Artikel in der Wikipedia: Halle (Saale)
Faksimile
751. Halle a. S.
751. Halle a. S.

[750⇒] Halle. 1) H. an der Saale, Stadtkreis und Kreisstadt im preuß. Reg.-Bez. Merseburg, (1900) mit Giebichenstein (Schloß, Bad Wittekind), Kröllwitz und Trotha 156.611 (1905: 169.640) E., Garnison, Land-, Amtsgericht, Oberbergamt, Oberpost-, königl. Eisenbahndirektion, Reichsbankstelle; erwuchs aus der eigentlichen Stadt und den Amtsstädten Glaucha und Neumarkt; Universität (seit 1693), Franckesche Stiftungen (s. Francke, A. H.), 2 Gymnasien, 2 Oberrealschulen, 2 höhere Mädchenschulen, Lehrerinnenseminar, Provinzialmuseum, Strafanstalt, Irrenanstalt (im Dorfe Nietleben), Solquelle, Salzwerk (im uralten Besitz der Pfännerschaft, Halloren, s.d.); Maschinen-, Weizenstärkefabriken, Zuckerraffinerie, Brauereien, Braunkohlengruben. H., zuerst 806 als Burg Halla erwähnt, kam 965 an das Erzbistum Magdeburg, im 13. und 14. Jahrh. als Mitglied der Hansa fast unabhängig, 1648 an Brandenburg, gehörte 1807-13 zum Königr. Westfalen, seitdem zu Preußen. – Vgl. von Hagen (1866-67), Hertzberg (1889-93; 1891; 1894; 1898). – 2) H. in Westfalen, Kreisstadt im preuß. Reg.-Bez. Minden, am Leibach, (1900) 1803 E., Amtsgericht. [⇐750]

Quelle: Brockhaus' Kleines Konversations-Lexikon, fünfte Auflage, Band 1. Leipzig 1911., S. 750.
Lizenz: Gemeinfrei
Faksimile
Faksimile
Faksimile

[656⇒] Halle, 1) (H. an der Saale, hierzu der Stadtplan mit Registerblatt), Stadt (Stadtkreis) im preuß. Regbez. Merseburg, am Bahnhof 110, Marktplatz 75 m ü. M., liegt an der Saale, die hier zahlreiche Arme bildet, und besteht aus der eigentlichen oder alten Stadt am rechten Saalufer mit fünf Vorstädten und den zwei ehemaligen Nebenstädten Glaucha im S. und Neumarkt im N. Neue Stadtteile, besonders im S., SO., O. und N., sind seit einigen Jahrzehnten entstanden und von dem alten Kern der Stadt durch Anlagen und Promenaden geschieden.

Wappen von Halle an der Saale.
Wappen von Halle an der Saale.

Das Zentrum der eigentlichen Stadt bildet der imposante Marktplatz, den an der Südostseite das altertümliche, 1883 renovierte Rathaus, an der Südseite das neu erbaute Ratskellergebäude, an der Westseite die große Marienkirche mit zwei durch eine Brücke verbundenen Kuppeltürmen und reichen Netzgewölben (1529–54 mit teilweiser Benutzung einer ältern Kirche erbaut) schmücken, während in der Mitte sich der 84 m hohe Rote Turm (davor eine Rolandstatue), der Siegesbrunnen und das 1859 errichtete Erzbild Händels (von Heidel modelliert) befinden. Im W. vom Markt liegt die Halle oder das Tal, wo sich die Salinen befanden (s. unten). Weiter südlich steht die gotische St. Moritzkirche (aus dem 12. Jahrh.), mit trefflichen Holzschnitzwerken und Skulpturen. Der Dom, nordwestlich vom Markt, erst im 16. Jahrh. vom Kardinal Albrecht ausgeführt, befindet sich seit 1689 im Besitz der reformierten Gemeinde. Im ganzen zählt H. elf Kirchen (darunter zwei katholische) und eine Synagoge. Sonstige sehenswerte Gebäude sind: die 1484–1518 erbaute Moritzburg, früher Zitadelle und Residenz der Erzbischöfe von Magdeburg, im Dreißigjährigen Kriege durch Brand zerstört, gegenwärtig teilweise noch zu militärischen Zwecken dienend, im ganzen aber eine großartige Ruine, an der Nordwestecke der Stadt; ferner die Residenz mit verschiedenen Sammlungen, das Universitätsgebäude (von 1834) im NO. der Stadt, das Provinzialgefängnis, das Gebäude des Stadtgymnasiums, die Diakonissenanstalt, das Martinsstift, die Gebäude der Oberpostdirektion, des Landgerichts und des Oberbergamts, die Neubauten der Universität, besonders die medizinischen Institute, die einen vollständigen, mit Parkanlagen geschmückten Stadtteil bilden (Anatomie, pathologisches und physiologisches Institut, chirurgische, medizinische, gynäkologische, Augen- und Ohrenklinik etc.), die Universitätsbibliothek, die Lehr- und Verwaltungsgebäude des landwirtschaftlichen Instituts, die Versuchsstation des Landwirtschaftlichen Zentralvereins der Provinz Sachsen, das neue Justizgebäude, der Schlacht- und Viehhof (s. Tafel »Schlacht- und Viehhöfe III«, Fig. 10), das Theater (vgl. Staude, Das Stadttheater zu H., 1886). Von Denkmälern sind zu nennen: das Reiterstandbild Kaiser Wilhelms I. (entworfen von Bruno Schmitz), das Kriegerdenkmal und die Denkmäler des Chirurgen v. Volkmann und des Komponisten Robert Franz. Die Zahl der Einwohner beträgt nach Eingemeindung anliegender Orte, besonders von dem mit H. längst schon zusammenhängenden Giebichenstein, (1900) mit der Garnison (2 Bat. Infanterie Nr. 36 und ein Feldartillerieregiment Nr. 75) 156,609 Seelen, davon 147,713 Evangelische, 6816 Katholiken und 1258 Juden. Die Industrie der Stadt ist bedeutend; am ältesten sind die Salzgewinnung, Bierbrauerei und Weizenstärkefabrikation. Die Salzwerke Halles, eins im »Tal« oder in der »Halle«, das andre außerhalb der Stadt auf einer Saalinsel, von denen jenes im uralten Besitz der Pfännerschaft von den Halloren (s. d.) bearbeitet wurde, sind jetzt vereinigt und liefern jährlich gegen 8500 Ton. Siedesalz. Die Sole im Tal ist so stark, daß sie das Gradieren entbehrlich macht. Das damit verbundene Solbad wurde von Reil gegründet. Am reichsten an festen Bestandteilen sind der deutsche und der Gutjahrbrunnen, die, in dee sogen. Halle belegen, durch einen langen Rohrstrang ihre Sole nach dem 1868 durch Vertrag in das Eigentum der Pfännerschaft übergegangenen, bisher königlichen Siedewerk abgeben, während der Betrieb in der Halle selbst gänzlich eingestellt ist. Außer der Sole ist noch eine erdig-salinische Eisenquelle vorhanden. Außerdem hat H. eine Zuckerraffinerie, zahlreiche Maschinenfabriken, Metallbearbeitungsanstalten, Fabriken für Sprit, Malz, Schokolade, Kakao, Zement, Papier- und Luffawaren, Zichorie, Mineralöl, [⇐656] [657⇒] Wagenschmiere, Maschinenöl, Kutschen, Honigkuchen, Zuckerwaren und Spielkarten; ferner Färberei, Buchdruckerei und Bergbau auf Braunkohlen. Entsprechend der Industrie, ist auch der Handel bedeutend. Unterstützt wird derselbe durch eine Handelskammer, mehrere öffentliche Bankanstalten sowie durch eine Reichsbankstelle (Umsatz 1903: 1767 Mill. Mk.). Hervorragend ist die Ausfuhr, besonders von Maschinen nach überseeischen Ländern und von Rohzucker, Mineralöl und Paraffin. Einen bedeutenden Handelsartikel bilden auch Baumaterialien, Mühlenfabrikate und Getreide (Saalgerste). Für den Buchhandel sind eine große Zahl von Firmen tätig, darunter viele Verlagsgeschäfte; die v. Casteinsche Bibelanstalt ist Zentralrevisionsstelle der Lutherbibel und hat einen jährlichen Umsatz von 50–60,000 Exemplaren. H. ist Knotenpunkt der Staatsbahnlinien Berlin-Weißenfels, Leipzig-H., H.-Blankenheim, H.-Kottbus, H.-Wittenberge und H.-Zellerfeld sowie der Kleinbahn H.-Hettstedt und der elektrischen Bahn H.-Merseburg. Den Verkehr in der Stadt vermitteln zwei elektrische Straßenbahnen. Eine neue Verkehrsader ist seit 1884 durch Ausdehnung der Kettenschiffahrt auf der Saale bis H. eröffnet. Die Zahl der Bildungsanstalten ist groß. Die Universität zählte im Sommersemester 1904: 145 Dozenten und 1780 Studierende (dazu 135 Hörer und 25 Hörerinnen). Die Bibliothek enthält über 178,000 Bände und gegen 800 Handschriften; ebenfalls reich ausgestattet sind das archäologische Institut und andre Institute. Die Franckeschen Stiftungen (s. Francke 1) zählen nicht weniger als acht verschiedene Schulen, darunter eine Lateinschule (Gymnasium), eine Oberrealschule, höhere Töchterschule mit Lehrerinnenseminar etc. Außerdem befinden sich in H. ein städtisches Gymnasium, eine Oberrealschule, Taubstummenanstalt, Blindenanstalt, Diakonissenanstalt, Provinzialmuseum, eine Sammlung für Kunst und Kunstgewerbe, Vereine für Wissenschaft und künstlerische Zwecke, die historische Kommission für die Provinz Sachsen, ein Zoologischer Garten, Provinzialgefängnis, Irrenanstalt (in dem 2 km von der Stadt gelegenen Nietleben) etc. H. ist Sitz eines Landgerichts, eines Oberberg- und eines Hauptsteueramtes, einer Eisenbahn- und einer Oberpostdirektion, der Landschaft der Provinz Sachsen, einer Landwirtschaftskammer, des Landratsamtes für den Saalkreis sowie des Stabes der 8. Division, der 8. Kavallerie-, der 15. Infanterie- und der 8. Feldartilleriebrigade. Die städtischen Behörden zählen 17 Magistratsmitglieder und 54 Stadtverordnete. Zum Landgerichtsbezirk H. gehören die 18 Amtsgerichte zu: Alsleben, Bitterfeld, Delitzsch, Eisleben, Ermsleben, Gerbstedt, Gräfenhainichen, H., Hettstedt, Könnern, Lauchstädt, Löbejün, Mansfeld, Merseburg, Schkeuditz, Wettin, Wippra und Zörbig. Die Umgegend von H. bietet nur im N. Interesse, wo sich an den Ufern der Saale hohe, steil abfallende Porphyrhügel erheben und z. T. recht schöne Landschaftsbilder zeigen. In einem Seitental, dicht beim Stadtteil Giebichenstein, liegt das Solbad Wittekind, gegenüber, am linken Saalufer, das jetzt eingemeindete Dorf Kröllwitz mit der vielbesuchten Bergschenke, weiter abwärts das ebenfalls zu H. gehörige Dorf Trotha. Auch bieten die unmittelbar an H. sich anschließenden Saalinseln: Peißnitz (Nachtigalleninsel) und die Rabeninsel, reizende Spaziergänge. Beliebtes Ziel eines weitern Ausflugs ist der Petersberg (s. d.).

Geschichte. Die Hallischen Salzquellen waren schon in ältester Zeit bekannt, und infolge davon entstand in H. wohl schon früh ein wichtiger Handelsplatz, der auch eine Burg besaß. Doch wird H. urkundlich nicht vor 1064 erwähnt, und seine zusammenhängende Geschichte beginnt erst 1116 mit der Gründung des Klosters Neuwerk. Die städtische Aristokratie der Salzjunker oder Pfänner, die sich aus dem Betrieb der Salzwerke bildete, mußte aus Rücksicht auf den Territorialherrn, den Erzbischof von Magdeburg, auf dessen Kosten sie ihre Macht erweiterte, der Gemeinde Zugeständnisse machen und den Kompromiß von 1427 schließen. Durch die neue Talordnung von 1475 wurde die Gewalt des alten Pfännertums gebrochen, und 1478 eroberte der Erzbischof von Magdeburg, Ernst von Sachsen, die Stadt und erbaute seit 1484 die Moritzburg, die aber im Dreißigjährigen Kriege wieder zerstört wurde. Unter den Augen Albrechts V., Erzbischofs von Mainz und Magdeburg, der hier residierte, ward die Reformation in H. eingeführt und 1541 als erster lutherischer Superintendent Justus Jonas berufen. Der Erzbischof Albrecht verlegte seine Residenz von H. weg und löste das Domstift auf. Nach der Schlacht bei Mühlberg unterwarf sich hier 19. Juni 1547 im Residenzschloß des Erzbischofs der Landgraf Philipp von Hessen dem Kaiser. Nach dem Siege der Reformation kam die Stadt unter die Herrschaft der hohenzollernschen Administratoren von Magdeburg, die in H. ihre Residenz aufschlugen. Während des Dreißigjährigen Krieges fiel H. 1635 an das Haus Sachsen. Durch den Westfälischen Frieden wurde es dagegen dem Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg zugeteilt; indes kam es erst 1680 tatsächlich in brandenburgischen Besitz. Am 12. Juli 1694 eröffnete Kurfürst Friedrich III. die Universität. Hier siegten 17. Okt. 1806 die Franzosen unter Bernadotte über die Preußen unter Prinz Eugen von Württemberg; im Frieden von Tilsit ward H. dem Königreich Westfalen einverleibt. Im April 1813 von den Preußen unter Kleist besetzt, mußte es trotz des erfolgreichen Gefechts bei Merseburg (29. April) den vordringenden Franzosen überlassen werden. Vor der Leipziger Schlacht erhielt H. eine starke preußische Besatzung und ist seitdem im Besitz Preußens geblieben. Vgl. Dreyhaupt, Ausführliche Beschreibung des Saalkreises (Halle 1755, 2 Bde.), im Auszug von Stiebritz (das. 1771–73, 2 Bde.), fortgesetzt von Eckstein u. d. T. »Chronik der Stadt H.« (das. 1842–44); v. Hagen, Die Stadt H. historisch-topographisch-statistisch dargestellt (das. 1866–67, 2 Bde.; mit 5 Ergänzungsheften 1868–80); Staude, Hüllmann und v. Fritsch, Die Stadt H. im J. 1891. Festschrift zur Naturforscherversammlung (das. 1891); Genzmer und Förtsch, Führer durch H. und seine staatlichen und städtischen Einrichtungen (neue Aufl., das. 1904); Hertzberg, Geschichte der Stadt H. (das. 1889–92, 3 Bde.); Schönermark, Die Stadt H. (»Beschreibende Darstellung der ältern Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Sachsen«, neue Folge, 1. Bd., das. 1884–88); Kawerau, Kulturbilder aus dem Zeitalter der Aufklärung, Bd. 2: Aus Halles Literaturleben (das. 1888); Schrader, Geschichte der Friedrichs-Universität zu H. (Berl. 1894, 2 Tle.); König, Geschichte der Studentenschaften auf der Universität H. (Halle 1894); Stein (Nietschmann), Die Stadt H. in Bildern aus ihrer geschichtlichen Vergangenheit (das. 1901); Allendorf, Das Finanzwesen der Stadt H. (Jena 1903).

2) H. in Westfalen, Kreisstadt im preuß. Regbez. Minden, am Teutoburger Wald und an der Staatsbahnlinie Brackwede-Osnabrück, hat eine evang. [⇐657][658⇒] Kirche, höhere Knabenschule, Amtsgericht, Elektrizitätswerk, Fabrikation von Tabak und Zigarren, Branntweinbrennerei, Bindfaden- und Fleischwarenfabrikation, Gerberei, Lumpensortiererei, Kalkbrennerei und (1900) 1803 meist evang. Einwohner. Der Ort, der zur Grafschaft Ravensberg gehörte und 1614 an die Hohenzollern kam, erhielt erst 1719 Stadtrechte.

3) Stadt in Belgien, s. Hal. [⇐658]

Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 8. Leipzig 1907, S. 656-658.
Lizenz: Gemeinfrei
Faksimile
Faksimile
Faksimile

[877⇒] Halle, 1) (H. an der Saale), Immediatstadt des Regierungsbezirks Merseburg, unter einem aus Oberbürgermeister u. zehn Stadträthen bestehenden Magistrate, aus den drei, bis zum Jahre 1817 ganz abgesonderten Städten H., Glauchau u. Neumarkt bestehend, Sitz einer Universität, eines Oberbergamts für die niedersächsisch-thüringischen Provinzen, eines Oberpostamts, Schöppenstuhls, Kreisgerichts, Inquisitoriats für H., den Saalkreis u. einen Theil des Mansfelder Seekreises, eines Hauptsteueramts, einer Handelskammer, einer königlichen Bank-Commandite, königlichen Telegraphenstation etc. H. hat mehre schöne Plätze (Markt, Großer Berlin, Paradeplatz, Moritzkirchhof, Domplatz u.a.), aus den ehemaligen Stadtgräben ist eine Promenade gebildet. Kirchen hat H. neun (darunter eine katholische); unter ihnen sind die Marien- (Markt-) kirche, im 16. Jahrh. gebaut, mit vier Thürmen, von denen zwei (Hausmannsthürme) unter der Haube durch einen Gang verbunden sind (neben ihr steht die dazu gehörige, 1560 gestiftete Marienbibliothek mit ca. 17,000 Bänden, einigen werthvollen Manuscripten u. einer Todtenmaske von Luther); die Moritzkirche, schon im 12. Jahrh. begonnen, 1840 u. 1841 restaurirt; die Ulrichskirche, ursprünglich die Klosterkirche der Servitenmönche, die Domkirche, gleich der vorigen aus dem Anfange des 16. Jahrh. herrührend, aber unvollendet; Moritzburg, ehemaliger Sitz der Erzbischöfe, nachherigen Administratoren von Magdeburg, im Dreißigjährigen Kriege zerstört, jetzt eine schöne Ruine, das neue Universitätsgebäude (s. unt.), der Rothe Thurm auf dem Markte, am Fuße in neuerer Zeit mit gothischen Arcaden umbaut, in denen die Hauptwache ist, die Wasserkunst, welche das Wasser aus der Saale 90 Fuß hoch in einen kupfernen Behälter hebt u. von da aus den größten Theil der Stadt mit Wasser versorgt, die medicinische u. die chirurgische Klinik, die Residenz, in der sich mehrere Anstalten die geburtshülfliche Klinik) u. Sammlungen (die anatomische, die mineralogische der Universität u. die des Thüringisch-sächsischen Alterthumsvereins) befinden, die Salzwerke, die Gebäude der Franckeschen Stiftungen, der Packhof an der Saale, das Theater auf der Promenade. Unter den öffentlichen Anstalten nimmt die erste Stelle ein die Universität (seit 1815 Vereinte Halle-Wittenberger Friedrichs-Universität); sie ist 1694 von Friedrich I. statt der seit 1688 dort bestehenden Ritterakademie gestiftet u. genoß von Anfang an eines großen Rufs. 1806 wurde sie auf Befehl Napoleons, welcher den dort herrschenden vaterländischen Geist unter Professoren u. Studirenden fürchtete, aufgelöst, 1808 aber durch den König von Westfalen hergestellt. 1812 durch Napoleon aus denselben Gründen wie 1606 nochmals aufgelöst, wurde ihre Wiederherstellung durch Friedrich Wilhelm III. bald nach der Leipziger Schlacht angeordnet. Am 12. April 1815 wurde die vormalige Universität Wittenberg, deren Rehabilitirung wegen der stattgefundenen Belagerung Wittenbergs u. da diese Stadt Festung bleiben [⇐877][878⇒] sollte, nicht rathsam war, unter obigem Namen mit ihr vereint, u. die von dort verbleibenden Professoren nach ihrer Anciennetät nach H. versetzt, aber die nicht unbeträchtlichen Fonds zu Stipendien u. dgl. verwendet. Es hat Zeiten gegeben, wo die Zahl der Studirenden über 1200 betrug; jetzt sind deren 700 da. Mit der Universität verbunden sind theologische, pädagogische, juristische u. philologische Seminare, ein Seminar für Mathematik u. Naturwissenschaften, eine historische Gesellschaft, eine medicinische, eine chirurgische u. eine geburtshülfliche Klinik, deren jede abgesonderte Gebäude hat (s. ob.), ein anatomisches Theater, ein physikalisches Cabinet u. ein chemisches Laboratorium, physiologische u. pharmaceutische Institute, pharmakologische u. technologische Sammlungen, ein Botanischer Garten, in welchem sich die Sternwarte befindet, die Bibliothek von 80,000 Druck- u. ca. 215 Bänden Handschriften, gestiftet 1696. 1836 wurde das neue, an der Stelle des ehemaligen Theaters u. des alten lutherischen Gymnasiums erbaute Universitätsgebäude vollendet. Von wissenschaftlichen Anstalten sind außer denen der Universität noch zu bemerken: die Naturforschende Gesellschaft, der Naturwissenschaftliche Verein, der Thüringisch-sächsische Verein zu Erforschung vaterländischer Alterthümer, eine Polytechnische Gesellschaft, ein Landwirthschaftlicher Verein, ein Kunstverein, ein Stenographischer Verein (nach Stolze's System) u. außerdem viele andere industrielle od. wohlthätige od. künstlerische Zwecke fördernde Vereine, z.B. mehrere Liedertafeln, eine Singakademie, ein Handwerker-Bildungsverein, ein Jünglings-Verein, ein Verein zur Verhütung von Verbrechen u. zur Unterbringung entlassener Sträflinge, Frauenverein zur Unterstützung der Armen, zur Beaufsichtigung der Kleinkinderbewahranstalten, zur Erhaltung des Taubstummeninstituts, zur Hülfe für arme Wöchnerinnen, ein Missions-Hülfsverein, ein Verein zur Erbauung von Familienwohnungen, ein Bürger-Rettungs-Institut, eine Vorschußbank für Handwerker, eine Bürgerkrankenkasse, mehrere Sparkassen- u. Begräbnißkassen-Gesellschaften u. dgl. m. In der Vorstadt Glaucha sind die Franckeschen Stiftungen (seit 1698), bestehend aus dem Waisenhause (zwei über 800 Fuß langen, parallelen Flügeln), aus dem Pädagogium, der Lateinischen Hauptschule, mit der seit 1808 das städtische Gymnasium verbunden ist, der Realschule, höheren Töchter-, Bürger- u. anderen Schulen (in allen diesen Lehranstalten werden gegenwärtig täglich 3292 Schüler u. Schülerinnen von fast 150 Lehrern u. Lehrerinnen unterrichtet u. zum Theil erzogen), aus der von Cansteinschen Bibelanstalt (s. Canstein), mit Druckerei von mehreren Schnellpressen u. einer Stereotypengießerei u. aus einer Buchhandlung mit einer Buchdruckerei, nebst Apotheke mit Laboratorium u. für sich bestehenden Medicamenten-Expedition, einer Ostindischen-Missionsanstalt seit 1744, Kunst- u. Naturaliencabinet, Bibliothek etc. Alles dies gründete A. H. Francke (s.d.). Städtische Schulen sind die Gewerbschule, eine Knaben- u. Mädchenbürgerschule, eine Armen- u. drei Vorstadtschulen, eine Sonntagsschule, eine katholische u. eine jüdische Schule, so wie eine Dom-Töchterschule, eine höhere Töchterschule (Privatanstalt) u. eine Handlungs-Nachhülfe-Schule. H. ist Sitz eines adeligen Fräuleinstifts von 1 Äbtissin, 1 Seniorin u. 7 Canonissinnen, 1702 vom Kanzler von Jena gegründet, u. hat ferner das 1341 gestiftete Cyriacus-Hospital, verbunden mit dem Stadtkrankenhause, Taubstummenanstalt, drei Kinderbewahranstalten, eine evangelische Diakonissenanstalt u. die königliche Provinzial-Irrenheilanstalt, eröffnet im Jahre 1844, seit 1842 das neue Zucht- u. Arbeitshaus, nach dem amerikanischen Systeme. Sehr merkwürdig ist H. durch seine Salzwerke. Es gibt deren zwei, von denen das eine in dem niedrigsten Theile der Stadt, der sogen. Halle, nahe am Markte sich befindet u. der Pfännerschaft, einer besondern Gewerkschaft, gehört; während das andere außerhalb der Stadt, jenseit der Saale liegt u. königlich ist. Beide erzeugen jährlich gegen 3690 Last Salz. Sie versieden durchschnittlich jährlich 1,734,130 Kubikfuß Soole, die so stark ist, daß sie gar nicht gradirt zu werden braucht. An ihr sind die Halloren (s.d.) vorzugsweise beschäftigt. H. hat Fabriken, bes. Stärke, Nudeln, Gries, auch eine Zuckersiederei; ferner besitzt es außer den 2 Waisenhausbuchdruckereien noch 6 Buchdruckereien, 16 Buch- u. Kunsthandlungen, 3 lithographische Anstalten, 3 antiquarische Haudlungen, mehrere Leihbibliotheken etc. Der Handel hat sich in neuerer Zeit bedeutend gehoben u. wird durch die Schifffahrt auf der Saale, welche durch die Elbe mit der Nordsee, durch Kanäle mit der Oder u. Ostsee in Verbindung steht, durch mehrere Chausseen von Magdeburg, Dessau, Berlin, Leipzig, Merseburg, Eisleben u. Querfurth, so wie von der Magdeburg-Leipziger, der Berlin-Anhalter u. der Thüringer Eisenbahn sehr begünstigt; eine Eisenbahn Halle-Nordhausen ist ebenfalls projectirt. H. betreibt einen beträchtlichen Gemüse-, Kümmel- u. Kardenbau, so wie ziemlich bedeutenden Lerchensang. H. hat auch Soolbäder, namentlich das seit 1846 bei Giebichenstein gelegene Soolbad Wittekind. Vergnügungen: mehrere geschlossene Gesellschaften, namentlich die auf dem Jägerberge, in dem Locale der Freimaurerloge: zu den drei Degen, außerdem das Museum, von der Universität u. zunächst für sie begründet, u. zugleich Journalisticum in der größten Ausdehnung; vier Schützengesellschaften. An Zeitschriften erscheinen hier: die Hallische Zeitung (im G. Schwetschkeschen Verlage), ein Wochenblatt, eine Neue Hallische Zeitung u. mehrere wissenschaftliche Journale; 38,290 Einwohner (excl. Militär). H. ist Geburtsort von den beiden Struensee's, Joh. Velthen, Fr. Hoffmann, J. A. Unger, J. D. Michaelis, Händel, dem 1859 ein Denkmal hier errichtet wurde, A. H. Niemeyer etc. – H., wenigstens seine Salzquellen, sind schon in ältester Zeit bekannt u. werden letztere wohl schon vor Christi Geburt von den Kelten benutzt worden sein. Ob es indeß der von Ptolemäus Kalägia genannte Ort ist, u. ebenso ob jene von Tacitus (im Jahre 58) erwähnten Salzquellen die Halleschen sind, bleibt zweifelhaft. Im 7. Jahrh. nahmen die Wenden die Gegend von H. in Besitz u. nannten den Ort Dobrebora (Gutsalz). 806 belehnte Kaiser Karí der Große den Grafen von Wettin mit H. (welches damals zuerst unter dem Namen Halla vorkommt); Otto der Große gab es 965 mit den Salzquellen dem Erzbisthum Magdeburg. 981 erhielt H. durch Otto II. Stadtrechte. Im 13. u. 14. Jahrh. führte die Stadt bereits mit ihren Landesherren, [⇐878][879⇒] den Erzbischöfen von Magdeburg, lange u. glückliche Kriege. 1435 wurde die Stadt von dem Kurfürsten von Sachsen, als Vollstrecker einer Reichsacht gegen sie, belagert; 1478 wurde H. vom Erzbischof Ernst von Magdeburg eingenommen u. die Pfänner eines großen Theils ihrer Vorrechte beraubt, auch 1484 statt des alten (schwarzen) Schlosses die (im Dreißjährigen Kriegewieder zerstörte) Moritzburg gebaut. Hier u. auf der 1519 begonnenen Residenz wohnten die Erzbischöfe, nachmaligen Administratoren. Die Reformation faßte in H. bald festen Fuß; 1541 wurde der erste lutherische Superintendent, Justus Jonas, berufen. Nach der Schlacht bei Mühlberg unterwarf sich hier Landgraf Philipp von Hessen in der Residenz dem Kaiser Karl u. wurde gegen die Capitulation verhaftet. Nach der Säcularisation kam H. unter die Herrschaft der Administratoren von Magdeburg, die in H. Residenz hielten. Im Dreißigjährigen Kriege wurde H. 1631 von den Schweden, 1632 von den Kaiserlichen, 1637 von den Sachsen genommen. 1648 wurde H. durch den Westfälischen Frieden brandenburgisch, leistete aber erst nach dem Tode des letzten Administrators von Magdeburg, August von Sachsen, 1680 Huldigung. Am 12. Aug. 1694 inaugurirte Kurfürst Friedrich III. die dasige Universität. Hier am 17. Oct. 1806 Sieg der Franzosen unter Bernadotte über die Preußen unter Prinz Eugen von Württemberg. H. wurde im Frieden von Tilsit westfälisch. Über die Schicksale der Universität s. oben. Am 28. April 1813 Gefecht zwischen den Preußen u. Franzosen; am 2. Mai wurde H. von den Preußen unter Bülow genommen u. vor der Schlacht von Leipzig besetzt; seitdem ist es preußisch geblieben. Vgl. J. C. von Dreyhaupt, Beschreibung des Saalkreises, insonderheit der Städte H., Neumarkt, Glaucha etc., Halle 1749, 2 Thle., Fol., Auszug u. Fortsetzung von Stiebritz, ebd. 1772 f., 2 Bde.; eine neue Fortsetzung A. Eckstein 1842 ff., 6 Hefte; Weiße, H. u. Merseburg, Merseb. 1823; F. Hesekiel, Blicke auf H. u. seine Umgebungen, Halle 1824; J. C. Förster, Übersicht der Geschichte der Universität H., ebd. 1794; J. C. Hoffbauer, Geschichte der Universität H., ebd. 1805; A. H. Niemeyer, Die Universität H. nach ihrem Einfluß auf gelehrte u. praktische Theologie, ebd. 1817; Franckens Stiftungen von Schulze, Knapp u. Niemeyer, ebd. 1792 f., 3 Bde.; J. Chr. Förster, Beschreibung u. Geschichte des Halleschen Salzwerks, ebd. 1799; F. A. Eckstein, Geschichte des Hospitals St. Cyriaci, ebd. 1841; F. Knauth, Geschichte u. Beschreibung von H., 1852, 2. Aufl. unter dem Titel: Heimathskunde, 1855; Derselbe, Wegweiser durch H. u. seine Umgebungen, 1853; H. in Vorzeit u. Gegenwart, 1851. 3) Kreis des Regierungsbezirks Minden (preußische Provinz Westfalen), Theil der vormaligen Grafschaft Ravensberg, 53/4 QM., gegen 32,000 Ew.; flach, nur von einer kleinen Bergkette durchschnitten; 4) Kreisstadt darin; 1400 Ew.; 5) so v.w. Hal, Hall u. Hallein. [⇐879]

Quelle: Pierer's Universal-Lexikon, Band 7. Altenburg 1859, S. 877-879.
Lizenz: Gemeinfrei
Faksimile

[210⇒] Halle, preuß. Stadt an der Saale, besteht aus der eigentlichen Stadt mit 5 Vorstädten, den bis zur westfäl. Herrschaft abgesonderten Städten Glaucha u. Neumarkt, hat 35200 E., ansehnlichen Gewerbsfleiß und Verkehr, der durch Eisenbahnverbindung und die schiffbare Saale befördert wird. H. hat eines der ältesten und ergibigsten Salzwerke in Deutschland, das jährlich gegen 300000 Ctr. reines Salz liefert. Bekannt ist ferner H. durch seine 1694 gestiftete Universität, von jeher besonders durch die theolog. Facultät derselben wichtig. Ueber die Stiftungen u. die Bibelanstalt s. d. Art. Francke u. Canstein. H. wird bereits im 9. Jahrh. genannt, kam im 10. an das Erzstift Magdeburg, erhielt 981 Stadtrecht, wurde 1648 brandenburg., 1806 westfäl., 1814 wieder preußisch. Treffen den 17. Oct. 1806. [⇐210]

Quelle: Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1855, Band 3, S. 210.
Lizenz: Gemeinfrei
Faksimile
Faksimile

[314⇒] Halle, wegen Ähnlichkeit des Namens mit mehren andern Städten H. in Sachsen, an der Saale oder im Magdeburgischen genannt, ist eine Kreisstadt im Regierungsbezirk Merseburg der preuß. Provinz Sachsen, am rechten Ufer der Saale mit etwa 25,000 Einw. Es besteht [⇐314][315⇒] eigentlich aus drei Städten: Halle, Glaucha und Neumarkt, und ist berühmt durch seine alte Universität, durch die Francke'schen Stiftungen (s. Francke) und durch seine ergiebigen Salzwerke. Die letztern haben der Stadt jedenfalls den Namen gegeben, wie man schon daraus sieht, daß auch die andern ähnlich benannten Städte, wie Hall (s.d.) und Hallein sämmtlich Salzwerke haben. H. ist schlecht gebaut und in Folge der allgemein eingeführten Heizung mit Braunkohlen schmuzig, aber einzelne Gebäude zeichnen sich durch alterthümlich schöne Bauart aus. Als solche sind die Marienkirche, der in der Nähe derselben auf dem Marktplatz stehende rothe Thurm, der Dom, die Ulrichskirche, die Moritzkirche und das Rathhaus zu nennen. Die Moritzburg steht nur noch in Ruinen da, seit sie im dreißigjährigen Kriege zerstört worden ist. Ein erst vor wenigen Jahren vollendetes schönes Gebäude ist das auf einer kleinen Anhöhe liegende Universitätsgebäude. Die Salzwerke in H. gehören theils der Regierung, theils einer Privatgesellschaft, Pfännerschaft genannt. Die letztere besitzt zwei große Siedehäuser, welche in der Stadt auf einem ziemlich großen Platze, die Halle genannt, liegen, während die kön. Saline außerhalb der Stadt liegt. Die Salinen liefern jährlich 462,000 Scheffel Salz und könnten noch beiweitem mehr geben; sie sind die ergiebigsten in ganz Deutschland. In ihnen arbeiten die Halloren, ein eigenthümlicher wendischer Menschenschlag, die sich durch Gesichtsbildung, Sitten und Kleidung merkwürdig auszeichnen und noch im Besitz einiger Privilegien sind, welche aber früher viel weiter ausgedehnt waren, sodaß sie sogar ehemals eigne Gerichtsbarkeit hatten. Außer mit der Salzbereitung beschäftigen sich die Halloren vorzüglich mit Vogelsang und Fischfang und sind als ausgezeichnete Schwimmer berühmt. Viele gehen als Schwimmlehrer in auswärtige Orte. Die Universität zu H. wurde von Friedrich I., König von Preußen, 1694 gestiftet, wozu die nächste Veranlassung die Auswanderung des berühmten Rechtsgelehrten Thomasius aus Leipzig war. Durch die berühmten Männer, welche an dieser Universität die Wissenschaften lehrten, erlangte dieselbe eine hohe Berühmtheit. Durch Napoleon wurde sie aber 1806 aufgehoben, unter der westfäl. Regierung zwar wiederhergestellt, 1813 aber zum zweiten Male von Napoleon aufgelöst. Als aber bald nachher mit dem Ende der franz. Herrschaft H. an Preußen zurückfiel, wurde die Universität nochmals wiederhergestellt und 1815 mit ihr noch die im Kriege auseinandergegangene wittenberger Universität vereinigt und ihr der Name »Vereinigte Friedrichsuniversität Halle-Wittenberg« ertheilt. Mit der Universität stehen viele wissenschaftliche Bildungsanstalten in Verbindung. – H. ist ein sehr alter Ort, denn schon zu Anfange des 9. Jahrh. wird seiner Erwähnung gethan, und 981 bekam er von Kaiser Otto II. Stadtrechte. Im westfäl. Frieden kam H. an Preußen, von dem es nur während der kurzen Dauer des Königreichs Westfalen, 1806–13, getrennt wurde. Der einst blühende Wohlstand der Stadt ist durch den dreißigjährigen und siebenjährigen Krieg vernichtet worden. Gegenwärtig ist die Stärkefabrikation der blühendste Erwerbszweig. – Halle oder gewöhnlicher Hallein heißt auch eine Stadt in Salzburg an der Salza, mit 5000 Einw. und sehr bedeutenden Salzwerken, welche jährlich gegen 450000 Ctr. Salz liefern. Ansehnliche Erwerbsquellen sind auch eine bedeutende Baumwollen- und eine große Stecknadelfabrik. [⇐315]

Quelle: Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 314-315.
Lizenz: Gemeinfrei
Faksimile
Faksimile

[128⇒] Halle, an der Saale, im preuß. Regierungsbezirk Merseburg, mit 25,000 Ew., liegt theils in dem romantischen Saalthale, theils in der fruchtbaren Ebene, welche sich von hier bis an die Ostsee hinabstreckt. Unerschöpfliche Salzquellen gaben ihm Entstehung und Namen. Die reichströmende Soole liegt jetzt noch zu Tage, wird auf Kessel gefüllt, gesotten und gibt jährlich einen Gewinn von 250,000 Centnern Salz. Die Halloren, welche es bereiten, sind altwendischer Herkunft und noch jetzt charakteristisch in Sitten, Sprache, Tracht und Gerechtsamen. Ein alterthümlicher Dom, der große Marktplatz mit der Säule des Roland, dem rothen Thurm und der Stadtkirche, hinter welcher die stets dampfende [⇐128][129⇒] Saline, so wie die neuen Universitätsgebäude und die romantisch gelegene Moritzburg sich in der Saale abspiegeln – sind Zierden der Stadt; vor Allem aber bemerkenswerth die Francke'sche Stiftung in der Vorstadt Glaucha, eine eigene kleine Stadt mit einer großen Pensionsanstalt, einem Waisenhaus und Pädagogium, einer Buchhandlung und Apotheke, Gymnasium, Real-, Bürger- und Armenschule, Bibliothek, Kunst- und Naturaliensammlung, der Canstein'schen Bibelanstalt und einem Missionsinstitut. Halle hat außerdem ein Fräuleinstift und eine Irrenanstalt. Unter den Manufakturen zeichnen sich die in Wolle, Leder, Strümpfen und Stärke aus. Bekannt ist der Lerchensang. Erlustigungsorte und Promenaden der Bewohner sind: der Giebichenstein, ein felsiger Vorsprung an der Saale mit Gartenanlagen und einer romantischen Ruine, welche die Kühnheit Ludwig's des Springers verewigt, nicht weit davon der tragisch-leukadische Felsen, an welchem die Sappho der Deutschen, die unglückliche Brachmann, in den Fluthen der Saale ihr Grab fand, der nahe Gesundbrunnen, das freundliche Passendorf u. s. w.

* [⇐129]

Quelle: Damen Conversations Lexikon, Band 5. [o.O.] 1835, S. 128-129.
Lizenz: Gemeinfrei
Faksimile
Faksimile

[159⇒] Halle, mit dem Beinamen in Sachsen oder im Magdeburgischen, nächst Magdeburg die größte und volkreichste Stadt im Herzogthum Magdeburg; sie liegt am rechten Ufer der Saale, ist der Sitz einer berühmten von Friedrich I. gestifteten und 1694 eingeweihten Universität (nach ihrem Stifter die Friedrichs-Universität genannt), und zählte 1782 20,149 Einwohner, unter welchen sich 820 Studenten befanden. Außer der Universität, bei welcher sich ein vortreffliches theologisches Seminarium befindet, ist noch das berühmte Waisenhaus in der Vorstadt Glaucha (s. Franke) mit einer Buchdruckerei, Buchhandlung, dem großen Speisesaal (worin 700 Waisenknaben, Schüler, Lehrer und arme Studenten Mittags und Abends unentgeldlich gespeist werden etc.) und das königliche Pädagogium für junge Adeliche und Bürgerliche, eben daselbst, merkwürdig. Ueberdieß sind noch zwei Gymnasien, auch ein freies weltlichadeliches Fräuleinstift in Halle. Berühmt ist das hiesige Salzwerk; gewiß eins der ältesten in Deutschland. Die Eigenthümer der Kothen oder Sohlengüter heißen Pfänner, und gehörten ehedem sämmtlich zum [⇐159][160⇒] Adel; die Arbeiter hingegen werden Halloren genannt, und machen, als Abkömmlinge der Wenden, eine besondere Classe der dasigen Einwohner aus, die selten außer ihrem Stande heirathet. Die Hauptnahrung der Stadt besteht vorzüglich in dem eben erwähnten Salzwerk, dem Gewinn von der Universität und in verschiedenen Gewerken und Fabriken, unter welchen die Stärkefabriken vorzüglich wichtig waren, es aber jetzt weniger sind. Uebrigens sind die Ruinen des Schlosses Giebichenstein (s. Ludwig der Springer) unweit Halle, und drei Stunden von Halle das Bad Lauchstädt sehenswerth. [⇐160]

Quelle: Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 2. Amsterdam 1809, S. 159-160.
Lizenz: Gemeinfrei

Buchempfehlung

Anonym

Schi-King. Das kanonische Liederbuch der Chinesen

Schi-King. Das kanonische Liederbuch der Chinesen

Das kanonische Liederbuch der Chinesen entstand in seiner heutigen Textfassung in der Zeit zwischen dem 10. und dem 7. Jahrhundert v. Chr. Diese Ausgabe folgt der Übersetzung von Victor von Strauß.

298 Seiten, 15.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Biedermeier. Neun Erzählungen

Geschichten aus dem Biedermeier. Neun Erzählungen

Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Dass das gelungen ist, zeigt Michael Holzingers Auswahl von neun Meistererzählungen aus der sogenannten Biedermeierzeit.

434 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon