[720] Kroatien-Slawonien (kroat. Hrvatskai Slavonija, magyar. Horvát-Szlavonország, spr. hórwāt ßláwōnórßāg), Königreich, das mit der ehemaligen kroatisch-slawonischen Militärgrenze einen Bestandteil der Länder der ungarischen Krone bildet (s. die Karten »Österreich-Ungarn« und »Ungarn«). Es grenzt im W. an das Adriatische Meer, Istrien, Krain und Steiermark, im N. und O. an Ungarn und im S. an Dalmatien, Bosnien und Serbien und hat einen Flächenraum von 42,531 qkm (772,4 QM.). Hiervon nimmt das kroatische Gebiet 13,524 qkm, das slawonische 9435 qkm und die ehemalige Militärgrenze 19,571 qkm ein. In orographischer Beziehung wird das Land von der Kulpa in zwei voneinander verschiedene Gebiete geteilt, in eine nördliche, von den Ausläufern der südöstlichen Alpen durchzogene, waldreiche und fruchtbare Alpenlandschaft und in ein südliches, von kalkartigem Karstgestein erfülltes rauhes Hochland. Die Alpenausläufer dringen mit ihren schmalen und sich gegen O. zu verflachenden Höhenzügen von der krainischen und steierischen Grenze in östlicher Richtung in die von der Drau, Donau und Save begrenzte, sich allmählich verengernde Landzunge bis an die Theißmündung und werden im N. und S. von breiten, ebenen Streifen eingefaßt, die sich längs der Drau und Save hinziehen. Der 350 km lange nördliche Gebirgszug beginnt mit dem an der Grenze gegen Krain sich erhebenden Uskokengebirge (1175 m) und dem Matzelgebirge (bis 620 m), an das sich südlich das Ivančicagebirge (1061 m) und das Sljeme- oder Agramer Gebirge (1035 m), östlich das Kalnikgebirge (645 m) anschließen. Der nun folgende niedrige Zug des Bielo Vrh bildet eine Verbindung mit den südöstlichen slawonischen Berggruppen, die im Czerni Vrh 827 m, im Papuk 954 m, im Brezovo Polje (Psunj) 987 m Höhe erreichen. Im O. des Landes taucht als letzter Alpenausläufer das Vrdnikgebirge oder die Fruška Gora (546 m) auf. Im Karstgebiet des südwestlichen Hochlandes, das dem System der Dinarischen Alpen und der Balkangebirge angehört, unterscheidet[720] man den von Fiume bis Novi reichenden Kroatischen oder Liburnischen Karst mit dem Risnjak (1526 m), seine Fortsetzung: den Velebit (am Adriatischen Meer, mit dem Sveto Brdo, 1753 m, im S.), die Große Kapela mit dem Klek (1182 m) und der Biela Lasitza (1733 m) und die Kleine Kapela mit der Mala Goritza (1182 m), endlich an der bosnischen Grenze das Plješivicagebirge (1660 m). Zwischen diesen Kalkmassen breiten sich die Mulden von Ogulin, Otočac, Gospič und Korenitza aus. Die waldigen Bergzüge zwischen Kulpa und Unna (das sogen. Zrinygebirge) sind niedrig (610 m). Unter den Gewässern sind außer der Donau die wichtigsten die Drau mit vielen kleinern Nebenflüssen und die Save mit der Kulpa, Unna, Lonja etc. Die Kulpa wird durch den Abfluß der im Kleinen Kapelagebirge befindlichen 13 Plitwica-Seen und durch die Glina verstärkt. Zu den verschwindenden Schlundflüssen im Karst gehören die Gačka, Lika u. a. Nach Dalmatien fließt die Zermanja ab. Das Areal der Sümpfe beträgt ca. 5000 qkm. Unter den warmen Mineralquellen sind die vorzüglichsten: Krapina-Teplitz, Warasdin-Teplitz, Topusko, Lipik und Daruvár. Als Seebad ist Cirkvenica nennenswert. Besonders benannte Berg- und Flußgebiete sind die Moslavina (das Weinland nördlich vom Fluß Lonja), die Kraina (längs der bosnischen und serbischen Grenze), die Podravina (das Draugebiet von Warasdin bis Essek), die Posavina (das schmale Tiefland zu beiden Seiten der Save von der krainischen Grenze bis zur Unna und die Fortsetzung am linken Ufer bis zur Donau), Turopolje, an der Save zwischen Agram und Sissek, und Zagorien (das »Hintergebirge«, d. h. das reizende Gebirgsland nördlich von Agram).
Die Küste des Adriatischen Meeres ist ebenso wie die südliche Hochebene Kroatiens den Stürmen der Bora und des Schirokko häufig ausgesetzt. Das Klima des nördlichen Gebiets ist gemäßigt warm. Die mittlere Jahrestemperatur von Agram beträgt 10,7°, von Fiume 13,5° (im Januar 5°, im August 23°), auf dem rauhen Karst dagegen 86°. Die Regenmenge des flachen Landes (60 cm im Jahre) steigt an der Seeküste und im Karsthochland um das Doppelte (bis 130 cm).
Die Zivilbevölkerung besteht aus (1901) 2,400,766 (mit Militär 2,416,304) Einw. (gegen 2,186,410 im J. 1890), wovon 1,209,333 männlichen und 1,206,971 weiblichen Geschlechts sind. Die Dichtigkeit der Bevölkerung beträgt 56,8 auf 1 qkm (gegen 51,8 im J. 1890). Der Nationalität nach sind die Einwohner überwiegend (87 Proz.) Südslawen (darunter 1,478,825 Kroaten, 610,909 Serben). Der Rest besteht aus 134,000 Deutschen, 90,180 Magyaren, ferner aus Rumänen, Italienern und andern Volksstämmen. Der Religion nach zählt man 1,710,425 Römisch-Katholische (71 Proz.), 12,819 Griechisch-Katholische, 612,604 Griechisch-Orientalische, 29,785 Evangelische, 13,843 Reformierte und 20,032 Israeliten. Es bestehen 47 römisch-katholische und 18 griechisch-orientalische Klöster. Die Deutschen sind teils Handwerker, teils Beamte, in Slawonien auch Kolonisten; die Magyaren leben meist in den slawonischen Komitaten, die Italiener in einigen Küstenstädten. Die Kroaten (eigentlich Chorwaten, von Chora oder Gora, »Berg«, also Gebirgsbewohner) sind ebenso wie die Slawonier ein kräftiges Volk von hohem Wuchs mit gebräunter Hautfarbe. Der Kroat trägt enge weiße Beinkleider aus Halinatuch. Überdies gehören zur Volkstracht Bundschuhe (opanke), ein weißer Mantel und ein schwarzer, runder, breitkrempiger Hut (s. Tafel »Volkstrachten II«, Fig. 4 u. 5).
In K., wo 85 Proz. der Bevölkerung von der Urproduktion leben und 94 Proz. der Bodenfläche produktiv sind (im Karstgebiet nur 81,5 Proz.), entfallen vom produktiven Boden 32 Proz. auf Ackerland und Gärten, 38 Proz. auf Wald (meist Buchen u. Eichen), 23 Proz. auf Wiesen und Weiden und 1 Proz. auf Weingärten (im Gebiet der ehemaligen Militärgrenze umfassen Wald und Weide je 28 Proz.). Hauptprodukte sind: Getreide und zwar (1903, in Millionen metrischen Zentnern) Weizen 3,7, Roggen 1,4, Gerste 0,7, Hafer 0,9, Mais 5,2; ferner Hülsenfrüchte, Hirse, Raps, Kartoffeln, Kraut, Rüben, Flachs, Hanf, Holz, Pflaumen und Wein (letzterer namentlich in Syrmien); Tabak gedeiht um Požega am besten. Die Pferde- und Rindviehzucht wird (besonders in Slawonien) mit Erfolg betrieben, weniger die Schafzucht, dagegen begünstigen die Eichenwälder Slawoniens die Schweinezucht und der reichliche Obstbau die Erzeugung des Pflaumenbranntweins (Slibowitz). Nach der letzten Zählung (1895) betrug die Zahl der Pferde 311,359, jene des Hornviehs 908,780, der Schafe 595,902, der Ziegen 22,418, der Schweine 882,952, der Esel 2459, der Maulesel 1002, des Geflügels 3,349,208 und der Bienenstöcke 96,334 Stück. In Slawonien wird jetzt auch der Seidenbau wieder mit Erfolg betrieben. Fische liefern die Flüsse in Menge, Blutegel die Sümpfe und Teiche, namentlich um Essek. Nur an Erzen und Mineralien ist K. arm (Schwefelgruben in Radoboj, Eisenbergbau um Rude); die bedeutenden Braunkohlenflöze zwischen Drau und Kulpa sind nur zum Teil bloßgelegt; die größten Kohlengruben befinden sich bei Rasinja im nordwestlichen K. Jüngst wurden im Velebitgebirge durch eine Gesellschaft deutscher Kapitalisten mehrere Hochöfen errichtet. Die Industrie beschränkt sich zumeist auf die städtischen Gewerbe, wogegen die Hausindustrie auf dem Lande noch immer den größern Teil des Bedarfs deckt. Letztere erstreckt sich hauptsächlich auf Spinnerei und Weberei (insbes. Teppiche und in Syrmien auf seine, fast durchsichtige Baumwoll- und Seidengewebe [Misir] nach orientalischem Muster) und beschäftigt gegen 17,000 Männer und 145,000 Frauen. Unter den Gewerben ragt namentlich die Holzindustrie hervor. Das Fabrikwesen beginnt sich erst neuerdings zu entwickeln. Von bedeutendern Fabrikunternehmungen bestehen 110 (mit 9892 Arbeitern) für Zement, Glas, Papier, Sessel, Möbel, Parkette, Maschinen, Leder, Steingut, Tannin, Ziegel, Holzwaren, Tabak (Fabriken in Agram und Zengg), Branntwein (Zahl der Brennereien über 23,000), Kognak, Bier, Salami etc. Außerdem gibt es eine größere Schiffswerft, viele Dampfsägen, Kunstmühlen, Baumwollspinnereien und-Webereien. Die Anzahl der Gewerbtreibenden beläuft sich auf 30,000. Der Handel erstreckt sich besonders auf Getreide, Holz, Wein und sonstige Naturprodukte. Im Küstenlande steigt die Ausfuhr an Nutzholz (Faßdauben, Bäume zu Schiffsmasten etc.) fortwährend. Aus Slawonien werden große Mengen von Getreide, rohen Fellen und Häuten, dann Ochsen, Schweine, Honig, Obst (insbes. Pflaumen und Äpfel), Slibowitz und Wachs ausgeführt. Die Einfuhr umfaßt alle Arten von Manufaktur-, Luxus- und Kunstgegenständen. K. hat 10 Seehäfen (Buccari, Porto-Ré, Selcze, Novi, Zengg, Cirkvenica, San Giorgio, Stinizza, Jablanacz und Carlopago). Die Küstenschiffahrt vermitteln die Dampfer der Ungarisch-Kroatischen Schiffahrtsgesellschaft[721] (s. Fiume). Die bedeutendern Handelsplätze für den Landverkehr sind: Agram, Sissek, Essek und Vukovár. Denselben vermitteln, abgesehen von der lebhaften Schiffahrt auf den Hauptflüssen (von denen außer der Donau auch die Drau von Légrád an, die Save von der Landesgrenze an und die Kulpa von Karlstadt an fahrbar sind) und drei ehemals sehr wichtigen Kunststraßen (Luisen-[Karlstadt-Fiume], Josephinen-[Karlstadt-Zengg] und Karolinenstraße [Karlstadt-Porto Ré]), insbes. die Staatsbahnlinie Gyékényes-Agram-Fiume, ferner Agram-Doberlin und Agram-Brod (gegen Bosnien), schließlich Brod-Dálya-Essek (gegen Bosnien, Ungarn und Serbien). Die Gesamtlänge der Eisenbahnen beträgt 1808 km. Pferdebahnen verkehren in Agram und Essek. K. hat 198 Geldinstitute, darunter 75 Sparkassen, 21 Banken und eine Hypothekenbank. Handels- und Gewerbekammern bestehen in Agram, Essek und Zengg. Der Stand der geistigen Kultur ist verhältnismäßig noch niedrig. Es gibt (1903) 1441 Volksschulen mit 2670 Lehrern u. 210,549 Schülern. Im ganzen waren 44 Proz. (1890 nur 32 Proz.) der Bevölkerung des Lesens und Schreibens kundig. Seit 1874 besitzt K. eine Universität (in Agram) mit (1903) 86 Lehrern und 934 Studierenden, darunter 14 weiblichen. Seit 1898 besteht daneben eine Forstakademie. Gymnasien gibt es 9, Realgymnasien 9, mit zusammen 329 Lehrern und 6898 Schülern (Realschulen fehlen in K.). Ferner bestehen ein Mädchenlyzeum, 6 Präparandien, 3 bischöfliche Seminare, eine Landes- und 5 städtische Musikschulen, eine landwirtschaftliche Schule (in Kreutz), eine nautische Schule (in Buccari), 5 höhere und 74 niedere Handels- und Gewerbeschulen mit zusammen 7222 Schülern, 4 Blinden- und Taubstummeninstitute und 4 Gefängnisschulen. Außerdem gibt es in K. eine südslawische Akademie der Wissenschaften und Künste, mehrere Bibliotheken, Museen und wissenschaftliche Vereine. Für die Hebung der kroatischen Sprache und Nationalliteratur herrscht in den gebildeten Kreisen reger Eifer. Zeitungen u. Zeitschriften erschienen 1903: 114.
Der politischen Einteilung nach bestand Kroatien früher aus fünf Komitaten (Agram, Belovár, Fiume [ohne Stadt Fiume], Kreutz und Warasdin); Slawonien aus drei Komitaten (Požega, Syrmien und Virovititz) und außerdem aus der ehemaligen kroatisch-slawonischen Militärgrenze (Grenzgebiet). Seit 1886 ist K. samt dem Grenzgebiet in folgende acht neugebildete Komitate eingeteilt: 1) Lika-Krbava, Amtssitz Gospič; 2) Modruš-Fiume, Amtssitz Ogulin; 3) Agram, Amtssitz Agram; 4) Warasdin, Amtssitz Warasdin; 5) Belovár-Kreutz, Amtssitz Belovár; 6) Požega, Amtssitz Požega; 7) Virovititz (Veröce), Amtssitz Essek; 8) Syrmien, Amtssitz Vukovár. Hauptstadt des Landes ist Agram. Das Land zählt 16 Städte mit geordnetem Magistrat, darunter 3 Munizipien, ferner 7829 Ortschaften, die 529 politischen Gemeinden angehören.
Zufolge des 1868, bez. 1873 mit Ungarn getroffenen staatsrechtlichen Ausgleichs besitzt K. hinsichtlich der innern Verwaltung, der Kultus- und Unterrichtsangelegenheiten und des Justizwesens (die Seegerichtsbarkeit ausgenommen) die Autonomie. Gemeinschaftlich sind die Militär-, Finanz- und Münzangelegenheiten, das Handels-, Gewerbe-, Bank- und Verkehrswesen, das See-, Handels- und Bergrecht und die Gesetzgebung über die Staatsbürgerschaft. Von seinen Einnahmen trägt K. zu den gemeinsamen Ausgaben Ungarns 56 Proz. bei, 44 Proz. bleiben zur Bestreitung der eignen autonomen Verwaltung. 1901 betrugen die Einnahmen von K. 44,683,723 Kronen; nach Abzug der Manipulationsausgaben verblieb eine Reineinnahme von 36, 120, 150 Kr. 56 Proz. dieser Summe (= 20,227,284 Kr.) wurden auf die Deckung der mit Ungarn gemeinsam bestehenden Auslagen verwendet und 44 Proz. (= 15,892,866 Kr.) zur Deckung der autonomen Auslagen von K. Ungarn deckte ferner das seit 1899 steigende jährliche Defizit, das 1904 auf 3,8 Mill. Kr. veranschlagt wurde. 1902 und 1903 konnte die Landesregierung kein Budget vorlegen; jenes für 1904 weist ein Erfordernis von 20,6 Mill. Kr. auf. In das Oberhaus des ungarischen Reichstags entsendet K. außer den Erzbischöfen, den Bischöfen und dem Großpropst des Agramer Domkapitels 3 Mitglieder, in das ungarische Abgeordnetenhaus 40 vom kroatisch-slawonischen Landtag gewählte Abgeordnete, die auch das Recht haben, sich bei den Parlamentsverhandlungen der kroatischen Sprache zu bedienen. Der kroatisch-slawonische Landtag besteht aus dem Erzbischof von Agram, dem Metropoliten von Karlowitz, den 6 Diözesanbischöfen, dem Agramer Großpropst, den Obergespanen, dem Comes des privilegierten Distrikts Turopolje, den großjährigen Magnaten und 112 auf 3 Jahre gewählten Abgeordneten. Im ungarischen Ministerium vertritt ein Minister ohne Portefeuille (der Minister für Kroatien-Slawonien-Dalmatien) die Interessen des Landes. Die oberste Verwaltung übt die königliche Landesregierung in Agram aus, an deren Spitze der dem Landtag verantwortliche, auf Vorschlag des ungarischen Ministerpräsidenten vom König ernannte Banus steht. Als Gerichtsbehörden fungieren in oberster Instanz die königliche Septemviraltafel in Agram, in zweiter die königliche Banaltafel und in erster Instanz 9 königliche Gerichtshöfe und 69 Bezirksgerichte. Die finanzielle Verwaltung wird durch 6 Finanzdirektionen geleitet. Das kroatische Wappen (s. Tafel »Österreichisch-Ungarische Länderwappen«, Fig. 15) zeigt ein von Silber und Rot geschachtes Feld; der slawonische Wappenschild enthält einen Marder im roten Felde zwischen zwei silbernen, wagerecht im Blau durchlaufenden Strömen, über diesen einen goldenen Stern. Beide Wappen tragen eine Königskrone (Fig. 8 des Textblattes zur genannten Tafel). Die Landesfarben des kroatisch-slawonisch-dalmatinischen Königreiches sind Rot-Weiß-Blau.
Das heutige Kroatien, im Mittelalter vorzugsweise Slavonia genannt, während das heutige Hochkroatien, Türkisch-Kroatien und Bosnien den eigentlichen Kern des historischen Croatia ausmachten, war in den ältesten Zeiten von den illyrischen Pannoniern bewohnt, nach deren Besiegung durch Octavianus (35 v. Chr.) es zur Provinz Pannonien gehörte. Bei der Teilung des römischen Reiches (395 n. Chr). wurde es zum abendländischen Reiche geschlagen. In den Stürmen der Völkerwanderung wechselte es oft seine Besitzer. 489 geriet Kroatien in die Gewalt der Ostgoten, dann 535 in jene Justinians, 568 in jene der Avaren, bis endlich zur Zeit des oströmischen Kaisers Heraklios 634638 die von Norden einwandernden slawischen Kroaten (Chorwaten, Chrobaten; s. auch Belochrobaten) es in dem angedeuteten Umfang eroberten und dem Lande seinen heutigen Namen gaben. Vorübergehend kam es dann unter die Botmäßigkeit Karls d. Gr. und nahm auch von römischen Glaubensboten das Christentum an.[722] 877 unterwarfen sich die Kroaten den griechischen Kaisern, machten sich aber nach wiederholten Kämpfen um 900 wieder unabhängig und bildeten ein selbständiges Reich. Als Vorkämpfer für die nationale Unabhängigkeit machte sich Timislaw (Tomislaw) bekannt, der um 910 den Königstitel annahm. Ihm folgten bis 1102: 12 nationale Könige, unter denen Crescimir (Kresimir) I. und Miroslaw, noch mehr aber Crescimir II., der Große (100935), hervorragten, der sich den Bulgaren furchtbar machte. Er eroberte das ganze dalmatische Küstenland bis Ragusa. Im Besitz der Seeküste, erbauten die Kroaten eine große Flotte, mit der sie erst Seeraub, dann aber auch Handel trieben. Zu Ende des 10. Jahrh. zahlten die Venezianer den Kroaten Tribut, bis im J. 1000 Doge Peter II. das Verhältnis durch Eroberung von Zara vecchia änderte. Crescimir Peter, einer der größten Nationalhelden (105873), vergrößerte wieder sein Reich zu Wasser und zu Land und nannte sich auch »König von Dalmatien« (1059). Nach dessen Tode gelangten einheimische Große, Slaviza und 1075 Svinimir (Zvoinimir) Demetrius, auf den Thron. Der letztere wurde 1076 vom Legaten des Papstes Gregor VII., dem er aber den Vasalleneid leisten mußte, zum König gekrönt. Ihm folgte Stephan II., Crescimirs II. Neffe, der 1089 für kurze Zeit auf den Thron gelangte; mit ihm erlosch der Zweig der alten kroatischen Könige.
Nun entstanden Thronstreitigkeiten im Lande. Die Witwe Stephans II., Helene, Schwester des Königs Ladislaus I. von Ungarn, und ihre Partei riefen letztern zu Hilfe, der nun (1091) Kroatien an sich brachte. Er errichtete das Bistum Agram, führte auch ungarische Gesetze ein. Nach Ladislaus' Tode versuchte Kroatien sich der ungarischen Herrschaft zu entziehen, wurde aber durch König Koloman 1097 wieder unterworfen, der 110511 auch die Küstenstädte und Inseln Dalmatiens gewann. Daß er sich 1102 in Bilograd zum König von Kroatien und Dalmatien krönen ließ, halten neuere Historiker für eine Fabel. Die Privilegien der unterworfenen Städte hielt er aber in Ehren, und K. war in allen innern Angelegenheiten selbständig. An der Spitze des Landes stand fortan der Banus; öfters bekleideten königliche Prinzen diese Würde. Seitdem blieb Kroatien mit kurzen Unterbrechungen mit Ungarn vereinigt. Nachdem König Ferdinand I. aus dem Hause Habsburg-Österreich 1526 zum König von Ungarn erwählt worden, huldigten ihm 1527 auch die kroatischen Stände. Unter ihm wurde das Generalat Karlstadt errichtet und damit der Grund der kroatischen Militärgrenze gelegt. Später veranlaßte der wachsende Verlust des südöstlichen Kroatien an die Türken (Türkisches Kroatien) die administrative Schöpfung eines neuen ungarischen Kroatien durch Aufnahme der drei (bisher slawonischen) Komitate: Agram, Warasdin und Kreutz. 1592 eroberten die Türken die bosnische Festung Bihač, die nebst einigen umliegenden Orten seitdem in türkischer Gewalt verblieb. Von 1606 an gehörte nur noch ein schmaler Streifen im Westen Kroatiens mit Zengg, Karlstadt, Agram, Warasdin dem Kaiser. Erst 1699 im Karlowitzer Frieden mußte der Sultan alles Land jenseit der Unna an Kaiser Leopold I. zurückgeben. Im 16. Jahrh. hatte auch die Reformation in Kroatien Eingang gefunden, war aber 160710 gewaltsam wieder ausgerottet worden.
In Slawonien waren die ersten bekannten Bewohner die Skordisker, später die Pannonier, die Kaiser Augustus unterjochte. Das Land gehörte hierauf zu Pannonia inferior, hatte aber auch den Spezialnamen Pannonia Savia. Am Schluß der großen Völkerwanderung erfüllten Slawenstämme unter avarischer Oberhoheit das Land zwischen der Drau und Save und gerieten als pannonische, mit Kroaten nochmals vermischte Slawen unter fränkische Botmäßigkeit, von der späterhin noch das anschließende Syrmien bei den Byzantinern den Namen »Frankochorion« führte. Das Zwischenstromland der Drau und Save geriet seit dem Emporkommen der chorwatischen Fürstenmacht unter deren Herrschaft und hieß bei den Magyaren Tótország, Slavonia im lateinischen, »windisches« Land im deutschen Sprachgebrauch, zum Unterschied vom südlich angrenzenden Altkroatien (magyarisch Horvátország). Seit 1091 gehörte auch Slawonien zu Ungarn, dem es Kaiser Manuel samt Syrmien zu entreißen suchte (116489). 1490 erhielt Johannes Corvinus Slawonien, mit Ausnahme von Syrmien, das dann 1521 in die Hände der Türken fiel. Erst seit 14911516 gesellte sich zu dem ungarischen Königstitel rex Dalmatiae et Croatiae (Türkisch- und Hochkroatien) der Beisatz et Slavoniae. Infolge der türkischen Eroberung wurde ein Teil Slawoniens später (s. oben) als »Kroatien« von dem zu Ungarn gerechneten »Slawonien« im engern Sinne (Veröcze, Požega, Valkó und Syrmien) geschieden. Nach 1526 breitete sich die Türkenherrschaft immer mehr aus. Erst unter Kaiser Leopold I. wurde ganz Slawonien zurückerobert und im Karlowitzer Frieden 1699 teilweise wieder Ungarn, teilweise aber dem Gebiete der Militärgrenze einverleibt. Im 18. Jahrh. wurde dann Slawonien amtlich und im Sprachgebrauch irrtümlich als Kroatien bezeichnet, und Maria Theresia wies die Komitate Syrmien, Veröcze und Požega Kroatien zu, wogegen die ungarischen Stände des öftern, aber umsonst, protestierten.
Das Litorale entwickelte sich einerseits aus den Hafenstädten Fiume (s. d.) und Porto Ré unter Karl VI. als innerösterreichisches Litorale, anderseits aus den 174648 kameralisierten Gütern der erloschenen Grafenhäuser Frangipani und Zrinyi mit Tersat als Vorort und wurde seither als österreichisches Litorale unter die Aussicht des Wiener Hofkommerzienrates und der Triester Seebehörde gestellt. Im engern Sinne schloß diese Bezeichnung das Gebiet von Fiume aus. 1776 wurde das österreichische Litorale aufgehoben, das Küstengebiet in drei Komitate verteilt und wieder mit Kroatien vereinigt. Die Stadt Fiume wurde aber 1779 durch Maria Theresia für einen integrierenden Teil der ungarischen Krone erklärt.
Von 176777 wurden Kroatien, Slawonien und Dalmatien »Illyrien« genannt und von der illyrischen Hofdeputation in Wien regiert. Später bildete jedes dieser Gebiete ein besonderes Königreich; doch blieben die Militärgrenzen getrennt und behielten ihre besondere militärische Verfassung. 180913 gehörte das Gebiet rechts der Save zum französischen Kaiserreich und bildete die beiden illyrischen Provinzen Croatie civile und Croatie militaire; die wehrfähigen Kroaten wurden in die französische Armee eingereiht. Nach dem Sturze Napoleons (1814) kam Dalmatien auf Thuguts Betreiben zu Österreich, Kroatien und Slawonien dagegen wieder an die ungarische Krone, als »partes adnexae«, wie die Magyaren, »regna socia«, wie die Kroaten sagen, doch mit selbständiger Verwaltung und Sprache und besondern Munizipalfreiheiten, wie namentlich dem Vorrechte,[723] daß Kroatien nur die halbe Reichssteuer entrichtete und diese vom Agramer Landtage selbständig umgelegt wurde. Als Ungarn um 1840 die magyarische Sprache als offizielle Sprache einzuführen sich bemühte, wurden die Kroaten erbittert. Graf Draskovics war das Haupt der kroatischen »nationalen« Partei, die Kroaten, Slowenen und Serben zu einem illyrischen Volk, die Königreiche Kroatien, Slawonien und Dalmatien zu einem einigen Königreich vereinigen wollte, und wurde von Ludwig Gaj auf publizistischem Gebiet in seinen Bestrebungen unterstützt. Bei den Komitatswahlen 1842 kam es zu blutigen Zusammenstößen zwischen der magyarischen und illyrischen Partei.
Im Frühjahr 1848 regte sich in Kroatien die nationale Partei von neuem; der Haß gegen das Magyarentum wurde mit allem Fanatismus gepredigt und auch die Vereinigung der slawischen Gebiete Krains, Kärntens und Steiermarks mit Kroatien verlangt. Am 23. März 1848 wurde der Kroate Jellachich, ein eifriger Nationaler, zum Banus ernannt, der den Ratschlägen des Nationalkomitees folgte und sich in offene Opposition gegen die ungarische Regierung, ja gegen den kaiserlichen Hof selbst setzte, indem er, dessen Weisung entgegen, den Landtag in Agram 5. Juni in Gegenwart zahlreicher Deputierten aus andern slawischen Ländern eigenmächtig eröffnete. Aber die Dalmatiner, das Litorale und Fiume beschickten den Landtag nicht, und zwischen Kroaten und Serben kam es sofort zum Streit über die Grenzen ihrer Gebiete. Mitte Juni wurde eine kroatische Deputation an Ferdinand V. nach Innsbruck geschickt, während die Ungarn vom Kaiser bereits das Manifest vom 10. Juni erwirkt hatten, das die kroatischen Forderungen unter schroffem Tadel zurückwies. Die Aufregung unter den Südslawen stieg infolgedessen immer höher, und nachdem alle Vermittelungsversuche gescheitert waren und 31. Aug. 1848 auch von seiten des Kaisers die Ansprüche der Kroaten eine Art Sanktion erhalten hatten, überschritt 11. Sept. die Vorhut des kroatischen Heeres unter Jellachich die Drau, wurde aber 29. Sept. bei Pákozd von den Honvéds zurückgeschlagen, worauf er sich nach Wien zurückzog. Trotzdem blieben die Kroaten auch fortan kaisertreu und unterstützten die österreichische Armee in der Bezwingung der ungarischen Revolution. Als Dank sprach die österreichische Reichsverfassung von 1849 die Trennung Kroatiens und Slawoniens von Ungarn aus, und die beiden Königreiche wurden zu einem eignen Kronland vereinigt, dem auch das Küstenland und die Stadt Fiume mit ihrem Gebiet einverleibt wurden, wogegen die syrmischen Bezirke Ruma und Illok an die neue »Woiwodschaft Serben« fielen.
Nach der zehnjährigen Reaktionsperiode (185060) erschien 20. Okt. 1860 das »Oktoberdiplom«, das von den Kroaten freudig begrüßt wurde, da die frühere Verfassung und nationale Verwaltung wiederhergestellt wurde. Aber die »Februarverfassung« (vom 26. Febr. 1861) mit ihrer straffern Zentralisation widersprach ihren Autonomiebestrebungen. Der erste kroatische Landtag wurde wegen seiner heftigen Opposition gegen die neue Verfassung und seiner Forderung eines nur durch Personalunion mit Österreich verbundenen großen südslawischen Königreichs aufgelöst und mehrere Jahre kein neuer berufen. Erst 12. Nov. 1865 wurde wieder ein Landtag eröffnet, wo es sofort zu heftigen Streitigkeiten zwischen der magyarischen und der slawischen Partei über das Verhältnis zu Ungarn kam. Die nationale Partei in Kroatien, deren Führung Bischof Stroßmayer übernahm, wollte weder eine Gesamtstaatsverfassung noch eine Erneuerung der alten Union mit Ungarn, sondern ein eignes Königreich K. mit der Militärgrenze, Dalmatien und den Quarnerischen Inseln und ein eignes verantwortliches Ministerium. Diese Forderung erhob auch der im Dezember 1866 wieder zusammenberufene Landtag, der, als er jede Beschickung des Pester Reichstags rundweg ablehnte, 25. Mai 1867 aufgelöst wurde. Die ungarische Regierung ging nun so entschlossen in der Unterordnung Kroatiens unter die Stephanskrone vor (die Finanzen wurden dem ungarischen Ministerium unterstellt, überall ungarnfreundliche Beamte, auch ein neuer Banus, Baron Rauch, eingesetzt), daß die Neuwahlen, die Ende 1867 nach einer provisorischen Wahlordnung erfolgten, eine magyarisch gesinnte Majorität ergaben, die auf dem am 9. Jan. 1868 zu Agram eröffneten Landtag, nachdem die nationale Opposition unter Protest ausgeschieden war, in einer Adresse 29. Jan. den Dualismus und die Wiedervereinigung mit Ungarn annahm und eine neue, magyarenfreundliche Regnikolardeputation wählte. Diese brachte 25. Juli in Pest den Ausgleich mit Ungarn dahin zustande, daß Kroatien in das Unterhaus des Reichstags 29 und in das Oberhaus, außer den kroatischen Magnaten, 7 Deputierte senden, von den Landeseinkünften 55 Proz. nach Pest abführen, 45 Proz., die von Ungarn mit 21/2 Mill. Gulden garantiert wurden, für seine besondern Angelegenheiten behalten sollte; im ungarischen Ministerium sollte ein Minister für Kroatien sitzen, in Agram eine dem Landtag verantwortliche Regierung mit dem Banus an der Spitze stehen, die Amtssprache das Kroatische sein. Ende September wurde dieser Ausgleich ratifiziert, und 24. Nov. 1868 hielten die kroatischen Deputierten nach 20jähriger Trennung ihren Einzug in den Pester Reichstag. Im Mai 1870 wurde auch das Verhältnis Fiumes geordnet, indem die Stadt an Ungarn, das Küstenland an Kroatien fiel. Der revidierte Ausgleich von 1873 setzte den Kroatien vorbehaltenen Teil der Einkünfte auf 31/2 Mill., die Zahl der Deputierten zum Reichstag auf 43 fest. Durch kaiserliches Manifest vom 15. Aug. 1873 wurde auch die kroatisch-slawonische Militärgrenze provinzialisiert und der Zivilverwaltung unterstellt. Über die Verwendung des Vermögens der Grenze ward 1877 mit Ungarn ein Vertrag geschlossen. Die völlige Einverleibung der Grenze an Kroatien erfolgte 15. Juli 1881, bis auf den kleinen Distrikt von Sichelburg, den Krain beanspruchte. Inzwischen hatten die Vorfälle auf der Balkanhalbinsel seit 1876 sowie die Okkupation Bosniens und der Herzegowina (1878) die großkroatische Agitation neu belebt. Im Landtage bildete sich eine besondere großkroatische Fraktion, die Rechtspartei, die Ungarn und den von Ungarn ernannten Banus auf heftigste angriff. Aus Anlaß der Anbringung neuer ungarischer Amtsschilder kam es im August 1883 zu Unruhen, zu deren Dämpfung außerordentliche Maßregeln ergriffen werden mußten. Die Führer der Rechtspartei suchten die Verhandlungen des Landtags durch Schmähungen und Störungen zu verhindern, doch vergeblich, da die Mehrheit des Landtags, die Nationalpartei, am Ausgleich mit Ungarn festhielt. Der oppositionelle Starcevics wurde endlich 1885 durch Verurteilung zu Gefängnis (wegen tätlichen Angriffs auf den Banus Grafen Khuen-Héderváry) beseitigt. Aber auch die gemäßigte Opposition, vom Bischof Stroßmayer und von Draskovics geleitet, erhielt einen[724] empfindlichen Schlag durch die persönliche Zurechtweisung, die Kaiser Franz Joseph 1888 dem Bischof erteilte, weil er aus Anlaß der in Kiew veranstalteten Jubelfeier zur Erinnerung an die Einführung des Christentums in Rußland in einem Glückwunschtelegramm die Weltmission Rußlands gerühmt hatte. Infolge der Vereinigung der Militärgrenze mit K. wurde eine Revision des finanziellen Ausgleichs mit Ungarn notwendig. Die Verhandlungen der Regnikolardeputationen darüber führten 1889 zum Abschluß. Danach wurde der Prozentsatz des Beitrags von K. zu den österreichisch-ungarischen Angelegenheiten von 5,75 auf 5,95 Proz. erhöht und der Beitrag für die mit Ungarn gemeinsamen Ausgaben auf 56 (statt 55) Proz. der kroatischen Einnahmen festgesetzt. Die großkroatischen Tendenzen wurden jedoch nicht gänzlich zum Schweigen gebracht und fanden unter den Kroaten Dalmatiens und des Küstenlandes, wo hauptsächlich die Geistlichkeit die Agitation besorgt, viele Anhänger.
In Kroatien selbst verschlimmerte sich in den letzten Jahren die Lage. Banus Khuen-Héderváry (s. d.) ermöglichte zwar die parlamentarische Tätigkeit des Landtages, hütete das Verhältnis mit Ungarn und schuf auf kulturellem Gebiet viel Erfreuliches. Aber die Klagen wegen Beeinflussung der Wahlen, wegen des veralteten und engherzigen Wahlsystems und der strengen Zensur wollten nicht verstummen. Dazu verschlimmerte sich auch die materielle Lage. Infolge der Vereinigung der Verzehrungssteuer mit der Produktionssteuer stellte sich ein Ausfall in den Steuern und folgedessen ein Defizit im Landesbudget ein, obgleich Kroatien und Slawonien nach dem Wortlaut des Gesetzes kein Defizit aufweisen kann und darf. Es kam so weit, daß man für das Jahr 1903 dem Landtag überhaupt kein Budget vorlegen konnte und sich mit der Idemnität behalf. Auch war die Regierung des in Ungarn 1903 herrschenden Ex-lex-Zustandes halber nicht imstande, den finanziellen Ausgleich zwischen Ungarn und K. erneuern zu lassen, mußte sich vielmehr mit seiner Verlängerung begnügen. Die leidige Wappenfrage und der Streit wegen der ungarischen Aufschriften auf den Stationsgebäuden der Ungarischen Staatsbahnen ließ die Geister gleichfalls nicht zur Ruhe kommen. Im Mai 1904 kam es nun in Agram, Susak, Kreutz und andern Orten zu blutigen Exzessen gegen die »Magyaronen«, deren die Banalregierung nur durch Verkündigung des Standrechtes und zahlreicher Einkerkerungen Herr werden konnte. Abgeordneter Biankini brachte im österreichischen Reichsrat (18. Mai 1903) eine geharnischte Interpellation ein; aber Ministerpräsident Körber lehnte jede Intervention in Angelegenheiten Ungarns ab, und der Kaiser weigerte sich, den südslawischen Abgeordneten zu empfangen. Inzwischen war zwar der Aufruhr niedergeschlagen, die Stellung des gehaßten Banus aber unhaltbar geworden. Graf Khuen-Héderváry wurde Ende Juni zum ungarischen Ministerpräsidenten designiert und 1. Juli 1903 Graf Theod. Pejacsevich zum Banus ernannt, während die Stelle des Ministers für Kroatien und Slawonien abermals Erwin Cseh erhielt. Die bei Eröffnung des Landtages 15. März gehaltene Programmrede des neuen Banus wirkte beruhigend, und da er auch der Presse mehr Freiheit gewährte und oppositionelle Volksversammlungen gestattete, so beruhigten sich die Gemüter. Das am 15. Dez. vorgelegte Budget für 1904 weist ein Erfordernis von 20,601,068 Kronen auf. Das zu deckende Defizit von 3,008,000 Kronen wird die ungarische Regierung einstweilen vorschießen; doch muß dieser Vorschuß bei der definitiven Erneuerung des finanziellen Ausgleiches verrechnet werden. Das Zustandekommen des letztern beschäftigte im April 1904 aufs neue beide Regnikolardeputationen, bis 20. Juni der Ausgleich auf 10 Jahre (bis 31. Dez. 1913) vereinbart wurde. 44 Proz. seiner Einnahmen wird Kroatien und Slawonien auch fernerhin für seine autonomen Bedürfnisse verwenden, 56 Proz. dagegen zur Bestreitung der ungarisch-kroatischen und der österreich-ungarischen gemeinsamen Auslagen abgeben. In der Berechnung der Einnahmen Kroatiens wurden ihm Begünstigungen eingeräumt.
Die ungarische Regierungs- und Verfassungskrisis (1905) erweckte in den national-kroatischen Kreisen von Kroatien und Dalmatien lebhafte Bewegung. Ende April fand zu Spalato eine Versammlung von Abgeordneten beider Länder statt, welche die Zusammenlegung von K. und Dalmatien als höchst wünschenswert bezeichnete und die Kroaten und Serben trotz des verschiedenen Glaubensbekenntnisses für eine einheitliche Nation erklärte. Anderseits verlas Nik. Tomasić, der Wortführer der in den ungarischen Reichstag entsendeten kroatischen Deputierten, 4. Mai 1905 eine Erklärung, wonach die Kroaten den Adreßentwurf der ungarischen vereinigten Opposition wegen des Verlangens nach der Errichtung eines selbständigen Zollgebiets nicht annehmen könnten; außerdem verlangte seine Partei im Falle der Einführung der ungarischen Kommandosprache für die in Kroatien und Slawonien sich ergänzenden Truppenkörper die kroatische Kommandosprache.
[Literatur.] Vgl. Krauß, Die vereinigten Königreiche Kroatien und Slawonien (Wien 1889); Brigl, Ortslexikon für die Königreiche Kroatien und Slawonien (Agram 1888); »Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild«, Bd. 24 (Wien 1902); Neilreich, Vegetationsverhältnisse von Kroatien (das. 1868); Weisbach, Die Serbokroaten der adriatischen Küstenländer (Berl. 1881); Suman, Die Slowenen (Teschen 1881); Staré, Die Kroaten (das. 1882); Diener, Die Stellung der kroatisch-slawonischen Inselgebirge zu den Alpen und das Dinarische Gebirgssystem (Wien 1902); Hoernes-Sueß, Bau und Bild Österreichs, 2. Abschnitt (das. 1903); »Ungarisches statistisches Jahrbuch« (Budapest); die Veröffentlichungen des kroatischen Statistischen Amtes (Agram); »Kroatischer Kompaß« (Požega, jährlich); Reiseführer durch Kroatien und Slawonien von Lukšić (das. 1892) und Alföldi (Wien 1900); Karte von Katzenschläger, 1:504,000 (das. 1893); geologische Übersichtskarte, 1:75,000, von Grjanogíć-Kramberger (Agram 1902 ff.).
Zur Geschichte: Gyurikovics, De situ et ambitu Slavoniae et Croatiae (Pest 1844); Kukuljevič, Jura regni Croatiae, Dalmatiae et Slavoniae cum privilegiis (Agram 186162, 3 Bde.); »Codex diplomaticus regni Croatiae« (von 503 bis 1200 reichend, das. 1874 f., Bd. 1 u. 2) und die »Monumenta spectantia historiam Slavorum meridionalium« (das., Akademie); Handbücher der kroatischen Geschichte (in kroatischer Sprache) von Tkalčić (Agram 1861 und 187072), Ljubić (Fiume 186569, 2 Bde.), Smičiklas (Agram 188289, 2 Bde.), V. Klajć (das. 18991904, Bd. 14) und R. Horvat (Petrinja 190405); ferner: Pesty, Die Entstehung Kroatiens (Budapest 1882); Klaić, Slawonien vom 10. bis zum 13. Jahrhundert (a. d. Kroat. übersetzt von J. v. Bojničić, Agram 1882); Schwicker, Geschichte der österreichischen Militärgrenze (Teschen[725] 1883); Tkalčić, Monumenta historica episcopatus Zagrabiensis und Monumenta historica civitatis Zagrabiae; E. Margalits, Repertorium der kroatischen Geschichte (Budapest, Akademie 190002, 2 Bde., in ungar. Sprache); L. Thallóczy und A. Hodinka, Urkundenbuch der kroatischen Militärgrenze (Budapest, Akademie, 1903); »Kroatische Revue« (Agram 1885 ff.); Klaić, Historische Karte von K. (1:400,000, das. 1899).
Buchempfehlung
Diese Ausgabe gibt das lyrische Werk der Autorin wieder, die 1868 auf Vermittlung ihres guten Freundes Ferdinand v. Saar ihren ersten Gedichtband »Lieder einer Verlorenen« bei Hoffmann & Campe unterbringen konnte. Über den letzten der vier Bände, »Aus der Tiefe« schrieb Theodor Storm: »Es ist ein sehr ernstes, auch oft bittres Buch; aber es ist kein faselicher Weltschmerz, man fühlt, es steht ein Lebendiges dahinter.«
142 Seiten, 8.80 Euro
Buchempfehlung
Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Michael Holzinger hat für den zweiten Band sieben weitere Meistererzählungen ausgewählt.
432 Seiten, 19.80 Euro