1. Dem Kaiser, was des Kaisers ist. – Eiselein, 356.
Lat.: Caesaribus censum, solvite vota Deo. (Eiselein, 356.)
2. Den Kaiser macht das Heer. – Graf, 28, 7.
Wie das Heer den Kaiser wählt, so gebietet er über dasselbe.
Mhd.: Den keiser macht daz heer. (Daniels, 207, 42.)
3. Der alte Kaiser lebt noch. – Eiselein, 356; Simrock, 5368.
4. Der Kaiser bezahlt alles. – Lohrengel, II, 122.
5. Der Kaiser bringt das Geleit mit sich. – Pistor., V, 47; Eisenhart, 630; Hertius, II, 13; Hillebrand, 241; Eiselein, 357; Simrock, 5356; Graf, 29, 32.
Unter Geleit wird hier das Recht verstanden, einem andern Sicherheit auf der Strasse wider alle ungebührlichen Anfälle zu leisten, ein Recht, das seinen Ursprung in den Fehdezeiten des langen Zwischenreichs hat. (S. ⇒ Majestät.)
6. Der Kaiser hat kein Recht über des Menschen Leib. – Graf, 350, 375.
Mhd.: Der keiser hat kein recht über des menschen lib. (Senckenberg, Kl. Kaiserr., II, 55.)
7. Der Kaiser hat lange Hände und starke Arme. – Bertram, 64.
8. Der Kaiser hat Macht, Friede und Gnade zu thun. – Graf, 397, 614.
Das Landesoberhaupt hat das Begnadigungsrecht.
Mhd.: Der keyser hod macht frede unn gnade czu thonde. (Kl. Kaiserr., II, 69, 3.)
9. Der Kaiser hat mich lieb und werth; wo wäre, der mich nicht begehrt, spricht der Pfennig. – Simrock, 7835.
10. Der Kaiser ist aller Aeltern Vormund. – Petri, II, 97; Henisch, 875, 53; Sailer, 249; Körte, 3255; Simrock, 5364; Graf, 172, 167.
D.h. das Staatsoberhaupt übt ein Oberaufsichtsrecht über die Erziehung und schützt die Pflegebefohlenen gegen etwaige Ungebühr ihrer Aeltern und Vormünder.
11. Der Kaiser ist auch nur ein Mensch.
In Siebenbürgen: Uch der Kîser äs nor a Mäinjtsch. (Schuster, 1115.)
Frz.: L'empereur n'est qu'un homme. (Leroux, II, 61.)
12. Der Kaiser ist das Geleit selbst. – Eiselein, 357.
13. Der Kaiser ist dem mindesten gleich, wenn er unrecht thut. – Graf, 286, 24.
D.h. er wird ebenso zur Verantwortung gezogen, wie der Niedrigste; denn ein vernünftiges Volk wählt sich keinen Fürsten, um sich von ihm tyrannisiren zu lassen.
Mhd.: Der keyser ist dem minsten gleich, tut er unrecht. (Kl. Kaiserr., II, 117.)
14. Der Kaiser ist der Stärkste, er ist aller andern Herr. – Graf, 486, 4.
15. Der Kaiser1 ist ein Vater des Rechts. – Graf, 17, 201.
1) D.i. der Träger der höchsten Staatsgewalt, durch den der Gesammtwille zum Ausdruck kommt. (S. ⇒ Gesetz 16.)
Mhd.: Der keysir ist eyn vatir des rechtin. (Ortloff, II, 20, 689.)
16. Der Kaiser ist ein Vater des Reichs. – Graf, 28, 6.
Mhd.: Der kayser ist vater des reichs. (Homeyer, Richtsteig, 215, I, 2.)
17. Der Kaiser ist Herr über Könige. – Graf, 486, 5.
18. Der (deutsche) Kaiser ist Herr über Könige, der Spanier über Pferde, der Franzose über Esel und der Engländer über Teufel. – Pistor., VI, 40; Sutor, 219.
Es möge hier noch ein japanisches Sprichwort einen Platz finden, welches daran erinnert, dass der japanische Kaiser zu den Grossen seines Reichs in einem ähnlichen Verhältnisse steht, wie einst der deutsche Kaiser gestanden hat, nämlich: »Es muss schlecht um den Kaiser stehen, wenn der Satzuma zwei Jahre ausbleibt.« Nach der Reichsverfassung des japanischen Reichs soll jeder Edelmann täglich den Hof des Taikuns (Wahlkaisers) zu Yeddo besuchen, um auf Begehr seinen Rath zu ertheilen; aber viele Daimios (Edelleute) bleiben jahrelang auf ihren Gebieten und begnügen sich, [1093] ihren Erben, der noch ein Kind sein kann, oder ihre Gemahlin in Yeddo als Geisel zurückzulassen. Der Fürst von Satzuma, einer der 24 Kurfürsten oder Kaiserwähler, der im obigen Sprichwort erwähnt ist, pflegt sogar sein Misfallen der Regierung durch Fernbleiben von der Hauptstadt auszudrücken. Und der Glanz seiner Abwesenheit wirkt so stark, dass obiges Landessprichwort entstanden ist. (Vgl. Politische Mysterien vom Hofe von Yeddo im Pionnier von K. Heinzen, Boston 1863, Nr. 12.)
Frz.: L'empereur d'Allemagne est le roy des roys; le roy d'Espagne roy des hommes, le roy de Trance roy des ânes, et le roy d'Angleterre roy des diables. (Bohn I, 33.)
19. Der Kaiser ist Richter über alle andern Richter. – Graf, 28, 25.
Denn alle andern sprechen nur als seine Stellvertreter und in seinem Namen. (S. ⇒ König.)
Mhd.: De keyser eyn richter ys ouer alle ander richtere. (Lappenberg, 193, 1.)
Böhm.: Královský výrok nepodléhá soudu. (Čelakovsky, 342.)
20. Der Kaiser setzt dem Vogt den Bann. – Graf, 28.
Der Bann ist die Befugniss mit Ordnungsstrafen und Hülfsvollstreckung rechtsförmlich Gehorsam zu erzwingen. Dies Recht an des Menschen Leib zu sprechen, die Rache mit dem Schwerte, ist ein königliches Recht und konnte nur von dem geübt werden; der von dem Könige den Gerichtsbann erhielt.
Mhd.: Der keiser setzet dem voget den Ban. (Gaupp, XI, 51.)
21. Der Kaiser sitzt an Gottes Statt des Menschen Schirmer. (S. ⇒ König.) – Graf, 27, 2.
Mhd.: Der keiser sitzet an gotes stat dez menschen schirmer. (Endemann, IV, 8, 231.)
22. Der Kaiser soll Kaiser sein, so lange er recht thut. – Graf, 286, 23.
Die Deutschen haben nie anerkannt, dass ihre Fürsten eine absolute Gewalt über sie üben können. Nach dem deutschen Recht steht das Gesetz über dem Könige. Was das Volk beschliesst, wird vom Könige bestätigt. Und die beschränkte Höhe königlicher Gewalt und Macht wird auch durch das obige Sprichwort ausgedrückt. Nur so lange, als er recht thut, soll er Kaiser sein.
Mhd.: Der keyser sol keyser seyn diwile er recht thut. (Kl. Kaiserr., II, 117.)
23. Der keyser ligt krangk, den pfaffen ist die weyle langk, Herzogk moritz legt sich ins feldt, der gefangne Churfürst zog heim vnd hett kein geldt, do kam der margkgraff mit seyner leren daschen, die pfaffen soltens im foll vassen. – Latendorf, Jahrbuch, 267.
24. Des Kaisers Geschworene haben des Kaisers Mund mit dem Urtheil. – Graf, 414, 108.
Der Spruch, den die Schöffen thun, ist so gut wie des Kaisers Spruch; der oberste Vertreter des Rechts spricht durch sie.
Mhd.: Des keisers gesworn hant dez keisers munt mit dem urteil. (Endemann, I, 36, 32.)
25. Des Kaisers Knecht soll über ihn kein Urtheil geben. – Graf, 436, 288.
In Bezug auf die Zuständigkeit des Gerichts, welche von verschiedenen Umständen abhängig war. Das obige Sprichwort weist darauf hin, dass die Partei persönlich dem Ortsrichter unterworfen sein muss und dass ein Höherstehender sich nicht vor Richtern niedern Standes zu verantworten nöthig habe, wie die Priester nicht vor Laienrichtern (s. Affen 8-10) und Edelleute nicht vor dem eines andern Edelmanns (s. ⇒ Edelmann 12). »Des Keysers Knecht sall nicht oerdell geven over eme.« (Steinen, I, 1746.)
26. Des Kaisers Recht soll gemein sein. – Graf, 17, 204.
Mhd.: Des keisers recht sal gemein sin. (Endemann, II, 72.)
27. Des Kaisers1 redlicher Wille ist Recht. – Graf, 17, 199.
1) Als Vertreters der Gesammtheit; denn nur als solcher setzt er die Rechte. (S. ⇒ König.)
Mhd.: Des keisers redeliche wille is ein recht. (Daniels, 217, 4; Spangenberg, 114, 6.)
28. Eines Kaisers Wort darf man nicht drehen oder deuteln. – Graf, 28, 18.
Ausspruch Kaiser Konrad's III. bei Gelegenheit der Belagerung von Weinsberg. Der Kaiser hatte den Frauen erlaubt, ihr Liebstes mitzunehmen; als sie nun ihre Männer hinaustrugen, wollte die Umgebung des Kaisers darin eine Misdeutung der Worte desselben finden. So, sagte man, sei das Versprechen des Kaisers nicht zu verstehen; worauf aber Konrad antwortete: »Eines Kaisers Wort will sich nicht gebühren zu trehen oder zu deuteln.« (Zinkgref, I, 26.J) (S. ⇒ Fürstenwort.)
29. Es ist niemand Keiser noch Bapst vmb des namens willen. – Klingen, 22a, 2.
[1094] 30. Es kann nicht jeder Kaiser sein.
Wie in den Sprichwörtern der Deutschen, so spielt auch in denen der Russen ihr Kaiser (Zar) eine hervorragende Rolle, und er tritt in den verschiedensten Beziehungen darin auf: Es ist nicht jeder Kaiser, der die Generalsuniform trägt. Der Kaiser ist nicht einmal streng, aber der Gutsherr ist ein Tyrann. Für den Kaiser ist auch der Sterlet-Kaviar nicht zu theuer. (Der Sterlet ist eine besondere, den kostbarsten Kaviar liefernde Störart.) Auch der Kaiser herrscht nur im Saal, denn seine Kammerdiener herrschen im Vorsaal. Auch des Kaisers Barke kann nicht höher gehoben werden, als bis zum höchsten Bassin. (Dies Sprichwort bezieht sich auf die Schleusenwerke bei Wyschnij Wolocok, welche auf der durch Peter I., mittels Verbindung der Flüsse Zna und Twerca begründeten Wasserstrasse zwischen dem Kaspischen Meere und der Ostsee die Barken von Becken zu Becken stationsweise emporheben. Die Stadt zieht ihre Hauptnahrung aus der Durchschleusung dieser Barken, die alljährlich diese Wasserstrasse passiren, und aus dem Zwischenhandel, der mit diesen schwimmenden Waarenlagern unterhalten wird.) Was von einem Kaiser kommt, ist ein Grossfürst. Wenn der Kaiser eine Uniform trägt, so trägt er die eines Generals. Des Kaisers Schwert hat nur eine Schneide, des Edelmanns Schwert ist aber zweischneidig. Vor des Kaisers Katze, auch wenn sie todt ist, nimm den Hut ab. Des Kaisers Ofen wärmt auch nur, wenn er geheizt ist. Melke des Kaisers Kuh wie du willst, du wirst doch keinen Wein herausmelken. Wenn des Kaisers Hengst des Bauern Stute sieht, belegt er sie. Auch der Kaiser schüttelt sich, wenn er das Fieber hat. Auch der Kaiser hat sein Bein, woran er nagen muss. (Altmann V, 77, 78, 79, 81, 92, 97, 99, 101, 110, 128; VI, 415 u. 501.); (S. ⇒ Zar.)
Holl.: Wij kunnen allen geene keizers wezen. (Harrebomée, I, 391b.)
31. Es war kein Kaiser je so reich, an Gedanken war ich ihm gleich.
32. Kabbele dich nicht um Kaisers Bart. – Reinsberg IV, 75.
33. Kaiser, König, Edelmann, Bürger, Bauer, Bettelmann. (Köthen.)
34. Kaiser und Könige haben das gemeine Recht gemacht. – Graf, 17, 203.
Mhd.: Dy keyser vnd dy konynge haben dz gemeyne recht gemacht. (Nering, V, 53; Zöpfl, II, 414, 6, 1.)
35. Keyser zu werden ist ein schwere Sach, nichts zu seyn, kanst werden alle Tag. – Zinkgref, III, 76.
Lat.: Non facile Caesar, sed nihil esse potest. (Zinkgref, III, 76.)
36. Lasst den Kaiser seines Bildes gewaltig und Gottes Bild gebt Gott. – Graf, 43, 137.
Mhd.: Latet den keiser sines beldes geweldich, vndc godes belde gevet gode. (Homeyer, III, 42, 5.)
37. Man soll dem Kaiser geben (lassen), was des Kaisers ist. – Agricola II, 205; Matth. 22, 11; Zehner, 483; Schulze, 225; Simrock, 5562; Braun, I, 1721.
Böhm.: Co císařovo císaři, co božího bohu, a čert at utře bubu. (Čelalcovsky, 18.)
Dän.: Giver kejseren det kejseren hører til, og Gud det Gud hører til. (Prov. dan., 335.)
Frz.: Il faut rendre à César ce qui est à César, et à Diou ce qui est à Dieu. (Leroux, II, 30; Kritzinger, 115b.)
Holl.: Geef den keizer, wat des kaizers is, en Gode, wat Gods is. (Harrebomée, I, 391b; Bohn I, 333.)
Lat.: Caesaribus censum, solvite vota Deo. (Binder I, 150; II, 393; Philippi, I, 67; Schreger, 46; Seybold, 61 u. 72; Sutor, 332.)
38. Mit dem Kaiser kommen nicht alle weit mit.
39. Must doch des Kaysers Koch sterben, der kont gutte fette Suppen machen. – Petri, III, 9.
40. Nur einer kann je Kaiser sein. – Eiselein, 356; Simrock, 5361.
41. Vor dem Kaiser darf man keine Zweifel rächen. – Graf, 479, 669.
Jedes Erkenntniss, das nicht von vornherein nichtig ist, wird in dem Augenblick, da es mit keinem ordentlichen Rechtsmittel mehr angefochten werden kann, rechtskräftig, und eine in dieser Weise in letzter Instanz entschiedene Sache ist für immer beendet.
Mhd.: Vor dem kayser sal man keynen tzwifel rechin. (Senckenberg, I, 4.)
42. Was der Kaiser1 erlaubt hat, darf man thun. – Graf, 17, 200.
1) D.h. das ⇒ Gesetz (s.d. 16).
Mhd.: Was der Keiser irleubet hat, daz mag man thun. (Endemann, IV, 11, 234.)
43. Was der Kaiser heisst, hat Vorgang. – Graf, 432, 257.
Bei den altdeutschen Gerichtstagen wurden einige Sachen in der Art bevorzugt, dass sie immer vorweg [1095] verhandelt werden mussten; nämlich Streitigkeiten, die das Wohl des Staats und andere gemeine Genossenschaften angehen, weil »der König überall obenan sitze«. Das gleiche Recht genossen hülflose Personen, Witwen, Waisen, Kirchengüter, Priester, Wallfahrer, Wehrlose u.s.w., denn »sie sind des Königs Mündel«. (Richthofen, 7, 12.)
Mhd.: Waz der keiser heizzet, daz hat fargang. (Endemann, IV, 11, 235.)
44. Was der Kaiser nicht hat, soll niemand haben. – Graf, 43, 156.
Mhd.: Was der keyser nicht haben sal, das enmag nymant habin. (Senckenberg, IV, 8.)
45. Was der Kaiser Unrechtes weiss, soll er richten ohne Klage. – Graf, 425, 212.
Der oberste Wächter des Rechts soll das Unrecht beseitigen, wo er es findet. Während das Sprichwort: Wo kein Kläger, da kein Richter, sich auf das Civilrecht bezieht, hat das obige wol das Strafrecht im Sinne, wo der Kaiser durch den Staatsanwalt das Rechtsinteresse der Gesellschaft vertritt. Der Umstand indess, dass den Richter aus Ermangelung eines Klageantrags seine Gebühren (Bussantheil) fehlgingen, bewirkte schon zeitig die Bestellung eines öffentlichen Klägers in Fällen von Vorsatz und Gewalt oder, wie bei Fremden, Einschreitung von Amts wegen. Der Kaiser richtet ohne Klage, wenn er die Wahrheit weiss.
Mhd.: Waz der keiser unrechtes weiz, daz sal er richten ane clage. (Endemann, III, 21.)
46. Was man ohne den Kaiser thut, bleibt unstet. – Graf, 94, 172.
Eine Uebertragung des Besitzes von liegendem Gut, die nicht vom Gericht erfolgt, war ungültig.
Mhd.: Waz man machet ane den keiser daz is unstete. (Kl. Kaiserrecht, II, 11.)
47. Was man vor des Kaisers Antlitz thut, bleibt unbefleckt. – Graf, 94, 171.
Der Besitz von liegendem Gute konnte nur im Wege des Erbganges oder durch öffentlichen Verkauf an andere übergehen. Es musste vor des Kaisers Antlitz, d.h. im gerichtlichen Wege geschehen. War eine Uebertragung von Grundeigenthum in dieser Weise erfolgt, dann war sie, was das obige Sprichwort sagt, unbefleckt oder unanfechtbar.
Mhd.: Waz man vor des keisers antlitze tut daz belibet vnbeflecket. (Kl. Kaiserrecht, II, 52.)
48. Wen der Kaiser adelt, der geniesst auch des Kaisers Adel. – Petri, II, 623; Henisch, 790, 7; Pistor., II, 10; Eisenhart, 45; Estor, I, 986; Sailer, 254; Hillebrand, 31, 39; Simrock, 5360; Graf, 34, 91.
Bei Henisch mit dem Zusatz: »wenn er gleich nicht edel ist von geburt.« Besonders gegen die Vorzüge, welche die Adelichen von Geburt, besonders wenn sie eine Reihe von Ahnen aufzuweisen haben, gegen die erst in den Adelstand Erhobenen geltend zu machen suchen oder zu haben vermeinen. Wer vom Kaiser in den Adelstand erhoben worden ist, will das Sprichwort sagen, soll auch alle Vorzüge und Rechte, welche mit dem Adel verbunden sind, ebenso geniessen, wie diejenigen, welche aus altadelichen Häusern entsprossen sind, weil ihnen sonst ihre Standeserhebung nichts helfen würde.
49. Wen der Kaiser1 an seine Stelle setzt, der hat des Kaisers Gewalt. – Graf, 404, 15.
1) D.i. das Oberhaupt des Landes. (S. ⇒ Richter.)
Mhd.: Wen der keiser setzet an sin stat, der hat des keisers gewalt. (Endemann, III, 14, 206.)
50. Wen der Kaiser ruft und er antwortet nicht, der hat sich todt gemacht. – Graf, 450; Endemann, I, 30.
Wer der gerichtlichen Ladung ohne genügende Entschuldigung nicht Folge leistet, wird als Kläger abgewiesen, als Beklagter wegen Ungehorsam (in contumaciam) verurtheilt.
51. Wenn der Kaiser erscheint, beginnt die Messe.
In Finnland: Wenn der Kaiser vorübergeht, bücken sich die Fichten und die Gewässer rauschen. (Bertram, 74.)
Holl.: Als keizer Karl erin is, dan is het mis. (Harrebomée, I, 391a.)
52. Wenn der Kaiser stirbt, setzt sich der König in den Sattel. – Pistor., V, 48; Hillebrand, 240; Eisenhart, 624; Sailer, 253; Eisdein, 357 u. 540; Simrock, 5359; Körte, 3256; Graf, 486, 8.
Unter König ist hier die fürstliche Person verstanden, welche noch bei Lebzeiten des Kaisers von den Kurfürsten zu dessen Nachfolger in der Regierung erwählt wird. Daraus ergibt sich die Bedeutung des Sprichworts von selbst, die dahin geht, dass die Wahl und Krönung zum römischen Könige auch die kaiserliche Würde schon nach sich ziehe und jener nach dem Tode des Kaisers die Regierung sofort antreten könne, falls der neue Kaiser nicht etwa noch minderjährig ist.
Frz.: Le pape ne peut mourir. – Le roi est mort, vive le roi. (Leroux, I, 25.)
[1096] 53. Wenn des Kaisers Sohn in die Schule geht, ist er wie jedes andere Kind.
Kein Ansehen der Person! Oder: er muss so gut von vorn anfangen, wie der Sohn des ärmsten Unterthanen und es kostet ihm dieselbe Mühe. Er muss selber lernen und selber denken. Niemand kann dies für ihn; auf diesem Gebiet hört die Bedienung, hören Standesunterschiede auf.
54. Wer des Kaisers Mund hat, mag sich den Genossen wählen. – Graf, 415, 116.
Die Schöffenbank hatte das Recht, sich selbst zu ergänzen. (S. ⇒ Schöffenstuhl.)
Mhd.: Wer dez keisers munt hat, der mag sinen genoz kysen. (Endemann, I, 10, 12.)
55. Wer mit Kaisern den Ball trägt, der zum Henker den Strick trägt.
56. Wer sich vor dem Kaiser versäumt, kann sich nimmer erholen. – Graf, 443, 357.
Von den nachtheiligen Rechtsfolgen, welche das Ausbleiben vor Gericht hat, namentlich für die, welche der dritten Vorladung keine Folge leisteten. (S. 50, Dreimal 6 und Gerichtstag 2.)
Mhd.: Wer sich vor dem keyser versumet, der mag sich dez nvmer herholn. (Senckenberg, I, 18.)
57. Wer wie ein Kaiser lebt, kann wie ein Bettler sterben.
58. Wie dich der Kaiser findet, so richtet er über dich. (S. ⇒ Finden 45.) – Graf, 409, 60.
Mhd.: Alz dich der keiser findet, als richtet er von dir. (Endemann, 64, 104.)
59. Wie sich der Kaiser helt, so folgt jhm alle Welt. – Henisch, 1171, 55.
60. Wir können nicht alle Kayser werden. – Gruter, III, 115; Lehmann, II, 882, 302; Sutor, 1001.
61. Wo der Kaiser die Wahrheit weiss, mag er richten ohne Klage. (S. 45.) – Graf, 29, 30; 98 u. 425, 213.
62. Wo der Kaiser hinkommt, da steht ihm das Recht offen. – Pistor., X, 7; Eisenhart, 628; Hillebrand, 240; Eiselein, 357; Simrock, 5358.
Dies Sprichwort fand bei der Einrichtung Deutschlands schon in der Periode der letzten Kaiser keine Anwendung mehr; es erinnert nur noch an die Zeiten, in denen die Kaiser die Gerichtsbarkeit allein über das ganze Volk oder nur über die unmittelbaren Reichsglieder ausübten, oder durch Pfalzgrafen ausüben liessen. Zur bessern Handhabung der Gerechtigkeit reisten die Kaiser in Deutschland herum, um den Parteien Gelegenheit zu geben, sich unmittelbar an sie zu wenden.
63. Wo nichts ist, hat der Kaiser das Recht verloren.
Scherzhaft parodirt: Wo nichts ist, hat's der Kaiser recht verloren.
64. Wun ich Kiser wer, wil ich de Bater mät dem Liéfel iésstn, hat der Zegun gesôgt. (Siebenbürg.-sächs.) – Schuster, 1059.
Wenn ich Kaiser werde, will ich die Butter mit dem Löffel essen, sagte der Zigeuner.
*65. A wird em Kaiser wull nich ausem Lande follen. – Robinson, 242.
*66. Af den oalde Kîser lôs lîwen. (Siebenbürg.-sächs.) – Frommann, V, 325, 259.
*67. Auf den alten Kaiser beten.
»So bat (betete) ich weder umb das Zeitliche noch ewige, sondern betete auf den alten Kaiser hinein wie ein viehe.« (Simplic., I, 392.)
*68. Auf den alten Kaiser borgen (zechen, zehren). – Eiselein, 336; Schmeller, II, 335.
D.i. ohne an das Bezahlen zu denken.
Frz.: Emprunter pour ne pas rendre. – Manger et boire à bon compte. (Starschedel, 413.)
*69. Auf den alten Kaiser dahinleben.
»Jetzt glaub' ich erst recht, dass er ein kühnes Soldatenherz habe, sein Leben wacker dranzuwagen, weil er gleichsam ohne Religion und Gottesdienst auf den alten Kaiser hinein dahinleben und seine Seligkeit in die Schanz schlagen darf.« (Simplic., I, 330.)
Frz.: Vivre au jour la journée. (Kritzinger, 403.)
*70. Auf den alten Kaiser heirathen.
»Ein jeglicher Rotz- und Bettelbub, ein jeglicher armer Tagewerker muss ein Weib haben; sie heurathen auf den alten Kaiser hinein.« (Albertinus, Narrenhatz, 264.)
*71. Auf den alten Kaiser hinein. – Grimmelshausen, Springinsfeld.
*72. Auf den alten Kaiser hinein stehlen. – Grimmelshausen, Springinsfeld, IV.
[1097] *73. Auf den alten Kaiser sündigen. – Braun, I, 1720.
Ohne an Strafe und Bezahlung zu denken. (Schmeller, II, 335.) Wenn ein Regierungswechsel in Aussicht steht, ist die Verwaltung in der Regel schlaff. Der neue Kaiser pflegte beim Antritt seiner Regierung eine Amnestie zu erlassen, auf deren Rechnung man sich manches erlaubte.
*74. Auf den alten Kaiser warten. – Srhmid, 621.
Uf da alta Kaiser warta. (Nefflen, 467.) Auf jemand warten, der nicht mehr kommt, oder auf etwas, für dessen Kommen es an jedem Grunde fehlt. Es scheint, als sei diese schwäbische, wie die andern hier angeführten, auf den alten Kaiser bezüglichen Redensarten aus dem Glauben an die Wiederkehr des alten Kaisers Friedrich entsprungen. (Vgl. Grimm, V, 39.)
*75. Das nähm' ich für des Kaisers Gut.
*76. Des Kaisers Bart wachsen hören.
A. Stöber erzählt unter andern Volksneckereien, dass auf dem Ochsenfelde bei Sennheim und Thann, unter dem Bibbelstein ein alter Kaiser sitze, und dass man, wenn einer hören will, wie des Kaisers Bart wächst, ihn dahin führt, sein Ohr an den Stein halten lässt und es dann darauf stösst, dass dem Gefoppten Hören und Sehen vergeht. (Vgl. Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit, 1855, S. 320; Frommann, IV, 361, 2.)
*77. Dz ist nit mit des keisers gut zu bezalen. – Geiler, Vsslegung des Paternosters (Strasburg 1515), CIIII, 2b.
*78. Er ist des Kaisers Freund nicht.
Holl.: Hij is des keizers vriend niet. (Harrebomée, I, 391b.)
*79. Er mag's dem türkischen Kaiser sagen.
*80. Er schaut dem Kaiser aus dem Land. (Niederösterreich.)
D.h. er schielt.
*81. He hett'n düchtigen Kaiser an. – Kern, 324.
Hat so viel getrunken, dass er Muth hat wie ein Kaiser.
*82. Kaiser oder nichts.
»O Cäsar, o nullo. Diese Worte führt Cäsar Borgia in seinen Kriegsfahnen.« (Historie von Frundsherg, Frankfurt a.M. MDLXVIII, 5b.)
*83. Sie streiten über des Kaisers Bart und hat ihn noch keiner gesehen.
In Otmar's Volkssagen (Bremen 1800, S. 165), wo es auf den in den Berg verzauberten Kaiser und seinen durch den Tisch gewachsenen Bart bezogen wird.
*84. Um des Kaisers Bart streiten. (S. ⇒ Bart 100 und ⇒ Esel 651.) – Lohrengel, II, 454; Körte, 3254; Wurzbach, II, 23; Braun, I, 1719.
Man hat gefragt, ob diese Redensart vielleicht nur aus: »Um der Geissen Bart streiten« entstanden sei. (S. ⇒ Geisswolle.)
Frz.: Disputer (se battre) de la chape à l'évêque. (Lendroy, 311; Starschedel, 413.)
85. Der Kaiser führt das Schwert, der Bauer führt den Pflug; wer alle beid' nicht ehrt, der ist gewiss nicht klug.
Inschrift an dem siebenbürgisch-sächsischen Bauernhause, das sich auf der wiener Weltausstellung 1870 befand.
86. Der Kaiser will haben sein' Treu und Pflicht; der Klerus spricht: das rührt mich nicht.[1477] Der Edelmann spricht: ich bin frei; der Jude treibt sein' Wucherei; der Soldat spricht: ich gebe nichts; der Bettler sagt: ich habe nichts. So spricht der Bauer: das muss Gott walten, muss ich diese all' erhalten, so geb' ich mich geduldig drein, und will es so zufrieden sein! – Junker und Pfaffen, II, 31.
87. Ein Kaiser ist niemand unterthan als Gott und der Gerechtigkeit. – Wirth, II, 248.
88. Gebet dem Kaiser, was des Kaisers, und Gotte, was Gottes ist. – Matth. 22, 21; Büchmann, 161.
89. Het ich des Keisers weib vnd des Herzog (von Bayern) stolczen leib vnd der venediger gut vn der von Ulm vbermut, vnd der von nurenberger sin vnd witz; so geb' ich vmb niemant nichz. (Um das Jahr 1460.) – Massmann, Turnanstalt zu München, 68.
90. Wer dem Keyser flucht aus Leichtfertigkeit, den soll man verachten, geschieht es aus Unsinnigkeit (Geistesstörung), so soll man Mitleid haben, kommt es aber aus Schmähsucht, so soll man solchem Frevler verzeihn. – Harssdörffer, 1186.
*91. Beim alten Kaiser.
Es ist beim alten Kaiser auch so gewesen. (Köhler, 226.) – »Sa, sa, sa, sa, sa, sa, das ist die alte Welt, so gings beim alten Kaiser, so gehts zu unsrer Zeit.« (Altes Lied.)
*92. Er hat des faulen Kaisers schon, dess Maximini Hosen an.
*93. Er macht uff de alte Kaiser nei Schulde. (Ulm.)
*94. Es sey Keyser oder Bapst. – Nigrinus.
*95. Es würde dem Kaiser eher als einem Pfaffen an Worten fehlen.
Um auszudrücken, dass man Worte ohne Ende machen kann.
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Meyers-1905: Kaiser Franz Joseph-Land · Kaiser Franz Joseph-Fjord · Kaiser Nikolaus II.-Gebirge · Kaiser Franz Joseph-Spitze · Fränkische Kaiser · Deutscher Kaiser · Kaiser Alexander III.-Hafen · Gott erhalte Franz den Kaiser
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»Es giebet viel Leute/ welche die deutsche poesie so hoch erheben/ als ob sie nach allen stücken vollkommen wäre; Hingegen hat es auch andere/ welche sie gantz erniedrigen/ und nichts geschmacktes daran finden/ als die reimen. Beyde sind von ihren vorurtheilen sehr eingenommen. Denn wie sich die ersten um nichts bekümmern/ als was auff ihrem eignen miste gewachsen: Also verachten die andern alles/ was nicht seinen ursprung aus Franckreich hat. Summa: es gehet ihnen/ wie den kleidernarren/ deren etliche alles alte/die andern alles neue für zierlich halten; ungeachtet sie selbst nicht wissen/ was in einem oder dem andern gutes stecket.« B.N.
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