1. Alle Gewalt ist Unrecht. – Günther, III, 723; Graf, 4, 57.
2. Bei Gewalt soll Gnade sein. – Graf, 397, 605.
Mhd.: Bi gewalt sol gnade sin. (Wackernagel, 39, 10.) – Ez ist dicke daz gesprochen: swer gewaltic waere, der solte ouch gernaedig sin. (Winterstetten.)
3. Bei Gewalt wird Verstand nicht alt.
It.: Il senno poco vale, ove giuoca la forza. (Gaal, 706.)
4. Besser der Gewalt mit dem Recht widerstehen, als mit dem Eisen. – Simrock, 3575; Körte, 2113; Graf, 389, 555; Venedey, 135.
Die erste Bedingung eines geordneten Rechtszustandes ist, dass jeder Recht an der betreffenden Stelle suche und es nicht selbst nehme.
5. Bey der gewalt hat der glaub kein gstalt. – Henisch, 1592, 27; Petri, II, 42.
6. Bey grosser Gewalt ist grosse Narrheit. – Petri, II, 43; Simrock, 3584; Körte, 2111.
Mhd.: Grôz gewalt und irdisch guot verkerent wîser liute muot. (Renner.) (Zingerle, 53.)
Frz.: Où force domine, raison n'a pas lieu.
7. Die gewaldt haben, die handeln mit Gewalt, die schwachen handeln mit Recht. – Lehmann, 307, 39.
8. Eine Hand voll Gewalt ist besser als ein Sack voll Recht. – Simrock, 3571; Graf, 529, 331.
Böhm.: Lépe s hrst' moci, než pravdy (spravedlnosti) s pytel. – Víc může hrst' moci, nežli plný pytel práva. (Čelakovský, 349.)
9. Es ist besser bey gerechter sach gewalt leiden, denn mit schaden weichen. – Lehmann, 876, 14.
10. Es ist kein grösser gewalt, denn der Wort gewalt. – Petri, II, 267.
11. Gegen gewaldt ligt witz zu Füssen. – Lehmann, 307, 44.
Engl.: There is no fence against a flail.
Frz.: Il ne faut pas aller contre le courant.
[1643] 12. Geschicht dir gewalt, ein weil dich dück, leid vnnd gedult, wart besser glück. – Lehmann, 805, 3.
13. Geschwind gewalt vergehet bald. – Henisch, 1592, 15; Mathesy, 58a; Petri, II, 336.
14. Gewaldt ist treglicher zu dulden, alss vnrecht. – Lehmann, 309, 39.
Wenn sie nämlich nicht selbst Unrecht ist.
15. Gewalt auff Erden so hoch nie kam, der nicht ein end mit trawren nahm. – Lehmann, 308, 47.
16. Gewalt behelt allezeit recht, das ist jetz der Welt lauff. – Henisch, 1592, 35; Petri, II, 337.
17. Gewalt bricht Eisen. – Gaal, 706; Körte, 2112.
Mhd.: Gewalt brichet mûren. (Livl. Chron.) (Zingerle, 54.)
Frz.: Contre fort et contre faux ne valent lettres ne sceaux. – Contre la force il n'y a plus de résistance.
18. Gewalt bringt viel rewen. – Henisch, 1592, 37; Petri, II, 337.
19. Gewalt den pracht behelt. – Henisch, 1592, 42.
20. Gewalt, die man nicht hat, kann man nicht verleihen. – Graf, 558, 49.
Will in Bezug aufs Lehnrecht sagen, dass manche Lehen, nämlich an Hoheitsrechten, nur vom Staatsoberhaupte verliehen werden können, weil ausser ihm niemand jene Gewalt besitzt.
Mhd.: Des Gewalts Er nicht hat, dauon mag Er Im nicht gelechen. (Wackernagel, 96.)
21. Gewalt dringet fort. – Henisch, 1592, 38; Petri, II, 337.
22. Gewalt, ehr vnd gunst dempffen (schwächen) recht, ehr vnd kunst. – Henisch, 815, 70.
23. Gewalt erobert das Land nicht. (Surinam.)
Strenge richtet oft sehr wenig aus.
24. Gewalt erobert Kronen.
25. Gewalt errichtet bald einen Vertrag. – Eiselein, 235.
26. Gewalt fellt mit jhrer macht vnd that. – Henisch, 1592, 45.
27. Gewalt führt die Kuh nicht in den Stall.
Mit einem guten Wort richtet man mehr aus.
28. Gewalt gehet für recht, das klaget mancher frommer (armer) Knecht. – Lehmann, 305, 22; Gruter, III, 44; Lehmann, II, 228, 108; 237, 52; Eyering, I, 489; Froschm., Yiíib; Petri, II, 337; Latendorf II, 16; Pistor., V, 100; Simrock, 3567; Ramann, I. Pred., IV, 8; Kirchhofer, 225; Eiselein, 235; Graf, 390, 566; Hillebrand, 4, 1; Mayer, I, 85; Körte, 2104.
Mhd.: Gewalt den witzen angesiget. (Spervogel.) – Gewalt den witzen angesiget, dâ man rehtes nit erpfliget. (Freidank.) (Zingerle, 53.)
Engl.: Might overcomes right. (Gaal, 704.)
Frz.: Force l'emporte sur raison. – Force passe droit.
It.: La forza caca adossa alla ragione. (Pazzaglia, 139, 8.) – La forza non conosce legge. (Pazzaglia, 191, 4.)
Lat.: Jus est in armis. (Seneca.) (Binder I, 832; II, 1602; Gaal, 704.) – Jus obruitur vi. (Binder II, 1602; Palingen, 10, 825.) – Stat pro lege libido. (Mant. Parth.) (Binder II, 3202.) – Tunc jus calcatur, violentia cum dominatur. – Victa pugnaci jura sub ense latent. (Binder I, 1844; II, 3530.)
29. Gewalt geht für recht. – Agricola II, 118; Franck, II, 39a; Eyering, I, 214; Braun, I, 780; Eiselein, 235.
Was das Völkerrecht betrifft, so entscheidet zur Zeit hier in letzter Instanz immer die Gewalt, da es über selbständige Staaten keine Macht mit Zwangsrechten gibt.
30. Gewalt, gelt, Bitt vnd gunst schwecht Ehr, Recht vnd Kunst. – Henisch, 1471, 68; Gruter, I, 43; Petri, II, 337; Latendorf II, 16; Körte, 2109; Graf, 4, 64; Sailer, 72.
31. Gewalt geschicht manchem armen Knecht, wenn man zu sehr scherffet das Recht. – Henisch, 1592, 39; Petri, II, 337.
32. Gewalt, Gewalt, Herr Amtmann, de Zock1 liggt öm Backawe. (Ostpreuss.) – Frischbier2, 1259.
1) Eine Hündin.
33. Gewalt gibt kein Recht, – Graf, 56.
Viele der Frondienste sind lediglich dadurch entstanden, dass man sie ursprünglich erbat, durch Wiederholung derselben in einen Brauch und dadurch in eine Verpflichtung verwandelte; oder dass man sie erst durch Gewalt erzwang und dann ebenso verfuhr. So mussten in einem Dorfe die Frauen abwechselnd der Frau des Gerichtsherrn und ihren Töchtern den Rücken kratzen und alle Morgen die Flöhe aus den Betten suchen. (Vgl. Kindler, 209, und Klingner, I, 138.)
[1644] 34. Gewalt, Gut vnd Geld den Pracht behelt. – Petri, II, 337.
35. Gewalt hat jetzt Recht vnd Recht keine Gewalt mer. – Opel, 376.
36. Gewalt hat kurze Füsse und muss oft dem Verstand weichen.
It.: La forza è buona, ma l'intendimento è meglio. (Pazzaglia, 139, 5.)
37. Gewalt hat nie lang vnd wol regiert. – Henisch, 1592, 43; Petri, II, 337.
38. Gewalt hilft nichts, wo Gerechtigkeit gilt.
Frz.: La force ne sert de rien, là où regne la justice. (Kritzinger, 324a.)
39. Gewalt ist dess rechten Schirm vnnd Schild. – Lehmann, 305, 2.
40. Gewalt ist kein Recht. – Graf, 389, 557; Grimm, Weisth., III, 359.
Frz.: Force n'a pas droit. (Kritzinger, 324a.) – Force n'est pas droit. (Cahier, 740.)
Holl.: Geweld is geen regt. (Harrebomée, I, 235.)
41. Gewalt ist über Recht. – Schweiz, II, 216, 5.
42. Gewalt kann man mit Gewalt vertreiben. – Simrock, 3582.
Holl.: Geweld verdrijft men met geweld. (Harrebomée, I, 235.)
43. Gewalt macht balt (schnell) ein vertrag. – Lehmann, 309, 68; Simrock, 3581; Körte, 2122; Braun, I, 788; Graf, 228, 29.
44. Gewalt mag man wol mit Gewalt, Macht mit Macht wenden. – Graf, 390, 561.
Altfries.: Wyeld mey wyeld, macht mey macht moet ma kera. (Hettema, II, 58.)
45. Gewalt mit Weisheit ist gut.
46. Gewalt muss haben gross Gelt, gross Rüstung, guten Rath, beystand vnd Glück. – Lehmann, 310, 80.
47. Gewalt muss man mit Gewalt vertreiben. – Lehmann, II, 229, 110; Pistor., IX, 46; Siebenkees, 117; Bücking, 349; Eiselein, 235; Graf, 390, 559.
»Fragen, ob dies geschehen dürfe, heisst fragen, ob es nützlich sei, den Wolf zu tödten, der einen an der Gurgel gefasst hat.« (Neuyorker Abendzeitung vom 12. Oct. 1850.) »Aber die Gewalt der Dummheit«, sagt A. Ruge, »muss man mit der Gewalt der Vernunft vertreiben.«
Altfries.: Wald mey wald wrdrywee. (Hettema, LVIII, 7.)
Lat.: Vim vi repellere. (Eiselein, 235.)
48. Gewalt nimmt dem Armen seine Decke.
49. Gewalt ohne Rath fellet mit ihrer macht vnnd that. – Mathesy, 34a; Petri, II, 337.
Böhm.: Síla bez rozumu sama se kazí (maří). (Čelakovský, 203.)
Engl.: Force without fore-cast is of little avail. (Bohn II, 357.)
Poln.: Siła bez rozumu sama się kazi. (Čelakovský, 203.)
50. Gewalt, Raub, Krieg und Feuer nimmt sich selber aus, das treibt den Wirth mit seinen Gästen aus dem Haus. – Graf, 283.
Die durch Vertrag erworbenen Rechte der Parteien können nur durch die obigen Factoren, aber nicht durch einen Vertrag unter Dritten beeinträchtigt werden.
51. Gewalt sagt: Willst du nicht, so musst du wol.
52. Gewalt sol gütig sein. – Franck, I, 70a; Lehmann, II, 228, 7; Henisch, 1592, 47; Simrock, 3586.
Lat.: Satis est potuisse punire.
53. Gewalt soll dem Recht dienen.
Frz.: Il faut que force reste a justice. (Cahier, 739.)
54. Gewalt soll Erbarmen haben.
55. Gewalt soll haben Gnad'. – Kirchhofer, 224.
56. Gewalt streitet, aber das gute Recht trägt endlich den Sieg davon. – Lehmann, II, 229, 112.
57. Gewalt überwindet Recht.
58. Gewalt und Gnade sollen gehen auf Einem Pfade.
Mhd.: Gewalt der sol genaedic sîn. (Singenberg.) – Swâ rîcher man gewaltic sî, dâ sol ouch gnâde wesen bî. (Freidank.) (Zingerle, 54.) – Gewalt erbaermde haben sol. (Boner.) (Eiselein, 234.)
59. Gewalt und Gunst bricht Recht, Siegel und Kunst. – Estor, 49, 32; Graf, 389, 558.
60. Gewalt vnd Amptstub ist von Gott. – Petri, II, 337.
61. Gewalt vnd frevel bringt endtlich den Todt. – Henisch, 1592, 50; Petri, II, 337.
[1645] 62. Gewalt vnd hochmut stürtzet manchen Mann vnnd Statt. – Henisch, 1592, 51; Petri, II, 337.
63. Gewalt vnd Ohnmacht hindern manchen, dass er nit thun kan, was er wil. – Petri, II, 337.
64. Gewalt vnd Weissheit mangelt (bissweilen), wenn man sie am nötigsten bedarff. – Lehmann, II, 229, 111.
65. Gewalt vnd zorn beysammen ist der todt. – Franck, I, 68b; Henisch, 1592, 55; Lehmann, II, 228, 109; Körte, 2108.
»Wer nur in der rohen Gewalt lebt, verdient auch nur durch rohe Gewalt zu sterben; und wer den Geist der Menschen nicht achtet, den wird dieser Geist erwürgen und sein Andenken geschändet bleiben.«
66. Gewalt vnd zorn machen alle ding verworr'n. – Lehmann, 304, 1.
67. Gewalt vnd Zwang hat kein fortgang vnd weret nicht lang. – Lehmann, 935, 1.
68. Gewalt vnnd Lügen kan die lenge nicht tügen (taugen). – Petri, II, 337; Schottel, 1120a; Venedey, 135; Körte, 2115; Sailer, 71; Braun, I, 783; Simrock, 3579; Henisch, 1592, 54.
69. Gewalt will ihren Willen han.
Dän.: Ee vil vold sin villie haffae. (Prov. dan., 563.)
70. Gewalt wird leicht vermessen. – Simrock, 3533; Körte, 2116.
71. Gewalt wird nicht alt. – Lehmann, 305, 8; Simrock, 3578.
Luther: »Ich bin nicht so gar sehr alt, aber ich habe ihrer viel erlebet, die sich auf ihre Gewalt verliesen und darauf stolzierten, die itzt im Dreck liegen.« (Werke, I, 533a.)
72. Gewalt zeigt den Mann. – Eiselein, 235.
73. Gewalt zwingt Seele und Gemüth nicht.
74. Grosse Gewalt, viel vnruhe. – Petri, II, 358.
75. Grosser gwalt kan nit werden alt. – Franck, I, 141a; Lehmann, II, 232, 176; Petri, II, 357; Henisch, 1592; Latendorf II, 15; Eiselein, 234; Ramann, I. Pred., IV, 8; Körte, 2110 u. 2598; Hertz, 45.
Was rohe Gewalt erworben hat, kann rohe Gewalt wieder wegnehmen; und wer sein Recht allein auf Gewalt stützt, den darf es auch nicht wundern, wenn ihm andere diese Stütze entziehen wollen. Reiche können allein durch Gerechtigkeit bestehen. Was die Gewalt erbaut, zerstört auch die Gewalt mit gleichem Recht, sowie das von gleichem Betruge umgeworfen wird, was Betrug geschaffen. »Was auf Gewalt beruht, stützt sich auf die schwächste und unzuverlässigste aller Grundlagen.« (Jachmann, Reliquien, II, 82.)
Frz.: Ce qui est violent ne dure pas.
76. Hab ich gewalt, ehr, gut vnd gelt, acht ich kein freundtschafft aller Welt. – Henisch, 1474, 6.
77. Hat Gewalt die Oberhand, ist das Recht ein blosser Tand.
78. Hätt' ich Gewalt wie du, sagte der Hornung zum Jänner, ich liesse erfrieren das Kalb in der Kuh.
79. In wess Gewalt das Kind sein Gut findet, von dem soll's es fordern. – Graf, 205, 160.
Die Erbfolge war im altdeutschen Recht ein für allemal durch Familienverbindung bestimmt und konnte durch Erbverträge und Testamente nicht abgeändert werden. Ein Verwandter war dem andern das Gut gleichsam erbrechtlich schuldig. Sollte auf irgendeine Weise einmal das Gut nicht in die Hände des rechten Erben gekommen sein, so war dieser, was der Sinn des obigen Sprichworts ist, berechtigt, es zu fordern. (S. das ⇒ Erbe 2 u. ⇒ der Erbe 5.)
Mhd.: In wez gewat daz kint sin gut vindet, an dem sol ez sin gut vordern. (Schwabenspiegel.)
80. Je grösser gewald, je grösser vnglück. – Petri, II, 391.
81. Je höher gewalt, je höher abfall. – Henisch, 1592, 56.
82. Kein gewalt bleibt fest. – Henisch, 1592, 57.
83. Kein grösser gewalt auff Erden, dann der Mund (oder: der wort gewalt). – Henisch, 1592, 58.
84. Lässt Gewalt sich blicken, geht das Recht auf Krücken. – Körte, 2107 u. 2594; Simrock, 3573; Graf, 4, 60; Braun, I, 782; Eiselein, 235.
85. Lieber Gewalt, denn Unrecht. – Körte, 2120; Simrock, 3577; Braun, I, 784.
86. Man hält nicht lange die Gewalt, die man muss halten mit Gewalt. – Graf, 524, 306.
[1646] 87. Man muss nicht blos Gewalt mit Gewalt hintertreiben, man soll auch der Gewalt zuvorkommen. – Opel, 389.
88. Mancher stelt nach gewalt, wird doch in Knechtschaft alt. – Petri, II, 453.
89. Met Gewolt kann man 'ne Viggeline (Violine) an Eikbaume entwe (kapot) slaen. (Münster.) – Firmenich, I, 298, 50; Frommann, VI, 424, 4; für Düren: Firmenich, I, 483, 88; für Gladbach: Firmenich, III, 516, 19; ostfriesisch in Hauskalender, III; Bueren, 872; Goldschmidt, 95; hochdeutsch bei Simrock, 3585; Riehl, Novellen, 180.
90. Met Gewalt kann man nich mal ênen Flauh (Floh) fangen. (Lippe.)
91. Mit einer Hand voll Gewalt kommt man weiter als mit einem Sack voll Recht. – Kirchhofer, 153.
Holl.: Met eene hand vol geweld komt men verder dan met een zak vol regt. (Harrebomée, I, 235.)
92. Mit gewalt fahren, wehret nicht lang. – Henisch, 1592, 61; Petri, II, 477.
Lat.: Nullum violentum est diuturnum. (Coler., 742b; Fischer, 159, 127; Henisch, 1592, 62.)
93. Mit gewalt hat nie keiner lang regiert. – Henisch, 1592, 63.
94. Mit Gewalt kann man die Geiss hinten herum lüpfen. – Kirchhofer, 278; Eiselein, 202; für Solothurn: Schild, 61, 69; Zyro, 6.
Unter Geiss wird hier Weib verstanden. Nach Eiselein befinden sich in Bayle's Lexikon einige hierauf bezügliche Artikel. – Mit Gewalt vermag man alles.
95. Mit Gewalt kann man einem wol was nehmen, aber nicht geben.
Wenn jemand ein Geschenk oder einen guten Rath nicht annehmen will.
Böhm.: Násilím se nĕkomu nĕco vzíti můž, dáti nemůz. – Přes moc se může brátí, ale ne dáti. (Čelakovský, 48.)
Poln.: Gwałtem wziąć możesz, ale dać niemożesz. (Čelakovský, 48.)
96. Mit Gewalt kann man wol 'n Bull melken. – Goldschmidt, 95; Bueren, 871; Hauskalender, 920.
97. Mit Gewalt lässt sich der Kater reiten und nicht blos die Katze. (Ostpreuss.) – Frischbier, 257; Frischbier2, 1260.
98. Mit gewalt soll man nichts handeln. – Henisch, 1592, 64.
99. Möt Jewalt können twïe Mann en Jeet twenge. – Firmenich, III, 516, 20.
Mit Gewalt können zwei Mann eine Geiss zwingen.
100. Nichts mit Gewalt, alles mit Liebe. – Hermann, II, 11.
101. Schnell gewalt vergehet bald. – Henisch, 1591, 19; Petri, II, 531.
102. Strenge Gewalt wird nid alt, het mer by sim Eid en alte Schwyzer geseit. – Kirchhofer, 225.
103. Unrechte Gewalt mag nicht bestehn noch werden alt.
104. Väör Gewalt iss nicks. (Altmark.) – Danneil, 207.
Der Gewalt muss man sich fügen.
105. Vbler gwalt wird nicht alt. – Egenolff, 37b; Henisch, 1592, 20; Gruter, I, 67. 20; Schottel, 1141a; Petri, II, 554; Kirchhofer, 224.
106. Vbriger Gewalt erdruckt manchen. – Henisch, 1592, 21; Petri, II, 554.
107. Viel seind deren, die an gewalt vnnd macht grosse Riesen, vnnd an Weissheit Pasteten Mänlin seind. – Lehmann, 307, 38.
108. Vor Gewalt ist man zu gewähren nicht schuldig. (S. 141.)
109. Walt und wolt dôn. – Hamb. Chronik, 88.
Gewalt und Willkür.
110. Was gewaldt nicht kann, das erwirbt gehorsam. – Lehmann, 249, 25.
111. Was (rohe) Gewalt erworben, ist bald durch Gewalt gestorben.
112. Was gewalt thut, das ist selten gut. – Henisch, 1592, 66; Petri, II, 595; Graf, 389, 556.
113. Was man mit gewalt raubt, das muss mit Gewalt vertheidigt werden. – Henisch, 1592, 67; Petri, II, 603.
[1647] 114. Was mit Gewalt erhalten wird, hat keine Gewere. – Graf, 95, 189; Körte, 2117 u. 2605; Luther, 259; Simrock, 3580; Venedey, 135.
Zum rechten Besitz gehört guter Glaube. (S. Gewere ⇒ 4 u. ⇒ 13.) Wo aber Gewalt den Besitz verschafft, da muss er mangeln, und unrechter Besitz kann nie ein rechter werden. Die Ansicht, aus Unrecht könne mit der Zeit Recht werden, wird derb durch den Reim zurückgewiesen: »Einen Dreck soll fressen der Jurist, der solchen Spruchs ein Lehrer ist.«
Holl.: Wat met geweld verkregen wordt, duurt niet lang. (Harrebomée, I, 235.)
115. Was mit gewalt geschehen muss, dass ist nichts wehrt vnnd wird zeitlich Wormstichig. – Lehmann, 307, 40.
116. Was mit gewalt geschicht, das hat jmmer seine mängel. – Lehmann, 310, 77.
117. Wenn Gewalt kommt, ist das Recht todt. – Körte, 2106; Venedey, 134; Simrock, 3569; Braun, I, 781; Graf, 4, 63; Hillebrand, 4.
Frz.: Force n'est pas droit. (Körte, 2106.) – Où la force regne, le roi perd ses droits. (Eiselein, 235; Körte, 2106.)
Holl.: Als ghewalt comt, is dat recht doot. (Tunn., 2, 20; Harrebomée, I, 235.)
Lat.: Tunc ius calcatur, violentia cum dominatur. (Fallersleben, 22.)
118. Wenn gewalt mit dem Scheinmantel der Gerechtigkeit geht, lässt sie sich nicht straffen, noch bessern. – Lehmann, 306, 35.
119. Wenn Gewalt zum Herrn wird, muss Gerechtigkeit Knecht sein. – Sailer, 246; Gaal, 706.
120. Wenn gewalt überhand nimpt, so ist das recht todt. – Henisch, 1593; Petri, II, 655; Braun, I, 781.
121. Wenn nicht gwalt für recht gieng, so wer mancher nit Abt. – Henisch, 8, 67; Graf, 390, 568.
122. Wer der Gewalt entkommt, hat die beste Reise gemacht.
123. Wer die Gewalt hat, vergibt die Sünden.
Böhm.: Tou mocí rozhřešuje, jakou sám od druhého přijal. (Čelakovský, 18.)
Poln.: Taką mocą rozgrzesza, jaką sam od drugiego ma. (Čelakovský, 18.)
124. Wer Gewalt hat, der brent Aschen. – Petri, II, 713.
125. Wer gewalt hat, der gebraucht gewalt. – Henisch, 1593, 4; Petri, II, 713.
126. Wer Gewalt hat, der hat auch recht. – Lehmann, 305, 4.
Er macht sich das Recht oder lässt es sich machen, wie er es eben bedarf.
127. Wer gewalt hat, der hat recht vnnd ist gerecht, und solten Schreibfedern darüber zu Bratwürsten werden. – Lehmann, 307, 43; Eiselein, 235.
Lat.: Cui vis est, jus non metuit. (Binder II, 2566; Palingen, X, 25.)
128. Wer gewalt hat, nimt hinweg vnd läst die Rechtsgelehrten vertheidigen. – Lehmann, 306, 35.
129. Wer Gewalt hat zu nehmen, dem muss man geben, was er haben will.
It.: A chi ti puol torre ciò che tu hai, dagli ciò che te chiede. (Pazzaglia, 78, 7.)
130. Wer gewalt vnd vnrecht thut dem Mann, der jhm hat niemals leids gethan, da stossen sich wol zweintzig an. – Henisch, 1593, 5.
131. Wer kann vör Gewalt, segt de Dêrn; do trock se den Kêrl in't Bett. – Hoefer, 232.
132. Wer keiner Gewalt widerstrebt, zieht sie gross.
Zur Widerlegung des Sprichworts: Unrecht leiden ist besser als Unrecht thun.
Böhm.: Ten pravdu (spravedlnost) hubí, kdo se násilím na odpor nestaví. (Čelakovský, 64.)
Kroat.: Koi se sili nesuprotstavi, pravdu zgubíva. (Čelakovský, 64.)
133. Wer ohne Gewalt rechtmässig procedirt, der gewiss rechtmässig seine Sache verliert.
134. Wer wider Gewalt, die über Recht ist, legitime procediren will, der geht legitime zu scheitern. – Opel, 381; Lehmann, 633, 710.
135. Wer zur Gewalt schweigt, der verliert seine Rechte. – Lehmann, 307, 40; Körte, 2121; Simrock, 3576; Goldschmidt, 96; Braun, I, 787; Graf, 390, 565.
Kann man sie auch durch Reden nicht erhalten, so kann man doch durch erhobenen Widerspruch die Meinung beseitigen, als genehmige man stillt stillschweigend den Act der Gewalt.
[1648] 136. Wider gewalt ist kein rath ohne das gebet. – Henisch, 1593, 12.
»Wider Gewalt ist kein Rath, sondern allein Gebet.« (Luther's Werke, V, 357a.) Indess griff Luther auch einmal zum Tintenfass.
137. Wider Gewalt ist kein Recht.
Man spricht vom gesetzlichen Wege. Eine Biene in K. Vogt's Thierstaaten (S. 120) behauptet: »Gegen Gewalt gibt es keinen gesetzlichen Weg.«
Holl.: Tegen geweld is geen regt. ( Harrebomée, I, 235.)
138. Wider Gewalt ist man zu geweren nicht schuldig. – Statuten der Stadt Koburg (Koburg 1818), 114, 3; Graf, 95, 190 u. 261, 226; Hillebrand, 174, 246; Eisenhart, 421; Simrock, 3566; Haslocher, 30; Hertius, I, 35; II, 329; Pistor., VII, 93; Eiselein, 135.
Wie bei andern Sprichwörtern (s. ⇒ Hauptsiech, ⇒ Kauf, ⇒ Käufer) erwähnt, ist der Verkäufer dem Käufer Gewährleistung schuldig, er hat dafür zu stehen, dass die Sache keinem andern angehöre. Das vorstehende Sprichwort enthält die Ausnahme von dieser allgemeinen Regel; es wird nämlich nach demselben der Fall ausgenommen, wenn das verkaufte Besitzthum von jemand gewaltsamerweise weggenommen werde. Dies Sprichwort versteht unter Gewalt alle unvorhergesehenen und unberechenbaren Ereignisse, und behauptet, dass jemand nicht in Anspruch genommen werden könne, wenn er durch ein solches Ereigniss, gewöhnlich Zufall genannt, an der Erfüllung seiner Verpflichtung verhindert worden sei. Diese Regel ist aber nur in sehr beschränktem Masse zutreffend, nämlich da, wo die Erfüllung der Verpflichtung geradezu unmöglich ist. Wer ein Pferd borgt, muss es in demselben Zustande zurückgeben. Wird es vom Blitz getödtet, so kann er dies freilich nicht; aber er wird es nach seinem Werthe bezahlen müssen. Durch Verträge kann übrigens bestimmt werden, dass der Schuldner auch für jeden Schaden des Zufalls haften müsse.
139. Wo d' gewalt nit mag myster sin, so gatt es etwa als es mag. – Etterleyn, Kronica von der löbli Eydtgenossenschaft (Basel 1507), S. LXXXVIIIb.
140. Wo gewaldt ist, do muss Recht sein Maul halten. – Lehmann, 305, 5.
Frz.: Contre forts et contre faux ne valent ne lettres ne sceaux. (Cahier, 743.)
141. Wo Gewalt der Arm vom Recht, da leidet nicht der arme Knecht (oder: da steht es wohl um Herr und Knecht).
Mhd.: Swâ gewalt mit rehte vert, reht wirt wol geüeret. (Frauenlob.) (Zingerle, 53.)
142. Wo Gewalt gehet für Recht, da bin ich lieber Herr dann Knecht. – Henisch, 1593; Schottel, 1120a; Petri, II, 804; Körte, 2105; Simrock, 3568.
Holl.: Waar geweld gaat boven regt, daar ware ik liever heer dan knecht. (Harrebomée, I, 235.)
143. Wo Gewalt gilt für Witz, da hat die Vernunft keinen Sitz.
144. Wo Gewalt Herr ist, da ist Gerechtigkeit Knecht. – Simrock, 3572; Körte, 2119; Graf, 4, 61; Braun, I, 785.
145. Wo Gewalt herrscht, schweigen die Rechte. – Graf, 4, 58.
Böhm.: Kde síla vládne, tu zákon zapodne. (Čelakovský, 340.)
Frz.: Où la force vient, le droit se perd. (Kritzinger, 324b.)
146. Wo Gewalt kommt, da muss die Vernunft weichen. – Winckler, XIX, 23.
Der Gewalt Tochter, sagen die Russen, ist die Unvernunft, und ihre Schwester ist die Grausamkeit. (Altmann VI, 447.)
Böhm.: Kde vládne síla, tam rozumu mohyla. (Čelakovský, 203.)
147. Wo Gewalt Recht hat, da hat Recht keine Gewalt. – Simrock, 3570; Graf, 4, 62; Braun, I, 786; Körte, 2118; Sailer, 248.
Mhd.: Swâ gewalt reht brichet, dâ hât gewalt geschwachet sich. (Frauenlob.) (Zingerle, 53.)
Frz.: Où force domine droit (raison) n'a pas lieu. (Cahier, 741; Kritzinger, 324a; Gaal, 706; Leroux, II, 276.)
It.: Là dove la forza regna, la legge e la ragion non hanno luogo. (Pazzaglia, 139, 6.)
Span.: Do fuerza viene, derecho se pierde. (Čelakovský, 340.)
148. Wo Gewalt regiert, da hat das Recht das Schloss verloren.
It.: Quando viene la forza è morta la giustizia. (Pazzaglia, 139, 7.)
149. Wo Gewalt regiert vnd vberhand nimbt, da wird das Recht mit Füssen getretten. – Lehmann, II, 229, 113.
150. Wo Gewalt Richter ist, da ist bös rechten (streiten). – Simrock, 3574; Graf, 4. 59; Braun, I, 3497.
Holl.: Voor geweld moet reden wijken. (Harrebomée, I, 235.)
[1649] 151. Wo Gewalt Richter ist, da verliert das Recht seinen Process.
Engl.: For sovereign power all laws are broken. (Bohn II, 357.)
It.: Cattivo litigare dove il potere è giustizia. (Pazzaglia, 184, 2.)
152. Wo Gewalt spielt, der Verstand wenig gilt.
*153. Da geht Gewalt für Recht. – Mayer, II, 20.
*154. Der Gewalt ist angelegt. (Schwaben.) – Eiselein, 235.
Das amtliche Siegel.
*155. Gewalt mit Gewalt vertreiben. – Eiselein, 235; Braun, II, 501.
Frz.: Repousser la force par la force. (Kritzinger, 324a.)
Lat.: Vim vi repellere.
*156. Oi Gewalt, Jud', lass loss. – Frischbier2, 1261.
157. A stärke G'wald dauat nöd läng. (Wien.)
158. Blinde Gewalt wird nicht alt.
»Blind stürzt die blinde Macht, ohn' alle Feindes Müh, die eigne Last zertrümmert sie.«
Lat.: Vis mole praeceps it sua, expers consilii. (Sailer, Sprüche, 103.)
159. Der Gewalt muss man weichen (sonst fällt man unter ihren Streichen).
160. Do mi Gewalt an, denn do ick kein Sünn', söä' de Dêr'n. – Schlingmann, 278.
161. Entweder Gewalt, oder Geld, oder aus der Stadt die Reise. – Ausland, 1872, S. 1207.
Zur Schilderung des türkischen Regiments.
162. Gewalt brauchen, ist keine Schönheit. – Merx, 110.
163. Gewalt ist gemein Landrecht. – Dietrich, I, 234.
164. Gewalt mit Rath bricht überall durch. – Wirth, II, 177.
165. Gewalt thut, was ihr gefallt.
166. Gewalt, Unrecht und Tyranney lassen sich an keinen Genossen binden. – Wirth, II, 179.
167. Kommt zu Gewalt ein arger Mann, so ist der Arme übel dran.
168. Je strammer die Gewalt, je straffer der Hass. – Altmann VI, 402.
169. Mit Gewalt bekommt man keinen Eidam und wider Willen keinen Freund. – Bertram, 50.
170. Mit gewalt macht man vnrecht schlecht1. – Werdea, Biij.
1) Das Unrechte, Ungrade recht, schlicht.
171. Ueber rohe Gewalt siegt Weisheit bald.
Lat.: Saepe acri potior prudentia dextra. (Philippi, II, 161.)
172. Wan Gewalt nimbt die vberhandt, so ist Recht todt vnd nur ein tandt. – Loci comm., 202.
Lat.: Tunc ius calcatur, uiolentia cum dominatur. (Loci comm., 202.)
[1345] 173. Was einer mit Gewalt nit kann erreichen, kann der andere mit List erschleichen. – Keil, 52.
174. Was Gewalt nicht kann erringen, kann man oft mit Ruh ersingen.
Lat.: Extorquet quies. (Sailer, Sprüche, 108, 54.)
175. Was Gewalt nicht vermag, das steckt List in den Sack.
Lat.: Leonina pellis non satis est, vulpina addenda. (Zenod.) (Philippi, II, 185.)
176. Wer die Gewalt hat, der hat auch das Recht, sagte Schinderhans, und nahm einem klei nen Buben sein Stut'n.
Brockhaus-1911: Väterliche Gewalt · Vollstreckende Gewalt · Vollziehende Gewalt · Elterliche Gewalt · Höhere Gewalt · Unwiderstehliche Gewalt
Herder-1854: Vollziehende Gewalt · Väterliche Gewalt · Gewalt
Meyers-1905: Unwiderstehliche Gewalt · Höhere Gewalt · Vollziehende Gewalt · Väterliche Gewalt · Gesetzgebende Gewalt · Elterliche Gewalt · Gewalt der Schlüssel · Gewalt
Pierer-1857: Väterliche Gewalt · Vollziehende Gewalt · Gesetzgebende Gewalt · Gewalt
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