Constantinopel [2]

[384] Constantinopel (n. Geogr.). C. hat zwar seit der Eroberung durch die Türken 1453 im christlichen Europa seinen früheren Namen behalten, allein die Türken nennen es verstümmelt Istambol, od. gewöhnlich Stambol, u. zur Bezeichnung als Geburtsort eines Muhammedaners Assitana. Unter C. im engeren Sinne (namentlich bei Anwendung des türkischen Namens Assitana) wird nur der Theil des gesammten C. verstanden, welcher die Stelle des griechischen C. einnimmt, im weiteren Sinn aber versteht man darunter diesen alten Theil mit den Vorstädten. C. ist die Hauptstadt des Osmanischen Reichs u. bildet ein Ejalet (Provinz) für sich, zugleich die Residenz des Großherrn od. Sultans; ebenso haben hier die obersten Landesbehörden, so wie der griechische Patriarch mit der Patriarchalsynode von 12 Bischöfen, ein altarmenischer Patriarch, ein armenisch-katholischer u. ein römisch-katholischer Erzbischof ihren Sitz; desgleichen die Gesandtschaften u. Consulate fremder Mächte. Über die Zahl der Einwohner von C. fehlt es an bestimmten Angaben; 1848 wurde dieselbe nach den, jedoch nicht genügenden Büchern der Sanitätsbehörde, mit Einschluß sämmtlicher Vorstädte u. Ortschaften bis zum Schwarzen Meere, Kadikjöi der Prinzeninseln etc., sowie das Militär u. die Flottenmannschaft mit eingerechnet, zu 778,000 angegeben, u. zwar 721,700 Eingeborne, 16,300 Europäer, 30,000 Mann Militär u. 10,000 Mann von der Flotte; für die Altstadt C. allein 360,000 Einw. Doch dürfte die Gesammtzahl auf 1 Mill. zu schätzen sein. Ihrer Abstammung nach sind sie zur größeren Hälfte Türken, u. die kleinere besteht aus Griechen, Armeniern, Levantinern, Franken (gegen 20,000; hiervon kommen auf Österreich u. seine Schutzbefohlenen 3200–3500, wovon die Hälfte Deutsche; auf Preußen u. seine Schutzbefohlenen etwa 500) u. Juden. Außerdem sieht man Fremde aus allen Küstenländern des Mittelmeers u. aus ganz Europa, nebst Tscherkessen, Persern u. Arabern, ja selbst Indiern etc., so daß ein größeres Gemisch von Trachten u. Sprachen als in C. wohl in keiner anderen Stadt der Welt gefunden werden dürfte. Deswegen sprechen auch fast alle Bewohner von C. (mit Ausnahme der Türken) 4 bis 6 u. mehr Sprachen. Von diesen ist die herrschende das Türkische, demnächst wird viel griechisch, slawisch, italienisch u. französisch gesprochen; englisch seit dem Russisch-Türkischen Kriege, u. deutsch ist jetzt ebenfalls nichts Ungewöhnliches; armenisch sprechen die Armenier nur unter sich, sonst in der Regel türkisch. Übrigens sind die Türken jetzt nur noch in dem eigentlichen C. vorherrschend, desgleichen auch in Skutari, Ejub, Tophana, Fundykly, Dolmabaghdsche u. Beschiktasch; in den übrigen Vorstädten dagegen befinden sie sich in entschiedener Minderzahl, u. in Pera u. Galata verschwinden sie fast ganz. Die Lage von C. ist in jeder Beziehung eine glückliche, bes. für den Handel. Berühmt ist der Hafen im Goldenen Horn, wovon der Theil zwischen der 2. u. 3. Brücke der Kriegshafen ist. Hier befindet sich auch an der Seite von Kassimpascha das Arsenal mit allem Zubehör. Der Theil des Goldenen Horns von der Serailspitze bis zur 2. Brücke ist der Handelshafen, u. Jahr aus Jahr ein so sehr mit Schiffen aller Art, namentlich auch mit Dampfern, angefüllt, daß es oft für einlaufende Fahrzeuge schwierig ist, sich hindurchzuwinden. Auf der Südseite von C. ist eine Rhede, welche den dort ankernden Schiffen gegen Nord- u. Westwinde ziemlichen Schutz gewährt. Zu mehrerer Sicherheit finden sich daselbst aber verschiedene Einbiegungen, namentlich auch ein kleiner Binnenhafen bei Jenimahalle, u. östlich nicht weit davon ein Molo. Weltberühmt ist die Lage von C. in malerischer Hinsicht; aus dem Schwarzen Meere kommend u. durch den, von beiden Seiten mit anmuthigen Höhen, buschigen Thälern, türkischen Villen (Jali) u. deren terrassenförmigen üppigen Gärten, mit den zum Theil reizenden Palästen des Sultans geschmückten Bosporus fahrend, hat man zur Linken das alte Serail mit seinen Gärten, vor sich das Gewimmel des Hafens, im Hintergrunde das Amphitheater von C. selbst mit seinen Kuppeln u. zierlichen Minarehs, rechts die Höhen ansteigend Galata, Tophana mit seinem kaiserlichen Köschk u. dem Getreibe der dortigen Artilleriewerkstätten, u. Pera mit den mancherlei schönen Gebäuden vor sich. Ferner noch um sich schauend blickt man den Bosporus[384] hinauf, nach Skutari hinüber u. mit dem davor im Meere liegenden Mädchenthurm (Kißkulassi) nach dem weiter gelegenen Kadikjöi mit dem Vorgebirge Madaburnu, u. endlich über das Marmarameer mit den darin sich erhebenden Prinzeninseln nach dem jenseitigen, durch das Samanlü-Gebirge geschlossenen Gestade, über welchem sich in weiter Ferne der bis zum Hochsommer schneebedeckte Olymp erhebt. So wie man aber den Fuß an das Land setzt, hört aller Zauber auf, da unglaubliches Gedränge in den engen u. schmutzigen Gassen, alt aussehende, winkelig gebaute Häuser, in Überzahl schmutzige Menschen, Geschrei von Lastträgern u. Verkäufern, widerige Gerüche u. dergl. mehr dem Fremden überall entgegentreten. Betrachtet man die Lage von C. näher, so muß man zunächst die Altstadt od. das eigentliche C. von den Vorstädten unterscheiden. Jene liegt auf der Stelle des früheren C. auf einer Landspitze an der südlichen Mündung des Bosporus, gebildet von diesem, dem Goldenen Horn (Chrysokeras) u. dem Marmarameere, auf 7 Hügeln u. den dazwischen befindlichen Thälern, in Form eines krummseitigen Dreiecks, von denen eine Seite dem Lande zugekehrt ist, u. zwei vom Meere begrenzt sind. Die Scheitel jener 7 Hügel lassen sich durch folgende Örtlichkeiten bezeichnen: im westlichen Theile der Stadt Tschukur-Bostan (der vertiefte Garten); Bajasid-Agha (am Topkapu od. Kanonenthor); Edrenekapu-Dschamissi (am Adrianopolitanischen Thor); Karagymryk-Dschamissi; Sultan-Mehemed-Dschamissi; Eski-Serai (das jetzige Seraskerat); Aja-Sofia nebst Saraihumajun (kaiserlicher Palast). Die Landseite von C. hat eine Ausdehnung von gegen 3/4 Meilen u. die beiden Wasserseiten zusammen von mehr als 11/2 Meilen, was einen Gesammtumfang von etwa 21/4 Meilen gibt. Als Vorstädte auf dieser Seite können nur folgende unmittelbar vor den Thoren liegende Ortschaften angesehen werden: Jedikulekjöi am Marmarameer; Ortakdschilar am entgegengesetzten Ende der Landseite von C. u. am oberen Theile des Goldenen Horns gelegen; nördlich dicht daran stoßend u. ebenfalls am Goldenen Horn liegend Ejub; nördlich dicht hieran, in den dortigen Bergschluchten Ajnalykawakjöi; dann westlich Topdschular u. östlich am Nordende des Goldenen Horns Baharijekjöi; endlich zwischen Jedikulekjöi u. Ortakdschilar noch verschiedene weniger zusammenhängende Ansiedelungen vor dem Siliwri- u. Topkapu, als: Tekedschi-Mahalla, Merkeß-Efendi, Balykly u.a. Auf der Ostseite des Goldenen Horns liegen folgende 6 Vorstädte: Haskjöi, welches eigentlich aus den Ortschaften Südlüdsche mit Kumbarhana, Kalydschi-Oghlu u. Piri-Pascha besteht; ferner Kassim-Pascha mit Tersane, Sr. Dimitri, Tatavola u. Forikjöi; dann Pera; Galata, welches den südlichen Vorsprung der dortigen Höhen einnimmt; daran stoßend an der Mündung des Bosporus Tophana u. endlich Fyndykly. Beiden letzteren u. der Seraispitze gegenüber, auf der asiatischen Seite, liegt Skutari; über alle diese Vorstädte s. unten. Alle übrigen Ortschaften, welche aufwärts von Fyndykly u. Skutari an den Ufern u. Abhängen des Bosporus liegen, werden unter der Bezeichnung: im Bosporus begriffen.

A) Altstadt od. C. im engeren Sinn: a) Umfassung. C. ist an der Landseite vom Meere bih zum Tekfur-Serai mit einer dreifachen Mauer nebst Gräben versehen, welche letztere jetzt als Fruchtgärten benutzt werden. Jene ist zwar alt, an vielen Stellen schadhaft u. mit Schlingpflanzen überwuchert, würde aber dennoch als Schutzwehr bei geschickter Benutzung einen namhaften Widerstand möglich machen (s. unten F). Die beiden inneren Mauern sind mit vorspringenden viereckigen Thürmen u. alle mit Zinnen versehen. Durch diese Mauern führen jetzt (nachdem 2 vermauert sind) noch 6 Thore: Egri-Kapu (Krummes Thor) bei den Blachernen, durch welches Justinian der Große seinen Triumphzug hielt; Edreneh-Kapu (Adrianopolitanisches Thor), Top-Kapu (Kanonenthor), auf welchem kämpfend der letzte der Paläologen, Constantin XIII., fiel; Mewlewihana-Kapu, Siliwri-Kapu u. Jedikule-Kapu, bei dem alten Schlosse Jedikule (s. unt. b) ff), welches 500 Schritte vom Meere in die Mauer eintritt. Hier befindet sich auch das vermauerte Goldene Thor (Porta aurea) s. u. Constantinopel (a. Geogr.) I. A). Das andere vermauerte Thor heißt Kappali-Kapu (das geschlossene) u. liegtzwischen dem Edreneh- u. Top-Kapu. Vom Tekfur-Serai bis zur nördlichen Spitze der Stadt besteht die Umfassung aus einer einfachen mit Thürmen u. Zinnen versehenen Mauer mit Graben davor, u. diese setzt sich an der Hafen- u. Seeseite, jedoch ohne Graben, bis nach Jedikule fort. An der Hafenseite ist außerhalb der Mauer das Ufer bis 150 Schritte u. darüber breit u. mit Straßenreihen bebaut, wird jedoch nach dem Serai zu immer schmäler u. hört zuletzt, noch ehe man die Südspitze des Serai erreicht, ganz auf, so daß von da an das Meer die Mauer frei bespült. Auf der Hafenseite sind 14, auf der Seeseite 7 Thore, so daß C. im Ganzen 27 Thore hat, diejenigen aus dem Serai u. dem Wlanga-Bostan nicht gerechnet. Auf der Hafenseite zwischen Ajowasari u. dem Balat-Kapu befand sich die Xyloporta (Holzthor), in deren Nähe die Osmanen zuerst in die Stadt eindrangen. b) Das Innere. aa) Straßen. Nur einige derselben sind streckenweise ziemlich gerade u. breit, die meisten krumm u. so eng, daß, wenn ein Wagen hindurchfährt, die Fußgänger sich an den Seiten hindurchpressen müssen; dazu sind sie wegen des hügeligen Terrains, auf welchem C. steht, auch in verticaler Richtung nicht gerade, sondern es geht meist bergauf bergab; dann sind sie auch schlecht gepflastert, unreinlich u. oft durch lange Colonnen von Lastthieren gesperrt; auch ist eine zahllose Menge von Sackgassen vorhanden, die dem Fremden viel Verdruß machen. Nachts sind die Straßen nicht beleuchtet (nur Pera hat in den Hauptstraßen seit 1856 Gasbeleuchtung); man muß sich daher schon zur eigenen Sicherheit einer Laterne bedienen (was überdies polizeiliche Vorschrift ist, deren Übertretung mit sofortiger Arretirung geahndet wird). Da die Straßen mit sehr wenigen Ausnahmen keine Namen u. die Häuser keine Nummern haben, so ist es schwierig, Jemand aufzusuchen; nur die einzelnen Gegenden (Mahalla) haben im Munde des Volks einen Namen. Charakteristisch für die Straßen sind die vielen herrenlosen Straßenhunde. Die Häuser, größtentheils zwei-, selten dreistöckig, sind winkelig u. mit Vorsprüngen ziemlich nachlässig, aber aus einem so zähen Holze gebaut, daß sie, ungeachtet die Balken u. Ständer nur armsdick sind u. weder Zapfen noch Bolzen haben, sondern durch einen schräg eingeschlagenen Nagel mit einander[385] verbunden werden, bei Erdbeben den massiven Häusern bei Weitem vorzuziehen sind. Aus diesen Gründen richten hier die Feuersbrünste oft fürchterliche Verheerungen an, u. es ist nichts Seltenes, daß in 2–3 Stunden Tausende von Häusern in Asche gelegt werden. bb) Plätze, welche dieses Namens werth sind, hat C. nur sehr wenige; die wichtigsten sind folgende 7: der At-Meidan (d. i. Roßplatz), ein Theil des alten Hippodrom, wo der Kampf zwischen den Blauen u. Grünen unter Justinian sich entspann, längs der Moschee Sultan Achmeds, 450 Schritte lang, etwas über 100 Schritte breit, von jeher zu feierlichen Aufzügen etc benutzt; auf ihm befinden sich noch 3 Obelisken aus alter Zeit, darunter der Überrest der ehernen Schlangensäule; der Serai-Meidan zwischen dem Serai u. der Aja-Sofia, das alte Augusteion, mit einer Fontaine; der Seraskerplatz, ein großer, mit hoher Mauer umschlossener u. mit 3 Hauptthoren u. mehreren Eingängen versehener Platz vor dem ehemaligen alten Serai od. dem jetzigen Seraskerat, ein Theil des alten Forum Tauri, 350 Schritte lang, 200 Schritte breit; hier der bei Feuersbrünsten zu Alarmsignalen bestimmte sogen. Feuerthurm. Vor dem südlichen Hauptthore liegt noch ein anderer, ursprünglich zu ersterem gehöriger Platz mit der Moschee Sultan Bajasid, gewöhnlich Tawul-Bazar (Hühnermarkt) genannt. Südlich davon u. westlich vom At-Meidan der Kadriga-Limani, ehemals der Julianische Galeerenhafen. Von diesem gelangt man zu dem Dschindi-Meidan. In der Mitte der Stadt der Et-Meidan od. Richtplatz mit der ehemaligen Janitscharenkaserne. Endlich in der Nähe der Sulimanieh (Moschee) der Wefa-Meidan. In C. finden sich verschiedene cc) Hallen, d.h. feuerfeste zusammenhängende Verkaufsgewölbe, die ihr Licht von oben erhalten u. Abends geschlossen werden. Sie bilden förmliche Straßen, in denen die einzelnen Gewerke nahe bei einander ihre Verkaufsstellen haben; so die Juweliere, Pelz-, Pantoffel-, Seiden-, Waffenhändler etc. Die große Halle (Besestan), in der Nähe des Eski-Serai, besteht aus vielen aneinander liegenden dergleichen bedeckten Straßen. In der Umgegend derselben finden sich noch verschiedene kleinere. Der Mißr-Tscharschy (Ägyptischer Markt) liegt ganz getrennt davon in der Nähe des Goldenen Horns bei der Moschee Valide-Sultan, ist eine eben so eingerichtete Halle u. dient als Niederlage u. Verkaufsplatz von Spezereien, Farbewaaren u. Droguen aller Art. dd) Offene Märkte werden an gewissen Tagen in verschiedenen Straßen u. Plätzen gehalten, so der At-Bazar (Pferdemarkt) beider Moschee Sultan-Mehemed; der Bit-Bazar (Lausemarkt), Trödelmarkt an einem Ausgang des großen Besestan u. bei der Moschee Valide-Sultan; der Balyk-Bazar (Fischmarkt) in der Nähe der neuen Brücke; der Tawuk-Bazar (Hühnermarkt, ein anderer als der oben genannte) ebendaselbst; der Awret-Bazar (Weibermarkt), wo die Sklavinnen verkauft wurden u.a.m. ee) Gärten. Innerhalb der Mauern von C. sind, abgesehen von den Privatgärten, mehrere große Gärten. Die wichtigsten davon sind die im Serai (s. unten gg). Hiernächst ist zu merken: der Bojük (große) Wlanga-Bostan, ein Gemüsegarten, an der Seeseite dicht am Meere gelegen, mit einer Mauer von 2500 Schritten im Umfang umschlossen, in der sich mehrere Thürme befinden, u. davor südöstlich der neue Stadttheil Jenimahalle mit geraden Straßen u. einem Platz. Dieser Garten war früher der Eleutherische Galeerenhafen. Außerhalb desselben befindet sich an der Nordseite der Kütschük (kleine) Wlanga-Bostan, etwa 300 Schritte lang u. 200 Schritte breit. Dann Jeni-Baghdscha (der neue Garten) in einer Thalschlucht zwischen dem Edreneh- u. Top-Kapu, 1200 Schritte lang u. 150 Schritte breit. Endlich 3 Gärten, welche den Namen Tschukur-Bostan (der vertiefte Garten) führen, u. von denen einer der oben genannte ist; der zweite liegt in der Nähe des Edreneh-Kapu, der dritte bei der Moschee Sultan Selims; in jedem der beiden letzteren befindet sich eine Cisterne. ff) Schlösser. Jetzt ist nur noch eins vorhanden, welches diesen Namen verdient, u. zwar das Schloß der Sieben Thürme (Jedikule) am südlichen Ende der Landseite. Es hatte früher 5, später 7, jetzt 6 Thürme, war ursprünglich als Citadelle bestimmt, diente aber seit der osmanischen Herrschaft hauptsächlich als Staatsgefängniß für Prinzen u. Gesandte solcher Mächte, welche der Pforte den Krieg erklärt hatten. In einem der Thürme findet sich der sogen. Blutbrunnen, in welchen die Köpfe der Hingerichteten geworfen wurden, sonst Kyklopion. Von dem Schlosse der Blachernen, an der nördlichen Ausbiegung der Landseite von C., sind nur noch Ruinen vorhanden. gg) Paläste. Kaiserliche Paläste gibt es in Altstadt C. außer dem Serai-Humajun nicht. Dieses berühmte Serai steht auf der Stelle der alten Akropolis u. der kaiserlichen Burg, ist überall mit Mauern umfaßt, enthält, die vielen Vorsprünge nicht gerechnet, 4300 Schritte im Umfang, war sonst wohl von 6–7000 Einwohnern belebt u. für Fremde nur zum Theil zugänglich. Jetzt ist es nicht nur weit weniger bevölkert, sondern auch nach eingeholter Erlaubniß größtentheils zugänglich. Ausgenommen davon sind der Saal, wo die edeln Reichskleinodien (Fahne u. Mantel des Propheten etc.) aufbewahrt werden, die Schatzkammer u. der Theil des Harems, wo die Frauen des vorigen Sultans wohnen. Jene Erlaubniß, durch einen Ferman ertheilt, ist jedoch wegen der Gebühren für den Ferman u. wegen der nöthigen Trinkgelder (Bakschisch) ziemlich theuer (gewöhnlich an 800 Piaster), weshalb man sich einer Gesellschaft anschließt u. dann nicht allein diesen Palast, sondern auch die Aja-Sofia u. andere berühmte Moscheen u. Grabmäler im Inneren zu sehen bekommt. Die Moscheen allein kann man jetzt auch umsonst u. ohne Ferman zu sehen bekommen; auch kann man das Innere der 3 Höfe des Serai, so wie die Gärten, betreten, wenn man nicht viel fragt, od. höchstens ein Trinkgeld gibt. Der Haupteingang zum Serai ist durch das Babi-Humajun (kaiserliches Thor) 1467 von Muhammed II. erbaut; außerdem sind noch 11 andere zum Theil verschlossene Thore vorhanden; unter diesen das Eiserne Thor, das Jali-Köschk-Kapu (Uferlusthausthor), auch Gartenthor genannt, durch welches man vom Goldenen Horn aus in die kaiserlichen Gärten eintritt; das Odun-Kapu (Holzthor), durch welches früher die Leichname der im Serai Hingerichteten zur Nachtzeit getragen wurden, um ins Meer geworfen zu werden; das Top-Kapu (Kanonenthor); dann Djirmen-Kapu (Mühlenthor) etc. Außerhalb der Mauer, aber noch zum Serai gehörig, liegt am Goldenen Horn das Jali-Köschk (Uferlusthaus),[386] wo früher ein von Mahmud I. 1747 errichteter Silberthron (ein Thron mit 7–9 Ellen großen Silberplatten) war, u. wo der Sultan die auslaufenden Flotten ungesehen betrachtete u. den Admiralen Audienz gab; jetzt wird dieses Gebäude als. Niederlage u. Kaffeehaus benutzt, hat aber noch die Überreste seiner früheren Schönheit. Dann auf der Ostseite das Indschili-Köschk (Perlenlusthaus), das von grünen Marmorsäulen getragen wird; ferner eine Wache, eine Moschee u. mehrere andere Gebäude. Mit der Mauer verbunden ist das Alai-Köschk auf der westlichen Ecke, wo der Sultan früher ungesehen die üblichen Aufzüge der Gewerke betrachtete; dann das Dschebedschi-Köschk u. am Südende die Kaserne von Gülhane. Das Innere des Serai theilt sich in 3 Abtheilungen od. Höfe. Im ersten Hofe links vom Eingange ist die ehemalige Irenenkirche, welche jetzt als Zeughaus benutzt wird u. außer mancherlei seltenen Waffen, Rüstungen etc. auch verschiedene Alterthümer enthält; außerhalb befinden sich, von einem eisernen Gitter eingeschlossen, mehrere steinerne Sarkophage, Überreste von Säulen etc.; dann ein Brunnen, dessen Wasser von den Griechen als heiliges an ihren Festen früher von den Seraiwächtern gekauft wurde; weiterhin die Münze mit der Wohnung des Sarbhane-Emini (Münzdirectors) u. anderen Beamten, rechts verschiedene Beamtenwohnungen, der große Mörser, in dem (nach der Sage) die verurtheilten Ulemas zerstampft wurden, u. der Springbrunnen Ablas. Merkwürdig im ersten Hofe ist auch eine alte doch frisch treibende Platane, deren Stamm 15 Fuß im Durchmesser u. an den Wurzeln 23 Schritt im Umfange hat. Hier findet am Beiram der Fußkuß statt. Durch das Gartenthor rechter Hand gelangt man in das Gülhane (Ort der Rosen), wo sich der Köschk befindet, in welchem der berühmte Hattischerif von Gülhane 1839 erlassen wurde. In den zweiten Hof gelangt man durch das mit alterthümlichen Waffen verzierte Orta- (Wassat-) Kapu od. Mittelthor, auch Babi-Selam (Thor des Heils) genannt, an dessen Eingang sich, wie an allen Orten, wo der Sultan zu Pferde steigt, ein sogen. Binektaschi od. Aufsteigestein befindet. In diesem, durch 2 Pforten nach beiden Höfen geschlossenen Thore fanden sonst die Hinrichtungen der zu diesem Zweck hierher Gerufenen statt, deshalb war auch hier die Wohnung des Henkers. Hier mußten auch schimpflicher Weise die fremden Gesandten warten, bis sie zur Audienz beim Sultan vorgelassen wurden. Vom Thore links befindet sich der von Solyman erbaute Divan; in dem einen der beiden mit Kuppeln bedeckten Säle versammelte sich früher der Reichsrath, an welchem der Sultan in einer vergitterten Loge Theil nahm; in dem anderen wohnten die fremden Gesandten vor der Audienz den dort gepflogenen Rechtshändeln bei u. wurden dann daselbst bewirthet. Rechts kommt man zu den Küchen (Mutbak) u. sonstigen Ökonomiegebäuden u. Beamtenwohnungen; geradeaus aber führt eine Allee nach dem dritten Hofe, zu welchem man durch das Thor der Glückseligkeit (Babi-Saadet) eintritt. Dort sind u.a. die Chasine-Oda od. Privatschatzkammer des Sultans, die Sunnet-Oda od. der Beschneidungssaal der Prinzen, die Chaukiar-Oda (Schlafgemach des Sultans), Chirkai-Scherif-Oda (Saal des edeln Kleides), wo die edeln Reichskleinodien (Fahne, Stab, Säbel, Bogen, schwarzcamelotener Mantel des Propheten, welchen der Sultan jährlich am 15. Ramasan unter großen Feierlichkeiten küßt, die Schwerter der drei ersten Khalifen u. v. a.) in einer silbernen Kiste aufbewahrt werden; dann die Ars-Oda (Audienzsaal) etc. Hier sind ferner 6 Köschke (Lusthäuser), die kaiserliche Moschee, das Schatzhaus, die Bäder u. neben dem Harem das ehemalige Schimschirlik od. Kafeß (Käficht), d. i. der Kerker, in welchem ehemals seit Solyman I. die Prinzen erzogen wurden. Jetzt ist das alles anders: denn die Prinzen reiten frei umher; willkührlich werden keine Köpfe mehr abgeschnitten; die Gesandten werden nicht mehr auf eine schimpfliche Weise behandelt, sondern vom Sultan empfangen wie an anderen Höfen; ja es geht sogar so weit, daß der Sultan (was früher fast unmöglich war) den Gruß von Europäern, namentlich auch von Damen, erwidert, anständigen Leuten den Zutritt zu seinen Lustgärten gestattet, in denselben oft frei speist u. es gern hat, wenn das Publikum sich dabei naht. Abgesondert von dem Serai, aber innerhalb der Mauern desselben, befindet sich auf der Seraispitze das große od. Sommer-Harem, u. rückwärts von demselben das kleine od. Winter-Harem. hh) Andere kaiserliche Gebäude. Das alte Serai (Eski Serai) liegt an der Stelle des Capitolium (Palatium in tauro) u. ist das jetzige Seraskerat (Kriegsministerium). Es ist von einer hohen, mit 3 Hauptthoren u. mehreren Ausgängen versehenen Mauer umschlossen, welche 1700 Schritte im Umfange hat. Hier sind die Gebäude des Kriegsministeriums mit ihren verschiedenen Bureaus, u. südlich davor der oben erwähnte Platz; in der Nähe des östlichen Thores der oben genannte Feuerthurm, dann auf der Hinterseite 2 Kasernen u. in der Mitte die Kriegsschule; außerdem verschiedene Ställe, Ökonomiegebäude u. dgl. m. Ferner an der westlichen Ecke der Seraimauer, dem Alai-Köschk gegenüber, Pascha-Kapu od. die sogen. Hohe Pforte (Amtsgebäude des Groß-Veziers), wo gewöhnlich die Sitzungen des Staatsraths gehalten werden u. die Kanzleien der Ministerien des Auswärtigen u. des Inneren, sowie das Pforten-Dragomanat sich befinden. Die Pforte des Scheich ül Islam (Cultus- u. Justizministerium) auf der nördlichen Seite der Moschee Suleimans, war bis 1826 das Serai des Janitscharenagha. Mallije, das Finanzministerium, nicht weit davon. Tidscharedhana, das Handelsministerium, mit dem zugleich die Ministerien des Ackerbaues u. der öffentlichen Arbeiten verbunden sind, in der Nähe der Hohen Pforte. Das Polizeiministerium ebenfalls in der dortigen Gegend. Die neue Universität bei der Aja-Sofia, seit 1847 im Bau (1855 von den Franzosen als Lazareth benutzt). Die Landmauth am Adrianopeler Thore; die Seemauth an der neuen Brücke. In der Nähe der letzteren sind auch die damit in Verbindung stehende Tabaks- u. Weinmauth. Die türkische Post in der Nähe der neuen Brücke. Basmahane od. die kaiserliche Druckerei beim Seraskerat; Sarradschane od. die kaiserliche Sattlerei in der Nähe der Moschee Sultan-Mehemed. Tekfur-Serai, der frühere Palast Belisars, an der nördlichen Einbiegung der Landseite von C., ist eine Art Familienhaus für Juden, deren dort in der Nähe sehr viele wohnen. Seit 1724 war hier eine Zeit lang die persische[387] Fayencefabrik; auch soll hier einst unter Muhammed II. ein Kind beim Spielen den größten Diamant in dem großherrlichen Schatze gefunden haben. ii) Moscheen. Dieselben theilen sich in große (Dschami) u. in kleine (Mesdschid, woraus das Wort Moschee entstanden ist). Von den 485 großen, welche sich überhaupt in C. befinden sollen, kommen auf die Altstadt allein 100; darunter 24 sogen. kaiserliche; kleine sollen im Ganzen etwa 5000 vorhanden sein. Diese Moscheen sind theils von den Türken neu gegründet, theils sind es frühere christliche Kirchen, die in Moscheen umgewandelt sind. Die wichtigste von allen ist die Sophienmoschee (Große Aja Sofia, früher Sophienkirche); sie wurde von Constantin im J. 325 gegründet, 338 von Constantius erweitert, 404 durch Brand zerstört; 415 von Theodosius von Neuem aufgebaut, brannte sie 532 bei dem Aufruhr der Rennparteien abermals ab, worauf sie Justinian von Anthemius aus Tralles u. Isidorus aus Milet wieder aufbauen ließ; sie wurde 538 eingeweiht; die Pracht der Säulen (darunter 8 Porphyrsäulen aus dem Sonnentempel in Baalbek, 8 grüne vom Dianentempel in Ephesus, 8 andere aus Troas, Cyzicus, Athen u. von den Cykladen), sowie die Masse des darin verwendeten Goldes, Silbers u. anderer kostbarer Materialien grenzte ans Unglaubliche; der Altar bestand aus einem Guß von Gold u. Silber mit zerstoßenen Perlen u. Edelsteinen; über der Kanzel befand sich ein goldenes Himmeldach u. darauf ein 100 Pfd. schweres, mit Karfunkeln u. Zahlperlen besetzes goldenes Kreuz; dem entsprach auch alles Übrige, so daß z.B. die heiligen Gefäße, Kelche, Patenen, Kannen etc. aus dem reinsten Golde gefertigt waren; desgl. 6000 traubenförmige Leuchter für den Hochaltar, 2 Trageleuchter mit Sculpturen, jeder 111 Pfd. im Gewicht; 7 Kreuze, jedes 1 Ctnr. schwer; 24 große Evangelienbücher, jedes durch die Goldbeschläge 2 Ctnr. schwer etc.; die Thüren waren theils von Elfenbein, theils aus Bernstein, theils aus Cedernholz; das Hauptthor silbern u. vergoldet, u. 3 derselben von innen mit Bretern aus der Arche Noahs ausgetäfelt. 558 stürzte durch ein Erdbeben die östliche Hälfte des Domes ein u. zertrümmerte die ganze Herrlichkeit des Altares u. der Kanzel sammt den goldenen u. silbernen Säulen; allein Justinian ließ den Bau dauerhafter, wenngleich in der Kuppel 15 Ellen niedriger, wiederherstellen, u. am Christabend 568 fand die abermalige Einweihung dieser Kirche Statt. Eine weitere Erneuerung erfolgte 987 unter Kaiser Basilius II., u. nach der Eroberung C-s durch die Türken 1453 wurde dieselbe zur Moschee eingerichtet. Unter Muhammed II., Selim II. u. Murad III. wurden 4 Minarehs u. die beiden Stützpfeiler auf der Südostseite hinzugefügt, welche dem ganzen Ansehen sehr schadeten. Die letzte Erneuerung erfolgte 1847 durch den Baumeister Fossati; der Bau ist aus leichten Ziegeln aufgeführt, das Innere aber mit farbigem Marmor belegt; die Grundform ist die eines Kreuzes; die Länge des inneren Schiffes beträgt 269 Fuß, die Breite 143 Fuß, der Durchmesser der Kuppel 115, die Höhe derselben 1/6 des Durchmessers u. deren Mittelpunkt vom Boden 180 Fuß; das Innere des Gewölbes über den 24 Fenstern, sowie die Bogen zwischen den Säulen sind mit Mosaik ausgelegt; außerdem ist das ganze Gewölbe vergoldet u. mit 4 kolossalen Seraphim in Gestalt von aus Fittigen gebildeten Herzen geziert; die Gallerie ist 50 Fuß breit u. von 67 Säulen getragen; eine 2. Gallerie unterhalb der Kuppel dient nur zu Erleuchtungen bei Festen; mit der großen Kuppel sind 2 Halb- u. 6 kleinere Kuppeln verbunden; die 9 broncenen Thüren der Vorhallen sind mit Basreliefs geziert. Als Merkwürdigkeiten zeigt man die schwitzende Säule, deren Feuchtigkeit für ein Heilmittel gehalten wird; den leuchtenden Stein an einem Fenster der Gallerie auf der Westseite; daselbst auch die Pforte des Himmels u. die Pforte der Hölle, zwischen welchen man hindurchgeht; in der Kuppel ein kolossales, durch die Vergoldung durchschimmerndes Marienbild u. m. a. Andere aus Kirchen gebildete Moscheen sind: Die Kütschük Aja Sofia (Kleine Sophienmoschee), in der Anlage der großen ähnlich, ebenfalls unter Justinian erbaut, früher dem St. Bacchus geweiht u. im Innern mit Reben- u. Traubengewinden geziert; die Kilisse-Dschami (Kirchenmoschee), von Johannes Komnenus u. seiner Gemahlin Irene erbaut, diente diesen zur Grabstätte; desgl. wurden hier beigesetzt: der Kaiser Manuel u. seine Gemahlin Bertha (1158), Irene, Gemahlin des Kaisers Andronikus des Jüngeren, 1316, Manuel der Paläologe 1425, u. zuletzt die Gemahlin Constantins, des Despoten des Peloponnes, 1443; jetzt ist das Gebäude ganz verfallen; von den Sarkophagen dient einer vor der Moschee als Wassertrog; ferner die Fethije-Dschami (Moschee des Sieges), von Anna Dukäna, Mutter des Alexius, erbaut; die Gül-Dschami (Rosenmoschee), 1031 vom Kaiser Romanus Argyrus erbaut, Klosteraufenthalt des Kaisers Kantakuzenus 1355, sowie der Patriarchen Niphon u. Joseph u. des Nicephorus Botoniates; Kahrije-Dschami, unter Justinian erbaut; Exi-Marmara-Dschami (Moschee der 6 Marmorsäulen), angeblich zuerst ein Tempel Jupiters, dann von Constantin in eine Kirche u. später von den Osmanen in eine Moschee verwandelt; die Moschee des Scheich-Ebul-Wefa, früher Kirche des St. Sphoracius, unter Kaiser Arkadius erbaut; dabei eine Armenküche u. ein Bad, u. in der Nähe die 1741 gestiftete Bibliothek Aariff-Effendis. Von den durch die Osmanen neu aufgebauten Moscheen sind die wichtigsten: Die Moschee Muhammed's II., Sultan Mehmed-Dschami, auf der Stelle der von der Gemahlin Justinians, Theodora, erbauten Kirche der heiligen Apostel, die in Pracht u. Größe die nächste nach der Sophienkirche war; dabei 8 Medresses (höhere Schulen), eine Speiseanstalt für Arme, ein Spital u. andere Wohlthätigkeitsanstalten, außerdem das Grabmal des Eroberers; die Moschee Sultan Achmeds am At-Meidan, von Achmed I. erbaut; sie hat allein von allen Moscheen 6 Minarehs; die Valide-Sultan-Dschami, in der Nähe des Hafens am Baghdscha-Kapu, 1665 erbaut u. nach orientalischer Weise prächtig ausgeschmückt, Thüren u. Fenster mit Perlmutter ausgelegt; Sultan Bajasid (von den Franzosen gewöhnlich Taubenmoschee genannt, weil sich in den Vorhallen eine große Menge von Tauben aufhält), südlich vom Eski-Serai u. 1497–1505 von Bajasid II. erbaut, ist, wegen der Nähe des Besestan u. überhaupt in einer volkreichen Gegend gelegen, die besuchteste von allen; die Sulimanije, nördlich vom Eski-Serai gelegen u. dicht daran grenzend, von Solyman dem Großen 1550[388] bis 1555 durch den Baumeister Sinan erbaut, ist eine der schönsten in C., dabei die Gräber Solymans u. der Seinigen; die Moschee Sultan Selims, an der Hafenseite, nördlich von Sultan-Mehmed, erbaut 1520–1526 von Selim I.; die Schahsadeh-Dschami od. Prinzenmoschee, westlich vom Eski-Serai, 1548 von Solyman erbaut u. ursprünglich als Begräbnißort der Prinzen Muhammed u. Mustafa bestimmt; die Moschee Nuri-Osmani, östlich von Sultan Bajasid, wurde 1748 bis 1755 von Osman III. erbaut; hier im Vorhofe ein Sarkophag von Porphyr, angeblich der Constantins des Gr.; dabei eine Bibliothek mit angeblich gegen 1700 Manuscripten (darunter Cazwini, astronomische Tafel in türkischer Übersetzung), außerdem eine Medresse, Armenküche etc.; hiernächst gibt es noch eine Menge von Moscheen, die von Vezieren u. reichen Privatpersonen erbaut wurden. kk) Kirchen u. Synagogen. Die Griechen haben in der Altstadt C. 21 Kirchen, unter denen die Georgskirche als Kathedrale zu betrachten ist; sie liegt im Fanar am Goldenen Horn, dem Arsenal gegenüber, beim griechischen Patriarchat, wo auch der Patriarch nebst den 12 den Dienst besorgenden Geistlichen ihre Wohnungen haben u. wo auch Gericht gehalten wird. Unter den Armenierkirchen sind bes. zu nennen: die Patriarchalkirche in dem Stadtviertel Psamatia, zu Anfang des 19. Jahrh. erbaut, besteht eigentlich aus 2 Kirchen, die eine für Männer, die andere für Frauen; die Kirche der 9 Engelchöre an der Hafenseite im Fanar, früher eine griechische Kirche; darin eine wunderthätige Säule, um welche Fieberkranke geführt werden. (Die katholischen u. evangelischen Gotteshäuser s. u. Pera u. Galata.) Synagogen finden sich in C. ebenfalls mehrere, aber schmutzig u. unbedeutend. ll) Klöster. Türkische Klöster (Tekie) für die verschiedenen Orden der Derwische gibt es in C. viele. Die angesehensten dieser Orden sind die der Mewlewi, Nakschibendi (der älteste von allen), Rusajier u. Begtaschi; ferner Saadi, Umin-Sinani, Chalweti, Dschelweti, Kadri, Gülscheni, Ruscheni, Bostami, Bairami u. Kalenderi; für alle diese u. andere mehr sind Tekie vorhanden, u. wieder viele andere sind nach ihren Stiftern benannt. Das älteste Kloster in C. ist das des Scheich Karamani (in der Vorstadt Chalidschi-Oghlu); nach ihm das Sirkadschi-Teki (des Essighändlers) bei der Aja-Sofia; das Mustafa-Paschas, bei der Eroberung aus einem Nonnenkloster in ein Derwischkloster umgewandelt; auch griechische Klöster gibt es. mm) Begräbnißplätze. Für die Türken finden sich dieselben bei allen Moscheen; für die Vornehmen in besonderen Grabkapellen (Turbe), namentlich sind solche für die Sultane u. deren Familien u. für die Erbauer der Moscheen vorhanden; andere Turbes sind abgesondert von Moscheen erbaut, so die Turbe Abdulhamids zwischen der Moschee Valide-Sultan u. dem Serai; die Turbe Mahmuds II. u.a.m.; außerdem finden sich türkische Begräbnißplätze auch vor den Thoren in den dortigen Cypressenhainen; ihre Leichensteine, aus weißem Marmor u. mit Inschriften versehen, stehen aufrecht, u. der oberste Theil derselben bildet einen Fez od. Turban. Die Christen der verschiedenen Confessionen u. die Juden werden außerhalb auf den für sie bestimmten Friedhöfen beerdigt. nn) Trinkwasseranstalten. In C. finden sich zwar bei jedem Hause ein od. mehrere Brunnen; allein theils aus Vorurtheil, theils weil deren Wasser oft einen Beigeschmack von Meerwasser hat, werden sie fast nie zum Trinken benutzt, sondern man bedient sich hierzu des Regenwassers, welches entweder aus Cisternen, die sich in vielen Häusern finden, od. aus eigens zu diesem Zweck außerhalb der Stadt 3–4 Stunden entfernt von derselben am Strandschea-Gebirge bei Belgrad u. Pirgos angelegten offenen Wasserbehältern (Hawus) gewonnen wird. Diese Wasserbehälter sind an der Abflußseite durch eine, einen Damm (Bend) bildende Mauergeschlossen, u. das Wasser fließt durch unterirdische Kanäle u. über Aquäducte der Stadt zu, nachdem es an gewissen Stellen über sogen. Wasserpfeiler (Ssuterasi) durch bleierne Röhren auf- u. abgeleitet worden ist, u. gelangt so in einem mehr od. minder gereinigten u. erfrischten Zustande nach einem großen Wasservertheiler (Ssutaksimi, einem Gebäude, von welchem Röhren nach verschiedenen Richtungen ausgehen) u. von diesem mittelst der Röhren zu den in allen Stadtvierteln u. bei jeder Moschee vorhandenen Fontainen (Tscheschme) u. Brunnenhäusern (Sebilhane), in welchen letzteren das Wasser in Krügen von einem Derwisch für die Vorübergehenden ausgestellt, während bei den Fontainen das Wasser aus einem od. mehreren Hähnen von den Abholenden selbst abgelassen wird. C. hat 2 dergleichen große Wasseradern, nämlich die Wasserleitung Hadrians (später von Justinian restaurirt), welche beim Egri-Kapu, u. die Constantins (später von Valens restaurirt), welche beim Edrene-Kapu in die Stadt tritt; beide gehen in ihrer Hauptrichtung gerade nach dem Serai, die des Valens von der Moschee Sultan-Mehemed fast bis zum Eski-Serai über einen weit sichtbaren Aquäduct von doppelt auf einander gesetzten Bögen, dann getheilt nach der Aja-Sofia u. nach dem Schlosse der sieben Thürme u. s. s. Von den in C. aus den Zeiten der Kaiser noch vorhandenen Cisternen dient nur noch eine als Wasserbehälter, u. zwar die Cisterna basilica des Justinian, in der Nähe der Hohen Pforte; sie ist 336 Fuß lang u. 182 Fuß breit; das Gewölbe wird von 336 Marmorsäulen getragen. Die Cisterne des Philoxenus, unter Constantin dem Gr. erbaut, jetzt Bin-birdinek (1001 Säule) genannt, ist in der Nähe des At-Meidan; sie hat jedoch in 3 Stockwerken nicht 1001, sondern blos 672 Säulen, von denen die untersten zum großen Theil verschüttet sind; jetzt ist sie ein Arbeitsplatz für Seidenspinner. Außerdem finden sich noch 5 od. 6 Cisternen, die aber ebenfalls zum Theil verschüttet sind; darunter die bei den 40 Märtyrern von Phokas erbaut; die des Aspar, in der Nähe der Moschee Laleli, von Leo dem Gr. erbaut, jetzt Budrum genannt (innerhalb Spinnereien); die Cisterne Petri, vom Kaiser Manuel Komnenus erbaut, bei der Moschee Sultan Selims etc. oo) Bäder. Die häufige Benutzung der Bäder ist dem Muselman durch den Koran vorgeschrieben, daher sind dergleichen Anstalten, in denen der Badende mittelst warmen, selbst heißen u. kalten Wassers u. Seife gerieben wird, in großer Zahl in allen Theilen der Stadt vorhanden u. für Jedermann zugänglich. pp) Wissenschaftliche u. Kunstanstalten. Über die Schulen im Allgemeinen s. Türkisches Reich; doch sind die Schulen für höheren Unterricht noch nicht ins Leben getreten, auch bestehen die Mittelschulen mehr dem Namen nach, so daß die Volksschulen sich[389] im Wesentlichen noch auf die bereits früher bei allen Moscheen vorhandenen Elementarschulen beschränken, in denen blos Lesen u. Beten gelehrt wird. Demnächst gibt es bei den meisten kaiserlichen Moscheen Collegien (Medresse) für junge Leute (Softas), welche sich zu Ulemas ausbilden wollen; diese werden in besonderen Häusern (Tetimme) unentgeltlich verpflegt u. unterrichtet. Mit diesen Schulen stehen auch in näherer Beziehung die Überlieferungsschulen (Durülhadiß), in denen Vorlesungen über das große Werk Bokharis u. anderer Überlieferungsschriften gehalten werden, u. die Leseschulen (Darülkirajet), in denen das Lesen des Korans gelehrt wird. Für höhere wissenschaftliche Bildung hat die Regierung seit 1847 bei der Aja-Sofia die Universität erbauen lassen; ferner hat man eine Arzneischule, sowie in den Militärschulen auch Unterricht für Veterinäre ertheilt wird. Über die 1851 eröffnete Akademie der Wissenschaften s. Akademie XV. Die Militärschulen, bis jetzt die einzigen Anstalten, in denen mit Hülfe europäischer Lehrer eine höhere wissenschaftliche Bildung zu erzielen ist, zerfallen in Vorbereitungsschulen (Idadije), von denen sich in C. eine (u. zwar in Skutari seit 1846, die 4 übrigen in den Provinzen) befindet, u. höhere Militärschulen; der letzteren sind 2 in C.; die eine: allgemeine Kriegsschule (Mektebiharbije) für die Ausbildung der Infanterie-, Cavallerie- u. Generalstabsoffiziere das für dieselbe bestimmte Gebäude wurde 1854 den Franzosen zum Lazareth eingeräumt u. brannte im März 1855 ab) im Eski-Serai; die andere die Artillerie- u. Ingenieurschule (Mühendishane, auch Kumbarhane genannt), am oberen Ende des Goldenen Hornes in der Vorstadt Chalydschi-Oghlu. Endlich ist auch eine Marineschule vorhanden, sowie auch in neuerer Zeit ein Museum für klassische Alterthümer, in der Nähe des Sarbhane eine Sammlung für alterthümliche Waffen u. eine andere für Kostüme (jetzt im Serai) angelegt worden ist; eine Naturaliensammlung ist beim Brande des Galata-Serai 1848 mit zu Grunde gegangen; dagegen finden sich Bibliotheken im Serai, bei vielen Moscheen u. in den Militärschulen, in welchen letzteren auch Modellsammlungen vorhanden sind; von den Bibliotheken sind die im Serai u. des Raghibpascha die vorzüglichsten. Auch eine Staatsdruckerei ist vorhanden, in welcher die türkische Staatszeitung u. andere türkische Schriften gedruckt werden, sowie auch bei den höheren Militärschulen sich kleine Druckereien finden. Anstalten für schöne Künste sind nur insofern vorhanden, als in der Militärvorbereitungsschule, sowie in der Artillerie- u. Ingenieurschule Unterricht im Freienhandzeichnen ertheilt wird, u. die höheren Militärschulen auch lithographische Anstalten haben. qq) Wohlthätigkeitsanstalten. In C. sollen sich 101 Armenküchen (Imaret) befinden, die größtentheils als milde Stiftungen bei den Moscheen angelegt sind; in denselben werden täglich an 30,000 Menschen mit Brod u. 2 warmen Speisen verpflegt. Spitäler sollen im Ganzen gegen 200 vorhanden sein u. in einigen nicht blos Muselman, sondern auch Christen aufgenommen werden; für Frauen hat man besondere Gebäude. Auch diese Stiftungen sind vorzüglich bei den kaiserlichen Moscheen, so bei Sultan Mehemed eine von 70 Zimmern u. etwa 200 Dienern. Irrenhäuser (Timarhane) finden sich 9 in C. rr) Gebäude für den Handel. Der Besestane od. Hallen ist schon oben cc) gedacht; nur ist noch zu erwähnen, daß auch außerhalb derselben die verschiedenen Gewerke besondere Straßen einnehmen, so die Kupferschmiede, Drechsler, Kammmacher, Strohteppichhändler etc. Wie es sich mit den Werkstätten u. Fabriken, sowie überhaupt mit dem Gewerbfleiß u. dem Handel in C. verhält, s. Türkisches Reich. Eine besondere Einrichtung sind die Chane, große, im Viereck gebaute, massive, gewölbte Gebäude mit eisernen Thüren u. Fensterläden, geräumigem Hof u. überwölbten Gängen; sie enthalten eine große Anzahl von Zimmern u. Verkaufsgewölben u. dienen sowohl als Gasthöfe, wie auch als Bazar; einer der größten ist der Validechan; der Jenichan soll 365 Zimmer haben; der Eltschichan diente ehemals als Quartier für alle fremden Gesandten, u. hier wurden sie wie Gefangene bewacht.

B) Vorstädte. Der Charakter der Vorstädte ist im Allgemeinen von dem der Altstadt wenig unterschieden, Pera u. Galata ausgenommen, die sich durch viele massive Gebäude u. Waarenlager mit europäischen Artikeln aller Art u. durch vorherrschend europäische Trachten ihrer Bewohner von den übrigen Theilen C-s auszeichnen; sonst überall die engen, krummen, verbauten, schmutzigen Gassen von Holzhäusern, viele Moscheen, Fontainen, Brunnenhäuser, Bäder u. das Getreibe der Orientalen bes. in den am Meere gelegenen Gegenden. a) Jedikulekjöi, wurde von Mohammed II. unter dem Namen Kassaba-i-salchane, d. i. Schlächtervorstadt, gegründet, um hierher alle übelriechenden Gewerbe, als Schlächter Gerber, Lichtzieher etc. zu verlegen; daher findet sich auch hier noch eine große Schlächterei u. Lichtzieherei. Der Ort besteht aus mehreren ziemlich geraden Straßen; nördlich davon ist ein armenischer Begräbnißplatz mit ehemaligem Pestspital u. weiterhin noch 2 griechische Pestspitäler. Vor dem Siliwri-Kapu liegt Balykly mit der griechischen Kirche Unserer Lieben Frau vom Quell, über 100 Jahre alt, mit unterirdischem Bassin, in welchem 5 Fische gezeigt werden, welche nach der Volkssage gebackene u. wieder lebendig gewordene sind; das schöne klare Wasser wird als heiliges verehrt u. verkauft, wozu in der Vorhalle besondere thönerne Gefäße zu haben sind. Hierher strömen zu Ostern Volksmassen, bes. von Griechen u. Armeniern. Ferner vor Mewlewihane- u. Top-Kapu eine Art Vorstadt mit dem allgemeinen Namen Kassaba-i-jeni-kapu, in der ein Theil Merkeß-Efendi genannt wird; hier ein Kloster der Mewlewi. b) Ortak-dschilar, von Mohammed II. ursprünglich für die Zeltaufschläger gegründet, welche damals ein eigenes Corps bildeten. Unter den hier vorhandenen 6 Klöstern ist das des Emir Bokhara das größte, unter den Moscheen die Nischandschi-Pascha die schönste. Hier auch ein Spatziergang, der Zeltplatz genannt, u. der große Taksim (Wasservertheiler) vor dem Egri-Kapu. Der östliche, am Hafen gelegene Theil dieser Vorstadt hat noch den besonderen Namen Kassaba-i-Dschömlekdschilar (d. i. Töpfervorstadt). Hier die schöne Moschee Salih-Mahmud-Pascha, das kaiserliche Palais Esma-Sultan u. die kaiserliche Fezfabrik. c) Ejub, nach Ejub, dem Fahnenträger des Propheten, genannt, dessen Moschee u. Turbe sich hier befindet, beide für[390] Nicht-Muselman wegen ihrer besonderen Heiligkeit unzugänglich; nur dem Großfürsten Constantin u. dem Prinzen von Joinville ist es durch besonderen kaiserlichen Ferman gestattet gewesen, diese Moschee zu betreten; dieselbe wurde 1453 von Mohammed II. als Grabmal des Fahnenträgers u. als Weihungstempel für die Sultane erbaut, indem dieselben hier nach der Thronbesteigung mit dem Säbel Osmans umgürtet werden. Hier auch eine eingemauerte, mit silberner Fassung umgebene Steinplatte mit der Fußtapfe des Propheten, die derselbe beim Bau der Kaaba in Mekka eingetreten haben soll. Dieser Stein kam mit anderen Reliquien nach der Eroberung Ägyptens in die Schatzkammer der Sultane u. ist seit 1705 zur öffentlichen Verehrung in der Moschee Ejub ausgesetzt. Hier noch viele Grabmäler berühmter Muselmanen in den gartenartigen Umgebungen der Moschee; dicht am Goldenen Horne ein kaiserlicher Palast, 1689 für die Validé erbaut. Berühmt die Johurddschi (Verkäufer von saurer Milch) u. die Barbiere von Ejub. Auf dem Wege nach Kiahathane ein Gesundheitsquell (Köplidscha Ajasma), unweit davon ein Brunnen Dschan-Kapu, d. i. Seelenbrunnen, der als Orakel gilt, das über verlorene Gegenstände Auskunft gibt. Außerdem Spatziergänge nach Edris-Köschk, den sogen. 40 Cypressen u. dem Nachtigallenthal (Bülbüldere). d) Ajnalykawakkjöi in den beiden nördlich von Ejub gelegenen Thälern, ohne besondere Merkwürdigkeiten. Desgl. e) Topdschular, ursprünglich für Artilleristen von Mohammed II. gegründet. f) Baharijekjöi; hier 3 ehemalige kaiserliche Paläste für Sultaninnen erbaut, jetzt Iplikhane, Spinnerei; in der Nähe zu beiden Seiten des hier vereinigten Kydaris u. Barbyses viele Ziegeleien. g) Haßkjöi, besteht eigentlich aus 3 Ortschaften: Südlüdsche (Milchdorf), Chalydschi-Oghlu u. Piri-Pascha. Am nördlichen Ende von Südlüdsche befand sich früher der kaiserliche Frühlingspalast Kara-Aghadsch, welcher aber nicht mehr existirt; daneben befinden sich 9 dicht an einander gebaute Schuppen für die kaiserlichen Barken. Hier auch die oben erwähnte Artillerie- u. Ingenieurschule. Chalydschi-Oghlu, meist von Juden, Griechen u. Armeniern bewohnt, hat Ankergießerei für die Marine; Piri-Pascha ist das Hauptquartier der Juden. h) Kassim-Pascha; hier das Arsenal (Terßané), welches das ganze Ufer des Hafens von Piri-Pascha bis Galata einnimmt. Dieses Etablissement wurde 1515 gegründet, aber erst, nachdem es mehrere Male durch Feuersbrünste zerstört worden war, gegen Ende des vorigen Jahrh. von dem Großadmiral Hussein-Pascha durch französische u. englische Schiffsbauer u. Ingenieure im Wesentlichen so hergestellt, wie es noch jetzt ist. Der auf einer Anhöhe gelegene kaiserliche Palast wurde für den Kapudan-Pascha (Großadmiral) selbst ausgebaut, ist aber abgebrannt, u. unterhalb dicht am Ufer das eigentliche Admiralitätsgebäude errichtet. Das Arsenal enthält außerdem eine Dampfsäge, Schiffswerfte, Magazine, Marineschule, das Bagno, die Marinekaserne, 2 Docks, einen riesenhaften Krahn etc. Kassim-Pascha hat 7 Marktplätze u. eine Menge Derwischklöster. Unter den Moscheen zeichnet sich die des Piali-Pascha aus. Besondere Theile, dieser Vorstadt sind noch landeinwärts: St. Dimitri mit der Griechischen Kirche dieses Namens; Tatavola, Jenimahalle u. Ferikjöi, meist von Griechen u. vielem Gesindel bewohnt. Außerhalb von Kassim-Pascha nördlich liegt ein Militärspital. i) Pera, türkisch Beyjolu (Fürstenstraße), woraus man in der Volkssprache Beyoghlu (Fürstensohn) gemacht hat, ist der Sitz eines katholischen Erzbischofs u. der auswärtigen Gesandtschaften; außer denen der 5 Großmächte sind hier noch die schwedische, holländische, dänische, sardinische, sicilische, spanische, belgische, hanseatische, griechische u. amerikanische. (Die persische Gesandtschaft, ein serbischer Geschäftsträger u. die Kapukiaja der Donaufürstenthümer u. von Ägypten haben ihren Sitz in der Altstadt C.) Diese Vorstadt, jetzt fast als eine europäische Stadt zu betrachten, hat in neuester Zeit so sehr an Ausdehnung zugenommen, daß sie den ganzen Raum zwischen Kassim-Pascha, Galata u. Tophana ausfüllt. Die Straßen sind gleichwohl meist eng u. winkelig, nur wenige breit u. gerade. Eine Hauptstraße, in der fortwährendes Gedränge herrscht, zieht sich von Galata hinauf auf dem Bergrücken entlang bis zum großen Taksim, u. setzt sich von da, den Höhenzug verfolgend, bis auf das Feld hinaus fort, wo jetzt weit u. breit gerade, breite Straßen für weiteren Anbau tracirt sind. Diese Straße ist an manchen Stellen nur 6 Schritte breit, stellenweise aber nach mehrfachen Feuersbrünsten bis auf 18 Schritte erweitert. Eigentliche Plätze hat Pera nicht. Die meisten Häuser sind zwar noch von Holz, machen aber immer mehr massiven, zuweilen 4–5 Stockwerke hohen Häusern Platz. Die hervorragendsten Gebäude sind die Palais der großen Gesandtschaften, u. unter diesen das russische u. das englische; dann finden sich noch mehrere Moscheen, katholische, griechische u. armenische Kirchen (seit 1838 auch eine schismatisch-armenische), unter ersteren besonders Sta. Maria u. S. Antonio. Der protestantische Gottesdienst wird deutsch im Gebäude der preußischen Gesandtschaft, französisch im Gebäude der holländischen Gesandtschaft, englisch im englischen Palais u. im englischen Missionshause u. deutsch u. englisch im Bethause der amerikanischen Mission gehalten. (Die schottische Mission hat ihren Betsaal in Galata, s. unt.) Ferner sind bemerkenswerth das türkische Kloster der Mewlewi, der neue, mit Glas überdeckte Bazar, das Theater, in welchem wöchentlich 4 Mal Italienische Oper ist, die österreichische, französische, griechische (vor dem Kriege auch russische) Post, der große Taksim, wo das aus 2 Benden (s. ob.) bei Baghdschekjöi durch eine Wasserleitung nach Pera kommende Wasser nach den umliegenden Vorstädten abgeführt wird. Das ehemalige Galata-Serai, mitten in Pera an der Hauptstraße, ist abgebrannt, u. die Engländer haben daselbst Holzgebäude für militärische Zwecke errichtet. Außerhalb liegen noch: die Artilleriekaserne mit Exercirplatz, eine Infanteriekaserne, Klinik u. Hebammeninstitut, ein armenisches Kloster (früher Pestspital) u. die katholische Kirche S. Spirito. In Pera befindet sich eine deutsche evangelische Schule unter dem Schutze der preußischen Gesandtschaft, eine dergl. katholische unter österreichischem Schutze, mehrere französische, griechische u. armenische Schulen, französische u. levantinische Pensionsanstalten, ein deutscher evangelischer Wohlthätigkeitsverein mit Hospital unter preußischem Schutze, noch ein deutsches, ein sardinisches, ein englisches u. ein französisches [391] Hospital, ein deutsches u. ein levantinisches Casino, ein deutscher Handwerkerclub, genannt Teutonia, eine Druckerei, mehrere Lithographische Anstalten, eine deutsche Lesebibliothek, der deutschen evangelischen Gemeinde gehörig, eine dergl. in der Teutonia, u. mehrere öffentliche Lesebibliotheken, die meist französische, italienische u. englische Romanenliteratur enthalten. Waarenlager u. Kaufläden aller Art finden sich vorzüglich in der Hauptstraße. Endlich hat Pera mehrere große Hotels, andere Gasthöfe, Locanden, Herbergen, Speise- u. Kaffeehäuser, mehrere Vergnügungsgärten, bes. den in der Nähe des Theaters, genannt Palais de Fleurs, wo fast jeden Abend ein sehr gutes Gartenconcert von deutschen Musikern ausgeführt wird; auch findet sich eine reichliche Zahl von Bordellen u. Privatlustörtern, deren Benutzung aber hier wegen Mangels an hinreichender ärztlicher Aufsicht u. aus anderen Gründen sehr gefährlich ist. k) Galata, meist von den Genuesern aufgebaut, die nach der Eroberung C-s durch einen Ferman des Sultans unter Gewährung verschiedener Gerechtsame im ruhigen Besitz ihrer Stadt blieben, u. von deren Vermischung mit eingewanderten Franken noch heute die Peroten (wie sich die Bewohner von Pera nennen) ihre Abkunft herleiten, ist noch jetzt von allen Seiten mit der alten genuesischen Mauer mit Zinnen u. vorspringenden viereckigen Thürmen, zum Theil noch mit Gräben, umschlossen u. hat 12 Thore; der Umfang beträgt gegen 4000 Schritte; das Innere ist durch 3 von der Landseite nach dem Meere divergirend zulaufende Mauern mit Thürmen in 4 Abschnitte getheilt, von denen der die Mitte der Stadt einnehmende Theil offenbar für die letzte Vertheidigung bestimmt war u. noch jetzt an seinem oberen Ende mit einem, 1348 von den Genuesern errichteten, 140 Fuß hohen, dicken, cylindrischen Thurme versehen ist. Dieser Thurm, von dem man eine herrliche Aussicht auf C. u. die ganze Umgegend genießt, dient bei Feuersbrünsten, correspondirend mit dem jenseitigen Seraskerthurme, zur Aussteckung der Feuersignale u. ist auch mit einer Uhr versehen, welche die türkischen Stunden angibt. Galata ist der Hauptsitz des Handels von C., daher finden sich hier zahllose Waarenlager, Verkaufsläden, Comtoire, die Börse, die Seemauth, u. in den engen, krummen Gassen, namentlich in den unteren Theilen der Stadt, herrscht fortwährend ein außerordentliches Gedränge von Menschen aller Stände u. Nationen. Hier ist auch der Haupttummelplatz der Matrosen u. alles Gesindels von C., daher finden sich hier viele Tavernen, Locanden, Bordelle u. Schenken aller Art. In Galata finden sich mehrere katholische Kirchen u. Klöster (von letzteren S. Benedetto das wichtigste), das Bethaus der schottischen Mission, in welchem der Gottesdienst in deutscher u. englischer Sprache gehalten wird u. mit welchem eine Schule für Judenkinder verbunden ist, die zu Christen erzogen werden sollen. Hier ferner die österreichische Marinekanzlei nebst Hospital u. ein zu gleichem Zwecke von der englischen Regierung errichtetes Institut. Dann sind auch noch mehrere Moscheen vorhanden, von denen die der Valide Mustafa's II., Ende des 17. Jahrhunderts aus einer abgebrannten Kirche aufgebaut, die größte u. schönste ist; doch wird Galata größtentheils von Griechen, Franken u. Levantinern bewohnt. l) Top-hana (d. i. Kanonenniederlage), bes. wichtig wegen der dortigen Artilleriewerkstätten, welche den besten europäischen an die Seite gestellt werden können. Hier die Stückgießerei, das Bohrhaus, wo die Geschütze mittelst Dampfkraft gebohrt, abgedreht u. ciselirt werden; dann die Schmieden, einschließlich einer Achsenschmiede, die Werkstätten der Tischler, Drechsler, Radmacher, Schneide- u. Hobelmaschinen etc., Alles durch Dampfkraft betrieben, so daß nur die Pferdebeschirrung, verschiedene Munitionsmaterialien u. dergl. durch Handarbeit hergestellt zu werden brauchen. Zwischen dem Bohrhause u. den übrigen Werkstätten befindet sich ein geräumiger Platz am Meeresufer, auf welchem, hart an letzterem, ältere u. neuere Geschütze aufgestellt sind u. sich überhaupt noch Vorräthe von Geschützen, Geschossen u. Fahrzeugen befinden. Außerdem steht an diesem Platze ein kleines Palais des Sultans u. gegenüber eine Artilleriekaserne. Unter den Moscheen zeichnet sich die an dem vorgenannten Platze befindliche Kylydsch-Ali-Paschas u. die auf der Anhöhe liegende Dschihangir-Dschami aus. An dem Platze von Tophana befindet sich auch die Fontaine Sultan Mahmuds I., die schönste in ganz C.; auch Pfeifenkopffabriken gibt es hier. m) Fyndykly, wie Tophana fast ausschließlich von Türken bewohnt, bietet keine besonderen Merkwürdigkeiten dar, doch ist am Ende dieser Vorstadt auf der Scheide von Dolmabaghdsche eine neue, schöne Moschee erbaut. n) Skutari (türkisch Usküdar), das alte Chrysopolis, hat in der Länge wie in der Breite etwa 1/4 Meile Ausdehnung, ist größentheils von Türken bewohnt u. Sitz eines Molla; ist der Knotenpunkt für den Handel u. die Posten nach allen Richtungen von Kleinasien, daher hier viele Chane u. Niederlagen für die mit den Karawanen ankommenden Güter, sowie ein türkisches Hauptpostamt; treibt Handel u. Gewerbe in Seide, Baumwolle, Leder etc. Unter den Moscheen ist die älteste die Suleimanieh, erbaut von der Tochter Suleimans Mihrmah; außerdem noch 12 kaiserliche u. eine Zahl anderer Moscheen, deren meiste mit Medresses u. Armenküchen versehen sind. Unter den türkischen Klöstern sind bes. das der Derwische Rufai u. das Kloster der Aussätzigen zu bemerken. Ein kaiserliches Palais ist nahe dem Hauptlandungsplatze, dicht am Ufer. Außerdem sind bemerkenswerth: die große Gardekaserne am Südende von Skutari, der Kißkulassi (Mädchenthurm), 250 Schritte vom Meere erbaut, u. der große, im S. liegende, an 2000 Schritte lange, 1500 Schritte breite Cypressenhain, als allgemeiner türkischer Begräbnißplatz von Skutari. Der Begräbnißplatz der Griechen u. der für die Juden liegen auf der Ostseite von Skutari.

C) Ortschaften des Bosporus (s.d.): Aa) Europäische Seite: a) Dolmabaghdsche; hier am Ufer der neue, reizende Palast des Großherrn, der schönste dieser Art in ganz C. In der Nähe die ehemalige Gewehrfabrik u. auf der Höhe die ehemalige Militärvorbereitungsschule Matschka; außerdem eine Cavalleriekaserne. b) Beschiktasch (d. i. Wiegenstein), bildet gleichsam die Verbindung zwischen dem vorgenannten Palast u. dem von Tschiragan, dem gewöhnlichen Aufenthalt des Sultans; auf den hinterliegenden Höhen die kaiserlichen Gärten, zudenen aus dem obern Stockwerke des Palastes überdeckte Gänge führen. Beide Paläste mit ihren Umgebungen werden des Abends mit Gas erleuchtet. [392] Hier auch eine neue kaiserliche Moschee. c) Ortakjöi, am Bosporus u. in einer Thalschlucht gelegen, meist von Juden u. Griechen bewohnt, enthält mehrere schöne Privatgebäude; außerdem hier auf dem Difterdarburnu (einem Vorsprung) das Saliha-Sultan-Serai, u. weiter nach dem folgenden zu Esma-Sultan-Serai, zwei Palais für Sultaninnen. d) Kurutscheschme mit Kirche; e) Arnautkjöi, meist von Christen u. Juden bewohnt, hat eine Infanteriekaserne. Hier an einem Ufervorsprung Akyndy-Burnu (Stromvorgebirg) eine heftige Strömung der Meerenge. f) Bebek (Puppe) an einer Einbiegung des Bosporus u. in einem Thale gelegen, mit einem Köschk des Sultans u. einer französischen Erziehungsanstalt. g) Rumili-Hissar (Schloß von Rumelien) mit Rumilikjöi, hat seinen Namen von dem noch vorhandenen von Mohammed II. kurz vor der Eroberung C-s erbauten festen Schlosse mit 5 Thürmen, gegenüber dem auf der asiatischen Seite liegenden festen Schlosse Anadoli-Hissar. Auf der Höhe dahinter ein Hain mit herrlicher Aussicht nach beiden Seiten des Bosporus. Hier auch eine heftige Strömung der Meerenge Scheitan-Akyndy (Teufelsströmung) an dem Vorsprung Scheitanburnu. h) Balta-Liman mit Bajadschi-Mahalle Färberplatz) am Eingange eines geräumigen Thales; zwischen diesem u. i) Emirgon auf der rückwärts liegenden Höhe ein Kastanienwald. k) Stenia an einem vortrefflichen Hafen des Bosporus u. dem Eingange eines geräumigen Thales; hier fielen im Alterthume viele Seeschlachten vor. l) Jenikjöi, m) Kjöibaschi, u. n) Kalender ohne besondere Merkwürdigkeiten. o) Therapia an einer schönen als Hafen benutzten Bucht; wegen seiner anmuthigen Lage Sommeraufenthalt mehrerer Gesandten u. anderer vornehmer Familien; Sitz eines griechischen Bischofs. p) Kefelikjöi am Eingange des Thales von q) Bujukdere; hier die Sieben Brüder, 7 uralte Platanen, bei denen angeblich Gottfried von Bouillon gelagert haben soll; hier auch eine kleine, Achmed-Fethi-Pascha gehörige, zum Transport von Ziegeln bestimmte Eisenbahn. Bujukdere selbst ist Sommeraufenthalt der meisten Gesandtschaften u. Ziel vieler Spazierfahrten. r) Sarijeri; hier an dem Bache Kestanessu eine der vortrefflichsten Quellen von ganz C. s) Jenimahalle; t) Rumelikawak; hier die Ruinen eines alten byzantinischen Schlosses; u) Böjüklimanan einer geräumigen Bucht; v) Karibdsche mit einem alten Thurm auf der Höhe dahinter; w) Fanaraki od. Fenerkjöi am Eingange des Bosporus vom Schwarzen Meere her, mit Leuchtthurm. Hier im Meere die Kyanen od. Symplegaden (s.d.), Felseninseln, mit der sogenannten Pompejussäule. Bb) Asiatische Seite. An der Mündung des Bosporus liegt a) Anadolifener mit Leuchtthurm; weiter b) Poiras-Kalessi, c) Filburnu, d) Anadolikawak, gegenüber von Rumelikawak, mit einem noch ziemlich gut erhaltenen genuesischen Schlosse. e) Madschjar-Kale, dabei der Juschadagh (Josuaberg) mit einem Riesengrab, welches die Türken für das Grab des Josua halten u. welches von Derwischen bewacht wird, die hier ein Kloster haben, sonst das Bett des Herkules genannt; außerdem hier ein Köschk. An der Südwestseite des Berges Kalksteinbrüche u. Brennereien: dabei das zerstreute Dorf Umurkjöi. f) Hunkjar-Iskellesi mit Jalikjöi am Eingange eines anmuthigen Thales mit einem verfallenen Palais, wo der berühmte Vertrag vom 8. Juli 1833 unterzeichnet wurde. Außerdem hier der Kiathaneköschk, von Marmor aufgeführt, früher Papierfabrik; ferner eine kaiserliche Gerberei, Tabaksniederlage u. Kaserne. g) Beykos (s.d.); h) Indschirkjöi (Feigendorf) mit kaiserlicher Porzellan- u. Glasfabrik; i) Tschibykly, an einer fischreichen Bai; k) Kanlidsche; l) Körfaß; m) Anadoli-Hissar (Schloß von Anatolien), gegenüber von Rumili-Hissar u. am Eingange des Thales der asiatischen süßen Wasser, von dem hier mündenden Flüßchen Gökßu (Himmelswasser) so genannt. Das Schloß selbst, wonach dieser Ort benannt ist, wurde von Mohammed II. gebaut u. später als Staatsgefängniß berüchtigt. Das anmuthige Thal ist oft das Ziel von Spazierfahrten; hier ein großherrlicher Köschk. n) Kandili, auf einem Vorgebirge in prächtiger Lage mit herrlicher Aussicht über den Bosporus bis zu beiden Meeren; hier ein kaiserlicher Palast. o) Wanikjöi; nahe dabei in einer Schlucht am Meere eine große Kaserne. p) Tschengellikjöi, mit kaiserlichem Garten; q) Begler-Bey, mit kaiserlichem Sommerpalast u. schönen Gärten; r) Stawros, u. endlich s) Kusghundschik, welches sich am Ufer entlang bis nach Skutari hinzieht.

D) Ortschaften der Umgegend. a) Auf der Seite der Altstadt. Am Meere gelegen, 1/2 Stunde von C. Seytinburnu mit kaiserlicher Eisengießerei, 1/2 Meile von C. das Dorf Makrikjöi, 1/4 Stunde weiter die kaiserliche Pulverfabrik (Baruthane), vom Sultan Selim III. erbaut, u. noch um 4 Meilen weiter das griechische Dorf S. Stefano mit Seebädern. Nördlich von Makrikjöi die Dörfer Indschirkjöi, Vidos, Litros u. Kütschük-Kjöi. In zweiter Linie hinter denselben die beiden großen Kasernen Daud-Pascha (dabei ein Köschk des Großherrn) u. Ramis-Tschiftelyk, so wie das große Militär-Lazareth Maltepe. b) Auf der Seite von Pera. Im Thale des Cydaris Alibeykjöi mit kaiserlichem Lustschloß; in dem Thale des Barbyses (Thal der süßen Wasser) Kiahathane. In diesem schönen, mit Bäumen bepflanzten Thale finden sich 2 kaiserliche Köschke mit Gartenanlagen, u. an dem obern derselben rauscht der Barbyses über zwei von weißem Marmor erbaute Wehren. Freitags ist das Thal der Sammelplatz der vornehmen Türken, während dasselbe an Sonntagen meist nur von Franken besucht wird. Musicirende u. singende Zigeuner haben hier fortwährend ihren Aufenthalt. Jährlich im Mai werden die Pferde des kaiserlichen Marstalls u. die der vornehmen Paschas auf 4 Wochen mit Musik (größtentheils mit Dudelsäcken) nach den dortigen schönen Wiesen auf die Weide gebracht u. von Bulgaren gehütet, wofür diese die Erlaubniß erhalten, mit ihren Dudelsäcken u. Tänzen eben so lange zu betteln. c) Auf der Seite von Skutari. Östlich davon Bulgurlukjöi mit einem Palais der Sultanin Walide; nahe dabei der Scheitel des Bulgurluberges, von dem aus man die reizendste Aussicht über den Bosporus, ganz C., das Marmarameer samt den Prinzeninseln u. die ganze landeinwärts liegende Gegend genießt. Hier zugleich eine der ausgezeichnetsten Quellen von ganz C. Südwestlich davon unweit einer Bucht Haiderpascha mit einem kaiserlichen Palais u. Gartenanlagen. Kadikjöi, auf der Stelle des alten [393] Chalcedon, mit Sommerwohnungen reicher Griechen; Seebäder. Die Südspitze des Vorgebirges, auf welchem Kadikjöi liegt, u. von wo aus man eine herrliche Aussicht auf C. u. das Meer hat, heißt Modaburnu (Möhürdarburnu). Die zwischen demselben u. dem noch weiter südöstlich liegenden Vorsprung Fenerbaghdsche (hier ein Leuchtthurm) eingeschlossene Bucht, in welche das Flüßchen Kurbaghyßu (Froschwasser) einmündet, ist der frühere Hafen des Eutropius. Endlich sind hierher zu rechnen d) die Prinzeninseln im Marmarameere, die früher als Verbannungsort entthronter Kaiser u. Kaiserinnen, geblendeter Fürsten, Minister u. Feldherren u. anderer Opfer der Grausamkeit dienten; jetzt Vergnügungsörter mit Sommerwohnungen u. Seebädern. Es sind deren 9: Prote mit den Ruinen des Klosters, in welchem der entthronte u. geblendete Kaiser Romanus Diogenes sein Leben endete; Antigone mit Ruinen eines alten Schlosses u. eines Klosters; Chalki, die anmuthigste der ganzen Inselgruppe, mit 3 Klöstern; Plate, Oxeia, Pyti, Antirobidos, Niandro; letztere beide bloße Felsen; Prinkipo, die größte von allen, von Chalki durch eine schmale Meerenge getrennt, etwa 3 Meilen lang, mit 3 Klöstern u. dem großen Dorfe Prinkipo, dem Hauptsammelplatz für gesellige Freuden, bes. im Frühling. Hier lebte die verbannte Kaiserin Irene, die Kaiserin Zoe, so wie die Kaiserin Anna mit allen ihren Töchtern im Kloster.

E) Das Terrain um C. samt den Vorstädten besteht nur aus einer Verbindung von Höhen mit den dazwischen liegenden Thälern nebst zahllosen Schluchten. Diese Höhen haben mit wenigen Ausnahmen, bes. im Norden, sämmtlich eine convexe Form, so daß man weder von oben deren Fuß, noch von unten ihren Scheitel sehen kann. In den Thälern fließen im Winter Bäche, die aber im Frühjahre vertrocknen; nur in einigen größern Thälern halten sich die Gewässer auch im Sommer. Von diesen größeren Thälern sind die beiden oben genannten, des Cydaris u. Barbyses, die wichtigsten. Beide Flüsse vereinigen sich bei dem Dorfe Boharijikjöi u. den dortigen Ziegeleien u. fließen dann in das Goldene Horn. Über letzteres führen jetzt 3 Brücken; die alte (1839 eröffnet) zwischen dem nördlichen Theile von Galata u. dem gegenüber liegenden Un-Kapu; die neue zwischen dem südlichen Theile von Galata u. dem Balykbazar-Kapu, die neueste (1854 eröffnet) zwischen Haßkjöi u. der nördlichen Spitze von C. (Blachernen). Für die Passage über letztere beide wird Brückengeld gezahlt. Ein anderes ausgedehntes gabelförmiges Thal liegt im Westen von C. vor dem Dorfe Makrikjöi u. zieht sich vom Meere nach Norden. Auf der asiatischen Seite zeichnen sich bes. das oben genannte Doppelthal der süßen Wasser mit dem großen u. kleinen Gökßu, das Gabelthal von Hunkiar-Skelessi u. im Süden von Skutari das Thal von Haider-Pascha, u. östlich von Kadikjöi das Thal Kurbaghydere (Froschthal) mit dem Flüßchen Kurbaghyssu (Chalcedon) aus.

F) Die Umgegend von C. ist meist öde u. baumlos; nur in einzelnen Thälern werden Bäume u. Gärten angetroffen; doch sind die Ufer des Bosporus bewachsen u. auf den Begräbnißplätzen der Türken finden sich Cypressenhaine. Die wichtigsten von letzteren liegen vor den Thoren der Altstadt. Auf dieser Seite ist auch zum Theil gut bebautes Gartenland; dagegen bilden die Felder außerhalb Pera eine kahle Fläche, u. erst in weiterer Ferne trifft man auf bebautes Ackerland. Der nächste Wald ist der von Belgrad u. Baghdschekjöi auf dem Ausläufer des Strandscheagebirges, 2 Meilen von Pera entfernt. Der einzige Spaziergang, den C. od. eigentlich Pera darbietet, ist der große armenische Begräbnißplatz im sogenannten Großen Campo; dort finden sich wenigstens Bäume u. dabei ein Kaffeegarten mit herrlicher Aussicht über den Bosporus. Sonst sind aber alle Promenaden ins Freie nach den höher liegenden Punkten, wegen der zauberischen Fernsichten, die man überall findet, höchst belohnend; die vorzüglichsten derselben sind schon oben angegeben. Eine Befestigung im Geiste der neuern Kriegführung wurde schon von Napoleon I. als nothwendig anerkannt; zwar wurde 1849 durch die Gründung eines Forts auf dem Okmeidan mit der Ausführung eines umfassenden Befestigungsplanes der Anfang gemacht, aber nach mehr als zweijähriger Arbeit wurde der Bau durch den nöthiger erscheinenden von Silistria unterbrochen, u. so hat C. bis jetzt außer jenem unvollendeten Fort u. den Batterien im Bosporus (s.d.), welche jedoch nur zur Beherrschung der Wasserstraße bestimmt sind, keine neuere Befestigung. Dagegen ist C. an der Landseite noch mit den alten dreifachen Mauern nebst Thürmen u. Gräben, u. dem alten Castell der sieben Thürme (Cyklopion) versehen, welche, obwohl schadhaft, dennoch bei erfolgendem Angriff vertheidigungsfähig sein würden, wenn man die zur Vertheidigung nothwendigen Vorrichtungen anbrächte. Auch die Wasserseiten von C., so wie Galata, sind mit den ebenfalls aus alter Zeit herrührenden Mauern versehen.

G) Das Leben in C. für einen civilisirten Europäer. Wenn der Fremde mit dem Dampfschiffe ankommt (denn zu Lande reisen nur Einzelne, welche die Schwierigkeiten des Fortkommens, der Entbehrungen, ja selbst Fährlichkeiten nicht scheuen), suchen gewöhnlich Commissionäre aus den Hôtels od. Führer sich seiner zu bemächtigen. Er besteigt dann mit seinem Gepäck eine Barke od. einen Kaik, muß sich der Untersuchung seiner Effecten seitens der Douane unterwerfen u. zollpflichtige Gegenstände versteuern u. begibt sich dann nach erfolgter Landung zu Fuß nach einem Absteigequartier, während sein Gepäck durch Lastträger (Hamals) fortgeschafft wird. An einzelnen Landungsstellen sind auch Miethpferde zu haben; zu Wagen ist aber das Übersiedeln selten ausführbar. Wer nicht Handelsgeschäfte halber in den türkischen od. griechischen Stadttheilen logiren muß, wo sich überdies dazu wenig Gelegenheit darbietet u. der Aufenthalt auch unangenehm ist, begibt sich nach Pera od. Galata in einen Gasthof od. in eine Privatwohnung. Später beziehen Garçons gewöhnlich meublirte Zimmer, Familien aber, die hier bleiben wollen, miethen sich gewöhnlich ein Haus; einzelne unmeublirte Zimmer od. Etagen sind selten zu haben. Die Miethe für ein mittelmäßiges Holzhaus von etwa 6 Zimmern nebst Zubehör beträgt 6–8000 Piaster (3–400 Rthlr.). Nach demselben Verhältnisse theuer sind auch alle anderen Lebensbedürfnisse, namentlich Brod, Lebensmittel, Brennmaterial, Fußbekleidung, Möbel u. Bedienung. Etwaige Öfen muß man sich selbst besorgen, da die dortigen Häuser wegen der meist üblichen Heizung mit Kohlenbecken (Mangals) nicht damit versehen sind.[394] In Bezug auf Erhaltung der Gesundheit ist Mäßigkeit im Essen u. bes. im Weintrinken, so wie wegen des häufigen u. schnellen Temperaturwechsels Vorsicht in der Bekleidung nöthig. Wer des Abends ausgeht, hat sich mit einer Laterne zu versehen, da Straßenbeleuchtung nicht vorhanden (nur die kaiserlichen Paläste von Dolmabaghdsche u. Tschiragan mit ihren Umgebungen u. einige Straßen von Pera sind mit Gas erleuchtet) u. der Gebrauch der Laternen polizeiliche Vorschrift ist. Auf den Straßen spät allein zu gehen ist gefährlich, da häufig Beraubungen u. selbst Morde vorkommen. Wer nicht zu Fuße gehen will, kann Reitpferde od. Miethwagen haben; auf den Wasserstraßen (im Goldenen Horn u. Bosporus etc.) bedient man sich zum Fortkommen der Kaiks, schmaler, schnell fahrender, aber wegen des leichten Umschlagens sehr gefährlicher Fahrzeuge, in denen man zur Verminderung der Gefahr auf dem Boden sitzt, u. im Bosporus so wie nach Kadikjöi u. nach den Prinzeninseln besser der Dampfboote. Für Briefsendungen sind Posten vorhanden (für Deutschland die österreichische in Pera); auch sind Telegraphen eingerichtet, von denen eine Linie über Schumla nach Bukarest, von dort nach Wien u. Berlin u. eine andere nach Varna führt. Zu Vergnügungen bietet sich wenig Gelegenheit dar. Außer denen, die sich in Familienzirkeln erreichen lassen, hat man bes. die Italienische Oper, selten ein mittelmäßiges Concert, außer etwa im Palais de Fleurs; für die höhern Stände im Winter die Bälle u. Soireen bei den Gesandten, u. für den deutschen Mittelstand noch die beiden genannten Clubs. Dann gibt es auch noch fränkische Kaffeehäuser u. Conditoreien. Der Carneval im Winter ist fast nur für die unteren Volksklassen. Außerhalb der Stadt macht man Spaziergänge ins Freie, nach einigen in den nähern Thälern gelegenen Kaffeehäusern, od. Land- u. Wasserpartieen nach den oben angegegebenen entferntern interessanten Punkten der Umgegend. Vgl. Descriptio urbis Constantinopolis an der Notitia imperii; P. Gyllius, Topographia Constantinopoleos, im 6. Theile von Gronovs Thesaurus antiquitatum graec.; Comidas, Descrizione topograf. dello stato presente di Constantinopoli, Bassano 1794; Dallaway, Constantinople ancient and modern, Lond. 1794; Murhard, Gemälde von C., Penig 1804, 2 Bde.; v. Hammer, C. u. der Bosporos, Pesth 1822, 2 Bde.; Andreossy, Constantinople et le Bosphore, Par. 1828; Walsh, A residence at Const., Lond. 1835 (deutsch: C. u. seine Umgebungen, von A. Kaiser, Lpz. 1841); Wachenhusen, Von Widdin nach Stambul, Lpz. 1855.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 4. Altenburg 1858, S. 384-395.
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