1. Auf nassen Mai kommt trockner Juni herbei. – Orakel, 492; Boebel, 92.
Die Abhängigkeit der Juniwitterung von den atmosphärischen Verhältnissen der vorausgegangenen Monate ist von Metereologen nachgewiesen. Dove sagt hierauf bezüglich: »Während im Winter das Innere Europas erheblich kälter ist, als die Westküsten sind, erwärmt sich jenes schneller als diese. Die nun kältere Luft des nordatlantischen Oceans fällt dann als Nordwest in die aufgelockert warme des Continents ein und bewirkt unsere den Juni und Juli hauptsächlich bezeichnende Regenzeit. Je wärmer in einem bestimmten Jahre der Mai, desto intensiver die Reaction im Juni in heftigen Regengüssen, wie z.B. 1862; trat der warme Strom auch nur vorübergehend auf kurze Zeit hervor, so brach sogleich der kalte Nordwest herein, wobei er den Wasserdampf jenes massenhaft zu Regen verdichtet.«
2. Den ersten Mai führt man den Ochsen ins Heu. – Klix, 40.
3. Den Maien voll Wind begehrt das Bauerngesind. – Orakel, 495; Boebel, 94.
4. Den Maien zwischen zweien.
D.h. nicht zu trocken, nicht zu feucht.
5. Der dritte Mai ist ein Wolf. (Sachsen.) – Boebel, 23.
[343] 6. Der Mai bringt Blumen dem Gesichte, aber dem Magen keine Früchte.
Daher rufen die Russen: Ei, ei, Herr Mai, so warm und so hungrig. (S. ⇒ Pfingsten.)
7. Der Mai bringt der Rosen viel. – Petri, II, 101.
8. Der Mai is ön Habarn sei' Winda. (Oberösterreich.) – Baumgarten, I, 49.
9. Der Mai ist selten so gut, er bringt dem Zaunpfahl einen Hut (von Schnee). – Blum, 289; Petri, II, 101; Sutor, 972; Gaal, 1130; Orakel, 506; Boebel, 93.
Der Mai lässt sich zwar Wonnemond nennen, er spielt aber oft noch einen recht empfindlichen Nachwinter, nicht blos in Deutschland, sondern auch in wärmern Ländern. So sagen die Basken: Der Mai geht um Feuer betteln. Und: Mai, lieber Mai, ich lasse dir deine Rosen und nehme mir den Pelz. In Venedig gibt man den Rath: Wer einen guten Klotz hat, hebe ihn für den Mai (zum Einheizen) auf. Und die Sarden empfehlen: Im Monat Mai behalte den Mantel. (Orakel, 507-510.)
Frz.: A la mi-mai queue d'hiver. (Cahier, 977.) – Il n'est si gentil mois d'avril, qui n'ait son chapeau de grésil. (Gaal, 1430.)
10. Der Mai ist so verwegen und setzet noch ein Schneechen. (Nassau.)
11. Der Mai kommt gezogen wie der November verflogen. – Orakel, 477.
Der Mai ist wie der vergangene November. (Orakel, 477.)
12. Der Mai kühl, der Brachmond nicht nass, füllet dem Landmann Speicher, Keller, Kasten und Fass. (Pfalz.)
13. Der Mai lässt den Pflug hinei. (Oels.) – Boebel, 95.
14. Der Mai lockt ins Frei'.
Die Engländer nennen den Monat den lustigen (the merry month of May). Auf Sardinien sagt man: Heiter wie der Mai, und die Mailänder sagen: Der Mai ist der schönste Monat. Die Lombarden: Der Mai hat nicht seinesgleichen. (Reinsberg VIII, 126.)
Holl.: Met de maand van Mei blijft geen koebeest uit de wei. (Harrebomée, II, 74b.)
15. Der May kühl, der Brachmond nass, die füllen Scheunen und Fass. – Henisch, 472, 81; Latendorf II, 8; Heyl, 55; Orakel, 504.
Für Solothurn: Der Meie chüel, der Brachmonat nass, füllt Spîcher und Fass. Bei Reinsberg VIII, 14 findet sich das Sprichwort aus der Pfalz angeführt, aber in der Fassung: »Brachmond nicht nass.« Sollte es wirklich dort so lauten, oder Druckfehler sein? Mir ist es sonst als deutsches nirgends in dieser verneinenden Form begegnet. (S. oben 12.)
Lat.: Majus frigidiusculus, non frigidus amatur. (Chaos, 1001.)
16. Der schönste Mai macht alte Zeit nicht neu.
17. Der siebente Mai ist eine Schlange. (Sachsen.) – Boebel, 23.
18. Des Maies Mitte hat für den Winter noch eine Hütte.
19. Dess Mayen brauch, weil du drin bist, vber vier Wochen keiner ist. – Loci comm., 194.
20. E Maai kiehl on naas fölld Scheier on Fass. (Trier.) – Laven, 44.
21. Ein feuchtwarmer Mai erzeugt viel Stroh und wenig Korn. (Brusiothal.) – Schweiz, I, 235, 5.
22. Ein heisser Mai ist des Todes Kanzlei.
Engl.: A hot may makes a fat church-yard. (Bohn II, 34.)
23. Ein kalter Mai bringt keine böse Zeit. – Petri, II, 206.
24. Ein kühler Mai bringt Allerlei (Vielerlei).
25. Ein kühler Mai bringt Gras (Stroh) und Heu.
Engl.: A cold may and a windy makes a full barn and a findy. (Bohn II, 33.)
26. Ein kühler Mai, gut Geschrei. – Simrock, 6757a; Orakel, 500; Bair. Hauskalender.
Holl.: De koele Mai doet het al verblijden. (Harrebomée, II, 74a.)
27. Ein kühler Mai und nass dabei gibt viel und gutes Heu. – Schmitz, 172, 43; Orakel, 502.
28. Ein kühler Mai wird hoch geacht't weil er schon vielen Nutzen bracht'.
29. Ein nasser Mai macht viel Geschrei und wenig Heu. (Eifel.)
[344] 30. Ersten Mai legt elke Vögel 'n Ei, de Kiwit un de Swân hebben 't Leggen denn all dân. – Kern, 1205.
31. Ersten Mai legt elke Vögel 'n Ei, utgenomen de Kiwit, de is sîn Ei all quît. – Kern, 1205.
32. Es ist kein Mai ein solcher Wicht, er bringt uns Blüt' und Licht.
Engl.: He that worst may still hold the candle. (Gaal, 1045.)
33. Es ist kein Mai so gut, er schneit dem Jäger (Schäfer) auf den Hut. (Wehlen.) – Boebel, 96.
34. Es ist nicht immer Mai.
Holl.: Het is altijd geen meiavond. (Harrebomée, II, 74b.)
35. Es wehret kein Mey sieben Monat. – Petri, II, 304; Lehmann, II, 145, 208; Sutor, 992.
»Es hat kein May noch nicht sechs Monate gedauert; doch kommt er wieder an, so hat man ausgetrauert.« (Keller, 176a.)
Lat.: Non stat per menses Majus septem redolentes. (Sutor, 992.)
36. Es wird kommen der Mai, der wird sagen: Bauer, hast du auch Heu? »Ja, hätt' ich Stroh, so wär' ich froh«. – Frischbier2, 2519.
37. Gibt's im Mai der Nebel viel, fehlt's an Aepfel und Birnen zum Spiel. (Koblenz.) – Boebel, 96.
38. Hiernae Mey, sagte de Sügge, do sloich se der Hagel vor den Ars. – Tappius, 726a.
Hoefer (892) erachtet in dieser Fassung den Witz für verdorben. »Die Selbsttröstung des Thiers, dass nach dem Hagel das gute Wetter kommen werde«, sagt er, »ist Nebensache; die Pointe liegt darin, dass in diesen Wörtern die Stimme des Thiers nachgeahmt wird, und es ist klar, dass dies Thier hier ein Schaf (s. 39) oder Lamm, nicht aber die Sau sein könne.« Das holländische Sprichwort hat aber auch Sau. Für diese seine Ansicht, dass in den Worten die Stimme des Thiers nachgeahmt werde, führt Hoefer noch folgende ähnliche Sprichwörter an: Bleiben 606, Büxe 2 und Lât't warden, wat wârd, säd' de Arpel un trat. Willt tûschen, willt tûschen! röpt de Bull. Nä, segt de Buck. Schlît dîn Tid, segt dat Vögelken. Auch noch folgenden Spruch, in welchem mehrere sich antwortende Thiere vorkommen, den er plattdeutsch gehört, aber hochdeutsch mittheilt: »Wann kommt der Mai? sagte das Lamm. Wirst's erleben, sagte das Schaf. Ich nicht, sagte der Bock.«
Frz.: Froid mai et chaud juin donnent pain et vin. (Leroux, I, 70.)
Holl.: Hierna mei, zei de zeug, toen sloeg haar de hagel voor den aars. (Harrebomée, I, 273.)
39. Hîrnâ Mai, sach 't Schâp, da slaugh iäm de Hagel vor de Fuet.
40. Im Mai a Gras, im Brochet a Gräsle. (Oberschwaben.) – Birlinger, 627.
41. Im Mai athmet man frei.
Wir halten ihn für den schönsten Monat des Jahres. Auch in Mailand sagt man: Mai hat nicht seinesgleichen. (Orakel, 479.)
42. Im Mai den Pferden Heu, du, geh dem Ofen nicht vorbei. (Masuren.) – Boebel, 91.
43. Im Mai geschoren, ist neu geboren.
Engl.: Shear your sheep in May and shear them all away. (Bohn II, 33.)
44. Im Mai Regen und Kälte bringt reiche Ernte, Heu und Milch.
Die Kälte darf aber nicht in Frost ausarten; denn Frost und Hitze sind gleich übel angeschrieben. Heisser Mai macht den Kirchhof fett, sagen die Engländer. Die Lombarden wünschen: Mai bewölkt und das Haus durchwärmt, dann bleibt die Magd gesund. Die Portugiesen halten zwar etwas Fieber oder Durchfall im Mai für gut, indem sie sagen: Fieber (Durchfall) im Mai, das ganze Jahr von Krankheit frei. Im Mai rathen die Spanier, lege deinen Sayo (Kittel, Ueberwurf) nicht ab. Behalte deinen Kittel im Mai. Die Portugiesen: Wer nichts anders hat, dem muss der Kittel genügen. Die Bergamasken: Bis zum 30. Mai lege deine Winterkleider nicht ab. Die Lombarden: Im Monat Mai versieh dich mit Holz und Käse. – Wer einen guten Klotz hat, hebe ihn auf für den Mai; denn der Mai ist dort so kalt, dass man sagt: Mai, lieber Mai, behalte deine Rosen und lass mir den Pelz. (Reinsberg VIII, 131.)
45. Im Mai regnet es Gras. (Oberösterreich.) – Baumgarten, 49.
Um die befruchtende Kraft des Mairegens zu veranschaulichen.
46. Im Mai soll dem Hirten der Sack vom Leibe faulen, dann wird gutes Jahr. – Boebel, 91.
Frz.: Bourbes en may, es pies en aoust. (Leroux, I, 71.)
47. Im Mai wächst Brot und Heu.
Frz.: En may blé et vin naist. (Leroux, I, 70.)
[345] 48. Im Maien braucht man warme Bäder, da werden die Krummen wieder gräder.
49. Im Maien fällt der meiste und nach dem halben Mai der gesundeste Thau. – Orakel, 496.
50. Im Maien ist schlecht freien. – Wurzbach II, 249.
Von denen, die zur Unzeit etwas thun. Römer und Griechen hielten es für eine schlechte Vorbedeutung, wenn Frauen im Mai heiratheten. Ueber die verschiedenen Ansichten älterer und neuerer Völker im Betreff dieses Punktes vgl. Wurzbach a.a.O.
51. Im Mayen braucht man Wannebad, werden die krummen wieder gerad. – Gruter, III, 54; Lehmann, II, 283, 35.
52. Im Mayen haben die Vögel jungen oder Eyer. – Gruter, III, 54; Lehmann, II, 283, 36.
In Finnland sind sie noch nicht so weit; dort heisst es: Der Mai hat die Schwalben in der Hand und Erik (18. Mai) den Kukuk (s.d. ⇒ 1 u. ⇒ 6) unter dem Arm. (Bertram, 70.)
Frz.: Mai clair et venteux fait l'an plantureux. (Cahier, 976.)
Holl.: In de maand van Mei leggen alle vogeltjes een ei; behalwe de kwartel en de griet, die leggen in de mei maand niet. (Harrebomée, II, 74b.)
53. Im Meyen gehn hurn vnd buben zu kirchen. – Franck, II, 124b; Egenolff, 137a; Gruter, I, 50; Henisch, 241, 37; Eiselein, 357; Simrock, 6762.
Frz.: Le commun peuple dit vray, la mauvaise s'espouse en may. (Leroux, I, 71.)
Holl.: Wat in de meimaand trouwt, daar is geen goed haar an. (Harrebomée, II, 75a.)
Lat.: Mense malas Maio nubere vulgo ait. (Eiselein, 337.) – Mense Majo nubunt malae. (Ovid.) (Tappius, 221a; Binder II, 1842; Erasm., 512; Egenolff, 137a.)
54. In der Mitte des Mai ist der Winter vorbei. – Orakel, 536.
Die Franzosen nennen die Maimitte die Winterschleppe: A la mi-mai queue d'hiver. (Orakel, 535.) Die Russen sagen: Ist Isidor (15. Mai) vorbei, so sind die Nordwinde vorbei. (Orakel, 534.)
55. In 'n Mai verdröögt (vertrocknet) nischt. (Seehausen.) – Firmenich, III, 123, 8.
56. Ist der Mai ein Gärtner, so ist er auch ein Ackerer.
57. Ist der Mey kühl und nass, thut der Brachmond auch das, und der Heumond ist nicht nass, so füllen sie die Söller und Fass. – Oec. rur., 58.
58. Kalter Mai bringt Korn (Stroh) und Heu. – Boebel, 92 u. 95.
59. Kaule Mê giwt vêl Hê. (Westf.) – Boebel, 92 u. 95.
60. Kein Mai dauert sieben Monden. – Winckler, XVII, 100; Simrock, 6761; Körte, 4182; Orakel, 481.
Bei Tunnicius (879): De mei en dûrt nicht achte mânt lank. (Perdurat vernum tempus non mensibus octo.) Die Russen: Auch der längste Mai reicht nicht in den Juni hinein. (Altmann VI, 432.)
Holl.: Ten duurde nie mei seven maende. (Harrebomée, II, 74; Tunn., 21, 15.)
Lat.: Non stat per menses maius septem redolentes. (Fallersleben, 650; Loci comm., 194.)
61. Kollen (kalter) Mai giff viel Heu. (Münster.) – Firmenich, I, 298, 45; Frommann, IV, 424, 56.
62. Kühler Mai bringt allerlei. – Orakel, 499.
63. Kühler Mai bringt allerlei, gut Geschrei, Gras und Heu. – Boebel, 92.
64. Kühler Mai gibt guten Wein und vieles Heu. – Orakel, 501.
Nur, was den Wein betrifft, nicht nasskalter. In Oec. rur. (27) heisst es: »Auff diese Zeit geben die Weinhändler gute Achtung, und wann sie merken, dz der Wein erfrewret, so erhöhen sie den Kauff balde und tragen viel Wasser in Weinkeller oder muss der Wein die gemeine Weise lernen: Landwein kannstu schweigen, ins Weinfass sollstu steigen, wiltu mich nicht melden, vier Groschen soltu gelten.«
Frz.: Frais mai et chaud juin amènent pain et vin. (Cahier, 978.)
65. Kühler Mai schad kein Ei. (Eifel.)
66. Kühler Mai, viel Stroh und Heu. – Lohrengel, I, 453.
67. Kühler Mai, voller Kasten. (Rheinpfalz.)
68. Lass den Mai zu Ende kommen, willst du wissen des Weines Frommen. – Boebel, 94.
69. Mai bringt 'n Huss. (Ostfries.) – Bueren, 838; Hauskalender, I.
70. Mai helpt de Kau up de Knei. (Westf.)
[346] 71. Mai, Juni, Juli und August, machst du, mein Weibchen, mir nicht Lust. (Bergamo.)
72. Mai kalt un natt, füllt dem Bûre Schüre un Fatt. (Waldeck.) – Curtze, 314, 13; für Trier: Laven, 181, 44; für Elsass: Stöber, 65.
73. Mai kiehl un Juni nass filt de Spycher an un d' Fass. (Strasburg.) – Firmenich, I, 517.
74. Mai kold un natt, füllt (de Bur) Sack un Fatt. – Bueren, 839; Kern, 1204; Hauskalender, I.
75. Mai kôlt un natt füllt Hûs, Keller, Schün un Fatt. – Schütze, III, 72.
Holl.: Als de Mei is koel en wak, brengt ze koren in den zak. – De Mei koel en nat, geeft koren in het vat. (Harrebomée, II, 74a.)
76. Mai kühl, Brach (oder: Juni) nass, füllt dem Bauer Scheune und Fass. – Simrock, 6756; Petri, II, 100; Boebel, 92; Sutor, 372; Frischbier2, 2521.
77. Mai kühl und nass füllt Keller, Boden und Fass. – Orakel, 503; Lohrengel, I, 486.
Die Czechen: Kühler Mai, der Scheuer Paradies. In Oberitalien: Mai kühl, Stroh und Korn. Und: Mai kühl und windig macht das Jahr fruchtbar. In der Picardie heisst es: Kühler Mai und warmer Juni geben gutes Brot und guten Wein. Doch hört man in Frankreich auch die Behauptung: Kalter Mai macht niemand reich. Die Basken sagen: Mai kühl, fröhliches Jahr. Sonst heisst es in Spanien auch: Im Mai kalt, vergrössere deine Speicher. In Portugal: Mai nass, wird das Korn sehr körnig. (Reinsberg VIII, 128.)
Holl.: Een natte Mei geeft boter in de wei. (Harrebomée, II, 74a.)
It.: Maggio hortolano molta paglia, poco grano. (Pazzaglia, 261, 2.)
78. Mai natt füllt Schünen un Vatt. (Holst.) – Schütze, III, 71.
Die Basken sagen: Regen im Mai, Brot fürs ganze Jahr. Und in Bergamo heisst es: Koth im Mai, Aehren im August. In Frankreich: Moder im Mai, Aehren im August. – Koth im Mai, Staub im August. Dagegen behauptet man in Toscana: Mai trocken, Getreide überall; und in Böhmen: Maiwasser trinkt den Wein aus. (Reinsberg VIII, 129.)
79. Mai nicht zu kalt und nicht zu nass füllt die Scheuer und das Fass. – Bair. Hauskalender.
80. Mai steit vor'n Sommer, asse de Tun vor der Sâd. – Schambach, II, 624.
Der Mai steht vor dem Sommer wie der Zaun vor der Saat. Man nimmt an, dass mit dem beginnenden Mai die Saat vor Frost geschützt sei.
81. Mai warm füllt dem Jahre den Darm.
Frz.: Du mois de mai la chaleur de tout l'an fait la valeur. (Leroux, I, 71.)
82. Man mot den Mai sau nähmen as e kümt. – Schambach, I, 112.
In das Unvermeidliche und Unabänderliche muss man sich mit Geduld fügen.
83. Man muss den May nemen wie (wann) er kommt und käme er zu Weihnacht. – Petri, II, 459; Simrock, 6759; Körte, 4185; Oec. rur., 57; Braun, I, 2644; Orakel, 480.
84. Man redet lange vom Mai, eh' er kommt.
Die Russen: Vom Mai wird viel (am meisten) im December gesprochen. (Altmann VI, 503.)
85. Mê kühl un natt füllet Keller un Fatt. (Münster.) – Firmenich, I, 297, 7; Frommann, IV, 425, 31; Boebel, 92; für Köln: Weyden, I, 1.
86. Mer muss de Mä namme wiere felt. – Lohrengel, I, 511.
87. Nasser Mai, volles Heu. – Frischbier2, 2522.
88. Trockner Mai, dürres Jahr. – Boebel, 92.
89. Um Mai hett elke Vögel 'n Ei; de Kukuk un de Grêt1 de leggen in de Maimânt nêt. – Kern, 1206.
1) Greta = Pfuhlschnepfe.
90. Vandâg1 den erste Mey leit2 ieder Vogel en Ei, bütten de Quartel3 en de Schriet4 die legge nou öör5 Eier noch nît. (Kleve.) – Firmenich, I, 382, 47.
1) Heute.
2) Legt.
3) Ausser der Wachtel.
4) Schnarrdrossel oder Mistler.
5) Ihre.
91. Vom achten bis vierzehnten Mai müssen Bohnen und Gurken in den Boden nei.
[347] 92. Wann de Mai den Mai1 brenget, dat es biäter as wann he 'ne finnt. (Grafschaft Mark.) – Woeste, 60, 47.
93. Wann kommt der Mai? sagt das Lamm. Wirst's erleben, sagt das Schaf. Ich nicht, sagt der Bock. – Hoefer, 892.
94. Was am Maien freit, ist nicht die beste Waar'. – Eiselein, 444.
Ein alter Reimspruch lautet: Es ist noch Wittwen, noch Jungfern gut zu freyen im Maien; denn es pflegt sie bald zu gereuen. Sie leben selten lang. Auch ist das Sprichwort wahr: Wer in dem Maien freit, ist nicht der besten Haar. (Kloster, I, 166.)
95. Was Mai nicht will, nimmt der April.
96. Wenn am ersten Mai der Reif liegt offen, ist ein gutes Jahr zu hoffen.
97. Wenn am ersten Mai der Wald grünt, so ist an Jakobi die Ernte zu hoffen. (Rotenburg.) – Birlinger, 598.
98. Wenn am ersten Mai Reif fällt, geräth die Frucht wohl. – Orakel, 519.
99. Wenn der Mai ein Gärtner ist, so ist er auch ein Bauer. – Körte, 4183; Simrock, 6760; Boebel, 92; Orakel, 486.
Dieser Ansicht ist man nicht überall. (S. 108.) Schon in Böhmen heisst es: Maiwasser trinkt den Wein aus. Die Portugiesen sagen: Der Mai Kohlbauer ist nicht Weinbauer. Die Venetier: Der Mai ein Gärtner, viel Stroh und wenig Körner. (Reinsberg VIII, 129.)
100. Wenn im Mai der Wolf im Saatfeld liegt, die Last des Korns die Scheuer biegt.
101. Wenn im Mai die Bienen schwärmen, so soll man vor Freuden lärmen.
Poln.: Gdy się w Maiu pszcoly roią, łaky w wielkieý cenie stoią. (Boebel, 91.)
102. Wenn im Mai die Laubfrösche knarren, magst du wol auf Regen harren. – Orakel, 489.
103. Wenn man vom Mai spricht, fangen die Birken an zu trauern.
Mit Bezug auf die Sitte, die Häuser mit Maien auszuschmücken. In Deutschland geschieht dies hauptsächlich an Pfingsten, in andern Ländern, wie in Russland, am 1. Mai. (Altmann V, 114.)
104. Wenn's im Mai donnert, so riegelt's d' Erden. (Oberösterreich.) – Baumgarten, I, 48.
105. Wenn's im Mai hagelt, so hagelt's jeden Monat. – Baumgarten, I, 48.
106. Wenn's im Maia vil Gräs hed, sött ma n'e Chue verchauffe. – Tobler, 234.
107. Wenn't im Mai recht rägent, wart Joêr woll gesägent. (Strelitz.) – Firmenich, III, 72, 62.
108. Wer im Mai die Saat sieht an, kehrt heim als ein betrübter Mann; wer im Juni geht hinaus, kehrt vergnügt nach Haus.
Engl.: Look at your corn in May, and you'll come weeping away; look at the same in June, and you'll come home in another tune. (Bohn II, 33.)
109. Wer im Mai verzehrt, was der September erst gewährt, dem ist ein schlimmer Winter beschert.
110. Wer nicht an den Mai gedacht, hat nicht gut wintern (das Vieh); auch im Juni ist noch eine Hand voll Heu nöthig. (Poschiavo- Thal.) – Schweiz, I, 234, 3.
111. Will der Mai ein Gärtner sein, trägt er nicht in die Scheuern ein. – Boebel, 94; Orakel, 487.
Frz.: May jardinier ne comble le grenier. (Leroux, I, 71.)
*112. Der hat nie hören im Mayen die Vögel singen. – Agricola II, 422.
Der Gefühllose.
*113. Im Meyen hochzeyt halten. – Franck, II, 124b.
»Dass huren vnd buben sich diesen monat herfür lassen vnnd ein knappen oder pfaffen Ehe machen, die weret nit lenger denn der sommer. Im winter, so sie weder hauss noch hof haben, laufft eins hie, das ander dort hinauss. Dero meyenehe haben auch viel die frommen landsknecht.«
114. Bei kühlem Mai und warmem Haus sieht die Hausfrau fröhlich aus.
It.: Maggio fresco e casa calda, la massaia sta lieta balda. (Giani, 963.)
115. Där Mai is necks ze gut, er schneet dem Schäfer af'n Hut. (Grafschaft Tambach.)
116. Der Mai – ein halbes Winterei. – Schulfreund, 83, 19.
117. Der Mai muess sein kuehl und koi. (Neresheim.)
[1577] 118. Der Mai nicht zu trocken bringt Korn und Wein, der Mai aber feucht bringt der Frauen Lein.
It.: Maggio asciutto ma non tutto, gran per tutto; maggio molle lin per le donne. (Giani, 966.)
119. Donnert's im Mai, ist der April vorbei. – Egerbote, 1879.
120. Ein kühler Mai und nass füllt Scheuer und Fass. (Eifel.)
121. Ein kühler Mai und nasser Jun das Beste bei dem Feldbau thun. – Krünitz, Encyklopädie, XXXI, S. 841.
122. Ein küler May und Brachmon nass, füllen gemeinigklich voll Scheur vnd Fass. – Lins.
123. Ende Mai noch dürres Korn lässt Theuerung erwarten. – Egerbote, 1875.
124. Es gibt nur Einen Mai im Jahr.
It.: Maggio – non ha paraggio. (Giani, 967.)
125. Im May erfrisch durch Aderlass dein Geblüt, und purgier mit mass. Spatzier ins Feld, beweg dein Leib, in Ehrbarkeit jetzt frölich sey. Trinck von Salbey und Benedict, wie sichs zu deiner Gesundheit schickt. – Egerbote, 1877.
126. Im Mai füttere die Pferde und beeile dich hinter dem Ofen. – Frischbier, 4295.
Häufig zutreffend für Masuren; im Jahre 1864 mussten die Oefen noch Anfang Juni geheizt werden.
Poln.: Maj, koniom daj, a sam za piec se uciekaj.
127. Im Mai muss man die Spelz mit der Harke suchen. (Rheinpfalz.)
128. Im Mai soll der Weidmann ausschlafen und der Förster die Augen nicht zuthun. – Wunderlich, 25.
129. Im Mai und im April den Hunger nicht mit Käse still'.
It.: Aprile e Maggio, poco formaggio. (Giani, 697.)
130. Im Monat Mai schickt man die Esel ins Heu.
In der Bedeutung des Aprilschickens. (Gartenlaube, 1868, S. 586.)
131. Ist der May wohl bewindt, so gfellt es wol dem Bawern Gsind. – Lins, May.
132. Mai kalt, macht niemand reich. – Volksbote, 1871.
133. Mai, Mai, Mai, die Katze legt ein Ei.
Hannoverischer Kinderspruch.
134. Mai warm und trocken, schad't weder Weizen noch Roggen. – Payne, 23.
135. Schwärmen im Mai die Bienen, lass dir's zum Troste dienen. – Payne, 23.
136. Trockner Mai, Juni nass, ist die Regel, merk dir das. – Payne, 23.
Buchempfehlung
»Fanni war noch jung und unschuldigen Herzens. Ich glaubte daher, sie würde an Gamiani nur mit Entsetzen und Abscheu zurückdenken. Ich überhäufte sie mit Liebe und Zärtlichkeit und erwies ihr verschwenderisch die süßesten und berauschendsten Liebkosungen. Zuweilen tötete ich sie fast in wollüstigen Entzückungen, in der Hoffnung, sie würde fortan von keiner anderen Leidenschaft mehr wissen wollen, als von jener natürlichen, die die beiden Geschlechter in den Wonnen der Sinne und der Seele vereint. Aber ach! ich täuschte mich. Fannis Phantasie war geweckt worden – und zur Höhe dieser Phantasie vermochten alle unsere Liebesfreuden sich nicht zu erheben. Nichts kam in Fannis Augen den Verzückungen ihrer Freundin gleich. Unsere glorreichsten Liebestaten schienen ihr kalte Liebkosungen im Vergleich mit den wilden Rasereien, die sie in jener verhängnisvollen Nacht kennen gelernt hatte.«
72 Seiten, 4.80 Euro
Buchempfehlung
Im nach dem Wiener Kongress neugeordneten Europa entsteht seit 1815 große Literatur der Sehnsucht und der Melancholie. Die Schattenseiten der menschlichen Seele, Leidenschaft und die Hinwendung zum Religiösen sind die Themen der Spätromantik. Michael Holzinger hat elf große Erzählungen dieser Zeit zu diesem Leseband zusammengefasst.
430 Seiten, 19.80 Euro