Eisen [1]

[478] Eisen (Ferrum) Fe, das nützlichste und verbreitetste aller Metalle, findet sich in zahlreichen Verbindungen und nimmt an der Zusammensetzung der Erdrinde wesentlichen Anteil (zu etwa 5 Proz.).

Tabelle

Vorkommen. Gediegen findet sich E. als Meteoreisen in derben, zackigen, zelligen, löcherigen Massen, auch eingesprengt in Meteorsteinen. Das meteorische E. enthält fast stets Nickel (bis 20 Proz. und mehr), auch Kobalt, Chrom, Silicium, Kohlenstoff u. Sein Vorkommen auf der Erde ist selten und meist zweifelhaft. Als feinste Imprägnation findet es sich in Basalten, aber auch in großen, Hunderte von Zentnern schweren Klumpen (mit Kobalt-, Nickel-, Schwefel-, Phosphor- und Kohlenstoffgehalt) bei Ovifak auf Disko. Es ist hier aus dem Magneteisen des Basalts durch Reduktion entstanden, wobei eingeschlossene Stücke eines vom Basalt durchbrochenen Kohlenflözes als Reduktionsmittel dienten. Ähnlich mag das gediegene E. im Sandstein und Ton der Kohlenreviere am Missouri entstanden sein. Ferner findet sich E. als Kern von Eisenkiesknollen im Keuperkalkstein von Mühlhausen i. Thür., knollig im Plänerkalk von Chotzen in Böhmen, auch in Laven der Auvergne, in den Goldwäschen von Beresowsk im Ural, im brasilischen Goldsand etc. Eine Eisennickellegierung, Awaruit, findet sich in Olivingesteinen von Neuseeland, von Biella in Piemont. Fast alle Mineralien und Gesteine enthalten wenigstens Spuren von Eisenverbindungen; sehr allgemein verdanken sie ihre roten, gelben, braunen, dunkelgrünen bis schwarzen Farben einem Gehalt von verschiedenen Eisenverbindungen. Nie fehlt E. in der Ackererde, auch im Quell- und Meerwasser ist es nachweisbar, und manche Quellen zeichnen sich durch sehr hohen Eisengehalt aus (Stahlwässer, Eisensäuerlinge). Endlich ist das E. auch in den Organismen ein nie fehlender Bestandteil und findet sich namentlich stets im Blattgrün und Blutrot.

Eisenerze.

Zur Darstellung des Eisens verwendet man Mineralien als Eisenerze, die in dem Grad eisenhaltig und frei von schädlichen Beimengungen sind, daß daraus ein brauchbares Produkt mit Gewinn erzeugt werden kann. Als eigentliche Eisenerze kommen fast nur die oxydischen Eisenverbindungen in Betracht; in untergeordneter Menge werden auch Abbrände vom Rösten des Schwefelkieses FeS2 bei der Schwefelsäurefabrikation, die wesentlich aus Eisenoxyd bestehen, auf E. verschmolzen. Die wichtigsten Eisenerze sind die folgenden.

1) Magneteisenstein (Magneteisenerz, Magnetit) FeO.Fe2O3 oder Fe3O4, Eisenoxyduloxyd mit 72,4 Proz. E., findet sich meist derb und[478] in mächtigen Lagerstöcken im ältern kristallinischen Massen- und Schiefergebirge, seltener auf Gängen. Wegen seiner Dichtigkeit muß es vor dem Verschmelzen sorgfältig geröstet werden. Die Menge der Gangart ist gewöhnlich nur gering; der Eisengehalt des Erzes beträgt meist 40–60 Proz. Das Erz liefert, wenn es nicht etwa mit Apatit (phosphorsaurem Kalk) oder Schwefelmetallen verunreinigt ist, ein sehr reines, ausgezeichnetes E. Hauptfundorte sind: Norwegen (Arendal), Schweden (Grängesberg, Gellivara, Dannemora), von wo es auch nach Deutschland ausgeführt wird, Finnland, Lappland, Ural, Algerien, Kanada, New Jersey, Oberer See. In untergeordneter Menge findet es sich bei Schmiedeberg (Schlesien), Berggießhübel (Erzgebirge) etc.

Der in New Jersey (Vereinigte Staaten) vorkommende Franklinit (ZuMn)O, Fe2O3 enthält 17–25 Proz. Zinkoxyd und 10–16 Proz. Manganoxydul und wird auf Zink und E. (Spiegeleisen) verhüttet.

2) Roteisenstein (Roteisenerz) Fe2O3, Eisenoxyd mit 70 Proz. E., tritt häufig mit Magneteisen, Brauneisen, Spateisen auf. Die Gangarten bestehen aus Kalkspat, Dolomit, Quarz oder Ton, und von den Verunreinigungen sind Schwefelkies und Apatit die gewöhnlichsten. Der Eisengehalt des Roteisenerzes beträgt 30–45 Proz., selbst 66 Proz. Häufig bildet Roteisenstein innig mit Ton oder Quarz gemengt den roten Toneisenstein, resp. den kieseligen Roteisenstein. In jüngern Formationen kommt Roteisenstein selten vor, häufig dagegen in Gängen, Stöcken oder Lagern des Ur- und Übergangsgebirges bis aufwärts zum Kohlenkalk. Er findet sich an der Sieg, Lahn, Dill, auch im Sauerland, im Wesergebirge, im Harz (Elbingerode und Büchenberg), Thüringen, Erzgebirge etc.; in Cumberland und Nordlancashire; bei Vezin, Namur; auf Elba, in Nordspanien (Sommorostro bei Bilbao), von wo er wie auch aus Nordafrika nach Deutschland ausgeführt wird, außerdem am Obern See und in Missouri.

3) Brauneisenstein (Brauneisenerz) besteht aus Eisenhydroxyd mit verschiedenem Wassergehalt, hat aber am häufigsten die Zusammensetzung 2Fe2O3, 3H2O und enthält dann 60 Proz. E. Brauneisenerz ist häufig durch Zersetzung andrer Eisenerze entstanden und kommt deshalb nicht selten zusammen mit diesen vor, findet sich aber auch zuweilen in eignen Lagerstätten. Die Gangarten bestehen meist aus Quarz oder Ton, weniger häufig aus Kalk und Dolomit. Der Eisengehalt beträgt 20–60 Proz. Die meisten ältern Brauneisensteine zeichnen sich durch Reinheit und günstiges Schmelzverhalten aus. Durch den Wasserverlust in der Hitze werden sie porös, reduzieren sich leicht und geben bei Mangangehalt ein besonders für die Stahlbereitung ausgezeichnetes Material. Sie finden sich an der Sieg und Lahn, in Thüringen, Württemberg, in Lothringen, Luxemburg, bei Osnabrück, in Oberschlesien, in Steiermark, Kärnten, Böhmen, in den Pyrenäen etc. Hierher gehören auch die Bohn-, Oolith- oder Rogenerze. Ton und Kalk enthaltender Brauneisenstein schmilzt sehr leicht und gibt ohne weitere Zuschläge gute Schlacke (selbstgehende Erze). Minette und Raseneisenerz, die ebenfalls hierher gehören, sind reich an Phosphor, waren früher geringwertig, werden jetzt aber auf reinstes Schmiedeeisen verarbeitet. Leider ist das Raseneisenerz der norddeutschen und holländischen Tiefebene nahezu erschöpft.

4) Spateisenstein (Spateisenerz, Eisenspat, Stahlstein) besteht aus kohlensaurem Eisenoxydul FeCO3 und ist stets mit den isomorphen Karbonaten von Mangan, Calcium und Magnesium gemischt. Die gewöhnlichen Beimengungen dieses Erzes sind Quarz und Kalkspat. Der Eisengehalt variiert meist von 30–42 Proz.; der wertbestimmende Gehalt an Manganoxydul steigt in kristallinischen Varietäten häufig bis zu 11 Proz. Spateisenstein ist ein gutartiges, leicht reduzier- und schmelzbares Eisenerz und wird speziell zur Herstellung von Spiegeleisen sehr geschätzt. Er kommt in Kärnten und Steiermark (Erzberg), auch im Siegener Land (Stahlberg bei Müsen) in großen Mengen vor und bildet Lager und Gänge von oft bedeutender Mächtigkeit.

5) Im Toneisenstein (Sphärosiderit) ist Spateisenstein innig mit Ton oder Mergel gemischt; dieses Gemenge bildet kugelige, knollige oder nierenförmige Massen oder auch konzentrisch schalige Kugeln mit einem Eisengehalt von 28–40 Proz. Er kommt hauptsächlich in der Steinkohlenformation vor und zwar namentlich in Yorkshire, Derbyshire, Südwales und in der Appalachischen Kohlenmulde, aber auch in Westfalen, Wesergebirge, Oberschlesien.

6) Kohleneisenstein (Schwarzstreif, engl. Blackband) ist ein durch Steinkohle (über 10 Proz.) schwarz gefärbter Toneisenstein. Das Erz besitzt ein geschichtetes, gestreiftes Ansehen, bildet meist zusammenhängende Lager und enthält durchschnittlich 24–30 Proz. E. Die ausgedehnte Eisenindustrie Schottlands beruht auf dem Vorkommen dieses Erzes; auch in Südwales, Hörde, Schlesien (Waldenburg) wird Kohleneisenstein als Eisenerz benutzt.

Außer den Erzen werden auch Puddel- u. Schweißschlacken, Walzensinter, Hammerschlag, Birnenauswürfe, Kiesabbrände (Purpurerze, Rückstände von der Schwefelsäuredarstellung und Kupferdarstellung aus Schwefelkies) sowie Rückstände von der Teerfarbenherstellung, Lamingsche Masse, auf E. verhüttet. Ja man hat Thomasschlacken wieder verschmelzen müssen, um einen Teil des Phosphors zurückzugewinnen.

Eigenschaften des Eisens.

Aus sehr reinem E. besteht der Klavierdraht, der nur 0,3 Proz. fremde Körper enthält; chemisch reines E. erhält man als schwarzes, pyrophorisches Pulver bei Reduktion von Eisenoxyd durch Wasserstoff, in glänzenden regulären Oktaedern in gleicher Weise aus Eisenchlorür; auch kann es durch Elektrolyse gewonnen werden. Kompaktes reines E. ist fast silberweiß, mit ausgezeichnetem Metallglanz, schuppig-muscheligem, zuweilen kristallinischem Bruch, sehr politurfähig, weicher als das weichste Stabeisen, läßt sich zu sehr seinem Draht strecken, aber nicht sehr dünn aushämmern; bei Rotglut ist es schweißbar, spez. Gew. 7,88, schmilzt bei etwa 1600° und verdampft bei sehr hoher Temperatur. Die elektrische Leitungsfähigkeit ist bedeutend geringer als die des Kupfers und Silbers, sie nimmt beim Erwärmen von 0° auf 100° um 38 Proz. ab, beim Erhitzen auf 180° verdoppelt, auf 430° vervierfacht und auf 860° verneunfacht sich der Leitungswiderstand des Eisens gegenüber dem bei 0°. Reines E. ist temporär magnetisierbar (nur kohlenstoffhaltiges E. wird dauernd magnetisch), die Magnetisierbarkeit nimmt zwischen 10 und 220° mit steigender Temperatur langsam ab. Bei höherer Temperatur und im geschmolzenen Zustand absorbiert E. leicht Gase, besonders Wasserstoff und Kohlenoxyd. Dünner Draht gibt beim Glühen im luftleeren Raum 12,5 Vol. Gas ab. Durch diese Fähigkeit, Kohlenoxyd und Wasserstoff aufzunehmen und an ein davon freies Medium in der Glühhitze abzugeben, erklärt sich die[479] Durchdringbarkeit des glühenden Eisens gegenüber diesen Gasen. Bei etwa 500° zersetzt E. Kohlenoxyd unter Bildung von Eisenoxydul und Kohlenstoff, bei sehr hoher Temperatur verläuft der Prozeß umgekehrt. Das Atomgewicht des Eisens ist 55,90, in den Oxydulverbindungen (Ferroverbindungen) ist E. zweiwertig (Eisenchlorür FeCl2), in den Oxydverbindungen (Ferriverbindungen) dreiwertig (Eisenchlorid FeCl3).

Während sein verteiltes E. sich an der Luft entzündet und siedendes Wasser verhältnismäßig energisch zersetzt, hält sich kompaktes E. in trockner Luft bei gewöhnlicher Temperatur unverändert, zersetzt aber Wasserdampf bei Glühhitze; beim Erhitzen an der Luft oxydiert es sich oberflächlich zu Oxyduloxyd, das unter dem Hammer abspringt (Hammerschlag). In reinem Sauerstoffgas verbrennt es mit glänzendem Licht zu Oxyduloxyd und Oxyd. In feuchter Luft bildet sich auf seiner Oberfläche, besonders unter dem Einfluß der Kohlensäure, kohlensaures Eisenoxydul, das schnell mehr Sauerstoff aufnimmt und in Eisenhydroxyd (Rost) übergeht. Die dabei frei werdende Kohlensäure wirkt weiter auf metallisches E., darum wird dies bald stark angegriffen. Säuredämpfe und Salze, besonders Ammoniaksalze, befördern die Rostbildung, während Alkalien sie verhindern. Auch bei metallischer Berührung mit Zink wird das E. vor Rost geschützt (vgl. Rosten des Eisens). Unter lufthaltigem Wasser oxydiert sich E., und wenn es in sein verteiltem Zustand als Eisenschwamm vorhanden ist, verhindert es die Fäulnis von unreinem Wasser. Beim Glühen von E. in Wasserdampf entstehen Eisenoxyduloxyd und Wasserstoff. E. löst sich in verdünnten (nicht oxydierenden) Säuren unter Entwickelung von Wasserstoff zu Eisenoxydulsalz, selbst Kohlensäure löst sein verteiltes E. zu Ferrobikarbonat. Kalte verdünnte Salpetersäure löst E. ohne Gasentwickelung unter Bildung von Ammoniumnitrat zu Ferronitrat, heiße überschüssige Salpetersäure unter Entwickelung von Stickstoffoxyd zu Ferrinitrat. Unter gewissen Umständen verh ält sich E. gegen starke Salpetersäure indifferent, es wird passiv (vgl. Passivität). In heißer konzentrierter Schwefelsäure löst sich E. unter Entwickelung von schwefliger Säure; es verbindet sich direkt mit Sch wesel, Chlor, Brom, Jod, Kohlenstoff; aus Kupfersalzen fällt es metallisches Kupfer, indem es sich als Eisenoxydulsalz löst. Die Oxydationsstufen des Eisens sind: Eisenoxydul FeO, Eisenoxyduloxyd Fe3O4, Eisenoxyd Fe2O3 und Eisensäure H2FeO4.

Die verschiedenen Sorten des Eisens.

Das aus den Erzen durch reduzierendes Verschmelzen erhaltene E. ist niemals rein, es enthält stets Silicium, Phosphor, Schwefel, Mangan etc., besonders aber Kohlenstoff, und diesem verdankt es die Eigenschaften, die es zu einem unentbehrlichen Hilfsmittel im gewöhnlichen Leben, besonders aber in der Technik machen. Diese Eigenschaften sind aber nicht einfach von der Menge des im E. enthaltenen Kohlenstoffes abhängig, sondern wesentlich auch von der Form, in der der Kohlenstoff im E. auftritt. Flüssiges E. enthält den Kohlenstoff gelöst (Härtungskohle), und bei plötzlichem Erstarren des Eisens bleibt der Kohlenstoff in diesem Zustand im E. (Legierung), bei allmählicher Erstarrung und Abkühlung scheidet sich bei etwa 1100° ein Teil des Kohlenstoffes zwischen den Eisenteilchen als Graphit aus, bei 700° erfolgt dann die Ausscheidung von Eisenkarbid, und nur ein kleiner Teil der Härtungskohle bleibt unverändert im E. erhalten. Wird plötzlich erstarrtes und abgekühltes, also an Härtungskohle sehr reiches E. audauernd auf helle Glühtemperatur erhitzt, so scheidet sich amorphe Temperkohle aus. Diese und der kristallisierte Graphit sind gegen Chemikalien sehr widerstandsfähig, Härtungskohle ist in kalter Salpetersäure löslich, die drei Modifikationen erscheinen beim Lösen des Eisens in kalter Salz- oder Schwefelsäure als schwarzer Rückstand, während das Karbid beim Behandeln des Eisens mit starken Säuren zersetzt wird und sein Kohlenstoff in der Form von Kohlenwasserstoffen entweicht. – Ganz neue Einblicke in die Konstitution des Eisens hat die mikroskopische Untersuchung ergeben, die eine Reihe verschiedener Bestandteile nachwies (s. Eisenkarbide), die sich unter besondern Umständen bilden und wieder verschwinden. Bei geschmolzenem Roheisen mit 3 Proz. Kohlenstoff beginnt zwischen 1300 und 1350° die Ausscheidung von Graphit, der als Garschaum an die Oberfläche steigt. Bei etwa 1250° erstarrt das Metall, das nun aus Austenit und Martensit besteht; jedoch wird noch bis etwa 1200° Graphit im E. abgeschieden. Nahe bei derselben Temperatur beginnt die Abscheidung von Zementit. Inzwischen nimmt die Menge des Austenits beständig ab, die des Martensits aber zu. Zwischen 950 und 1000° ist aller Austenit verschwunden, und bei etwa 700° geht der Martensit in Perlit über. Stahl mit 1,5 Proz. Kohlenstoff beginnt bei etwa 1350–4400° zu erstarren und besteht dann aus Austenit und Martensit. Bei 1200° tritt Zementit auf, bei rund 1050° ist der Austenit verschwunden, und bei 700° geht der Martensit in Perlit über. Weiches E. mit 0,2 Proz. Kohlenstoff erstarrt bei etwa 1470° und besteht dann aus Martensit. Bei etwa 840° beginnt die Abscheidung von Ferrit, und bei etwa 660° geht der Martensit unter weiterer Abscheidung von Ferrit in Perlit über. – Im Stahl ist auch Diamant nachgewiesen warden, und zwar um so reichlicher, je höher die Temperatur bei der Bildung des Stahls war. Bei der Erstarrung und Abkühlung des Eisens bleibt die Temperatur an gewissen Punkten konstant (Rekaleszenz). Bei diesen Temperaturen finden im E. chemische Prozesse unter Wärmeentwickelung statt. Daraufhin hat Osmond zwei allotrope Modifikationen, weiches αEisen und hartes βEisen, unterschieden. Das Härten des Eisens ist durch Umwandlung der α- in die βModifikation, das Anlassen durch den entgegengesetzten Vorgang bedingt. Die verschiedenen Eisensorten teilt man in folgender Weise ein:

Tabelle

[480] Die früher übliche Unterscheidung zwischen Stahl und Schmiedeeisen nach dem Gehalt an Kohlenstoff ist heute, wo härtbare Eisensorten mit beträchtlichem Gehalt an Mangan, Silicium, Wolfram, Chrom und sehr geringem Kohlenstoffgehalt erzeugt werden, nicht mehr aufrecht zu erhalten; auch gibt es Zwischenstufen (Feinkorneisen, hartes E.), die etwas härtbar sind; darum ist die Wahl des Namens (Stahl oder E.) willkürlich.

Benutzung des Eisens.

E. bildet mit der Kohle die Basis unsers industriellen Lebens und findet unter hauptsächlicher Verwertung seiner physikalischen Eigenschaften in den verschiedensten Formen, wie Eisenbahnschienen, Baukonstruktionsteile, Geräte, Werkzeuge, Maschinen etc., die mannigfachste Verwendung. In der Metallurgie wird es bei der sogen. Niederschlagsarbeit benutzt, um aus gewissen Schwefelmetallen, z. B. aus Bleiglanz, das Blei abzuscheiden. Ebenso dient es zur Fällung von Kupfer aus Kupfervitriollösungen, zur Darstellung von gelbem Blutlaugensalz und von Anilin aus Nitrobenzol. Schwammförmiges E. benutzt man zum Filtrieren und Reinigen von Trinkwasser. Auch viele Eisenverbindungen finden technische und medizinische Verwendung. Für die Organismen ist E. von höchster Bedeutung: ohne E. ergrünt keine Pflanze, und ohne das Blattgrün vermag die Pflanze keine organische Substanz aus den Nahrungsstoffen (Kohlensäure und Wasser) neu zu erzeugen; von ebenso großer Bedeutung ist das E. für die Tiere, bei denen es namentlich an die roten Blutkörperchen gebunden ist. Es erteilt dem Hämoglobin (Blutrot) die Eigenschaft, mit Sauerstoff eine lockere, dissoziierbare Verbindung einzugehen, und erscheint so als Vermittler der Oxydationsprozesse im Tierkörper. Ein erwachsener Mensch enthält 3,1–3,3 g E. Mit dem Harn werden täglich nur wenige Milligramm E. ausgeschieden. Eisenverbindungen spielen als Arzneimittel eine große Rolle (vgl. Eisenpräparate). Bei innerlichem Gebrauch von E. färben sich Schleimhäute und Gesicht lebhafter; der Puls wird voller, resistenter, die Körperkraft wächst. Bei zu langem Gebrauch treten Hitzegefühl, Neigung zu Blutungen ein und bei sehr großen Dosen Verdauungsstörungen, Erbrechen, Durchfall. E. begünstigt bei gleichzeitiger Zufuhr von guter Nahrung die Bildung roter Blutkörperchen, wodurch sich die günstigen Wirkungen desselben bei anämischen und kachektischen Zuständen erklären; es dient auch bei Menstruationsstörungen und Affektionen des Nervensystems, als adstringierendes Mittel bei chronischen Darmkatarrhen und als Styptikum. Der Kot wird beim Gebrauch von E. dunkel, oft ganz schwarz. Die Wirkung der Eisenmittel, die im Körper nicht resorbiert werden, erklärt sich dadurch, daß sie die in der Nahrung enthaltenen natürlichen Eisenverbindungen vor einer Zersetzung im Darm schützen. Junge Tiere, die nach der Geburt längere Zeit ausschließlich von Muttermilch leben, enthalten prozentisch viel mehr E. als erwachsene Tiere derselben Art und als solche junge Tiere, die neben Muttermilch noch eisenreiche Pflanzennahrung genießen.

I. Das Roheisen und seine Darstellung.

(Hierzu Tafel »Eisen I: Roheisen«.)

Aus den Eisenerzen wird gegenwärtig fast ganz allgemein zunächst Roheisen dargestellt, das dann weiter auf Schmiedeeisen oder Stahl verarbeitet wird. Dies Verfahren ist die Basis der gegenwärtigen großartigen Massenproduktion in der Eisenindustrie. Es ermöglicht die Herstellung eines gleichmäßigen Produkts von bestimmter Beschaffenheit und gewährt wesentliche Vorteile vor der alten direkten Darstellung von Schmiedeeisen und Stahl aus den Erzen. Letztere sind stets mit erdigen Stoffen (Gangarten) vermischt und oft so reichlich, daß eine vorteilhafte Verwendung nicht mehr möglich ist. Im allgemeinen sind nur Erze mit 30proz. E. schmelzwürdig, solche mit 25 Proz. nur dann, wenn die Zusammensetzung im übrigen besonders vorteilhaft ist. Die Eisenerze werden in der Regel ohne mechanische Aufbereitung, die eine Abscheidung der unhaltigen Bestandteile bezweckt, verschmolzen, weil der Preis des Eisens die Aufwendung der Kosten der Aufbereitung nicht gestattet; nur Magneteisensteine und magnetisch gemachter Spateisenstein werden vorteilhaft der magnetischen Aufbereitung unterworfen. Spateisenstein (kohlensaures Eisenoxydul) wird vor dem Verschmelzen geröstet, um Wasser und Kohlensäure auszutreiben und das schwer reduzierbare Eisenoxydul in Eisenoxyduloxyd zu verwandeln. Der Gewichtsverlust beträgt hierbei ca. 30 Proz. Gleichzeitig werden auch dem Spateisenstein beigemengte Schwefelverbindungen von Eisen, Kupfer etc. zersetzt und ein erheblicher Teil des Schwefels in Form von schwefliger Säure abgeschieden. Auch Magneteisenstein wird geröstet, um ihn zu lockern und zu entschwefeln.

Bei der Verarbeitung der Erze im Hochofen ist das abgeschiedene metallische E. gegen die oxydierende Einwirkung der Gebläseluft zu schützen durch eine Schlacke, die sich aus Kalk, Tonerde und Kieselsäure bildet. Man muß also darauf achten, daß diese Substanzen neben dem Erz vorhanden sind, und zwar in richtigem Verhältnis, damit die Schlacke den erforderlichen Grad der Schmelzbarkeit besitzt. Dabei ist auch die Asche des Brennmaterials zu berücksichtigen, die binnen kurzem durch ihre Menge den Betrieb zum Stillstand bringen würde, wenn sie nicht mit Gangart und Zuschlägen zu einer Schlacke zusammenschmelzen könnte. Manche Erze enthalten nun bereits die erforderlichen Beimengungen (Gangarten) und bilden ohne weiteres eine geeignete Schlacke (selbstgehende Erze); meist waltet aber der eine oder andre Bestandteil vor (gewöhnlich Quarz oder Ton), und der fehlende (in der Regel Kalk, Eisenkalk, auch Dolomit) muß durch einen geeigneten Zuschlag ergänzt werden. Durch Änderung der Qualität oder Quantität des Zuschlags kann man das Erz strengflüssiger (z. B. durch Kalk) oder leichtflüssiger (z. B. durch manganhaltige Stoffe) machen und dadurch auf die Bildung von grauem oder weißem Roheisen hinwirken. Die Operation der Mischung von Erz und Zuschlag nennt man Möllerung. Zuweilen wird auch ohne Zuschläge, durch Mengung verschiedener Erzsorten (Gattierung) eine schmelzbare Schlacke erzielt. Zweckmäßig breitet man beim Gattieren und Beschicken die verschiedenen Substanzen in horizontalen Lagen übereinander aus und sticht von dem oblongen Haufen (Möller) gerade nieder die Charge ab. Bei Kokshochöfen, namentlich den kolossalen neuern, stürzt man Erze und Zuschläge hintereinander in den Ofen.

Als Brennmaterial für den Hochofenbetrieb benutzte man früher allgemein Holzkohle, jetzt werden in Deutschland nur noch wenige Holzkohlenhochöfen betrieben (Siegerland, Harz, für Kunstguß, Hartguß), zahlreichere in Schweden, Steiermark, Ungarn, am Ural, in Nordamerika. Die heutige Massenproduktion wurde erst ermöglicht durch die Anwendung von Koks. Rohe Steinkohlen können nur verwendet werden, wenn sie genügend hart sind und nicht backen. In[481] Oberschlesien benutzt man eine Sorte Steinkohlen gemischt mit Koks, und manche schottische und amerikanische Kohlen können allein verwendet werden. Man gewinnt dann als Nebenprodukte Teer und Ammoniak (in Schottland aus 1 Tonne Kohle 32 Lit. Teeröl, 39 kg Teerpech und 11 kg Ammoniumsulfat). Holzkohle hat gegenüber den Koks konstante Zusammensetzung und eine gutartige Asche (etwa 3 Proz.), die sehr geringe Mengen von Schwefel und Phosphor und Leichtflüssigkeit der Schlacke herbeiführende Alkalien enthält. Sie liefert aus reinen Erzen sehr gutes E. Koks enthalten schwankende Mengen (bis 15 Proz.) einer sehr strengflüssigen, kieselsäurereichen Asche und stets mehr oder weniger Schwefel, zu deren Beseitigung passende Zuschläge, namentlich Kalk, und eine höhere Temperatur gegeben werden. Je dichter und fester die Brennstoffe sind, um so höher kann man bei besserer Ausnutzung der Wärme den Ofen nehmen, ohne ein Zerdrücken des Brennstoffes durch die Erzsäule befürchten zu müssen; deshalb sind die Kokshochöfen höher als Holzkohlenöfen. Bei letztern beträgt die Höhe gewöhnlich nur 7–10 m.

Die zum Betrieb des Hochofens erforderliche Luft muß ihm durch ein Gebläse unter einem Druck von 0,2–1 kg auf 1 qcm zugeführt werden. Anfangs benutzte man Wind von gewöhnlicher Temperatur, gegenwärtig wird der Wind bis auf seltene Ausnahmen auf 700–800° erhitzt (s. Winderhitzung). Man erzielt auf diese Weise intensivere Verbrennung und höhere Temperatur und dadurch beträchtliche Brennstoffersparung (20 Proz.), Erhöhung der Produktion und Übergang eines Schwefelgehalts in die Schlacke, während durch Reduktion von Kieselsäure mehr Silicium ins Roheisen gelangt, wenn man einer solchen Reduktion nicht durch stärkere Kalkzuschläge entgegenwirkt. Zur Winderhitzung benutzt man jetzt allgemein den innen mit feuerfesten Steinen ausgemauerten Apparat von Cowper, dessen Steine durch Gicht- oder Koksofengase auf 900–1000° erhitzt werden und dann (in der Blasezeit) ihre Wärme an den durchströmenden Wind abgeben. Man verbraucht unter normalen Verhältnissen, wenn der Eisengehalt der Beschickung nicht unter 35 Proz. beträgt, zur Herstellung von 100 kg grauen Roheisens ca. 100–115 kg Holzkohle oder 120–130 kg Koks; zur Darstellung von Weißeisen kann der 0,71ache Betrag der Kohle genügen, während bei ungünstigen Verhältnissen (arme, schwer reduzierbare Erze, kalter Wind) die doppelte Menge von Kohle nötig werden kann.

Das Verschmelzen der Eisenerze geschieht in Gebläseschachtöfen, den Eisenhochöfen, in die man die Beschickung und das Brennmaterial schichtenweise von oben aus einträgt (Beschreibung der Hochöfen s. Tafel »Eisen I«). Bei der Beschickung des Ofens bringt man abwechselnd eine Gicht Möller (6000–10,000 kg) und eine Gicht Koks (2000–4000 kg) in den Ofen und fährt damit nach Bedarf fort. In dem Maß, als die Koks im untern Teil des Ofens verbrennen, Erze und Zuschlag schmelzen, sinken die Schichten in dem Ofenschacht herab und werden erhitzt (Vorwärmzone). Sie verlieren zuerst die Feuchtigkeit, dann chemisch gebundenes Wasser und weiter unten Kohlensäure (aus nicht gerösteten Spateisensteinen und nicht gebranntem Kalk), wobei der Wind auf dem Wege zur Gicht sich auf 180–300° abkühlt. Beim Eintritt durch die Formen trifft der Wind auf weißglühende Koks und verbrennt sie zu Kohlensäure, die durch die glühende Koks zu Kohlenoxyd reduziert wird. Dies Gas reduziert bei Temperaturen von 1000° abwärts das Eisenoxyd, wobei sich E. und Kohlensäure bilden. Aber nicht alles Kohlenoxyd gelangt dazu, sich mit Eisenerzen zu zersetzen, und die Kohlensäure wird in Berührung mit glühender Kohle wieder zu Kohlenoxyd reduziert, so daß die Gichtgase reich an Kohlenoxyd sind.

Die untern zwei Drittel und die obere Hälfte der Rast werden Reduktionszone genannt, und in dieser soll eine Temperatur herrschen, bei der zwar die Erze reduziert werden, aber keine Schmelzung eintritt. So entsteht ein schwammförmiges E., das zunächst in den noch nicht geschmolzenen erdigen Beimengungen verteilt bleibt und beim weitern Herabrücken bei 1000° Kohlenstoff aufnimmt und sich damit bei ca. 1400° in der Kohlungszone sättigt. Der Kohlenstoff wird durch Eisenoxydul aus Kohlenoxyd abgeschieden nach der Gleichung 2FeO + CO = Fe2O3 + C. Durch die Kohlung wird das E. schmelzbar und geht in dem heißesten Teil des Gestells, wo der erhitzte Wind eintritt, samt den beigemengten schlackebildenden Substanzen in den flüssigen Zustand über (Schmelzungszone). Im Herd schwimmt die spezifisch leichtere Schlacke auf dem Roheisen und schützt es vor der Oxydation durch den Gebläsewind. Bei schwer reduzierbarer Beschickung geht viel E. in die Schlacke, das durch Kohlenoxyd nicht reduziert werden kann. Die Reduktion des verschlackten Eisens ist nur bei sehr hoher Temperatur durch die Einwirkung der Koks auf die Schlacke möglich und erfolgt im Gestell, wo auch die Verbrennung der Koks vor sich geht, in der Verbrennungszone. Bei der hohen Temperatur im untern Ofenraum wird auch die Kieselsäure, namentlich der Asche, durch Kohle und E. reduziert, und das Silicium geht in das Roheisen. Durch größere Kalkzuschläge bindet man die Kieselsäure schon, bevor sie in den Schmelzraum kommt, großenteils an Kalt, desgleichen einen Schwefelgehalt, während Phosphor zum größten Teil in das Roheisen geht. Die Manganreduktion wird durch einen Überschuß von Brennmaterial, stark erhitzten Wind und kalkreiche Schlacke begünstigt. In Wirklichkeit sind die angedeuteten Vorgänge nicht scharf auf diese Ofenzonen beschränkt; je nach Beschaffenheit der Erze, z. B. der leichtern oder schwierigern Reduzierbarkeit, findet die Reduktion schon in höhern oder erst in tiefern Ofenteilen vollständig statt, und die Zonen gehen ineinander über. – Beim Betrieb des Ofens muß man zu einem normalen Satz, d.h. zu einem Verhältnis zwischen Brennmaterial und Beschickung, zu gelangen suchen, bei dem ohne Eisenverschlackung dasjenige Roheisen erfolgt, das man andauernd zu erhalten wünscht (Gargang, normaler Gang). Setzt man auf dieselbe gleichbleibende Menge Brennmaterial (Brennmaterialgicht) zuviel Beschickung (Satz), so tritt Abkühlung vor den Formen ein, und das unvollständig reduzierte E. geht in die Schlacke (Rohgang). Bei zuwenig Erz auf dieselbe Brennmaterialmenge steigt die Temperatur zu hoch, und es bilden sich graphitreiche schwarzgraue Roheisensorten (übergarer Gang). Sobald der Ofen in normalen Gang gekommen, das Anblasen beendigt ist, setzt man das regelmäßige Chargieren von vorher abgewogenen Beschickungs- und Brennmaterialmengen fort. Gewöhnlich nimmt man die Brennstoffquantität (Brennmaterialgicht) konstant an und ändert das Gewicht des jedesmaligen Beschickungssatzes nach dem dermaligen Ofengang.

Die im Ofen angesammelte Schlacke fließt ununterbrochen aus einer etwas unterhalb der Windformen[482] gelegenen Öffnung, der Lürmannschen Schlackenform, in eiserne Wagen ab, die auf Schienenbahnen aus der Hütte entfernt werden. Die erstarrte Schlacke wird auf die Halde gestürzt. Man leitet aber auch die flüssige Schlacke in einen Wasserstrom und erhält dabei den Schlackenkies, der auf Seilbahnen leicht transportiert werden kann. Über die Verwendung der Schlacken s. d.

Das im Herd angesammelte Roheisen wird bei Sumpföfen mit Vorherd entweder direkt aus diesem oder aus einem damit kommunizierenden Schöpfherd mittels Kellen gleich in die Gießformen geschöpft, meist aber, und immer bei Ofen mit geschlossener Brust, abgestochen, indem man eine mit Sand oder Ton verstopfte Öffnung (Stich) unmittelbar über dem Bodenstein aufsticht, worauf man das flüssige Metall in Gießpfannen, Sand- oder Eisenformen etc. abfließen läßt. Das erstarrte E. bildet die Masseln. Ost wird das Roheisen auch in gemauerten großen Pfannen gesammelt, um noch flüssig dem Stahlwerk zugeführt zu werden.

Die Eigenschaften des Roheisens sind von der Beschickung, der Temperatur des Ofens und der Art des Betriebes abhängig. Das weiße Roheisen von silberweißer Farbe, großer Härte und Sprödigkeit, starkem Glanz und dem spez. Gew. 7,58–7,68 entsteht im allgemeinen aus leicht reduzierbaren und leichtschmelzigen Erzen, wenn im heißesten Teil des Ofens, vor den Formen, keine viel höhere Temperatur herrscht als die Schmelztemperatur des erzeugten Kohleneisens, und wenn dieses nach der Entfernung aus dem Ofen rasch abgekühlt wird. Es enthält Kohlenstoff ausschließlich im chemisch gebundenen Zustand. Werden reine Eisensteine angewendet, erhält die Schmelzmasse durch einen Mangangehalt den hinreichenden Grad der Leichtschmelzigkeit, und ist die Temperatur in den Teilen über dem Schmelzraum so hoch, daß das E. sich vollständig kohlen konnte, so entsteht ein stark glänzendes, weißes, sehr hartes, sprödes, kristallinisch-blätteriges Produkt mit dem höchsten Kohlenstoffgehalt (bis zu 6 Proz.), das Spiegeleisen (Spiegelfloß, Hartfloß, Rohstahleisen), das besonders aus manganhaltigem Spateisenstein dargestellt und wegen seiner Reinheit und seines Mangangehalts (bis 20 Proz.) zur Stahlfabrikation benutzt wird. Weiße Roheisensorten mit geringerm Kohlenstoffgehalt können aus reinen, leichtschmelzigen Erzen der angegebenen Art bei nicht sehr hoher Temperatur entstehen und zwar in Gestalt von strahligen oder blumigen Flossen (Weißstrahl) mit bis 4,5 Proz. Mangan, das Material für den Puddelprozeß und, wenn es 2–3 Proz. Phosphor enthält, für den Thomasprozeß (Thomasroheisen) mit 3 bis 4 Proz. Kohlenstoff, oder in Gestalt von porösen, gekrausten Flossen (körniges Weißeisen, weißes gares E., gemeines weißes Roheisen) mit bis 2–3 Proz. Kohlenstoff, die schon Stahlnatur, unter anderm Anlauffarben in ihren Blasenräumen zeigen. Mit abnehmendem Kohlenstoffgehalt erhöhen sich Weichheit und Dickflüssigkeit, so daß Spiegeleisen am härtesten ist und einen gewissen Grad Dünnflüssigkeit zeigt, gekrauste Flossen aber weich sind und teigartig einschmelzen.

Graues Roheisen (Graueisen) ist hellgrau bis dunkel schwarzgrau mit körnigem bis feinschuppigem Gefüge, weniger hart als Weißeisen, vom durchschnittlichen spez. Gew. 7,0 und bildet sich, wenn mit Kohlenstoff gesättigtes E. im Schmelzraum stark über seinen Schmelzpunkt erhitzt und dann langsam abgekühlt wird (bei schneller Abkühlung des geschmolzenen grauen Roheisens entsteht Weißeisen wie bei der Hartgußfabrikation). Es enthält nur einen Teil seines Kohlenstoffes chemisch gebunden, der Rest hat sich in Form von Graphit ausgeschieden, der dem E. mechanisch beigemengt ist und es dunkel färbt. Die Farbe ist um so dunkler, je höher die Temperatur gestiegen war (schwarz- bis hellgraue Roheisensorten). Die Übergänge des Graueisens in Weißeisen werden durch die halbierten Roheisensorten (Forelleneisen) vermittelt, die beide Sorten in besondern Lagen oder in grauer Grundmasse lichtere Partien (schwach halbiert) oder umgekehrt (stark halbiert) zeigen. Bei der hohen Erzeugungstemperatur des grauen Roheisens, das bei 1100–1300° schmilzt, reduziert sich auch aus der in der Schmelzmasse nie fehlenden Kieselsäure Silicium, das ins Roheisen geht und die Abscheidung des Kohlenstoffes als Graphit begünstigt. Schwefel und Phosphor wirken der Graphitbildung entgegen, begünstigen somit die Entstehung von Weißeisen, machen aber das Graueisen leichtschmelziger. Graueisen ist schwerer schmelzbar als Weißeisen, wird aber hauptsächlich zur Gießerei verwendet (Gießereiroheisen), weil es bei dünnem Fluß die Formen gut ausfüllt (Weißeisen erstarrt mit stumpfen Ecken und konkaver Oberfläche) und weiche, bearbeitbare Güsse gibt. Schwefelgehalt macht das E. dickflüssiger, Phosphorgehalt dünnflüssiger, weshalb man phosphorhaltiges E. gern zu dünnen Gegenständen anwendet, die indes spröde sind und starke Stöße nicht vertragen. Man benutzt Graueisen auch zur Stabeisen- und zuweilen zur Stahlfabrikation, denn obwohl die Erzeugung von Weißeisen für diesen Zweck wegen mindern Aufwandes von Brennmaterial billiger ist und dasselbe seinen chemisch gebundenen Kohlenstoff leichter an Sauerstoff abgibt als Graueisen, so zieht man doch bei unreinern, namentlich schwefelhaltigen Erzen die Erzeugung des Graueisens vor, weil sich bei der höhern Temperatur und bei passenden Zuschlägen die Unreinigkeiten vollständiger beseitigen lassen als bei der niedrigern Bildungstemperatur des Weißeisens.

An das Roheisen schließt sich das Ferromangan an, das im Hochofen aus hochmanganhaltigen Erzen hergestellt wird und 20–70 Proz. Mangan enthält; steigt der Mangangehalt noch höher, so wird das Produkt Rohmangan genannt. Diese Produkte spielen als Reduktions- und Kohlungsmittel im Bessemerprozeß eine Rolle. Beim letztern Prozeß wird auch, namentlich zur Herstellung möglichst blasenfreier Güsse, Siliciumeisen (Ferrosilicium), d.h. ein Roheisen mit 5–10 Proz. Silicium, als Zuschlag benutzt.

Im Roheisen befördert Silicium die Graphitbildung, so daß man durch Mischen von weißem Roheisen mit Siliciumeisen vortreffliches Gußeisen herstellen kann. In der Eisengießerei ist deshalb für dünnwandige Gegenstände ein Siliciumgehalt von 2 Proz. erwünscht, um das Hartwerden zu verhindern, während bei großen, langsam abkühlenden Stücken ein Siliciumgehalt von 0,5 Proz. genügt. Mangan macht das Gußeisen zum Weißwerden geneigt und spröde, erhöht das Schwindmaß, schützt aber auch beim Umschmelzen das Silicium vor raschem Verbrennen, so daß manganreiches Roheisen öfter umgeschmolzen werden kann als manganärmeres mit gleichem Siliciumgehalt. Phosphor erzeugt Sprödigkeit, Mangan verstärkt, Silicium schwächt jenen Einfluß. Bei Roheisen mit 0,25 Proz. Phosphor kann man die größte absolute Festigkeit bei 0,8–1,4 Proz. gebundenem Kohlenstoff erwarten. In gleichem Verhältnis, in dem der Phosphorgehalt wächst, muß der[483] Kohlenstoffgehalt kleiner bleiben. Der Schwefelgehalt beträgt im Gießereiroheisen in der Regel weniger als 0,1 Proz. und ist dann von geringerer Bedeutung. Größerer Schwefelgehalt erhöht die Neigung des Graueisens, weiß zu werden, und die Dickflüssigkeit.

Die folgende Tabelle gibt ein Bild von der Zusammensetzung verschiedener Roheisensorten (nach der »Gemeinfaßlichen Darstellung des Eisenhüttenwesens«, hrsg. vom Verein deutscher Eisenhüttenleute, 5. Aufl., Düsseld. 1903).

Tabelle

II. Darstellung von schmiedbarem Eisen.

(Hierzu die Tafeln »Eisen II und III«.)

1) Die sehr alte Darstellung des Schmiedeeisens durch direkte Reduktion von Erzen und Ausschmieden des erhaltenen Eisenschwammes (Rennarbeit) verlangt sehr reiche und reine, leicht reduzierbare Erze, verbraucht viel Brennmaterial und arbeitet mit sehr großem Eisenverlust durch Verschlacken. Das Produkt ist freilich vortrefflich, denn die Temperatur steigt in den Öfen nicht hoch genug, um Kieselsäure zu reduzieren, während Schwefel und Phosphor bei der langen Dauer des Prozesses abgeschieden werden. Man füllte einen aus Eisenplatten gebildeten Kasten (Rennfeuer, Luppenherd) mit Kohle, blies das Feuer mit Gebläseluft an und führte das Erz (meist poröse, leicht reduzierbare Braun- und Spateisensteine) allmählich ins Feuer ein, wobei ein Teil des Eisens als Eisenschwamm ausgeschieden und alsbald durch Zusammensintern der Kohlung entzogen wurde. Das gebildete E. (Luppe, Deul, Dachel, Wolf, Stück, Bals, Bramme) wurde zum Ausquetschen der eingeschlossenen Schlacke stark gehämmert (»gezängt«) und in mehrere Stücke geteilt, die man schweißwarm machte und ausreckte. Die Mängel dieses Verfahrens suchte man in der Folge durch Erhöhung der Herde zu kleinen Schachtöfen von 2–3,8 m Höhe (Stücköfen, Wolfsöfen) zu verringern. Die Stücköfen waren die Vorgänger der Hochöfen. Man konnte nun abwechselnd Schmiedeeisen und Roheisen darstellen, doch mußte man im ersten Fall für beständigen Abfluß der Schlacken sorgen, damit das E. der Einwirkung des Gebläsewindes ausgesetzt blieb. Siemens, Hunt, Westman, Imperatori u.a. haben die Fortschritte in der Feuerungstechnik für diesen Prozeß nutzbar zu machen gesucht. Siemens benutzt einen Flammofen mit Gasfeuerung, der Boden der Schmelzkammer bildet einen Sumpf zur Ansammlung des flüssigen Metalls und die eine Seite der Kammer einen geneigten Herd, auf dem das zu schmelzende Gemenge von Erz, Kohle und Zuschlägen sich herunterbewegt. Diese Materialien werden durch einen Schlitz im Gewölbe an der obern Seite des geneigten Herdes eingebracht. Die Zuschläge enthalten Kalk, Kochsalz und Abraumsalze, und da die Beschickung sofort bei ihrem Eintritt in den Ofen der höchsten Temperatur ausgesetzt wird, so schmilzt sie alsbald und schützt die Kohleteilchen vor Verbrennung. Die Reduktion erfolgt im flüssigen Zustand, und das abgeschiedene E. sammelt sich am Boden des Sumpfes.

2) Schmiedbares E. aus Roheisen. Die unter 1) beschriebenen Prozesse haben zurzeit keine größere praktische Bedeutung, vielmehr wird schmiedbares E. gegenwärtig ganz allgemein aus Roheisen dargestellt, dem man durch Oxydation einen Teil seines Kohlenstoffes und der übrigen Beimengungen entzieht (Frischprozeß). Häufig wird die Entkohlung so weit fortgeführt, daß das erzeugte Produkt genau den Kohlenstoffgehalt des gewünschten schmiedbaren Ei sens besitzt (Frisch- u. Puddelprozeß); in vielen Fällen wird aber auch die Entkohlung weiter getrieben und das kohlenstoffarme Produkt durch erneute Hinzufügung von Kohlenstoff (meist in Form von Spiegeleisen) wieder höher gekohlt. Man ist dadurch weit besser als früher imstande, Schmiedeeisen oder Stahl von bestimmter Qualität herzustellen. Als Oxydationsmittel benutzt man stets den Sauerstoff der Luft, zuweilen auch den in Oxyden (Eisenoxyd, Eisenoxydoxydul) enthaltenen Sauerstoff. Der Frischprozeß wird bei der Darstellung von Schweißeisen entweder in offenen Gebläseherden (Frischherden) unter Anwendung von Holzkohlen (Herdfrischprozeß) oder in Flammöfen unter Anwendung von Steinkohlen oder Gasfeuerung ausgeführt (Puddelofenprozeß). Bei der Darstellung von Flußeisen wird in einem hängenden, birnförmigen Gefäß Luft in seiner Zerteilung durch ein Roheisenbad gepreßt (Bessemerprozeß), oder man benutzt Flammöfen mit Gasfeuerung und steigert dabei die Temperatur bis zum Schmelzen des schmiedbaren Eisens (Martinprozeß). Der Herdfrischprozeß ist der älteste aller Frisch prozesse und liefert ein sehr reines, weiches und dehnbares E., erfordert aber als Brennstoff Holzkohlen und ist deshalb nur noch in holzreichen Gegenden im Gebrauch. Der Puddelofenprozeß wird durch die weitere Entwickelung des Bessemer- und Martinprozesses immer mehr verdrängt; eine wesentliche Rolle spielt dabei das Streben nach Massenproduktion: 5000 kg Roheisen werden durch Herdfrischen in ca. 11/2 Woche, durch Puddeln in 11/2 Tag und durch Bessemern in 20 Minuten in schmiedbares E. verwandelt.[484]

a) Darstellung von Schweißeisen.

Vgl. Tafel »Eisen II: Schweißeisen«.

Reines möglichst kohlenstoffarmes Weißeisen (garschmelziges E.) kann ohne weiteres, siliciumreiches Weißeisen und graues Roheisen (rohschmelziges E.) dagegen erst nach einer vorbereitenden Arbeit (Feinen, Raffinieren, Läutern) dem Herdfrischen oder Puddeln unterworfen werden. Das Feinen besteht in einem Einschmelzen des Roheisens unter Luftzutritt, wobei sich zunächst das Silicium zu Kieselsäure oxydiert, die mit dem gleichzeitig entstehenden Eisenoxydul eine Schlacke (Rohschlacke) bildet. In dem Maß, als sich das Silicium abscheidet, geht der Graphit des Roheisens in gebundenen Kohlenstoff über, ohne sich zu oxydieren; man erhält dann schließlich Weißeisen (Feineisen).

Das reine Weißeisen oder das gefeinte Graueisen wird im Herdofen mit Holzkohlenfeuerung dem Frisch prozeß unterworfen. Bei Einwirkung der Gebläseluft auf das geschmolzene E. erfolgt eine lebhafte Oxydation des Eisens und seiner fremden Bestandteile (Rohfrischperiode), das gebildete Eisenoxyduloxyd löst sich in der Schlacke und wirkt energisch oxydierend auf den gebundenen Kohlenstoff unter Erzeugung von Kohlenoxydgas, das entweicht und die Masse zum Aufschäumen (Kochen) bringt. Ist diese wieder ruhig geworden, so ist ein Produkt mit dem Kohlenstoffgehalt von Stahl entstanden, dem zur Bildung von Schmiedeeisen noch mehr Kohlenstoff entzogen werden muß. Man setzt deshalb den Oxydationsprozeß fort (Garfrischen), und das im Überschuß gebildete, von der immer basischer werdenden Schlacke (Garschlacke) aufgelöste Eisenoxyduloxyd trägt zur weitern Entkohlung bei, bis an gewissen Kennzeichen (Weißglühen, knetbarer Zustand der Eisenteilchen etc.) das Ende der Periode erkannt wird. Auch die fremden Beimengungen des Roheisens, Silicium, Phosphor, Schwefel, werden durch das Frischen leicht entfernt, nur das Kupfer macht davon eine Ausnahme. Das Frischen beschleunigt man durch Zusatz Sauerstoff abgebender (garender) Substanzen, wie Hammerschlag, Garschlacke etc. Man setzt etwa 110–120 kg Roheisen ein, bringt 72–75 kg Schmiedeeisen aus und verbraucht auf 100 kg ausgeschmiedetes E. 1–1,5 cbm Holzkohle bei 4–6 Stunden Arbeitsdauer. Graues, rohschmelziges Roheisen erfordert zur Überführung in Schmiedeeisen die Durchführung der oben angegebenen drei Perioden des Feinens, Roh- und Garfrischens (Dreimalschmelzerei); Spiegeleisen und schwach gefeintes Roheisen bedingen nur die beiden letzten Perioden (Zweimalschmelzerei) und kohlenarmes Weißeisen, luckige Flossen oder stark gefeintes E. nur die letzte Periode (Einmalschmelzerei). Der schwedische Frischprozeß (Wallonenschmiede) unterscheidet sich dadurch vom deutschen, daß nur geringe Mengen E. auf einmal in Arbeit genommen werden, und daß man keine entkohlende Schlacke zusetzt. In Deutschland kommen Frischfeuer nur noch vereinzelt im Bergischen vor; in holzreichen Bezirken, wo man über sehr reines Roheisen verfügt, wie in Schweden, Steiermark etc., übt man wohl noch das Herdfrischen, aber auch nur zur Herstellung von Eisensorten, an die besondere Anforderungen gestellt werden, wie des schwedischen Eisens für Hufnägel und Zementstahl, des steierischen Rohstahls, der russischen Glanzbleche etc.

Das Herdfrischen wurde zunächst verdrängt durch Anwendung von mit festem rohen Brennmaterial oder mit Gasen befeuerten Flammöfen (Puddelöfen, nach dem engl. to puddle, »rühren«, oder Rühröfen), in denen das Roheisen nicht mit dem Brennmaterial, sondern nur mit der Flamme in Berührung kommt. Je nachdem man den Kohlenstoff mehr oder weniger vollkommen entfernt, erhält man sehniges oder körniges E. – Beim Puddeln auf Sehne wird das Roheisen (300 kg) auf der Schlackensohle mit Zuschlägen während 25–45 Min. eingeschmolzen (Feinperiode). Hierbei wirken die Luft und die Kohlensäure der Feuergase auf das E. ein und oxydieren namentlich das darin enthaltene Silicium. Die Masse wird nun abgekühlt und wiederholt mit einer Kratze umgerührt (das eigentliche Puddeln), wobei durch reichliche Bildung von Eisenoxyduloxyd der Kohlenstoff unter Entwickelung von Kohlenoxydgas und starkem Aufblähen der Masse oxydiert wird (Rühr- oder Kochperiode). Man unterstützt die Oxydation noch durch Einwerfen von Hammerschlag und Garschlacke. Sobald die Masse wieder ruhig geworden und aus der Schlacke blendend weiße, schwammige Partien hervorstehen, befindet sich das E. in stahlartigem Zustand. Zur weitern Entkohlung in der Garfrischperiode rüttelt man die zusammengefrittete Masse mit der Brechstange kräftig durch (»durchschlagen«), schiebt sie am Fuchs zusammen, bricht einzelne Brocken davon ab, die man nach der Feuerbrücke schafft (»umsetzen«), und wiederholt diese Operation, bis sich eine stark schweißende kompakte Masse gebildet hat. Dann teilt man die Masse in Stücke von 30–40 kg (Luppen, Bals), gart sie noch durch Umwälzen in der Schlacke und bearbeitet sie unter Stirn-, Aufwerf- oder Dampfhämmern oder Zängewalzwerken, Quetschern oder Luppenmühlen (»zängen«), um die darin enthaltene Schlacke auszuquetschen und dichtere, prismatische Stücke (Kolben, Masseln) zu erhalten. – Beim Puddeln auf Feinkorn wendet man Roheisen in geringern Mengen an, führt den Prozeß bei höherer Temperatur schneller durch und schützt das Produkt gegen das Ende vor zu kräftiger Oxydation durch Bedeckthalten mit Schlacken und Anwendung einer etwas rauchigen Flamme. Die Arbeit des Puddlers ist außerordentlich anstrengend, und man hat daher vielfach versucht, Maschinen anzuwenden. Dahin gehört der Rotierofen von Danks (vgl. Tafel »Eisen II«). Man trägt in den Rotator die Roheisencharge (300 kg) nebst Zuschlag (Roteisenstein) ein und läßt ihn anfangs sehr langsam, nach dem Einschmelzen aber etwas rascher (etwa zwei Touren in der Minute) rotieren. Dann steigert man die Temperatur durch Vermehrung des Unterwindes, hält den Ofen behufs Abstechens der Schlacke an, schließt den Stich und steigert die Temperatur bei zehn Umdrehungen in der Minute behufs energischer Durcharbeitung, wobei unter heftigem Kochen Frischeisen entsteht. Bei verminderter Feuerung und Umdrehungszahl (1,5 Touren in der Minute) läßt man die Eisenteilchen zu einem Klumpen (Luppe) zusammengehen, zieht diesen heraus und zängt ihn unter einer Quetschmaschine. In Deutschland ist der rotierende Ofen kaum je zur Anwendung gelangt. Zur Darstellung von sehnigem E. wird gewöhnlich weißes Roheisen benutzt, zum Puddeln von Feinkorn und Stahl vielfach graues Roheisen, oft gemengt mit manganreichem, hochstrahligem und Spiegeleisen, weil kieselsäure- und manganreiche Schlacke die Entkohlung verlangsamt und damit die Entschwefelung begünstigt. Phosphorsäure wird beim Puddeln von stark basischer Schlacke leicht aufgenommen, zur Erzeugung besten Schmiedeeisens und des Stahls bedarf man aber eines Roheisens mit nur wenig [485] Phosphor. Der Abbrand beträgt beim Puddeln 6–15 Proz., der Brennstoffaufwand 750–2000, in den großen doppelten und vierfachen Öfen nur 450 kg auf 1 Ton Luppenstäbe. Ein Ofen liefert in 24 Stunden etwa 4600, ein großer Ofen bis 10,000 kg Rohschienen. Trotz dieser höhern Leistungsfähigkeit wird der Puddelprozeß seit Einführung des Flußeisens immer mehr zurückgedrängt.

Darstellung von Schweißstahl. Durch Rennarbeit, durch Herdfrischen und Puddeln kann man auch Stahl darstellen, wenn man die Entkohlung weniger weit treibt. Die Erzeugung von Stahl durch direkte Reduktion von Eisenerzen, die Rennarbeit (s. oben), ist nur noch ganz vereinzelt im Gebrauch. Durch Herdfrischen und Puddeln wird Stahl ganz in derselben Weise und in denselben Apparaten aus dem Roheisen gewonnen wie Schmiedeeisen, nur wird die Arbeit früher abgebrochen. Zur Darstellung von Herdfrischstahl (Schmelzstahl, Mock) dient hauptsächlich ein aus Spateisenstein erblasenes Roheisen (Rohstahleisen). Puddelstahl wird bei billigem Preis hauptsächlich zu schweren Gegenständen benutzt.

Während man beim Herdfrischen und Puddeln die Temperatur bis zum Schmelzen des Roheisens steigert, gelingt die Entkohlung von Weißeisen auch schon in der Glühhitze (Glühfrischen, Tempern) ohne Änderung des Aggregatzustandes, wenn man 2 cm starke Stangen von Weißeisen in Tonkasten von 5000 kg Inhalt in grobkörnigen Quarzsand einpackt und 15–35 Tage zum Glühen erhitzt; durch den Sauerstoff der Luft entsteht auf der Oberfläche des Roheisens Eisenoxydoxydul, das den gebundenen Kohlenstoff in Kohlenoxyd überführt. Der erhaltene Stahl (Tunners Glühstahl) wird durch Umschmelzen in Tiegeln oder durch Umschweißen verbessert. Um spröde Gußware ohne Änderung der Form in schmiedbares E. überzuführen, um ihre Festigkeit zu erhöhen und die Möglichkeit einer leichtern Bearbeitung herbeizuführen (Temperguß, schmiedbarer Guß, hämmerbares Gußeisen), verpackt man die aus weißem Roheisen unter Zusatz von Schmiedeeisen gegossenen Gegenstände von nicht mehr als 25 mm Stärke mit Roteisensteinpulver (seltener mit andern Eisenerzen oder Braunstein, Zinkoxyd etc.) schichtenweise in gußeiserne oder tönerne Kasten und glüht sie 4–6 Tage lang in gemauerten Kammern bei Kirschrotglut. Nach dieser Behandlung lassen sich die Gegenstände in der Kälte und bei nicht zu hoher Temperatur schmieden und nehmen stahlartige Politur an, ohne jedoch große Festigkeit und Widerstandsfähigkeit gegen Stöße zu besitzen. Man wendet dies Verfahren, das gegenwärtig eine bedeutende Rolle spielt, unter anderm auf Schlüssel, Pferdegeschirr- und Gewehrteile, Schrauben, Knöpfe, Türbeschläge, Nägel, Portemonnaiebügel, Förderwagenräder etc. an.

Zur Erzeugung von Stahl durch Kohlung von Schmiedeeisen (Zementstahldarstellung) wird möglichst reines Schmiedeeisen in etwa 50–130 mm breiten und 10–20 mm dicken Stäben in abwechselnden Lagen mit grobem Holzkohlenpulver (Zementierpulver, am besten Laubholzkohle) in steinernen, bis 8 Ton. fassenden Kisten eine Woche lang bei 1000° geglüht. Hierbei erleidet das Schmiedeeisen eine Kohlung, deren Grad direkt von der Temperatur, aber nicht von der Dauer des Erhitzens abhängig ist, während sie um so weiter nach innen fortschreitet, je länger das Zementieren dauert. Beim Kohlen geht die sehnige Textur des Eisens anfangs in eine kristallinisch-schuppige über, das spezifische Gewicht sinkt von 7,76 auf 7,71, die kristallinischen Blättchen werden immer kleiner, und der Prozeß ist beendigt, wenn die Stäbe bei sehr feinkörnigem Gefüge und dunkler Farbe brüchig werden, auch oberflächlich sich mit Blasen überziehen (Blasenstahl, Rohstahl). Dieser Stahl ist wegen seiner Brüchigkeit direkt nicht zu verwenden, sondern muß nach sorgfältigem Sortieren entweder durch Schweißen (Gärbstahl, Raffinierstahl) oder vollkommener durch Umschmelzen in Tiegeln (Tiegelgußstahl) homogen gemacht werden. Man kann dem Zementstahl sicherer eine bestimmte Härte geben als dem Herd- und Puddelstahl, und aus bestem schwedischen E. dargestellt und in Tiegeln umgeschmolzen, liefert er den renommierten englischen Huntsmanstahl, der fast nur aus reinem Kohleneisen, höchstens mit 1/1000 Mangan und Silicium, besteht. Vgl. Tafel »Eisen III«.

Zum Gärben, das auch auf Herdfrisch- und Puddelstahl angewendet wird, werden mehrere Stäbe zu einem Bündel (Garbe) zusammengelegt, dieses wird mit später abzuschlagenden Ringen umgeben, in einem offenen Gebläsefeuer zwischen Kohlen unter Aufstreuen von Sand (Schweißsand) ausgeheizt, die herausgenommene, nahezu schweißwarme, von Schlacke umgebene Garbe wird mit einem Handhammer zusammengeschlagen (das Ganzmachen), wieder ins Feuer gebracht und in schweißwarmem Zustand in mehreren Hitzen unter einem Schwanzhammer ausgereckt. Diese Operationen werden nötigenfalls noch drei- bis viermal wiederholt.

Das Umschmelzen von Schweißstahl wurde zuerst 1740 von Huntsman in Sheffield ausgeführt. Es wird am häufigsten mit Zement- und Glühstahl, zuweilen auch mit Herd- und Puddelstahl in Tiegeln vorgenommen, und diese Methode liefert dichtere Güsse als Bessemer-, Martin- und Landorestahl. Beim Schmelzen nimmt der Stahl aus der Wandung von Tontiegeln Silicium, aus Graphittiegeln Kohlenstoff auf. Vgl. Tafel »Eisen III«. Zum Schmelzen von Schmiedeeisen (Mitisguß) benutzt man (m Chemnitz) einen Tiegelofen, der mit Mineralöl geheizt wird. Man verarbeitet reinstes Schweißeisen und gibt nur bei Stahlguß Zusätze von Manganeisen etc. Das Metall füllt auch zierliche Formen gut aus, die Gußstücke besitzen scharfe Abmessungen und alle Eigenschaften des Schmiedeeisens. Vgl. Tafel »Eisen III«.

Auch durch Zusammenschmelzen von Schmiedeeisen mit Kohlenstaub läßt sich Stahl herstellen, doch ist es schwer, einen bestimmten Kohlungsgrad zu erreichen, und jedenfalls bleibt die Qualität des Stahles abhängig von der Beschaffenheit des verwendeten Schmiedeeisens. Nach diesem Verfahren wird ein sehr weicher, nicht härtbarer Stahl (Homogeneisen) aus sehr reinem Stabeisen und 1/150-1/140 Holzkohlenpulver dargestellt. Man benutzt ihn zu Dampfkessel blechen und zum Beschlagen der Schiffe, und er soll dem Meerwasser besser widerstehen als Eisenblech.

Dem Zementstahl verwandt ist der indische Damast- oder Wootzstahl, zu dessen Darstellung man durch Rennarbeit in niedrigen Herden erzeugtes E. in kleinen Tontiegeln mit Holz von Cassia auriculata und Windenblättern im Gebläseofen so lange erhitzt, bis infolge einer oberflächlichen Kohlung das E. außerlich zu schmelzen beginnt, während der innere, kohlenstoffärmere Kern nur teigartig wird. Die erkaltete Masse wird an der Luft ausgeglüht und bei Schweißhitze zu Stäben ausgeschmiedet, die beim Ätzen mit Säuren eigentümliche ader- und wellenförmige Zeichnungen[486] (Damast) erhalten, indem sich die kohlenstoffärmern Partien leichter auflösen als die stahlartigen, kohlenstoffreichern. Wegen der Reinheit der angewendeten Rohmaterialien zeigt der Stahl große Elastizität im gehärteten Zustand. Bester Stahl dieser Art enthält nur 0,87–1,28 Proz. Kohlenstoff, zuweilen mit 0,04–0,14 Proz. Silicium. Dem echten Produkt kommt der unechte oder künstliche Damaststahl nicht gleich. Vgl. Damaszener Stahl.

b) Darstellung von Flußeisen.

Vgl. Tafel »Eisen III: Zementstahl, Tiegelgußstahl, Flußeisen«.

Während man bei der Darstellung des Schweißeisens das Produkt in halbweichem Zustand erhält, wird bei dem von Bessemer erfundenen Entkohlungsverfahren ein flüssiges Produkt hergestellt.

a) Der saure Prozeß. Das Wesen des Bessemerverfahrens besteht darin, daß man durch das flüssig gemachte E. von unten stark gepreßte Gebläseluft (mit 80–140 cm Quecksilberpressung) in vielen seinen Strahlen leitet und die Entkohlung ohne Anwendung besondern Brennmaterials durchführt. Dieses ist dadurch möglich, daß bei der Einwirkung des Windes auf das flüssige Roheisen zunächst Silicium und Mangan, daneben auch wenig E. und darauf der Kohlenstoff oxydiert werden, wobei namentlich durch das verbrennende Silicium eine so hohe Temperatur entsteht, daß auch das entkohlte Metall während der verhältnismäßig kurzen Dauer des Prozesses (10–25 Minuten) flüssig bleibt. Siliciumarme Weißeisensorten, deren amorpher Kohlenstoff viel schneller als der Graphit des Graueisens verbrennt, eignen sich deshalb nicht für den Prozeß, weil durch die Verbrennung nicht die erforderliche Temperatur erzeugt wird. Das Roheisen für den Bessemerprozeß muß etwa 2 Proz. Silicium enthalten; vorteilhaft ist auch ein gewisser Mangangehalt, während Schwefel und vor allem Phosphor schädlich sind. Der Schwefel findet nicht Zeit, sich hinreichend zu verschlacken, und bei der gewöhnlich angewendeten, viel Kieselsäure enthaltenden Ausfütterung der Bessemerbirne (saurer Prozeß) wird die Phosphorsäure aus dem entstehenden phosphorsauren Eisenoxydul durch die Kieselsäure der sauren Schlacke ausgeschieden und darauf reduziert, und der Phosphor geht wiederum ins E. Der Phosphorgehalt des Roheisens darf aus diesem Grund beim sauren Prozeß höchstens 0,1 Proz. betragen. Da Deutschland hauptsächlich phosphorhaltige Eisenerze besitzt, so ist hier das Bessemern abhängig von der Einfuhr geeigneten Roheisens oder phosphorarmer Erze.

Die Bessemerbirne erhält entweder direkt aus dem Hochofen oder aus einem Kupolofen eine Beschickung mit 10–16 Ton. Roheisen. Vorteilhaft sammelt man aber zunächst, um den Betrieb der Hochöfen und den des Stahlwerkes unabhängig voneinander zu machen und zur Erzielung eines gleichmäßigen Materials, etwa 150–250 T. Roheisen in einem großen kippbaren Mischer, in dem sich überdies bei ruhigem Stehen ein großer Teil des Schwefels als Schwefelmangan abscheidet. Aus dem Mischer werden die Bessemerbirnen gespeist. Bei der Einwirkung der Gebläseluft oxydiert sich zunächst das Silicium neben Mangan und wenig E., während der Graphit in dem Maß, als das Silicium abgeschieden wird, in gebundenen Kohlenstoff übergeht (Feineisenbildung); es entsteht dabei eine saure Schlacke mit 45–52 Proz. Kieselsäure. Diese erste Periode (Fein- oder Schlackenbildungsperiode) ist beendigt, wenn sich an der Halsmündung eine kleine zugespitzte Flamme von orangegelber Farbe mit einigen blauen Streifen und weißem Saum bei geringer Leuchtkraft zeigt. Jetzt beginnt in der zweiten Periode (Rohfrisch-, Koch-, Eruptions- oder Stahlbildungsperiode) eine starke Oxydation des Eisens unter Bildung von Eisenoxyduloxyd, das den amorphen Kohlenstoff unter starkem Aufkochen des Bades unter Kohlenoxydgasbildung oxydiert. Es findet ein lebhafter Auswurf von Schlacken und Eisenteilchen aus dem Birnenhals statt, und es zeigt sich eine helle, dichte, stark leuchtende, stoßweise austretende Flamme, mit Eisenfunken, Sternchen und Eisenkügelchen untermischt. Sobald diese Flamme erlischt (etwa nach 10 Minuten), ist der Entkohlungsprozeß beendet. Genauer verfolgt man den Verlauf des Prozesses mit dem Spektroskop. Man erblickt hierbei während der Verbrennung des Kohlenstoffes hellgrüne Manganlinien, deren Erlöschen das Ende der Entkohlung auf Sekunden genau anzeigt. Man setzt dann flüssiges mangan- und kohlenstoffreiches Spiegeleisen zu, um im E. gelöstes Eisenoxydul, welches das Flußeisen rotbrüchig machen würde, durch das Mangan zu reduzieren und dem Produkt einen bestimmten Kohlenstoffgehalt zu geben (Rückkohlung). Zur Erzielung eines sehr weichen Eisens ersetzt man das Spiegeleisen durch Ferromangan.

b) Der basische Prozeß. Die Möglichkeit, phosphorreiches Roheisen nach dem Flußeisenverfahren zu verarbeiten, erwiesen Thomas u. Gilchrist, indem sie zur Bindung der Phosphorsäure die Birne mit einem basischen Futter (aus gebranntem Dolomit) versahen. Gibt man außerdem einen Zuschlag von gebranntem Kalk, so entsteht eine sehr basische Schlacke, welche die Phosphorsäure aufnimmt. Man muß dabei aber ein siliciumarmes Roheisen wählen, weil durch den zur Bindung der Kieselsäure erforderlichen Kalk zuviel Schlacke gebildet werden würde. Anderseits entfällt bei siliciumarmem Roheisen die erforderliche Temperaturerhöhung durch Verbrennen des Siliciums, und man muß deshalb das Roheisen heißer in die Birne bringen als beim sauren Prozeß. Es verbrennt dann zuerst der Kohlenstoff mit dem Mangan und zuletzt der Phosphor, dessen Oxydation bei einer so starken Temperaturerhöhung stattfindet, daß man mit gleicher oder höherer Temperatur gießen kann als beim Bessemern. Deshalb soll das Thomasroheisen 1,9–2,7 Proz. Phosphor, 1,1–2,0 Proz. Mangan, 0,2–0,5 Proz. Silicium und 3,2–3,6 Proz. Kohlenstoff enthalten. Von der Phosphorsäure verbindet sich je 1 Molekül mit 3 Molekülen Eisenoxydul zu Eisenoxydulphosphat, das alsbald durch Kalk unter Bildung von vierbasischem Kalkphosphat Ca4P2O9 zersetzt wird. Das frei gewordene Eisenoxydul wird durch Phosphor reduziert, und erst wenn dessen Menge unter 0,3 Proz. gesunken ist, steigt der Eisengehalt der Schlacke. Es ist eine der großartigsten Reaktionen der Praxis, daß in Massen von 10 Ton. Roheisen der Gehalt an Phosphor durch Bespülung mit etwa 3 T. Schlacke in wenigen Minuten auf wenige Zehntel Prozent heruntergeht. Bei der Rückkohlung des Thomasflußeisens durch Spiegeleisen reduziert dessen Kohlenstoff aus der Schlacke Phosphor, der ins E. geht. Um dies zu vermeiden, läßt man die Schlacke nach Beendigung des Prozesses abfließen, gibt etwas Kalk in die Birne, um den Rest der Schlacke dickflüssig zu machen, und läßt dann das Flußeisen gleichzeitig mit geschmolzenem Spiegeleisen in die Gießpfanne fließen, so daß der Einfluß der Schlacke ausgeschlossen wird. Nach dem Phönixprozeß bringt[487] man gleichzeitig mit dem flüssigen Flußeisen gemahlene Koks oder Kohlenziegel (mit Kalk gebundenes Kokspulver) in die Gießpfanne. Der Kohlenstoff löst sich hierbei sehr schnell in dem E. Ursprünglich lieferte das Thomasverfahren nur sehr weiches Flußeisen, während jetzt nach Überwindung der Schwierigkeiten der Rückkohlung auch alle Eisen- und Stahlsorten hergestellt werden können, die das saure Verfahren liefert. Letzteres ist daher in Deutschland fast vollständig verdrängt. Die beim Thomasprozeß erzeugte Schlacke enthält 14–20 Proz. Phosphorsäure und wird als Dünger benutzt (s. Thomasschlacke), ein Teil der Schlacke wird aber wieder im Hochofen verhüttet, um den Phosphor für das Thomasroheisen zurück zu gewinnen.

c) Der Siemens-Martin-, Prozeß (vgl. Tafel »Eisen III«). Die Erzeugung von Stahl durch Zusammenschmelzen von Roheisen und Schmiedeeisen wurde schon seit dem Anfang des 18. Jahrh. in Tiegeln aus feuerfestem Ton oder Graphit ausgeführt. Größere Bedeutung gewann das Verfahren aber erst durch die Brüder Martin, welche die Tiegel durch einen überwölbten, mit quarziger Masse ausgekleideten Herd eines mit Regenerativfeuerung (nach Siemens', Ponsards oder Richeroux' System) versehenen Flammofens ersetzten. Später wurde dann durch Anwendung dolomitischer Masse oder von Magnesitsteinen der Prozeß auch für phosphorreiche Rohmaterialien anwendbar gemacht. Man benutzt für den sauren Martin-Prozeß phosphor- und schwefelarmes Roheisen mit 2–2,5 Proz. Silicium, 3–3,5 Proz. Mangan und 3,5–4 Proz. Kohlenstoff, für den basischen Prozeß Roheisen mit 1–1,5 Proz. Silicium neben höchstens 1,2 Proz. Mangan. Der Phosphorgehalt soll 0,5 Proz. nicht übersteigen. In viel bedeutenderer Menge als Roheisen werden allerlei Abfälle von Schmiedeeisen verarbeitet, das für den sauren Prozeß phosphorarm sein muß, während man beim basischen Prozeß ein Material verarbeiten kann, das früher sehr geringen Wert besaß. Man schmelzt auf dem vertieften Herde das Roheisen (5–50 Proz. des ganzen Einsatzes von 10–30 Ton.) nieder, trägt dann Schmiedeeisen (meist Abfälle der Flußeisenverarbeitung) ein und bringt es in dem Roheisen zum Schmelzen. Während dieses Vorganges verbrennt viel Kohlenstoff des Eisens, und dieser Frischprozeß wird noch durch Zusatz reicher Eisenerze verstärkt. Je nach der Beschickung ist das ganze Verfahren mehr ein Frischprozeß oder ein bloßes Umschmelzen schmiedbaren Eisens. Man stellt zunächst ein sehr kohlenstoffarmes Flußeisen dar und fügt dann Ferromangan oder Spiegeleisen zu, um gelöstes Eisenoxydul zu reduzieren und einen bestimmten Kohlenstoffgehalt zu erzielen. Auch Ferrosilicium, Aluminium, Magnesium werden zu genannten Zwecken zugesetzt. Das basische Martinverfahren eignet sich besonders für E., das für die Thomasbirne zu arm, für die Bessemerbirne aber zu reich an Phosphor ist, also für Roheisen mit 0,1–1,5 Proz. Phosphor. Der Siemens-Martinprozeß liefert daher sowohl weichstes Flußeisen als harten Stahl, und das im basischen Verfahren erzeugte Flußeisen ist von unübertroffener Qualität und sehr gut schweißbar. Über Nickelstahl, Chromstahl etc. s. Eisenlegierungen.

Die Tabelle I gibt eine Übersicht der wichtigsten Darstellungsarten von schmiedbarem E. aus Roheisen. Die Zusammensetzung der verschiedenen Sorten von schmiedbarem E. ergibt die Tabelle II, S. 489.

Tabelle
Schmiedeeisen (Stabeisen, Schweißeisen) wird in seinen Eigenschaften besonders durch den Kohlenstoffgehalt, die Anwesenheit fremder Beimengungen und die Art der mechanischen Bearbeitung beeinflußt. Es ist weicher als Roheisen, läßt sich leicht feilen, hobeln etc., seine Härte wächst mit dem Kohlenstoffgehalt. Kohlenstoffarmes Schmiedeeisen läßt sich nicht härten. Man unterscheidet weiches, sehniges E. mit 0,02–0,2 Proz. und hartes oder Feinkorneisen mit bis 0,8 Proz. Kohlenstoff, von dem nur Spuren mechanisch beigemengt sind. Gutes Schmiedeeisen zeigt in der Luppe ein körnigeckiges, kristallinisches Gefüge. Beim Ausrecken erhält kohlenstoffarmes, weiches E. sehniges Gefüge, während bei kohlenstoffreicherm, stahlartigem E. das Korn meist nur seiner wird. Feinkorneisen ist fester und härter als das sehnige, und beide finden für verschiedene Zwecke Anwendung. Durch anhaltende Erschütterungen wird sehniges E. kristallinisch und brüchig (Kettenbrücken, Eisenbahnwagenachsen etc.). Bei 200–400° zeigt

[488] Schmiedeeisen wechselnde Anlauffarben, es beginnt bei 525° zu glühen, zeigt bei 1000° Kirschrotglut und bei 1300° Weißglut, in welchem Zustand sich zwei auseinander gelegte Stücke durch Druck (Hämmer oder Walzen) ineinanderkneten (schweißen) lassen, wenn man die Oberfläche mit Oxydation verhindernden Substanzen (Schweißsand) bestreut: saftige Schweißhitze. Geschieht dies nicht, so verbrennt in der sogen. trocknen Schweißhitze leicht Kohlenstoff, und man erhält ein unregelmäßig grobkörniges, stark glänzendes, sehr brüchiges Produkt (verbranntes E.), dessen Oberfläche sich mit Eisenoxyduloxyd Fe3O4 (Hammerschlag, Glühspan) überzieht. Feinkorn schweißt früher als sehniges E. Bei 1800–2250° schmilzt Schmiedeeisen.

Tabelle

Sein Verhalten (Festigkeit, Schweißbarkeit etc.) bei gewöhnlicher und höherer Temperatur wird durch fremde Beimengungen mehr oder weniger geändert. Durch 0,01 Proz. und weniger Schwefel verliert es an Schweißbarkeit und Festigkeit in der Hitze (Rotbruch), es zeigen sich bei der Bearbeitung Kantenrisse und bei größerm Schwefelgehalt auch Längsrisse. Phosphor erhöht die Härte und Schweißbarkeit, erniedrigt den Schmelzpunkt, beeinträchtigt aber in erheblicherer Menge die Festigkeit des Eisens bei gewöhnlicher Temperatur (Kaltbruch); häufig läßt sich phosphorhaltiges E. im glühenden Zustand noch gut bearbeiten, während dies in der Kälte nicht mehr möglich ist. Die Schädlichkeit des Phosphors wächst mit dem Kohlenstoffgehalt. Kohlenstoffarmes Schweißeisen kann bis zu 0,8 Proz. Phosphor enthalten, ohne kaltbrüchig zu sein, während man bei Flußeisenschienen die zulässige Grenze auf 0,1 Proz. setzt. Silicium erhöht Härte, Sprödigkeit und Schmelzbarkeit, vermindert aber die Schweißbarkeit des Eisens. Der Siliciumgehalt darf um so höher sein, je kohlenstoffärmer und je manganreicher das E. ist. Bei zu hohem Siliciumgehalt wird das E. faulbrüchig, d.h. spröde in der Kälte und Wärme; ein solches E. ist dunkelfadig und körnig, mit unganzen Stellen auf dem Bruch. 0,1–0,3 Proz. Silicium sind nicht merklich schädlich. Von wesentlichem Einfluß auf die Festigkeit[489] des Schmiedeeisens ist noch die Art der Darstellung und der mechanischen Bearbeitung. Durch ungleichmäßiges Frischen des Roheisens wird Rohbruch herbeigeführt, zu erkennen an dem Zusammenvorkommen von gröberm Stabeisenkorn mit feinerm Stahlkorn auf dem Bruch. Enthält Schmiedeeisen infolge schlechter Schweißung oder Schmiedung Schlacke oder Hammerschlag eingeschlossen, so zeigt es auf dem Bruch Trennungsflächen und schwarze, glänzende Partien, es ist hadrig oder schulfrig.

Stahl steht im Kohlenstoffgehalt zwischen Roheisen und Schmiedeeisen (s. oben bei Sorten), er ist leichter schmelzbar als Schmiedeeisen, schwerer schmelzbar als Roheisen, schmiedbar und härtbar. Guter Stahl ist leicht grauweiß ohne starken Glanz und hat seines, gleichartiges Korn, nach mehrfachem Ausrecken oder bei Wolframgehalt selbst muscheligen Bruch. Seine Festigkeit ist größer als die des Schmiedeeisens, das spezifische Gewicht ist für Flußstahl 7,400–7,825, für Schweißstahl 7,826–8,100 und beträgt durchschnittlich 7,7; es vermindert sich mit zunehmendem Kohlenstoffgehalt und beim Härten. Beim Erhitzen wird Stahl weicher, schweißt früher, aber schwieriger als Schmiedeeisen, schmilzt bei 1300–1800° und absorbiert im Fluß Gase, hauptsächlich Stickstoff, Wasserstoff und Kohlenoxydgas, die bei zu heißem Guß die Gußstücke blasig machen. Läßt man flüssigen Stahl vor dem Gießen sich etwas abkühlen, so entweichen die Gase, bevor er in die Formen gelangt, und die Güsse werden dichter. Man hat auch Mangan, Silicium, Aluminium, Magnesium zur Erzielung dichtern Gusses angewendet. Bessemerstahl hält mehr Gase zurück als Martin- und Tiegelstahl, und letztere eignen sich deshalb besser zur Façongießerei. Wird glühender Stahl in einer Flüssigkeit abgekühlt (abgelöscht), so wird er um so härter, je höher die Erhitzungstemperatur und je kälter und wärmeleitender die Härteflüssigkeit ist. Quecksilber, Salze und Säuren enthaltendes Wasser härten deshalb stärker als reines Wasser, als Öl, Seife u. dgl. Das Härten beruht darauf, daß der Stahl bei plötzlicher Abkühlung schnell über die Temperatur hinweggebracht wird, bei der während des allmählichen Abkühlens Eisenkarbid ausseigert. Der gesamte Kohlenstoff bleibt als Härtungskohle im E. Erhitzt man den gehärteten Stahl allmählich auf 750°, so seigert das Karbid aus, und der Stahl wird weich. Da man Glühtemperatur und Härtefähigkeit der Flüssigkeit nicht genau genug zu taxieren vermag, um ein Produkt von bestimmtem Härtegrad zu erhalten, so macht man den Stahl durch Ablöschen anfangs härter, als er eigentlich sein soll, und führt ihn dann durch Ausglühen (Anlassen) auf den richtigen Härtegrad zurück. Stahl zeigt bei verschiedenen Temperaturen bestimmte Farben (Anlauffarben, s. Anlaufen) infolge der Bildung einer ganz dünnen Schicht von Oxyd, und diese Farben benutzt man zur Bemessung der beim Aulassen zu erreichenden Temperatur. Je stärker man Stahl nach dem Härten anläßt, um so weicher wird er. Die Anlauffarben treten in nachstehender Reihenfolge auf: bei 220° blaßgelb, zur Härtung chirurgischer Instrumente geeignet; 230° strohgelb, für Rasier- und Federmesser, Grabstichel, Drahtzieheisen; 255° braun, für Scheren und härtere Meißel; 265° braun mit Purpurflecken, für Äxte, Hobeleisen, Brot- und Taschenmesser; 277° purpurfarbig, für Tischmesser; 288° hellblau, für Säbelklingen und Uhrfedern; 293° dunkel- oder kornblumenblau, für feine Sägen, Rapiere, Bohrer, Dolche; 316° schwarzblau, für Hand- und Stichsägen. Die Gegenstände bleiben demnach viel härter, wenn man nur bis blaßgelb, als wenn man bis schwarzblau anlaufen läßt. Die Härteflüssigkeit läßt man auf den Gegenstand fließen (Strahlhärtung), oder man taucht diesen bei kreisender Bewegung ganz oder teilweise in die Flüssigkeit ein. Das Erhitzen zum Zweck des Anlassens geschieht in einem offenen oder bedeckten Holzkohlenfeuer, auf einem von unten erhitzten Eisenblech, auf einem Sandbad, über Kohlenfeuer, in Substanzen mit bestimmten Schmelzpunkten (Blei, Zinn, Legierungen) oder in Flüssigkeiten, deren Temperaturen mittels des Thermometers leicht zu messen sind (Öl, Talg etc.). Zuweilen härtet man schmiedeeiserne Gegenstande oberflächlich dadurch, daß man sie mit Kohlenstoff abgebenden Substanzen (tierischen Stoffen, wie Haare, Horn, Leder etc., Cyanverbindungen) umhüllt und erhitzt (Oberflächenhärtung). Längere Zeit wiederholt bei Luftzutritt erhitzt, wird der Stahl verbrannt (überhitzt), kohlenstoffärmer und infolgedessen grobkörnig und mürbe, läßt sich ab er durch Glühen mit Kohlenstoff abgebenden Substanzen wieder regenerieren. Guter Stahl verbindet mit Härte bedeutende Elastizität und Festigkeit ohne Sprödigkeit, welche Eigenschaften modifiziert werden können hauptsächlich durch die Größe des Kohlenstoffgehalts (mit dem Kohlenstoffgehalt nehmen z. B. Härtbarkeit und Schmelzbarkeit zu, Schweißbarkeit aber ab), durch die Darstellungsmethode und die mechanische Bearbeitung, besonders aber durch fremde Beimengungen. Gegen Rotbruch erzeugenden Schwefel ist Stahl weniger empfindlich als Schmiedeeisen und zwar verträgt Flußstahl einen köhern Schwefelgehalt als Schweißstahl. Guter Stahl kann bis zu 0,012 Proz. Schwefel enthalten, bei 0,04 Proz. in aber jeder Stahl unbrauchbar. Gegen Kaltbruch bewirkenden Phosphor ist Stahl empfindlicher als Schmiedeeisen und zwar um so mehr, je reicher er an Kohlenstoff ist. Außerdem ist der nachteilige Einfluß von Phosphor im Flußstahl erheblicher als im Schweißstahl. Bei Bessemerschienen setzt man die zulässige Grenze auf 0,1 Proz. Silicium macht den Stahl härter, spröder, schmelzbarer, weniger fest und minder schweißbar und zwar in um so höherm Grade, je höher der Kohlenstoffgehalt ist. Bei Schienenstahl darf das Silicium die Hälfte des Kohlenstoffgehalts, bei Werkzeugstahl sogar noch mehr betragen. Kupfer kann z. B. im weichen Bessemerstahl bis zu 0,3 Proz. vorhanden sein, ohne für dessen Qualität schädlich zu werden.

Festigkeit. Nach Versuchen der mechanisch-technischen Versuchsanstalt in Charlottenburg mit Flußeisen ergaben sich die Resultate bezüglich der Zugfestigkeit, wie sie die Tabelle auf S. 491, oben, enthält.

Ähnliche Resultate wurden mit Schweißeisen und Martineisen erzielt, nur nahm die Zugfestigkeit von der Zimmertemperatur stetig bis etwa 250° zu, um dann rasch zu fallen. Schmiedbares E. wird bei einer etwas unter Rotglut liegenden Temperatur, bei der das E., wenn es vom Glühspan befreit wird, sofort blau anläuft, durch Hammerschläge, durch Pressen oder Walzen rissig. Diese Blaubrüchigkeit zeigt sich noch deutlicher bei Biegungsversuchen und bei Flußeisen etwas schärfer als bei Schweißeisen. Gußeisen zeigt bei 386° eine geringe Festigkeitszunahme und bei höherer Temperatur eine geringe Abnahme. Die Zugfestigkeit von Schmiedeeisen nimmt bei ruhiger Belastung beim Sinken der Temperatur von 0° bis -40° zu. Bei Schlagversuchen mit hohl liegenden Schweißeisenschienen ergab sich aber, daß die für den Bruch erforderliche Fallhöhe bei +29° reichlich das Dreifache

[490] von der bei -12° betrug.

Tabelle

Im verletzten Zustand werden Flußeisen und auch einige Schweißeisensorten in der Kälte auffallend brüchig; besonders ungünstig verhalten sich verletzte Quadrateisenstäbe. Die folgende Tabelle gibt die Resultate von Zug- und Stauchproben, die auf Veranlassung der kaiserlichen Werft in Wilhelmshaven ausgeführt wurden. Werden E. und Stahl von ursprünglich genügender Elastizität, Festigkeit und Dehnbarkeit im Betriebe durch Stöße und Spannungswechsel niemals über ihre Elastizitätsgrenze hinaus beansprucht, wie es in einer regelrechten Konstruktion stets sein sollte, so bleibt ihr Gefüge unverändert und ihr Bestand bei sorgfältiger Wartung auf unabsehbare Zeit gesichert.

Tabelle

Benennung der Eisensorten.

Für das im preußischen Eisenbahnbetrieb zur Verwendung kommende Eisenmaterial sollen nach dem Zirkularerlaß des preußischen Ministeriums für öffentliche Arbeiten vom 29. Jan. 1889 im amtlichen Verkehr folgende Benennungen gebraucht werden:

A. nach der Herstellungsweise des Materials:

1) Roheisen, das Erzeugnis des Hochofens, und zwar Koksroheisen oder Holzkohlenroheisen, weißes (Spiegeleisen, Weißstrahl, Weißkorn), graues oder halbiertes Roheisen.

2) Gußeisen, das in besondere Formen gegossene, in der Regel vorher umgeschmolzene Roheisen. Stahlguß erhält man durch Zusetzen von Stahlabfällen beim Umschmelzen, schmiedbares Gußeisen (Temperguß) durch nachträgliches Schmiedbarmachen von Gußwaren, Hartguß durch Bildung einer harten Außenrinde (Gießen in eisernen Formen). Zur Bezeichnung der Art der Einformung sind die Ausdrücke Herdguß, Sandmasse oder Lehmguß anzuwenden.

3) Schweißeisen ist das im teigigen Zustand gewonnene, in der Regel im Puddelofen hergestellte, schmied- und schweißbare, aber nicht merklich härtbare E. (sonst Schmiedeeisen genannt). Wird Schweißeisen zu Blechen oder Stäben ausgewalzt, ausgeschmiedet oder zu Draht gezogen, so kann es Blech-, Walz- oder Stabeisen, auch Quadrat-, Rund-, Flach-, Profil-, [491] Bandeisen etc., Walzdraht oder Zugdraht genannt und diese Bezeichnung der Benennung Schweißeisen hinzugefügt oder dahinter in Klammern eingeschaltet werden. Die Benennung Schmiedeeisen fällt aus.

4) Schweißstahl ist das wie bei 3) gewonnene, aber merklich härtbare Material. Zur Angabe der Herstellungsweise sind die Bezeichnungen Puddelstahl, Raffinierstahl, Zementstahl etc. in Klammern anzufügen. Die Form (Blech, Stab, Draht etc.) wird in derselben Weise wie bei 3) bezeichnet.

5) Flußeisen ist das im flüssigen Zustand gewonnene, im Bessemer-, Thomas- oder Martinverfahren hergestellte schmiedbare, aber nicht merklich härtbare Material (hiernach unterschieden in Bessemer-, Thomas- oder Martinflußeisen). Die Form wird wie bei 3) bezeichnet.

6) Flußstahl ist das im flüssigen Zustand gewonnene, merklich härtbare E., und zwar je nach der Herstellung Tiegel-, Bessemer-, Thomas- oder Martinflußstahl. Die Form wird wie unter 3) angegeben. Die Benennung Gußstahl fällt aus.

Schweiß- und Flußeisen, bez. Stahl können auch noch nach der Beschaffenheit (z. B. sehniges Schweißeisen, Feinkorneisen) oder nach der Bearbeitung (als gehämmertes E., Raffinierstahl etc.) bezeichnet werden. Da die Grenze zwischen härtbarem und nicht härtbarem Material schwer festzustellen ist, so ist in der Regel ein Material mit einer Zerreißungsfestigkeit von 50 kg auf 1 qmm und darüber als Stahl, ein Material von geringerer Zerreißungsfestigkeit als E. anzusprechen.

B. Bezeichnung nach den Verwendungszwecken. Soll das unter A. bezeichnete Material nach seiner verschiedenen Verwendbarkeit besonders gekennzeichnet werden, so sind dafür die folgenden Nebenbezeichnungen zu wählen und diese in der Regel in Klammern hinter den unter A. bezeichneten Hauptgattungsnamen einzuschalten:

1) Roheisen ist je nach seiner Bestimmung zum Gießerei-, Puddel-, Bessemer-, Thomasbetrieb mit Gießerei-, Puddel-, Bessemer-, Thomasroheisen etc. zu bezeichnen.

2) Gußstücke aus Gußeisen heißen Gußwaren. Gußwaren, die weiterer Bearbeitung auf Maschinen unterliegen, heißen Maschinenguß, zum Umschmelzen bestimmte Gußwaren oder Bruchstücke Gußschrott.

3) Dem Schweißeisen können die seiner Verwendung entsprechenden Bezeichnungen, z. B. Niet-, Mutter-, Ketten-, Brückeneisen, Kesselblech etc., gegeben werden. Alte abgängige Schweißeisenteile heißen Schweißeisenschrott, bez. Blechschrott.

4) Dem Schweißstahl kann die besondere Bezeichnung Stählstahl gegeben werden.

5) Flußeisen wird im Eisenbahnbetrieb vorzugsweise zur Anfertigung von Schwellen, Laschen, Achsen, Wagenradreifen, Trägern, Maschinenteilen, Blechen etc. verwendet und ist hiernach in ähnlicher Weise wie das Schweißeisen bei B 3) zu nennen. Das zu diesen Gegenständen bestimmte Flußeisen wird als Schwellenflußeisen etc. bezeichnet. Die rohen Stücke heißen Blöcke. Das Wort Ingot fällt aus. In fertiger Form gegossene Stücke aus Flußeisen (besondere Maschinenteile) heißen Flußwaren.

6) Flußstahl wird im Eisenbahnbetrieb vorzugsweise zu Trag- und Spiralfedern, Schienen, Lokomotivradreifen sowie zur Anfertigung schneidender Werkzeuge gebraucht. Das zu diesen Gegenständen bestimmte Material ist dementsprechend mit Federflußstahl etc. zu bezeichnen, auch kann der Bezeichnung Federstahl, Werkzeugstahl, Drehstahl, Meißelstahl, Gewindebohrstahl, Lochstempelstahl etc. das Wort Flußstahl in Klammern nachgesetzt werden. Die zur Herstellung dieser Gegenstände bestimmten rohen Stücke heißen Flußstahlblöcke, die daraus durch Guß in fertiger Form hergestellten Gegenstände Flußstahlwaren.

Soll der Verwendungszweck eines Materials mehr betont werden als die Herstellungsweise, so kann die unter B. angegebene besondere Bezeichnung vorangestellt werden, während die unter A. angegebene in Klammern dahinter gesetzt wird, z. B. Nieteisen (Schweißeisen), Werkzeugstahl (Tiegelflußstahl), Federstahl (Flußstahl), Lascheneisen (Flußeisen), Achsen (Martinflußeisen), Kesselblech (Schweißeisen) etc., oder es kann die Silbe Schweiß oder Fluß vorangestellt werden, z. B. Schweißnieteisen, Flußfederstahl etc.

Prüfung der Eisensorten.

Bei der Beurteilung des Roheisens verläßt man sich in der Praxis meist auf das Aussehen des frischen Bruches. Grobkristallinisches Gefüge und dunkle Farbe deuten bei grauem Roheisen auf hohen Siliciumgehalt, bei Spiegeleisen beurteilt man nach der Größe der Kristallflächen den Mangangehalt etc. Solche Zeichen sind nicht zuverlässig, da die Zusammensetzung das Gefüge nicht allein beeinflußt. Entscheidend ist nur die chemische Analyse. Bei schmiedbarem E. kann die Analyse zwar ergeben, ob ein Material für bestimmte Verwendung überhaupt in Frage kommt, aber sie kann nicht feststellen, ob das nicht zu verwerfende Material die geforderten Eigenschaften besitzt. Eisensorten von gleicher chemischer Zusammensetzung können gewisse Eigenschaften in sehr verschiedenem Grade besitzen. Früher erkannte man Stahl an dem stets körnigen Gefüge, die neuern Flußeisensorten zeigen aber ebenfalls körnigen Bruch. Man muß sehr oft praktische Proben machen, um Härtungsfähigkeit, auch Schmiedbarkeit etc. festzustellen, Festigkeit, Elastizität, Dehnbarkeit werden mit Hilfe von Materialprüfungsmaschinen (Zerreißprobe, Biegeprobe, Schlagprobe) genau ermittelt. Vgl. Materialprüfung und Metallographie.

Hygienisches.

Die Gewinnung des Eisens bietet keine eigentümlichen Schädlichkeiten dar. Bei Verhüttung von Toneisensteinen entstehen Abwässer, die Eisenvitriol und seinen Schlamm enthalten und deshalb vor dem Einlassen in öffentliche Wasserläufe mit Kalk gereinigt werden müssen. Die Arbeiter an Hochöfen sind der strahlenden Hitze und der Einwirkung der Gichtgase ausgesetzt, die außer Kohlenoxyd und schwefliger Säure oft auch blei- und zinkhaltige Dämpfe führen, auch kommen Explosionen vor, gegen welche die üblichen Sicherheitsvorrichtungen nicht immer hinreichenden Schutz gewähren. Ebenso entstehen Explosionen beim Ablöschen der Schlacken mit Wasser. Der aus den Ofen stammende Flugstaub wird durch seinen Gehalt an Eisensalzen der Vegetation auf weite Strecken schädlich. Ähnliche Gefahren bietet auch die Eisengießerei. Die Former erkranken an »Kohlenlunge« und sind Explosionen und der Vergiftung durch Kohlenoxyd beim Trocknen der Formen durch offene Koksherde ausgesetzt. Daß bei der Gießerei Vorsichtsmaßregeln notwendig sind, um Verletzungen durch das flüssige Metall zu verhindern, ist selbstverständlich, ebenso sind beim Putzen des Rohgusses Schutzbrillen, Masken, gute Ventilation anzuwenden. Besondern Schutz bedürfen die Arbeiter an Dampfhämmern gegen umherfliegende glühende Eisen- und Schlackenteile. In Drahtziehereien, in denen zahlreiche Unfälle vorzukommen pflegen, hat man selbsttätige Drahtführungen[492] zum Schutz der Arbeiter eingeführt. Die Abwässer dieser Industrie enthalten Säuren und Eisensalze und sind mit Kalk zu behandeln. In der Eisenblechfabrikation haben die Arbeiter unter dem beim Polieren der Bleche entstehenden Staub zu leiden. Man hat den Kalk durch Kleie ersetzt, die nach der Benutzung noch als Schweinefutter verwertbar ist. Auf Emaillierwerken können Bleivergiftungen vorkommen, gegen welche die üblichen Vorsichtsmaßregeln geboten sind. Schmiede werden infolge der großen andauernden Muskelanstrengungen nicht selten herzkrank. Nadel-, Instrumenten-, Werkzeugschleifer und Feilenhauer atmen seinen, scharfen Staub ein, der die Schleiferkrankheit erzeugt, der die Arbeiter sehr früh erliegen. Gute Saugvorrichtungen an den Schleifsteinen gewähren erheblichen Schutz.

Eisenindustrie.

Während 1800 kaum 2 Mill. und 1850 etwa 10,8 Mill. Ton. Eisenerze auf der Erde gewonnen wurden, bezifferte sich die Förderung für 1901 wie folgt:

Tabelle

Spanien, Schweden und Deutschland führen bedeutende Mengen Eisenerze aus, während die Lager in Italien, Griechenland, Bulgarien, Serbien, Ungarn noch ungenutzt bleiben. Starke Einfuhr von Eisenerzen haben besonders Großbritannien, Belgien, Frankreich, Deutschland. Für das Bessemerverfahren führte Deutschland phosphorfreie Erze besonders aus Elba, Spanien, Algerien, Schweden, Ungarn ein, seit Anwendung des Thomasverfahrens hat diese Einfuhr erheblich nachgelassen, und man benutzt jetzt die phosphorhaltigen Erze von der Mosel etc. Es betrug für Eisenerze:

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Die Roheisenproduktion hat sich in den letzten 50 Jahren nahezu verzehnfacht. In Großbritannien wurden 1740 nur 7,1840 schon 1396,1890 aber 7,875,000 englische Ton. produziert. Ebenso hatte Preußen 1829 eine Produktion von 46,1840 eine solche von 77 Mill. kg Roheisen, die 1873 auf 1574 und 1890 auf 3288 Mill. kg stieg. In Frankreich betrug die Produktion 1819: 112 Mill. kg, 1840: 348 Mill., 1890: 1962 Mill. kg. Die gesamte Eisenproduktion wurde 1840 auf 2900 Mill. kg geschätzt und betrug 1890: 27,332 Mill. kg. Eine Übersicht der Roheisenproduktion aller Länder der Erde in Tausenden von Tonnen gibt nachstehende Tabelle:

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Neben ihrer gewaltigen Entwickelung zeigt die Roheisenproduktion sehr starke Schwankungen. Von 1840 bis 1860 stieg die Produktion im Zusammenhang mit dem Eisenbahnbau schnell auf das Doppelte. Die Entwickelung in den Jahren 1871–73 trug wesentlich dazu bei, daß bis 1873 abermals eine Verdoppelung eintrat. Dann aber kam eine Depression, die mit einer enormen Steigerung der Leistung des einzelnen Arbeiters und der Produktion des einzelnen Hochofens, also mit einer wesentlichen Verminderung der Produktionskosten verbunden war. Einen neuen Aufschwung leiteten die Vereinigten Staaten 1878–80 ein. Die Produktion stieg von 1879–80 um 4125 Mill. kg. In die nun folgende Periode fällt eine abermalige Herabsetzung der Erzeugungskosten durch den Thomasprozeß, und sie schließt mit einer Überproduktion, die 1884–85 zu einer Einschränkung der Produktion führte. Eine gute Ernte in den Vereinigten Staaten führte abermals einen neuen Aufschwung herbei, der durch die Billigkeit von E. und Stahl begünstigt wurde, so daß jetzt selbst in holzreichen Ländern z. B. eiserne Brücken ebenso billig oder billiger hergestellt werden können als Holzbrücken. Auch der enorme Bedarf der Kriegsverwaltungen begünstigte die Eisenindustrie, so daß die Produktion von Roheisen von 1890 diejenige von 1870 um 126 Proz. überragt. Ein Höhepunkt wurde dann in Europa 1900 erreicht, aber der Rückgang, den das folgende Jahr zeigte, wurde ausgeglichen durch das starke Anwachsen der Produktion in Nordamerika, die 1890 zum erstenmal die englische überflügelte. Die innere Entwickelung der Eisenindustrie kennzeichnet das beständige Sinken der Zahl der Hochöfen seit 1872. Die Erhöhung der Leistungsfähigkeit des einzelnen Hochofens hat eine weitgehende Zentralisation der Erzeugung im Gefolge, die den Kleinbetrieb vernichtet und zur Erniedrigung der Produktionskosten führt. In England ist die Leistung eines Hochofens gegenwärtig mehr als 30mal so groß wie vor 100 Jahren und mehr als dreimal so groß wie 1860. In Deutschland und den Vereinigten Staaten gibt es Ofen, die bis 200 Ton. in 24 Stunden liefern. Auf den Kopf der Bevölkerung betrug die Produktion 1900 in

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Die Verarbeitung des Roheisens hat eine wesentliche Umgestaltung durch den Bessemerprozeß und in neuester Zeit durch den basischen Prozeß erfahren. Während aber der Bessemerstahl nur für Eisenbahnschienen und als harter Stahl Verwendung fand, benutzt[493] man das schweißbare Flußeisen jetzt in steigendem Maß für den gewöhnlichen Eisenbedarf, um so mehr, als seine Herstellung geringern Aufwand an Brennmaterial und Rohstoff fordert, die Massenproduktion begünstigt, die Produktionskosten also herabsetzt und auch die menschliche Arbeitskraft in geringerm Maß in Anspruch nimmt als das Puddeln. So wurden die Stahlwaren billiger und mannigfaltiger und fanden auch in Industrien Verwendung, wo früher E. und Stahl ausgeschlossen waren. An Schweißeisen wurden 1888 auf der ganzen Erde 8,25 Mill. Ton. erzeugt, 1895 nur noch 3–4 Mill., und seitdem ist die Produktion noch weiter zurückgegangen. Dagegen betrug die Produktion an Flußeisen in metr. Tonnen:

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Die Ein- und Ausfuhr betrug 1900 in Tonnen für:

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In Deutschland (einschließlich Luxemburg) wurden 1901 erzeugt:

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Davon 10,044 T. Holzkohlenroheisen. Hergestellt wurden:

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Die Roheisenerzeugung verteilt sich auf:

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Die Ein- und Ausfuhr betrug in 1000 Tonnen:

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Geschichte des Eisens.

Die Kenntnis des Eisens ist sehr alt und in die Mythologie verflochten. Indes haben doch viele Völker vor dem C. lange Zeit Kupfer und Bronze benutzt. Ein im Mauerwerk der großen Cheopspyramide gefundenes Stück Schmiedeeisen hat ein Alter von 5000 Jahren, und ein unter einer Sphinx in Karnak gefundener Teil einer Sichel wird auf 2800 Jahre geschätzt. Auch Inschriften aus der Zeit Tuthmosis' III. und an Tempelwänden in Luksor und Karnak bezeugen das hohe Alter des Eisens in Ägypten, und die künstlerische Bearbeitung von Granit, Porphyr und Basalt läßt auf Kenntnis des Stahls schließen. Wohl noch ältere eiserne Geräte hat man in turanischen Gräbern, unter den Ruinen von Chorsabad etc. gefunden. Über das Alter der mit Sanskritinschriften versehenen, 16 m langen, massiven, schmiedeeisernen Säule von 0,5 m Durchmesser in Dehli ist nichts Sicheres bekannt. Die Rigweda sprechen von eisernen Waffen, und von den Ariern haben Babylonier, Assyrer, Meder und Perser das E. erhalten. Der besiegte Porus schenkte Alexander d. Gr. einen Barren indischen Stahls. Auch die alten Juden kannten das E., und ebenso benutzten die Ureinwohner Chinas eiserne Waffen und Geräte und betrieben 700 v. Chr. Eisengießerei (bekannt ist eine 13 m hohe Pagode aus jener Zeit). Durch die Phöniker kam das E. zu den Griechen. Der Pelide bestimmte veilchenblau angelaufenes E. zum Kampfpreis für die Bogenschützen. Pfeile, Äxte, Messer, Keulen, selbst Wagenachsen wurden aus E. hergestellt, aber das E. war nach Homer bei den pelasgischen Völkern noch selten und Kupfer das gewöhnliche Material ihrer Waffen. Auch in etruskischen Gräbern bei Bologna und Corneto hat man eiserne Celte, Speere, Rüstungen gefunden. Durch welches Verfahren die alten Völker des Orients das E. gewannen, ist nicht bekannt; wahrscheinlich aber geschah es durch den rohen Schmelzprozeß, dessen sich afrikanische Völker, die wohl nie mit Kulturvölkern in Berührung gekommen sind, und die Völker Hochasiens noch jetzt bedienen. Man scheint in Gruben an Hügelabhängen ohne Anwendung eines Gebläses, bei Zugluft sehr reine Erze in die Glut eines niedergebrannten Feuers geworfen, sie mit Holz bedeckt und die entstandenen kleinen schmiedbaren Eisenpartien ausgeräumt zu haben. Auch aus Kärnten kennt man solche Gruben sowie 0,95–1,26 m hohe gemauerte Windöfen mit Sumpf am Boden. Aristoteles spricht von Roheisen, das durch einen Frischprozeß in Schmiedeeisen verwandelt wurde, zum Gießen aber benutzte man Roheisen nicht. Die Römer beuteten schon 100 Jahre v. Chr. die Eisenerzlager auf Elba und in Noricum aus und schätzten namentlich das norische E. aus dem heutigen Steiermark sehr hoch.[494] Der Prozeß wurde zur Römerzeit in niedrigen Herden (in Kärnten in kleinen Schachtöfen von den Dimensionen der Windöfen) mit reinen, reichen Erzen und Holzkohlen unter Anwendung von Hand- und Tretbälgen mit Tondüsen ausgeführt und der erfolgende Eisenklumpen ausgeschmiedet. Nach der Völkerwanderung, in der römische Kultur und Industrie untergegangen waren, erhoben sich die Eisenwerke zuerst wieder in Steiermark um 700 n. Chr. Die Eisenindustrie verbreitete sich von da im 9. Jahrh. nördlich über Böhmen nach Sachsen, Thüringen und dem Harz, südlich nach Spanien, dem Elsaß und Niederrhein. Im 12. Jahrh. standen die niederländischen Eisenwerke in großem Ruf; von ihnen gelangte der Eisenhüttenbetrieb wahrscheinlich im 15. Jahrh. nach England und Schweden. Agricola spricht nicht von Gußeisen, wohl aber von leichtflüssigem E. für den Stahlfrischprozeß. Durch Erhöhung der Herde auf 2–2,5 m im 16. Jahrh. und auf 4 m im 18. Jahrh. bei gleichzeitiger Anwendung von durch Wasserräder getriebenen Blasebälgen entstanden die Stück- oder Wolfsöfen, deren Anwendung in Kärnten 1775 ihr Ende erreichte. Das Produkt derselben war noch immer ungeschmolzenes, stahlartiges E. (»Wolf, Stück«); höher gekohltes, flüssiges Roheisen erfolgte erst bei kontinuierlichem Betrieb, als man die Wolfsöfen zu Blau- oder Blaseöfen und später zu Hochöfen erhöhte. Wann und wo diese entstanden sind, läßt sich nicht mit Bestimmtheit nachweisen; doch muß man ihren Ursprung wohl in den Niederlanden suchen. In Sachsen, Brandenburg, am Harz finden wir Hochöfen erst im Anfang des 17. Jahrh.; der erste Hochofen in Schlesien wurde 1721 errichtet. Holzkohlen waren bis zum 18. Jahrh. überall das einzige Schmelzmittel. Die bedeutende Vermehrung der Eisenhochöfen im ersten Viertel des 17. Jahrh. in England, namentlich in der Grafschaft Sussex, lichtete die Wälder rasch und zwang zur Herbeischaffung eines andern Brennmaterials. Das Eisenwerk Coalbrookdale in Shropshire betrieb 1740 zuerst einen von Darby erbauten Hochofen mit Koks. Auch die seit 1760 in England eingeführten Zylindergebläse begünstigten die Massenproduktion des Eisens, und so kam es zu einer ausgedehntern Anwendung beim Maschinenbau und für sonstige Zwecke. Der Zeitpunkt der ersten Benutzung der Koks als Brennmaterial ist nicht bekannt. 1620, 1633 und 1636 wurden in England Patente auf Verkohlung der Steinkohle erteilt, aber genauere Daten über Erzeugung der Koks in Meilern und geschlossenen Ofen liegen erst aus dem Jahre 1769 vor. In Deutschland wurde der erste Kokshochofen 1796 zu Gleiwitz errichtet. Die 1791 in Pennsylvanien entdeckten Anthrazite kamen erst 1815 in Nutzung, für die Eisenhochöfen noch einige Jahre später.

Nachdem schon Seddler um 1799 und Leuchs 1822 auf die Vorteile der erhitzten Gebläseluft aufmerksam gemacht hatten, führte Nelson die Erfindung 1831 mit Macintosh und Wilson auf den Clyde Iron Works in Schottland aus, worauf man die heiße Luft alsbald weiter bei Kupolöfen, Frischfeuern etc. anwendete. Die Gichtgase wurden 1814 von Aubertot zum Erzrösten, Kalk- und Ziegelbrennen angewendet; 1836 nahm Sire zu Clerval ein Patent auf deren Benutzung für das Eisenfrischen, und 1837 führte Faber du Faur das Puddeln mit Gasen zu Wasseralfingen (Württemberg) aus, seit welcher Zeit die Sache erst allgemeiner bekannt geworden ist. Man hat dann die Anwendung der Gichtgase zur Erzeugung hoher Temperaturen (z. B. für Puddel- und Schweißöfen) meist aufgegeben wegen ihrer Abhängigkeit vom wechselnden Hochofengang und sie mit großem Vorteil nach dem Vorschlag von Neilson (1828) zur Gebläsewinderhitzung, zum Rösten, Kalkbrennen, zur Dampfkesselfeuerung, zum Betrieb von Kraftmaschinen etc. benutzt. Die Bestrebungen der Neuzeit beim Hochofenbetrieb gehen dahin, durch Anwendung großer Öfen von zweckmäßigerer Konstruktion (die Erhitzung des Gebläsewindes, die Ausnutzung der Gichtgase und die Einführung der Lürmannschen Schlackenform bilden die wichtigsten Fortschritte der Neuzeit im Hochofenbetrieb) bei gleichzeitig verstärktem Gebläse und stärker erhitztem Wind kolossale Produktionen unter Brennstoffersparung, Verlängerung der Kampagnen, bequemerer Arbeit und Materialersparung zu erzielen.

Von hoher Bedeutung für die Schmiedeeisenerzeugung war die Erfindung des Eisenpuddelns in Flammöfen mit Steinkohlen. Das erste englische Patent auf das Flammofenfrischen erhielten 1766 Thomas und George Cranage, den ersten praktischen Erfolg aber erzielte erst Cort 1784. Östlund gab 1838 die erste Anregung zu einem Puddelofen mit beweglichem Herd, der aber erst von dem Amerikaner Danks durch ein haltbares Futter 1871 lebensfähig gemacht wurde. 1835 wurde der Puddelprozeß in Kärnten auf Stahl benutzt. Eine Erweiterung erfuhr der Puddelprozeß durch die Generatorgasfeuerung, die zuerst Bischoff in Mägdesprung 1839 ausführte, und durch das Regenerativsystem von Siemens (1860). Die Einführung des Puddelprozesses veranlaßte die Beschaffung verbesserter und vergrößerter Walzwerke. Henry Cort 1783 und Parnell 1787 ersetzten den Zängehammer durch das Zängewalzwerk. Von da ab kamen die Stabeisenwalzwerke in Gebrauch, die indessen Payne schon 1728 erwähnt. In Frankreich kamen Walzwerke zu Ende des 18. Jahrh. in Anwendung, in Deutschland und Österreich im ersten Viertel des 19. Jahrh. Das Universalwalzwerk erfand Daelen in Hörde 1848. Die Walzwerke gestatteten die Herstellung von Dampfkesseln aus Eisenblech statt aus Gußeisen, 1820 fertigte Birkinshaw gewalzte Eisenbahnschienen, und 1825 baute Stephenson mit solchen die Eisenbahn von Stockton nach Darlington. Das älteste Projekt eines Dampfhammers der jetzt gebräuchlichen Art rührt von James Watt her (1784), aber erst nach den Zeichnungen von Nasmyth zu Patricroft bei Manchester wurde der erste Dampfhammer zu Creusot in Frankreich erbaut. Das Eisenschneidwerk wurde 1618 Clement Dawbeny in England patentiert und um die Mitte des 18. Jahrh. auch in Deutschland bekannt. Die erste Luppenquetsche ist 1805 von Hartop in England angewendet. Während die Roh- und Stabeisenbereitung allmählich bedeutende Fortschritte machte, blieb die Stahlerzeugung lange Zeit unverändert. 1730 gelang es Huntsman (bei Sheffield), durch Umschmelzen von Zement- oder Herdfrischstahl in Tiegeln einen vorzüglichen Gußstahl herzustellen; aber das Produkt war zu allgemeiner Verwendung zu teuer. Erst Krupp erzielte praktisch verwertbare Resultate und brachte 1862 einen Gußstahlblock von 21,000 kg auf die Londoner Ausstellung. 1887 goß er ein Geschützrohr von 143,000 kg. Die größte Umwälzung erfuhr die Eisenindustrie seit 1856 durch die Erfindung Bessemers und durch die seit 1865 in größerm Maßstab eingeführte Darstellung des Flammofenflußeisens (Martineisens) nach Martin in Sireuil. Die wichtigste Erfindung der Neuzeit in der Eisenindustrie ist aber die weitere Ausbildung des Bessemerprozesses durch Thomas[495] und Gilchrist (1879), wodurch dieser Prozeß auch für phosphorhaltiges Roheisen anwendbar wurde.

[Literatur.] Karsten, Handbuch der Eisenhüttenkunde (3. Aufl., Berl. 1841, 5 Bde.); Dürre, Anlage und Betrieb der Eisenhütten (Leipz. 1880–92, 3 Bde.); Derselbe, Die Hochofenbetriebe am Ende des 19. Jahrhunderts (Berl. 1901); Wedding-Percy, Ausführliches Handbuch der Eisenhüttenkunde (2. Aufl., Braunschw. 1891 ff.); Wedding: Die Darstellung des schmiedbaren Eisens, 1. Ergänzungsband: Der basische Bessemer- oder Thomasprozeß (das. 1884), Grundriß der Eisenhüttenkunde (4. Aufl., Berl. 1901) und Die Eisenprobierkunst (das. 1894); Kerpely, Die Anlage und Einrichtung von Eisenhütten (Leipz. 1873–84); Bell, Über die Entwickelung und Verwendung der Wärme in Eisenhochöfen (deutsch von Tunner, das. 1870); Ledebur: Handbuch der Eisenhüttenkunde (4. Aufl., das. 1902), Leitfaden für Eisenhütten-Laboratorien (6. Aufl., Braunschw. 1903), E. und Stahl in ihrer Anwendung für bauliche und gewerbliche Zwecke (Berl. 1890); Toldt, Chemie des Eisens, tabellarische Zusammenstellung (Leoben 1898); Beckert, Leitfaden zur Eisenhüttenkunde (2. Aufl., Berl. 1898 ff.); Turner, Metallurgy of iron (3. Aufl., Lond. 1901); »Gemeinfaßliche Darstellung des Eisenhüttenwesens« (hrsg. vom Verein deutscher Eisenhüttenleute in Düsseldorf; 5. Aufl., Düsseld. 1903); Wathner, Eisen- und Eisenwarenkenner (5. Aufl., Graz 1885); Jüptner v. Jonstorff: Handbuch für Eisenhüttenchemiker (Wien 1885), Kompendium der Eisenhüttenkunde (das. 1896) und Grundzüge der Siderologie (Leipz. 1902, 2 Tle.); Wüst und Borchers, Eisen- und Metallhüttenkunde (das. 1900); Blair, Chemical analysis of iron (4. Aufl., Lond. 1901; deutsch, Berl. 1892); Helson, La sidérurgieen France et à l'étranger (Par. 1894, 2 Bde.); Beck, Geschichte des Eisens (Braunschw. 1892–1901, 5 Abtlgn.); Swank, History of the manufacture of iron (2. Aufl., Philad. 1892); »Stahl und Eisen. Zeitschrift für das deutsche Eisenhüttenwesen« (Düsseldorf, seit 1881), mit der Ergänzung »Jahrbuch für das Eisenhüttenwesen«, seit 1902; »Eisenzeitung« (Berl., seit 1879).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 5. Leipzig 1906, S. 478-496.
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