[783⇒] Stuttgart, Haupt- und Residenzstadt des Königr. Württemberg, Kreis- und Oberamtsstadt im Neckarkreis und Stadtdirektionsbezirk, 3 km westl. vom Neckar [Karte: Bayern etc. I, 4], (1900) mit Gaisburg, Cannstatt, Untertürkheim und Wangen 216.088 (1905: 249.443) E., Garnison, Sitz der obersten Landesbehörden, Oberlandes-, Landgericht, 2 Amtsgerichte, Generalpostdirektion, Reichsbankhauptstelle, Handels- und Gewerbe-, Handwerkskammer, Generalkommando des 13. Armeekorps. Stifts-, Eberhards-, Johannes-, Garnison- [Tafel: Romanischer Stil I, 9], Friedens-, Gedächtniskirche u.a., altes Schloß, Residenzschloß [Tafel: Bayern etc. II, 7], Königsbau (mit Kolonnaden), Kronprinzen-, Wilhelmpalais, Gewerbehalle, Landesgewerbemuseum, Justizgebäude, Bibliothek, Rathaus (1905), Technische Hochschule, 2 Gymnasien, Realgymnasium, 2 Realschulen, Baugewerk-, Kunstakademie-, Kunstgewerbeschule, Konservatorium der Musik; Trikotweberei, Pianoforte-, Möbel-, Chemikalien-, Farben-, Konditoreiwaren-, Leder-, Buntpapierfabrikation; Hauptplatz des süddeutschen Buchhandels. [⇐783]
[154⇒] Stuttgart (hierzu der Stadtplan mit Registerblatt), Haupt- und Residenzstadt des Königreichs Württemberg und des württemberg. Neckarkreises, bildet als Stadtdirektionsbezirk S. (mit der Vorstadt Berg, dem Stadtteil Kannstatt [s. d.], dem Vorort Gablenberg, dem Vorort Gaisburg [s. d.], der [⇐154][155⇒] Karlsvorstadt Heslach, dem Stadtteil Ostheim, der Vorstadt Untertürkheim [s. d.] und dem Vorort Wangen [s. d.]) ein besonderes Oberamt, liegt im kesselförmig erweiterten Tale des hier überdeckten Nesenbachs, das 1 km von der Stadt in das Neckartal ausläuft, von Weinbergen, Gärten und Villen rings umgeben, im Zentrum 245 m ü. M., und wird durch die 1100 m lange Königs- und die sich an diese anschließende Marienstraße in die »obere« (im NW.) und die »untere Stadt« (im SO.) geteilt, von denen letztere auch die Altstadt in sich schließt. Außer den genannten Straßen sind die Neckar-, Olga-, Reinsburg-, Silberburg- und Rotebühlstraße, ferner die eine prächtige Aussicht auf die Stadt gewährende Hohenheimer Straße und Neue Weinsteige sowie unter den Plätzen der Schloßplatz, der Alte Schloßplatz, der Karlsplatz mit dem Reiterstandbild Kaiser Wilhelms I., die Planie, der Dorotheen-, der Bismarck-, der Hegel- und der Charlottenplatz, der Feuersee- und der Marktplatz hervorzuheben.
Den Schloßplatz zieren schöne Anlagen, inmitten deren sich die 34,09 m hohe, mit einer Konkordia gezierte Jubiläumssäule (1841 zur Feier des 25jährigen Regierungsjubiläums König Wilhelms I. errichtet) erhebt, auf dem Alten Schloßplatz steht das von Thorwaldsen modellierte Standbild Schillers. Von den öffentlichen Anlagen und Promenaden sind noch zu nennen: der Schloßgarten (mit der Danneckerschen Nymphengruppe, der Eberhardsgruppe von Paul Müller, der Hylasgruppe und den zwei Pferdebändigern von Hofer, s. Tafel »Bildhauerkunst XV«, Fig. 6), der sich bis in die Nähe von Kannstatt zieht, der Silberburggarten, die Planie mit den Denkmälern Bismarcks und Moltkes (Büsten, von Donndorf modelliert), der Stadtgarten, die Anlagen bei der Seidenstraße, am Bopfer die Neue Weinsteige etc. Von den zu gottesdienstlichen Zwecken bestimmten Gebäuden (18 evangelische, eine reformierte, 4 katholische und 7 protestantische Sektenkirchen, eine griechisch-kath. Kapelle, eine englische Kirche und eine Synagoge) sind hervorzuheben: die Stiftskirche (14361531 erbaut), mit zwei Türmen; die Leonhardskirche (1470 bis 1491 im gotischen Stil erbaut), vor ihr ein steinerner Kalvarienberg von großem Kunstwert; die Hospitalkirche (147193 erbaut), mit vielen Grabmälern, darunter das Reuchlins, und dem Modell der Christusstatue von Dannecker; die prachtvolle, 186576 im gotischen Stil von Leins ausgeführte Johanniskirche; die englische Kirche; die neue Garnisonkirche von Dollinger (1879) im romanischen Stil, die Friedens-, die Paulus- und die Matthäuskirche im gotischen Stil; die alte kath. Eberhards- und die von Egle 187379 erbaute kath. Marienkirche, die neue kath. Nikolauskirche, die Elisabethenkirche und die 1860 im maurischen Stil ausgeführte Synagoge. Von weltlichen Gebäuden sind zu nennen: das Neue Residenzschloß im französischen Renaissancestil (17461807 erbaut); das Alte Schloß, in dessen Hof sich das bronzene Reiterstandbild des Grafen Eberhard im Bart (von Hofer) befindet; das nach dem Brande von 1902 neuerbaute Hoftheater (Interimstheater); die sogen. Akademie, ein Nebenbau des Schlosses (früher Sitz der Karlsschule, jetzt die königliche Handbibliothek, den königlichen Leibstall, die Schloßwache etc. enthaltend); der im italienischen Stil erbaute Wilhelmspalast; das Kronprinzenpalais, im römischen Palaststil ausgeführt (gegenüber das Denkmal Danneckers); das Palais des (verstorbenen) Prinzen Hermann von Sachsen-Weimar; das Ständehaus; das Museum der bildenden Künste (183843 im italienischen Palaststil erbaut), mit der Reiterstatue des Königs Wilhelm, von Hofer; das Gebäude der königlichen Bibliothek; der Königsbau (185660 von Leins ausgeführt), mit Läden, der Börse und großen Sälen; der Königin Olga-Bau und das Hotel Marquardt, beide in monumentalem Stil gehalten, am Schloßplatz; das prächtige neue, in spätgotischem Stil erbaute, 1905 eingeweihte Rathaus; die Gebäude des Staatsarchivs und der Naturaliensammlungen; das Kanzleigebäude; das neue Justizgebäude; der Hauptbahnhof; das neue Postgebäude; das Museum; das Landesgewerbemuseum (großartiger Prachtbau von Neckelmann, 1896 eröffnet); die 186065 von Egle erbaute Technische Hochschule; die schöne, über den Neckar bei Kannstatt führende König Karlsbrücke etc Außer den bereits genannten hat S. noch Denkmäler vom Herzog Christoph, vom König Wilhelm im Hofe der Gemäldegalerie, König Karl und seiner Gemahlin Olga, von Mörike, Hauff, Haidlen, Gerok, Fr. List, Liszt, Robert Mayer und F. Th. Vischer sowie viele schöne Monumentalbrunnen. Denkmäler in Büstenform von Moser, Schwab, Uhland, Kerner etc. zieren die Ecken der gleichnamigen Straßen. Bemerkenswert sind auch die schön gelegenen Friedhöfe; auf dem großen Prag-Friedhof ein neugebautes Krematorium.
Die Zahl der Einwohner belief sich 1905 mit den eingemeindeten Orten und der Garnison (ein Grenadierregiment Nr. 119, ein Infanterieregiment Nr 125, ein Dragonerregiment Nr. 26 und eine Abteilung des Feldartillerieregiments Nr. 13) auf 249,286 Seelen (1805 erst 20,000,1870: 90,000 Einw.), davon 203,045 Evangelische, 40,024 Katholiken und 3895 Juden, bei der Berufszählung vom 12. Juni 1907 auf über 260,000. Die industrielle Tätigkeit ist nicht unbedeutend. Hervorragend sind besonders die Maschinenfabrikation, der Pianoforte- und Harmoniumbau sowie die polygraphischen Gewerbe. Außerdem hat S. noch bedeutende Farben-, Geldschrank-, Möbel-, Parkettboden-, Zigarren-, Chemikalien-, Wagen- und Reiseartikelfabrikation, Eisen- und Glockengießerei, Fabriken für Trikot- und Wollwaren, Baumwollen- und Wollenzeuge, Teppiche, Leder, Papier, Posamentier- und Kautschukwaren, Parfümerien, Bijouterie-, Glas-, Porzellan-, Gold- und Silberwaren, mechanische und optische Instrumente, Schokolade etc. Der bedeutende Handel wird unterstützt durch eine Handels- und Gewerbekammer, eine Börse, durch 27 Konsulate fremder Länder, eine Reichsbankhauptstelle (Umsatz 1906: 3551 Mill. Mk.), die königliche Hofbank, Württembergische Notenbank, Württembergische Bankanstalt, Württembergische Landesbank, Württembergische Vereinsbank, Württembergische Hypothekenbank und durch den Württembergischen Kreditverein, die Allgemeine Rentenanstalt und andre Geldinstitute, darunter die Stuttgarter Lebensversicherungsbank, die Württembergische Privatfeuerversicherung, der Allgemeine Deutsche Versicherungsverein und die Württembergische Landesversicherungsanstalt. Im Buchhandel ist S. nächst Leipzig der wichtigste Platz Deutschlands. Alljährlich findet hier eine Buchhändlermesse für Süddeutschland statt. Bekannt sind auch die Tuch-, Möbel- und Ledermesse sowie die dortigen Hopfen- und Pferdemärkte. Dem [⇐155] [156⇒] Verkehr in der Stadt dienen elektrische Straßenbahnen. Für den Eisenbahnverkehr ist S. mit fünf Bahnhöfen Knotenpunkt der Staatsbahnlinien Bretten-Friedrichshafen, Kannstatt-Nördlingen, S.-Hochdorf und der Filderbahn. Vorortbahnen sind in der Entstehung begriffen. An Bildungsanstalten und ähnlichen Instituten hat S. eine Technische Hochschule (Sommersemester 1907: 748 Studierende), eine tierärztliche Hochschule, eine Akademie der bildenden Künste, 3 Gymnasien, ein Realgymnasium, 4 Oberrealschulen, ein Mädchengymnasium, eine Baugewerke- und eine Kunstgewerbeschule, ein Konservatorium für Musik, eine höhere Handelsschule, eine Hebammenlehranstalt, eine Turnlehrerbildungsanstalt, ein höheres Lehrerinnenseminar, eine Blindenanstalt (Nikolauspflege) u. a. Unter den Sammlungen für Kunst und Wissenschaft ist die königliche Sammlung, bestehend aus einer Bibliothek (s. Tafel »Bibliotheksgebäude I, 6, u. III, 3«) von über 400,000 Bänden, Gemälde-, Skulpturen-, Antiken-, Münzen- und Naturaliensammlung, die wichtigste. Außerdem gehören hierher: die Sammlung vaterländischer Altertümer, die Gemäldesammlung des Museums der bildenden Künste und die des Württembergischen Kunstvereins, die permanente Kunstausstellung, die Sammlungen der Zentralstelle für Gewerbe und Handel im Landesgewerbemuseum, die Sammlung des Vereins für Handelsgeographie in der Gewerbehalle, der Zoologische Garten etc. An Wohltätigkeitsanstalten besitzt S. zehn große Spitäler, darunter das Bürgerhospital, das Katharinenhospital, die Diakonissenanstalt, die Olgaheilanstalt u. a., sodann die Paulinenhilfe (orthopädische Heilanstalt), ein Waisenhaus, eine Rettungsanstalt (Paulinenpflege) etc. sowie zahlreiche gemeinnützige Vereine. Groß ist die Zahl der in S. erscheinenden Zeitschriften und Zeitungen, darunter der Schwäbische Merkur (s. d.), das Neue Tagblatt, der demokratische »Beobachter«, das katholische Deutsche Volksblatt u. a. S. ist Geburtsort des Philosophen Hegel, des Architekten Heideloff, der Dichter Hauff, Schwab u. a.
Von Behörden haben in S. ihren Sitz: das Staatsministerium und sämtliche Zentralstellen des Landes, ein Oberlandes- und ein Landgericht, ein Oberbergamt und ein Bergamt, ein Hauptsteueramt und ein Hauptzollamt, das evangelische Konsistorium, der katholische Kirchenrat und die israelitische Oberkirchenbehörde, die Generaldirektion der Staatsbahnen und die der Posten und Telegraphen, die Oberrechnungskammer, das Statistische Landesamt, die Forstdirektion, eine Stadtdirektion, eine Münze (Münzzeichen F) etc.; ferner das Generalkommando des 13. Armeekorps, das Kommando der 26. Division, der 51. Infanterie- und der 26. Kavalleriebrigade. Die städtischen Behörden setzen sich zusammen aus 32 Gemeinderats- und 32 Bürgerausschußmitgliedern. Preußen, Bayern, Österreich-Ungarn und Rußland unterhalten in S. Gesandtschaften. Zum Oberlandesgerichtsbezirk S. gehören die acht Landgerichte zu Ellwangen, Hall, Heilbronn, Ravensburg, Rottweil, S., Tübingen und Ulm; zum Landgerichtsbezirk S. die acht Amtsgerichte zu Böblingen, Eßlingen, Leonberg, Ludwigsburg, S. (Stadt), S.-Kannstatt, S. (Amt) und Waiblingen. In der Umgebung der Stadt sind bemerkenswert: die am Ende des Schloßgartens liegende und zum Stadtbezirk gehörige gewerbreiche Vorstadt Berg mit königlicher Villa, die königlichen Lustschlösser Rosenstein und Wilhelma; gegenüber die 1905 einverleibte Stadt Kannstatt (s. d.); im Süden die Silberburg, der Gesellschaftsgarten des Museums; über derselben die 340 m hohe Reinsburg mit schönen Villen am Abhang; weiterhin die Uhlandshöhe, 354 m ü. M., mit Anlagen, einem Pavillon und der Uhlandslinde; ferner der Bopserbrunnen (Bopser 481 m ü. M.) und die Schillerhöhe, in deren Nähe das Dorf Degerloch; im SW. der Stadt das Jägerhaus mit Aussichtsturm, sämtlich mit schöner Aussicht; das Lustschloß Solitüde mit Wildpark; endlich die Feuerbacher Heide.
S., nach einem Gestütgarten oder Fohlenhof genannt, wird zuerst 1229 erwähnt, ging 1312 dem Grafen Eberhard verloren, wurde ihm aber 1316 zurückgegeben. Seitdem war S. hauptsächlichster Sitz der Grafen von Württemberg und wurde gegen Ende des 15. Jahrh. ihre dauernde Residenz, bis Herzog Eberhard Ludwig 1727 und nochmals Karl Eugen 1764 einige Zeit in Ludwigsburg Hof hielten. Bis 1822 stand S. unter einer eignen Regierung, seitdem sind Stadt und Bezirk mit dem Neckarkreis vereinigt und bilden als Stadtdirektion ein eignes Oberamt. Vom 6.18. Juni 1849 hielt der Rest der deutschen Nationalversammlung, das sogen. Rumpfparlament, in S. seine Sitzungen. Im September 1857 fand hier eine Zusammenkunft zwischen Alexander I. von Rußland und Napoleon III. statt. Vgl. Pfaff, Geschichte der Stadt S. (Stuttg. 184547, 2 Bde.); Wochner, S. seit 25 Jahren (das. 1871); Seytter, Unser S., Geschichte, Sage und Kultur (das. 1903); »S. Führer durch die Stadt und ihre Bauten« (Festschrift, das. 1884); Hartmann, Chronik der Stadt S. (das. 1886); Sittard, Zur Geschichte der Musik und des Theaters am württembergischen Hof (das. 189091, 2 Bde.); Barth, Stuttgarter Handel etc. in alter Zeit (das. 1896); Bach, Stuttgarter Kunst 17941860 (das. 1900); Ströhmfeld, S. und Umgebung in Wort und Bild (das. 1902); Weinberg, Führer durch die Haupt- und Residenzstadt S. (das. 1906); »Chronik der Haupt- und Residenzstadt S.« (seit 1898 jährlich, hrsg. vom Gemeinderat). [⇐156]
[17⇒] Stuttgart, 1) Oberamt im württembergischen Neckarkreise, um die Stadt S., 5 QM., 68,000 Ew.; in ihm der Bären- u. Plattensee. Vgl. C. Büchele, Beschreibung des Amtes S. durch das Topographisch-Statistische Bureau; 2) Hauptstadt des Königreichs Württemberg u. dessen Neckarkreises, 1 Stunde vom Neckar am Nesenbache, zwischen Weinbergen in einem 12- 1500 Schritte breiten Thale; Residenz des Königs, Sitz der Ministerien, sämmtlicher Centralbehörden, der Ständeversammlung, des Oberamtes, des Criminal- u. Civil- (Stadt-) gerichts, der Kreisbehörden, einer General- u. Specialsuperintendentur, eines Hauptpostamts etc. Die alten Thore sind, außer dem Königsthor, größtentheils abgetragen, die Zahl der älteren Straßen hat sich in der neuesten Zeit sehr vermehrt u. durch die Ausbesserung u. Verschönerung alter Wohnplätze haben selbst die engen winklichten Straßen der innern Stadt ein leidliches Aussehen gewonnen. Nicht blos in der Königsstraße reihen sich die elegantesten Kaufläden u. Magazine mit kolossalen Schaufenstern aneinander, auch in den parallelen u. selbst entfernteren Straßen weiden Jahr um Jahr die entstellenden Erdgeschosse ausgehoben u. durch sehr geschmackvolle Ladenräume ersetzt. Unter den öffentlichen Plätzen verdienen außer dem alten u. neuen Schloßplatz mit der Planie noch der Marktplatz, auf welchem einige wenige hohe, spitzgieblige, mit hellen Erkern versehene Häuser sich erhalten haben, der St. Leonhards-, Hospital-, Dorotheen- u. Charlottenplatz Erwähnung. Der an die Jubiläumssäule angelagerte u. von Kastanienalleen, dem neuen u. alten Schlosse, Königsbau, Theater u. Kronprinzenpalais umschloßne neue Schloßplatz hat nach Art von Bowling greens grüne Rasenplätze mit Blumenparterres. Gesträuchen u. Lorbeerbäumen u. ein Bassin zwischen zwei, rechts u. links von der Säule aufgestellten, in Wasseralfingen gegossenen Schalen. Straßen u. öffentliche Plätze sind seit 1845 mit Gas beleuchtet. Juden vornehmsten öffentlichen Gebäuden gehört: das alte Schloß, seit 1553 vom Herzog Christoph erbaut u. von starten runden Eckthürmen flankirt, jetzt dem Obersthofmeisteramt sammt betreffenden Kanzleien, der Oberhofkasse etc. od. Beamten des königlichen Haushalts zu Dienstwohnungen angewiesen. Das neue Schloß, zu welchem Herzog Karl 1746 den Grund legte u. welches 1807 durch König Friedrich vollendet wurde, enthält außer 140 kostbaren Gemälden, Statuen u. Bronzen in vier Sälen Frescomalereien aus der württembergischen Regentengeschichte, von Gegenbaur; im weißen Saal in Ölfarbe ausgeführte Deckengemälde, den Apollo darstellend, sammt anderen Scenen aus der Griechischen Mythologie, von demselben Meister. Vor der Haupteinfahrt stehen die beiden Schildhüter des württembergischen [⇐17] [18⇒] Wappens, ein Löwe u. ein Hirsch, auf vierseitigen Pfeilern. Mit dem Schlosse gegen die Anlagen u. die Neckarstraße hin stehen die dazu gehörigen Nebengebäude, die ehemalige Akademie, die Hofkirche, der Leibstall u. das Reithaus in Verbindung. Gegenüber der Westseite des alten Schlosses steht der sogenannte Prinzenbau (16051663) im Italienischen Styl (gegenwärtig von dem Prinzen Friedrich, Neffen u. Schwiegersohn des Königs, bewohnt); an der obern Neckarstraße das Prinzessinnenpalais, nach Saluccis Plan 1840 vollendet (jetzt von der Prinzessin Marie, Tochter des Königs, bewohnt); am Schloßplatze das kronprinzliche Palais, im Italienischen Styl von Gaab 184650 erbaut, mit reicher Ornament an Pilastern, Fenstern u. Gesimsen. Das Hoftheater ist auf den Grundmauern des ehemaligen neuen Lusthauses erbaut; zunächst zu einem Opernhaus eingerichtet, mehrmals verändert u. erweitert, erhielt es seine jetzige Gestalt 184546 u. umfaßt das ursprüngliche Hauptgebäude, beträchtliche Anbauten zu beiden Seiten u. ein gegen den Schloßplatz zu vorliegendes reich decorirtes Avantcorps u. hier über der Attika die in Zink gegossenen, bronzirten Statuen der Melpomene, Thalia, Terpsichore u. Polyhymnia. Der Zuschauerraum des Theaters, welcher die Form eines Hufeisenbogens hat, besteht außer dem Parterre aus vier Gallerien u. faßt 1900 Personen. An der Königsstraße nächst dem Thore steht das Marstallgebäude, ursprünglich von Herzog Karl auf der Rotunde errichtet, 1805 von König Friedrich auf seine jetzige Stelle versetzt; es enthält Stallungen für etwa 300 Pferde vom täglichen Dienste. Unter den sechs Kirchen ist nur die Stiftskirche bemerkenswerth; sie wurde 1495 vollendet, erhielt aber ihren größern Thurm (214 Württemberg. Fuß hoch) erst 1531. Sie besitzt über dem sogenannten Apostelchor an der Südostseite werthvolle Sculpturen aus der Passionsgeschichte, treffliche Glasmalereien in den drei Fenstern des Chors u. in dem Fenster über dem westlichen Haupteingang, nach Cartons von Neher durch die Gebrüder Scheerer 184752 ausgeführt u. die Hauptmomente aus dem Erlösungswerke umfassend. In dem Chor befinden sich 11 steinerne Statuen württembergischer Fürsten; unter demselben die fürstliche Gruft; die große Orgel stammt aus der Klosterkirche von Zwiefalten u. hat durch den Orgelbauer Walker von Ludwigsburg wesentliche Verbesserungen erhalten. In der Hospitalkirche steht das von Dannecker hierher gestiftete kolossale Modell seiner Christusstatue. Das einfache Bibliothekgebäude an der Neckarstraße, ursprünglich ein Invalidenhaus, soll durch einen neuen würdigeren Bau ersetzt werden. Oberhalb desselben steht das Gebäude des königlichen Haus- u. Staatsarchivs u. des Naturaliencabinets, 182127 aufgeführt; dasselbe erhält gegenwärtig wegen mangelnden Raumes einen großen Seitenflügel; unterhalb desselben das Museum der bildenden Künste, gleich jenem nach von Barths Plan 183843 im Italienischen Styl erbaut; mit Gemälde- u. Antikensammlung, so wie sämmtliche Thorwaldsensche Arbeiten in Gyps. Der Festsaal enthält Wandgemälde von A. Bruckmann; im Vorhofe steht eine Copie der Mediceischen Venus. Von 185560 wurde dem Schlosse gegenüber der Königsbau durch Leibs vollendet. Derselbe nimmt die Grundfläche ein, auf welcher früher der Redoutensaal, das Gouvernementsgebäude u. typographische Bureau gelegen waren u. bildet ein Viereck von 400 Fuß Länge u. 120 Fuß Breite. An der Fronte zieht sich eine ionische Colonnade von 34 Säulen, je 11 Fuß im Durchmesser, hin; auf zwei die Mitte der Façade zwischen sich fassenden Stellen treten aus derselben höhere korinthische Säulen hervor, welche die langgestreckte Masse unterbrechen u. den Mittelbau auszeichnen. An den beiden schmalen Seiten gegen die Fürsten- u. Schloßstraße befinden sich die Haupteingänge u. Anfahrten für die Equipagen, je mit einem von vier Säulen getragenen Fronton. Die Rückwand der vordern Colonnade, so wie die rückwärts befindliche, krystallbedeckte Passage ist mit Verkaufslocalen bedeckt. Der große, fast die ganze Länge des Gebäudes einnehmende Saal ist für Musikaufführungen, Bälle u. andere Festschaustellungen bestimmt. Außerdem das Ständehaus in der Kronprinzstraße, 1566 von der Landschaft erkauft u. durch Anbauten erweitert, 1819 renovirt; das alte Kanzleigebäude, nordwestlich vom alten Schloß, 1566 von Herzog Christoph ausgeführt; das neue Kanzleigebäude an der Königsstraße (1838), die königliche Münze in der Neckarstraße (1842), die Infanteriekaserne (182743), die Reiterkaserne (184145), das Katharinenhospital (182027), das Pönitentiarhaus (184648), das Polytechnicum in der Alleenstraße, der 1834 auf Actien errichtete Bazar. Öffentliche Denkmale: die Jubiläumssäule u. die Schillerstatue. Jene, der Erinnerung an die ersten 25 Jahre der Regierung des jetzigen Königs Wilhelm I. geweiht (1841). 101 Fuß hoch, von bläulich grauem Granit, zeigt im viereckigen Unterbau Hautreliefs in Bronze, aus dem Kriegs- u. Regierungsleben des Königs; an den vier Ecken des Piedestals stehen vier allegorische Figuren in Bronze mit Leier u. Buch, Pflugschar u, Ährenbüschel, Schild u. Schwert, Mercuriusstab u. Weberschiffchen, nach Modellen von Professor von Wagner. Das Ganze ist ein Werk des Hofbaumeisters Knapp. Auf dieselbe soll noch eine Victoria zu stehen kommen. Die kolossale Schillerstatue, auf dem alten Schloßplatz, wurde nach Thorwaldsens Modell von Stiglmaier zu München in Erz gegossen u. 1839 enthüllt. Zu den wissenschaftlichen Sammlungen gehören: die königliche Handbibliothek, die öffentliche Bibliothek, da K Archiv, die Münz- u. Medaillen-, auch Kunst- u. Alterthümersammlung, das Naturaliencabinet, die plastische u. die Gemäldesammlung, durch die auf Rechnung der Civilliste angekaufte u. als Fideicommiß gestiftete Gemäldesammlung Barbini-Breganze u. durch die ehemals Abelsche Sammlung altdeutscher Gemälde bereichert, sammt Kupferstichsammlung u. Cabinet der Handzeichnungen. Ploucquels Zoologisches Museum u. G. Werners Zoologischer Garten. Zu den Unterrichtsanstalten gehören das Gymnasium, das Polytechnicum, die Kunstschule, die Winterbaugewerkeschule, Sonntagsgewerbeschule, gewerbliche u. kaufmännische Fortbildungsschule, Ober- u. Unterrealschule, Thierarzneischule, Musik- u. Gesangschule, das Katharinenstift für die weibliche Jugend u. eine Menge Privatinstitute; zu den Wohlthätigkeitsanstalten: das Waisenhaus, Localwohlthätigkeitsverein, die Katharinen-, Marienpflege, Katharinenschule u. Paulinenpflege, der Frauenverein, für Versorgung verwahrloster Kinder, die Kinderbewahranstalt (Augustenpflege), Nikolaipflege (Blindenasyl), der Verein zur Unterstützung verschämter Hausarmen, Paulinenverein [⇐18][19⇒] u. Kreuzerverein (für Landarme) etc., endlich das Bürgerspital, die Armenpflege mit Armenhaus; zu den Krankenanstalten das Katharinenhospital, in Heil- u. Gebäranstalt zerfallend, die Olgakinderheilanstalt, das Garnisonshospital, zwei orthopädische Heilanstalten, heilgymnastische Anstalt, die Paulinenpflege, evangelische Diakonissenanstalt, die königliche Centralleitung des Wohlthätigkeitsvereins etc. Andere gemeinnützige Anstalten: die privilegirte Bibelgesellschaft, evangelische Bücherstiftung, Missionsgesellschaft, Hauptverein für die Gustav-Adolfs-Stiftung, Verein für entlassene Strafgefangene nach der religiös-moralische Seite hin, der Creditverein, die allgemeine Sparkasse, die Rentenanstalt, die Lebensversicherungs- u. Ersparnißbank u. der Kapitalistenverein, mit materiellen Zwecken. Der sehr beträchtliche Gewerbfleiß liefert Leinen-, Baumwollen- u. Seidenwaaren, Damaste, Teppiche, Stickereien, Corsette, Galanterielederwaaren, Bunt-, Glanz- u. Kartenpapier, Peitschen, Stearinlichter, Parfümerien, Schirm- u. Spazierstöcke, Möbeln, Goldleisten, Holzwaaren u. Dosen, Spielwaaren, Tapeten, Bijouteriewaaren, Metallbuchstaben, Metallschreibtafeln, Gartenmöbeln aus Metallgeflechten, Waffen, Wagen, Handwerkszeug, Chemikalien, Chocolade, Conditorei- u. Tragantwaaren, Schaumweine, Rübenzucker, Zink- u. Bronzegegenstände, Maschinen, mathematische, physikalische, optische, musikalische Instrumente etc. Buchhandel u. Buchdruckerei haben eine beträchtliche Höhe erreicht, man zählt der Buchhandlungen, einschließlich 2 Kunst- u. 2 Musikalienhandlungen, gegenwärtig etliche 40; außerdem existiren 4 Antiquariatsbuchhandlungen, 4 Leihbibliotheken, 6 Schrift-, 4 Stereotypengießereien, 27 Buchdruckereien. Den Zwecken des Betriebs förderlich ist das 1842 gegründete buchhändlerische Schiedsgericht u. der 1845 gestiftete Süddeutsche Buchhändlerverein. Für die Hebung der Gewerbeindustrie sorgt der Gewerbeverein, der Arbeiterverein, die Handwerkerbank, der württembergische Handelsverein, das Handelsschiedsgericht, die Handelskammer u. vor allem die königliche Centralstelle für Gewerbe u, Handel, mit Musterlager, chemischem Laboratorium, Maschinensaal, Webe- u. Zeichenschulen; wie auf der anderen Seite die königliche Centralstelle für Landwirthschaft den Interessen des Ackerbaus u. der Viehzucht Vorschub leistet. Der Handelsbetrieb ist von Jahr zu Jahr im Steigen begriffen. Im Großhandel bestehen Firmen, welche zu den bedeutendsten Deutschlands gehören; durch die Eisenbahn hat sich der Zwischen- u, Speditionshandel sehr gehoben; noch größeren Zuwachs hat der Handel mit Werth- u. Geldpapieren erlangt u. die Zahl der Banquierhäuser sich sehr vermehrt; an Wechseln werden jährlich mindestens 20 Millionen umgesetzt; der Umsatz in Staatspapieren ist ebenso hoch anzunehmen. Die Gesammtzahl der Handelsetablissements mag sich auf etwa 450 belaufen. Dem geselligen Vergnügen u, Genüsse dienen, außer dem Theater, das Museum, die Bürgergesellschaft, je mit Garten, der Adelsclubb, Liederkranz, die Ianitscharia, die Schulzengesellschaft u. eine große Menge von singenden, tanzenden, spielenden u.a. Vereinen. Zu Spaziergängen laden ein: der Schloßgarten, gewöhnlich die Anlagen genannt, mit seinen prächtigen Baumgruppen, Rasenplätzen u. Pavillons, seinen Seen, seiner 70 Fuß hohen Fontaine, der Danneckerschen Gruppe der Quell- u. Wiesennymphe, der Hylasgruppe, der Pferdegruppe u. den zahlreichen Marmorstatuen; Berg mit seiner neuen gothischen Kirche; Cannstatt mit seiner Eisenbahnbrücke u. dem Cursaal, der offenen Säulenhalle auf dem Sulzerrain, beide mit Fluß- u. Mineralbädern. Besondere Anziehungspunkte bilden das königliche Landhaus Rosenstein mit Gemälde u. Marmorstatuen, die Wilhelma u. die kronprinzliche Villa. Durch den Part u. Englischen Garten, an dessen einem Ende die königliche Meierei sich befindet, gelangt man nach der Wilhelma, einer im Maurischen Baustyle durch Zanth ausgeführten Villa, sie besteht in einem Wohngebäude, von Gewächshäusern, Säulengängen, Kiosken, Belvedere, Festsaal, Schauspielhaus u. Dienstgebäuden umgeben, welche durch Gartenanlagen verbunden sind. Dem Rosenstein gegenüber, oberhalb Berg, erhebt sich die kronprinzliche Villa, im Renaissancestyl (18461853) von Leins erbaut, mit terrassenförmig zum Neckar abfallenden, mit den schönsten Baumgruppen u. Blumenparterres geschmückten Gärten. Zu weitern Ausflügen laden ein: Unter- u. Obertürkheim, am Fuß des Rothenberges, welcher mit der Grabkapelle der Königin Katharina geschmückt ist; die Solitüde u. deren Park mit Roth-, Dam- u. Schwarzwild; Hohenheim, mit landwirthschaftlicher Akademie; Kleinhohenheim, Scharnhausen u. Weil mit den königlichen Privatgestüten. S. liegt an der Württembergischen Staatseisenbahn u. ist durch diese mit Bruchsal, Durlach (Karlsruhe), Heilbronn, Tübingen, Ulm, Augsburg (München) Friedrichshafen etc. verbunden. Die Zahl der Einw. von S. betrug 1861: 56,103 u. mit Einschluß von Berg, Häslach u. Gablenberg 62,000.
Nach der Sage verdankt S. seine Entstehung einem Stutengarten, welcher bei der gegenwärtigen Stiftskirche gelegen war, daher das Wappen S-s eine schwarze Stute mit saugendem Fohlen in weißem Feld. Urkundlich kommt der Name S. erst im Jahre 1229 vor, doch war es 1286 schon stark genug, um bei einer Fehde Eberhards des Erlauchten mit dem Kaiser Rudolf von Habsburg eine siebenwöchige Belagerung auszuhalten. 1320 wurde es zur Residenz erhoben u. das Chorherrnstift von Beutelsbach hierher verlegt. Mit dem Tode Eberhards 1325 tritt ein längerer Stillstand ein; erst mit Ulrich dem Vielgeliebten (1441) gewinnt es wieder einen erhöhten Aufschwung, indem derselbe nicht nur die Eßlinger- u. die sogenannte reiche Vorstadt, so wie den Marktplatz anlegte, die Befestigungswerke erweiterte, sondern auch die noch bestehenden Hauptkirchen u. das Rathhaus erbaute. 1482 wurde S. zur Hauptstadt des Landes erklärt, litt aber später dadurch, daß Eberhard Ludwig auf eine Zeit lang Ludwigsburg zur Residenz machte. Herzog Karl Eugens Baulust u, Prachtliebe riefen auch in S. manche Werke der Architektur ins Dasein; aber erst König Friedrich dachte nach erlangter Königswürde darauf, die alte herzogliche Residenz durch eine Menge Straßenanlagen u. Neubauten zu einer Königsstadt zu erheben. Unter der jetzigen Regierung wurde dieser Plan seiner Vollendung entgegen geführt u. in den letzten Jahrzehnten hat sich die Stadt auf mehr als das Doppelte erweitert. Vom 618. Juni 1849 fanden hier die Sitzungen des Rumpfparlaments statt, s.u. Deutschland S. 80. Vgl. Wegweiser durch S., Tüb. 1812; Chr. Claß u. G. Schubler, Versuch [⇐19][20⇒] einer medicinischen Topographie von S., Stuttg. 1815; W. L. F. Schaffner. Historische Beschreibung von S., ebd. 1811; Dessen Geschichtsdata u. Merkwürdigkeiten von S., ebd. 1815; I. D. G. Memmingen, S. u. Ludwigsburg, ebd. 1817; Bührlen, S. u. seine Umgebung, ebd. 1835; Schwarzmann, Wegweiser in S., ebd. 1841; Zoller, S. u. Umgebung, ebd. 1841; Führer in S. u. seine Umgebung, ebd. 1853; S. u. seine Sehenswürdigkeiten, ebd. 1862; Hartmann, S-s Gegenwart, ebd. 1847; Pfaff. Geschichte der Stadt S.. ebd. 1845 ff.. 2 Bde.; S. u. seine Umgebungen für Einheimische N. Fremde, Stuttg. 1858; Fleischmann, Stadtplan von S., ebd. 1836 u. 1837; Karte der Umgegend von S., ebd. 1840. [⇐20]
[366⇒] Stuttgart, Hauptstadt des Königreichs Württemberg und Residenz des Königs, Sitz der Centralbehörden, St. vom Neckar entfernt, in einem von Weinbergen umgebenen Thalkessel gelegen, durch seine Umgebungen eine der reizendsten Städte Deutschlands, zählt mit den dazu gehörigen Weilern 46507 E. S. hat Gymnasium, polytechnische Schule, Kunstschule, Oberrealschule, Thierarzneischule, Sonntagsgewerbschule etc.; reiche öffentliche Bibliothek, königl. Privatbibliothek, Sammlungen aller Art, Theater, Liedertafel. Unter den Gebäuden zeichnen sich aus: die Residenz (angefangen 1746, vollendet 1806) mit anstoßendem schönen Park, die alte Residenz, 1553 gebaut, ein schönes u. wohlerhaltenes Denkmal der Baukunst aus dem Schlusse des Mittelalters, die alte Stiftskirche mit den Gräbern des Regentenhauses. S. ist ein Hauptplatz des deutschen Buchhandels, namentlich des Verlagsbuchhandels, hat Großhandel in Indigo und Droguen; sehr beträchtlich ist die Fabrikation von Pianofortes, Gold- und Silberwaaren, die Kunst- u. Handelsgärtnerei. [⇐366]
[323⇒] Stuttgart, die Hauptstadt von Würtemberg und Residenz des. Königs, liegt in einem reizenden, von Weinbergen und Gärten bekränzten Thale am Nesenbach, eine halbe Stunde vom Neckar, hat über 30,000 Einw. und mit den zur Stadtgemeinde gehörenden Ortschaften Haslach, Gablenberg und Berg an 34,000 Einw., wozu dann noch gegen 10,000 in S. lebende Fremde und Militairpersonen kommen. S. ist der Sitz der Regierung, der meisten Central-Landescollegien und des Obertribunals. Unter den Gebäuden zeichnen sich aus das alte und neue Schloß mit Gartenanlagen, welche bis zu dem neuesten königl. Schlosse Rosenstein bei Kannstadt reichen, das kronprinzliche Palais, die Stifts- oder Hauptkirche mit der Fürstengruft, die katholische Pfarrkirche zum h. Eberhard, das Katharinenspital, die Kasernen, das Archiv, das Gebäude für das Naturaliencabinet, der große Marstall u.a. Die öffentliche königl. Bibliothek enthält 200,000 Bände, darunter eine aus 12,000 Bänden bestehende Bibelsammlung, und die königl. Privatbibliothek zeichnet sich durch kostbare alte Werke und Handschriften, [⇐323][324⇒] sowie durch neuere Prachtwerke aus. Andere wissenschaftliche und Kunstanstalten sind: das Gymnasium, die Bildungsanstalt für Militairärzte, der botanische Garten, die Kunstakademie und Kunstschule, das Hoftheater, die topographisch-statistische Anstalt, die Vereine für Vaterlandskunde und für Kirchengesang, die königl. Lithographie mit einer Zeichnungs- und Unterrichtsanstalt, die Thierarzneischule mit einem Thierspital und einer Beschlagschmiede, das kaufmännische Institut mit einem Commissions-und Correspondenzcomptoir. Wohlthätige Anstalten sind noch die 1819 von der verstorbenen Königin gestiftete Töchterschule, das Katharinenstift, drei Beschäftigungsanstalten für arme Kinder: die Katharinenschule, die Katharinenpflege und die Marienpflege, das Waisenhaus, das Invalidenhaus, die Bibelgesellschaft, die Sparkasse u.a. Die Einwohner treiben Handel, Weinbau und Fabriken in Linnen, Wolle und Baumwolle. Bereits seit dem I. 1320 residirt das damals noch gräfliche Haus Würtemberg zu S., 1482 wurde die Stadt Hauptstadt aller würtemberg. Lande. Seit 1822 bildet die Stadt ein eignes, zum Neckarkreise gehöriges Oberamt unter dem Namen der Stadtdirection. – In dem Oberamte Leonberg bei dem Dorfe Gerlingen liegt unweit S. das königl. Jagdschloß Solitude auf einem hohen Berge mit einem großen Garten. Es enthält von Sehenswürdigkeiten: den Speisesaal, den schönen Lorber- und Concertsaal, den neuen Marstall, das Gebäude der Militairakamie, das Opernhaus, die Thiergärten, das chinesische Gebäude u.s.w. [⇐324]
[462⇒] Stuttgart In einem lieblichen, von wald- und weinreichen Hügeln umgebenen Thale breitet sich längs des Nesenbaches diese Haupt- und erste Residenzstadt des Königreichs Würtemberg, der reizende Wohnort von 33,000 Menschen, aus. Herrliche öffentliche Plätze, wie der Friedrichs-, Charlotten-, Dorotheen-, alte Schloß- und Leonhardsplatz, und die neuen ebenso schönen als regelmäßigen Straßen, wie die Friedrichs-, Kronen-, Schloß- und die wahrhaft königliche Königsstraße lassen es uns gern vergessen, daß der ältere Stadttheil nicht eben gegründete Ansprüche hat auf Geschmack oder Grandiosität. Das große, aus Granit erbaute, im Innern wie Aeußern überaus prächtige Residenzschloß ist von dem herrlichen Paradeplatz und den reizendsten Gartenanlagen umgeben, an welche sich, sämmtlich die schönsten und schattigsten Spaziergänge gewährend, die Planie, die Stadtallee und die neue Allee würdig anschließen. Und will der Fremde aus den Blumen- und Schattengängen, aus dem Kranze, welchen die Kunst um die Stadt wand, eine Fußwanderung machen zu den schönen Thoren hinaus in die Freie der [⇐462] [463⇒] Natur, so gewährt ihm das ¾ Stunden von der Stadt entfernte königl. Lustschloß Rosenstein, sowie das königl. Landhaus Bellevüe eine herrliche Fernsicht in eine reich- und buntstaffirte Landschaft. Unter den vielen öffentlichen, meist in einem edlen Style erbauten Prachtgebäuden steht der sogenannte Schloßbau obenan, ein 600 F. langes Gebäude mit drei Höfen, dem königl. Leibstall und der königl. Privatbibliothek von 30,000 Bänden. Das Ständehaus, der für die Kunstsammlungen bestimmte königl. Pavillon, der große Marstall, das Opernhaus, der Fürstenbau, das ehemalige Schloß der Kronprinzen, das Bibliotheks- und Archivgebäude, das Katharinenhospital, die Kaseenen und die Stiftskirche mit den Denkmälern und Gräbern der herrschenden Familie und einer trefflichen Orgel, bieten viel Interessantes dar; und zwischen diese, meist modisch drappirte Festgebäude lugt neckisch contrastirend das »alte Schloß« darein, eine alternde, unscheinbar gekleidete Matrone aus dem 16. Jahrhunderte. Aber wo die Sinne so angenehm beschäftigt werden im Tempel der Natur und Architektonik, da dürfen auch die Altäre nicht fehlen der Wissenschaft und Kunst und der Bildung des Volkes. Die öffentliche Bibliothek enthält 200,000 Bände, darunter 8256 Bibeln in 68 Sprachen und Dialekten, 1800 Handschriften und 2500 Incunabeln (Kinder der Typographie, als sie noch selbst in der Wiege lag); und nicht minder sehenswerth sind die königl. Kupferstichsammlungen, das Medaillon-, Kunst- und Antiquitätencabinet, der Antikensaal, das Naturaliencabinet und der botanische Garten. Ein Landwirthschafts-, Handels- und Gewerbverein, die Societät für Vaterlandskunde, die Bibel- und Missionsgesellschaft, die Kunst-, Gewerb-, Real- und 2 Sonntagsschulen sorgen für Bildung und Veredelung überhaupt und das treffliche Katharineninstitut für weibliche Erziehung insbesondere. Dannecker's (s. d.) Atelier zeigt hier die modernen Meistergebilde des Meisels; in den Reihen des »Liederkranzes« kämpft die schwäbische Dichterschule würdig für das Ideal und das Leben der deutschen Poesie; und wenn das Abendroth versank [⇐463][464⇒] hinter die Berge und die Lüfte der Nacht ihre heimlichen Segen bringen, da schwebt Schiller's heiliger Schatten über die Stadt, in der ein eigener Verein liebend und segensreich waltet, sein Andenken zu erneuern, zu bewahren, zu verherrlichen.
P. [⇐464]
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