Braunschweig [2]

[238] Braunschweig (Geschichte). I. Von der ältesten Zeit bis zur Theilung des Landes in das ältere Lüneburgische u. Wolfenbüttelsche Haus (1267). Das Land, welches das jetzige Herzogthum B. bildet, wurde vormals von sächsischen Stämmen bewohnt, u. seine Bewohner theilten im Allgemeinen die Schicksale des Sachsenvolkes, unterwarfen sich im 8. Jahrh. Karl dem Gr. u. nahmen das Christenthum an. Unter Ludwig dem Deutschen kam das Land zwischen Weser u. Elbe an Ludolf, den Sohn des Grafen Ekbert von Sachsen, der zum Herzog von Sachsen ernannt wurde u. die deutschen Reichsgrenzen gegen die benachbarten Slawen u. Normannen zu schützen hatte. Er st. 861. Sein Sohn Herzog Bruno, der 880 gegen die Dänen fiel, oder dessen Bruder Tanquard, soll durch den Bau der Burg Tanquarderode den Grund zur Stadt B. gelegt haben. Ihm folgte sein Bruder Otto der Erlauchte, nach dessen 912 erfolgten Tode das Land an den nachmaligen Kaiser Heinrich I. kam. Otto I. übertrug das Herzogthum an Hermann Billung (951) u. ernannte diesen zum Markgrafen von Sachsen, s.d. (Gesch.). Mit Herzog Magnus erlosch 1106 die Familie der Billunger, u. Kaiser Heinrich V. ernannte den Grafen Lothar von Supplingenburg (Supplinburg) zum Herzog von Sachsen. Dieser wurde 1125 König der Deutschen. Dessen Sohn Heinrich der Stolzen. sein Enkel Heinrich der Löwe folgten ihm. Dieser verlor in Folge seines Streites mit Kaiser Friedrich I. Barbarossa das Herzogthum, erhielt aber im Frieden 1194 die braunschweigischen Erblande als Allod zurück u. st. 1195, s. Sachsen (Gesch.). Heinrich hinterließ 3 Söhne, Heinrich, Otto u. Wilhelm, welche gemeinschaftlich regierten. Otto wurde als Otto IV. Kaiser u. vergab mehrere Theile des Landes an seine Partei. Dann theilten die Brüder 1203 in Paderborn ihr Erbland. Heinrich, welcher zugleich durch Heirath die Pfalz erhielt, hinterließ blos 2 Töchter, Agnes u. Irmengard; Otto IV. starb kinderlos. Wilhelm starb 1213 u. Heinrich führte die Vormundschaft über Wilhelms einzigen Sohn, Otto das Kind, bis zu seinem Tode (Anfang 1227), erkannte ihn aber schon 1223 als seinen Nachfolger an. Als Heinrichs Töchter auf die Verlassenschaft Anspruch machten u. ihren Antheil an Kaiser Friedrich II. verkauften, bemächtigte sich dieser der Stadt B., die aber Otto 1227 wieder eroberte. Er stand dem König von Dänemark gegen Bremen u. Mecklenburg u. den Herzog Albrecht von Sachsen bei, wurde in der Schlacht bei Bornhoved gefangen, auf des Papstes Gregor Betrieb aber wieder freigelassen u. sollte als Gegenkaiser Friedrichs II. auftreten, was er aber ausschlug. Um den Streit der Gibellinen u. Welfen zu endigen, trug er seine freien Erbgüter auf dem Reichstage zu Mainz 1235 dem Kaiser zur Lehn auf u. empfing dieselbe als Herzogthum B.-Lüneburg, als Erbfürstenthum für Söhne u. Töchter zurück. Otto st. 1252. Die älteren Söhne (die jüngeren Konrad u. Otto waren Geistliche) Albrecht der Gr. u. Johann regierten Anfangs gemeinschaftlich, theilten aber 1267. Albrecht erhielt Wolfenbüttel, Kalenberg, Göttingen, Eimbeck, das Eichsfeld u. das Land zwischen der Leine u. dem Deister; Johann Lüneburg, Hannover u. Lichtenberg. Die Stadt B. u. einige Landstriche blieben gemeinschaftlich.

II. Das ältere Wolfenbüttter u. ältere Lüneburger Haus seit 1267. A) Das alte Wolfenbüttler Haus, 1267–1409. Albrecht I. d. Gr. (Longus), der ältere Sohn Otto's, suchte seinen Antheil (s. oben I.) zu vergrößern, zerstörte nach vierjährigem Kampfe die Asseburg u. nahm Kuno von Gruben dessen Burghaus Grubenhagen, welches durch Felonie verwirkt war. Er hinterließ, als er 1279 starb, 3 Söhne, Heinrich den Wunderlichen, Albrecht den Fetten u. Wilhelm, welche Anfangs gemeinschaftlich regierten, 1286 aber theilten. Heinrich bekam Grubenhagen, Albrecht Göttingen u. Wilhelm Wolfenbüttel. a) Linie Braunschweig-Grubenhagen (1286–1596). Heinrich I. der Wunderliche war in fortwährende Händel mit seinen Brüdern u. Nachbarn, Hildesheim, Halberstadt, Magdeburg, verwickelt u. st. 1321. Seine 3 Söhne Heinrich II. von Griechenland, Ernst I. u. Wilhelm theilten Grubenhagen aufs Neue, u. zwar so, daß Heinrich das Eichsfeld, Wilhelm Herzberg u. Ernst I. Grubenhagen, Eimbeck u. Osterode bekam. Heinrich verkaufte Duderstadt u. Gieboldhausen an Mainz u. st. 1351, 6 Söhne hinterlassend, die sämmtlich kinderlos starben. Unter ihnen zeichnete sich Heinrich der Tarentiner aus, der, um in Italien zu kriegen, sein Erbe verpfändete u. nachdem er kurze Zeit Gemahl der alten Johanna von Neapel gewesen war, 1387 starb. Wilhelm starb auch ohne Erben, u. so hatte Ernst bei seinem Tode (1361)[238] das ganze Grubenhagen wieder im Besitz. Seine Söhne Albrecht II. u. Friedrich (der 3., Ernst, war Abt von Corvey u. Probst zu. Eimbeck) theilten wiederum, u. zwar erhielt der Ältere aa) Grubenhagen u. nahm seine Residenz in Salz der Helden (daher auch diese Herzöge oft Herzöge von Salza genannt werden), Friedrich aber Osterode u. Herzberg. Albrecht II. st. 1384 u. ihm folgte sein einziger Sohn Erich, unter Vormundschaft, der 1401, als er mündig wurde, ebenfalls in Salz der Helden residirte, u. nachdem er mit seinem Oheim in Fehde gelebt hatte, 1427 starb. Dieser hinterließ wiederum 3 Söhne, Ernst II., Heinrich III. u. Albrecht III., die erst bis 1439 unter Vormundschaft ihres Vetters Otto von Grubenhagen-Osterode, dann gemeinschaftlich regierten. Ernst st. 1463 ohne Kinder; Heinrich III. bald darauf, u. Albrecht III. regierte dann allein bis zu seinem Tode 1486. Ihm folgte als Vormund von Albrechts Kindern u. Mitregent Heinrich IV., Heinrichs III. Sohn; er stand der Stadt Hildesheim gegen ihren Bischof u. die Herzöge Wilhelm u. Heinrich von B.-Lüneburg bei u. st. 1525 ohne Kinder. Darauf trat Herzog Philipp I., Sohn Albrechts III., die Regierung an, nachdem sein Bruder Erich Bischof von Osnabrück geworden war. Anfangs der Reformation abgeneigt, trat er 1534 derselben bei u. ließ seinen Sohn Ernst in Wittenberg erziehen. Er st. 1551, u. ihm folgte sein Sohn Ernst III., der Ältere, der schon als Prinz in das Schmalkaldener Bündniß trat u. für den Kurfürsten von Sachsen den Markgrafen Albrecht von Brandenburg-Kulmbach bei Rochlitz aufhob. Er wurde bei Mühlberg 1547 gefangen, bald darauf aber gegen Albrecht ausgewechselt. Als Regent war er bes. bemüht, dem Bergbau aufzuhelfen u. legte die Gruben zu Klausthal an. Er trat unter der Bedingung, nicht gegen die Protestanten fechten zu müssen, in spanische Dienste u. starb kinderlos 1567. Ihm folgte Herzog Wolfgang, sein Bruder, der 1594 eine Kirchenordnung im Sinne der Reformation einführte, u. ihm folgte sein 3. Bruder Philipp II., der 1596 st. Mit diesem erlosch die Grubenhagensche Linie u. das Land fiel an Herzog Heinrich Julius von B.-Wolfenbüttel. bb) Die Linie von Osterrode-Grubenhagen, gestiftet von Friedrich, jüngerem Sohn des Herzogs Ernst I., war schon um das Jahr 1449 mit dessen Sohne Otto, der mit Mainz kriegte, die Fehde aber 1440 durch Vergleich endete, ausgestorben. Grubenhagen fiel nun an Wolfenbüttel u. kam 1617 auf kaiserlichen Befehl an Lüneburg. b) Linie Braunschweig-Göttingen (1286–1463). Albrecht II. (der Dicke, Fette), der 2. Sohn des Herzogs Albrecht I., war 1286 Stifter dieser Linie. Sein Landesantheil vergrößerte sich bedeutend durch den Tod seines Bruders, des kinderlosen Herzogs Wilhelm von B.-Wolfenbüttel (st. 1292). Er starb 1318, u. ihm folgte sein Sohn Otto der Milde, welcher 1344 st. Seine jüngeren Brüder, über welche er bisher die Vormundschaft geführt hatte, Ernst u. Magnus der Fromme, waren seine Nachfolger u. theilten das Land von Neuem. Ernst erhielt Göttingen, Magnus Wolfenbüttel (s. unten c). Ernst, Herzog an der Leine od. am Oberwald, erweiterte die Privilegien der Stadt Göttingen u. st. 1367. Sein Sohn Otto der Quade, (der Böse), residirte zu Hardegsen, lebte fortwährend in Fehden, 1371 mit den thüringschen Grafen u. dann mit dem Landgrafen Hermann von Hessen, dessen Land er, als Enkel Landgraf Heinrichs des Eisernen, in Besitz nehmen wollte. In einem 1375 abgeschlossenen Vertrage verzichtete er auf die hessische Erbschaft, suchte sich dagegen nach dem Tode Magnus des Jüngeren des Wolfenbüttelschen Landes zu bemächtigen, was ihm aber nicht gelang. In einer Fehde mit der Stadt Göttingen wurde er 1384 geschlagen u. st. 1394. Auf ihn folgte sein Sohn Otto der Einäugige (Cocles), der viele Raubschlösser im Harze zerstörte, mit dem Erzbischof von Köln, den Grafen von Hoya u. Spiegelberg fehdete u. sich in große Schulden stürzte. Er st. 1463 kinderlos, u. sein Land fiel an Wilhelm den Siegreichen von Kalenberg, der es eigentlich schon seit 1450 regierte (s. unten III. A). c) Linie Braunschweig-Wolfenbüttel (1286–1409). Wilhelm, der 3. Sohn Albrechts I., stiftete 1285 diese Linie, u. da er schon 1292 kinderlos starb, so fiel das Land an Herzog Albrecht den Fetten von Göttingen; von diesem an Otto den Milden u. nach dessen Tode (1344), als die Brüder Ernst u. Magnus wieder theilten, erhielt Herzog Magnus I. der Fromme Wolfenbüttel. Magnus verlieh das Schloß Supplingenburg 1351 den Johanniter- u. 1364 die Elmsburg u. das Haus Lucklum dem Deutschen Orden, brachte durch Heirath mit Agnes, Erbtochter von Landsberg, diese Markgrafschaft, Sangerhausen u. Lauchstädt an sich, verkaufte aber ersteres an den Landgrafen von Thüringen u. starb 1369. Sein Sohn u. Nachfolger Magnus II. mit der Kette (Torquatus), hatte schon mit seinem Vater in stetem Zwiste gelebt u. trug, da ihm dieser einmal drohte, ihn hängen zu lassen, stets eine silberne Kette um den Hals (daher der Beiname). Er begann gleich nach seinem Regierungsantritt wegen der Lüneburger Erbfolge mit Herzog Otto u. Albrecht von Sachsen-Lauenburg den Lüneburgischen Erbfolgekrieg, dessen Ende er aber nicht erlebte. Auch mit dem Bischof von Hildesheim kriegte er, wurde 1368 (noch bevor er zur Regierung kam) bei Dinklar von dem Bischof Gerhard geschlagen u. gefangen, mußte sich loskaufen u. dem Rathe der Stadt B. seinen Antheil an der Münze abtreten. Er blieb 1373 in der Schlacht bei Leveste gegen den Grafen Otto von Schaumburg. Seine Söhne, Friedrich, Bernhard u. Heinrich, regierten Anfangs gemeinschaftlich; sie machten einen Vertrag mit Sachsen-Lauenburg, worin Letzteres Lüneburg vor der Hand erhielt; aber 1388 begann der Krieg von Neuem, weil der jüngste Bruder Heinrich, der inzwischen großjährig geworden war, die Gültigkeit des Vertrages anfocht. Mit ihm verband sich Friedrich, beide schlugen die Herzöge von Sachsen bei Winsen u. eroberten Lüneburg, u. Friedrich erhielt dann in einem Vergleich als Ältester das Land B., während Bernhard genöthigt wurde, seinen Bruder als Mitregenten in Lüneburg anzunehmen. Friedrich sollte 1400, als ein Theil der Kurfürsten den Kaiser Wenzel absetzen wollte, dessen Nachfolger werden u. reiste deshalb nach Frankfurt a. M. zum Wahltage. Die Wahl kam indeß nicht zu Stande. Auf der Rückreise wurde der Herzog zu Fritzlar von dem Grafen von Waldeck überfallen u. erschlagen. Seine Brüder, welche den Erzbischof von Mainz für den Anstifter des Mordes hielten, führten, nachdem sie die Regierung übernommen hatten,[239] mit diesem einen erfolglosen Krieg, in Folge dessen die Stadt B., welche den Herzögen Geld vorstreckte, eine Vermehrung ihrer Privilegien zu erwirken wußte. 1404 wurde Heinrich vom Grafen von der Lippe gefangen u. gegen das eidliche Versprechen von 100,000 Goldgulden losgelassen, der Papst sprach ihn jedoch vom Eide los, der Graf von der Lippe aber wurde geächtet. 1409 theilten rie Brüder ihr Ländergebiet. Bernhard erhielt B., Heinrich Lüneburg u. Kalenberg, s. unten III.

B) Das alte Lüneburger Haus (1267–1369). Johann, Otto's jüngerer Sohn u. Albrechts I. Bruder (s. oben I.), stiftete 1267 diese Linie; er legte die Händel mit dem Bisthum Hildesheim wegen der Grafschaft Peine friedlich bei u. starb 1277. Sein Sohn Otto der Strenge, welcher Anfangs unter der Vormundschaft Albrechts I. folgte, that viel für die Stadt Hannover, brachte mehrere im Innern des Landes gelegene Grafschaften, wie Hallermund, Lauenrode etc. an sich, war streng gegen den räuberischen Adel u. milderte die Leibeigenschaft. Er st. 1330. Ihm folgten seine beiden Söhne Otto u. Wilhelm (mit dem langen Beine), welche fortfuhren durch Ankäufe das Land zu vergrößern u. bis zu Otto's Tode 11352) gemeinschaftlich regierten. Wilhelm wollte, da auch er wie Otto keine Söhne hatte, seinem Enkel, Albrecht von Sachsen-Lauenburg, dem Sohne des Herzogs Otto von Sachsen-Lauenburg u. seiner Tochter Elisabeth, das Erbrecht in B.-Lüneburg verschaffen. Der Kaiser genehmigte zwar diesen Act 1365, aber Herzog Wilhelm kam später von seiner Absicht zurück u. ernannte, als sein zweiter Schwiegersohn Magnus I. von Wolfenbüttel gestorben war, den Prinzen Magnus Toraquatus von B.-Wolfenbüttel, als nächsten Agnaten, zu seinem Nachfolger. Die Folge davon war der B.-Lüneburgische Erbfolgekrieg (s. oben A) c). Herzog Wilhelm starb 1369 u. mit ihm erlosch die ältere Lüneburger Linie.

III. Das mittlere Gesammthaus Braunschweig. A) Ältere Linie Braunschweig-Wolfenbüttel. Herzog Bernhard I. von B.-Wolfenbüttel hatte 1409 Wolfenbüttel erhalten (s. oben II. A) c) u. regierte hier bis 1428. Da verlangten seine Neffen, des Herzogs Heinrich Söhne, Wilhelm u. Heinrich, die sich durch die Theilung 1409 beeinträchtigt glaubten, eine neue Theilung, die auch 1428 zu Stande kam. Herzog Bernhard bekam Lüneburg u. Zelle, seine Neffen aber Wolfenbüttel, Kalenberg u. Hannover. Herzog Wilhelm der Siegreiche wählte Wolfenbüttel zur Residenz, aber sein Bruder, Herzog Heinrich der Friedfertige, damit nicht zufrieden, bemächtigte sich 1431 in Abwesenheit Wilhelms der Stadt u. bewog seinen Bruder, ihm Wolfenbüttel abzutreten u. dagegen Kalenberg mit Hannover zu nehmen. 1442 kam es wegen eines zwischen beiden Brüdern geschlossenen Kaufes zu einer Fehde, indeß vermittelte der Kurfürst von Brandenburg den Frieden. Heinrich st. 1473 ohne Erben, u. alles Land fiel an Wilhelm zurück. Diesem war schon 1450 von Otto dem Einäugigen von Göttingen die. Regierung dieses Landes abgetreten (s. oben II. A) b), welches er 1463 erbte. An vielfachen Kriegszügen gegen die Franzosen, Hussiten, Dänen, Türken, den Bischof von Hildesheim u. Karl von Burgund nahm er mit Ruhm Theil u. st. 1482. Er hinterließ 2 Söhne, Wilhelm II. u. Friedrich den Unruhigen, welche gemeinschaftlich rsgieren sollten, da aber der jüngere, nach mehreren noch als Prinz, in Württemberg für Albert von Brandenburg geleisteten Kriegsdiensten u. nach verdrießlichen Fehden mit den Hansestädten u. Anderen u. auch gegen König Maximilian für die unruhigen Niederländer, auf eine Theilung drang u. sich mit seines Bruders Feinden, den Hildesheimern, vereinigte, so ließ ihn dieser gefangen nehmen u. auf das Schloß Kalenberg u. von da nach Münden bringen, wo er 1495 ohne Erben starb. Wilhelm theilte 1491 sein Land unter seine Söhne Heinrich u. Erich, wodurch 2 neue Linien, Wolfenbüttel u. Kalenberg, entstanden. Auch Göttingen, welches er sich vorbehalten hatte, trat er 1495 an Erich ab u. st. 1503 in Münden. a) Die Kalenberger Linie. Erich I., Sohn Wilhelms II., hatte lange Zeit mit der Stadt Göttingen zu kämpfen, die ihm erst 1513 huldigte. Er zeichnete sich, 1504 in Baiern u. Tyrol für Kaiser Maximilian I. kämpfend, rühmlich aus, nahm Theil an dem Sächsischen Kriege in Ostfriesland (1514), sowie an der Hildesheimer Stiftsfehde (1519_–1523), legte die Festung Erichsburg an, that viel für die Rechtspflege u. legte der Reformation in seinem Lande keine Hindernisse in den Weg. Er st. 1540. Sein Sohn u. Nachfolger Erich II. regierte unter Vormundschaft seiner Mutter bis 1546, trat, obgleich in der Protestantischen Confession erzogen, zu der Katholischen über, kämpfte gegen die Schmalkaldischen Bundesgenossen u. mit dem Markgrafen von Brandenburg gegen Moritz von Sachsen, erbte Hoya u. Bruchhausen u. starb tief verschuldet u. kinderlos 1584 in Pavia. Das Land fiel an Wolfenbüttel. b) Die Wolfenbütteler Linie. Heinrich I. (der Ältere od. Quade), Sohn Wilhelms II. u. Bruder Erichs I., trat 1492 die Regierung über B. u. Wolfenbüttel an, hatte mit der Stadt B. vielfache Händel, weil dieselbe die Güter, welche ihre früheren Fürsten verpfändet hatten, nicht wieder abtreten wollte belagerte sie 1493, wurde aber von der Hansa bei Blakenstedt geschlagen; dennoch mußte sich die Stadt 1494 ergeben. Heinrich verschaffte ihr dagegen 1505 vom Kaiser das Privilegium, zwei Messen, welche in der That schon seit 1492 Statt gefunden hatten, zu halten. Er blieb 1514 in dem Ostfriesischen Krieg gegen den Grafen Ezard, in welchen auch sein Bruder Erich I. verwickelt war, bei dem Sturme auf Leerort u. hinterließ 6 Söhne, von denen der älteste, Herzog Heinrich II. der Jüngere, allein regierte. Er entwarf ein Hausgesetz (Pactum Henrico-Wilhelminum), die Primogenitur u. Untheilbarkeit des Landes betreffend; aber sein Bruder Wilhelm widersetzte sich dieser Bestimmung mit dem Herzog von Holstein u. den Hansestädten. Heinrich nahm aber Wilhelm gefangen u. hielt ihn 12 Jahre lang in Hast, bis er 1535 den Primogeniturreceß unterzeichnete. In der Fehde mit dem Bischof von Hildesheim ward er zwar in der Soltauer Haide geschlagen, erwarb aber 1523 den größten Theil von Hildesheim u. bekämpfte mit dem Kurfürsten von Sachsen u. Landgrafen von Hessen 1525 die aufrührerischen Bauern unter Thomas Münzer bei Frankenhausen. In Italien focht er 1528 gegen den Papst u. Venedig, aber nicht mit Glück, indem von 1000 Reitern nur 16 heimkehrten, trat aber 1534 als erbitterter Gegner der Protestanten auf, verband sich mit Herzog Georg von Sachsen u. wurde Anführer des gegen[240] die Schmalkaldischen Bundesgenossen errichteten Bundes. Als solcher wollte er die Acht gegen B. u. Goslar vollstrecken, aber diese Städte wurden von Sachsen u. Hessen unterstützt u. Heinrich 1542 aus Wolfenbüttel vertrieben. Er wurde, als er ein Heer von 10,000 Mann, das er in Frankreich sammelte, herbeiführte, beim Kloster Hökelen 1546 geschlagen u. gefangen nach Ziegenhain gebracht, 1547 aber durch die Schlacht bei Mühlberg wieder befreit. 1550 belagerte er B., mußte jedoch aus Befehl des Kaisers die Belagerung aufheben. Mit Kurfürst Moritz von Sachsen kriegte er 1553 gegen den Markgrafen Albrecht von Kulmbach u. verlor in der Schlacht bei Sievershausen zwei seiner Söhne. Mit um so größerem Eifer verfolgte er aber Albrecht, schlug ihn bei Steterburg nochmals u. zwang ihn in Franken zum Frieden. Dieser Fehde ungeachtet lag er um diese Zeit mit seinem Vetter Erich zu Kalenberg in Krieg, demüthigte auch die Stadt B. Nach dem Tode seiner Söhne wollte er seinen 3. Sohn Julius, weil er lahm u. daher zum Kriege unfähig u. Protestant war, nicht zur Succession zulassen. Mit Eva Trott, einem Hoffräulein, welche er geheirathet hatte u. auf der Staufenburg verbarg, zeugte er einen Sohn, Eitel Heinrich, welchem er die Nachfolge zu verschaffen suchte; doch verweigerte der Kaiser seine Zustimmung. Gegen das Ende seines Lebens wurde er gegen seine protestantischen Unterthanen u. seinen Sohn Julius milder gesinnt u. starb 1568. Ihm folgte sein Sohn Julius, ein eifriger Protestant, der die Evangelische Lehre ausbreitete, Klöster in Schulen verwandelte, das Salzwerk Juliushall u. die Universität Helmstädt gründete u. das Römische Recht einführte. Ihm fiel 1584 Kalenberg u. Göttingen (s. oben a) u. 1585 die Grafschaft Diepholz zu. Erst. 1589, u. sein Sohn Heinrich Julius, seit 1566 Bischof von Halberstadt, folgte ihm. Dieser reformirte von 1591 an Halberstadt, erbte 1596 Grubenhagen (s. oben II. A) a), zog die Grafschaft Blankenburg u. Regenstein als heimgefallenes Lehn ein u. st. in Prag 1613, während eines Besuchs beim Kaiser Matthias. Sein ältester Sohn u. Nachfolger, Friedrich Ulrich, besaß weder die Kraft noch die Entschlossenheit, das Wohl seines Landes u. seiner Glaubensgenossen in der stürmischen Periode, in welche seine Regierung fiel, wahrzunehmen. Er unterwarf sich 1615 durch einen Vergleich die Stadt B. u. mußte 1617 auf kaiserlichen Befehl das Fürstenthum Grubenhagen an Lüneburg abtreten. In dem Dreißigjährigen Kriege wurde er durch seinen Bruder Christian u. den König von Dänemark in den Kampf hineingezogen, u. Wolfenbüttel von Letzterem zum Waffenplatz erwählt. Nach der Schlacht bei Lutter am Barenberge Anfang 1627 schloß er mit dem Kaiser Frieden, weshalb die Evangelischen sein Land verheerten. Sein Bruder Christian, gefeierter Held des Dreißigjährigen Krieges, suchte ihn von diesem Frieden abzuhalten u. führte den Krieg auf seine eigene Hand fort, bis er, aus dem Felde nach Wolfenbüttel zurückkehrend, den 6. Mai 1626, wie man vermuthet, an Gift starb. 1627 besetzte Pappenheim Wolfenbüttel u. der Herzog mußte auf kaiserlichen Befehl seinen Antheil an Hildesheim herausgeben, bemächtigte sich aber desselben 1633 wieder; nachdem er 1631 nach der Ankunft Gustav Adolfs in Deutschland auf die Seite der Protestanten getreten war. Er starb kinderlos 1634. Das Land fiel an August, Herzog von B.-Lüneburg-Dannenberg.

B) Jüngere Linie Braunschweig-Lüneburg. Bei der Theilung 1409 zwischen den Söhnen des Herzogs Magnus II. (s. oben II. A) c) war Lüneburg an Heinrich gefallen, er beförderte die Sicherheit der Heerstraßen u. züchtigte den räuberischen Adel, so daß er der König der Haiden genannt wurde; er st. 1416 u. ihm folgten seine Söhne Wilhelm u. Heinrich, die aber 1428 mit ihrem Oheim Bernhard tauschten (s. oben A), welcher nun Herzog von Lüneburg wurde u. 1434 starb. Er hinterließ 2 Söhne, die gemeinschaftlich regierten, Otto den Lahmen (von der Haide) u. Friedrich den Frommen. Otto st. 1445 plötzlich u. ohne Erben, u. nun führte Friedrich die Regierung allein. Mit der Geistlichkeit der benachbarten Hochstifter wurde er in Zwistigkeiten verwickelt, unterstützte Münster, ward von den Kölnischen gefangen, baute nach seiner Befreiung ein Frauciscanerkloster zu Zelle, übergab seine Zwistigkeiten u. 1453 die Regierung seinen Söhnen Bernhard II. u. Otto dem Siegreichen u. zog sich in das Kloster zurück. Da aber Bernhard schon 1464 ohne Kinder u. Otto schon 1471 mit Hinterlassung eines einzigen unmündigen Sohnes starb, so übernahm Friedrich die Regierung wieder, bis zu seinem Tode 1478. Ihm folgte sein Enkel Heinrich der Mittlere, Ottos Sohn, der sich in der Hildesheimischen Stistsfehde mit dem Bischof Johann gegen seinen Vetter Heinrich von Wolfenbüttel verband u. die Bewerbung des Königs Franz I. von Frankreich, um den Kaiserthron gegenüber Karl V. begünstigte. Als der Letztere zur Regierung kam, fürchtete er dessen Zorn, trat 1520 das Land an seine Söhne Otto u. Ernst ab u. begab sich außer Land, um der Reichsacht zu entgehen. Als seine Söhne 1527 die Reformation in ihrem Lande einführten, suchte er sich vergebens der Regierung wieder zu bemächtigen. 1527 entsagte Otto der Mitregierung, gegen die Abtretung von Harburg, u. stiftete a) Braunschweig-Harburg, welche Linie von Ottos Sohn, Otto dem Jüngeren, u. von dessen 3 Söhnen Wilhelm, Otto u. Christian bis 1642 fortgesetzt wurde, wo sie erlosch u. das Land an Lüneburg zurückfiel. Dagegen trat der 3. Bruder Franz mit ein, der aber 1529 sich mit dem Amt Gifhorn abfinden ließ u. b) die Linie Braunschweig-Gifhorn stiftete, die aber 1549, da Franz ohne Söhne starb, mit ihm wieder erlosch. – Ernst der Bekenner regierte nun in Lüneburg allein, zeigte sich als eifrigen Anhänger der Protestantischen Lehre u. trat 1546 zum Schmalkaldischen Bunde, gerade als der unglückliche Krieg zwischen diesem u. dem Kaiser dem Ausbruche nahe war. Ihm folgte sein ältester Sohn Franz Otto, u. da dieser schon 1559 ohne Kinder starb, seine jüngeren Brüder, die Herzöge Heinrich u. Wilhelm, die Anfangs gemeinschaftlich regierten, 1569 aber sich dahin verglichen, daß Heinrich seinem jüngeren Bruder, die Regierung abtrat u. sich als älterer blos die Ämter Dannenberg, Lüchov, Hitzacker u. Scharnebeck vorbehielt. Er nannte seine Linie nun B.-Lüneburg-Danneberg u. ward, da sein Sohn August später Wolfenbüttel erbte, Stifter der Linie Wolfenbüttel. Wilhelm, der jüngere Bruder, dagegen stiftete, in der Theilung sehr bevorzugt, die Linie B.-Lüneburg, welche später die Kurfürstenwürde erhielt, u. 1815 den [241] Titel König von Hannover annahm, s.u. Hannover (Gesch.).

IV. Geschichte des jetzigen Hauses Braunschweig-Lüneburg-Wolfenbüttel seit 1569. A) Bis zur Revolution 1830. Heinrich, Herzog von B.-Lüneburg-Danneberg residirte in Danneberg u. starb 1598. Sein ältester Sohn, Julius Ernst, führte die Regierung allein u. vereinte die Grafschaft Wustrov mit seinem Gebiete. Als 1631 das Haus B.-Wolfenbüttel ausstarb, so überließ er seinem jüngeren Bruder August, welcher in Hitzacker einen Sitz hatte, alle Ansprüche auf die neue Erbschaft gegen eine Geldsumme; er selbst st. 1636. August erbte nun auch sein Gebiet u. vereinigte es mit Wolfenbüttel. Der Herzog von Lüneburg-Zelle machte ihm indeß die Wolfenbüttler Erbschaft streitig, u. es kam 1635 zu einem Vertrage, dem zu Folge August Wolfenbüttel behielt, Kalenberg, Hoya u. Diepholz aber an die Zellische Linie abtrat. Als er die Regierung antrat, befand sich das Land in den traurigsten Verhältnissen, aber mit Umsicht ging er an die Verbesserung der trostlosen Zustände, u. seinen Bestrebungen gelang es, dem Lande eine bessere Zukunft zu sichern. Nachdem die Kaiserlichen 1643 Wolfenbüttel geräumt hatten, verlegte er seine Residenz dahin, schloß 1642 einen Separatfrieden mit dem Kaiser, erhielt 1649 das Amt Lutter am Barenberg, konnte aber die Streitigkeiten mit der Stadt B., die nach Reichsfreiheit strebte, nicht zu Ende bringen u. st. 1666. Über seine Theilnahme am Dreißigjährigen Krieg, s.d. Ihn überlebten 3 Söhne, Rudolf August, Anton Ulrich u. Ferdinand Albrecht; Letzter stiftete die Linie B.-Bevern (s. d.), der ältere aber, Rudolf August, die Wolfenbüttler Linie. Rudolf August war ein Fürst von großen Fähigkeiten u. Kenntnissen. Er wurde wegen der Stadt Höxter mit dem Bischof von Münster, Bernhard v. Galen, in Streitigkeiten verwickelt, die 1671 friedlich beigelegt wurden, unterwarf mit Hülfe der Lüneburger Fürsten 1671 die Stadt B. u. erhielt dieselbe als Eigenthum, nachdem sie bisher Gesammteigenthum beider Linien gewesen war, mußte aber dagegen die Ämter Dannenberg, Lüchov, Hitzacker, Wustrov u. Scharnebeck an Lüneburg abtreten. 1672 u. 1688 stellte er Contingente gegen Ludwig XIV.; 1679 erhielt er das Bremische Amt Thedinghausen; 1680 u. 1684 stellte er Contingente gegen Schwerin u. die Türken u. nahm 1685 seinen Bruder Anton Ulrich zum Mitregenten an. 1702 warben die Brüder für Frankreich Truppen, aber der Kaiser befahl den Herzögen von Celle u. Hannover diese Truppen aufzulösen u. unter die Kaiserlichen zu stecken, was auch geschah. Rudolf August st. 1705 u. ihm folgte sein Bruder Anton Ulrich. Dieser erwarb das Amt Campen u. ließ die Grafschaft Blankenburg zum Fürstenthum erheben (1707), das nach seinem Tode sein jüngster Sohn Ludwig Rudolf erhielt. 1710 wurde er katholisch u. st. 1714. Sein Sohn August Wilhelm, ein eifriger Protestant, folgte ihm u. suchte den Eindruck, welchen der Religionswechsel seines Vaters hervorgebracht hatte, zu verwischen. Nach dem Tode des Königs Georg I. von Großbritannien strebte er vergeblich, die Kurwürde an sein Haus zu bringen. Er st. 1731 ohne Kinder, u. ihm folgte sein Bruder Ludwig Rudolf, seit 1714 Fürst von Blankenburg, der viele wohlthätige Einrichtungen traf, aber schon 1735 ohne Söhne zu hinterlassen starb. Von seinen 3 Töchtern war eine, Elisabeth Christine, an den Kaiser Karl VI., die zweite, Christina, an den Großfürsten Alexius von Rußland u. die dritte, Antonie Amalie, an den Herzog von B.-Bevern vermählt. Ihm folgte sein Geschwisterkindsvetter Ferdinand Albrecht, bisher Herzog von B.-Bevern, der aber noch in demselben Jahre st., u. dann dessen ältester Sohn Karl, der das Collegium Carolinum in B. gründete, die Universität Helmstädt von Georg von England allein überlasten bekam, derselben eine verbesserte Einrichtung gab, aber durch seine Prachtliebe u. durch den Antheil, den er am Siebenjährigen Kriege nahm, in welchem er 12,000 M. zur alliirten Armee stellte, sein Land in große Schulden stürzte. Er verlegte 1753 seine Residenz nach B. u. st. 1780. Karl Wilhelm Ferdinand, geb. 1735, Karls Sohn, der älteste von 13 Geschwistern, der sich schon als Erbprinz während des Siebenjährigen Krieges als Feldherr ausgezeichnet hatte, folgte in der Regierung. Durch musterhafte Staatswirthschaft hob er die Kräfte des Landes, durch kluge Sparsamkeit befreite er dasselbe von den Schulden, welche es drückten, beförderte Handel u. Fabriken, Acker- u. Bergbau u. die Forstcultur. 1788 unterwarf er als preußischer Feldmarschall Holland, aber im Kriege gegen Frankreich 1792 u. 1793 hatte er kein Glück u. legte zu Anfang von 1794 den Oberbefehl nieder. 1806 befehligte er die preußische Armee, wurde bei Auerstädt tödtlich verwundet u. st. im Nov. 1807 in Ottensen bei Altona, wohin er geflüchtet war. Gleich nach der Schlacht bei Auerstädt ließ Napoleon das Herzogthum B. besetzen u. legte demselben eine schwere Contribution auf. Nach dem Frieden von Tilsit 1807 wurde bestimmt, daß dasselbe nicht an die rechtmäßigen Erben Karl Wilhelm Ferdinands zurückfallen, sondern mit Ausnahme des Amtes Thedinghausen zu dem neuen Königreich Westfalen geschlagen werden sollte; es gehörte zu den Departements der Ocker, Leine u. des Harzes u. theilte während der siebenjährigen Fremdherrschaft alle Schicksale des Königreichs Westfalen. Nach der Schlacht von Leipzig kam B. 1813 wieder an den rechtmäßigen Herzog. Dies war Friedrich Wilhelm, jüngster Sohn des Herzogs Karl Wilhelm Ferdinand, der, da seine beiden älteren Brüder Georg (geb. 1766, st. 1811) u. August (geb. 1770, st. 1820) als erblindet resignirten, die Regierung 1806 antrat. Er war von 1806 in preußischen Diensten gewesen, zum Generalmajor gestiegen, hatte dann in Bruchsal gelebt, u. von dem 1805 ihm von seinem Oheim zugefallenen Herzogthum B.-Öls den Titel von B.-Öls geführt, 1809 ein Freicorps von etwa 1500 Mann errichtet, mit diesem u. den Österreichern in Sachsen u. Böhmen operirt u. war nach dem Waffenstillstand von Zuaym von Zwickau über Altenburg, Leipzig, Halle, Halberstadt, B., wo er bei Olper mit den sich ihm entgegenstellenden westfälischen General ein glückliches Gefecht bestand, nach Elsfleth bei Bremen gezogen u. glücklich nach England übergeschifft (s. Österreichischer Krieg gegen Frankreich von 1809). Sein Corps wurde von da nach Spanien geschickt, wo es tapfer focht (s. Spanischer Freiheitskrieg). Er kehrte Anfang 1813 zurück, nahm das Land in Besitz u. stellte ein Corps[242] von 10,000 M. für die Verbündeten auf, focht mit 7000 M. 1815 in den Niederlanden u. blieb den 15. Juni 1815 bei Quatrebas (s. Russisch-deutscher Befreiungskrieg von 1812–1815). Seine Söhne Karl u. Wilhelm waren noch minderjährig, weshalb der Prinz-Regent von England (nachmals König Georg IV.) als Obervormund die Regierung von B. übernahm. Dieser übertrug die besondere Leitung der Regierungsgeschäfte dem Grafen von Münster. 1820 erhielt das Land ein neues Grundgesetz, nachdem vorher schon das Schuldenwesen des Staates geordnet, das Grundsteuergesetz regulirt, auch ein Oberappellationsgericht errichtet worden war. Am 30. Oct. 1823 übernahm Herzog Karl die Regierung u. ließ anfangs alles, wie er es gefunden hatte, doch berief er die Stände nicht u. unterschrieb auch die grundgesetzlichen Reversalien nicht, weil er die während seiner Minderjährigkeit vorgenommene Verfassungänderung nicht anerkennen wollte. 1828 trat er seinem Bruder Wilhelm das Fürstenthum Öls ab u. brachte 1827 mehrere Beschwerden gegen die vormundschaftliche Regierung vor, wodurch sich ein ärgerlicher Schriftenwechsel zwischen ihm u. dem König Georg IV. von Großbritannien entspann, wobei der Herzog denselben persönlich beleidigte. Auch gegen mehrere seiner Unterthanen beging er offenbare Ungerechtigkeiten, indem er alle Acte der Vormundschaft während des letzten Jahres seiner Minderjährigkeit, welche ein Jahr über sein 18. Lebensjahr hinaus gedauert hatte, für ungültig erklärte, den Oberjägermeister von Sierstorpff seines Dienstes enthob u. des Landes verwies, den Geheimrath von Schmidt-Phiseldek, der mit bei der Vormundschaft betheiligt gewesen war, verhaften lassen wollte, der aber eiligst entfloh, etc. Zugleich zog er seine Günstlinge, meistens unfähige Männer an den Hof, verwendete unverhältnißmäßige Summen auf das Theater u. folgte, unbekümmert um das Wohl des Landes, seinen persönlichen Liebhabereien u. Leidenschaften. Da Österreich u. Preußen den Herzog nicht zur Nachgiebigkeit gegen Georg IV. bewegen konnten, so kam die Sache vor den Bundestag, welcher am 26. Juli 1829 erklärte, das; der Herzog die Klagschrift gegen die vormundschaftliche Regierung zurücknehmen u. sich bei dem König von England entschuldigen müsse. Im Februar 1830 ließen die, nach dem ihnen zustehenden Convocationsrechte im Mai 1829 zusammengetretenen Landstände eine Klagschrift wegen einseitiger Aufhebung der Verfassung an den Bundestag gelangen, u. da es das Ansehen gewann, als ob auch in dieser Sache der Herzog Unrecht behalten würde, so reiste derselbe im Sommer nach Paris u. war dort Zeuge der Julirevolution 1830. Im August d. J. kam er nach B. zurück. Er fuhr fort in der früheren Weise zu regieren, bis der Unwille des Volkes am 7. Sept. in einen Aufstand ausbrach, in Folge dessen das Schloß in Flammen aufging u. der Herzog Karl flüchtete.

B) Von der Septemberrevolution bis zur Gegenwart, 1830–1857. Nachdem der Herzog Karl B. verlassen hatte, übernahm sein Bruder, Herzog Wilhelm, anfangs unter Zustimmung seines Bruders die Regierung; später jedoch wurde ihm durch Beschluß des Bundestages am 2. Dec. 1830 die Herrschaft förmlich übertragen, nachdem Herzog Karl im Nov. 1830 einen Versuch gemacht hatte, sich des Landes wieder zu bemächtigen. Im April 1831 empfing Herzog Wilhelm die Huldigung u. stellte die Verfassung von 1820 wieder her. Karl versuchte noch mehrere Male, aber immer ohne Erfolg, durch Verschwörungen u. Waffengewalt (so im Harz in einem Grenzdorf 1832 u. in Paris durch Werbeprojecte) das verlorene Herzogthum wieder zu gewinnen. Die Angelegenheiten im Innern gingen unter dem neuen Regenten ihren ruhigen Gang. Ein neues Grundgesetz wurde von der Regierung 1831 entworfen u. 1832 von den Ständen unter Modificationen angenommen. Am 30. Juni 1833 wurde der 1. Landtag mit den neuen Ständen eröffnet, u. es kamen bis zum Schluß der Sitzungsperiode im Mai 1835 mehrere Gesetze zu Stande, welche vortheilhaft auf die wirtschaftliche u. politische Entwickelung des Landes einwirkten, so eine neue Ständeordnung u. ein Ablösungsgesetz. Eher nachtheilig als fördernd für den Handel war der Anschluß an den Hannover-Oldenburgischen Handels-, Zoll- u. Postverein. Nach Verordnung vom 28. Dec. 1835 wurde der preußische Münzfuß statt des Conventionsmünzfußes eingeführt. Der Landtag 1836 trug eine liberalere Färbung. Er nahm ein Gesetz über Aufhebung der Feudalrechte an u. bewilligte den Credit zum Bau der Braunschweig-Harzburger Eisenbahn; der Landtag von 1839 brachte das neue Criminalgesetz u. andere für die innere Landesverwaltung nöthige u. heilsame Gesetze zu Stande. Die Verhandlungen der Ständeversammlung von 1841 beschäftigten sich vorzugsweise mit der von der Negierung beabsichtigten Lossagung von dem Hannöverschen Steuervereine u. mit dem Anschluß an den Deutschen Zollverein, welcher auch zu Staude kam, mit noch einstweiligem Ausschluß des Weser- u. Harzdistrictes. Die von den Ständen an die Regierung gestellten Anträge aus Preßfreiheit u. Öffentlichkeit der Landtagsverhandlungen wurden verweigert. Der 4. ordentliche Landtag trat am 29. Nov. 1842 zusammen; der liberale Advocat Steinacker wurde zum Präsidenten gewählt. Bald kam es zwischen Ständen u. Regierung zu Mißhelligkeiten, theils wegen der von letzter verweigerten Beschränkung des Militäretats u. Einführung des öffentlichen u. mündlichen Gerichtsverfahrens, theils wegen der von ihr beobachteten Handelspolitik. Die Lossagung von dem Hannöverschen Steuervereine hatte nämlich dem Lande nicht geringen Nachtheil gebracht, u. nun sollte auch zu Folge früherer Beschlüsse der Weser- u. Harzdistrict in den Zollverein aufgenommen werden, während Hannover den gehofften Anschluß verweigerte. 1845 vergrößerte sich die Differenz zwischen Regierung u. Ständen, zufolge der von der Kammer zu dem Gesetzentwurf über die Landgemeindenordnung gestellten Anträge, die von der Regierung abgelehnt wurden. Am 7. März 1845 constituirte sich in der Stadt B. eine Deutschkatholische Gemeinde auf Grund des Breslauer Glaubensbekenntnisses, u. die Regierung legte den Deutschkatholiken wie den Protestantischen Freunden in der Ausübung ihrer Gottesdienste keine Hindernisse in den Weg. Die 5. Ständeversammlung wurde am 18. Nov. 1845 eröffnet. Bei der Feststellung des Budgets versuchten die Stände von Neuem eine Reduction des Militäretats zu Gunsten neuer Eisenbahnanlagen zu erwirken. Im April 1846 brach hierüber u. über einige andere Budgetfragen ein offener Conflict aus, nachdem die Landschaft[243] den von der Regierung vorgeschlagenen Ausweg, die Streitfrage durch ein Bundesschiedsgericht entscheiden zu lassen, zurückgewiesen hatte. Darauf erfolgte am 8. April die Verabschiedung des Landtages, u. die Regierung erklärte nun, die vorläufig von den Ständen nicht beanstandeten Budgetsätze seien als genehmigt zu betrachten, rücksichtlich der nicht genehmigten dagegen werde sie nach bestem Ermessen handeln, u. publicirte in Folge dessen ein Finanzgesetz. Der Conflict zwischen Ständen u. Regierung währte auch 1847 noch fort; doch versprach die Letztere in dem am 16. Juni publicirten Landtagsabschied, verschiedene Ersparnisse, bes. im Militäretat, zu berücksichtigen. Den Nothstand im Anfange des Jahres 1847 suchte die Regierung durch Verausgabung großer Summen für öffentliche Bauten zu mildern. Das Gerücht von einer Vermählung des Herzogs Wilhelm mit einer Prinzessin von Mecklenburg-Schwerin veranlaßte den Herzog Karl zu einer Protestation dagegen bei dem Herzog von Schwerin u. zu einer erneuten Verwahrung seiner Rechte auf den braunschweigischen Thron. Im März 1848 verursachte die Französische Revolution auch in B. eine allgemeine Bewegung. Eine am 3. März im Bürgervereine in B. beschlossene Adresse an den Herzog enthielt das Ansuchen um die umfassendste Volksbewaffnung, am Öffentlichkeit der Ständeversammlung, der Stadtverordneten- u. Magistratssitzungen u. der Gerichte, um Schwurgerichte, Preßfreiheit, Volksvertretung am Deutschen Bundestage, Hinwirkung auf Zolleinigung des ganzen Deutschland, Zusammenberufung eines außerordentlichen Landtages etc. Darauf erfolgte am 13. März die Aufhebung der Censur, doch unter beschränkenden Maßregeln, u. die Einberufung der Stände auf den 25. März. Ein Tumult am 18. März in der Hauptstadt wurde von der Bürgerwehr u. dem Schützencorps unterdrückt. Bei der Eröffnung des außerordentlichen Landtags am 2. April, sprach der Herzog, neben der Ankündigung der verheißenen Gesetzvorschläge, den Wunsch einer völligen Beseitigung der auf dem letzten Landtage unerledigt gebliebenen Differenzpunkte aus u. sagte militärische Hülfe für Schleswig-Holstein zu, welche am 13. April dahin abmarschirte. Die Öffentlichkeit der landständischen Verhandlungen wurde unter dem 5. April decretirt. Der Landtag nahm das Gesetz über Öffentlichkeit u. Mündlichkeit des Gerichtsverfahrens an. Die Agitation für die Parlamentswahlen rief in B. von vornherein eine schärfere Parteibildung hervor, doch fielen die Parlamentswahlen gemäßigt aus. Der alte Streitpunkt über das Verhalten der Regierung hinsichtlich des vorigen Budgets gab zu neuen heftigen Verhandlungen Anlaß, wurde aber endlich mit dem inzwischen am 20. Juli ans Ruder gekommenen neuen Ministerium (v. Schleinitz, v. Geyso u. Morgenstern) friedlich beigelegt. Ende Mai wurde ein Gesetz über Zulässigkeit der vermittelst Civilact geschlossenen Ehen zwischen Juden u. Christen u. am 23. Juni ein neues Vereinsgesetz publicirt. Das dem Landtage vorgelegte Wahlgesetz ging am 23. Aug. mit mehreren Abänderungen durch. Trotz der Erklärung des Landtags gegen den mit Dänemark abgeschlossenen Waffenstillstand kehrten doch die braunschweigischen Truppen am 10. Sept. aus Holstein zurück. Am 2. u. 3. Sept. erneuten sich die früheren unruhigen Auftritte durch Demonstrationen gegen einzelne Abgeordnete. Am 16. Sept. wurde das neue Jagdgesetz publicirt, durch welches das Jagdrecht auf fremdem Grund u. Boden gegen billige Entschädigung aufgehoben wurde. Am 18. Dec. trat der neue Landtag zusammen, um außer dem Staatshaushalt über eine große Anzahl der wichtigsten Gesetze für die innere Organisation zu berathen. Vor ihrer Vertagung bis zum 19. März sprach sich die Kammer am 23. Dec. fast einstimmig für die Wahl eines erblichen Oberhauptes für Deutschland u. zwar für die Übertragung dieser Würde an die Krone Preußen aus, u. da der Herzog sich Mitte Januar 1849 in Frankfurt gleichfalls für die preußische Suprematie erklärte, so ging Ende März eine Deputation aus B. nach Berlin, um den König um Annahme der Kaiserkrone zu bitten. Am 6. Jan. 1849 erfolgte die Publication der Grundrechte in B. Die inzwischen erstarkte contrerevolutionäre Bewegung, welche von den deutschen Großmächten nachdrücklich unterstützt wurde, rief Demonstrationen von Seiten der ihr entgegenstehenden Partei hervor, welche mehr u. mehr zum Republikanismus neigte. Am 2. Juni erklärte die Regierung der Kammer, welche im Allgemeinen der Zeitbewegungen gegenüber eine würdige Haltung annahm u. das Ministerium unterstützte, daß sie auch ferner den Anordnungen der Centralgewalt Folge leisten u. auch nach Kräften für schnelle Organisation der Bürgerwehr sorgen werde. Eine tief eingreifende Spaltung riefen die Verhandlungen über den Beitritt B-s zu dem preußischen Bündnisse hervor. Am 11. August wurde der Regierungsantrag auf Anschluß an den Dreikönigsbund von der Majorität angenommen u. die Kammer vertagt. Durch Gesetz vom 24. August wurde das bisherige Grundsteuersystem aufgehoben u. eine allgemeine Grundsteuer im Herzogthum eingeführt. Im Sept. erfolgte die Publication der neuen Gerichtsverfassung u. einer neuen Strafproceßordnung nach den Grundsätzen der Öffentlichkeit u. Mündlichkeit. Veranlassung zu einer nachhaltigen Differenz gab der Antrag der Verfassungscommission auf Verringerung der Civilliste, welchen die Regierung verweigerte. Die Berathungen des Landtags von 1850 führten zu mehreren, die ganze Landesverwaltung vielfach umgestaltenden u. vereinfachenden Gesetzen, unter denen die Landgemeinden- u. Städteordnung das wichtigste war. Am 30. Juni publicirte die Regierung den Entwurf einer freisinnigen Verfassungsurkunde für die Evangelisch-lutherische Kirche des Herzogthums, welcher modificirt am 22. Dec. 1851 zum Gesetz wurde. Im Oct. erklärte B. hinsichtlich der Beschlüsse über die Neugestaltung der Union bedingungsweise seine Zustimmung. Anfangs Nov. wurde nach dem Beschlusse des preußischen Ministeriums das ganze braunschweigische Truppencorps mobil gemacht. Als die Kunde von einer, bei dem neuen Bundestage beschlossenen Execution gegen Schleswig-Holstein nach B. kam, beschloß Regierung u. Land, welches sich der Herzogthümer immer mit viel Theilnahme angenommen hatte, sich dem Durchzug der Executionstruppen zu widersetzen, u. rief deshalb, aber vergebens, auf den Grund der Unionsverheißung, Preußens Hülfe an. Während in den meisten deutschen Staaten die Regierungen ihre wiedergewonnene Kraft dazu benutzten, soviel wie möglich alle ihr von der Revolution abgezwungenen Zugeständnisse rückgängig zu machen, blieb B. im [244] Besitz der wesentlichsten Früchte jener bewegten Zeitepoche. Preßfreiheit, Vereinigungsrecht, ein erweitertes Wahlrecht für den Landtag, Geschwornengerichte, eine liberale Städte- u. Landgemeindeordnung bestanden am Schluß des Jahres 1850 unverkummert in B.; die Trennung der Rechtspflege von der Verwaltung war vollständig eingetreten u. in den höheren Behörden eine namhafte Vereinfachung erzielt; der Bauernstand hatte bes. durch die Ablösungs- u. Gemeinheitstheilungs-Ordnung nebst Aufhebung des Jagdrechtes Förderung erfahren. Der Staatsminister v. Schleinitz, der, bereits seit 1830 an der Spitze der Geschäfte, fast allein unter allen deutschen Ministern seine Stellung unter den Märzstürmen u. ihren Folgen zu behaupten gewußt, hatte es verstanden, ebenso dein Andrängen der Demokratie zu widerstehen, als den zeitgemäßen Forderungen nachzugeben. Dennoch konnte auch B. sich der rückwärts drängenden Strömung der Zeit nicht entziehen. Zunächst machte sich diese bemerkbar durch die, dem am 28. April 1851 zusammengetretenen Landtag von der Regierung gemachte Vorlage zweier Gesetze über die Zusammensetzung der Landesversammlung u. die Wahl derselben, über Errichtung eines Gerichtshofes zur Entscheidung von Competenzstreitigkeiten, über verschiedene Abänderungen u. Ergänzungen der Gewerbe- u. Gildeordnung, über die rechtlichen Wirkungen u. Entscheidungen des Cassationshoses. Am 27. Mai gelangte die Mittheilung der Regierung an die Landesversammlung, daß die Dresdener Ministerialconferenzen die Veranlassung zu der Beschickung des neuerstandenen Bundestages gegeben, wodurch nun die rechtliche Möglichkeit erreicht sei, die nöthigen Reformen auf verfassungsmäßigem Wege vorzunehmen. Desgleichen wurde ein Gesetzentwurf über die Aufhebung der Deutschen Grundrechte vorgelegt. Der Landtag gab den Verhältnissen, wenn auch nicht ohne Widerstreben, nach; er genehmigte die Aufhebung der Grundrechte, die dann unter dem 12. Juli publicirt wurde, u. gab, Ende Juni vertagt, nach seinem Wiederzusammentreten am 16. Oct. seine Zustimmung zu dem Gesetz über die Zusammensetzung der Landesversammlung, wonach der Landtag künftig, statt aus 54, aus 46 Mitgliedern bestehen sollte, die indirect durch Wahlcollegien, 10 von den Städten, 12 von den Landbewohnern, 21 von den Höchstbesteuerten, 3 von der evangelischen Geistlichkeit, zu erwählen seien, u. am 18. Nov. endlich auch zu dem neuen Wahlgesetz, das am 25. publicirt wurde (indirecte Wahl; Wahlcollegien aus den Höchstbesteuerten, bestimmten Beamten u. evangelischen Geistlichen zusammengesetzt; öffentliche Wahl nach absoluter Stimmenmehrheit). Am 20. Nov. wurde der Landtag geschlossen. Inzwischen wandte das Land der Zollvereinsfrage von Neuem ein großes Interesse zu, doch blieben die für einen Anschluß sich erhebenden Stimmen immer nur vereinzelt, so sehr es auch allgemein beklagt wurde, daß das Land zu seinem fühlbaren Nachtheil nach der einen Seite hin durch handelspolitische Schranken verschlossen sei. Mit Anfang des Jahres 1852 erhielt der Beitritt B-s zu dem Deutsch-österreichischen Postverein Geltung. Die Eröffnung des 7. ordentlichen Landtages fand am 17. Febr. 1852 statt. Hauptgegenstand seiner Berathungen bildete die Festsetzung des Staatshaushaltetats für die laufende dreijährige Finanzperiode. Anfang 1853 schloß B. mit Hannover einen Vertrag wegen des Eisenbahnbaues in den gegenseitigen Gebietstheilen ab. Die gegen Mitte des Jahres wieder einberufene Landesversammlung gab am 4. Juni die geforderte Bewilligung von 2,980,000 Thlrn. zum Bau der Braunschweigischen Südbahn, genehmigte den Gesetzentwurf betreffend des Mißbrauches des Vereinsrechtes, u. ertheilte ihre Zustimmung zu der Regierungsproposition, die Herzogliche Leihanstalt mit einem Capital von 500,000 Thlrn. an der Braunschweigischen Bank zu betheiligen. Am 25. Juni erfolgte ihr Schluß, nachdem sie noch mehrere Gesetze über die rechtliche Wirkung der Entscheidungen des Cassationshoses, über Abänderungen in der Hypothekenordnung etc. angenommen hatte. Als eine namhafte Frucht des Landtages war auch die auf Antrag der Regierung eintretende bedeutende Gehaltsverbesserung der Volksschullehrer anzusehen. Eine Verordnung vom 27. Aug. bestimmte, daß die Todesstrafe künftig nur im umschlossenen Raum in Gegenwart der Gerichtspersonen u. anderer Zeugen vollstreckt werden solle. Unter dem 20. Dec. schloß B. einen Vertrag mit Hannover, wegen der Zoll- u. Steuerverwaltung in verschiedenen braunschweigischem Gebietstheilen ab. Im Jahre 1854 erfolgte die Aufhebung der mit Preußen abgeschlossenen Militärconvention vom 1. Dec. 1849 auf Anregung der preußischen Regierung selbst. Durch Verordnung vom 24. Sept. wurde der Bundesbeschluß zur Verhinderung des Mißbrauches der Presse u. ebenso am 16. Nov. das Gesetz zur Ausführung des Bundesbeschlusses wegen der Vereine publicirt. Der auf den 5. Dec. 1854 einberufene 8. ordentliche Landtag wurde bereits am 8. Dec. bis zum 13. Febr. 1855 wieder vertagt u. berieth dann das Budget, worauf er am 8. Mai geschlossen wurde. Am 5. Juni 1856 trat der außerordentliche Landtag zusammen, wurde aber sogleich wieder auf den 3. Nov. vertagt, doch wurde das Wiederzusammenkommen durch den Tod des Landtagspräsidenten v. Schmidt-Phiseldeck u. des Ministers v. Schleinitz verhindert. In das Ministerium wurde am 9. Novbr. v. Campe berufen. Die Bestrebungen mehrerer Mitglieder der Ritterschaft wegen Abänderung od. Aufhebung der in Gemäßheit der Grundrechte erlassenen Gesetze, die Aufhebung des Lehnswesens u. der Fideicommisse betreffend, fanden bei der Regierung keine günstige Aufnahme, jedoch stellte dieselbe in Aussicht, eine Vorlage in Betreff zu errichtender Fideicommisse an den 9. ordentlichen Landtag zu bringen, der im Decbr. 1857 zusammentreten sollte.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 3. Altenburg 1857, S. 238-245.
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