter den Zahmen.
Lat.: Ex bestiis maxime exitiabiles inter feras invidia, inter mansuetas adulatio. (Sailer, Sprüche, 186, 95.)
138. Der Neid macht aus Menschen ein Otterngezücht.
Lat.: Invidia vipera. (Sailer, Sprüche, 131, 115.)
139. Der Neid sitzt grossen Männern auf dem Nacken. – Kornmann, V, 7.
140. Der Neid steht früh auf.
141. Es ist kein grösser Neid als der München, Hoffleit und alten Weiber. – Monatsblätter, VI, 185, 7.
142. Neid ist des Teufels Leibfarb.
Grün und gelb läuft des Neidischen Gesicht an. »Grün, gel vnd weitin sol die neitvarbe sin.« (Renner, 13970; Rochholz, Deutscher Glaube, II, 283.)
143. Neid lässt niemand ungeheit. – Scharfenberg, Oberhessen, 43.
144. Was voll Neyd, nicht lang bleibt. – Dietrich, 203.
145. Wem man Neid beim Leben beweist, der wird nach dem Tode sehr gepreist. – Monatsblätter, VI, 190, 15.
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