1. Auf wen die Natur ist versessen, dem hat sie mit Scheffeln es zugemessen.
2. Auff der Natur wechst kein schimmel noch rost. – Lehmann, 540, 54.
3. Dazu einer von Natur geneigt ist, dazu ist er leicht abzurichten. – Lehmann, 539, 35.
4. Der natur ist wenig, dem geitz nicht gnug. – Franck, I, 118b; Henisch, 1448, 21; Simrock, 3212.
5. Der Natur muss jeder seine Schuld bezahlen. – Simrock, 7448.
Holl.: Den tol der natuur betaalen. (Harrebomée, II, 117b.)
6. Die Natur bleibt. – Sailer, 147.
It.: Ciò che si hà per natura, sin alla fossa dura. (Pazzaglia, 240, 3.)
Lat.: Nescia mutari ad mores natura recurrit. (Eiselein, 490.)
7. Die Natur bringt gut Gold, die Kunst das falsche. – Sailer, 149; Simrock, 7435.
8. Die Natur dess Löwen zu endern wil gar schwer fallen. – Lehmann, II, 425, 61.
9. Die Natur dess Menschen ist mit Brodt vnd Wasser, mit einem schlechten Kleid vnd lager zu vergnügen. – Lehmann, 349, 21.
It.: La natura gode della semplicità delle cose.
10. Die Natur gibt das Leben und die Vernunft (Bildung, Weisheit) lehrt leben.
Dän.: Naturen giver at leve, men visdom at leve vel. (Prov. dan., 427.)
Holl.: Natuur begaaft, oefening beschaaft. (Harrebomée, II, 118a.)
11. Die Natur gibt dem Maulwurf die Augen nicht grösser als er sie braucht.
It.: La natura da a ciascuna cosa quel che si conviene. – La natura non manda mai ad alcuno delle cose necessaire.
12. Die Natur gibt viel, aber Thoren nicht genug.
Die Russen: Die Natur ist eine freigebige Mutter für Millionen, wenn aber der Narr seine Wünsche nicht befriedigen kann, nennt er sie eine geizige Stiefmutter. (Altmann VI, 478.)
13. Die Natur gibt Weisheit.
14. Die Natur hängt jedem eine Schelle an, wo nicht gar den Hals voll. – Eiselein, 491; Simrock, 7445; Körte2, 5493; Sutor, 177; Braun, I, 2993.
15. Die Natur hängt überall ihr Schild aus. – Simrock, 7445; Sailer, 181.
16. Die Natur henckt eim jeden ein schellen an. – Gruter, III, 22; Lehmann, II, 85, 169.
17. Die Natur hilft sich selber.
Holl.: De natuur helpt zich zelve. ( Harrebomée, II, 117b.)
18. Die natur ist der best meyster. – Franck, I, 148a; Lehmann, II, 425, 55.
19. Die Natur ist die beste Lehrmeisterin. – Simrock, 7429; Braun, I, 2991.
It.: Natura è madre e operatrice di tutte le cose.
20. Die Natur ist Meister. – Lehmann, 540, 48; Eiselein, 490; Sailer, 146; Simrock, 7430.
Die Stimme der Natur kündigt sich überall mit solcher Stärke an, dass man, sie zu überhören, nie in Gefahr kommt. Wenn Sinn und Verstand geweckt sind, darf man keinen Fehlgriff fürchten, sie wird sich einstellen und geltend zu machen wissen. »Treibe die Natur,« sagt Horaz, »mit Mordgewehren von dir, sie kommt wieder.«
Frz.: En vain d'ôter on procure ce qui vient de la nature. (Gaal, 115.)
It.: In vano tor si procura quel che vien di natura. (Gaal, 115.)
Lat.: Artem natura superat sine vi, sine cura. (Eiselein, 490.) – Difficile est tacitos naturae absondere mores. (Gaal, 554.) – Ficta ad naturam recidunt. (Publ. Syr.) (Binder I, 1062; II, 1979; Erasm., 471; Fischer, 143, 6; Egeria, 11a; Faselius, 155; Gaal, 115; Philippi, II, 6; Schonheim, N, 4; Schulblatt, 477; Seybold, 328; Wiegand, 518.) – Naturam expellas furca; tamen usque redibit. (Gaal, 115.) – Natura petit exitum. (Heuseler, 371.)
[968] 21. Die Natur ist mit Wenigem zufrieden. – Lehmann, II, 425, 60; Blum, 648; Bücking, 23; Simrock, 7436.
Das Naturleben mit seinen geringen Bedürfnissen, im Gegensatze der unendlich vielen erkünstelten.
Böhm.: Přirození na mále přestává. (Čelakovský, 294.)
Dän.: Naturen nøjes med ringe. (Prov. dan., 427.)
Holl.: De natuur is met weinig tevreden. (Harrebomée, II, 117b.)
It.: La natura si contenta del poco.
Kroat.: Narava je z malem zadovoljna. (Čelakovský, 294.)
Lat.: Aqua et panis naturae satisfaciunt. (Philippi, I, 36.) – Eget minus mortalis quo minus cupit. (Publ. Syr.) (Philippi, I, 131.) – Natura est paucis contenta. (Binder I, 1063; II, 1975; Fischer, 143, 7; Philippi, II, 6; Schonheim, N, 3.) – Parvos usus natura reposcit. (Binder II, 2483; Manilius, 4, 8.)
Schwed.: Naturen är med litet nöjd. (Grubb, 567; Rhodin, 99.)
22. Die Natur ist mit Wenigem zufrieden, sagte der Wolf, als er das dritte Schaf zerriss.
23. Die Natur ist wunderlich. – Petri, II, 139.
24. Die Natur kan die von worten vnd Papir gestrickte Band leicht verreissen. – Lehmann, 539, 28; Eiselein, 491.
25. Die Natur kann man wol im Zaume halten, aber nicht überwinden.
Jedes Wesen entwickelt sich seiner Natur gemäss.
Lat.: Custode et cura natura potentior omni. (Juvenal.) (Philippi, I, 108.) – Naturae sequitur semina quisque suae. (Properz.) (Binder I, 1061; II, 1977; Fischer, 143, 3; Philippi, II, 6.) – Naturam sequere. (Wiegand, 1022.)
26. Die Natur lässt nichts unbezeichnet. – Sailer, 181; Simrock, 7441.
27. Die Natur lässt sich nicht zwingen.
28. Die Natur lässt sich über keinen Leisten schlagen.
»Wenn die Menschen sich einbilden, die unendliche Natur über den Leisten irgendeines Systems geschlagen zu haben, so bricht ihnen dieser Leisten bald wieder unter den Fingern.« (Welt und Zeit, I, 169, 105.)
29. Die Natur lehrt reden, der Verstand schweigen.
Dän.: Naturen giver talen, men forstand taushed. – Naturen lærer at tale, men fornuften at tie. (Prov. dan., 544.)
30. Die Natur leidet keine Rechnung.
Man kann ihr wol eine gewisse Richtung geben, sie leiten, aber nicht in ihrem Wesen umgestalten.
31. Die natur lesst sich leicht settigen, das aug nymmer. – Franck, I, 117a; Lehmann, II, 71, 54; Simrock, 7437.
32. Die Natur lest sich lencken (biegen), aber nicht brechen. – Lehmann, 129, 17; Eiselein, 490; Simrock, 7433; Körte2, 5646; Braun, I, 2992.
Sein Naturell zu ändern, ist schwer. Seneca drückt dies durch das Sprichwort aus: Naturam mutare, difficile. »Der Mensch ist nur ein Geniessbraucher der Natur, ihr Handlanger; und wenn er mehr, oder gar alles sein will – ihr Verpfuscher.« (L. Jahn.)
Mhd.: Swaz natûre gît, wer mac dem menschen daz genemen. (Marner.) (Zingerle, 108.)
Lat.: Naturam mutare difficile est. (Seneca.) (Binder II, 1981.)
Schwed.: Ondt twinga naturen. (Grubb, 646.)
33. Die Natur lest sich nit knetten vnd drehen wie haffner Letten. – Lehmann, 542, 95.
»Wenn die Menschen in ihrer Narrheit und Eitelkeit die Natur verhungern könnten, so wäre es schon längstens geschehen.« (Welt und Zeit, V, 226, 200.)
Mhd.: Swer wider die natûre wil ungewonlîch kriegen, daz wirt im dicke sûre, wil er natur nâch der gewonheit biegen, darnâch tuot wê swer muoz gewonheit brechen. (Labers.) (Zingerle, 108.)
Dän.: Den kand ei forandre naturen, som ei er herre over naturen. (Prov. dan., 427.)
Lat.: Ambulet ut cancer, recte, haud effeceris unquam. (Chaos, 716.)
34. Die Natur liebt die Mittelstrasse.
Holl.: De natuur moet altijd balanceren. (Harrebomée, II, 117b.)
35. Die Natur macht alles recht, dünkt es uns auch noch so schlecht.
Nach den gegebenen Umständen ist auch eine Misgeburt recht, weil nach den vorhandenen Bedingungen eine andere Bildung unmöglich war. H. Heine (Reisebilder, I, 153) sagt: »Er machte mich aufmerksam auf die Zweckmässigkeit der Natur: ›Die Bäume‹, sagte er, ›sind grün, weil grün gut für die Augen ist.‹ Ich gab ihm recht und fügte hinzu, dass Gott das Rindvieh erschaffen, weil Fleischsuppe den Menschen stärke, dass er die Esel erschaffen, damit sie den Menschen zu Vergleichungen dienen können, und dass er den Menschen selbst erschaffen, dass er Fleischsuppe essen und kein Esel sein soll.«
Dän.: Naturen giør det som er best. (Prov. dan., 427.)
[969] 36. Die Natur macht geschickt.
37. Die Natur macht Herren und Knechte.
Die Chinesen sagen: Die Natur hat die Frau dem Manne unterworfen, aber die Natur kennt keine Sklaven. (Cibot, 115.)
Schwed.: Naturen giör herre och träl. (Törning, 116.)
38. Die Natur macht keine Sprünge.
Wahr, wenn damit gesagt sein soll, dass sie keine Uebergänge mache, zwischen denen der gesetzliche Zusammenhang fehle; unwahr aber, wenn damit solche in sehr entgegengesetzte Zustände gemeint sind. Die Witterungsbeobachtung allein zeigt schon, wie bedeutend die Sprünge sind, welche die Natur mitunter macht. Der Spruch: Natura (in operationibus suis) non facit saltum, die Natur macht (in ihren Verrichtungen) keinen Sprung, steht in einem 1613 gedruckten Discours veritable de la vie, mort du géant Theutebocus, den Ed. Fournier in seinen Variétés historiques et littéraires, IX, abgedruckt hat. (Büchmann, Geflügelte Worte, 6. Aufl., S. 166.) Leibniz sprach denselben Gedanken in seinem Natura non agit saltationem aus, um zu sagen, dass sie aus einem schön gegliederten, aufwärts entwickelten System bestehe, welchem Einheit des Plans zu Grunde gelegen habe. Darwin's Fortentwickelungslehre (Descendenztheorie) ruht eigentlich auf diesem Sprichworte, nach welcher die Arten ihren Charakter auf die Nachkommen vererben (Erblichkeit der Aeltern), wobei Veränderlichkeit einer und derselben Art zulässig ist (individuelle Variation), Abweichungen sich wieder weiter vererben (Vererbung der Variation), während die schwächern Formen und Wesen im Kampf um das Dasein unterliegen und durch natürliche Zuchtwahl oder Auslese (natural selection) und Umwandlungsfähigkeit (Transmutation) der Entwickelungsgang ergänzt wird.
Dän.: Naturen giør intet spring, men gaaer ordentlig frem. (Prov. dan., 427.)
It.: La natura non opera per salto.
39. Die natur macht nicht jeden zum Holtz, darauss man ein Heiligen machen kann. – Lehmann, 539, 30.
40. Die Natur muss den ersten Stein legen. – Lehmann, 539, 36; Sailer, 149; Simrock, 7439.
41. Die Natur nimpt jmmer jhr gelehrtes wider mit Wucher. – Petri, II, 139.
42. Die Natur richtet sich nicht nach dem Kalender der Narren.
43. Die Natur saltzt vnnd schmaltzt den einen, den andern lest sie wie ein Säwmuss vngesaltzen vnd vngeschmaltzen. – Lehmann, 539, 32.
44. Die Natur steckt in der Haut vnd nicht im Haar, sonst würde mans abscheren können. – Lehmann, 540, 60.
45. Die Natur streitet zu rechter zeit wider alle Kranckheit; wer derselben nicht mit Artzney zu hilff kompt, der verkürtzt sich selbst. – Lehmann, 303, 27.
46. Die Natur thut das Beste, und dem Arzt füllt man die Weste.
Dän.: Naturen giør det beste, men lægen tager lønnen. (Prov. dan., 427.)
47. Die Natur thut das Beste und die Aertzt tragen den Lohn davon. – Opel, 392.
48. Die natur thut nichts vergebens. – Lehmann, 918, 25.
»Was sie zeichnet, das soll man in acht nemmen.«
Dän.: Naturen giør intet forgieves. (Prov. dan., 426.)
49. Die Natur trachtet jmmer nach dem besten. – Petri, II, 139.
50. Die Natur und die Spanier thun nichts vergeblich. – Opel, 387; Einfälle, 557.
51. Die Natur verlässt nitt ihre Spur. (Wurmlingen.) – Birlinger, 399.
52. Die Natur will geübt seyn, sonst wird sie schimmelig. – Lehmann, 539, 37; Sailer, 149; Simrock, 7438.
53. Die Natur will ihr Recht.
54. Die natur will ihren lauf (Willen) haben. – Franck, I, 85b; Sailer, 146.
Dän.: Naturen gaaer over optugtelsen. (Prov. dan., 427.) – Naturen vil have en god anfører. (Prov. dan., 29.)
Lat.: Natura superat doctrinam. (Pistor., I, 65.)
55. Die Natur zeucht stercker dann siben ochsen (Pferde). – Lehmann, 542, 91; Petri, II, 139; Egenolff, 345a; Lehmann, II, 425, 56; Schottel, 1128a; Eiselein, 490; Gaal, 1207; Schrader, 55; Graf, 389, 547; [970] Körte, 4494; Körte2, 5644; Simrock, 7432; Lohrengel, I, 539; Braun, I, 2987; Schlesw.-holst. Jahrb., IV, 120.
In der Schweiz; D' Natur zieht stärker as siben Stiere. (Sutermeister, 143.) – Im Plattdeutschen: Natuer treckt stärker ass thän Ossen. (Schlingmann, 1070.)
Engl.: Nature draws more than ten oxen. (Bohn II, 14.)
Holl.: Natuur treckt meer dan zeven paarden (oxen). (Harrebomée, II, 118a.)
It.: Natura tira più che cento cavalli. (Gaal, 1207; Pazzaglia, 240, 5.)
Lat.: Custode et cura natura potentior omni. (Gaal, 1206.) – Natura plus trahit septem bobus. (Binder II, 1976.) – Nescia mutari ad mores natura recurrit. (Eiselein, 490.) – Plus vi nature septem bobus trahe iure. (Fallersleben, 543; Sutor, 540.)
56. Ein böss verkert natur hilfft nit, wann man ein loch durch sie predigt. – Franck, I, 71a; Schottel, 1127a.
57. Ein gute natur darff keynes meysters. – Franck, I, 71a.
58. Gute Naturen können nicht lange zürnen.
59. Hitzige Natur ist die beste.
»Ein hitzig Natur ist die best. Denn die Pferdt, die sich im Sand vmbwaltzen sind besser, als die sich im Wasser niderlegen.« (Fischart, Gesch., in Kloster, VIII, 146.)
60. Je besser natur, je söhnlicher Hertz. – Henisch, 319, 61; Petri, II, 390.
Lat.: Quo quisque est major, magis est placabilis irae, et faciles motus mens generosa capit. (Henisch, 319, 62.)
61. Je grausamer Natur, je lenger Zorn. – Petri, II, 391.
62. Je lenger die Natur hinleufft, je schwerer sie wird. – Petri, II, 393.
63. Magst der Natur mit Gabeln wehren, einmal wird sie wiederkehren. – Frost, 61.
64. Man kann die Natur nicht ändern. – Simrock, 7432a.
65. Man muss der Natur den Gang lassen.
Man muss der Natur ihr Recht lassen. (Altmann VI, 486.)
66. Me ka d' Natur nid frässe. – Sutermeister, 143.
67. Me ka d' Natur nid mit Strau hüete. – Sutermeister, 143.
68. Natör gongt bâwen dî liêre, sêd Salomon's Kât, jö smiat at jâgt, üus'r en Müüs auer a Têle löp. (Nordmarschen.) – Haupt, VIII, 376, 25.
Natur geht über die Lehre, sagte Salomo's Katze, da warf sie das Licht weg, als eine Maus über die Diele lief.
69. Natur bedarf nur Wasser vnnd Brod. – Lehmann, II, 425, 64.
70. Natur begehrt wenig, die Einbildung vnd der Dünckel viel. – Lehmann, II, 425, 65.
71. Natur begehrt wenig, Wahn viel. – Körte, 4493; Körte2, 5643; Simrock, 7434; Venedey, 116; Braun, I, 2990.
Frz.: Nature se content de peu.
72. Natur bleibt wie Rost am Eysen, wie der Mor bey der schwartzen Farb, wie der Hund beym hincken. – Lehmann, 540, 61.
73. Natur frewet sich eines andern Vnglücks. – Lehmann, II, 425, 62.
74. Natur gehet für lehr. – Franck, I, 65; Tappius, 72a; Egenolff, 11a u. 368b; Gruter, I, 61; Petri, II, 491; Henisch, 1431, 43; Eiselein, 490; Körte, 4492; Masson, 359; Simrock, 7428.
Ist stärker als Unterricht. (S. ⇒ Mutterwitz.) Krumm kann nicht gerade werden. »Was von Natur ist angeboren, das halt ein jeder ausserkoren, davon auch keiner leichtlich weicht, so man ihn anders lehrt und zeucht, und schlagt stets in die vorig Art, wie streng man straffet und bewahrt, so singt er doch sein alte Weis; was ihn gelüst, ist seine Speis.« (Chaos, 717.)
Niederd.: Natur gat boven lere. (Insita devincit artes natura vel omnis.) (Tunn., 793.)
Engl.: What is bred in the bone, will never be out of the flesh.
Holl.: Het zij in schande of eer, natuur gaat boven leer. (Harrebomée, II, 118a.) – Natuur gaet boven leer. (Tunn., 19, 20.)
It.: La natura può più che l'arte. (Gaal, 1206.)
Lat.: Artem natura superat, dant hoc sua cura. (Fallersleben, 542.) – Lupus pilum mutat, non mentem.
Schwed.: Naturen går öfwer uptuktelsen. (Rhodin, 99.)
75. Natur gehet vor Kunst. – Lehmann, II, 425, 55; Schlesw.-holst. Jahrb., IV, 120.
Dän.: Naturen gaaer over kunsten. (Prov. dan., 427.)
Schwed.: Naturen går för konsten. (Grubb, 567.)
[971] 76. Natur geht für. – Franck, II, 6a; Petri, II, 139.
77. Natur geht vor des Amtmanns Büttel.
Dän.: Høgt er herre-bud; dog er naturens høgere. (Prov. dan., 93.)
78. Natür geit over de Lehre. – Bueren, 898; Hauskalender, I.
79. Natur gibt uns wol das Korn, aber ungemahlen.
Die Russen: Die Natur formt wol Granitblöcke, aber nicht die Granitsäulen. (Altmann V, 85.)
80. Natur guckt überall hervor.
Holl.: De natuur verloechent zich niet. – Natuur is onze naaste gebuur. (Harrebomée, II, 116b u. 118a.)
Lat.: Naturam frenara potes, sed vincere nunquam. (Palingen.) (Binder II, 1980.)
Ung.: Kitetszik a' vas-szeg a' zsákbol. (Gaal, 554.)
81. Natur ist bald satt, aber das Auge spät.
82. Natur ist gegen einen mild, gegen einen andern gar zähe mit Gaben.
»Den einen salzt und schmalzt sie, den andern lässt sie wie Saumuss ungesalzen und ungeschmalzen.«
83. Natur ist mehr den Gewonheit. – Petri, II, 491.
Nach italienischer Anschauung muss die Natur der Mode sich unterwerfen: Nè natura può star contra il costume.
84. Natur ist über Kunst. – Körte, 4493.
85. Natur kann man nicht ausziehen wie einen Rock.
Holl.: Dat in de natuur is, is kwaad te verdrijven. (Harrebomée, II, 117b.)
It.: Invan di toglier si procura ciò, che vien dalla natura. (Pazzaglia, 240, 4.)
86. Natur kehrt wieder und wenn man sie mit Heugabeln austreibt.
»Wenn man will die Natur verbieten, so thut sie zweymal sehrer wüten.« (Waldis, II, 60, 7.)
It.: Chi l'ha per natura, fin alla fossa dura.
87. Natur läst sich nit endern. – Lehmann, II, 425, 58.
88. Natur lehrt auch das widerwertige meyden vnd fliehen. – Lehmann, II, 425, 59.
89. Natur lehrt den Hund spüren.
Frz.: Nature fait le chien tracer. (Kritzinger, 475a.)
Holl.: Natuur doet den hond sporen. (Harrebomée, II, 118a.)
90. Natur lügt nicht.
Holl.: De natuur kan niet liegen. (Harrebomée, II, 117b.)
91. Natur, säüt Möäken, doa schlep se bî'n Prêster. – Schlingmann, 1015.
92. Natur trotzt dem Büttel und dem Knüttel.
93. Natur übertrifft allzeit Kunst.
94. Natur und Gewohnheit sind ein eisern Kleid.
Mhd.: Natûre unde gewoneheit, der beider kraft ist harte breit. (Freidank.) (Zingerle, 55.) – Natûr ir geleich gewonhait dick behanset. (Falkner.) (Zingerle, 108.)
95. Natur und Liebe lassen sich nicht bergen. – Körte, 4497; Simrock, 7442.
96. Natur vberwindt gwonheit. – Franck, I, 122b; Gruter, I, 61; Henisch, 1608, 63; Simrock, 7431; Graf, 14, 192; Körte, 4495; Braun, I, 2988.
97. Natur vnnd Gewonheit läst nit nach. – Lehmann, II, 425, 57.
98. Natur weiss jhre wahre wol zu verkauffen. – Lehmann, 538, 18; Sailer, 146; Simrock, 7444.
99. Natur will einen guten Führer haben.
Schwed.: Naturen will hafwa en god ledswen. (Grubb, 568; Wensell, 57.)
100. Natur will ihren Lauf haben, sagte der Bock.
101. Natur wirft bald die Larve ab.
Lat.: Ficta cito ad naturam reciderint suam. (Philippi, I, 155; Froberg, 234.)
102. Natur zeucht mehr (stärker) als hundert Pferde. – Lehmann, II, 425, 66; Winckler, XVIII, 91.
Niederd.: Natur trekt mêr dan seven perde. (Plus validis septem tractat natura caballis.) (Tunn., 795.)
103. Natur zieht stärker, denn sieben Ochsen, sprach der Abt, als er mit der Ursel allein war. – Klosterspiegel, 13, 9.
104. Natura paucis contenta, sagte der Bube, als er den dritten Hieb erhielt und zehn bekommen sollte.
105. Natura paucis contenta, sagte der Schüler, als er Hiebe vom Lehrer bekam.
[972] 106. Niemand ist von Natur so wild, horcht er der Lehr', so wird er mild.
Lat.: Nemo adeo ferus est, ut non mitescere possit, si modo culturae patientem commodet aurem. (Horaz.) (Binder I, 1091; II, 2038; Seybold, 338.)
107. Süsse, heilige Natur, sagte die Erzieherin; da lag sie beim Knecht im Bett. (Hamburg.) – Hoefer, 258.
108. Ungleiche Naturen haben ungleiche Lust.
109. Verkehrte Natur bleibt verkehrt, auch wenn man ein Loch hineinpredigte. – Sailer, 147; Simrock, 7446.
»Wen die Mutter nicht gut im Kopfe ausgestattet hat, der bleibt ein intellectueller Lump sein ganzes Leben hindurch, was auch der Herr Papa und die Hofmeister immerhin für ihn thun mögen.«
110. Was die Natur angestrichen hat, färbt nicht ab.
Holl.: Natuur heeft duur. (Harrebomée, II, 118a.)
111. Was die Natur dem Hahne am Kamme nimmt, das gibt sie ihm am Schwanze. – Körte, 4496; Simrock, 7447; Braun, I, 2989.
Holl.: Wat de natuur den paauwen aan den kam onthoudt, geeft zij hun weder aan den staart. (Harrebomée, II, 118a.)
112. Was die Natur dem Pfauen am Kopfe versagt, das ersetzt sie ihm am Schwanze. – Winckler, IV, 53.
113. Was die Natur doch für seltsame (wunderbare) Kräuter hervorbringt, sagte Töffel, als er auf dem nächsten Dorfe einen Heuhaufen sah.
Die Russen: Das Heu für eine ausländische Pflanze halten. (Altmann VI, 513.)
114. Was die Natur gebunden hat, löst die Natur wieder auf. – Wurzbach II, 355.
115. Was die Natur gegeben, hält fürs ganze Leben.
Holl.: Die iets heeft van nature, zal't tot in't graf hem duren. (Harrebomée, II, 117b.)
116. Was die Natur gelehrt, wird so leicht nicht abgewehrt.
»Was eim hat die Natur gegeben, darnach thut man gemeinlich leben, und was einem jung ist worden an, drauff bleibt er im alter bestahn.« – »Was die natur eim pflantzet ein, wäscht jm ab weder Elb noch Rhein.« – »Was in der jugent wirdt genommen ein, wescht jm im alter nit ab der Rhein.« (Waldis, I, 50; II, 22, 59; IV, 6, 66.)
117. Was die Natur gibt, ist gut, sagte Hans, da pisste er in die Schüssel.
118. Was die Natur mit Feigenblättern verdeckt, das decke du nicht auf!
119. Was die Natur nicht gegeben hat am Kinn, das gibt sie am Sinn.
Die innern Gaben entschädigen oft für die äussern.
Dän.: Hvad naturen fattes i eet, opretter hun i et andet. (Prov. dan., 427.)
Lat.: Si mihi difficilis formam natura negavit, ingenio formae damna rependo meae. (Ovid.) (Philippi, II, 186.)
120. Was die Natur nicht gibt, verschafft die Kunst.
Toilettenkunst.
121. Was die Natur nicht verliehen, kann kein Lehrer ziehen.
Die Russen: Was der Mensch nicht von Natur lernt, lernt er von keinem Lehrer. (Altmann V, 103.)
122. Was die Natur versagt, hat niemand mit Glück gewagt.
Lat.: Quod natura negat, nemo feliciter audet. (Anon.) (Binder II, 2885; Heuseler, 330.)
123. Was die Natur versagt, kann niemand geben. – Simrock, 7440a.
»Nur aus den herrlichen Mutterbrüsten der Natur saugen wir Weisheit und Kraft. Sie entwickelt sich mit jedem Jahre reicher, kräftiger, schöner; und die Menschen werden mit jedem Tage dümmer, schwächer und schlechter, sobald sie sich von ihr entfernen.« Der Lehrer kann blos entwickeln, aber keine Kräfte einimpfen.
Böhm.: Kdo od přirození hloupý, v apatice rozumu ne koupí. – Komu není shůry dáno, v apatice nekoupí. (Čelakovský, 204.)
Lat.: Quod natura negat, reddere nemo potest. (Corn.) (Binder I, 1513; II, 2886; Egeria, 254; Seybold, 508; Philippi, II, 134.)
124. Was einem die Natur hat eingepflanzt, das weschet jhm weder Elb noch Rhein ab. – Petri, II, 592; Henisch, 869, 28.
[973] 125. Was in der Natur ist, das ist schwer zu vertreiben. – Petri, II, 600.
Burton: »Die Natur kehrt immer wieder zum Menschen zurück, wie unwürdig er sie auch behandelt haben mag.«
Böhm.: Kdo co má od přirození, tĕžce se to při nĕm zmĕní. (Čelakovský, 222.)
It.: Mai non perde natura i dritti suoi.
126. Was von Natur ist angeborn, das behelt man bis ins grab. – Lehmann, 537, 5.
127. Wass die Natur thut, das muss einer thun, er woll oder woll nicht. – Lehmann, 543, 103.
128. Welche die Natur zu Schafen gemacht, die sollen nicht verschmitzt sein wie die Füchse und nicht zornig wie Böcke abgerichtet werden.
129. Wem die Natur eine Fackel im Kopfe angezündet hat, der kann das Lichtlein auf der Schulbank entbehren. – Eiselein, 490.
130. Wem die Natur keine Hörner gegeben hat, der muss nicht stossen wollen.
131. Wem die Natur nicht ein ansehen gibt, der kans mit keiner kunst anstreichen. – Lehmann, 29, 32.
132. Wenn die Natur gibt, so gibt sie's mit Scheffeln.
133. Wenn die Natur nimmt ab, so geht's ins Grab.
134. Wenn die Natur rechts will, so gehe du nicht links.
135. Wenn Natur vnd kunst die füss zusammensetzen, so gehts fort. – Lehmann, 538, 20; Sailer, 149; Simrock, 7440.
136. Wer der Natur bleibt treu, braucht wenig Apothekenbrei.
It.: Ciascuno mantengasi nel suo naturale, e coltivi le sue inna e disposizioni.
137. Wer der Natur Lucern volgt, der irret nicht. – Lehmann, 543, 109.
It.: Obbedi e a natura in tutto è il meglio.
138. Wer die Natur zu überwinden weiss, ist mehr als Simson. – Winckler, VII, 34.
Holl.: Die zijne natuur kan overwinnen, is sterker dan Simson. (Harrebomée, II, 117b.)
139. Wer von Natur ein Esel worden, der sei und bleib' beim Eselsorden.
Lat.: Sit asinus quemcunque asinum sors aspera fecit. (Binder I, 1660; II, 3169.)
140. Wer von Natur ein Esel worden, der trete nicht zum Löwenorden.
141. Wer von Natur ein Fackel im Hirn hat, der bedarff kein Wachsliecht von der Lehr. – Lehmann, 457, 45.
142. Wer wider die Natur sundet, muss bald essen, was ihm nicht mundet.
Dän.: Bedre at forsee sig mod høflighed, en mod sin Natur.
Frz.: Il faut mieux faire une faute contre la civilité que contre le droit de nature.
Lat.: Melius peccare in ethicam quam in physicam.
143. Wer zur Natur in die Schule geht, wird keine Schlafmütze.
144. Wirf die Natur mit Heugabeln hinaus, sie kommt im Galop zurück. – Deutsche Romanzeitung, 1865, S. 644.
Dän.: Driv ud naturen med en stang, hun kommer dog igien engang. (Prov. dan., 427.)
Holl.: Zoo men de natuur met eene vork drijft, zij zal staâg weder keeren. (Harrebomée, II, 118a.)
It.: Contro la natura invansi cozza. – Non cangia natura e non sespelle, torna s'empro all' abitudinnelle.
Schwed.: Drif naturen ut med stång, den kommer dock igen en gång. (Grubb, 155; Rhodin, 45.)
145. Wo die Natur aussgehet, da gehet Gott ein. – Henisch, 1707, 36; Sailer, 242.
Richtiger würde es wol heissen: Wo die Natur ausgeht, da geht Gott mit. Oder: Wo die Natur geht aus, da ist auch Gott nicht zu Haus.
146. Wo die Natur den Samen nicht treibt, da hat die Kunst umsonst gepflügt.
147. Wo die Natur nit das Fundament gelegt, da baut die Kunst auf Sand. – Opel, 378.
148. Wo die Natur protestirt, da mag die Kunst nicht durchdringen. – Steiger, 392.
[974] 149. Wozu einer von Natur geneigt ist, dazu ist er leicht abzurichten.
*150. Alles, was die Natur hervorgebracht.
Lat.: Quodcunque in solum venit. (Tullius.) (Erasm., 7.)
*151. Die Natur hat an ihm die Stiefmutter gemacht. – Eiselein, 580.
*152. Die Natur langt nicht.
Von jemand, der zu klein ist, einen Gegenstand zu erreichen.
*153. Es ist eine problematische Natur. – Büchmann, 57.
Dieser Ausdruck ist durch einen Roman Spielhagen's, der den Titel Problematische Naturen hat, sprichwörtlich geworden. In Bd. 3, Kap. 2 wird darin die Frage aufgeworfen: »Was nennen sie problematische Naturen?« Und geantwortet: »Es ist ein Goethe'scher Ausdruck und kommt in einer Stelle vor, die mir viel zu denken gegeben hat.« Diese Stelle befindet sich aber nicht, wie dort angenommen wird, in Wahrheit und Dichtung, sondern in den Sprüchen in Prosa, wo sie lautet: »Es gibt problematische Naturen, die keiner Lage gewachsen sind, in der sie sich befinden, und denen keiner genug thut. Daraus entsteht der ungeheuere Widerstreit, der das Leben ohne Genuss verzehrt.« (Vgl. G. von Loeper, Goethe's Sprüche, Nr. 127.) Diesem Spruch hat Spielhagen Idee und Titel seines Romans entnommen. Goethe kommt in seinen Sprüchen wiederholt auf diese Naturen zurück. So sagt er (Loeper, Goethe's Sprüche, Nr. 17): »Die Botaniker haben eine Pflanzenabtheilung, die sie Incompletae nennen; man kann aber auch sagen, dass es incomplete, unvollständige Menschen gibt. Es sind diejenigen, deren Sehnsucht und Streben mit ihrem Thun und Leisten nicht proportionirt ist.« Und a.a.O. (Nr. 75) lautet ein anderer Spruch: »Es ist traurig, anzusehen, wie ein ausserordentlicher Mensch sich gar oft mit sich selbst, seinen Umständen, seiner Zeit herumwürgt, ohne auf einen grünen Zweig zu kommen. Trauriges Beispiel Bürger.«
*154. Er ist verliebter Natur.
*155. Er jagt die Natur zum Fenster hinaus und lässt sie bei der Hausthür wieder herein. – Sailer, 310.
Der falsche Tugendfreund.
*156. Von der Natur stiefmütterlich bedacht sein. – Braun, I, 4298.
157. Natur bedarf wenig, die Lust ist nimmersatt.
Lat.: Natura modicum, libido immensum cupit. (Sailer, Sprüche, 100.)
158. Natur hat keine Kur. – Schuller, 45.
159. Natur ist über Kunst, denn sie kann schwarze Haare weiss machen. – Wirth, I, 363.
160. Vor böse Natur hilft keine Kur.
»Wenn auch zu allen Wunden man endlich Arzenei gefunden.« (Olearius, 359, 54.)
161. Was Natur und Weisheit spricht, widerstreitet ewig nicht.
Lat.: Nunquam aliud fortuna, aliud sapientia dicit. (Juvenal.) (Philippi, II, 56.)
162. Wer folget der Natur, kommt der Wahrheit auf die Spur.
Lat.: Natura duce errare nullo modo possumus. (Philippi, II, 6.)
163. Wer nach der Natur lebt, hat allzeit genug. – Harssdörffer, 1193.
[1631] 164. Wer von Natur ein Schuft, der bleibt es bis zur Gruft.
It.: Ladro di natura, sino alla morte dura. (Giani, 873.)
165. Wo die Natur aufhört, fängt der Unsinn an.
*166. Die Natur ist ihm zu kurz. (Schwaben.)
Buchempfehlung
Im Dreißigjährigen Krieg bejubeln die deutschen Protestanten den Schwedenkönig Gustav Adolf. Leubelfing schwärmt geradezu für ihn und schafft es endlich, als Page in seine persönlichen Dienste zu treten. Was niemand ahnt: sie ist ein Mädchen.
42 Seiten, 3.80 Euro
Buchempfehlung
Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Michael Holzinger hat für den zweiten Band eine weitere Sammlung von zehn romantischen Meistererzählungen zusammengestellt.
428 Seiten, 16.80 Euro