Deutsche Sprache

[924] Deutsche Sprache, die Sprache, welche als der eine Zweig des Germanischen Sprachastes, im Gegensatz zu den skandinavischen Germanen, von den festländischen Germanen, insbesondere von den in Deutschland wohnenden gesprochen wurde u. noch gesprochen wird. Die deutsche Sprachgrenze reicht aber über die politischen Grenzendes jetzigen Deutschlands nach West, Süd u. Oft hinaus, theils weil Deutschlands Grenzen mit der Zeit sich zusammengezogen, aber die Bewohner der abgerissenen Theile ihre Sprache beibehalten haben, theils weil Deutsche in Nachbarländer ausgewandert sind u. ihre Sprache mit dorthin genommen u. sich erhalten haben.

I. Sprachgebiet u. seine Inseln. Die deutsche Sprachgrenze beginnt in den Niederlanden am Kanal zwischen Calais u. Gravelingen mit der Herrschaft der Flämischen Zunge, u. zieht sich, indem sie nördlich dicht von St. Omer, südlich von Kortryk u. Grammont vorbeigeht, in fast östlicher Richtung zwischen Brüssel u. Waterloo über Tirlemont au die Maas, welche sie unterhalb Lüttich überschreitet. Bis hierher trennt die Grenze von dem französischen Norddepartement das ehemalige Flandern mit einer[924] deutsch redenden Bevölkerung von etwa 160,000 ab u. theilt Belgien in 2 Sprachgebiete, ein kleineres romanisches (1/4) u. ein größeres deutsches (3/4), zu welchem letztern das ganze Land gehört, ohne die Provinzen Lüttich u. Namur u. ein Theil von Hennegau u. Südbrabant. Von der Maas wendet sich die Grenzlinie nach Süden, umschließt Eupen, läuft dann (mit Ausnahme des wallonischen Malmedy) auf der Grenze des Rheinlandes u. später Luxemburgs (doch einen Theil des belgischen Bezirks Arlon noch umspannend), tritt über Longwy nach Lothringen, welches sie durchläuft, schneidet oberhalb Thionville die Mosel u. trifft bei Pfalzburg auf die Vogesen; diese verfolgt sie bis in die Nähe von Thann u. nähert sich hierauf dem Rheine. Auf dem bisherigen Wege umfaßt die Linie das preußische Rheinland (mit obiger Ausnahme), das holländische Luxemburg, geringe Stücke des belgischen, von Lothringen die Hälfte des Mosel- u. ein Stück des Meurthedepartements (doch weicht hier das Deutsche immer mehr nach Osten zurück) u. ganz Elsaß. In die Schweiz tritt die Linie bei Laufen an der Nordgrenze des Cantons Bern, verfolgt, sich weiter nach Westen wendend, die mit der Wasserscheide zusammenfallende Grenze des Cantons Solothurn, läuft dann längs des östlichen Ufers des Bielersees zum nordöstlichen Ende des Neuenburger u. zum Murtener, begleitet in der Richtung nach Süden eine Strecke die Saane u. stößt auf die Grenze zwischen Bern u. Waadt; diese verfolgt sie bis zur Schneekette der Berner Alpen, welche Bern u. Wallis scheidet, folgt dieser vom Gipfel des Pillon nach Osten bis zum Wildstrudel, geht dann südlich zwischen Sieders u. Leuk über die Rhone nach Piemont südlich von dem Monte Rosa. In der Schweiz umfaßt die deutsche Sprachgrenze auf der Westseite Basel, Solothurn, Bern zu 6/7 (mit Ausnahme Pruntrut, wo die Französische Sprache am weitesten nach Osten vorgedrungen ist), 2/5 von Freiburg mit Einschluß der Hauptstadt u. 1/3 von Wallis, nämlich Oberwallis, dieses vom französischen Unterwallis trennend, von Piemont aber einige Gebirgsthäler im Süden des Monte Rosa mit 8 Dörfern u. 8000 Ew. Von diesem südlichsten Punkte läuft die Linie nordöstlich auf der Centralkette der Alpen über den St. Gotthard auf der Nordgrenze von Graubündten bis zum Martiusjoch, in dessen Nähe die Grenzen von Graubündten, Glarus u. St. Gallen zusammenlaufen, schneidet den Rhein bei der Vereinigung des Vorder- u. Hinterrheins, folgt dann der Wasserscheide zwischen dem Plessur u. der Albula, gewinnt hierauf, sich wieder südöstlich wendend, die Schneelinie, die sie nach Nordosten bis an die Grenze des Engadin verfolgt, wo sie den Inn überschreitet. Hierdurch wird Tessin ganz der Italienischen Sprache zugewiesen, von Graubündten aber 7/16 der Bevölkerung in das deutsche Sprachgebiet aufgenommen. Außerdem bildet das Thal des Hinterrheins zwischen den welschen Thälern des Vorderrheins u. der Albula eine deutsche Sprachinsel, deren Mittelpunkt der Splügen bildet. In Tyrol läuft die Grenze vom Inn südlich über die Ortlesspitze zur Etsch, die sie oberhalb Trient bei Salure, der letzten deutschen Gemeinde, erreicht u. so einen zweiten südlichen Keil in das Romanische schiebt; darauf wendet sie sich nordostwärts an Bozen u. Brixen vorüber bis Brunnecken, welche Städte alle noch deutsch sind, erreicht die Wasserscheide der Karnischen Alpen (zugleich die politische Grenze zwischen Illyrien u. Venedig) u. folgt dieser bis zum Städtchen Pontafel an der oberen Fella. Südlich von der bisher beschriebenen Linie, welche den größten Theil des Trientiner Kreises u. einen kleinen des Brixener der Italienischen Sprache, die jedoch im Vorrücken begriffen ist, zuweist, liegen 2 Sprachinseln: die Dreizehn Gemeinden (s. Communi) mit 10,000 Ew. an der Quelle des Progno in der Nähe von Verona, u. die Sieben Gemeinden mit 32,000 Ew. zwischen dem Astico u. der Brenta in der Nähe von Vicenza; doch auch hier weicht das Deutsche zurück. Von Calais bis Pontafel scheidet die Grenzlinie die D. S. von der Romanischen; bei Pontafel treffen 3 Sprachgebiete zusammen: das deutsche, italienische u. slawische. Von hier läuft die Linie in Kärnten nördlich zum Gailfluß, östlich auf dem Haup tgebirgskamm zur Drau, die sie zwischen Villach u. der Gail überschreitet, darauf ostnordostisch zwischen dem Ossiacher u. Wörther See hindurch nach St. Margareth; hier wendet sie sich nach Südosten bis nach Lavamünde an der Drau u. geht nun gerade ostwärts durch Steyermark, größtentheils auf der Wasserscheide zwischen Drau u. Mur, u. überschreitet letztere unterhalt des deutschen Radkersburg. Die Deutschen nehmen fast 2/3 von Kärnten ein, indem die Slawen zum Theil germanisirt wurden; südlich der Grenze liegen noch als deutsche Sprachinseln die Städte Klagenfurt u. Völkermarkt, nebst 2 Märkten u. 6 Dörfern. Im slawischen Krain liegt das deutsche Gottschee, nördlich von Laibach, zwischen den Quellen der Gurk u. der Kulpa. In Steyermark ist der Marburger Kreis slawisch, mit Ausnahme der Städte Marburg u. Prettau. Bei dem Übertritte der Sprachgrenze nach Ungarn bei Radkersburg hören in der Ebene die natürlichen Grenzen, d.h. die Gebirgszüge, auf, u. ein neues Element, das magyarische, tritt hinzu; daher hier verwickelte u. unsichere Bestimmungen. Im Allgemeinen reicht die Sprachgrenze weiter nach Ungarn, als die politische. Jene geht über Neuhaus bis an die Raab, diese abwärts bis zum Einfluß der Pinka, von dieser bis Rothenburg, dann nordöstlich über Güns an das Südende des Neusiedlersees, östlich von diesem nach Wieselburg u. überschreitet die Donau unterhalb Preßburg bei Vaijka, wo wieder 3 Sprachen zusammentreffen: die Deutsche, Magyarische u. Slawische. Von hier läuft die Grenze nördlich der Donau bis Preßburg. Von dem Preßburger Kreise sind einzelne Städte, von dem Eisenburger etwa 1/3 deutsch; der Ödenburger u. Wieselburger sind es dagegen größtentheils. Wie aber in die deutsche Bevölkerung Magyaren u. Slawen eingesprengt sind, wodurch zum Theil eine gemischte Bevölkerung entsteht, so greifen die deutschen Sprachinseln andererseits auch weit nach Osten, wie in die Kreise Stuhlweißenburg, Pesth, Baranya (Fünfkirchen), Neutra, Zips (wo allein 50,000 Deutsche in 28 Ortschaften leben, aber im Abnehmen begriffen sind), so daß in Ungarn über 11/3 Mill. Deutsche wohnen. Noch weiter nach Osten wohnen die Siebenbürgischen Sachsen als äußerste Vorposten des deutschen Elements auf ihren 3 Sprachinseln, etwa 360,000. Von Preßburg macht die Donau, dann die March bis Rabenburg in Mähren die deutsch-slawische Grenze; hier verläßt sie die March[925] u. läuft nördlich an der Taya u. Schwarzawa bis in die Nähe von Brünn, geht dann westwärts in fast gerader Richtung nördlich bei Znaym vorbei über Königseck nach Böhmen. In Böhmen ist die Slawische Sprache am weitesten nach Westen vorgedrungen; die Slawen haben hier die Ebenen besetzt, während die Deutschen die Gebirge u. Höhen, mit einer einzigen Ausnahme im Südosten, behauptet haben, dafür aber auch das Egerthal im Nordwesten bewohnen u. überhaupt in jener Gegend sich weit in die Thäler hinab ausgebreitet haben. Die Deutschen umgeben also die Czechen beinahe ringsum. Die deutsche Sprachgrenze zieht von Königseck über Neuhaus, Krumau, Sablath, Winterberg, Reichenstein u. Neuern nach Klenz, dem westlichsten Punkte des slawischen Gebietes u. der einzigen Stelle, wo es den Gebirgskamm des Böhmerwaldes erreicht. Von da geht die Linie nordöstlich über Dobrzan an der Radbuga, Weiß-Tuschkau an der Mies, Rabenstein an der Schatolka, Postelberg an der Eger nach Leitmeritz, zieht dann über Hünerwasser nach Rochlitz an der Iser, Hohenelbe u. Schurz an der Elbe, Starkstadt, wo sie einen Bogen nach Südenbeschreibt, über Rockenitz, Grulich, Triebitz u. Blumenau nach Brisau an der Zwittawa. Hier in Mähren wendet sie sich über Mährisch-Tribau, Schildberg, Schönberg, Mährisch-Neustadt, Sternberg, Bodenstadt, Neu-Titschein, wo sie die Sudeten übersteigt, Partschendorf an der Oder, Wagstadt u. Wiegstädtel nach Jägerndorf. Im Kreise Eger wohnen fast nur Deutsche, wie auch in den anderen Kreisen Böhmens größere od. kleinere Stücke von den Grenzgebirgen deutsch sind; doch liegen auch innerhalb des Slawischen noch eine Menge deutsche Städte, wie Budweis an der Moldau, ja selbst Prag ist zu 2/3 deutsch. Überhaupt machen in Böhmen die Deutschen 3/7, die Slawen 4/7 der Bewohner aus. Mit jener schmalen Zunge zwischen Brisau u. Königseck, auf welcher noch das deutsche Iglau liegt, hängt das vorgeschobene Böhmen mit dem slawischen Continente in Mähren zusammen. In Mähren ist deutsch der südwestliche Theil des Kreises Brünn u. der nördliche des Kreises Olmütz, jedoch mit Einschluß der beiden in slawischem Gebiete liegenden Hauptstädte. Von österreichisch Schlesien gehört Troppau zum slawischen, Jägerndorf zum deutschen Gebiete; auch die Stadt Teschen ist deutsch. Hierher gehören auch die vielfachen deutschen Sprachinseln in Galizien mit 170,000 Ew. Wie die Czechen weit in deutsches Gebiet übergreifen, so springt Schlesien mit seiner fast ganz deutschen Bevölkerung in slawisches hinein, u. auch hier hat sich ein Überrest der verdrängten Sprache erhalten in den beiden von den Wenden bewohnten Sprachinseln an der Spree; diese sind: die sächsisch-preußische Oberlausitz (220,000 Ew.) mit den Hauptorten Bautzen, Hoyerswerda u. Muskau, mit Böhmischer Sprache, u. die preußische Niederlausitz (70,000 Ew.), in welcher Kottbus, Kalau, Spremberg, Peitz, mit Polnischer Sprache. Diese Inseln, die immer kleiner werden, sind der letzte Rest des großen Gebietes, welches den slawischen Einwanderern nach langen Kämpfen wieder abgenommen wurde; dasselbe erstreckte sich westlich bis an die Linie, welche von Kiel südwärts bis zur Elbe zieht, auf deren linkem Ufer ein Stück bei Salzwedel u. Stendal abschneidet, dann dem Flusse bis zur Mündung der Saale u. dieser bis ins Fichtelgebirge folgt. Von Jägerndorf zieht sich die Grenze auf dem linken Ufer der Oder hin, überschreitet diese oberhalb Brieg, dringt dann östlich fast bis zur Wasserscheide zwischen Oder u. Warthe u. zieht über Kreuzburg, Landsberg, Kempen, Mittelwalde, Militsch etc., indem sie im Ganzen der Grenze von Schlesien, dieselbe bald überschreitend, bald enger begrenzt, folgt, so daß also Oberschlesien über die Hälfte slawisch, Niederschlesien fast rein deutsch ist. In Posen sind die deutschen Grenzorte Lissa, Fraustadt, Karge, Tirschtiegel u. Meseritz an der Obra, Schwerin, Birnbaum u. Zirka an der Warthe; darauf läuft die Grenze über Radolin u. Schönlanke nach Schneidemühl u. am rechten Ufer der Netze aufwärts über Wirsitz u. Vandsburg bis zum Bromberger Kanal, so daß der Westen u. Norden (Netzedistrict) vorherrschend deutsch sind u. die Deutschen, über 1/2 Mill., etwa 5/12 der Bevölkerung bilden. Die Sprachgrenze liegt im Ganzen der neuerdings gezogenen deutsch-polnischen Demarcationslinie zu Grunde, u. auch die Stadt Posen kann jetzt, da die Bevölkerung zu 4/7 deutsch ist, für eine deutsche Stadt gelten. In Westpreußen wird die Grenzbestimmung verwickelter, denn hier beginnen die Eroberungen der Deutschen Ritter, deren wechselndes Verhältniß zu Polen sich jetzt noch in der zerrissenen Sprachgrenze ausspricht. Das deutschredende Westpreußen liegt in einzelnen Vorsprüngen an der pommerschen Grenze, so bei Schneidemühl, Landeck, nördlich bis Rummelsburg, östlich bis Tuchel; im Ganzen kann man die Brahe bis zu ihrer Quelle als Grenze annehmen. Von diesem Flusse fast bis zur Weichsel u. nördlich davon bis zur Ostsee liegt zwischen dem deutschredenden West- u. Ostpreußen ein slawisches Gebiet von Polen u. Kassuben, welches von der Radauna u. dem Schwarzwasser durchflossen wird. Durch die Germanisirung des Netzedistrictes sind diese Slawen von ihren südlichen Stammgenossen abgeschlossen u. zugleich die frühere große deutsche Sprachinsel Ostpreußen mit dem Hauptlande in Verbindung gesetzt worden. Die Deutschen Ritter besetzten nämlich frühzeitig das Weichselthal u. germanisirten dasselbe von Danzig bis Thorn. Unterhalb Graudenz verläßt die Grenzlinie das Weichselthal u. zieht über Deutsch-Eylau am Geserichsee, Guttstadt an der Alle, Rastenburg am Zuber, Nadenburg an der Ilme, wo die D. S. an die Lettische grenzt, Goldapp, Gumbinnen nach Schaken am Kurischen Haff; mitten im lettischen Gebiet liegen die deutschen Städte Tilsit u. Memel. Die russischen Ostseeprovinzen kommen hier nicht in Betracht, da nur der Adel u. die Bürger mehrerer Städte Deutsche sind, nicht aber die Landbevölkerung. In Westpreußen machen die Deutschen (600,000) in den oben bezeichneten Bezirken etwa 3/5, in Ostpreußen, wo sie den größten Theil des Regierungsbezirkes Königsberg u. nur einen sehr kleinen westlicher von Gumbinnen einnehmen u. über 2 Mill. betragen, 3/4 der Bevölkerung aus. In der ganzen Provinz bilden die Deutschen 2/3. Vom Kurischen Haff an folgt die Sprachgrenze der Ostseeküste, mit einer Ausnahme des nordöstlichen Winkels von Pommern, wo gegen 5000 Kassuben wohnen, bis zur Eider, wo sie wieder auf eine fremde Rationalität stößt. In Schleswig greift die D. S. in zwei breiten Streifen am Meere hin ins Land ein: an der Ostsee bis jenseit [926] Flensburg, an der Nordsee bis diesseit Tondern. In der Mitte ist die Bestimmung schwierig, da, abgesehen von dem politischen Streite, zwischen zwei so verwandten Sprachen sich nothwendig Mittelformen bilden müssen. Nach Bernhardi beginnt die Grenze am Meerbusen von Flensburg, von wo sie in südwestlicher Richtung bis beinahe in die Mitte zwischen Husum u. Schleswig geht u. sich von da wieder nordwestlich nach der Widan in die Nähe von Tondern zieht. Am wahrscheinlichsten sind unter 360,000 Ew. Schleswigs 210,000, also 7/12, deutsch, s. u. Schleswig. Von Schleswig aus folgt die Sprachgrenze der Küste des Deutschen Meeres, mit der Insel Helgoland, u. kehrt nach den Niederlanden zurück. Im deutschen Bundesgebiete (mit Einschluß Preußens u. Deutsch-Posens) wohnten 1853 über 43 Mill. Deutsche; rechnet man dazu 210,000 Deutsche in Schleswig, 2300 in Helgoland, 3,400,000 in Holland, 3,200,000 in Belgien, 1,470,000 in Frankreich, 1,750,000 in der Schweiz, 50,000 in Oberitalien, 1,340,000 in Ungarn, 360,000 in Siebenbürgen, 170,000 in Galizien, 60,000 in Polnisch-Posen, so erhält man auf dem beschriebenen deutschen Sprachgebiete u. seinen Inseln gegen 55 Millionen deutsch redende Bewohner. Vgl. Bernhardi, Sprachkarte von Deutschland (mit erläuterndem Texte), Kassel 1844; 2. Aufl., herausgeg. von Stricker, ebd. 1849; Kiepert, Nationalitätskarte von Deutschland (mit historischen Erläuterungen u. 2 statistischen Tabellen), Weim. 1848; Berghaus, Sprachkarte von Deutschland, in dessen Physikalischem Atlas, 8. Abth., Gotha 1852; Häusler, Sprachenkarte der österreichischen Monarchie, Pesth 1846; Stricker, Die Verbreitung des deutschen Volkes über die Erde, Lpz. 1845; Räder, Germania, Archiv zur Kenntniß des deutschen Elements in allen ändern der Erde (Zeitschrift).

II. Charakteristik u. Geschichte. Die Charakteristik der D. S. siehe unter Germanische Sprache. Die Geschichte der D. S. lehrt, daß dieselbe schon zu den Römerzeiten in verschiedenen Dialekten gesprochen wurde. Aus einer genaueren Betrachtung der von römischen Schriftstellern überlieferten deutschen Eigennamen ergeben sich Unterschiede sowohl in Vocalen wie in Consonanten zwischen zwei Völkern, von denen das eine später sicher dem Niederdeutschen, das andere dem Oberdeutschen zugehörte. Während z.B. bei den Cheruskern die Namen Sigimerus, Inguiomerus, Actumerus erscheinen, findet man, wenn auch einige Jahrhunderte später, bei den Alemannen die Namen Chrodomarius u. Vadomarius; der zweite Theil dieser Namen enthält das gothische mers, althochdeutsch mari. mittelhochdeutsch märe, d. i. berühmt; dem cheruskischen Namen Chariomerus steht der alemannische Hariobandus zur Seite, deren erster Bestandtheil im Gothischen harjis, im Althochdeutschen hari, im Neuhochdeutschen heer lautet. Eigenthümlich in den Lautverhältnissen zeigt sich das Gothische, welches bereits im 4. Jahrh. eine Literatur erhielt u. in welchen sämmtliche stumme Consonanten nach den Gesetzen der Lautverschiebung (s.d.) um eine Stufe vorgerückt sind. Demselben nahe scheint das Burgundische, von dem nur noch wenige Namen u. Glossen zeugen, gestanden zu haben, doch mag dieses in den späteren Sitzen des Volkes (westliche Schweiz u. der angrenzende Theil Frankreichs) durch das Oberdeutsche bedeutende Einflüsse erfahren haben. Im 7. Jahrh., wo die Periode des Althochdeutschen beginnt (s. u. Deutsche Literatur II), zerfallen die übrigen deutschen Stämme bereits in zwei große Gruppen, die Oberdeutsche, welche auf die 3. Stufe der Lautverschiebung vorrückte, u. die Niederdeutsche, welche in dieser Beziehung auf der gothischen Stufe verharrte. Schon damals waren beide Sprachgebiete durch eine ungefähre Linie geschieden, welche der Mündung der Sieg u. der Ruhr in den Rhein sich nach dem Harze zieht. (Der ganze Nordosten Deutschlands wurde damals noch von slawischen Völkern eingenommen). Die Alemannen (Schwaben), die Baiern u. die Longobarden gehörten zur oberdeutschen Gruppe; die Westfalen, Sachsen, Friesen, zur nie derdeutschen; vermittelnd zwischen diesen standen einerseits die Hessen u. Thüringer, andererseits die Franken, die sich vom Niederrhein aufwärts gezogen hatten. Zur Zeit Karls des Großen waren die Sprachen der Burgunder u. Gothen bereits erloschen; etwas später gingen auch die Longobarden u. ihre Sprache unter, ohne andere Sprachdenkmäler als Eigennamen u. einige Glossen zu hinterlassen. Die Friesen traten aus dem niederdeutschen Kreis heraus u. schufen sich cine eigene Literatur- u. Schriftsprache, letztere sank aber später wieder zu einer auch räumlich immer mehr beschränkten Volksmundart herab. Auf einem anderen schwachen Zweige der Niederdeutschen, der nach den britischen Inseln verpflanzt wurde, erwuchs das Angelsächsische (u. die Englische Sprache), während aus einem dritten niederdeutschen Zweige unter fränkischen Einflüssen das Niederländische entstand, das sich später in zwei selbständige Schriftsprachen, das Holländische u. das Flämische, spaltete. Wenn auch seit den Karolingern die in Deutschland seßhaften Stämme ihre Wohnsitze im Wesentlichen nicht mehr verändern, so hatte doch keiner derselben seine eigenthümliche Mundart ganz rein zu bewahren vermocht. Wie sich die Völkerverhältnisse während der vorhergehenden Jahrhunderte auf das Mannigfaltigste verschoben hatten, indem einzelne mächtigere Nationen kleinere mehr od. minder vollständig in sich aufnehmen, so waren auch die Mundarten vielfachen Kreuzungen u. Modificirungen unterworfen. Daher ist es erklärlich, daß es bis jetzt noch nicht möglich gewesen ist, vollständig die unterscheidenden Merkmale der einzelnen Dialekte in althochdeutscher Zeit zu gewinnen u. dieselben untereinander abzugrenzen. Am markirtesten wird vertreten der fränkische Dialekt des 8. Jahrh. durch eine Übersetzung der Abhandlung: De nativitate domini des Isidor; der alemannische des 8. Jahrh. durch die St. Gallische Übersetzung der Benedictinerregel u. eine Interlinearversion Ambrosischer Hymnen; der alemannische des 11. Jahrhunderts durch eine Reihe von Übersetzungen des Notker u. Anderer zu St. Gallen. Eine Mischung alemannischer u. fränkischer Elemente, vielleicht auch burgundische Einflüsse, zeigt Otfrieds Evangelienharmonie (Krist); in Hessen entstand das Hildebrandslied u. im Münsterländischen der Heliand. Letzter ist das bedeutendste Denkmal des niederdeutschen Sprachgebietes aus diesem Zeitraum; das Westfälische u. Sächsische hat für diesen Zeitraum anderweite Quellen nicht aufzuweisen. Keiner deutschen [927] Mundart war es bisher gelungen, als Schriftsprache die Herrschaft über andere Dialekte zu erlangen. Theilweise geschah dies erst dem Mittelhochdeutschen (s. u. Deutsche Literatur III.) im 12. Jahrh., als am Niederrhein gegen Flandern hin, nicht blos Handel u. Gewerbe, sondern auch Ritterthum u. mit diesem die Dichtkunst rasch emporblüheten. Die Dichter bedienten sich in ihren Werken, die bis nach Österreich hinein gelesen wurden, der halb hoch-, halb niederdeutschen Mundart ihrer Heimath. Doch bald wurde diese niederrheinische Poesie u. Mundart durch die oberdeutsche, die namentlich in Schwaben erblühete, weit überflügelt, so daß bereits gegen Ende des 12. Jahrh. die Schwäbische Mundart eine sein ausgebildete Schriftsprache geworden war u. durch ganz Deutschland, u. selbst über dieses hinaus, Geltung u. Herrschaft gewann. Allein nur etwa ein Jahrhundert vermochte sie dieselbe zu behaupten; denn bereits gegen Ende des 13. Jahrh. war die Schwäbische Mundart in Verfall gerathen u. dic übrigen Dialekte singen an, neben derselben gleiche Berechtigung zu beanspruchen. Die Schriftwerke des 14. u. 15. Jahrh. zeigen daher weder eine reine Schriftsprache, noch eine reine Mundart; man bemerkt zwar noch eine gewisse Nachwirkung der schwäbischen Hochsprache, doch erscheint dieselbe mehr od. minder mit der Mundart des Schriftstellers vermischt u. in Verwirrung u. Auflösung begriffen. Die niederdeutschen Mundarten waren an Zahl u. Gehalt ihrer Erzeugnisse weit hinter den oberdeutschen zurückgeblieben; sie übten zwar im 12. Jahrh., mehr noch im 14. u. 15. Jahrh. Einfluß auf das Oberdeutsche, doch war die Einwirkung, welche das Oberdeutsche auszuüben begann, weit nachhaltiger. Namentlich wirkte hierfür der ursprünglich niederdeutsche Sachsenspiegel, der jedoch bald in den obersächsischen Dialekt übertragen wurde u. gerade in dieser Form nebst anderen sich anlehnenden Rechtsbüchern den größten Beifall fand. Auf diese Weise geschah es, daß gerade das Obersächsische vor anderen Mundarten verbreitet u. ausgebildet wurde, bis sie durch Luther die Herrschaft über die anderen Mundarten, erst über die oberdeutschen, allmälig auch über die niederdeutschen gewann. Die von Luther geschaffene allgemeine deutsche Hochsprache, das Neuhochdeutsche, hat seitdem die Mundarten aus Literatur, Kirche u. Schule, sowie überhaupt aus den höheren Bildungskreisen, vollständig verdrängt. Indeß schon seit dem Ende des 16. Jahrh. drohte der so glücklich gebildeten D. S. ein Feind in dem hereindrängenden Fremdenthum, welches durch die Überschwemmung Deutschlands durch Ausländer im Dreißigjährigen Kriege mehr verbreitet u. befestigt wurde, wogegen der Widerstand der Opitzschen Schule u. die Bemühungen der Deutschgesinnten Genossenschaft u. der Fruchtbringenden Gesellschaft für Reinerhaltung der Sprachen zu ohnmächtig waren (s. Deutsche Literatur V.). Indeß schon zu Ende des 17. Jahrh. gewann die D. S. durch Thomasius wieder neuen Boden durch ihren Gebrauch in wissenschaftlichen Vorträgen, worauf sie im 18. Jahrh. von Gottsched bestimmter u. fester regulirt, auch von den Gebildeten Deutschlands zum Mittel mündlicher u. schriftlicher Mittheilungen gebraucht zu werden anfing. Nachdem neben Gottsched auch die Schweizerische Schule das Ihrige zur Bildung der Muttersprache beigetragen hatten, eilte dieselbe durch Haller, Hagedorn. Klopstock mit Riesenschritten ihrer Vollendung entgegen, welche sie durch Dichter (Lessing, Voß, Wieland, Herder, Schiller, besonders Goethe) u. Gelehrte (Winckelmann u. Kant) erhielt, s. u. Deutsche Literatur VI. Auf der Höhe ihrer Ausbildung angekommen, fand die D. S. nun auch in ihrem ganzen Umfange ein ernstes Studium u. eine umfassende Bearbeitung, wozu Benecke, I. u. W. Grimm u. Lachmann den Grund legten u. die Deutsche Philologie zu einer Wissenschaft erhoben, deren Aufgabe neben der Aufhellung des grammatischen Baues u. seiner Dialekte u. deren Wörterschatzes, auch die Förderung der Erkenntniß des alten Götterglaubens, des Deutschen Rechtes, Sitte, Bildungszustände, überhaupt für alle Verhältnisse des vaterländischen Alterthums ist. Vgl. Hoffmann von Fallersleben, Die Deutsche Philologie im Grundriß, Bresl. 1836. Die gesammte Germanische Sprache, mit Einschluß der skandinavischen Zweige, fand ihre Bearbeitung in I. Grimms Deutscher Grammatik. Gött. 1819, 2. A. 1822–37, 4 Bde., u. Abdruck 1853; dazu Geschichte der Deutschen Sprache, Lpz. 1848, 2 Bde., 2. A. 1853. Zur Einführung in das Studium der gesammten D. S. dienen bei. Pischons Denkmäler der Deutschen Sprache, Berl. 1838–51, 6 Bde., u. Wackernagels Deutsches Lesebuch, Basel, 2. A. 1839 bis 1843, 3 Bde. Das Althochdeutsche wurde lexikographisch bearbeitet von Graff u. Maßmann. Althochdeutscher Sprachschatz, Berl. 1834–46, 7 Bde.; das Mittelhochdeutsche von Benecke. W. Müller u. Zarncke, Lpz. 1854 ff., 3 Bde. Das Neuhochdeutsche von V. Ickelsamer, Deutsche Grammatika od. I. u. O. (um 1522); L. Albertus, Deutsche Grammatik, Augsb. 1573: A. Ölinger, Unterricht der hochdeutschen Sprache, Strasb. 1574; I. Clajus, Grammatica german. linguae, Lpz. 1578 u. ö.; Gueintz. Deutscher Sprachlehre Entwurf, Köthen 1641; Schottel, Deutsche Sprachkunst, Braunschw. 1641; Der deutschen Sprache Einleitung etc., Lübeck 1643; Ausführliche Anleitung von der deutschen Hauptsprache, Braunschw. 1663; Ph. v. Zesen, Hochdeutsche Sprachübung, Hamb. 1643, Danz. 1645; Morhof, Unterricht von der deutschen Sprache etc, Kiel 1682 u. ö.; I. Bödiker, Grundsätze der deutschen Sprache, Berlin 1690 u. ö.; im 18. Jahrh. von Steinbach, Rost. 1724; Heutschel, Naumb. 1729; B. o. Antesperg (Kaiserliche deutsche Grammatik, Wien 1747 u. 49); Gottsched (Die Grundlegung einer deutschen Sprachkunst, Lpz. 1748 u. ö.); Basedow, Kopenh. 1759 u. 1772; Braun, Münch. 1765, 1775; C. Bodmer, Lpz. 1775; I. F. Heynatz, Deutsche Sprachlehre, Berl. u. Liegn. 1770, 1773 (neueste Aufl.), 2 Thle.; Desselben, Neues Lehrgebäude der deutschen Sprache, Berl. 1798; F. K. Fulda, Stuttg. 1778; I. Chr. Adelung, Deutsche Sprachlehre, ebd. 1781 u. ö., 6. Ausg. Lpz. 1816; Umständliches Lehrgebäude der deutschen Sprachlehre, ebd. 1782, 2 Bde.; I. Wismayr, Grundsätze der deutschen Sprache, Salzb. 1796, 2 Bde.; Th. Heinsius, Deutsche Sprachlehre, Berl. 1798, 3 Thle.; Neue deutsche Sprachlehre, ebd. 1801, 3 Bde., 4. Aufl. 1822; I. Chr. A. Heyse, Deutsche Schulgrammatik, Hannov. 1816, 18. Ausg. von K. W. L. Heyse 1864; Deutsche Grammatik, ebd. 1814, 5. A. 1838–49, 2 Bde.; [928] Becker, Deutsche Sprachlehre, Frkf. 1829, u. Schulgrammatik, ebd. 1831, 2. Ausg. 1832; Herling, Syntaxis der deutschen Schrift, Stuttg. 1836, 3 Bde.; Götzinger, Die deutsche Sprache, ebd. 1836 ff.; Heyse, Ausführliches Lehrbuch der Deutschen Sprache, Hannov. 1838–49, 2 Bde.; Wörterbücher: G. Genisch, Thesaurus linguae german., Augsb. 1616, Fol.; Stieler, Deutscher Sprachschatz, Nürnb. 1691; Steinbach, Deutsches Wörterbuch, Bresl. 1734, 2 Bde.; Frisch, Deutschlateinisches Wörterbuch, Berl. 1741; Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der hochdeutschen Mundart, Lpz. 1793–1801, 4 Bde. (neue Aufl), Auszug, ebd. 1793–1802, 4 Bde.; Camde, Versuch zu deutscher Sprachbereicherung, Braunschw. 1791–94, 3 Hefte; Moritz, Grammatisches Wörterbuch der deutschen Sprache, Berl. 1793–1800, 4 Bde. (von Mehreren fortgesetzt); Voigtel, Versuch eines hochdeutschen Wörterbuches, Halle 1793 bis 1795, 3 Thle.; Heynatz, Versuch eines deutschen Antibarbarus, Berl. 1795, 2 Bde.; Beiträge zur Beförderung der fortschreitenden Bildung der deutschen Sprache von einer Gesellschaft von Gelehrten (herausgeg. von Campe), Braunschw. 1795 bis 1797, 9 Stück; Handwörterbuch der deutschen Sprache, Lpz. 1798: Voigtel, Handwörterbuch der deutschen Sprache, Halle 1804; Campe, Wörterbuch zur Aufklärung u. Verdeutschung der unserer Sprache aufgedrungenen fremden Ausdrücke, Braunschw. 1801 (2. Aufl. 1813), 2 Bde.; Desselben, Wörterbuch der deutschen Sprache (bearbeitet von Chr. S. Th. Brandt), ebd. 1807–11, 5 Bde.; Heyse, Allgemeines Wörterbuch zur Verdeutschung etc., Oldenb. 1804; Desselben, Verdeutschungswörterbuch, Nordh. 1807 (6. Aufl. Hannov. 1833); Heinsius, Volksthümliches Wörterbuch der deutschen Sprache, ebd. 1818–1822, 4 Bde.; K. Schwenck, Wörterbuch der deutschen Sprache, Frkf. 1834; Kaltschmidt, Sprachvergleichendes Wörterbuch der deutschen Sprache, Lpz. 1839; K. W. E. Heyse, Handwörterbuch der deutschen Sprache, Magdeb. 1833–49, 3 Bde.; I. u. W. Grimm, Deutsches Wörterbuch, 1852 ff.; Synonymiken von Gottsched (Beobachtungen über den Gebrauch u. Mißbrauch vieler deutscher Wörter, Lpz. 1758); Stosch, 1770–75, Heynatz; Eberhard, Versuch einer allgemeinen deutschen Synonymik, Halle 1795 bis 1802, 6 Bde., n. A. von Gruber 1826–30; u. Synonymisches Handwörterbuch, ebd. 1802, zuletzt von Maaß 1822, n. A. von Meyer, Lpz. 1852 f., 2 Bde.; Weigand, Wörterbuch der deutschen Synonymen, Mainz 1835–43, 3 Bde.; Chr. Frdr. Meyer, Handwörterbuch deutscher sinnverwandter Wörter, Lpz. 1849; Kuhn u. Aufrecht, Zeitschrift für vergleichende Sprachforschung auf dem Gebiete des Deutschen etc., Berl. 1851 ff.

III. Dialekte. Die wissenschaftliche Erforschung der deutschen Dialekte datirt erst seit Begründung der ohnedies noch jungen Wissenschaft der deutschen Philologie. Es erschienen zwar schon in der zweiten Hälfte des 18. u. den ersten Decennien des 19. Jahrhunderts mehrere Werke über deutsche Dialekte im Allgemeinen, sowie namentlich nicht wenige sogenannte Idiotika (s. unten), allein sie stehen sämmtlich zurück gegen Schmeller's Arbeiten über die Baierischen Mundarten. Nach Schmeller machten sich um die deutsche Dialektenkunde verdient Weinhold in seiner Aufforderung zur Stoffsammlung für eine Bearbeitung der deutsch-schlesischen Mundart (Bresl. 1847), worin er gezeigt hat, was bei dialektischen Sammlungen zu beachten, aber auch zu gewinnen ist. Die älteren Werke von Fulda (Über die beiden Hauptdialekte der deutschen Sprache, Lpz. 1773; Versuch einer allgemeinen deutschen Idiotikensammlung, Berl. u. Stett 1788), welche ihrer Zeit bahnbrechend wirkten; von Kinderling (Geschichte der niedersächsischen Sprache, Magdeb. 1800); Vater (Proben deutscher Volksmundarten, Lpz. 1816); Radolf (Trefflichkeit der süddeutschen Mundart, Münch 1817; Die Sprachen der Germanen in ihren sämmtlichen Mundarten, Frankf. 1817; Mustersaal aller deutschen Mundarten, Bonn 1821 f., 2 Bde.) haben wegen der gesammelten Proben noch theilweisen Werth. Übertroffen wurden dieselben jedoch durch Firmenichs umfassendes Sammelwerk Deutschlands Völkerstimmen, Berl. 1843–57, Bd. 1–3. In neuester Zeit endlich hat die deutsche Dialektforschung in der von Karl Frommann geleiteten Monatsschrift. Die deutschen Mundarten (Nürnb. 1854 ff.) ein eigenes Organ erhalten. Die mundartliche Bibliographie stellten zusammen Hoffmann von Fallersleben (Deutsche Philologie im Grundriß, Bresl. 1836) u. Trömel (Bibliographie der deutschen Mundarten, Lpz. 1856).

A) Oberdeutsch. Allen oberdeutschen Mundarten gemeinschaftlich ist das Fortrücken der stummen Consonanten (Mutae) auf die dritte Stufe der Lautverschiebung (s.d.). Damit verbunden ist das Hervortreten der Aspiraten u. das Bestreben, alles Tonlose zu vernachlässigen u. aufzulösen; als Folge davon erscheint Consonantenhäusung u. Vocaldoppelung. Bei letzter werden die Theile der Verbindung hörbar (úe, úa, úo, ái, ói, íe, ía, íu, éü). Die Aussprache erfolgt mit mehr od. minder offenem Munde, sowie härterem, gestoßenem Accent; der Sprachgesang ist sehr vernehmlich. In syntaktischer Beziehung wird im Süden des oberdeutschen Dialektgebiets das Präteritum vernachlässigt, während das Präsens vorherrschend zum Ausdruck für alle drei Zeiten u. für die Erzählung nur das Perfect zur Anwendung kommt. Das Gesammtgebiet des Oberdeutschen scheidet sich in zwei Hälften, eine rein Oberdeutsche, gewöhnlich die Süddeutsche genannt, u. eine Mitteldeutsche. Letztere zeigt bei wesentlich oberdeutschem Charakter eine mehr od. minder starke Einmischung des Niederdeutschen. Süddeutsch u. Mitteldeutsch kann man sich im Allgemeinen durch eine von Karlsruhe über Strasburg nach dem Böhmerwald gelegte Linie denken.

a) Die süddeutschen Mundarten zerfallen wieder in 3 größere Hauptgruppen, die man mit dem Namen der Alemannischen, Schwäbischen u. Baierischen od. nach Schmeller der Oberrheinischen, Westlechischen u. Ostlechischen zu bezeichnen pflegt. Die älteste Gestalt unter diesen hat: aa) das Alemannische od. Oberrheinische bewährt. Es ist ausgedehnt über die gesammte deutsche Schweiz, Verarlberg, Baden u. Elsaß (zwischen Vogesen u. Schwarzwald), bis nördlich um Rastatt u. Hagenau. Charakterisirt werden die alemannischen Mundarten durch Festhalten von mittelhochdeutsch î u. û für neuhochdeutsch ei u. au (z.B. zît, hûs für Zeit, [929] Haus), durch Vorliebe für tiefe Kehltöne u. starke Aspiraten, wie cch, pf, z, durch Aspiration des anlautenden k vor l, n, r (khlug, khranz), durch Verstärkung der Aspirata ch durch ein vorgeschlagenes â (z.B. milâch, liâcht, Milch, Licht), durch Einschiebung eines leisen i od. j zwischen zwei Vocale (säje, mäje); dazu tritt der Mangel der Nasentöne u. das (gegen das Schwäbische u. Baierische) seltenere Auswerfen der Consonanten aus der Mitte der Wörter. In syntaktischer Hinsicht gebrauchen sie den Artikel der für Nominativ u. Accusativ ohne Unterschied; während bei den Schwaben das Präteritum des Hülfszeitwortes stets gwéa lautet, heißt es bei den Alemannen stets gsi. Das Alemannische in der Schweiz zerfällt wieder in zahlreiche Unterabtheilungen. Vergl. Stalder, Versuch eines schweizerischen Idiotikon, Basel u. Aarau 1806–12, 2 Bde. Ein Muster des alten Berner Dialekts bieten die Berner Statuten vom Jahr 1300; Volkslieder u. Gedichte (Bern 1806) lieferte G. I. Kuhn. In der Mundart der nordwestlichen Schweiz (Basel u. das badische Wiesenthal) dichtete Hebel seine Alemannischen Gedichte (8. Aufl. Karlsr. 1842); ebenso Hoffmann von Fallersleben seine Alemannischen Lieder (5. Aufl. Manh. 1845). Die Mundart der Appenzeller wurde von Tobler im Appenzellischen Sprachschatz (Zür. 1837) bearbeitet; Gedichte in derselben, sowie in der der Sanctgaller veröffentlichte Halder (Reimereien, St. Gallen u. Bern 1844). In der Mundart von Zürich (vgl. Maaler, Deutsche Sprache, Zür. 1561 ff.) dichtete Usteri, in der von Luzern Häflinger etc. Alemannisch ist auch das Bündtner Deutsch in dem Zehngerichtenbund des Cantons Graubündten, sowie in einigen Sprachinseln des romanischen Theils desselben (vgl. Lehmann, Die Republik Graubündten, Brandenb. 1799, 2 Bde.); die Sprache der Deutschen am Monterosa, das sogen. Sylvische (vgl. Schott, Die deutschen Colonien in Piemont, ihre Mundart u. Herkunft, Stuttg. 1842), sowie die Mundart in Vorarlberg, die bis in das südwestliche Baiern hineinreicht, wo Staufen u. Immenstadt noch entschieden alemannisch sind. Im Dialekt des Breisgau hat A. Schreiber gedichtet. Im Elsaß wird das Alemannische in zwei Unterarten, dem Dialekt des oberen u. des mittleren Elsaß, gesprochen Erster reicht bis nach Schlettstadt, letzter bis an den großen Hagenauer Forst, hinter welchem das Niederelsässische, ein dem Rheinpfälzischen verwandter Dialekt, beginnt. Als vorzüglicher Dichter im Elsässischen ist G. D. Arnold (Der Pfingstmontag, 2. Aufl. Strasb. 1850) bekannt, der viele Nachfolger, namentlich Stöber, erhielt. Eine Probe eines elsässischen Idiotikon hat Aug. Stöber veröffentlicht (Strasb. 1846). Die Mundarten im mittleren Elsaß u. mittleren Baden neigen sich schon zum Mitteldeutschen hin; die Mundart von Rottweil bildet einen Übergang zum Schwäbischen (vgl. Lauchert, Die Mundart von Rottweil u. Umgebung, Rottw. 1855). Etwas jüngere Bildungen zeigt: bb) die Schwäbische od. Westlechische Mundart, die in dem größeren Theile Württembergs u. ein baierischen Kreise Schwaben, zwischen Schwarzwald im Westen u. dem Lech im Osten, gesprochen wird. Im Norden geht die Grenze gegen das Niederfränkische von der Mündung des Lech über Donauwörth die Wernitz entlang (das Ries einschließend) bis Öttingen, dann westwärts über Schwäbischhall u. Heilbronn nach dem Schwarzwald; im Süden reicht sie bis zum Rhein u. Bodensee. Für mittelhochdeutsches î u. û findet sich im Schwäbischen, wenn auch erst seit dem 16. Jahrh. êi u. au (wêib, zêit, haus); geschlossenes ë wird zu ea erweitert (weag, neabel, Weg, Nebel); statt der reichen Gurgeltöne des Alemannischen erscheinen zahlreiche Nasentöne; in- u. auslautendes st u. sp werden respirirt (Schweschter, Kunscht, Bruschtkaschte); von auslautendem en wird nur das e (oft zu a umgewandelt) ausgesprochen (ligge, tronke, oba, wölla, liegen, getrunken, oben, wollen); r wird von den Zungenlauten in den meisten Gegenden in der Aussprache übergangen (wiet od. wiat, wuscht, Wirth, Wurst). Der Sprachgesang ist in den einzelnen Landestheilen sehr verschieden, im Ganzen aber breit u. mit ausgedehnten Sylben. In u. um Tübingen tönt die Mundart am breitesten u. widerwärtigsten, spitzer wird sie im Norden des Gebiets gegen Heilbronn hin; vgl. I. Schwäbisches Wörterbuch (Stuttg. 1831). Poetisch benutzt wurde die Mundart bes. von Waitzmann. Östlich des Schwäbischen breitet sich c) die Baierische od. Ostlechische Mundart nicht blos über Ober- u. Niederbaiern, sondern auch über Salzburg, Tyrol, ganz Österreich, Steyermark bis über die Grenzen Ungarns hin aus. Weil bei der Eroberung der östlichen Marken u. Länder nicht deutsche Völker, sondern meist Slawen unterworfen wurden, deren Sprache ohne sonderliche Rückwirkung erlosch, konnte auch die baiersche Mundart, gleich der ober- u. niedersächsischen, eine solche ungemeine Ausbreitung erlangen. In vielen wesentlichen Punkten fällt das Baierische mit dem Schwäbischen zusammen. Es tönt noch breiter u. näseln der u. verschluckt eine Menge Laute. Von auslautendem en wird nur das n (vor Labialen assimilirt in m) ausgesprochen (lebm, geschlogn, gwe'n, leben, geschlagen, gewesen). Das mittelhochdeutsche ei wird im Altbaierischen zu mit dem Umlaute éë (haës, héësse, braët, bréëte, heiß, heißer, breit, breiter), österreichisch aber bisweilen zu â (hâmlich, heimlich); inlautendes b wird österreichisch auch zu w u. kann im Auslaut abfallen (wai, Weib). Dem Baierischen eigenthümlich sind die Pronominalformen für den Nominativ ess auch téz, tíz, enk, enkss (u. suffigirt 's, 'ts), für den Genitiv enker, Dativ u. Accusativ enk, enkss (ihr, euer, euch); es sind merkwürdige Reste des althochdeutschen Duals. Behandelt wurden die baierischen Mundarten von Schmeller (s.d.); Dichtungen in denselben lieferten M. Sturm, F. Kobell u. Pangkofer. In Tyrol tritt sie in sehr verschiedenen Variationen auf; der Salzburger Dialekt weicht im Ganzen wenig von den Tyroler Mundarten ab; vgl. Schöpf, Über die deutsche Volksmundart in Tyrol (Bozen 1855). Die Österreichische Mundart, die von Castelli (Wörterbuch der Mundart in Österreich unter der Enns, Wien 1847) u. Höfer (Etymologisches Wörterbuch der in Oberdeutschland, bes. aber in Österreich üblichen Mundart, Linz 1815, 3 Bde.; Die Volkssprache in Österreich, vorzüglich oberhalb der Enns, Wien 1800) lexikalisch behandelt wurden, hat viel poetische Pflege gefunden, bes. von Castelli, Seidl, Stelzhamer u.[930] Kaltenbrunner, sowie von Klesheim, Schumacher, Berthold, Baumann, Kartsch, Luber, Reitzenbeck, Wagner, Pichler (Lois von der Leiten), Fischer etc. Die Wiener Mundart in volksthümlichen Possen, lustigen Liedern etc. vielfach angewandt, ist nur ein Jargon der reineren österreichischen Mundart. In Steyerischer Mundart dichtete Klesheim. Volkslieder in der Mundart des Kuhländchens Mähren hat Meynert (Wien 1817) gesammelt. In der Mundart des Traunkreises dichtete Schlosser (Steyer 1850). Noch gehören zu den süddeutschen Mundarten die sogen. Tredeci Communi in den Venedischen Alpen, von denen ein Theil die D. S. auch zum häuslichen Gebrauche reden, u. die Sette Communi, die in ihrem gegenwärtigen Dialekte dem Hochdeutsch des 12. u. 13. Jahrh. noch ziemlich nahe stehen; vgl. Schmeller, Sogenanntes Cimbrisches Wörterbuch, herausgegeben von Bergmann, Wien 1855. Auf einer Sprachinsel mit dem Hauptorte Gottschee im slawischen Krain wohnen ebenfalls noch 21,000 Deutsche, wahrscheinlich Nachkommen von Colonisten Freisingischer Klostergüter. Die Sprache der von Einwanderern verschiedener Zeiten u. Gegenden abstammenden Deutschen od. sogen. Sachsen in Siebenbürgen ist nicht rein oberdeutsch, sondern mit niederdeutschen Bestandtheilen vielfach gemischt. Man unterscheidet den Hermannstädter, den Kronstädter od. Burzeiländischen u. den Bistritzer Dialekt; vgl. Schuller, Umrisse u. kritische Studien zur Geschichte von Siebenbürgen (Hermannstadt 1840–51, 1. u. 2. Th.). Ähnlich verhält es sich mit dem Dialekt der Deutschen in der Zips, wahrscheinlich Nachkommen von Bergleuten, die im 12. Jahrh. einwanderten.

b) Die Grenze zwischen den mitteldeutschen u. niederdeutschen Mundarten bestimmt sich ungefähr durch eine Linie, die man sich durch Aachen, Bonn, Kassel, Nordhausen (mit der vorgeschobenen oberdeutschen Sprachinsel Klausthal), Kalbe, Dessau, Wittenberg, Lübben, Crossen u. Meseritz gezogen denkt. Die mitteldeutschen Mundarten zeigen eine außerordentliche Mannigfaltigkeit, doch sind sie noch wenig erforscht. Am buntesten zeigt sich diese Mannichfaltigkeit namentlich nach Westen hin, wo einst zahlreichere u. größere Stämme wandernd u. kämpfend durcheinander geworfen wurden. Deutlich jedoch zerfällt das ganze Gebiet in zwei Hauptgruppen, die durch Thüringerwald u. Erzgebirge geschieden werden: eine östliche, die Obersächsische, u. eine westliche, welche die Fränkische genannt wird. aa) Die Fränkischen Mundarten, in die westfränkischen u. ostfränkischen gesondert, erstrecken sich nördlich der schwäbischen u. baierischen bis hinauf zum Rennsteig des Thüringerwaldes, vom Odenwald bis zum Fichtelgebirge u. Böhmerwald. In ihnen nehmen die Nasaltöne ab, die Aussprache des schwäbischen scht u. schp im In- u. Auslaut hört gänzlich auf, dagegen wird nun s hinter r zu sch u. dabei zugleich ir zu er u. ur zu or (hersch, ferscht, dorscht, wärsch, d. i. Hirsch, Fürst, Durst, wäre es). Der Ton klingt geschmeidiger u. spitzer, der Sprachgesang nähert sich bes. nach Frankfurt hin dem jüdischen Tonfalle. Die Grenze zwischen Ostfränkisch (Mundart des oberen Main) u. Westfränkisch (Mundart des Mittelmain) zieht sich von der oberen Wernitz längs der Wasserscheide zwischen Tauber u. Regnitz zum Main, überschreitet denselben östlich von Würzburg u. wendet sich westlich von Schweinfurt gegen die Quellen der Saale. Für Süddeutsches ie u. ue setzt das Ostfränkische i u. u, das Westfränkische êi u. ou, z.B. süddeutsch lieb, guet, ostfränkisch lib, gut, westfränkisch lêib, gout. aaa) Das Ostfränkische zeigt große Verschiedenheiten, dazu gehören die Mundarten der Oberpfalz (Gedichte von Kobell), welcher sich die Nürnberger (Gedichte von Weikert, Grübel u. A.) anschließt; die Mundart des Egerlandes die auch die angrenzenden Theile des sächsischen Voigtlandes u. des nordwestlichen Böhmens umfaßt; die Mundart des Böhmerwaldes, die Mundart der oberen Saale mit der Stadt Hof; die der Mainquellflüsse mit Bayreuth u. Kulmbach. Nördlich schließt sich der Henneberger Dialekt od. die Mundart der oberen Werra an (Idiotikon von Rheinwald, Berl. 1793), die sich wieder mehrfach spaltet, hochdeutsch au in u, die Endung ung in ing, das ei in e, die Wortendung agen in ö (z.B. hus, mening, wö für Haus, Meinung, Wagen) verwandelt. Gedichtsammlungen lieferte K. Neumann in Wasunger, H. Mylius in Themarer, C. L. Wucke in Salzunger, Klett in Suhler, L. Schneider u. Franz Hofmann in Meininger Dialekt. Die Mundarten der Rhön im Ulsterthale, den Thälern der Fränkischen Saale u. Sinn, der Kinzig u. der oberen Fulda haben unter sich viel Gemeinschaftliches; charakteristisch für dieselben ist die Verwandelung der Endsylben chen od. lein in lich. Südlich des Rhöndialektes findet sich in den Thälern des mittleren Main u. dessen Zuflüssen, im Odenwald u. Spessart das Gebiet bbb) der Westfränkischen Mundarten im engeren Sinne, die in der sogen. Rheinischen Mundart zwischen dem Rhein, dem unteren Main u. der Lahn ihre Fortsetzung. Letzterer fallen der alte Ober- u. Unterlahngau, die Wetterau (von welcher Weigand ein Wörterbuch vorbereitet), der Maingau, die beiden Rheingaue, der Niedgau, Königshundrede u. der Einrich zu. Die Frankfurte-Mundart ward von Malß, Sauerwein u. Langenschwarz, die Mainzer in einigen Possen literarisch angewendet. Über das Gebiet dieser Dialekte, sowie die des Mittelrheins fehlen noch nähere Erörterung. Die mittelrheinischen bilden den allmäligen Übergang vom Oberdeutschen zu dem Niederdeutschen einerseits, zu dem Niederländischen andererseits. Dahin gehört der Luxemburg-Lütichsche Dialekt, der von Diedenhofen bis an den Ausfluß der Sure in die Mosel, von da längs der Sure u. Oure bis Vianden u. von hier westlich bis zur Wallonischen Sprachgrenze (vgl. Klein, Die Sprache der Luxemburger, Luxemb. 1855; Gangler, Lexikon der Luxemburgischen Umgangssprache, Luxemb. 1847); die Triersche Mundart herrscht im preußischen Moselgebiet nördlich bis St. Veith u. zieht sich von hier längs der Grenze des alten Erzbisthums Köln zum Rhein. Der Dialekt der Eifellandschaft zwischen Kill, Mosel u. Ahr hat vieles Eigenthümliche; vgl. Schmitz, Sitten u. Sagen des Eifler Volks (mit Idiotikon Trier 1857). Die Kölnische Mundart beginn mit den Hofgerichtshöfen Bützenbach, Amel u. Büklingen. Über die schon an das Niederländische streifende Mundart von Aachen u. Umgebung[931] schrieben Müller u. Waitz (Die Aachener Mundart, Aachen u. Lpz. 1836); Gedichtsammlungen (Aach. 1821, 2 Bde.) gaben Hansen u. Jos. Müller (Aach. 1840) heraus. Noch nicht abgegrenzt unter sich sind die Mundarten des Westerwaldes (Idiotikon von Schmidt, Hadamar 1800) zwischen Lahn, Rhein u. Sieg. In der Mundart des Hundsrück dichtete P. Rath, in der des Westrich (in der Rheinpfalz) Schandein. Das Niederhessische hat zwischen Gießen, Melsungen, Rotenburg u. Gutensberg seinen Hauptsitz. Nach Westen zu geht das Hessische in das Thüringische über. aa) Die Obersächsischen Mundarten sind durchaus oberdeutsch, schwächen aber die Consonanten (fund. gejen für Pfund, gegen), vermeiden Zusammenziehungen u. harte Consonantenverbindungen u. weichen vollen Diphthongen aus (bôm, klên, Baum, klein) aus. Kehl-, Gaumen- u. Nasenlaute treten fast gänzlich zurück, während Lippen- u. Zungenlaute vorherrschen. Die Aussprache ist glatt u. rasch, wenngleich in manchen Gegenden noch sehr singend, am weichlichsten im Meißnischen, kräftiger in Schlesien u. Thüringen. Das Obersächsische, das sich nach Eroberung der Slawenländer weit ostwärts bis über die Grenzsäule des Großherzogthums Posen ausgedehnt hat, läßt sich in drei Hauptabtheilungen zerlegen: aaa das Thüringische, im Süden vom Kamm des Thüringerwaldes bis zu den Vorbergen des Harzes im Norden, von der mittleren Werra im Westen bis zur Saale im Osten reichend, mit verschiedenen Varietäten, namentlich in den Thälern des oberen Landes. Wo das Meißnische hochdeutsch ei u. au beibehält, jetzt der Thüringer ie u. û. während dieser hochdeutsch ei u. au in Fällen, wo es der Meißner in ê u. ô verwandelt, beibehält. Nach der Saale zu geht das Thüringische (darin Sagen von Bechstein) bbb) in das Meißnische über. Letzteres beherrsch die ehemalige Markgrafschaft Meißen u. das Osterland. Besondere Unterarten sind das Voigtländische im größten Theile des ehemaligen Voigtländischen Kreises u. den benachbarten Reußischen Fürstenthümern; das Erzgebirgische in den Thälern der oberen Mulden; das eigentlich Meißnische (mit der einige Eigenthümlichkeiten zeigenden Mundart des Altenburgischen Osterlandes, darin: Fr. Ullrich, Volksklänge in Altenburger Mundart, Zwick. 1838–48, 2 Thle.) in den Ebenen um die mittleren u. unteren Stromläufe der Saale, Elster, Mulde u. Schwarzen Elster; die Lausitzer Mundart (Idiotikon von Anton, Görlitz 1819–35); ccc) das Schlesische in den deutschreden den Theilen von Schlesien, einem angrenzenden Theile Mährens u. einem Theile Posens; vgl. I. G. Berndt, Schlesisches Idiotikon, Stendal 1787; Weinhold, Beiträge zu einem schlesischen Wörterbuche, Wien 1855; Bernd, Die deutsche Sprache in dem Großherzogthum Posen, Bonn 1820. In schlesischer Mundart dichtete Becker u. A., bes. aber K. Holtei. Die D. S. in Preußen, sowie in den russischen Ostseeprovinzen ist in der Hauptsache obersächsisch; vgl. Bock, Idiotikon Prussicum, Königsb. 1759; Henning, Preußisches Wörterbuch, ebd. 1785; Idiotikon der Deutschen Sprache in Lief- u. Esthland, Riga 1795.

B) Das ganze übrige deutsche Flach- u. Tiefland gehört der Niederdeutschen Sprache an. Man unterscheidet zwar sehr verschiedene Varietäten, doch laufen dieselben sehr in einander. In den Städten ist das Niederdeutsche durch hochdeutsche Einflüsse sehr getrübt. Vorzugsweise heben sich zwei Hauptglieder, der Niedersächsische u. Westfälische Dialekt heraus. a) Das Niedersächsische od. Plattdeutsche (s.d.) beherrscht die Gebiete im Norden der Elbe, in Holstein, u. streicht östlich ziemlich rein bis durch Brandenburg u. Pommern. Westfälisches beginnt sich bereits im Hannöverschen u. Braunschweigischen einzumischen. Im äußersten Osten reicht es bis hinter Thorn, Graudenz, Rastenburg, Insterburg bis Labiau. Entschieden westfälisch ist der Dialekt westlich der Weser bis gegen den Rhein hin. b) Das Westfälische besitzt im Gegensatz zum Niedersächsischen wieder mehrere Doppellaute, bes. au u. ei (niedersächsisch bôk, fôt, lêf, dêf, westfälisch bauk, faut, leif, deif, Buch, Fuß, lieb, Dieb), auch setzt es an die Stelle von sch ein sk. Eine Mischung ober- u. niederdeutscher Laute zeigt das sogenannte Niederrheinische in der Gegend zwischen Jülich, Köln, Elberfeld u. Wesel; Kleve gehört bereits zum niederländischen Sprachgebiet. Ein umfassendes Wörterbuch der Niederdeutschen Sprache älterer u. neuerer Zeit hat Kosegarten (Greifsw. 1855, 1. Bd.) begonnen. Über einzelne Mundarten schrieben: Dähnert, Plattdeutsches Wörterbuch nach der Pommerschen u. Rügischen Mundart, Strals. 1781; Mussäus, Versuch einer plattdeutschen Sprachlehre mit Berücksichtigung der Mecklenburgischen Mundart, Neustrelitz 1829; Ritter, Grammatik der mecklenburgisch-plattdeutschen Mundart, Rost. 1832; Richey, Idioticon hamburgense, Hamb. 1755; Schütze, Holsteinisches Idiotikon, Hamb. 1800, 4 Thle.; Strootmann, Idioticon Osnabrugense, Lpz. u. Altona 1756; Tiling, Versuch eines bremisch-niederdeutschen Wörterbuchs, Bremen 1767–71, 5 Bde.; Woeste, Volksüberlieferungen der Grafschaft Mark mit Glossar, Iserlohn 1848. Ein altmärkisches Idiotikon von Danneil ist vorbereitet.

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Pierer's Universal-Lexikon, Band 4. Altenburg 1858, S. 924-932.
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