1. Am Verstande trägt man nicht schwer.
Die Finnen sagen: Verstand verwundet nicht den Kopf des Mannes. (Bertram, 41.)
2. Besser Verstand und fröhlicher Muth als fürstliche Schätze und königlich Gut.
3. De Verstand kummt mit de Jahre und de Verstand geit mit de Jahre. – Weserzeitung, 4057.
Holl.: Het verstand slijt met de jaren. (Harrebomée, II, 373b.)
4. Den Verstand kann man nicht mit dem Löffel messen.
Die Finnen: Mit dem Besmen wägt man nicht die Stärke, mit dem Löffel misst man nicht den Verstand. (Bertram, 50.)
5. Der hat den besten Verstand, der seinem eigenen nicht traut.
6. Der hat guten Verstand, der sich nur auf seinen verlässt.
7. Der Verstand dauert nicht im Kopfe eines Dummen.
Die Finnen: Das Wasser bleibt nicht in der Hand, der Verstand nicht im Kopf des Dummkopfs. (Bertram, 50.)
8. Der Verstand ist dreierlei: der's versteht, der's nicht versteht und der's nicht verstehen will.
It.: Chi l'intende, chi non l'intende, e chi non la vuol intendere. (Pazzaglia, 184, 1.)
9. Der Verstand ist im Kopfe, nicht in den Jahren. – Schlechta, 324.
10. Der Verstand ist König im Kopfe.
11. Der Verstand kann mehr erdenken, als in einen Handkorb geht.
Böhm.: Moře neunese, co rozum zamysli. (Čelakovsky, 201.)
12. Der Verstand kann nicht lange das Herz spielen.
13. Der Verstand kommt erst mit drei Kreuzen.
Mit XXX Jahren.
14. Der Verstand nimmt sich Zeit.
Jüdisch-deutsch: Der S'echel (Verstand) is a krrecher; entwickelt sich langsam.
15. Der Verstand siegt, ehe die Speere sich treffen.
16. Der Verstand sitzt im Kopfe, nicht im Barte.
Engl.: The wit stands in years, but in the head.
17. Der Verstand soll den Kopf regieren.
Böhm.: Vlastní rozum král v hlavĕ. (Čelakovsky, 201.)
18. Der Verstand soll Fürst, der Wille Unterthan und das Gewissen Richter sein.
Böhm.: Pamĕt' bydlí v tĕle, mysl v čele (rozum v hlavĕ) a žádost v srdci. (Čelakovsky, 201.)
Slow.: Rozum má býtz kniežatřm v ĕloveka vôla poddaným, svedomie ale héd com. (Konfessionálná skola.)
19. Der Verstand soll regieren und der Esel Säcke zur Mühle führen.
Holl.: De verstandigen zullen spreken, als de ezel zijne gebreken kent. – Den verstandigste komt het regiment toe. (Harrebomée, II, 374a.)
20. Der Verstand soll regieren und der Wille pariren.
Böhm.: Mysl soudi, vůle voli. – Rozum jest rodu sedls kého, a vtip panského. – Rozum kraluje a zvire jen pamatuje. – Rozum kraluje, rozum pastuchuje. – Um ez rozumu málo platen. (Čelakovsky, 201 u. 203.)
Dän.: Hvor forstanden regierer der maae villien lyde. (Prov. dan., 186.)
21. Der Verstand wächst mit den Jahren.
Böhm.: Rozum s lety roste. (Čelakovsky, 205.)
Poln.: Rozum s laty przybywa. (Čelakovsky, 205.)
[1597] 22. Der verstandt ist nicht allzeit daheim. – Lehmann, 407, 60 u. 594, 28.
Die Finnen: Dann ist die Vernunft entfernt, wenn sie in eines andern Mannes Kopfe ist. (Bertram, 66.)
Dän.: Forstanden er ei altid hiemme. (Prov. dan., 186.)
Lat.: Nemo omnibus horis sapit et omni loco. (Lehmann, 407, 60.)
23. Die den verstand nicht im hertzen haben, haben jne gewöhnlich auff der zungen. – Henisch, 395, 14.
»D.i. die Narren essen gern gute bisslein.«
Lat.: Quibus cor non sapit, iis plerumque sapit palatus. (Henisch, 275, 16.)
24. Die den wenigsten Verstand besitzen, haben am meisten zu verkaufen.
25. Die mit Verstand sind begabt, haben ihren Adel von Gott, die andern vom Fürsten.
26. Durch Verstand und tapfre Wehr wird erworben Ruhm und Ehr'.
27. Ein feiner Verstand ist besser als eine grobe Faust.
It.: Più val l'ingegno chè la forza it il legno chè la scorza. (Pazzaglia, 178, 4.)
28. Ein feister, patziger Verstand ist tawerhafftig. – Lehmann, 737, 21.
Holl.: Een plomp verstand houdt vast. – Plomp verstand houdt best in de memorie. (Harrebomée, II, 373a u. 374a.)
Lat.: Pinguis sensus non consumitur. (Lehmann, 737, 21.)
29. Ein jeder nach seinem Verstand.
Frz.: Chacun selon sa capacité. (Kritzinger, 105b.)
30. Ein Verstand geht über den andern.
Böhm.: Jest rozum nad rozum. (Čelakovsky, 201.)
31. Eine Hand voll Verstand ist besser als eine Metze voll Gold. – Frost, 100.
Die Finnen: Die Vernunft ist besser als Gedächtniss. (Bertram, 66.)
Holl.: Een ons van aangeërfd verstand gaat vijf pond van gewonnen kennis te boven. (Harrebomée, II, 373a.)
32. Es gehört auch Verstand dazu, ein respectabler Narr zu sein.
Dän.: De lærde narrer ere de beste. – Der hør forstand til at giøre sig gol. (Prov. dan., 185.)
33. Es gehört Verstand dazu, Narren zu regieren. – Winckler, X, 40.
34. Es hat keiner zu viel Verstand.
Böhm.: Rozumu nikdy nazbyt. (Čelakovsky, 201.)
35. Es ist bissweilen gut, das einer sein verstand daheim läst, das er nicht in die schwertz komme. – Lehmann, 798, 22.
36. Es ist nichts in unserm Verstande, was nicht in den Sinnen gewesen ist.
Dän.: Der er intet i forstanden, som jo för har været i sandsen. (Prov. dan., 186.)
37. Es ist schlechter Verstand dabei, zwei Lebendige daran zu wagen, um einen Todten wieder lebendig zu machen.
38. Es ist scho Mänge mit Verstand über d' Witz use g'heit. – Sutermeister, 141.
39. Gelehrter Verstand ist der beste. – Winckler, IX, 30.
40. Grober Verstand hält fest, sagte trunken Meister Zisch, hielt sich ans Schnapsglas und fiel damit unter den Tisch.
Holl.: Plomp verstand houd vast, zei Plompardus, en hij hield zich aan een wijnglas vast, toen hij onder de tafel viel. (Harrebomée, II, 374a.)
41. Grober Verstand ist eine Felsenwand. – Eiselein, 619; Simrock, 10925; Braun, I, 4765.
42. Grober verstandt helt bestandt. – Lehmann, 87, 11.
43. Guten Verstand gibt die Natur vnd ist in Schulen noch Kramläden nicht feil; man muss jhn aus seinem garten zu marck bringen. – Lehmann, 886, 71.
44. Hast du Verstand, so lob' die See und bleib' zu Land'.
Holl.: Zijt gij van een goed verstand, zoo eer de zee en blijf te land. (Harrebomée, II, 374a.)
45. Im Verstand ist jeder Dilettant.
46. Je mehr Verstand, je weniger Worte.
Dän.: Den vijse kommer sjelden, men vel. – Jo større forstand, jo kortere tale. (Prov. dan., 185.)
[1598] 47. Je schwacher der Verstand, je eigensinniger der Kopf.
Böhm.: Slaby rozum na, své hlavĕ jezdí. – Svéhlavost jest vada slabého rozumu. (Čelakovsky, 116.)
48. Je weniger Verstand, desto mehr Glück.
Holl.: Hoe minder verstand, hoe gelukkiger hand. (Harrebomée, II, 373b.)
49. Je weniger Verstand, je mehr Dünkel.
»Du, der am Verstand klein und gross an Dünkel ist, Pampus, alles willst du sein, nur nicht, was du bist.« (Witzfunken, IIIb, 7.)
Böhm.: Každý žije o svém umĕ (jak rozumí). (Čelakovsky, 201.)
50. Jeder bringt seinen Verstand zu Markte.
Hält sich für gescheit genug, über alles mitzusprechen.
It.: Ognuno va col suo senno a mercato.
51. Jeder hat einmal wider den Verstand gehandelt. – Parömiakon, 2545.
Lat.: Semel insani fuimus omnes.
52. Jeder hat seinen Verstand.
53. Kommt der Verstand nicht zur rechten Zeit, so kommt doch Noth und Leid.
Frz.: Qui n'a l'esprit de son âge, de son âge a malheur. (Cahier, 52.)
54. Kommt man zu Verstand, nimmt der Tod uns bei der Hand.
Holl.: Als men komt te weten, is de tojd versleten. (Harrebomée, II, 330b.)
55. Kurzer Verstand, schneller Rath.
56. Lebe wohl, Verstand, sagte der Säufer, als er in die Schenke ging; wer weiss, wann wir wieder zusammenkommen.
Poln.: Dobra noc, rozumie; wiéż to pan bóg, kiedy się s tobą oglądam. (Čelakovsky, 500.)
57. Man hat seinen Verstand nie so nöthig, als wenn man mit Narren zu thun hat. – Cibot, 178.
58. Man kann keinen Verstand in den Kopf hineinschlagen (auch: hineintragen).
Aehnlich die Finnen: Verstand legt man nicht in den Kopf. (Bertram, 43.)
Böhm.: Rozum v hlavu nevbiješ, a ctnost' ke kůži nepřišiješ. (Čelakovsky, 409.)
59. Man kann leicht um seinen Verstand kommen, wenn man zu viel Gesundheiten trinkt.
»Die Geistesabwesenheit beruht häufig auf Kateranwesenheit«, heisst es in den heidelberger Katersprüchen.
Kroat.: Kad se prez razloga pije, pamet je z bogom. (Čelakovsky, 140.)
60. Man sucht den Verstand gern da, wo man ihn verloren.
»Wer uns (Zecher) immer bei der Flasche sah, nenn' uns keinen Thoren; denn wir suchen den Verstand nur da, wo wir ihn verloren.« (Witzfunken, IVa, 7.)
61. Manche sind am Verstande so fein, wie die Spinnweben, die zu nichts anderm dienen, als nur Fliegen zu fangen.
62. Manchem wechst der Verstand wie ein Hasenfuss in Blumenscherben. – Lehmann, 798, 23.
63. Mancher hat kaum so viel verstandt, als er für sich in sein Hauss bedarff vnd regieret wol ein Künigreich. – Lehmann, 659, 81.
64. Mancher hat so viel verstandt als S. Peters bild in der Kirchen. – Lehmann, 819, 2.
65. Mancher wird seinen Verstand nicht eher gewahr, bis er das Schienbein daran bricht.
66. Mit dem nachkommenden Verstande1 bessert man keine Löcher im Lande.
1) Dem hinterdrein kommenden guten Rathe.
67. Mit dem Verstande richtet man mehr aus als mit einem Hebebaum.
Böhm.: Radĕj rožumem než sochorem. (Čelakovsky, 203.)
Poln.: Lepiéj rozumem niž tłumem. (Čelakovsky, 203.)
68. Mit fremdem Verstande reitet man nicht weit.
69. Mit Verstand kann man Gold erwerben, aber mit Gold keinen Verstand kaufen.
Holl.: Verstand is meer waard dan goud of zilver. (Harrebomée, II, 374a.)
70. Na minen dummen Verstande dünkt mi so, wat dünkt Se nu nach êren, sagte der Bauer zum Amtmann. (Holst.) – Schütze, IV, 307.
71. Offt ist eines verstand nicht daheim. – Lehmann, 117, 14.
[1599] 72. Offt ligt der verstand in arrest in andern sachen. – Lehmann, 544, 28.
73. Ohne Verstand kein Geschäft und ohne Musik kein Tanz. – Bertram, 48.
74. Plumper Verstand hält fest. – Körte, 6279; Simrock, 10526; Braun, I, 4768.
Bei Tunnicius (862): Plump vorstant holt vast. (Ingenio pravo praeceptum firmius haeret.)
75. Unreifer Verstand hat keinen Bestand.
Böhm.: Nedozrály rozůmek jako jarní snĕžek. (Čelakovsky, 203.)
76. Verleih Verstand, o Herr, alle Dag e Mötz voll. (Tilsit.)
77. Verstand ehrt den Mann.
78. Verstand geht über Geld.
Die Finnen: Der Verstand ist besser als Arbeit, theuerer als Geld. (Bertram, 72.)
Poln.: Rozum jest lepszy nad bogactwo. (Lompa, 29.)
79. Verstand gibt Weisheit.
Schwed.: Förstånd gjör wijsdom. (Grubb, 238.)
80. Verstand gilt durchs ganze Land. – Sprichwörtergarten, 150.
81. Verstand gilt nicht im eigenen Land.
Holl.: Men acht geen verstand in zijn eigen land. (Harrebomée, II, 373b.)
82. Verstand haben ist edler denn Silber. – Petri, II, 569.
83. Verstand hat überall sein Vaterland.
84. Verstand ist besser als Gewalt, und Holz als Rinde.
Frz.: Mieux vaut esprit que force, et bois qu'écorce. (Kritzinger, 286b.)
85. Verstand ist besser als List.
Frz.: Engin vaut mieux que ruse. (Kritzinger, 273a.)
86. Verstand ist das beste Kapital. – Schlechta, 323.
Holl.: Verstand is het beste goed. (Harrebomée, II, 374a.)
87. Verstand ist der Armen Zehrpfennig.
Poln.: Rozumem szczęścia i przyrodzenia poprawić. (Čelakovsky, 204.)
88. Verstand ist die beste Waffe.
89. Verstand ist nicht immer daheim. – Eiselein, 619; Simrock, 10921; Körte, 6278; Braun, I, 4763.
Dän.: Fornuft er som solen, gaaer op og under, formørkes tit af skyerne. (Prov. dan., 182.)
90. Verstand kommt mit den Jahren, je älter, je dummer. (Ostpreuss.)
91. Verstand kommt nicht vor den Jahren. – Siebenkees, 71; Pistor., IX, 81; Mayer, II, 12; Eiselein, 619; Körte, 6276; Reche, I, 8; Braun, I, 4766; Dove, 152, 175 u. 698; Lohrengel, I, 674; Georg Norganeck, Programm, Verstand kommt u.s.w. (Halle 1742); Bidermann's Acta Scholast., V, 99-121; für Waldeck: Curtze, 319, 64.
»Ich sagte: Verstand kommt nicht vor den Jahren, und er ist leider gar aussen geblieben.« (Keller, 149a.) In dem Sinne: Der gute Einfall kommt oft zu spät. Aehnlich die Polen: Madry polak poszkodzie. Die Chinesen: Wenn gleich der Verstand ein grösseres Stück Wegs zurückgelegt, so kommt er doch nie ebenso weit.
Altfries.: De Forstand kumt ek faar de Jaaren. (Hansen, 6.)
Jüd.-deutsch: Der S'echel (Verstand) kümmt nuch (nach) die Juhren.
Frz.: La raison croît avec l'âge. (Kritzinger, 192b.)
Holl.: Het verstand komt niet voor de joren. (Harrebomée, II, 373b.)
It.: Il giudizio (la ragione) viene coll' eta. – L' intelletto non vien mai prima degl' anni. – La prudenza's acquista con l'età. (Pazzaglia, 183, 1 u. 312, 4.)
Lat.: Ingenium non ante pilos venit. (Binder II, 1508.) – Non aetate, verum ingenio adipiscitur sapientia. (Plautus.) (Philippi, II, 31.) – Non venit ante suos prudentia nobilis annos. (Philippi, II, 46; Binder I, 1209; II, 2248; Seybold, 238.) – Prudentia non venit ante pilos. (Gaal, 1610.) – Sensus non aetas invenit sapientiam. (Philippi, II, 176.) – Seris venit usus ab annis. (Ovid.) (Binder I, 1617; II, 3088; Philippi, II, 178; Seybold, 552; Fischer, 209, 61; Kruse, 1036.)
Poln.: Pred lety rozum netrvaly. (Čelakovsky, 208.)
92. Verstand kompt mit den Jahren. – Petri, II, 569.
Lat.: Aetate reddimur prudentiores. (Philippi, I, 14.)
93. Verstand lässt sich nicht einprügeln.
Böhm.: Rozum v hlavu neobijes, a ctnost ke kůzi nepřišiješ. (Skola, 74.)
94. Verstand lenkt den Speer.
It.: L'intelletto è guida alla cieca volontà. (Pazzaglia, 183, 2.)
95. Verstand macht einen klugen, aber keinen frommen Mann.
Dän.: Fornuft gjør ingen from. (Prov. dan., 181.)
[1600] 96. Verstand muss ein jeder mitbringen, man kauft ihn nicht auf dem Markte. – Simrock, 10922.
97. Verstand muss man mitbringen, man bekommt ihn nicht im Laden.
98. Verstand ohne Geld gilt wenig in der Welt.
Lat.: Ipse licet Musis venias comitatus, Homere: si nihil attuleris ibis Homere foras. (Binder II, 1563.)
99. Verstand ohne Tugend ist ein Schwert in der Hand eines Wahnsinnigen.
Böhm.: Rozum bez ctnosti jako meč v rukou šíleného. (Čelakovsky, 22.)
Poln.: Rozum bez cnoty miecz w ruku szalonego. (Čelakovsky, 22.)
100. Verstand ohne Zunge sieht aus wie ein dummer Junge.
Poln.: Kiedý język milczy, rozum ni zacz niestoji. (Čelakovsky, 206.)
101. Verstand regiert wohl.
It.: Ingegno dà governo. (Pazzaglia, 178, 1.)
102. Verstand schlägt zehntausend, Geld nur tausend.
It.: Si fà alle volte più con ingegno chè con danari. (Pazzaglia, 178, 1.)
103. Verstand sprengt Felsen.
Die Chinesen sagen sprichwörtlich: Fähigkeit bricht Felsenmauern durch. (Bohemia, 1873, Nr. 26.)
104. Verstand studirt, Geld commandirt.
105. Verstand thut nie mehr noth, als wenn man mit einem Dummkopf (Narren) zu thun hat.
106. Verstand und Bart kommen erst mit den Jahren. – Holtei, Eselsfresser, I, 143.
107. Verstand und Geld zusammengesellt helfen durch die Welt.
108. Verstand und Geschick sind zweierlei.
It.: L'arte senza uso non giora molto.
109. Verstand und Haare bringen nur die Jahre.
110. Verstand und Nachgedanken kommen nicht vor den Jahren. – Simrock, 10920.
In Westfalen: Verstand un Nangedanken kuomet nich vor Jahren. (Lyra, 27.)
111. Verstand und Schönheit sind selten beieinander. – Simrock, 10927.
It.: Di rado fa meschianza bellezza col senno.
112. Verstand und Tugend, die schönste Zier der Jugend.
Böhm.: Nejkrasnĕji hosti rozum se ctností. (Čelakovsky, 22.)
Poln.: Gdzie rozum s cnotą, dobry skład. (Čelakovsky, 22.)
113. Verstand und Wille sind die Säulen der Menschen.
Die Chinesen: Jedermann wird durch Verstand, Gedächtniss und Willen beherrscht. (Hlawatsch, 74.)
114. Verstand vertreibt die Ruthe. – Sprichwörtergarten, 152.
115. Verstand will freie Hand.
Er will seine Bewegung, er will sich namentlich auf dem geistigen Gebiet nicht beschränken lassen.
Böhm.: Rozum maluje prostoru. (Čelakovsky, 203.)
116. Verstand ziert die Rede.
Poln.: Rozum okrosa rzeczy. (Čelakovsky, 203.)
117. Verstandt bringt man zu marckt, man findt jhn nicht auffm Marckt. – Lehmann, 886, 73.
Lat.: Nisi per te sapis, frusta sapientem audis. (Lehmann, 117, 14.)
118. Verstandt darff man zum rathen, Glück vnd Hertz zun Thaten. – Lehmann, 750, 15.
119. Verstandt gehört zum raten, Gottes beystand zu den thaten. – Lehmann, 598, 73.
»Rath's Gott, so richtet er's auch aus; gibt er in den Mund, so gibt er's auch in die Hand.«
120. Viel Verstand, aber wenig Vernunft.
Frz.: Beaucoup de mémoire et peu de jugement. – De l'esprit comme quatre et pas de sens comme un. – Jean a étudié pour être bête. (Masson, 359.)
121. Viel Verstand hat wenig Glück. – Eiselein, 619; Simrock, 10923; Braun, I, 4767.
Frz.: Il est un Dieu pour les fous. – Plus l'homme à d'esprit en se monde et plus il est donné. – Tel est plus heur que sage. (Masson, 256.)
122. Was dein Verstand nicht fassen kann, das schaue mit Verwunderung an.
Lat.: Mirari non rimari sapientia vera est. (Seybold, 307.)
123. Was der Verstand vergebens erstrebt, wird oft vom Zufall gewebt.
Lat.: Quod nequit ingenium, casus facit. (Binder II, 2887.)
[1601] 124. Was der Verstand nicht heilt, das heilt die Zeit.
125. Was kein Verstand der Verständigen sieht, das übet in Einfalt ein kindlich Gemüth.
Bekannt aus Fr. von Schiller's Worte des Glaubens. Der Verstand der Verständigen kommt übrigens bereits 1 Kor. 1, 19 vor. (Büchmann, 8. Aufl., 14.)
126. Was nützt aller Verstand, wenn die Butter auf dem Brot nicht kleben will.
Holl.: Daar baat geen verstand, als de boter aan het brood niet kleven wil. (Harrebomée, II, 373.)
127. Was nützt der grösste Verstand, wenn niemand etwas davon weiss.
Schwed.: Hwad gagnar högt förstånd, när ingen weet der af. ( Grubb, 887 Grubb, 387.)
128. Was nützt ein guter Verstand, wenn ihm nicht dient eine tüchtige Hand.
Dän.: God forstand vil have god brug. (Prov. dan., 185.)
129. Was nützt Verstand, wenn er nicht wird bekannt.
Lat.: Condita tabescit, vulgata scientia crescit. – Occultae musicae nullus est respectus. (Gaal, 665.)
130. Was über meinen Verstand geht, lass' ich gehen.
131. Was Verstand nicht erreicht oder Geschick, bringt oft ein günst'ger Augenblick.
Dän.: Det fornuften ei kand, kand liden ofte give. (Prov. dan., 182.)
132. Welchen Verstand hat ein Schwein, von Safran zu urtheilen.
133. Wem es an Verstand gebricht, der kauft ihn auf dem Jahrmarkt nicht.
Kein Schmied wird ihm den fehlenden schmieden, sagen die Polen: Kto rozumu niema, i kowal mu go nie ukuje. (Lompa, 17.)
134. Wem es selber an Verstand gebricht, der zündet (ist für) andern kein grosses Licht.
Böhm.: Ztĕžka jiným rozum spraví, kdo se sám v nĕm neustaví. (Čelakovsky, 207.)
Lat.: Bene dormit, qui non sitit. (Chaos, 816.)
135. Wenig Verstand, leere Hand.
It.: Per la poca prudenza di molte cose si sta senza. (Pazzaglia, 312, 8.)
136. Wenig Verstand und viel Hochmuth regieren die Welt. – Winckler, III, 63.
137. Wenig Verstand, wenig Sorge.
138. Wenn jeder thäte nach seinem Verstand, so ständ' es wohl im Land'.
Böhm.: Rozumem každý se spravuj, neslušného se varuj. (Čelakovsky, 204.)
139. Wer den Verstand beim Krämer kauft, dem läuft der Kopf nicht über.
140. Wer den Verstand in Fingern hat, der kann ihn nicht im Kopfe haben.
»Terander lebt von seinen Fingern und spielt die Laute wunderschön. Ach, sollt' er von dem Kopfe leben, wie mislich wird es um ihn stehn .... Ein jeder Mensch hat seine Gaben; wer den Verstand in Fingern hat, der kann ihn nicht im Kopfe haben.« (Daniel Stoppe, Parnass im Sättler, Hirschberg 1735, S. 266.)
141. Wer, eh' er Verstand hat, freit, stirbt, eh' er gedeiht.
142. Wer einen kurtz balbirten verstandt hatt, der ist ein Mensch, wie unsers Herrn Gottes Gaul. – Lehmann, 821, 39.
143. Wer hat Verstand, der reicht der Zeit die Hand.
144. Wer keinen Verstand hat, der kann keinen verlieren.
It.: Non può perder il cervello, chi non l' ha. (Pazzaglia, 281, 15.)
145. Wer mit Verstand handelt, kommt zu Geld, und wer ohne Verstand handelt, kommt auch fort in der Welt.
Böhm.: Bez rozumu kupčeni z penĕz se loupení. – S rozumen dobře kupčiti, a bez rozumu se mučiti. (Čelakovsky, 204.)
146. Wer mit Verstand sich thut herfür, dem beut man Wein, dem andern Bier.
Lat.: Doctus vina, rudis zythum, pecus hauriat undas. (Chaos, 229.)
147. Wer seinem Verstandt zu viel trawt, der kan leicht einem Blinden volgen. – Lehmann, 799, 29.
Poln.: Kto się na swój rozum spuszcza, pyszny raczéj, a nie madry. (Čelakovsky, 97.)
148. Wer seinen Verstand daheim lässt, thut oft (aber selten) gut, so kommt er nicht in die Schwärze.
[1602] 149. Wer sich den Verstand nicht selbst nimmt, dem werden die andern keinen geben. (Lit.)
150. Wer Verstand hat, dem ist gut predigen.
Holl.: Het is goed preken, daar het volk verstand heeft. (Harrebomée, II, 372b.)
151. Wer Verstand sucht bei den Thoren, der hat seine Mühe verloren.
Holl.: Men kan verstand en wijsheid trekken van kwaden, van goeden, van wijzen, van gekken. (Harrebomée, II, 373b.)
152. Wie der Verstand, so die Seligkeit. – Frischbier2, 4318.
Poln.: Jaki rozum, takie zbawienie.
153. Wie Verstand, so Gewand (Land).
154. Wie Verstand, so Rede.
Poln.: Jaki rozum taku gwara. (Lompa, 12.)
155. Wo der Verstand aufhört, fängt das Glück an.
Dän.: Der forstanden slipper, tager lykken ved. (Prov. dan., 404.)
156. Wo ein verstandt ist, der birget sich nicht, er bricht herauss. – Agricola I, 287; Petri, II, 803; Lehmann, II, 825, 3; Simrock, 10924.
Holl.: Waar een verstand is, dat bergt zich niet, het breekt uit. (Harrebomée, II, 374a.)
Lat.: Ingenium non latet. – Ingenium non tegitur cultu (Simia non unquam mores deponit avitos, sit licet in Tyria conspicienda toga). (Glandorp, II, 292.) – Ingenium non vult abdi nescitque latere: Exiliens, vires pandit amatque suas. (Glandorp, 60, 74.)
157. Wo kein Verstand inne sit, da geit âk kein herut. – Schambach, II, 604.
Worin (in wem) kein Verstand sitzt, da (aus dem) kommt auch keiner heraus.
158. Wo kein Verstand innen ist, kann man auch keinen hineinbringen.
159. Wo kein Verstand ist, da hört das Reden auf.
160. Wo Verstand ist, da braucht es nicht viel Worte.
In Warschau sagt man jüdisch-deutsch: Züm S'echel (Verstand) brauch män kein Möjchel (Verkleinerungsform von Mojech = Gehirn). Vielleicht in dem Sinne, in dem man den Speck nicht mit Butter bestreicht.
Holl.: Een goed verstaander heeft maar een half woord noodig. (Harrebomée, II, 373a.)
161. Wo Verstand nicht Mode ist, da lacht man den Weisesten aus. – Sprichwörtergarten, 452; Dove, 668.
» ... Du suchest den Menschensinn umsonst mit der Laterne, denn zeigt er sich auch nur von Ferne, so eilen Kutten und Kaputzen der heiligen Verfinsterung zum Nutzen, zum dümmsten Glauben ihn zustutzen.« (Seume.)
162. Wo Verstand und Herz zugleich sich regen, bringt der Fleiss Erstaunliches zuwegen. – Wunderlich, 2.
163. Wo vom Verstand wenig Fünkel, da ist viel Thorheit und Dünkel.
164. Wo wenig verstandt, da ist gross glück. – Petri, II, 818; Gruter, I, 86; Lehmann, 531, 34; Egenolff, 299a; Braun, I, 4762; Körte, 6277.
Auch oft gross Unglück. »Denn das glück ist weisser Leut abgesagter feind.«
Dän.: Hvor der er liden forstand er lykke, lykken er de viisas fiende. (Prov. dan., 401.)
Holl.: Waar wenig verstand is, daar is veel geluk. (Harrebomée, II, 374a.)
165. Zu viel Verstand haben, heisst, nicht genug haben. – Cibot, 178.
*166. De hett 'n hüpen Verstand, he hett 'n dicken Neers. – Hauskalender, IV.
*167. Den hat sein Verstand zum Narren gemacht.
Böhm.: Lidé i pro rozum přicházejí o rozum. (Čelakovsky, 208.)
*168. Den kömmt de Verstand as den Oss de Melk. (Deutz.)
*169. Der hat keinen Verstoss (Verstand) mi. – Birlinger, 1068.
*170. Der hat seinen Verstand im Ellenbogen. (Unterbettringen.) – Birlinger, 1067.
Holl.: Hij heeft een goed verstand, maar het ligt wat laag (of: het wil er niet uit). – Hij heeft een goed verstand, maar het zit wat diep. (Harrebomée, II, 373b.)
*171. Der hat seinen Verstand in den Hörnern.
*172. Der hat seinen Verstand in der Kniescheibe. (Troppau.)
Holl.: Het verstand is hem in de kniën gezakt. – Zijn verstand zit hem in de hielen. (Harrebomée, II, 373b u. 374.)
[1603] *173. Er gebraucht seinen Verstand so oft, wie der Bettler die Goldwage. – Winckler, IX, 24.
Lat.: Tuo tibi judicio est utendum. (Chaos, 949.)
*174. Er hält mit seinem Verstande Ausverkauf.
It.: Tal vende il senno a ritaglio ch' haverebbe bisogna di comprarlo in grosso. (Pazzaglia, 395, 6.)
*175. Er hat den Verstand aufgefressen bis auf die Deckel.
Böhm.: Snĕdl rozum až po dešt'ky. (Čelakovsky, 548.)
*176. Er hat den Verstand einer Henne.
Die Hühner haben die Eigenheit, in ihren Genisten von einer niedern Sitzstange gern auf eine höhere zu fliegen, bis es endlich wol kommt, dass sie keinen Haltpunkt über sich finden und dann herunterfallen.
Böhm.: Slepičího mozku človĕk. (Čelakovsky, 563.)
*177. Er hat einen blinkenden (glänzenden, klingenden) Verstand.
Ist ein reicher Mann.
Holl.: Hij heeft een klinkend verstand. (Harrebomée, II, 373b.)
*178. Er hat einen hausbackenen Verstand.
*179. Er hat mehr Verstand im kleinen Finger, als sie im Kopfe (oder: als der andere im ganzen Leibe).
Böhm.: Víze má rozumu v patĕ, než ty v hlavĕ. (Čelakovsky, 517.)
Holl.: De een is wijzer in zijn' pink, dan de ander in zijn gansche lijf. (Harrebomée, II, 463b.)
*180. Er hat nicht so viel Verstand, eine Heerde Gänse zu zählen und macht sich zum Wächter der Seelen.
Dän.: Mangen har knap saa megen forstand som behøves for sig og sit huus, og regierer dog vel et heelt land. (Prov. dan., 185.)
*181. Er hat nicht so viel Verstand, um einen Esel von einem Schwan zu unterscheiden. – Winckler, XV, 85.
*182. Er hat nicht so viel Verstand wie eine geschlachtete Gans.
»Verstand besoass a, menner Seele, su viel, wi an geschlachte Gons.« (K.E. Bertermann, Gedichte, Hirschberg 1876, 4. Aufl.) Die Hälfte dieser Gedichte sind in der schlesischen Mundart des hirschberger Kreises geschrieben. So viel mir bekannt, ist es die einzige in dieser Mundart erschienene Sammlung; und ich will, da diese Mundart meine heimatliche ist, nur noch bemerken, dass sie im Druck ziemlich treu wiedergegeben erscheint; nur ist überall ü gedruckt, wo i gesprochen wird. Diese Mundart kennt kein ü; man spricht veribelt (auch veriewelt), gegrîbelt, Gritze u.s.w., aber nicht verübelt, gegrübelt, Grütze. – Wenn man in Aegypten einen wegen seines geringen Verstandes verspotten will, so sagt man: Nimm seinen Verstand und lege ihn in den Korb, den du auf dem Rücken hast. (Burckhardt, 244.) Es ist hier ein kleiner Korb gemeint, den die armen Nubier auf dem Rücken tragen, wenn sie in die Stadt gehen, und worin sie ihren dürftigen Mund- und Kleidervorrath bewahren.
*183. Er hat seinen Verstand in der Tasche (Börse).
Holl.: Hij heeft het verstand in den zak. (Harrebomée, II, 373b.)
*184. Er hat seinen Verstand in Hypothekenbriefen angelegt.
Im Grundbuch eingetragen. Er meint, er habe nicht nöthig, etwas zu lernen, etwas Nützliches zu thun, da sein Vater reich sei und auf viele Grundstücke Geld geliehen habe.
Böhm.: Má na rozum zápisy. (Čelakovsky, 568.)
*185. Er hat seinen Verstand mit eingepackt. – Tendlau, 173.
*186. Er hat so viel Verstand, eine Mücke führt ihn auf dem Schwanze über den Rhein.
In Warschau sagt man jüdisch-deutsch von einer sehr beschränkten weiblichen Person: Sie hot S'echel (Verstand) vün a Bass-Kohjen. Nämlich einer Priestertochter, die nach 3 Mos. 21, 9, wenn sie anfängt sich zu entweihen, gesteinigt werden soll. Sie versteht nicht mehr, dann als Frau ihren Ehepflichten zu genügen. In demselben Sinne wird auch die jüdisch-deutsche Redensart gebraucht: Sie hot Küh-S'echel (Kuhverstand). (Tendlau, 123.) Mit Anspielung auf eine Stelle in der Bibel (3 Mos. 21, 9), wo es heisst: »Wenn die Tochter eines Priesters anfangen wird, Hurerei zu treiben« u.s.w. die letzten Worte heissen hebräisch Kî s'echel, daher Kuhverstand.
*187. Er hat (nicht) so viel Verstand wie ein krummes Kuhhorn.
Frz.: Il a l'esprit talons. (Lendroy, 1390.)
Lat.: Hoc est regnare, nolle regnare cum possis. – Non probatur multum sapiens, qui sapiendi modum ignorat. (Chaos, 361 u. 823.)
[1604] *188. Er hat so viel Verstand wie Sanct-Peter's Bild in der Kirche.
Holl.: Al had hij ook een verstand als Frans Baltenss.
Ein dordrechter Buchhändler, der im Jahre 1648 eine Schrift herausgab, die davon Zeugniss gab, dass in seinem Kopf nicht alles in Ordnung sei. (Harrebomée, I, 196a.)
*189. Er hat Verstand bis in die Fingerspitzen. – Eiselein, 619; Braun, I, 4784.
Die Engländer wollen wissen, der Deutsche habe den Verstand in den Fingerspitzen.
Lat.: Bina crania gerit et innumeros oculos. (Philippi, I, 59.)
*190. Er hat Verstand wie das bodendorfer Rindvieh.
Diese Redensart erhielt ich aus Hirschberg (Schlesien); ich kann aber weder errathen noch ermitteln, woher und wie die Vergleichung mit bodendorfer Rindvieh gerade dahin kommt, da es in ganz Schlesien eine Ortschaft dieses Namens nicht gibt.
Holl.: Hij heeft geen greintje verstand. – Hij heeft geen verstand genoeg, om een' Kikvorsch to biechten. (Harrebomée, II, 373b.)
*191. Er hat Verstand wie e Chrott Haar. (S. ⇒ Richtig 9.) – Sutermeister, 88.
*192. Er hat verstandts gnug, wann ers wagen dörfft. – Franck, I, 80b.
*193. Er hat viel Verstand, aber der meiste ist schimmelig.
*194. Er hat zu viel Verstand, um einen Esel College zu nennen.
Dän.: Jeg har bedre forstand, end jeg ville legge mig ved dig. (Prov. dan., 185.)
*195. Er hat zweischneidigen Verstand, hinter sich und für sich, wie eine Sägemühle. – Wirth, I, 585.
*196. Er holte mit dem Verstande aus wie ein Reh mit dem Schwanze.
Böhm.: Napřáhl rozum jako srna ocas. (Čelakovsky, 562.)
*197. Er hot de Verstand mit Löffel g'fresse. (Ulm.)
*198. Er ist dem Verstande entlaufen.
Für: er hat den Verstand verloren. »Mein Herr ist dem Verstand entlaufen.« (Köhler, 22, 6.)
*199. Er ist lauter Verstand, vom kleinen Zeh' bis im Hals' gurgelt es ihm schon; nur im Kopf hat er nichts. (Jerrentowitz.)
*200. Er ist mit Verstand (so reichlich) versehen, wie die Gans mit einem Kamme. – Henisch, 1348, 58; Winckler, VIII, 46.
Holl.: Hij is voorzien van verstand, als eene gans van een' kam. (Harrebomée, II, 373b.)
Lat.: Mente ille munitus est, sicut anser crista. (Henisch, 1348, 59.)
*201. Er wächst aus dem Verstande heraus.
Er wird täglich dümmer.
Böhm.: Vyrostá z rozumu. (Čelakovsky, 562.)
*202. Er wird vom Verstande nicht bersten (platzen).
Holl.: Hij zal aan zijn verstand niet barsten. (Harrebomée, II, 373b.)
*203. Er wird zu Verstande kommen, wenn die Egge wird über ihn hingehen.
Böhm.: Urozumi, až ho brána potře. (Čelakovsky, 556.)
*204. Hä hät der Verstand bet em (mit einem) Schümläffel gässe, awer dät Bäste es derdurch geronn. (Siegen.) – Firmenich, I, 570, 17; für Köln: Firmenich, I, 473, 67; Bagel, 44, 16.
*205. He hett so vêl Verstand as ên drêbênde Buck. – Richey, 40; Schütze, I, 248.
D.i. so wenig. Buck = Gesäss ohne Lehne mit drei hölzernen Beinen.
*206. Sein Verstand geht auf Stelzen. – Parömiakon, 1836.
Von einem verschrobenen Kopfe.
*207. Sein Verstand hat sich in der Länge seines Körpers verloren. – Burckhardt, 389.
Von einem Menschen, der körperlich ebenso lang, als geistig beschränkt ist. »Ich bin zwar eine Stange«, sagt der Dichter, »doch eine lange, lange.«
*208. Sein Verstand ist scharf wie ein Mühlstein. – Körte, 6279a.
*209. Sein Verstand ist spazieren gegangen.
»Meines Herrn Verstand geht sehr weit spazieren.« (Köhler, 24, 2.)
Böhm.: Sálený rozum v rynku i na trhu. (Čelakovsky, 565.)
*210. Seinen Verstand (jüdisch Seechel) für Bruch weggeben.
[1605] *211. Sie hat so viel Verstand wie ein Mohnkopf.
Der zwar schön blüht, aber doch dann sehr hohl klingt.
*212. Sin Verstand geit van 'n Gleppers1 bit an 'n Trechter2. (Westf.)
1) Auch Glüpper, von glupen, scherzweise das Auge, verstohlen sehen, blinzeln.
2) Trichter; hier scherzweise der Mund.
*213. Verleih Verstand, o Herr, alle Dag e Mötz voll. (Tilsit.) – Frischbier2, 3904.
*214. Verstoand1 ubäden (oder unien). (Siebenbürg.-sächs.) – Frommann, V, 175, 176.
1) Verständigung anbieten (annehmen).
*215. Von fremdem Verstande leben.
Andere für sich denken lassen.
Böhm.: Cizím rozumem nežij. (Čelakovsky, 204.)
*216. Wider den Verstand handeln.
»Jeder hat einmal wider den Verstand gehandelt.« (Parömiakon, 2845.)
217. Dat liggt buten mîn'n Verstand, sä de Jung, as dremal dörtein. – Schröder, 619.
218. Den Verstand verlieren ist schlimmer als das Licht der Augen. – Merx, 180.
219. Es gehört viel Verstand dazu, morgen nicht zu bereuen, was man gestern gethan hat. – Bertram, 46.
220. Verstand kommt nicht über Nacht. – Storch, Freiknecht, III, 27.
221. Verstand beim Jüngling ist Eis im Frühling.
222. Wen Verstand und Glück verlässt, der fastet auch am Osterfest. (Rumänisch.) – Neue Freie Presse, 4592.
223. Wenn der Verstand auf dem Baume wüchse, so würde ihn auch der Esel fressen. (Rumänisch.) – Neue Freie Presse, 4592.
224. Wer viel Verstand hat, ist doch auch immer ein bischen dumm. – Neue Freie Presse, 4592.
225. Wo viel Verstand, da fehlt es auch an Unverstand nicht.
*226. Hast du den Verstand verloren?
Lat.: Quas tu vides colubras? (Plautus.)
*227. Ihr Verstand ist so scharf, dass ihr Mann sich damit rasiren kann.
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