[365] Florenz (Geschichte des Staates). I. F. während des Kampfes der Guelfen u. Ghibellinen um die Oberherrschaft bis zum Siege der Ersteren, 1304. Schon seit der Mitte des 11. Jahrh. ging F., von den deutschen Kaisern mit vielen Privilegien u. Freiheiten begabt u. reich geworden, bes. durch Weben wollener Zeuge, Färben u. Vollenden roher Tuche, Seidenweberei u. Wechslergeschäfte, unter den anderen italienischen Städten allmälig seiner Unabhängigkeit entgegen. Seit dem Tode der Gräfin Mathilde (1116) begannen die Kämpfe zwischen den Kaisern, welche Pfalzgrafen hier hatten, u. den Markgrafen, u. die nachmals Italien erschütternden Kämpfe zwischen Guelfen u. Ghibellinen (s.d.) ergriffen seit 1185 auch F., das sich auf guelfische Seite neigte. In dem Bunde, welchen die toscanischen Städte 1198 gegen Philipp, Heinrichs VI. Bruder, gemacht hatten, stand F. schon als Republik an der Spitze. Die Parteiungen hatten eine Zeitlang nachgelassen. 1215 wurde Buondelmonte de Buondelmonti, ein edler Florentiner, weil er einer Edeln aus dem Hause Amidei das Eheversprechen nicht gehalten hatte, von Einem aus diesem Hause ermordet, u. seitdem traten die Parteiungen zwischen Guelfen u. Ghibellinen schärfer als je hervor. Auf der guelfischen Partei stand die große Masse des niederen Volkes, u. obgleich die ghibellinische Partei öfter siegte, so konnte sie doch nicht festen Fuß fassen. Erst nachdem die Florentiner 4. Sept. 1260 bei Montaperti von den Sieneusern geschlagen worden waren, zog der guelfisch gesinnte Adel aus der Stadt, u. die vertriebenen Ghibellinen kehrten zurück; 1266 errangen aber die Guelfen in Folge des Sieges, welchen Karl von Anjou über König Manfred errang, wieder die Oberhand u. zogen das Besitzthum der vertriebenen Ghibellinen ein, welches sie in drei Theile theilten: den einen Theil erhielt der Staat, welcher dafür eine eigene Verwaltungsbehörde bestellte; der zweite wurde guelfisches Familiengut (Massa guelfa) u. ein vorzügliches Bindemittel der Parteiglieder; der dritte war zur Deckung der Kriegskosten gegen die Ghibellinen bestimmt u. wurde an reiche Bürger (Popolaren) verkauft, welche somit auch ein Interesse daran hatten, jede Rückkehr der Ghibellinen zu hindern. An die Spitze des Staates trat ein Geheimrath von 14 guelfischen Adligen u. ein Großer Rath von 60 Beisitzern, welche die Capitani u. die 6 Priori (aus jeder der der sechs oberen Zünfte [Wechsler, Ärzte u. Specereihändler, Kürschner, Tuchmacher, Tuchhändler, Seidenhändler] einen) wählten. Jenen lag die Executive, diesen die Verwaltung ob. Neue Kämpfe erschütterten den Staat bis 1279, wo ein Friede geschlossen wurde. Unzufrieden mit dem bisherigen Regiment des Adels, traten die Priori an die Spitze einer revolutionären Bewegung u. rissen die höchste Regierungsgewalt an sich; je zwei Monate im Amte bleibend, führten sie eine Art demokratischer Regierung. Anfangs waren nur drei Zünfte, Wechsler, Tuchmacher u. Tuchhändler, bei der Regierung zugelassen, dann erhielten auch die Kürschner u. Ärzte, später die Rechtsgelehrten u. Seidenhändler u. endlich auch noch die fünf anderen Zünfte, die der Baldigrari, welche mit Leinen, Strumpfwaaren u. gestrickten Zeugen handelten, der Fleischer, Schuhmacher, Steinmetzen u. Zimmerleute, u. der Schmiede Theil am Regiment. Diese zwölf Zünfte, aus welchen nun zwölf Prioren zu wählen waren, hießen Arti maggiori, die höheren Zünfte, u. bildeten den Popolo grasso, gegenüber dem aus den niederen Zünften u. der Hefe des Volkes gebildeten Popolo minuto. Die Wahl selbst wurde von den vornehmsten Beamten des Staates u. den Vorständen der einzelnen Zünfte vollzogen. Bald darauf geriethen indeß die reichen Bürger unter einander in Fehden, welchen Umstand der von seinem Einfluß verdrängte Adel benutzte, um wieder zur höchsten Staatsgewalt zu gelangen. Indessen behaupteten die Bürger die errungene Macht, u. zur Niederhaltung von Aufstandsversuchen wurde auf den Rath eines Prior, Giano della Bella, 1292 ein Gonfaloniere di giustizia Gerichtsbannerherr, eingesetzt, der mit einen Aufgebot von 20 Compagnien Bürgermilitär den öffentlichen Frieden zu sichern hatte. Um das Ansehen des Adels völlig zu vernichten, wurden die; Justizverordnungen (Ordinamenti di giustizia) gegeben, nach welchen u.a. ein Adliger, der einem Bürger zu nahe trat, die doppelte Strafe des Bürgers zu leiden hatte. Auf Betrieb der Adelspartei ging Giano 1294, beschuldigt einen Volksaufstand veranlaßt zu haben, freiwillig in das Exil.
In Folge dessen begann der Kampf der bürgerlichen Cerchi u. adligen Donati; an der Spitze jener stand der durch Handel emporgekommene Vieri. Heftiger als je entbrannte der Zwist, als die Parteihäupter der Weißen u. Schwarzen von Pistoja 1300 in die Parteistreitigkeiten der Florentiner verwickelt wurden, die Cerchi, mit den ghibellinischen Weißen verbunden, hießen nun selbst die Weißen (Bihanci), sowie die Donati, mit den guelfischen Schwarzen vereinigt als Schwarze (Neri) bezeichnet wurden. Zwischen beiden Parteien behauptete die Signoria, d.i. die Regierung, äußerlich eine unparteiische Stellung, obwohl sie ihrer Natur nach mehr den Cerchi als den Donati geneigt war. Verschiedene Male verurtheilte sie die Anstifter der blutigen Straßenkämpfe zu Geld u. Gefängnißstrafen, um den fortdauernden Feindseligkeiten ein Ende zu machen, bis sie endlich die Häupter beider Parteien aus der Stadt verbannte. Nun schlug sich der Papst ins Mittel u. berief Karl von Valois zur definitiven Beilegung des Parteizwistes. Dieser 4. November 1301 in F. eingelassen, begünstigte indeß die Schwarzen u. hinderte nicht, daß dieselben F. überfielen u. sich der Signoria bemächtigten. Die hauptsächlichsten [365] Führer der Weißen (Ghibellinen) flohen aus F. nach Pistoja, u. die Signoria sprach (1302) das Verbannungsurtheil über dieselben aus. An die Spitze der Regierung trat Corso degli Donati. Dieser, nach größerer Herrschermacht verlangend, überwarf sich mit dem Prioren. Es kam 1304 zum blutigen Zusammentreffen zwischen Adel u. Volk, bis die von den Prioren zu Hülfe gerufenen Luccheser eine Vermittelung zu Stande brachten. Um den Frieden zu sichern, sandte der Papst einen Legaten, der jedoch den Schwarzen unbequem war, so daß er unverrichteter Sache abziehen mußte, aber die Stadt mit dem Interdict belegte. Inzwischen war in der Volkspartei selbst eine Spaltung immer schärfer hervorgetreten. Der Popolo grasso, an politischer Bedeutung steigend, verstärkte die Partei der Weißen (Cerchi), während das gemeine Volk den Schwarzen ergeben war. Im Juni brach abermals der Straßenkampf aus; als die Schwarzen weichen mußten, legten sie Feuer an, wodurch ein großer Theil der Stadt (1700 Häuser) eingeäschert wurde, u. die Schwarzen gelangten wieder zur Herrschaft. Diese suchten nun ihre Gegner auch außerhalb der Stadt zu vernichten u. rückten 1305 gegen Pistoja, den Hauptsitz der ghibellinischen Partei. Pistoja capilutirte 1306, u. ein Theil ihres Gebiets kam an F. der andere an das verbündete Lucca; die Signoria der Stadt selbst wurde von beiden Städten gemeinsam besetzt. Seitdem trat der Papst immer offener für die Partei der Weißen auf u. belegte F. 1307 von Neuem mit dem Interdict. 1308 gerieth Corso degli Donati mit seinen Parteigenossen in Zwist, in Folge seiner Heirath mit einem Mädchen aus angesehener ghibellinischer Familie, u. mußten aus der Stadt fliehen.
II. Bis zum Siege des Popolo grasso über den Adel, 1343. Indessen gewann F. immer mehr Übergewicht über die übrigen toscanischen Städte, unterstützt von König Robert von Neapel. Die kleineren Guelfenstädte suchten ihren Schutz gegen mächtigere Ghibellinenstädte, unter denen bes. Arezzo sich hervorthat. Gegen diese unternahmen die Florentiner 1310 einen Kriegszug, gerade als der deutsche Kaiser Heinrich VII. nach Oberitalien kam. Als der Kaiser näher rückte, verbanden sie sich gegen denselben mit den übrigen Guelfenstädten. Bei seiner Rückkehr von Rom 1312 dachte der Kaiser die Stadt für ihren Abfall zu züchtigen, vermochte aber nichts gegen dieselbe auszurichten, u. der Tod des Kaisers 1313 sicherte der Stadt ihre Unabhängigkeit unter der Protection des Königs Robert von Neapel, welcher Anfangs auf 5, dann noch auf 3 Jahre zum Signore erwählt wurde u. die Signoria durch einen Vicar verwalten ließ. Einer dieser Vicare war Pietro, Herzog von Gravina, Bruder des Königs, welchen der Letztere mit Truppenmacht den Florentinern gegen Uguirrone, den Podesta von Pisa u. Lucca, einen Ghibellinen, zu Hülfe sandte. Dennoch wurden die Florentiner u. ihre Verbündeten 29. Aug. 1315 vor Montecatini geschlagen, Pietro selbst fiel in der Schlacht. Unzufrieden mit dessen Nachfolger Beltramo übertrugen die Florentiner 1316 die höchste Gewalt an Lando als Polizeihauptmann (Burgello), der wie ein Dictator schaltete. Mit Castruccio, welcher die höchste Gewalt in Lucca u. Pisa an sich gerissen hatte, schloß F. 1317 einen Frieden. 1320 entbrannte der Kampf der Guelfen u. Ghibellinen in Toscana von Neuem; Castruccio verwüstete das Gebiet der Stadt, in welcher die neapolitanische Partei immer mehr Boden verlor u. die 6 Prioren seit 1321 wieder die Signoria übernahmen. Die wachsende Macht Castruccios veranlaßte 1324 den Bau neuer Befestigungen um die Stadt herum; zugleich fand man ein Auskunftsmittel, um die Parteikämpfe bei den Priorenwahlen weniger erschütternd für den Staat zu machen. Es wurden nämlich eine Anzahl Prioren für längere Zeit (4252 Monate) im Voraus gewählt u. jedesmal 6 Namen aus dem Beutel gezogen, welcher die Namen sämmtlicher Gewählten enthielt, so daß also der Wahlact seltener stattfand u. die Signoria nicht in den Händen der nämlichen Personen bleiben konnte. 1325 zogen die Florentiner unter Raimondo du Cortona gegen Castruccio, nahmen Altopoccio ein, erlitten aber bei eben dieser Feste am 22. Sept. eine gäuzliche Niederlage. Neue Verluste brachten sie 1326 dahin, den Herzog Karl von Calabrien von Neuem zu ihrem Signore zu wählen. Dieser tam auch nach F. ließ sich Souveränetätsrechte ertheilen, hob thatsächlich das republikanische Staatswesen auf, mußte aber vor Castruccio zurückweichen, so daß die Florentiner, um ihre Freiheiten gebracht, vom Herzoge mit schweren Steuern belastet, völlig in ihren Hoffnungen betrogen waren. Nach dem, nach wenigen Jahren erfolgenden Tode des Herzogs schafften die Florentiner die Signoria ab u. nahmen wieder ein demokratisches Staatswesen an. Für die Priorenwahl wurde ein neuer Körper geschaffen, bestehend aus den 12 alten Prioren, den Hauptleuten der 19 Waffenabtheilungen des Volkes, dem Gonfaloniere der Justiz, 12 Bürgern, je zwei aus jedem Sestier der Stadt erwählt, den 24 Vorständen (Consuln) der 12 höheren Zünfte u. noch 36 von den Prioren aus den 6 Sestieren der Stadt gewählten Bürgern. An die Stelle der kleineren Rathscollegien trat ein Volksrath von 300 Mitgliedern u. ein Rath der Commune von 250 Mitgliedern, halb aus Adligen, halb aus Bürgerlichen zusammengesetzt.
Diese Verfassung schaffte dem Staate im Innern Ruhe, so daß er seine Kräfte völlig nach außen hin entfalten konnte. Mit Lucca von Neuem in Krieg verwickelt, eroberten die Florentiner 1330 Monte Catini. 1332 kam Pistoja in ihre Gewalt, u. die Colonie Firenzuola wurde von ihnen angelegt zur Sicherung ihrer neuen Gebietserwerbungen. 1337 kam F. in Besitz der Signoria von Arezzo u. erwarb 1339 durch Friedensschluß mehrere Städte u. Ortschaften, darunter auch Massa. Während im Innern die demokratische Richtung des Staates immer mehr Oberhand gewann u. der Adel durch Befreiung der Hörigen, die sich in den städtischen Schutz begaben, geschwächt wurde, erweiterte sich die Macht u. das Ansehen der Republik den übrigen toscanischen Städten gegenüber, von denen nur Pisa noch von größerer Bedeutung war. Mit Pisa begann F. einen Kampf um Lucca, wurde aber 1342 bei. Lucca von den Pisanern geschlagen. Nun ernannten die Florentiner den Herzog von Athen, Walther von Brienne, zum Feldhauptmann, welcher, begünstigt durch den Adel u. den Popolo minuto, 1343 auf Lebenszeit zum Oberherrn gewählt wurde. Die Justizverordnungen wurden aufgehoben, der Gonfaloniere di giustizia abgesetzt u. das Priorencollegium aus den niederen Zünften besetzt. Mit Hülfe des niederen Volkes glaubte der[366] Herzog sowohl über den Adel, wie den Bürgerstand eine unumschränkte Herrschaft behaupten zu können, u. verwandelte seinen Palast in eine Art kleiner Festung. In Gelderpressungen wetteiferten mit dem Herzoge die französischen Söldner u. riefen dadurch, wie durch die Beseitigung der strengen Verordnungen der Sittenpolizei große Unzufriedenheit in F. hervor. Unter solchen Umständen nahmen Adel u. Bürger zu Verschwörungen ihre Zuflucht. Am 26. Juli 1343 brachen sie gemeinschaftlich los, 300 französische Reiter wurden auf der Straße niedergemacht u. der Herzog in seinem Palast belagert; nach 8 Tagen capitulirte er, entsagte der Regierung u. wurde über die Grenze gebracht.
III. F. unter demokratischer Verfassung bis zur Begründung des politischen Übergewichts der Medici, 1426. Der Staat wurde darauf von Neuem organisirt u. der Adel bei der Besetzung der höheren Staatsämter dem Popolo grasso gleichgestellt. Statt in 6 Sestiere theilte man die Stadt in 4 Viertel, von denen jedes 3 Mitglieder vom Adel u. 2 vom höheren Bürgerstande 10 das Priorat wählte. Dem Priorat zur Seite trat ein Rath von 8 Mitgliedern, aus jedem Viertel ein Adliger u. einer vom höheren Bürgerstande. Die 14 niederen Zünfte erhielten außerdem Zutritt zu den niederen Staatsämtern. Indessen dauerte die Einigkeit zwischen Adel u. Popolaren nicht lange. Die Letzteren trachteten den Adel wieder zu verdrängen u. änderten am 22. Septbr. eigenmächtig die Verfassung. Alsbald begann der Bürgerkrieg von Neuem. Auf der einen Seite stand der Adel u. der Popolo minuto, auf der anderen der Popolo grasso. Der Straßenkampf am 24. Sept. 1343 entschied für die Popolaren, welche sich durch Zugeständnisse die niederen Zünfte geneigt zu machen wußten. Es wurde ein neues Squittinio, d.h. ein Ausschuß, welcher über die Wählbarkeit der einzelnen Bürger zu Staatsbeamten zu entscheiden hatte, aus beiden Klassen des Volkes niedergesetzt. Um indeß den Popolo minuto in Schranken zu halten, wurde später eine Verordnung durchgeführt, wonach kein Fremder u. seit 1347 kein Ghibelline ein Staatsamt bekleiden durfte; ein großer Theil des niederen Volkes bestand aber aus Eingewanderten u. gehörte zu den Ghibellinen. Nur die Milderung der Schuldgesetze, 1348, vermochte die unzufriedenen Massen niederzuhalten. In den folgenden Jahren suchte F. seine Macht nach außen zu vergrößern, unterwarf 1350 Prato seiner Signoria u. verband sich 1351 mit Siena, Arezzo u. Perugia gegen den aufständischen Landadel, welcher von der Ghibellinenpartei in Mailand unterstützt wurde. Als 1355 Karl IV. in Oberitalien einrückte, sahen sich die Florentiner genöthigt, die Oberhoheit des Kaisers anzuerkennen u. einen jährlichen Tribut von 4000 Fl. zu bewilligen. Nachdem der Kaiser Toscana wieder verlassen hatte, begannen die vornehmen Bürger von Neuem mit Einschränkungen des Popolo minuto, indem das Gesetz von 1347 in Betreff des Ausschlusses der Ghibellinen von allen Staatsämtern verschärft wurde, so daß es fast ganz im Belieben der Prioren stand, Jemanden, der ihnen mißliebig war, von den politischen Rechten auszuschließen. Niemand erhielt daher ein Amt, den die Hauptleute der Guelsenverbindung (deren Häupter die Albizzi waren) nicht wollten, denn diese hatten die Prüfung der 6 Männer vorzunehmen, nach deren Zeugniß Jemand erst amtsfähig wurde. Diejenigen, welche man nicht gern sah, erhielten eine Weisung (Ammonition), daß ihre Bewerbung nicht gewünscht werde, u. hießen deshalb Ammoniti (Gewarnte). Diese Ammoniti bildeten bald eine große Zahl Mißvergnügter, zu denen noch Diejenigen kamen, welche, als des Ghibellinismus verdächtig, von den Prioren aus den von ihnen innegehabten Ämtern entfernt wurden, indem man dem Gesetze auch rückwirkende Kraft beilegte. Obwohl in Folge dieser Vorgänge die inneren Verfassungsverhältnisse der nunmehr oligarchisch u. plutokratisch organisirten Republik eine bedenkliche Gestalt angenommen hatten, vermochte F. dennoch seine Plane zur Unterdrückung der reichsfreien Grafen u. Ritter, der Hauptvertreter des Ghibellinismus, weiter zu verfolgen. Um an Leib u. Leben sicher zu sein, traten manche Adelige ihre Besitzthümer den Florentinern ab u. ließen sich unter den Popolo grasso aufnehmen. 1361 erwarb F. die Signoria über die Stadt Volterra u. wurde 1362 von Neuem mit Pisa in Krieg verwickelt, welchen sie Anfangs mit Glück, seit 1363 aber, wo sie im oberen Arnothal am 30. Octbr. gänzlich geschlagen wurden, unglücklich führten. 1364 gelang es den Florentinern, ten Anführer der Pisanischen Söldlinge, Baumgardten, zu bestechen, so daß er zu ihnen überging. Nach einer für die Pisaner ungünstigen Schlacht bei Cascina, 19. Juli, kam es endlich zum Frieden von Rocca, 30. August 1364, in welchen den Florentinern die Stadt Pietrabuona zugestanden wurde. 1370 verband sich F. mit dem Papste u. mehreren toscanischen Städten gegen Bernabo de Visconti u. eroberte S. Miniato.
Inzwischen hatte die Sittenverderbniß in F. immer weiter um sich gegriffen, indem die durch Geldwucher reich gewordenen Bürger sich den größten Ausschweifungen überließen u. vermittelst des Ammonirens einen fast unerträglichen Druck auf die ärmere Volksklasse ausübten, so daß selten das Recht Schutz vor Gewalt u. Willkür fand. Die mit Hülfe des Ammonirens ihrer politischen Rechte Beraubten erhielten jetzt den Parteinamen Ciompi (die Niederträchtigen). Trotzdem blieb F. in seiner äußeren Politik glücklich; Castellione, die letzte Burg der Ubaldini, fiel 1373 in die Hände der Republik u. Pistoja wurde förmlich in ihr Gebiet einverleibt. 1376 gelang es F., einen toscanischen Städtebund gegen den Papst in Verbindung mit Bernabo de Visconti zu Stande zu bringen. Trotz des päpstlichen Jnterdicts hatte der Städtekrieg einen glücklichen Fortgang, bis der Tod Gregors XI. 1378 zu einem Friedensschluß führte. Schlimmer als je standen aber die Dinge im Inneren des Florentinischen Staates. An der Spitze der Aristokratie, welche sich aus dem Popolo grasso u. dem alten Adel gebildet hatte, stand Piero degli Albizzi; die Häupter der Ciompi, denen sich drei angesehene, mit dem Albizzi verfeindete Familien (Alberti, Ricci u. Medici) angeschlossen hatten, waren Mitglieder des Kriegsausschusses, der sogen. Otto della guerra. Dem Einfluß der Letzteren gelang es, daß das Amt des Gonfaloniere di giustizia auf Salvestro von Medici übertragen wurde, u. dieser drang 18. Juni im Rathscollegium auf ein Gesetz gegen den Mißbrauch des Ammonirens. Als er dort kein Gehör fand, erklärte er in dem Volksrath, daß er sein Amt niederlegen[367] müsse, wenn er dem Rechte keine Geltung verschaffen könne Darüber entstand ein allgemeiner Tumult, Das niedere Volk strömte in bewaffneten Haufen zusammen, begann die Paläste der Reichen zu demoliren u. zu plündern u. fuhr auch am folgenden Tage damit fort, als schon die guelfische Partei die Hand zu einer Verfassungsänderung geboten hatte. Aber die Zugeständnisse waren nicht der Art, um die Ruhe für die Dauer zu befestigen, nachdem dieselbe am 28. Juni wiederhergestellt war. Am 11. Juli gab die neueingetretene Signoria zwar abermals den Forderungen der Zunftoberen noch weiter nach u. befreite einen großen Theil von Ammonirten von der Ammonition; aber die große Menge der noch übrigen Ammonirten benutzte die revolutionäre Stimmung des niederen Volkes, welches nicht in die Zünfte aufgenommen war, um die völlige Abschaffung des Ammonitionsnnwesens durchzusetzen. Es kam eine Verschwörung zu Stande, welche am Abend des 19. Juli ausbrach, der Priorenpalast wurde von den bewaffneten Banden umstellt u. belagert. Am folgenden Tage zwangen die Aufrührer die Zunftobern mit ihren Fahnen, sich der Revolution anzuschließen u. die Prioren sahen sich genöthigt, die Forderungen des Volkes zu bewilligen. Die wichtigste darunter war die Bildung von zwei neuen Zünften, die der Wollkämmer, zu welchen noch einige andere Gewerbe kamen, u. die der Färber, Barbiere, Schneider etc. Aber das Belk beruhigte sich dabei nicht, sondern verlaugte die Abdankung der Signoria. Die Prioren verließen den Palast, u. der Pöbel unter Anführung eines Wollkämmers, Michele Lando, drang in den Sitzungssaal ein, rief seinen Führer zum Signore von F. aus u. theilte ihm neun neue Prioren, drei aus den oberen, drei aus den niederen Zünften u. drei aus dem unzünftigen Volke, zu. Doch schon gm folgenden Tage entzweite sich der Signore mit seinen Wählern, u. es gelang den alten Zünften, die Abschaffung der neuen Zünfte u. der Prioren aus dem gemeinen Volke durchzusetzen. An die Spitze des Staates traten nun die Gegner der Albizzi, unter denen die Medici bald die hervorragendste Stellung einnahmen. Sie bewirkten 1379 die Verbannung der Albizzi u. deren Anhänger u. führten ein oligarchisches Regiment ein, an dessen Spitze Giorgio Scali u. Tommaso Strozzi traten. Als die Willkür u. die Ungerechtigkeiten dieser beiden Demagogen endlich zu ihrem Sturz führte, ja den Ersteren auf das Schaffot brachte, verlor die herrschende Partei 1382 einen großen Theil ihres Ansehens, so daß die Albizzi es wagen konnten, wieder in F. zu erscheinen. Nicht lange darauf hatten sie wieder das Ruder des Staats in Händen u. schickten nun ihre Gegner in die Verbannung.
1396 schloß F. abermals eine gegen den Herzog Galeazzo von Mailand gerichtete Liga mit mehreren toscanischen Städten; doch nahm der Krieg für diese ein schlimmes Ende, u. F. wurde 1398 zu einem zehnjährigen Waffenstillstand genöthigt, in dessen Folge der Herzog von Mailand seine Herrschaft über einen großen Theil von Toscana, ja über Bologna ausdehnte. Ein Versuch der Alberti, Medici u. ihrer Anhänger sich 1400 der Gewalt in F. wieder zu bemächtigen, mißlang u. hatte zur Folge, daß alle Parteigenossen derselben auf zehn Jahre ammonirt, die Theilnehmer an den gewaltsamen Anschlage aber für Rebellen erklärt u. für immer verbannt wurden. Diese Verkannten (Banditi) bildeten nach u. nach eine immer stärker werf dende Genossenschaft, welche ein abenteuerndes Leben führend, jeden Anlaß zu Kriegsunternehmungen mit Freuden ergriff. Neuen Zuwachs erhielt dieselbe, als 1405 F., welches seine alte Rivalin Pisa durch Kauf von dem natürlichen Sohne des Herzogs Galeazzo von Mailand, Gabriele, unter seine Botmäßigkeit brachte, um die Erwerbung zu sichern, viele angesehene Pisaner verbannte od. nöthigte, nach F. überzusiedeln. Damals theilte F. die Herrschaft über Toscana nur noch mit der Republik Siena. Mit dieser verband es sich 1409 gegen Ladislaus, König von Neapel, welcher er obernd bis an die Grenzen von Toscana vorge drungen war. In dem Frieden, mit welcher dieser unter dem Beistande Louis von Anjou beendigte Krieg schloß, erhielt F. die Stadt Cortona. Ladis laus erneute 1413 den Krieg, der definitiv im Frieden zu Assisi 22. Juli 1414 sein Ende erreichte. Der Parteihaß schien inzwischen in F. mehr u. mehr zu erkalten; denn die Albizzi u. ihre Anhänger nahmen keinen Anstand, den Giovanni dei Medici, welcher sich als päpstlicher Bankier unermeßliche Reichthümer erworben u. seine Geschäftsverbindungen über den größten Theil von Europa ausgedehnt hatte, zu den höchsten Staatsämtern zuzulassen. 1422 brach ein neuer Krieg mit dem Herzog von Mailand wegen der Stadt Forli aus, u. die Florentiner erlieten unter Malatesta mehrere schwere Niederlagen.
IV. F. unter den Mediceern bis zur Gründung des Herzogthums F., 1531. Der Frieden zu Ferrara 30. December 1426 änderte nichts an dem Besitzstande der Republik. Unter dessen hatte sich die Schuldenlast des Staates bedeutend vermehrt, u. ein unerträglicher Steuerndruck lastete auf dem niederen Volke, so daß es wiederholt zu unruhigen Auftritten u. Straßenemeuten kam. Als Giovanni die Medici rieth, das Übel durch eine gerechtere Vertheilung der Abgabenlast auf die Reichen abzustellen, stieg das Ansehen der Mediceischen Familie noch höher, u. Giovanni war durch Popularität u. Reichthümer der mächtigste Mann in F. Als er 1429 starb, traten seine beiden Söhne, Cosmo u. Lorenzo, in die von ihm behauptete politische u. sociale Stellung (doch überragte Cosmo seinen Bruder an Geist u. Staatsklugheit). Mit ihm begann das sogen. Mediceische Zeitalter, in welchem F. eine Pflanzschule der Kunst u. Wissenschaft wurde u. zu dem Glanze u. Ruhme gelangte, welcher es zum Theil noch heute vor den übrigen Städten Italiens auszeichnet. Cosmo unterstützte 1429 die Kriegspartei, welche nach der Eroberung Lucca's trachtete; doch erlitten die Florentiner, da Lucca von Siena u. Mailand unterstützt wurde, im December 1430 am Serchio eine schwere Niederlage. Durch Vermittelung des Kaisers Sigismund kamen sie indeß im Frieden zu Ferrara 1433 ohne Verluste davon. Damals war Rinaldo degli Albizzi der Führer seiner Partei. Dieser, eifersüchtig auf das Ansehen der Mediceer, brachte es durch Bestechung dahin, daß Cosmo von Medici verrätherischer Verbindung mit den Lucchesen angeklagt u. 1433 auf 10 Jahre verbannt wurde. Aber bereits im folgenden Jahre wurde er, zum Trotz der unbeliebten Albizzi, zurückberufen u. blieb von nun die Seele der Regierung in F. Es gelang ihm den gefürchteten Parteigänger Franz Sforza, für den[368] Kriegsdienst der Republik u. die seit 1438 gegen Mailand u. Lucca verbundenen Staaten Venedig u. Genua zu gewinnen, denen sich auch der Papst anschloß. Der Krieg endigte 1441 glücklich mit dem Frieden zu Cremona. Sforza im Kriege gegen den Papst unterstützend u. durch diplomatische Klugheit für die Erhaltung des Friedens sorgend, erhelt Cosmo zwar nicht, ohne zugehässigen, ja blutigen Gewaltmaßregeln gegen seine persönlichen Feinde zu greifen, die Ruhe im Innern. Größere Festigkeit erhielt seine Stellung noch, als Sforza 1450 als Sieger in Mailand einzog, doch gerieth F. in Folge seiner Freundschaft mit diesem in Krieg mit Venedig u. Neapel, welchem 1454 der Friede von Lodi, in welchem F. den Ort Castellina an Neapel abtreten mußte, ein Ende machte. Mit dem Eintritt eines längeren Friedens erhob sich nun Cosmos Macht zu fürstlichem Ansehen, so daß er das früher zu Parteizwecken oft benutzte Mittel der Berufung einer Balia zur Auswahl der zu Staatsämtern zuzulassenden Personen nicht mehr bedurfte, sondern wieder wie ehedem das Loos entscheiden lassen konnte. Sein mächtigster Nebenbuhler, Neri Capponi, st. 1455. Die Abschaffung der Balia bezeichnet den Übergang der republikanischen Verfassung zur Monarchie. Die Balia, d.i. ein von der Volksversammlung od. vielmehr der Versammlung aller Genossen der mächtigeren Partei im Staate erwählter Ausschuß mit fast dictatorischer Gewalt, wurde 1458 als nur dann zulässig erklärt, wenn sie von den Prioren u. Räthen einstimmig beschlossen wurde. Luca Pitti, das Haupt der mediceischen Partei, erreichte als Gonfaloniere 1458 die Einsetzung ein er Balia, welche das Loos u. die Wahlbeutel abschaffte u. die höheren Beamten direct ernannte. Diese Ernennungen erfolgten ganz in dem Sinne der Mediceer. Cosmo st. 1464, nachdem er 30 Jahre lang als Regent, obgleich ohne den Namen, in F. geherrscht, die Stadt durch prachtvolle Bauten verschönert u. zum Hauptsitze der Kunst u. gelehrten Bildung Italiens gemacht u. dem Staate einen gedeihlichen Frieden gesichert hatte.
Sein Sohn, Pietro der Gichtbrüchige, kränklich u. an Geist dem Vater unähnlich, verlor viel von dem Anhang seines Vaters, bes. da er die von seinem Vater ausgeliehenen Gelder mit Härte von den Schuldnern zurückforderte u. seinen Sohn mit einer römischen Fürstin verheirathete. Seine die eigene Macht untergrabende kleinliche Handlungsweise trieben die hervorragendsten Freunde seines Hauses zu einer republikanischen Verbindung (il Poggio, der Berg), welcher gegenüber die Anhänger Pietros den Parteinamen il iano, die Ebene, erhielten. An die Spitze der Ersterea trat Luca Pitti, doch wußte Pietro diesen bestechlichen Mann leicht zu gewinnen, so daß eine Verschwörung gegen ihn nicht zu Stande kommen konnte. Eine neue Balia verwarf abermals die Auslosung der Ämter u. besetzte dieselben im mediceischen Sinne. Vergebens versuchte die Gegenpartei Venedig gegen die Medici aufzuwiegeln, vergebens waren ihre Bündnisse mit andern italienischen Staaten; Pietro, von Mailand u. Neapel unterstützt, hielt sich unangefochten in seiner Stellung, u. als 1468 der Fried mit Venedig zu Stande kam, rächte er sich durch harte Verfolgung der Familien seiner Gegner. Er st. 1460, nachdem er das Gebiet der Republik durch Kuf der Stadt Sarzana erweitert hatte. Ihm folgten seine Söhne Lorenzo der Prächtige od. der Erlauchte, u. Giuliano, beide in einer von dem Gonfaloniere Soderini berufenen Versammlung der vornehmsten Bürger als Principi dello stato anerkannt. Ihre Stellung kam der wirklicher Fürsten schon näher; sie entfalteten größeren Luxus u. verschafften dem Volke durch großartige Festlichkeiten Genuß u. Zerstreuung, sorgten gleichfalls dafür, daß Gelehrte u. Künstler nach F. zogen, eröffneten bes. den aus Constantinopel fliehenden u. in Italien verfolgten Gelehrten ein Asyl u. bereicherten die Stadt mit Kunst. u. literarischen Werken. Die Besetzung der Ämter wurde allmählig ganz in die Hand der Mediceer gelegt, indem sie zur Ernennung von 5 Wählern (Accoppiatori) ermächtigt wurden, welche wiederum die Magistratspersonen ernannten. Zwar existirte die Balia auch noch, aber nur als der engere Anhang der Mediceer, welcher nur dazu diente, das durchzusetzen, was auf dem Wege der Gesetzlichkeit nicht zu erreichen war. So flossen durch Beschluß der Balia große Summen aus der Staatskasse in die Taschen der Mediceer. Dieser Umstand war es hauptsächlich, we Leher die Menge der Unzufriedenen mehrte, an deren Spitze die Pazzi traten, welche Lorenzo mit Hülfe eines neu erlassenen Erbgesetzes um ein reiches Erbe brachte. Mit Hülfe des Papstes Sixtus IV., dessen Streben, seine Macht im Kirchenstaate auszubreiten, Lorenzo entgegen getreten war, machten Franz Pazzi u. sein Oheim Jakob Pazzi, der Erzbischof Franz Salviati von F. u. dessen Bruder Jakob Salviati u. A. eine Verschwörung. Diese sollte den 26. April 1478 ausbrechen u. Lorenzo mit seinem Bruder Giuliano in der Kirche der Reparta ermordet werden. Doch nur Giuliano fiel, Lorenzo wurde gerettet, u. die Signoria, an der Spitze der Gonfaloniere Cäsar Petruzzi, ergriffen die eintretenden Verschwörer, hängten den Erzbischof zum Fenster hinaus auf u. nach ihm Franz Pazzi, den Mörder Giulianos. Das Volk wüthete gegen die Verschworenen u. gegen die Feinde der Mediceer, Jakob Pazzi wurde erschlagen u. in den Arno geworfen, Baroncelli, der andere Mörder Giulianos, der nach Constantinopel geflohen war, wurde von dort ausgeliefert u. 1479 hingerichtet. Wegen des an dem Erzbischof vollstreckten Urtheils sprach der Papst Sixtus IV. über F. den Bann aus, u. mit Ferdinand I. von Neapel u. der Republik Siena verbunden, begann er gegen F. den Krieg. Zwar siegten die Florentiner am Lago di Perugia über die Päpstlichen, allein diese gewannen einen großen Sieg am 7. Sept. 1479 bei Poggibonizzi, fielen in das Florentinische Gebiet u. näherten sich schon der Stadt. Lorenzo, der in Folge des anhaltenden Kriegsunglücks die Partei seiner Gegner sich täglich mehren sah, ging heimlich nach Neapel, bewog den König 6. März 1480 zum Frieden, u. der Papst, welcher sich nun verlassen sah, söhnte sich mit F. aus. In Folge dieses Werkes diplomatischer Klugheit stieg Lorenzo sehr in der öffentlichen Meinung. Auf seinen Vorschlag wurde eine permanente Rathsversammlung von 70 Bürgern, in welcher jeder vom Amte ausscheidende Gonfaloniere eintrat, mit einer ähnlichen Autorität bekleidet, wie sie ehedem die Balia besaß. Diese Versammlung war Lorenzo ganz zu Willen; aber sein Luxus u. die Vernachlässigung seiner Geldgeschäfte brachten sein Haus einem Bankerott nahe, u. nur dadurch, daß der Staat seine Schulden als die seinigen erklärte, wurden die Mediceer gerettet[369] Dabei wurde der Zinsfuß der Staatspapiere auf die Hälfte herabgesetzt, u. als auch dieses Mittel sich noch unzulänglich erwies, wurden die Capitale der milden Stiftungen mit dem Versprechen der Wiederzahlung nach 20 Jahren angegriffen. Lorenzo st. 1492. Um diese Zeit begann der Dominicanermönch Savonarola als Prediger einer wahrhaft christlichen Sittenlehre aufzutreten, um den moralischen Verfall der Gesellschaft entgegen zu treten, welchen ein haltloses Genußleben zugleich mit der Theilnahmlosigkeit der Bürger an den öffentlichen Angelegenheiten herbeigeführt hatte. Noch größeren Einfluß gewann dieser außerordentliche Mann unter Lorenzos Sohne Pietro II., welchem des Vaters Einsicht u. Gewandtheit fehlte. Dieser verfeindete sich mit Ludwig Moro, Herzog von Mailand, u. schloß dagegen ein Bündniß mit Alfons von Neapel. Als nun König Karl VIII. von Frankreich mit einem Heer erschien, um Neapel zu erobern, versagte Pietro ihm den Durchzug durch das Florentinische Gebiet, aber da Karl Gewalt brauchte u. Fivizzano wegnahm, schloß Pietro einen sehr ungünstigen Frieden mit Frankreich, wodurch er die in Folge seiner schlechten Verwaltung des Staates ausgebrochene Mißstimmung so sehr steigerte, daß Savonarolas republikanische Agitation völlig durchgriff u. Pietro am 9. Nov. 1494 verbannt wurde (Erste Verbannung der Mediceer).
Eine neue Verfassung, deren wesentlichstes Element ein aus 800 Bürgern gebildeter großer Rath war, gab dem Staate wieder Halt, der einen großen Theil seines Gebietes, u. and. Pisa, eingebüßt hatte. Mehrere Verschwörungen der mediceischen Partei, 1496, 1497 u. 1498 mit gewaffneter Hand ihre Zurückberufung zu bewirken, mißlangen. Unterdessen hatte sich die neue Regierung, deren Seele Savonarola war, eng an Frankreich angeschlossen u. hielt das Bündniß auch da noch aufrecht, als fast ganz Italien gegen diese Macht zu einer Liga zusammengetreten war. Dadurch gerieth F. in große Verlegenheit, u. als die Verfolgungssucht der savonarolaschen Partei nach dem dritten Anschlag Pietros auf die Stadt viele Unschuldige traf, bildete sich eine neue Partei im Staate, welche es dahin brachte, daß Savonarola auf Anstiften des Papstes 1498 als Ketzer verbrannt wurde. Von nun an lenkte Pietro Soderini, als lebenslänglicher Gonfaloniere an die Spitze gestellt, die Staatsgeschäfte in F. Unter ihm gerieth die Republik F. in große Zerrüttung; ihre Kräfte wurden durch den mit den Fortschritten der Franzosen zwar glücklicher geführten Krieg gegen Pisa so sehr erschöpft, daß sie nicht im Stande war, den Eroberungsplänen des Herzogs von der Romagna, Cesare Borgia, Widerstand entgegen zu setzen. Dieser verband sich 1501 mit Pietro dei Medici, um dessen Wiedereinsetzung zu erzwingen, gab jedoch diesen Plan später auf, um gegen Neapel zu ziehen. Petro st. 1504, nachdem seine auf Frankreichs Unterstützung gebaute Hoffnung, wieder zur Herrschaft in F. zu gelangen, fehlgeschlagen war. Neuen Anhalt gewannen die Mediceer 1503 nach dem Tode des Papstes Alexander VI. an dessen Nachfolger Julius II. Dieser verlangte die Absetzung Soderinis, den Beitritt der Republik zur Liga gegen Frankreich u. die Herstellung der Medici. Als F. welches 1509 durch Abfindung der Könige von Neapel u. Frankreich mit Geldsummen glücklich wieder in Besitz von Pisa gekommen war, diese Forderungen zurückwies, rückte der päpstliche Feldherr Raimund von Cordova auf Betrieb der Liga in das Florentinische Gebiet ein, schlug die Florentiner u. nahm Prato 30. Aug. 1512. Unterdessen hatten die Anhänger der Mediceer das Volk für deren Zurückberufung gestimmt. Soderini mußte abdanken, u. die Mediceer, die sich zur Vermittelung eines Friedens mit dem Papste erboten, wurden 14. Sept. mit Freuden wieder aufgenommen (Rückkehr der Mediceer).
Die Mediceer änderten nach ihrer Rückkehr nichts Wesentliches in der Form der Republik, doch wurden alle Gesetze, welche seit ihrer Vertreibung gegeben waren, aufgehoben u. ein Rathscollegium von 200 entschiedenen Anhängern der Mediceer constituirt. Der Cardinal Giovanni dei Medici, Sohn Pietro's, trat an die Spitze der öffentlichen Gewalt, die er aber, als er 1513 gls Leo X. Papst wurde, seinem Bruder Giuliano überließ. Dadurch, daß ein Mediceer den päpstlichen Stuhl inne hatte, wurde es der Familie derselben nicht schwer, die Regierung zu behaupten, wenn gleich der Haß gegen sie von der demokratischen Partei im Stillen genährt wurde. F. nahm nun Theil an den Kämpfen der päpstlich-kaiserlichen Liga gegen Frankreich. Nach Giulianos Abdankung 1513 (er st. 1516 in Rom) folgte Lorenzo, ein natürlicher Sohn Pietro's, der schon vom Anfang Giulianos Mitregent gewesen war. Auch dieser mußte seine Herrschaft mehr auf die päpstliche Protection als auf die Gunst des Volkes stützen. Nach dessen Tode, 1519, ergriff Giulio, ein natürlicher Sohn Giulianos, Cardinal u. Erzbischof von F., die Zügel der Regierung. Nachdem Giulio 1523 als Clemens VII. Papst geworden war, überließ er die Verwaltung seinem Vetter, dem Cardinal Ippolito dei Medici u. dem Cardinal von Cortona, Passerino Silvio. In demselben Maße, wie die päpstliche sogenannte heilige Liga, gestiftet 1526, gegen den Kaiser in immer größere Bedrängniß kam, wuchs die Macht der republikanischen Partei in F., an deren Spitze die Familie Strozzi (s.d.) stand, so daß, als der Papst von Karl V. geschlagen u. Rom von den kaiserlichen Truppen erobert wurde, in F. 1527 ein allgemeiner Aufruhr gegen die Mediceer ausbrach. Ippolito u. Alessandro wurden vertrieben u. die republikanische Verfassung wieder hergestellt (Zweite Vertreibung der Mediceer).
V. F. als Herzogthum bis zur Stiftung des Großherzogthums Toscana, 1569. Indeß dauerte die Wiederherstellung der Republik nicht lange. Der Papst schloß 1529 mit dem Kaiser den Frieden zu Barcelona, worin die Rückkehr der Mediceer bedungen war u. der Kaiser vermählte seine natürliche Tochter Margarethe mit Alessandro dei Medici. Um seinen Eidam wieder einzusetzen, ließ Karl V. sogleich ein Heer gegen F. aufbrechen. Die Florentiner vertheidigten ihre Stadt 11 Monate lang gegen das kaiserliche 18,000 Mann starke, von Philibert von Oranien befehligte Belagerungsheer, dann mußten sie sich an Ferdinand von Gonzaga (der nach Philiberts Tode diesem im Commando folgte) 1530 ergeben u. dem Kaiser das Recht einräumen, ihnen eine neue Regierungsform vorzuschreiben. Demgemäß ließ der Kaiser am 29. Juli 1531 Alessandro dei Medici zum erblichen Herzog von F. mit dem Erbfolgerecht seiner männlichen Nachkommen[370] nach der Erstgeburt, u. bei dem Erlöschen auf die männlichen Nachkommen von Cosmo u. Lorenzo ausrufen. Das Oberhoheitsrecht des Kaisers über F. wurde erneuert u. die republikanische Verfassung aufgehoben. Der Herzog Alessandro vernichtete nun auch den letzten Schein der Freiheit, welchen die kaiserliche Verfassung den Florentinern noch gelassen hatte. Er ließ sich mit Hülfe der Balia für den unumschränkten Herrn von F. erklären, baute eine Citadelle, entwaffnete die Bürger u. errichtete sich eine Leibwache von 1000 Mann. Als aber Papst Clemens VII. 1534 starb, gewann die republikanische Opposition, unterstützt von dem Cardinal Ippolito dei Medici neuen Boden, u. viele der verbannten Familien wagten es, nach F. zurückzukehren. Als inzwischen die Willkürherrschaft Alessandros sich in dem Maße verschlimmerte, daß derselbe jede Schranke der Sitte u. des Gesetzes nievertrat, um seinen niedern Lüsten zu fröhnen, erhoben die Häupter der großen Familien Salviati, Strozzi u. Rodolfi gegen ihn bei dem Kaiser eine Anklage; da dieser sich aber bei der Erwiderung des Herzogs beruhigte, ja denselben sogar zum Oberbefehlshaber aller kaiserlichen Heere in Italien ernannte, verließen die meisten vornehmen Familien ihr Vaterland; Alessandro wurde von einem Vetter, Lorenzo von Medici, 1537 ermordet, nachdem er selbst kurz vorher die Vergiftung des Cardinals Ippolito dei Medici veranlaßt hatte. Jetzt war nur ein legitimer Sprößlng der Medici, der 18jährige Cosmo übrig, der durch die Vermittelung des Cardinals Cibo zum Oberhaupte des Staates, Anfangs ohne Herzogstitel, ernannt u. dem ein Staatsrath von 48 Mitgliedern beigegeben wurde.
Cosmo I., obwohl noch sehr jung, ergriff mit ungemeiner Thatkraft die Herrscherwürde, von dem Gedanken beseelt, den Glanz u. Ruhm der Mediceer, der seit der ersten Vertreibung derselben fast ganz erloschen war, wieder herzustellen. Er suchte die Freundschaft des Kaisers, welcher ihm den Herzogstitel ertheilte. Trotzdem wagten die vertriebenen Republikaner unter Pietro degli Strozzi einen Angriff auf F., wurden aber von Cosmo überlistet, zum großen Theil gefangen genommen, doch entkam Pietro degli Strozzi. Von nun an begann der Herzog, welcher, als der offene Kampf der Banditi ein schlechtes Ende genommen hatte, Gift u. Dolch seiner Feinde zu fürchten hatte, sein Regiment in eine Schreckensherrschaft zu verwandeln. Er führte eine politische u. religiöse Inquisition in F. ein, machte den Handel zum Monopol der Regierung u. zog alle Wechselgeschäfte wieder an sich. Die dadurch gewonnenen Summen verwandte er zu Bauten von Festungen u. Palästen, Sammlungen von Kunstschätzen, Gründung der Akademie der bildenden Künste (1562). So gelang es ihm durch Reichthum u. Herrscherwürde die Macht seines Hauses von Neuem zu begründen u. F. zu dem, in geistiger wie in politischer Beziehung bedeutungsvollsten Staate Italiens zu machen. Sein Hauptaugenmerk in der äußeren Politik war auf die Erwerbung Sienas gerichtet. Es bot sich dazu eine schickliche Gelegenheit, als Pietro degli Strozzi in französische Dienste getreten war u. 1553 als General in Toscana den Krieg gegen die Kaiserlichen führte. Cosmo, bisher neutral, war, um nicht von seinem gefährlichsten Feinde überrumpelt zu werden, nun genöthigt, offen mit dem Kaiser in ein Bündniß zu treten. Um aber zu verhindern, daß Siena von Pietro besetzt werde, da dasselbe mit den Franzosen im Einverständniß schien, überfiel er 1554 die Nachbarrepublik, nahm eine Stadt nach der andern u. zwang 17. April 1555 die Stadt selbst, sich zu übergeben. Einstweilen blieb die Stadt u. ihr Gebiet unter der Oberhoheit des Reichsvicars Philipp II., u. wurde dann von diesem mit allen Souveränetätsrechten an Cosmo 3. Juli 1557 überlassen, wogegen dieser Piombino, Elba (bis auf Porto Ferrajo) u. einige Ortschaften an der mailänder Grenze abtrat. So groß war jetzt wieder die politische Bedeutung der Mediceer geworden, daß 1559 Cosmo die Wahl eines Anverwandten. Giovanni Angelo dei Medici, zum Papste (Pius IV.) leicht durchzusetzen vermochte. 1562 stiftete er den Stephansorden zum Schutz des Levantehandels u. trat 1564 die Regierung seinem Sohne Francesco Maria ab, griff aber auch später noch immer thätig in die Regierung ein u. nahm 1569 den Titel Großherzog von Toscana an, welcher Titel indeß erst 1574 vom Kaiser anerkannt wurde. So wurde aus F. u. den nach u. nach eroberten u. erkauften Städten u. ihren Gebieten ein neuer Staat geschaffen, über die Geschichte desselben s. Toscana. Vgl. N. Macchiavelli, Florentinische Geschichten, aus dem Italienischen von W. Neumann, Berl. 1809, 2 Bde., u. von J. Ziegler, Karlsr. 1834; A. Reumont, Tavole cronolog. e sincron. della storia Fiorentina, Flor. 1841.
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