1. Der eine liebet de Strähl1, der ander, was druff lauft. – Sutermeister, 137.
1) Im allgemeinen: Kamm, davon strählen = kämmen, bei den Haaren raufen, scheren, aber auch mit mehrern Nebenbedeutungen. Strähli = der Boden über dem Melkstalle, worauf sich kleine Stuben oder Betten befinden u.s.w. (Vgl. Stalder, II, 405.)
2. Der eine liebt die Mutter, der andere die Tochter.
Holl.: De een heft zin in de moeder, de ander in de dochter, een zoo geraken zij beide aan den man. (Harrebomée, II, 54a.)
3. Der liebt sich selber schlecht, der gegen andere nicht gerecht.
Poln.: Kto siebie nie miłuje, ten i bliźniego nie miłuje. (Wurzbach I, 322, 430.)
4. Der liebt sonder Lust, trinkt sonder Durst, isset sonder Hunger, stirbet desto junger. – Schottel, 1130a.
5. Der liebt wohl, der nicht vergisst.
Frz.: Bien aime, qui n'oublie. (Kritzinger, 16b.)
6. Der mich liebt, der sieht mich nicht, nach den andern frag' ich nicht. (S. ⇒ Freier 8.)
7. Der wird nie geliebt werden, der stets an sich allein denkt.
8. Die lieben zu sehr, die aus Liebe sterben. – Reinsberg II, 27.
9. Ein jeder liebt, was jhm behagt, vnnd wer es gleich die hesslichste Magd. – Gruter, III, 27; Petri, II, 201; Lehmann, II, 148, 40.
10. Ein jedes liebt, was sein ist; und ob es schon nit fein ist, und ihm auch nicht werden kan, so hat er doch Gefallen dran.
11. Einen lieb vnd niemand mehr, das ist allen Jungfrawen eine Ehr. – Petri, II, 179.
12. Einer liebt vnd sagts, ein ander sagts vnd thuts nit. – Gruter, III, 30; Lehmann, II, 151, 82.
13. Einer liebt's, den andern betrübt's.
14. Es ist besser, man wird wegen seiner Güte geliebt, als wegen seiner Strenge gehasst.
Dän.: Bedre at elskes for sin formhed, end at frygtes for sin strenghed. (Prov. dan., 534.)
[166] 15. Es ist niemand, der von allen geliebt (oder gehasst) wird.
Dän.: Ingen elskes, eller hades, eller roses af alle. (Prov. dan., 24.)
16. Es liebt uns nicht jedermann, der uns freundlich lächelt an.
Dän.: De elske ikke alle som rose dig. (Prov. dan., 142.)
17. Herzlich geliebt, schmerzlich betrübt. – Lohrengel, I, 365.
Die Engländer: Was du liebst vom Herzen, wirst du verlieren mit Schmerzen. Die Polen: Was du am meisten liebst, erkennst du beim Verlust. (Reinsberg II, 25.)
18. Ich liebe die Menschen, sagte der Floh, aber die Menschen lieben mich nicht.
Von eigennütziger Freundschaft.
19. Ich liebe, was fein ist, obs schon nicht mein ist; obs schon mir nicht werden kan, so habe ich doch ein gefallen dran. – Gruter, III, 52; Simrock, 6412; Reinsberg I, 69.
20. Ich liebe, wer mich liebt.
Dän.: Jeg elsker den mig elsker. (Prov. dan., 142.)
21. Im Lieben und im Rechten verliert man nichts, als was man dran wend't. – Kritzinger, 26a.
22. Jeder liebt die Seinen, sagte der Affe, als er die Jungen herzte.
Dän.: Hver er kier ad sig, sagde kragen om sine unger. (Prov. dan., 341.)
23. Jeder liebt einmal im Leben.
»Selbst der schlimmste Mensch liebt einmal, wie auch die Distel eine Blume hat.« (Menzel, Streckverse, 50.)
24. Jeder liebt seinesgleichen.
25. Jeder liebt sich selbst am meisten.
Die Russen: Ich liebe dich, aber nicht wie mich. (Altmann V, 70.)
26. Jeder liebt, was ihm gefällt.
Lat.: Terra amat imbrem. (Seybold, 602.)
27. Lass dir lützel lieben, so kann dich lützel betrüben. – Eiselein, 428.
Lat.: Gaudebis minus, et minus dolebis. (Eiselein, 428.)
28. Lass dir nicht lieben, so kan dich nicht betrüben. – Franck, I, 107a.
29. Lieb mich, so lieb ich dich wieder. – Petri, II, 439.
30. Lieb, so wirst du geliebt. – Petri, II, 439.
31. Lieb, so wirst du nimmer träg; lieb, so hast du geschäftige Täg'.
32. Lieb, traw doch nicht. – Lehmann, II, 374, 81; Körte, 3851 u. 4841.
33. Liebe, als müsstest du einmal hassen, und hasse, als müsstest du einmal lieben. – Eiselein, 428.
Das Sprichwort empfiehlt, weder in der Liebe, noch im Hass zu weit zu gehen, sondern die rechte Mittelstrasse zu halten.
Dän.: Elsk som du skulde eengang hade; had som du skulde eengang elske. (Prov. dan., 141.)
Lat.: Ama tanquam osurus, oderis tanquam amaturus. (Eiselein, 428; Faselius, 12.)
34. Liebe dein Weib, so hasset sie dich. – Lehmann, II, 373, 62; Simrock, 6409.
35. Liebe deine Kinder so, wenn sie klein, dass sie dich noch achten, wenn sie grösser sein.
Dän.: Elsk dine børn i ungdommen, at de ei foragte dig i alderdommen. (Prov. dan., 142.)
36. Liebe deinen Feind, aber hüte dich vor ihm!
Dän.: Elsk en skalk, og bed til gud, han lønner dig ikke. (Prov. dan., 141.)
37. Liebe deinen Nächsten, aber reisse den Zaun nicht nieder.
»Die Menschenliebe ist sehr verschieden. Der Ehrgeizige liebt die Menschen wie Pudelhunde, welche ihm Künste machen sollen; der Eigennützige wie Kühe, die gute Milch geben; der Edle wie seine Brüder, und Gott wie seine Kinder.«
38. Liebe deinen Nächsten, aber zuerst (oder: noch mehr) dich selbst.
Holl.: Bemin wel and'ren, maar u zelven boven al; zijt aan den goeden goed, doch mijd uw ongeval. (Bohn I, 300.)
39. Liebe mich, damit ich dich liebe; halte mich, damit ich dich halte. (Neugriech.)
40. Liebe mich wenig, aber liebe mich lang.
Dän.: Elsk mig lidt, og elsk mig længe. (Prov. dan., 142; Bohn I, 365.)
Engl.: Love me little, and love me long. (Bohn I, 41.)
It.: Amami poco ma continua. (Bohn I, 70.)
[167] 41. Liebe mich, wenn ich hungere; bin ich satt, so brauch' ich deine Liebe nicht.
Böhm.: Miluj mĕ za černa, za bíla se tĕ neprosím. (Čelakovsky, 242.)
42. Liebe so, dass man dich achtet und herrsche (regiere) so, dass man dich liebt.
Dän.: Elsk saa, at du kand frygtes; regier saa, at du kand elskes. (Prov. dan., 141.)
43. Liebe, wiltu geliebt sein. – Gruter, I, 55; Egenolff, 325a.
44. Lieben in ehren kan niemand wehren. – Gruter, III, 63; Lehmann, II, 379, 55.
45. Lieben ist leiden.
Lat.: Amare est pari. (Chaos, 59.)
46. Lieben ist nicht ehren. – Lehmann, 464, 30; Eiselein, 428.
47. Lieben ist nicht ohne Bitterkeit.
Frz.: Aimer n'est pas sans amertume. (Kritzinger, 16a.)
48. Lieben ist nicht Sünd' und küssen macht kein Kind. – Eiselein, 405; Simrock, 6117; Masson, 464.
49. Lieben ist süss, wo Lieben erfolgt. – Grubb, 626.
Frz.: Aimer est doux et non amer, quand est suivi de contr' aimer. (Kritzinger, 16b.)
Schwed.: Ondt älska, dher ingen älskar igen. (Grubb, 626.)
50. Lieben kommt vom Lieben.
51. Lieben macht wachsam.
Lat.: Curis jactatur, si quis veneri sociatur. (Chaos, 63.)
52. Lieben steht eim jeden frey. – Gruter, III, 64; Lehmann, II, 379, 56.
53. Lieben und Buhlen fängt im Gesicht an. – Simrock, 6462; Reinsberg I, 61.
54. Lieben und Husten lässt sich nicht verbergen. – Simrock, 6445.
55. Lieben und Singen lässt sich nicht zwingen. – Simrock, 6438; Körte, 3865; Braun, I, 3310; Reinsberg I, 61.
56. Lieben und nicht geliebt werden ist die grösste Pein auf Erden.
Lat.: Illi poena datur, qui semper amat, nec amatur. (Chaos, 60.)
57. Lieben vnd nicht geniessen, das möcht den Teufel verdriessen. – Lehmann, 465, 44; Eiselein, 428; Simrock, 6408; Reinsberg I, 70.
Mhd.: Lieb hân und mîden ist ein bitter lîden. (Liedersaal.) (Zingerle, 93.)
Dän.: Elsk og ei nyde, maae en steen fortryde. (Prov. dan., 142.)
Lat.: Heu dolor est, gratis abscedere rebus amatis.
58. Lieb'n und Bet'n lasst si nit nöthen. – Zaupser, 93; Mayer, II, 33; Eiselein, 428; Simrock, 6439; Körte, 3866; Reinsberg I, 61.
In Steiermark: 'S Liaben und Pettn lösst si nid netten. (Firmenich, II, 771, 176.) In der Schweiz: Liebe'n und Bäte lot si nid nöthe. (Sutermeister, 127.)
59. Liebstu gemach, so bleibe zu Hauss. – Schottel, 1130a.
60. Liebstu mit Vernunfft, so kompstu du nimmer in der Armuth Zunfft. – Lehmann, II, 374, 96.
61. Man kann jemand nicht eher lieben, bis man ihn gesehen hat.
62. Man kann nicht alle Leute lieben.
Wen man lieben soll, der muss Liebe verdienen. Ein ägyptisches Sprichwort sagt: »Warum liebt ihr uns nicht«, sagten die Moggrebinen zu den Leuten von Kairo. »Wegen euers schlechten Charakters«, sagten sie. (Burckhardt, 507.) Dies Sprichwort wird von einem Menschen gebraucht, der sich wundert, dass er keinen Freund hat. Die Moggrebinen sind eine Colonie reicher Kaufleute in Kairo, die in dem Rufe des Hochmuths, der Prahlerei und grober Sitten stehen, aber mehr Rechtlichkeit besitzen als die Moslemim aller andern Völker.
63. Man liebt nicht, was (wer) schön ist; schön ist was (wen) man liebt.
Aehnlich russisch. Die Portugiesen: Wer das Hässliche liebt, dem scheint es schön. In Toscana: Wenn sich nur die Schönen verheiratheten, was sollten die Hässlichen thun. Die Holländer: Alle Dinge sind gut, hat die Liebste kein gelb Haar, so hat sie einen gelben Hut. (Reinsberg II, 23.)
Böhm.: Ne ten milý, kdo krásný; ale ten krásný, kdo milý. (Čelakovsky, 241.)
[168] 64. Man liebt nur einmal.
In Venetien: Zweierlei Liebe kann man nicht haben. (Reinsberg I, 66.)
65. Man liebt oft den Hund um des Herrn willen. (S. ⇒ Hund 891.)
Dän.: Man elsker hunden for herrens skyld, frenden for huusbondens skyld, tornen for rosernes skyld. (Prov. dan., 142.)
66. Man liebt, was einem gefällt.
Lat.: Quod pulchrum idem amicum. (Philippi, II, 145; Seybold, 511.)
67. Man liebt, was schön ist, sagte der Blinde, als er die alte Magd küsste.
Dän.: Det er en blinds spørsmaal: hvor for det elskes som er smukt. (Prov. dan., 515.)
68. Man muss lieben, wie wenn man wieder einmal hassen, und hassen, wie wenn man wieder einmal lieben wollte.
Auch Liebe und Hass sollen ihre vernünftige Grenze haben.
69. Mancher liebet einen wie der Wolff das Schaaf. (S. ⇒ Liebe 718.) – Lehmann, II, 349, 2.
70. Nicht lieben ist ein langes Sterben.
71. Vor dem Lieben steht das Betrüben. – Parömiakon, 1093.
Oft steht es auch nachher.
72. Vor geliebt, jetzt getrübt.
73. Was einem liebet, das leydet dem andern. – Lehmann, II, 834, 131; Schottel, 1141b.
74. Was einer liebt, darauff stehen sein gedanken. – Lehmann, 464, 28.
Böhm.: Tam plachá mysl paluje, kde sobĕ kdo v čem libuje. (Čelakovsky, 241.)
Poln.: Tam wiedzie myśl płocha, gdzie się kdo w czem kocha. (Čelakovsky, 241.)
75. Was einer liebt, das hat er gern. – Nas, 159a.
76. Was einer liebt (oder förcht), das ist sein Gott. – Lehmann, 466, 86; Henisch, 1683, 54.
Die Serben: Schatz ist nicht Silber noch Gold, Schatz ist, was einem lieb ist. (Reinsberg II, 23.)
Böhm.: Co kdo miluje, za poklad mu stojí. (Čelakovsky, 241.)
77. Was einer liebt, das muss er lassen, und was er hasst, beständig fassen.
Lat.: Si qua placent, abeunt, inimica tenacius haerent. (Seybold, 567.)
78. Was einer liebt, das verderbt ihn. (Oberschles.) – Reinsberg II, 27.
L. Börne (Briefe aus Paris, II): »Dass doch die wahnsinnigen Menschen immer am meisten liebten, was sie am meisten hätten verabscheuen sollen.«
79. Was geliebt will werden, muss sich danach stellen. – Simrock, 6507; Reinsberg I, 61.
80. Was liebt, betrübt. – Franck, II, 61a; Braun, I, 2298.
Lat.: Quot Majo flores, tot sunt in amore dolores. (Chaos, 58.)
81. Was man liebt aus Herzensgrund, kommt uns oft in Sinn und Mund.
82. Was man liebt, das gefällt (das ist schön).
Böhm.: Co kdo kochá, to mu mílo, a byt' na půl hnilé bylo. – Kdo milý, ten i hezký. (Čelakovsky, 241.)
Dän.: Det er altid smukt som man elsker. (Prov. dan., 338.)
Frz.: En (on) regarde volontiers ce qu'on aime. (Leroux, II, 275.)
Poln.: Co komu miłe, to mu miłe, choćby na poł zgniłe. (Lompa, 7.) – Co kto lubi, to mu miło, choí na poły zgniło. (Čelakovsky, 241.)
83. Was man liebt, davon ist das gesprech. – Lehmann, 466, 79.
84. Was man liebt, ist das allerschönste. – Mayer, II, 33.
85. Was man nicht liebt, das lobt man selten (nicht).
Böhm.: Kdo koho nemiluje, zřidka ho vychvaluje (Čelakovsky, 244.)
Frz.: On souffre à paine ce c'on n'aime pas. (Leroux, II, 275.)
86. Was sich geliebet, das gesellet sich auch. – Henisch, 1557, 14; Petri, II, 607; Eiselein, 223.
»Was sich liebt, gesellt sich auch, spricht anjetzo mancher Gauch.« (Brandt.)
87. Was sich liebt, das neckt sich. – Simrock, 6416; Lohrengel, I, 721.
Lässt sich nicht nur auf Liebes- und Eheleute anwenden, [169] sondern auch wie Friedrich in seinem Satirischen Zeitspiegel bemerkt, auf Völker und zuweilen gar auf – Volkshirten.
Dän.: Kierlighed yppes i adskillige maader. (Prov. dan., 337.)
Frz.: Les amoureux s'agacent volontiers.
88. Was sich liebt, das neckt sich auch, sagte der Mann, als er sein Weib mit dem Stiefelknecht schlug.
89. Was sich liebt, das neckt sich, sagte der Koch zum Apotheker, als er ihm den Magen verdorben hatte.
90. Was sich liebt, das neckt sich, sagte die Katze zur Maus, und frass sie.
91. Wass liebt, das betrübt (was herzt, das schmerzt). – Lehmann, 464, 27; Körte, 3855 u. 4848; Venedey, 89; Simrock, 6414.
92. Wen man liebt, dem braucht man's nicht zu sagen.
Frz.: On ne s'aime bien que quand on n'a plus besoin de se le dire. (Cahier, 56.)
93. Wen man liebt, dem dient (gehorcht) man gern.
Böhm.: Koho milují, toho také poslouchají. (Čelakovsky, 239.)
94. Wen man liebt, der braucht nicht zum Wasser zu gehen, er ist auch ungewaschen schön.
Böhm.: Kdo komu miloučký, i neumyt bĕloučký. (Čelakovsky, 241.)
95. Wen man liebt, der hat Ablass für tausend Jahr; wer uns zuwider ist, dem wird der Heiligenschein zu Teufelshörnern.
96. Wenn du mich liebst, musst du meinen Hund auch lieben.
97. Wenn man liebt Magd oder Knecht, so thun sie alle Dinge recht.
Dän.: Hvo er bedre yndet, han bedre giør. (Prov. dan., 58.)
98. Wer alle liebt, liebt niemand. – Reinsberg III, 144.
99. Wer dich nicht liebt, der schändet dich. – Gruter, III, 105; Lehmann, II, 872, 166.
100. Wer einen andern mehr liebt als sich selber, erhungert beim Bäcker.
Holl.: Die een ander liever heeft dan zich zelven, sterft van dorst bij den molen. (Harrebomée, II, 95a.)
101. Wer einen (mich) liebt, der ehret (liebt) auch seinen (meinen) Hund. – Lehmann, 464, 39; Winckler, XII, 74.
Man muss sich auch in die Leidenschaften, Interessen und Gefühle seines Freundes zu schicken suchen. Die Russen: Liebst du mich, schlage auch meinen Hund nicht. Die englischen Neger: Wenn du mich liebst, musst du meinen Hund auch lieben. (Reinsberg IV, 108.)
Engl.: Love me, love my dog. (Bohn II, 86.)
Frz.: Qui aime Jean, aime son chien.
It.: Chi ama me, ama il mio cane. (Bohn II, 78.)
Span.: Quien bien quiere á Pedro, ne hace mal á su perro. (Bohn II, 146.)
102. Wer etwas liebt, spricht gern davon. – Burckhardt, 677.
103. Wer geliebt werden will, muss sich danach stellen (oder: muss sich liebenswürdig machen, zeigen). – Gaal, 1103.
»Man liebt gern«, sagt Börne (Pariser Briefe, I), »wenn es einem nicht gar zu sauer gemacht wird.« Er hat die Regierungen im Auge, die gern geliebt sein wollen.
Lat.: Si vis amari, ama. (Egeria, 277.) – Ut ameris, amabilis esto. (Gaal, 1103; Fischer, 245, 117.)
104. Wer leicht liebt, der hasst auch leicht.
Frz.: Qui de pou aime, de pou het (qui aime aisément haït de même). (Leroux, II, 295.)
105. Wer liebet den gemeinen Nutz, der hält den Adel für Landes Schutz.
106. Wer liebt blos mein Gut und nicht mich, der schere sich.
107. Wer liebt, dem ist jeder Tintenfleck eine Venus.
Cartesius liebte ein schielendes Mädchen und hielt seitdem alles Schielende für schön.
Span.: El deseo haze hermoso lo feo. (Cahier, 3364.)
108. Wer liebt, fürchtet.
Frz.: Qui aime, il craint. (Kritzinger, 16b.)
[170] 109. Wer liebt, hat alle Taschen voll Hoffnung.
Die Russen: Keine Liebe, der sich nicht Hoffnung beigesellt. (Altmann VI, 502.)
110. Wer liebt, hat seine Sinne bis auf fünf.
Lat.: Amare et sapere ne deo quidem conceditur. (Seybold, 22.)
111. Wer liebt, ist immer in Sorge.
Frz.: Qui ayme, il craint. (Leroux, II, 290.)
Lat.: Res est solliciti plena timoris amor. (Ovid.) (Philippi, II, 156.)
112. Wer liebt, kann mit dem A-b-c nicht fort, wüsste er auch die Bibel von Wort zu Wort.
113. Wer liebt, läuft immer über.
114. Wer liebt, macht sich die Träume selbst.
Lat.: Qui amant, ipsi sibi somnia fingunt. (Virgil.) (Philippi, II, 125.)
115. Wer liebt ohn lust vnd trinckt ohn durst, und jsset ohn hunger, der stirbt siben Jahr zu junger; lebt er lenger, das nimpt mich wunder. – Henisch, 779, 31; Petri, II, 732.
116. Wer liebt, schwitzt beim Mondschein.
117. Wer liebt, sich freiwillig in Fesseln gibt.
Lat.: Nullus liber erit, si quis amare velit. (Philippi, II, 54.)
118. Wer liebt um Geld, der liebt nicht recht.
Frz.: Cil n'aime pas souverainement, qui aime pour avoir argent. (Leroux, II, 267.)
119. Wer liebt und wird nicht geliebt, sich selbst bis in den Tod betrübt.
Lat.: Est amor ingratus, si non sit amator amatus. (Chaos, 60.)
120. Wer liebt und wird nicht wieder geliebt, ist ein Frager, dem man keine Antwort gibt.
121. Wer liebt, weiss wol, was er begehrt, weiss aber nicht, was es ist. – Sailer, 171; Simrock, 9453.
Der Verliebte ist, wie die Türken sagen, blind (Reinsberg I, 69), er verliert Urtheil und Ueberlegung.
122. Wer liebt, will nicht das Kleid, sondern was im Kleide ist.
Engl.: Love me and love my dog. (Gaal, 918; Körte, 2991.)
Frz.: Qui aime Martin (Bertrand, Jean), aime son chien. (Gaal, 918.)
Holl.: Die mij bemint, bemint ook mijn hond. (Harrebomée, I, 317.)
It.: Sia rispetto al cane per il padrone. (Gaal, 918.)
123. Wer mich liebt, der folge mir.
Frz.: Qui m'aime me suive. (Kritzinger, 16b.)
124. Wer mich liebt, küsst mich, wer mich hasst, frisst mich.
Frz.: Qui m'ayme ma bouche le scet. (Leroux, II, 301.)
125. Wer nicht lieben kann, der ist fürwahr ein hölzerner Mann.
126. Wer nicht liebt, der wird nicht geliebt.
It.: Amato non sarai, s'a te solo pensarai. (Pazzaglia, 278, 1.)
127. Wer nicht liebt, lebt nicht.
Goethe unter dem 17. und 22. Juli 1776 an. Frau von Stein: »Wenn ich nur leben könnte, ohne zu lieben! Die Liebe gibt mir alles; und wo die nicht ist, da dresch' ich Stroh.« In Des Mädchens Klage schliesst Schiller die zweite Strophe mit den Worten: »Ich habe gelebt und geliebt«, die auch wieder den Schluss des Gesangs der Thekla (Act 3, Scene 7) in den Piccolomini bilden. (Büchmann, 12 u. 30.)
Engl.: Life lieth not in living, but in liking. (Bohn II, 110.)
Lat.: Non est vivere, sed valere vita.
128. Wer nicht liebt, verdient nicht geliebt zu werden.
It.: Chi non ama, non merita d'esser amato. (Pazzaglia, 10, 6.)
Span.: Ama á quien no te ama, responde á quien no te llama, correrás carrera vana. (Bohn II, 198.)
129. Wer nicht liebt, versteht die Liebe nicht.
In Mailand: Wer nicht liebt, der hat kein Herz. (Reinsberg II, 22.)
130. Wer nicht liebt Wein, Weib und Gesang, bleibt ein Narr sein Leben lang.
Die Araber: Wer nie jagte und nie liebte, nie den Duft der Blumen suchte und nie beim Klang der Musik erbebte, ist kein Mensch, sondern ein Esel.
It.: Amato non sarai, se a te solo penserai. (Bohn II, 70; Cahier, 2793.)
[171] 131. Wer nie geliebt, weiss nicht, was Himmel und was Hölle gibt.
Die Perser: Nicht geliebt haben, heisst niemals selig gewesen sein. (Reinsberg II, 22.)
Frz.: Qui bien aime, tard oublie. (Cahier, 58; Kritzinger, 495a.)
132. Wer recht liebt, vergisst spät.
133. Wer sich selbs liebt, den hassen viel. – Gruter, I, 83; Petri, II, 763; Schottel, 1115b.
Engl.: Self lofe is a mote in every man's eye. (Gaal, 1401.)
Frz.: Qui s'aime trop n'a point d'amy. (Leroux, II, 309.) – Qui s'aime trop n'est aimé de personne.
It.: Amato non sarai, se a te solo penserai.
Poln.: Miłość własna niema żadnego przyjaciela. (Masson, 64.)
134. Wer sich selbst liebt allzu sehr, den hassen andere desto mehr. – Gaal, 1401; Simrock, 9491; Körte, 6762.
Die Selbstgefälligkeit ist der Dummheit unzertrennlichste Gefährtin.
Lat.: Temneris multis, se tui amator eris. ( Gaal, 1401.)
Frz.: Qui mins aime autrui que soi c'en le doit bien por fol tenir. (Leroux, II, 302.)
135. Wer sich selbst zu sehr liebt, der liebt andere zu wenig.
Die Chinesen: Man liebt sich selbst venig, wenn man jemand hasst, aber man hasst die halbe Welt, wenn man nur sich liebt. (Cahier, 2151.)
Dän.: Hvo sig selv elsker formeget, foragter gierne andre. (Prov. dan., 142.)
136. Wer sich selbst zu sehr liebt, hat Einen Feind gewiss.
Dän.: Han har fiender nok som har sig selv kier. (Prov. dan., 164.)
137. Wer wohl liebt, der züchtigt wohl.
Die Russen: Wen man liebt, den schlägt man auch. – Wer straft, der liebt auch. In Toscana: Wer gut liebt, der züchtigt gut. (Reinsberg VII, 82.)
Frz.: Qui bien aime, bien châtie. (Venedey, 103; Kritzinger, 16a.)
It.: Chi ben ama, ben gastiga. (Bohn II, 78.)
138. Wer wohl liebt, kann reich sterben.
139. Wie man liebt, so dient man.
It.: Chi perfettamente ama, perfettamente serve. (Cahier, 2792.)
140. Wiltu geliebt werden, so lieb. – Franck, I, 56b.
141. Wo alles liebt, kann Karl allein nicht hassen. – Büchmann, 25.
Sprichwörtlich aus Schiller's Don Carlos, Act 1, Scene 1.
142. Wo man liebt, da ist das Auge hingewandt, und wo's schmerzt, da ist die Hand.
143. Zu viel lieben ist nicht gut, hat weder frewd noch muth. – Gruter, III, 119; Lehmann, II, 905, 25.
*144. Er liebt das trübe Wasser wie der Aal.
*145. Er liebt die Weissen und die Schwarzen.
Frz.: Il en conte à la blonde et à la brune. (Kritzinger, 97b.)
*146. Er liebt eine Speckseite mehr als eine Bratwurst.
Frz.: Il aime mieux deux oeufs qu'une brune. (Kritzinger, 16b.)
*147. Er liebt es, auf zwei Stühlen zu sitzen.
Es mit keiner Partei zu verderben.
*148. Er liebt ihn wie der Wolf das Schaf.
Wer seines Vortheils wegen Liebe heuchelt, die in der That Hass ist.
Dän.: Han elsker ham som gammel hest sin moder. – Han elsker ham som ulven faaret. (Prov. dan., 142.)
Lat.: Ut lupus ovem (diligit). (Philippi, II, 237; Seybold, 659.)
*149. Er liebt ihn wie seinen Augapfel.
Frz.: Il l'aime comme la prunelle de ses yeux.
*150. Er liebt mich wie das Kalb den Fleischer.
Die Russen: Er liebt mich, wie die Ziege das Schlachtmesser. (Altmann VI, 474.)
*151. Er liebt mich wie der Hund das Schaf.
*152. Er liebt mich wie die Ziege den Kohl.
Die Russen: Auch das Gras hat seinen Feind an den Schafen. (Altmann VI, 410.)
*153. Er liebt ohne Nebenbuhler.
Ohne Beneidung eines andern. Von denen, die thöricht bewundern, was ein anderer gar nicht begehrt, wie z.B. der Affe seine Jungen und ein eitler Dichter seine Verse.
*154. Es liebt sich oder diebt sich. – Simrock, 6493.
Wenn man irgendwo Gespenster zu sehen wähnt, so steckt meist eine Liebes- oder Diebesgeschichte dahinter.
*155. Er liebt sie so zärtlich wie Abälard die Heloise.
Lat.: Ut Phrygius amavit Pieriam. (Erasm., 67; Philippi, II, 238.)
[172] *156. Er liebt so heiss, dass er seine Füsse nicht mehr weiss.
Er hört und sieht nicht mehr vor Liebe.
Frz.: Tel est son amour qu'il perd les pieds.
*157. Etwas lieben wie seinen eigenen Augapfel.
Lat.: Plus oculis suis amare. (Catull.) (Binder II, 2597.)
*158. Ich liebe dich wie Brechpulver.
Engl.: I love thee like pudding, if thou wert pie, I would eat thee. (Bohn II, 55.)
*159. Ich liebe ihn wie mein Leben.
Frz.: Je l'aime comme mes petits boyaux.
*160. Man liebt ihn wie die Hunde den Bettler.
Ueberall befinden sich die Hunde in einem gespannten Verhältniss zu den Bettlern, in Polen ist dasselbe aber in einen offenen Krieg ausgebrochen. Es gibt nämlich forterbliche Bettlerfamilien. Jeder Bettler erbt vom Vater oder Grossvater einen gewissen Bezirk, den er jährlich einigemal durchwandert und auf diese Weise sein sicheres Brot hat. Mit schmuzigen Lumpen angethan, durchziehen diese Müssiggänger – früher geschah es mit dem Dudelsack in der Hand – mit dem Quersack auf dem Rücken Stadt und Dorf. In der einen Hand haben sie oft einen Schlüssel oder einen Rosenkranz, in der andern eine knotenreiche Krücke oder eine Peitsche zum Abwehren der Hunde, ihrer erbittertsten Feinde. (Vgl. Wurzbach I, 168.)
*161. Sie lieben einander wie Tristan und Isolde. – Eiselein, 604.
Frz.: Ils s'aiment comme Robin et Marion. (Leroux, II, 43.)
*162. Sie lieben sich wie ein hundt, der häfen zerbricht. – Pauli, Schimpff, LXa.
*163. Sie lieben sich wie Hund und Katze.
*164. Sie lieben sich zum Auffressen. (S. ⇒ Liebe 838.)
Lat.: Extrema linea amare. (Terenz.) (Philippi, I, 146.)
*165. Sie liebt die Löffel mehr als die Kochlöffel.
Sie geht lieber mit Mannspersonen um, anstatt sich um die Wirthschaft zu bekümmern.
166. All, was ihr liebt, all was euch hold, beim Traubengold ihr preisen sollt. – Frieske, 8.
Spruch in der fünften Nische des Weinkellers im neuen berliner Rathhause.
167. Du liebst mich gar nicht mehr, klagte das Mädchen, als Johann sie zwanzigmal nacheinander geküsst hatte und einmal Athem schöpfen wollte.
168. Ich liebe ihn so, dass ich seine Schwiegermutter werden möchte, aber nicht seine Frau, sagte das Mädchen von einem Freier, den sie nicht wollte.
169. Lieben und nicht haben, ist härter als Steine graben.
170. Was er liebt, weckt keinen Nebenbuhler.
Von denen, die bewundern, was andere nicht begehren. Mancher ist verliebt in seine Gedichte, die sonst niemand lesen mag.
Lat.: Sine rivali diligere. (Erasm., 757; Philippi, II, 188.)
171. Was man nicht liebt, das schmeisst man nicht.
Von der Gegenliebe des Pöbels. (Schles. Zeitung 1871, Nr. 555.)
172. Was mir liebt, das lait mir nymant. – Hofmann, 34, 92.
173. Wenn man nicht hat, was man liebt, muss man lieben, was man hat.
[1560] 174. Wer liebt, der rechnet nicht. – Klencke, Die deutschen Pharisäer (Leipzig 1847), I, 124.
*175. Besser geliebt als gefürchtet sein.
It.: È meglio esser amato che temuto. (Giani, 49.)
*176. Er liebt in die (aus der) Ferne.
Kann den geliebten Gegenstand nur aus der Ferne sehen.
Lat.: Amare extrema linea. (Terenz.)
Buchempfehlung
Zwei satirische Erzählungen über menschliche Schwächen.
76 Seiten, 5.80 Euro
Buchempfehlung
Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Dass das gelungen ist, zeigt Michael Holzingers Auswahl von neun Meistererzählungen aus der sogenannten Biedermeierzeit.
434 Seiten, 19.80 Euro