[403] Venedig (ital. Venezĭa, frazös. Venise, Geogr.), 1) früher Republik in Oberitalien, zu welcher in ihrer größten Blüthe das nächste Festland von Italien, Istrien, Cypern, Candia, die Hälfte Moreas, Cephalonien, Korfu u. die übrigen Sieben Inseln, ein Theil Griechenlands, der größte Theil Dalmatiens u. ein Theil Slawoniens mit fast 8 Mill. Einw. gehörte; an der Spitze des Staates stand ein Doge, welcher den Vorsitz eines Rathes von 1200 Nobili führte, aber wenig zu sagen hatte; die Einkünfte betrugen über 11 Mill. Thaler. V. als Staat ging durch die Französische Revolution unter; s. übrigens Venedig (Staatsverfassung u. Sittengeschichte) u. Benedig (Gesch.); 2) (Venezianisches Königreich), österreichisches Königreich in Italien, den größten Theil der ehemaligen Republik, mit Ausnahme der Besitzungen V-s in Griechenland, der Türkei, Dalmatien, den türkischen Inseln etc. begreifend, an Tyrol, Illyrien, das Adriatische Meer u. die italienischen Provinzen Ferrara, Modena, Reggio, Cremona u. Brescia grenzend, hat mit der seit 1859 mit V. vereinigten Provinz Mantua (22,76 QM.) einen Flächeninhalt von 456,69 QM. Gebirge: Den nördlichen Theil des Landes erfüllen die Tridentinischen Alpen (s.d.), welche mit dem Mte. Baldo am Gardasee beginnen, über, der Etsch sich als Mti. Lessini (6680 Fuß) fortsetzen, in ihrem mittleren Theile auch Venetische Alpen (mit dem M. Verena, Mandriola, Toro, Bertiaga Pavione [7191 F.], Pizzocco [6733 F.], Pizzone, Sasso di Campo, M. Ciman u.a.) u. in dem Cadorische Alpen genannt werden; in letzteren steht der Mit Antelao (10,400 F.) M.[403] Marmarole (8696 F.), M. Civita, M. Gasella, Pellino, Pramper, Cridola u.a., sie schließen sich an den Quellen der Piave an die Carnischen Alpen, welche bis zur nordöstlichen Grenze des Landes fortziehen u. den M. Paralba, Crostis, Sernia u.a. haben. Isolirt stehen die Mti. Berici bei Vicenza u. die Mti. Euganei bei Padua. Vom Südfuß der Alpen erstreckt sich bis zum Po u. der Meeresküste die weite Venetianische Ebene, welche durch zahlreiche Flüsse u. unzählige Kanäle reichlich bewässert ist. Gewässer: das Adriatische Meer bildet hier den Golf von V., welchem alle Flüsse des Landes zuströmen, nämlich der Po mit Tartaro (durch den Canale Bianco fortgesetzt), die Etsch (Adige), Brenta mit Bacchiglione, der Musone, Sile, die Piave mit Cordevole, die Livenza, der Tagliamento, Cormor, Torre, Natisone u.a. Die bedeutendsten Kanäle sind: der Canale Adigetto (aus der Etsch durch den Canale Scorlico in den Canale Bianco), Canale Cavanella di Po (zwischen C. Bianco u. Po), C. di Loreo (aus der Etsch in den C. Bianco), C. Piovejo (zwischen Bacchiglione u. Brenta), C. della Roncajette, C. di Pontelunga u. C. di Monselice, sämmtlich aus dem Bacchiglione, Naviglio di Brenta in die Lagunen, Naviglio Redevoli zwischen Piave u. Livenza, C. di Legnago zwischen Etsch u. Tartaro, C. di Balle zwischen Brenta u. Etsch. Seen sind der Gardasee, der Lago di S. Croce, L. di Covazzo, L. di Abano u. die Küstenseen u. Küstensümpfe der Lagunen; Sümpfe außerdem die Valli grandi, die des Zelime, der Meduna, des Torre u.a. Alpengewässer. Der Boden bietet in den Alpendistricten viel Weideland dar u. ist in den ebenen Strichen sehr fruchtbar; die fruchtbarsten Landstriche sind die Gegenden um Padua, Vicenza, Rovigo u. der südliche Theil der Provinz Verona. Producte: Getreide, Südfrüchte, Obst, allerlei Hausthiere, viel Fische, wildes Geflügel, Seidenwürmer, wenig Metalle, Seesalz, Torf, Porzellanerde, Farbenerde (Grünerde von Verona), Marmor, Alabaster, Mineralquellen (darunter die berühmten von Abano, Battaglia, Caldiero u. Recoaro). Beschäftigung: In Bezug auf die Landwirthschaft gehört das Land zu den physisch cultivirtesten Ländern, sie wird größtentheils durch Pächter betrieben u. es wird die Fruchtwechselwirthschaft geübt; man baut bes. Weizen, Mais, Reis, Futterkräuter, Hülsenfrüchte, wenig Kartoffeln, Hanf, Flachs, Spargel, Gurken, Melonen, Tabak, Obst, auch Südfrüchte; der Wein wird an den Bäumen wie in der Lombardei gezogen (der beste ist der Friaulische Wein). In Verona gibt es eine Akademie des Ackerbaues, des Handels u. der Gewerbe, Akademien des Ackerbaues außerdem in Udine u. Padua. Viehzucht wird bes. in den Gebirgen, viel Rindviehzucht von den Bergamini od. Malahesi, Eigenthümern großer wandernder Herden, Schafzucht bes. an den Euganeischen Bergen betrieben, Bienen hält man bei Verona, Belluno u. anderwärts; wichtig ist die Seidenraupenzucht, welche einen jährlichen Ertrag von 195,000 Ctur. Cocons gibt; viel Fischerei wird getrieben. Der unwesentliche Bergbau gewinnt Eisen, Kupfer, Blei, Zink, Schwefel, Kohlen, dagegen gibt es bedeutendere Marmor- u. Alabasterbrüche. Die Industrie war sonst größer als jetzt, wo man bes. Seidenwaaren u. Tuch in großer Vollkommenheit fertigte; doch hat dieselbe in der neueren Zeit sich wieder gehoben. Man fabricirt bes. Baumwollengarn, Baumwoll- u. Seidenwaaren, Gold- u. Silberwaaren (in V.), Glas u. Spiegel (nach Böhmen die meisten Glaswaaren in der österreichischen Monarchie, berühmt sind die Glasperlen von Murano), Eisenwaaren, Maschinen (große Maschinenfabriken in V.), Geschütze (für die Flotte, in V.), Seiler- u. Tauschlägerwaaren, Schuhmacherarbeiten (Verona nach dem Auslande), Handschuhe, Strohhüte, Papier. Olseife, Ziegel, große Schiffswerften sind in Chioggia u. V., letztere Stadt ist auch ein Hauptsitz der Buchdruckerei des Reiches. Gewerbevereine bestehen in Padua u. Verona, Handels- u. Gewerbekammern in V., Udine, Treviso, Padua, Vicenza, Belluno, Rovigo, Verona. Der Handel, bes. der Seehandel, obgleich nicht der Schatten des früheren, ist doch immer noch bedeutend. Haupthandelsplätze sind Verona, Padua u. V., große Reismärkte werden in Legnago gehalten; Landhandel wirb bes. nach den österreichischen Staaten, Seehandel nach der Levante Triest u. dem übrigen Italien betrieben. V. hat Freihafen. Bei dem Seehandel betrug 1854 der Werth der Einfuhr 39,837,000 Gulden, der der Ausfuhr 13,963,000 Gulden. Im Hafen von V. kamen 1858 an: 4493 Schiffe mit 474,410 Tonnen u. es liefen aus 4512 Schiffe mit 469,612 Tonnen. Die Binnenwasserstraßen belaufen sich auf 146,65 Meilen. Dampfschiffe befahren außer das Adriatische Meer auch den Gardasee u. den Po. Die Küstenschiffe heißen Trabaccoli od. Tartane, kleinere Transportschiffe Batelli, schwere Lastschiffe Peate u. Burchii; die Gondeln bilden in der Stadt V. fast allein das Transportmittel. Die leichten altvenetianischen Gondeln (Gondola) sind nach einem Gesetze im 15. Jahrh. sämmtlich von schwärzer Farbe, haben einen niederigen schwarzen Überbau mit Raum für zwei Personen, am Schnabel eine hellebartenartige gezackte Eisenspitze u. werden von einem Gondolier (Barcajuolo od. Poppe) gerudert. Die Reichsstraßen sind 233,42 Meilen lang. Die Lombardisch-Venetianische Eisenbahn von Triest über Udine nach Mestre u. Venedig, Padua, Verona (mit Zweigbahnen nach Mantua u. nach Tyrol) etc. durchschneidet das Land in einer Länge von etwa 50 Meilen. Zur Anregung u. Unterstützung des directen Einfuhrhandelb besteht das Bankinstitut Stabilimento mercantile in V. (1853 gegründet), ebendaselbst eine Handelsgesellschaft für directen u. indirecten Ausfuhrhandel, ferner die Assicurazione generale für Feuer, Mobilien, Schifffahrt u. Lebensversicherung. Einwohner im Jahr 1857: 2,446,056, von denen 145,743 auf die Provinz Mantua kommen, meist Italiener, mit Ausnahme von 6700 Juden, 12,250 Deutschen (in den sogenannten Sieben u. Dreizehn Gemeinden), 27,000 Slowenen. 160 Armeniern u. Griechen; sie folgen, die Juden abgerechnet, der Römisch-Katholischen Confession u. stehen unter den zwei Erzbischöfen in V. u. Udine u. den neun Bischöfen von Concordia, Belluno, Feltre, Ceneda, Treviso, Padua, Vicenza, Verona u. Adria. Die Ortschaften sind die bevölkertsten des Kaiserstaates; es gibt 28 Städte, 411 Marktflecken u. Dörfer etc. Man spricht den Venetianischen Dialekt, welcher wohltönender als andere italienischen Dialekte ist. Der Venetianer trägt nicht mehr die alte Nationaltracht, jedoch ist die Lieblingsfarbe der Frauen noch schwarz, der Schleier ist geschmackvoll angeheftet, doch herrscht im Trevisanischen das weiße Kopftuch,[404] in Vicenza ein mit Stickerei u. Spitzen verbrämter Schleier (Dovujo od. Zendale), über Hals u. Brust gezogen, vor; um Padua tragen die Landmädchen schwarze Filzhüte mit Federn, Corallenschnüren, goldenen Ketten u. großen Ohrgehängen. Der Venetianer ist munter, beweglich, sparsam, mäßig, gutherzig, gegen Fremde gefällig, aber auch oft aufbrausend u. wild; die Frauen sind schön, lebendig, graciös u. ohne Menschenscheu; Musik u. Gesang erschallt überall; bes. berühmt sind die Barcarolelieder, welche die Gondoliere auf ihren Wasserfahrten singen. Auch lieben die Venetianer sehr das Landleben (Villegiatura), bes. im Juni u. October. Die Wohnungen auf dem Lande sind schlecht, die Fenster meist nur mit Papier beklebt. Von Bildungs- u. wissenschaftlichen Anstalten bestehen eine Universität in Padua, bes. durch die Medicinische Facultät ausgezeichnet, 1225 gestiftet, 11 Theologische Seminarien, 3 Collegien, 23 Gymnasien, 4 Lyceen, Marineschule, mehre Musikconservatorien, bes. für Kirchengesang, Landwirthschaftliche Akademien (s. oben), gelehrte Bildungsanstalt für Armenier, höhere Rabbinerschule, 1705 Volksschulen. Außerdem das k. k. Institut der Wissenschaften in V., Akademien der Wissenschaften in Padua, Rovigo, Bovolenta u. Vicenza, Athenäen in V. u. Treviso, k. k. Akademie der Schönen Künste in V., Maler- u. Bildhauerakademie in Verona. Über die Venetianische Malerschule s. Malerei S. 780, 782, 783. Unter den Wohlthätigkeitsanstalten gibt es zahlreiche Kranken-, Findel-, Waisen-, Versorgungs-, Siechhäuser, etc., Taubstummeninstitut in Verona, Blindeninstitut in Padua. Verfassung u. Verwaltung: Nach der gegenwärtigen Verfassung bildet V. ein besonderes Kronland, mit einem Statthalter an der Spitze, einer besondern Finanzpräfectur als oberster Behörde für die Finanzen u. einem besonderen Landesgeneralcommando. Das Land zerfällt in neun Provinzen (Delegationen) u. die besonders eximirte Stadt V. Die neun Provinzen zerfallen wieder in Districte mit Districtscommissariaten als rein politischen Verwaltungsbehörden. Von den 343 Abgeordneten zum allgemeinen Reichsrath hat V. nach dem Verfassungspatent vom 26. Febr. 1861 zwanzig zu entsenden; von diesen soll nach Verordnung des Staatsministeriums vom 24. März 1861 die Provinz Udine vier, Verona drei, Padua drei, Vicenza drei, Treviso zwei, Mantua, Rovigo, Belluno u. V. je einen u. die Stadt V. ebenfalls einen Abgeordneten wählen. Wählbar soll jeder sein, welcher das passive Wahlrecht für das Consilio communale (den Gemeinderath) od., wo Convocati generali (Gemeindeversammlungen) als Vertretung der Gemeinde bestehen, für das Amt des ersten Gemeindedeputirten hat. Die (Consigli communali u. convocati haben für jeden auf die Provinz entfallenden Abgeordneten einen Candidaten zu wählen; die bezügliche Provinzialcongregation bildet daraus einen Ternavorschlag u. die Centralcongregation soll sodann aus den vorgeschlagenen Candidaten die für jede Provinz u. die Stadt V. bestimmte Anzahl von Abgeordneten wählen. Doch ist das betreffende Statut zur Zeit überall noch nicht in das Leben getreten. Die oberste Justizbehörde bildet das k. k. Oberlandesgericht zu V., bei welcher auch ein Oberstaatsanwalt angestellt ist. Unter ihm stehen als Gerichtshöfe erster Instanz die Landesgerichte (Tribunali provinciali) u. die Stadt- u. Landpräturen. Die Grundlage der Gerichtsorganisation bildet ein kaiserliches Patent vom 20. Nov. 1852 nebst einer Ministerialverordnung vom 2. Oct. 1854, welches namentlich die Zuständigkeit in bürgerlichen Rechtsangelegenheiten, u. einem kaiserlichen Patent vom 3. Mai 1853, welches die innere Einrichtung u. Geschäftsordnung der Gerichtsbehörden regelt. Über die Behandlung zu Strafsachen entscheidet die mittelst Patent vom 29. Juli 1853 kundgemachte, der allgemeinen österreichischen nachgebildete Strafproceßordnung, über die Behandlung von Gegenständen der sogenannten freiwilligen Gerichtsbarkeit das kaiserliche Patent vom 9. Aug. 1854. Der Finanzpräfectur unterstehen die Finanzprocuratur, neun Finanzbezirksdirectionen für die einzelnen Provinzen, die Landeshauptkasse u. Salzagentie in Venedig, die Catastraldirection (seit 1852 an Stelle der früheren Direzione generale del censo Veneto zur Erhaltung, Controle u. Revision des Catasters von fünf zu fünf Jahren errichtet), die Generalforstinspection u. das Münzamt in V. Die Leitung der Schifffahrtsangelegenheiten führt die Centralfeebehörde in Triest; unter ihr fungirt das Centralhafen- u. Seesanitätsamt in V. u. ein Hafen- u. Seesanitätsamt in Chioggia. Handels-u. Gewerbekammern bestehen in V., Belluno, Padua, Rovigo, Treviso, Udine, Verona, Vicenza u. Mantua. Münzen, Maße u. Gewichte. Gegenwärtig rechnet man in V. officiell nach Gulden zu 100 Kreuzern, wie in der ganzen Österreichischen Monarchie (s.u. Österreich S. 438 f.), doch häufig auch noch nach Lire austriache zu 100 Centesimi (3 Lire austriache = 1 Gulden österreichisch Silber), von 1806–1823 nach Lire italiene zu 100 Centesimi im französischen Münzfuß, zur Zeit der Republik aber, bes. seit 1750, nach Lire zu 20 Soldi od. Marchetti à 12 Denari piccole od. im großen Verkehr nach Ducati zu 24 Grossi à 12 Grossetti od. Denari ducati in doppelter Valuta, entweder in Banco 101/3 Ducati Banco od. 641/15 Lire Banco = 1 Kölnische Mark fein Silber, 1 Ducato banco = 1 Thlr. 10 Sgr. 7,74 Ps., die Lira Banco = 6 Sgr. 6,67 Ps., 1 Rechnungsducat zu 93/5 Lire corrente od. in Moneta piccola corrente 991/5 Lire piccole od. 100 = 1 Feine Mark, 1 Lira piccola = 4 Sgr. 2,81 od. 2,40 Ps. preuß. Cour, 1 Rechnungsducat zu 63/5 Lire corente festgesetzt. In jener Valuta werden die Wechsel-, in dieser die Waarenpreise berechnet. Die Bank dagegen rechnete nach Lire grossi à 20 Soldi grossi à 12 Denari grossi, 1 Lira grossa = 10 Ducati od. 62 Lire Banco od. 96 Lire piccole. Geprägte Münzen unter der Republik: a) in Gold: Zecchini zu 22 Lire piccole, Ducati d'oro zu 14 Lire piccole, Doppie od. Pistolen zu 38 Lire piccole; b) in Silber: Scudi della croce zu 12 Lire 8 Soldi piccole, Ducatone od. Giustini zu 11 Lire picc., Ducati veneti (venet. Silberducaten) zu 8 Lire picc., Ossela zu 3 Lire 18 Soldi picc. u. Talleri zu 10 Lire piccole; während der österreichischen Herrschaft von 1795–1802: 2 Lire = 24, 1 Lire = 12 u. 1/2 Lira = 6 Kreuzer, auch 11/2 Lire =18 Kreuzer, 28 Gulden auf die Wiener Mark; als Scheidemünzen unter der Republik 1, 1/2, 1/3, 1/6 Lizarre zu 11/2 Lire, 15, 10 u. 5 Soldi; c) in Kupfer: 1, 1/2., 1/4 Soldi, Bigattini, Bessino u. Bessono genannt. Maße u. Gewichte sind officiell die österreichischen (s.u. [405] Österreich S. 439), doch wird meist nach den französisch-metrischen gerechnet, aber die Einheiten italienischer Bezeichnung (s.u. Sardinische Monarchie S. 903), auch sind die alten Maße u. Gewichte im gewöhnlichen Verkehr noch immer im Gebrauch, Längenmaße: der venet. Piede (Fuß) à 12 Once à 12 Linee = 347,735 Millimeter, 100 Piedi = 110,80 preuß. Fuß; 1 Passo (Schritt) = 5 Piedi; der Braccio (Elle) für Seidenwaaren = 638,4 der Braccio da Panno, für Wollenwaaren = 680,981 Millimeter, 100 Braccia für Seide = 95,2 preußische, für Wollenwaaren =102,11 preuß. Ellen; die Miglia, (Meile) ist 5649 Pariser Fuß, 60,33 Miglie auf den Grad des Äquators; Land- u. Feldmaß ist der QPasso zu 25 QFuß; Fruchtmaß der Moggio hat 4 Staja od. Stari à 4 Quarti à 4 Quartaroli, 1 Stajo od. Staro = 83,3172 Liter, 100 Staja = 151,6 preuß. Scheffel; Flüssigkeitsmaß: die Botta, für Wein hat 5 Biconze, die Anfora (Amphora) hat 4 Biconze à 2 Mastelli (Conzi) à 6 Secchie à 4 Bozze à 4Quartucci; der Secchio von 4 Bozze = 10,731 Liter; die Barilla, hat 24 Bozze; nach Anderen hat der Mastello 7 Secchie Schenk-, od. 8 Secchie Zollmaß 1 Secchio Zollmaß zu 4 Bozze = 9,879 Liter. Öl wird nach dem Gewicht per Migliajo grosso verkauft. Gewicht: das Handelsgewicht ist zweierlei, Peso grosso (Schwer-) u. Peso sottile (Leichtgewicht), die Libra grossa zu 476,9987, die Libra sottile zu 301,2297 Gramm; 1 Libra hat 12 Once à Saci od. Sazzi, der Migliajo 40 Miri od. 1000 Libbre, der Centinajo (Centner) 100 Libbre, 4 Centinajo = 1 Carrica; 100 Libbre peso grosso = 47,7 Kilogr. od. 101,99 preuß. Pfund, 100 Libbre peso sottile = 30,123 Kilogr. od. 64,41 preuß. Pfund. Gold-, Silber- u. Juwelengewicht war der Marco à, 8 Once à 4 Quarti à 6 Denari à 6 Carati à 4 Grani (= 4608 Grani), die Hälfte der Libbra grossa, also = 238,4994 Gramm; nach diesem Gewicht wird auch die Feinheit der edeln Metalle bestimmt; das Medicinalpfund hat 12 Once à 8 Dramme à 3 Scropoli à 20 Grani u. ist die Libbra sottile. 3) Provinz hier, zwischen dem Adriatischen Meere u. den Provinzen Udine, Treviso, Padua u. Rovigo, 41,22QM mit 298,950 Ew., zerfällt in die sieben Districte von V., Mestre; Mirano, Dolo, Chioggia, San Dona u. Portogruaro; 4) Hauptstadt der ehemaligen Republik u. des jetzigen Königreichs, in den Lagunen, welche durch Einbruch des Meeres über die niedrigen Uferstrecken entstanden sind, von der Landseite her durch die einströmende Piave u. Brenta Wasser erhalten u. bei der Fluth einen Wasserspiegel von geringer Tiefe, bei der Ebbe aber größtentheils Sümpfe bilden. Das Wasserbecken der Lagunen ist von Burano, dem nördlichen, bis Brandolo, dem südlichen Endpunkt, 51/2 Meilen lang u. 11/2 bis 2 Meilen breit. Nach der Seeseite wird dasselbe durch den Lido, einen schmalen Streif Landes, auf welchem sich die Murazzi, aus Marmorquadern gemauerte, 30 Fuß hohe, 40–50 Fuß breite, 2 Meilen lange, zu Anfang des 18. Jahrh. erbaute Steindämme, befinden, sowie bei dem Porto di Malamocco durch die Diga di Malamocco, einen in neuer u. neuester Zeit aufgeführten, 6500 Fuß langem Steindamm, geschützt. Der Lido ist durch drei ziemlich seichte Einfahrten unterbrochen u.dadurch in mehre Lidi getheilt. Diese Einfahrten sind zugleich Häfen; der nördlichste heißt Porto di Lido, durch welchen in der Regel die Dampfschiffe fahren, der mittlere Porto di Malamocco, der südlichste Porto di Chioggia. Auf den Lidi liegen Vergnügungsörter, Landhäuser, Begräbnißplätze etc. Außerdem existiren noch mehre andere Einfahrten in die Lagunen, so nördlich von dem Porto di Lido bei Burano der Porto di Dei Tre Porti, noch nördlicher der Ausfluß der Piave (Porto di Piave vecchia) u. ganz südlich der Brenta (Porto di Brandolo). Forts an den Einfahrten u. auf den Lidi, neben welchen Einfahrten sind, wehren feindlichen Schiffen die Einfahrt; auf der Landseite liegt das von Napoleon I. verstärkte Fort Malghera (s.d.). Durch dies Alles wird V. zu einer sehr starken natürlichen Festung. Das eigentliche V. ist mit dem Festlande durch die 1842 begonnene, 1846 vollendete u. nach der Revolution von 1849 hergestellte Lagunenbrücke von 3596 Meter Länge mit 222 Bogen, zwei Brückenköpfen u. fünf freien Plätzen verbunden u. liegt in der nördlichen Hälfte der Lagunen auf drei großen u. 114 kleinen Inseln. Die drei ersteren werden durch den die Stadt in Form eines S durchschneidenden Canale grande (Canalazzo) u. Canale della Giudecca gebildet u. wiederum durch 400 kleinere Kanäle (Rii genannt) getrennt. Diese Kanäle ersetzen die Straßen u.vermitteln den zum allergrößten Theil zu Wasser durch Gondeln u. Barten stattfindenden Verkehr. Über den Canale grande, die Hauptpulsader für den inneren Verkehr der Stadt, führen zwei Brücken: die Rialtobrücke, welche man auf Stufen ersteigt; sie ist von Antonio da Ponte 1588–91 aus Marmor auf 12,000 Pfählen aus Einem Bogen von 70 Fuß Spannung, 148 F. lang, 43 F. breit, 30 F. über dem Wasserspiegel erbaut u. hat zwei Reihen von Marmor gebaute, mit Blei gedeckte Kramläden (Botteghen), welche die Brücke in drei Wege theilen; u. dann die 1854 erbaute neue eiserne Brücke. Über den Canale della Giudecca führt keine Brücke, über die kleineren Kanäle 378 meist steinerne Brücken. Die 18,000 Häuser (darunter 102 Kirchen, 1262 Paläste) in V sind fast sämmtlich auf Pfahlrost, oft aus rothem u. weißem Marmor erbaut. Die mit Quadern, hier u. da mit Asphalt u. Ziegelsteinen gepflasterten Straßen am Ufer der Kanäle hin heißen Calli, an den Lagunen Riva; die belebtesten sind die Riva degli Schiavoni (der Slawonier), von der Piazzetta bis zu den Giardini publici, u. die Merceria, vom Marcusplatz in Windungen nach dem Marktplatze am Canale grande u. der Rialtobrücke. Trotz des beschränkten Raumes hat V. 41 öffentliche Plätze, die größten S. Marco (schlechthin La Piazza genannt, während die übrigen Plätze Campi heißen), S. Stefano, S. Giovanni-Paolo, S. Margerita u. S. Formosa. V. ist der Sitz der Statthaltern, der Provinzial- u. Districtsbehörden, des Oberlandes- u. eines Landesgerichts, zwei Präturen, des Handels – u. Seegerichts, des Centralhafen- u. Seesanitätsamtes, der Bau- u. Postdirection, eines Stadt- u. Festungscommandos, der Polizeidirection, eines katholischen Patriarchen mit Patriarchalcapitel u. Consistorium etc. Die Stadt ist in sechs Bezirke (Sesterien) eingetheilt (S. Marco, Castello, Canalreggio, Dorsoduro, S. Paolo u. Insel Giudecca). Die Sesleria di S. Marco enthält, den herrlichen St. Marcusplatz, ein großes längliches, an drei Seiten von Prachtbauten, deren Erdgeschoß aus Arkaden mit Kaufläden, Kaffeehäusern etc. besteht, an der[406] vierten Seite von der Marcuskirche eingeschlossenes, 280 Schritte langes, 110 breites, mit Marmorplatten gepflastertes Viereck, wo sich das ganze Leben V-s concentrirt. Mit ihm hängt die Piazzetta od. der kleine Marcusplatz zusammen, 250 Schritte lang u. 80 breit, auch mit Palästen u. Arkaden eingefaßt u. erstreckt sich bis an die südwestliche Küste des Canale della Giudecca. Unweit des Meeres, am Südende der Piazzetta, stehen die zwei Granitsäulen, deren eine vom Dogen Michiel um 1120 als Tropäe aus Syrien übergeschifft, die andere aber aus europäischen Stein geformt wurde, weil die zweite mitgebrachte beim Ausschiffen ins Meer fiel. Die eine trägt das eherne Bild des geflügelten Löwen des St. Marcus, mit dem Gesicht gegen das Meer gewendet, die andere die Statue des St. Theodor, des ehemaligen Schutzpatrons von V. Alle Hinrichtungen finden zwischen diesen Säulen statt u. kein Nobile geht deshalb zwischen ihnen durch. Auf dem St. Marcusplatze, vor der St. Marcuskirche, stehen drei große Masten (Pili) mit erzenen Fußgestellen von 1505, zur Erinnerung an die von V. eroberten Reiche Cypern, Candia u. Morea, deren Banner sie einst trugen. An der Ecke des St. Marcusplatzes u. der Piazzetta steht der 911 bis 1591 erbaute, 335 Fuß hohe, viereckige Glockenthurm (Campanile de S. Marco), ganz frei, auf Schneckenwindungen u. zuletzt zwölf Stufen zu ersteigen (Heinrich III. von Frankreich ritt hinauf), mit einem kolossalen Engel als Windfahne u. vollständiger Übersicht der Stadt u. ihrer Umgebungen bis zu den Gebirgen Istriens. An seinem unteren Vorbau (der Loggetta) sind Sculpturen in Marmor u. Erz. Südöstlich von ihm erhebt sich die St. Marcuskirche (Basilica di S. Marco) von halb byzantinischer, halb spät germanischer Bauart, zu Ehren des 828 aus Alessandria nach V. gebrachten Leichnams des St. Marcus 977 bis 1071 errichtet, im 14. Jahrh. mit gothischen Zuthaten versehen u. neuerdings restaurirt, ist mit fünf Kuppeln überwölbt, von einer Vorhalle mit Mosaiken u. vielen Dogengräbern umgeben, welche nur durch das Baptisterium (mit Monument des Dogen Andrea Dandolo) u. die Kapelle S. Zeno (mit Denkmal des Cardinals Giov. Batt. Zeno u. Altar mit großen Erzfiguren) unterbrochen ist u. hat 500 Marmorsäulen; die Façade schmücken zwei Reihen von fünf Bogengewölben übereinander mit großen Mosaikbildern auf Goldgrund; im Inneren (96 Schritte lang u. 80 breit), dessen Grundriß ein griechisches Kreuz darstellt (das Hauptschiff durch sechs Pfeiler u. sechs Säulen von den Abseiten geschieden), trennt eine hohe marmorne Ballustrade den Chor von der Kirche; sie ist mit 14 marmornen Bildsäulen besetzt, an beiden Enden zwei marmorne Kanzeln. Der Fußbodenist von alter Marmormosaik, die ganze Kirche mit prachtvollen Mosaiken, orientalischem Marmor, Gold, Sculpturen, Statuen u.a. Kostbarkeiten reich ausgeschmückt. Die Mosaiken bedecken im Ganzen eine Fläche von 40,000 Quadratfuß. Über dem Hauptportale stehen die vier Rosse des Lysippus aus vergoldeter Bronze, welche aus Griechenland weggeführt, zuerst den Triumphbogen des Nero, dann den des Trajan in Rom schmückten, von Constantin nach Constantinopel in den Hippodrom, nach Eroberung dieser Stadt 1206 nach V., 1797 durch Napoleon nach Paris. 1815 aber wieder an ihre jetzige Stelle gebracht wurden. Über die Marcuskirche vgl. das Prachtkupferwerk S. Marco von Kreutz. Auf einem steinernen Tisch bei der Marcuskirche wurden sonst die abgeschlagenen Köpfe der Verbrecher zur Schau ausgestellt. An der Südseite der Marcuskirche stehen zwei viereckige Marmorsäulen aus der alten christlichen Kirche der Sta. Saba in Ptolemais mit rätselhaften Figuren. Zwei Seiten des Marcusplatzes u. die eine der Piazzetta sind mit den Procuratien eingeschlossen. Die alten Procuratien an der Nordseite des Marcusplatzes, ehemals Wohnungen der Procuratoren von S. Marco, jetzt Privatwohnungen, haben im Erdgeschoß Arkaden mit reichen Kaufläden u. Kaffeehäusern, im zweiten u. dritten Stock 100 Bogen in korinthischer Ordnung; die durch einen von Napoleon 1810 veranstalteten Neubau (Atrio del Palazzo) verbundenen neuen Procuratien auf der entgegengesetzten Seite, unten ebenfalls mit Porticus, bestehen aus der 1536 von.Sansovino im dorischen u. ionischen Styl erbauten Alten Bibliothek von S. Marco u. der 1584 von Scamozzi begonnenen eigentlichen Procurazie nuove, haben in den Sälen Gemälde von Tizian, Veronese, Bassano, Bellini u. A. u. sind jetzt kaiserlicher Palast, an welchen nach der Meeresseite der kaiserliche Garten stößt. Demselben gegenüber an der Piazzetta u. der Riva degli Schiavoni erhebt sich der von außen mit kleinen Vierecken von rothem u. weißem Marmor belegte Dogenpalast (Palazzo ducale, Marcuspalast), 809 gebaut, seitdem fünfmal zerstört; der jetzige Bau, im maurisch-gothischen Style unter dem Dogat des Marcus Falieri von Filippo Calendario im 14. Jahrh. erbaut, im Westen u. Süden mit einem Bogengang von doppelter Säulenstellung umgeben, seit 1853 restaurirt, war der Residenzpalast des Dogen. Zu ihm führt im Hofe eine Freitreppe, die Scala dei Giganti (Riesentreppe) hinauf, an welcher unten kolossale Bildsäulen von Neptun u. Mars stehen u. auf deren oberstem Absatze später die Dogen gekrönt wurden. Im Hofe befinden sich zwei Brunnen aus Erzguß. Im Palaste selbst, dessen Außenseite u. Portale zahlreiche Sculpturen u. Statuen enthalten, sind die glänzenden Säle del Magior Consiglio, wo die in das Goldene Buch eingeschriebenen Nobili ihre Versammlungen hielten, mit den Bildnissen von 76 Dogen u. großen Gemälden von Bassano, P. Veronese, Tintoretto, die Sala del Colegio mit vielen Gemälden von denselben Meistern, Sala dello scrutinio mit der Fortsetzung der Dogenbildnisse, die Sala della Bussola (ehemals Vorzimmer der Staatsinquisition), früher mit marmornem Löwenkopf, in dessen offenes Maul (Bocca di leone) geheime Denunciationen an die Inquisitoren gesteckt wurden, die ehemaligen Wohnsäle der Dogen jetzt mit einem archäologischen Museum. Hier befindet sich auch die Marcusbibliothek durch einige von Petrarca 1362 u. 1468 durch Bessarion geschenkte Manuscripte gegründet, später ansehnlich vermehrt; sie enthält 106,000 Bände u. gegen 10,000 Manuscripte. (Vgl. Abhandlungen darüber von Morelli, Vened. 1774; Verzeichnisse der Handschriften, ebd. 1740, Fol.; Zusätze in Morelli Biblioth. Manuscr. T. I., Bassano 1802). Aus dem ersten Stock des Dogenpalastes führt die Seufzerbrücke (Ponte de'sospiri, weil so viele von der venetianischen Staatsinquisition Gemordete zuvor darüber schritten) über den schmalen Rio del Palazzo nach, dem jetzt nicht mehr in Gebrauch stehenden Staatsgefängniß, unter dessen sonst mit [407] Bleiplatten, seit 1852 mit Ziegeln gedecktem Dach die Bleikammern (Piombi) u. in den Kellerräumen die unter dem Wasserspiegel liegenden Kerker (Piozzi) sich befinden. Dem Dogen-Palast gegenüber steht das Münzgebäude (Zecca), 1535 im dorischen Style ganz aus Quadersteinen errichtet, an welcher Stelle schon die Republik ihre Zecca hatte, worin 1284 die ersten venetianischen Ducaten (Zecchini) geprägt wurden. Der Piazzetta gegenüber ist der Thurm mit der Marcusuhr, die Mitte eines ansehnlichen Gebäudes, von 1496 mit einem vergoldeten Madonnenbild u. der Glocke, an welcher zwei kolossale Statuen von Mohren mit Hämmern die Stunden nach italienischer Weise bis 24 schlagen. Der Bogen unter dem Thurme führt nach der hier mündenden Merceria (s. oben), voller Kaufläden u. mit dem meisten Verkehr. Hinter der Marcuskirche ist noch die Kapelle St. Theodor, wo sich sonst die Inquisitoren versammelten. Am Ende der Riva degli Schiavoni endlich, welche von der Piazzetta ausgeht, liegen die 1807 von Napoleon durch Abreißeu von Gebäuden geschaffenen öffentlichen Gärten (Giardini pubblici), welche zu Spaziergängen dienen. Die prächtigsten Paläste der alten venetianischen Adelsfamilien liegen am Canale grande, u. zwar sind die bedeutendsten darunter von der Piazzetta anfangend: der Palazzo Emo (j. Treves) aus dem 17. Jahrh., mit Statuen von Canova, Eigenthum des preußischen Consuls; Pal. Contarini Fasan aus dem 14. Jahrh. im Spitzbogenstyl, 1857 restaurirt; P. Dario im lombardischen Styl aus dem 15. Jahrh.; P. Corner dalla Cà Grande, 1532 von Jac. Sansovino erbaut, 1857 neu hergestellt, jetzt Sitz der k. k. Statthalterei; P. Cavalli aus dem 15. Jahrh. in deutsch-lombardischer Architektur, jetzt Eigenthum des Herzogs von Bordeaux; die zwei Paläste Contarini dai Scrigni aus dem 16. u. 15. Jahrh. von Scamozzo; der große P. Rezzonico aus dem 17. u. 18. Jahrh., Eigenthum des Infanten von Spanien; P. Foscari aus dem 15. Jahrh. im Spitzbogenstyl, darin die Polytechnische Schule; P. Balbi; P. Pisani aus dem 15. Jahrh., mit Gemälden von P. Veronese u. A.; P. Contarini im Renaissancestyl des 16. Jahrh.; P. Barbarigo, ehemals mit berühmter Gemäldesammlung, welche 1850 der Kaiser von Rußland gekauft hat; P. Bernardo im Spitzbogenstyl; P. Corner Spinelli in Renaissance, gehört der Tänzerin Taglioni; P. Tiapolo, ebenfalls Renaissance; P. Grimani aus dem 16. Jahrh. von Sanmicheli im korinthischen Style, jetzt Postamt; P. Farsetti aus dem 11. Jahrh. im byzantinisch-lombardischen Style, mit Marmorarbeiten von Canova, jetzt Rathhaus; P. Loredano aus dem 11. Jahrh. in maurisch-byzantinischem Styl, mit reichen Marmorornamenten, Geburtsort der gelehrten Helena Piscopia Cornaro (s.d. 7); P. Bembo aus dem 14. Jahrh. im Spitzbogenstyl; P. Michieli delle Colonne aus dem 17. Jahrh.; P. Manin, des letzten Dogen, von Sansovino, mit Gemäldesammlung; P. Cà d`Oro, halbmaurisch, aus dem 14. Jahrh., jetzt Eigenthum der Tänzerin Taglioni; P. Pesaro aus dem 17. Jahrh., gehörte dem 1857 verstorbenen Grafen Bevilacqua; P. Fondaco dei Turchi aus dem 10. Jahrh. in maurischem Styl, ehemals der Herzogin von Ferrara gehörig, 1621 Waarenhaus der Türken, jetzt Magazin; P. Vendram in Calerghi, 1481 von Pietro Lombardo in Renaissance erbaut, mit Gemälden von Bellini, Tizian, Par. Bordone, Pordenone, Guido, Perugino, Rubens, Hor. Vernet u. A. u. Kunstsammlungen, jetzt Eigenthum der Herzogin von Berry; P. Correr (jetzt Balbi Valier), in welchem das Museo civico (s. unten) sich befindet. Andere bemerkenswerthe Paläste sind: P. Giustiniani fulle Zattere, mit Gemälden von Carotto, Bellini, A. Mantegna, Tizian u. A., der P. Pesaro (jetzt Correr) bei S. Benedetto aus dem 13. Jahrh.; P. Barozzi, mit Gemäldesammlung, der P. Bollani von 1310; P. Grimani bei S. Maria formosa, mit Fresken von Giov. da Udine u. Gemälden von Tizian, Paolo Veronese, Tintoretto u. A.; P. Priul, am Platze S. Severo, aus dem 14. Jahrh. u. der P. reale am Rivo della Fava. Unter den 102 Kirchen (99 katholische, 1 griechische, 1 armenische, 1 evangelische u. 7 Synagogen) sind außer der oben (S. 407) erwähnten Marcuskirche zu nennen: S. Francesco della Vigna aus dem 16. Jahrh. von Palladio u. Sansovino, mit reichen Sculpturen u. Gemälden von Bellini, Paolo Veronese u. A.; S. Giacomo, die älteste, schon im 5. Jahrh. erbaute Kirche V-s bei der Rialtobrücke (auf dem Platze vor ihr wurden von einer gebückten Figur herab, auf welche man auf einer Treppe gelangt, ehemals die Gesetze der Republik verlesen); S. Giorgio maggiore, auf der gleichnamigen, der Piazzetta gegenüberliegenden, nach 1848 befestigten Insel, eine Kuppelkirche aus weißlichem Marmor von Palladio u. Scamozzi, mit Gemälden von Bassano, Tintoretto u. A.; S. Giovanni Crisostomo, in Renaissance 1489 erbaut, mit Gemälden von Bellini, Seb. del Piombo u. A.; S. Giovanni e Paolo, 1240 bis 1430 erbaut, in gothischem Styl, mit drei Schiffen, ursprünglich Dominicanerkirche, mit vielen Grabdenkmälern der Dogen, deren Erequien in ihr abgehalten wurden, u. mit Gemälden (vor ihr steht die eherne Reiterstatue des Bart. Colleoni da Bergamo, Generals der Republik); S. Giovanni in Bragora aus dem 15. Jahrh., mit Gemälden; S. Giovanni Elemosinario von 1527, mit Gemälden von Tizian, Pordenone u. A.; S. Maria Assunta dei Gesuiti aus dem 18. Jahrh., im Inneren ganz mit Marmor bekleidet; S. Maria dei Miracoli von 1481, im Inneren ebenfalls ganz mit buntem Marmor ausgeschmückt u. mit reicher Ornamentik; S. Maria del Carmine von 1290, mit Gemälden von Tintoretto u. A. (dabei die Casa di Otello, die Wohnung des berühmten Mohren von V.); S. Maria della Salute, eine Kuppelkirche aus weißem istrianischen Marmor von 1630 von Longhena, mit Gemälden von Tizian (in dem dabei befindlichen Seminar Gemäldesammlung mit Bildern von Guido Reni, Leonardo da Vinci u. A.); S. Maria dell'Orto, eine Basilika aus dem 15. Jahrh., mit Gemälden von Tintoretto u. dessen Grabstätte; S. Maria Formosa von 1492, mit einem berühmten Gemälde von Palma vecchio u.a. Bildern; S. Maria Gloriosa ai Frari, Franciscanerkirche, in deutsch-italienischem Styl aus dem 13. u. 14. Jahrh. von Nic. Pisani, eine der größten u. schönsten Kirchen V-s, mit vielen Monumenten, den Grabmälern Tizians, Canovas u. mehrer Dogen, Sculpturen u. Gemälden; S. Pietro in Castello, an der Ostseite der Stadt, eine Kuppelkirche von 1594, war bis 1807 Pfarrkirche des Patriarchen (dabei der ehemalige Palast des Patriarchen, durch Napoleon I. in eine Kaserne verwandelt); S. Redeutore, auf der Insel Giudecca,[408] 1576 von Palladio errichtet, mit Säulenportal u. Gemälden von Giov. Bellini u. A.; S. Rocco aus dem 15. Jahrh., mit Gemälden von Tizian u. Tintoretto, von welchen sich auch viele Werke in der dabei befindlichen Scuola di S. Rocco (1517 erbaut), befinden; S. Salvatore von 1520, mit Gemälden von Tizian, Bellini, Dogendenkmälern etc.; Scalzi aus dem 17. Jahrh., mit großer Marmorpracht; S. Sebastiano von 1506, mit dem Grabmal u. vielen Gemälden von Paolo Veronese; S. Stefano aus dem 14. Jahrh. in gothischem Styl mit Reliefdarstellungen u. dem Grabmal des 1847 verstorbenen Admirals Erzherzog Friedrich; S. Zaccaria von 1456, mit drei Schiffen, alten Sculpturen u. Gemälden von Bellini, Tintoretto u. A. Auch in den Kirchen S. Andrea, S. S. Apostoli, S. Barnaba, S. Bartolommeo, S. Casiano, S. Caterina, S. S. Ermagora e Fortunato, S. Eustachio, S. Fantino, S. S. Gervasio e Protasio, S. Giobbo, S. Giorgio dei Greci, S. Giovanni Evangelista, S. Giuliano, S. Lodovico, S. Luca, S. Lucia, S. Maria Mater Domini, S. Maria della Pietà, S. Martino, S. Marziale, S. Nicolo di Tolentino, S. Pantaleone, der protestantischen Kirche, S. Simeone, S. Vitale befinden sich viele Gemälde der genannten Meister, Sculpturen, Mosaiken u.a. Kostbarkeiten. Kloster gibt es in V. 18. An Unterrichts- u. wissenschaftlichen Anstalten bestehen außer den niederen Volksschulen zwei Staatsgymnasien (Sta. Caterina mit physikalischem Cabinet u. S. Procolo), Patriarchalgymnasium, eine theologische u. eine philosophische Studienanstalt, Polytechnisches Institut mit technischer u. Naturaliensammlung, Schule für Paläographie (seit 1855), Nautische Oberschule, Hebammenlehranstalt, Medicinische Gesellschaft, Conservatorium der Musik, Akademie der Schönen Künste mit Gemäldesammlung aus der Venetianischen Schule. K. K. Institut der Wissenschaften u. Künste (seit 1838) mit Veröffentlichung der Verhandlungen, Athenäum zur Hebung der Wissenschaften u. Literatur (seit 1810) mit Bibliothek u. Lesecabinet; Wissenschaftliche u. Kunstsammlungen sind die Marcusbibliothek (s. oben), die Bibliotheken des Seminario, die des S. Emanuele Cicogna mit 3000 Manuscripten, Manin mit 2000 Manuscripten etc., das Staatsarchiv, welches 12 Millionen Bände mit Documenten vom Jahre 883 bis 1860 enthält; außerdem die Archive des Seminars, der Marcusbibliothek, von S. Rocco u.a., die Gemäldesammlung der Akademie, das Museo civico im Palaste Correr mit Gemäldesammlung, Kunstsachen, Kostbarkeiten u. Bibliothek, Museo Sanquirico in der Scuola di S. Teodoro mit Sammlungen von Gemälden, Alterthümern etc., außerdem die zerstreuten Gemäldesammlungen in mehrern Palästen, die Kunstschätze der Kirchen, Münzsammlung im Dogenpalaste, Waffensammlung im Arsenal. Dieses letztere, das Arsenal, am Ostende der Stadt, ein Complex von Gebäuden, welche von hohen Mauern mit Thürmen umgeben, auf der Meeresseite durch Untiefen geschützt sind u. einen Umfang von einer Stunde haben, wurde 1404 gegründet u. war der wichtigste Platz der Republik. Die Arbeiter darin (Arsenalotti), deren Zahl im 16. Jahrh. sich auf 16,000 belief (jetzt kaum 1500), waren hoch angesehen u. hatten mehre Privilegien. Vor dem Eingänge zum Arsenal liegen vier marmorne Löwen, von denen die beiden größten 1687 von Morosini aus dem Piräus von Athen (daher Piräische Löwen) als Beute hierher gebracht wurden; auf einem derselben steht eine (Runen-) Inschrift (gedeutet von C. C. Rafn, Inskription runique du Pirée, Kopenh 1856); im Inneren hat das Arsenal 86 Docks, vier ungeheuere Bassins (Darsena), Werkstätten für Seiler, Segeltuchweber, Ankerschmiede, fünf Kanonengießereien, Modellensaal (mit dem Modell des Bucentoro, des Schiffes, auf welchem der Doge die Vermählung mit dem Meere feierte u. welches von den Franzosen zerstört wurde), Waffensaal, die Denkmäler des Admirals Emo von Canova u. der Generäle Königsmark u. Schulenburg. Es gibt in V. sechs Theater: La Fenice für Oper u. Ballet, faßt 3000 Zuschauer u. ist nur während des Carnevals u. im Sommer offen; S. Benedetto für kleinere Opern u. Lustspiele, Apollo für Oper u. Schauspiel, S. Samuele für Komische Oper u. Lustspiel, Malibran (Tagestheater mit Volksstücken), Burattini, Marionettentheater, im Sommer auch auf mehren öffentlichen Plätzen. Kranken- u. Wohlthätigkeitsanstalten sind das große Provinzialcivilspital für Kranke u. weibliche Irre, worin 2000 verpflegt werden können, mit Bädern u. Schwimmschule, Findelhaus (seit 1346), Säuglingsbewahranstalt, 6 Kinderbewahranstalten, 2 Waisenhäuser für Knaben u. für Mädchen, Instituto delle Zitelle auf der Insel Giudecca für Töchter verarmter Familien, Pio Luogo delle Cà di Dio zur Aufnahme verarmter Familien, Versorgungshaus (seit 1517) mit 20 von ihm abhängigen Hospizen, Casa d' Industrie (eine Arbeitsschule), Casa delle Penitente für gefallene Mädchen, Versatzamt. Es gibt Fabriken in Gold- u. Silberwaaren, 2 Seidenfabriken, 2 Filatojen, bedeutende Glasfabriken, Steingutfabrik, Gerbereien, 10 Lederfabriken, Fabriken von Tuch, Wachswaaren (Masken), Seife, chemischen Waaren, Wermuthtinctur, Cremor Tartari, Dampfmahlmühle, Asphaltfabrik von Rothschild auf la Giudecca, Fischerei, Bäder u. Schwimmschule etc., viele Buchhandlungen u. lithographische Anstalten. V. ist seit 1829 Freihafen u. durch die große Brücke über die Lagunen (s.oben)mit der Lombardisch-Venetianischen Eisenbahn verbunden, Dampfschiffe gehen täglich nach Triest u. Chioggia; zur Förderung des Handels ist 1853 die Anstalt Stabilimento mercantile gegründet. Über die Handelsbewegung im Hafen von V. s. oben S. 404. Als Spaziergänge dienen die oben genannten Giardini pubblici; andere schöne Gärten sind der Giardino Papadopoli u. der Botanische Garten. Der Sammelplatz der venetianischen vornehmen u. geringen Welt ist indeß der Marcusplatz, bes. im Sommer nach Sonnenuntergang, wo Alles dahin eilt, um bei den Klängen der Militärmusik frische Luft u. Sorbetto zu genießen. Noch nach Mitternacht nach der Beendigung des Theaters, wo die Nobili selbst in ihren Logen Besuche empfangen, pflegt man in Gesellschaften zu gehen. Eine allgemeine Sitte ist es daher auch am Morgen spät aufzustehen. Besondere Festlichkeiten außer dem Carneval sind die Regatten (Gondelwettfahrten) auf dem Canale grande; die Frescos (Spazierfahrten) ebendaselbst mit Musik, Fackeln u. bunten Laternen; die Illumination der Merceria; die Ausfahrten nach dem Lido an den Montagen im September; ferner im Juli die Feier der Acquisition Paduas in S. Marina, die Feier der Befreiung von der Pest 1576 in der Giudecca[409] u. das Fest von S. Marta mit Gondelfahrten. Das Leben in V. ist theuer; die gewöhnlichen Gerichte sind Reis, Parmesankäse, Maccaroni, Gemüse mit Öl u. Essig, Austern u. Fische; das Trinkwasser ist schlecht. Der Sitz des Proletariats ist die Judenstadt (Ghetto) am Canale di Mestre. Das Klima u. die Luft von V. ist gesund, nur auf den bewohnten Laguneninseln herrschen im Sommer Fieber; die mittlere Jahrestemperatur der Stadt ist 10,88° R., die mittlere Temperatur im Winter +4,32° R., im Sommer +15,60° R. Eine große Plage sind im Sommer u. Herbst die unzähligen Mucken. V. zählte Ende 1857:118,172 Einwohner (darunter sehr viele Bettler); im 15. Jahrh. auf dem Höhepunkt seiner Macht hatte es über 200,000, zu Ende des 18. Jahrh., als die Republik aufgehoben wurde, 96,000 Ew. Über die in der Nähe von V. in den Lagunen liegenden Inseln u. Ortschaften Burano, Murano, S. Lazzaro, Malamocco u. Chioggia s.u. diesen. Vgl. (I. Chr. Majer), Beschreibung von V., 1787–89, 3 Thle.; 2. Aufl. Lpz. 1795–96, 4 Thle. (der 4. Thl. auch als: Denkwürdigkeiten aus der Staatsverfassung der Republik V., aus dem Französischen etc., Lpz. 1796); Erdbeschreibung des Freistaats von V., aus dem Italienischen, Memm. 1792; Fr. L. G. von Raumer, Herbstreise nach V., Berl. 1816, 2 Thle.; H. I. Jäck, V., Weim. 1823; G. von Martens, Reise nach V., Ulm 1824, 2 Thle.; W. von Lüdemann, W. wie es war u. wie es ist, Dresd. 1828; A. von Binzer, V. im Jahre 1844, esth 1845; Jules Lecomte, Venice, Par. 1845; Venizia e le sue lagune, Vened. 1847, 3 Bde. (für den wissenschaftlichen Congreß veranstaltetes Prachtwerk); A. Quadri, Otto giorni in Venezia, Vened. 1853; Aus V. vom Verfasser des Naemann, Basel 1853f., 2 Bde.; E. Lundy, Soggiorne in V., Vened. 1854, 2 Bde.; V., historisch-topographisch-artistisches Reisehandbuch, herausgeg. vom Österreichischen Lloyd, Triest 1854; F. Zanotto, Nuovissima guida di V., Vened. 1856; M. Müller, Lichtbilder, aufgenommen auf einer Sommerreise nach V., 2. Aufl. Stuttg. 1857; A. Müller, V-s Kunstschätze u. historische Erinnerungen, Vened. 1857; Venise, Guide, Triest 1861; Taussig, V. als Curort, Ven. 1853, 2. Aufl.
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