1. Af a Lug ghead a Wadschn. (Steiermark.) – Firmenich, II, 766, 61.
2. Alle Lügen ersticken in der Wiegen.
Lat.: Mendacium non senescit. (Binder I, 1833; Schreger, 12.)
[252] 3. Alle Lügen sind krumm, grad' ist keine, wie die Schlange auch. – Sailer, 336.
Luther sagt: »Alle Lügen seyen krumb, keine grad, wie die Schlange auch, die seyn immer schlecht, aussgenommen, wann sie todt seynd.« (Zinkgref, I, 207.)
4. An der ersten Lüge ist noch niemand gestorben.
5. An liegen gewint man nicht, dann dass man jnen zunächst dester weniger glaubt. – Franck, II, 74a, Simrock, 6675.
6. Auf eine grobe Lüge gehört eine grobe Ohrfeige. – Simrock, 6632; Reinsberg III, 59.
7. Auf eine Lüge gehört eine Fliege (Maulschelle, Maultasche, Ohrfeige). – Franck, I, 90; Petri, III, 1; Ramann, Unterr., 14; Eisenhart, 200; Körte, 3961; Pistor., VI, 81; Meisner, 112; Mayer, II, 41; Eiselein, 455; Simrock, 6629; Braun, I, 2408; Parömiakon, 534 u. 2678; Reinsberg III, 59.
Dän.: Paa en løgn hør en mund-dask. (Prov. dan., 395.)
Frz.: Un démenti vaut un soufflet. (Venedey, 138.)
Holl.: Op eene leugen behoort een kinnebakslag. (Harrebomée, II, 18.)
8. Auf grobe Lüge derbe Wahrheit.
9. Auf solche Lügen gehört ein guter Kyem1. – Frischbier2, 2475.
1) Kyem: wie Frischbier nach Nestler bemerkt, also in dem Sinne von Lunge. Aber warum auf eine Lüge ein guter Kyem?
10. Auff ain lugen gehört kain antwort, sonder ain Backenstraich. – Agricola II, 56.
Holl.: Op eene openbare leugen zal men niet antwoorden. (Harrebomée, II, 18.)
11. Auff ein lugen gehort ein backenschlag. – Agricola I, 424; Henisch, 172, 19; Gruter, I, 24; Lehmann, II, 30, 46; Eiselein, 436; Sailer, 142.
12. Besser eine Lüge die heilt, als eine Wahrheit, die verwundet.
»Der Arzt, der weiss, wie oft das Gift den Krankheitsstoff am besten trifft; so wird die Lüge oft allein die best' und einzige Wahrheit sein.« (Glassbrenner, Reineke Fuchs, Leipzig 1846, S. 11.)
Böhm.: Lepší lež ke spáse, neżli pravda k záhubĕ. (Čelakovský, 66.)
Frz.: Bon fait mentir pour paix avoir. (Leroux, II, 184.)
Holl.: Eene leugen om best wil is geene zonde (oder: schaad niet). (Harrebomée, II, 18.)
13. Den Lügen muss man ein Färblein anstreichen.
Eine Gestalt geben; man gibt ihnen gewöhnlich die der Wahrheit.
14. Der logen wert wol radt, men hode sik vor der dath. – Ebstorf, 31.
15. Der Lüge Mantel ist durchsichtig.
Sie veräth sich selbst.
Böhm.: Klamy jak šidla v mĕchu nedlouho se utají. – Podvod a klam zradí se sam. (Čelakovský, 41.)
Poln.: Kłamstwo jak szydło w worze nie długo się zataji. (Čelakovský, 41.)
16. Der Lügen deck ist ein garn. – Lehmann, 494, 46.
17. Die erste Lüge und die erste Million sind die schwersten.
Die Russen: Die erste Lüge kostet mehr als die folgenden zehn. (Altmann VI, 453.)
18. Die gröbsten Lügen sind die besten.
Frz.: Ce sont les pires bourdes que les vrayes. (Leroux, II, 191.)
19. Die lüg darff gelerter, die warheyt einfeltiger leut. – Franck, II, 101b; Gruter, I, 21; Eyering, I, 708; Petri, II, 137; Körte, 3950 u. 4980; Eiselein, 436; Simrock, 6643; Sailer, 164.
Mhd.: Liegen daz wil haben list. (Ring.) (Zingerle, 96.)
Dän.: Løgen behøver klogskab, men sandhed eenfoldighed. (Prov. dan., 394.)
20. Die lug ist allzeit gedrehet. – Henisch, 741, 23; Petri, II, 137.
21. Die Lüg ist wie ein Schneeball; je lenger man jhn walzet, je grösser er wird, vnd je hefftiger die Sonne scheint, je ehe er zerschmelzt. – Petri, II, 137; Sailer, 338.
22. Die Lug krümmet sich wie eine Schlange. – Henisch, 1504, 31; Petri, II, 138.
»Sie gehe oder stehe, so ist sie nimmer gerade.«
23. Die Lüge beschämt sich selbst. – Graf, 453, 441.
Ueber kurz oder lang kommt die Wahrheit an den Tag.
Altfries.: Dyo leyna schamet her selm. (Hettema, XIII, 36, 88.)
[253] 24. Die Lüge braucht Gedächtniss, aber sie hat keine Füsse.
25. Die Lüge bringt sich selber um.
Holl.: De leugen is haar eigen regter. (Harrebomée, II, 17.)
26. Die Lüge der Bauern ist Sünd' und Schimpf; der Herren Lüge ein lützel Unglimpf.
»Du sollst es ja ein wenig färben und nicht mit Eichenrinde gerben; mit Lindensaft etwa schmieren, und etliche Dinge auch glossiren.« (Brandt.)
27. Die Lüge geht auf schwachen Beinen.
Bei den Ungarn hat die Lüge gar nur halbe Beine. (Reinsberg III, 130.)
Holl.: De leugen staat maar op één been; ga, breek haar dat, zoo heeft ze er geen. (Harrebomée, II, 17.)
28. Die Lüge geht, die Wahrheit besteht.
29. Die Lüge hängt aneinander wie rühriger Sand, man kann ihn nicht ballen. – Sailer, 164; Eiselein, 436.
Lat.: Arena sine calce.
30. Die Lüge hat ein Bein zum Gehen, die Wahrheit zwei zum Stehen. (Böhm.)
31. Die Lüge hat einen glatten (schlüpfrigen) Boden.
Böhm.: Lež má plitké dno. (Čelakovský, 66.)
32. Die Lüge ist eine Brücke zum Meineid.
33. Die Lüge ist eine Tochter des Teufels und redet ihres Vaters Sprache.
Dän.: Hun veed eet, og taler andet. – Løgn er dievelens daatter, og taler sin faders maal. (Prov. dan., 395.)
Frz.: Les menteurs sont enfants du diable. (Leroux, I, 142.)
34. Die Lüge ist gedruckt, drum ist sie so geschmuckt.
35. Die Lüge ist so alt als die Welt.
Böhm.: Nepravda se svĕtem se počala, se svĕtem i skoná. (Čelakovský, 67.)
36. Die Lüge mag noch so geschwind sein, die Wahrheit holt sie ein. – Winckler, XIII, 24.
37. Die lügen bestehet, wie ein schatten an der wandt. – Lehmann, 492, 32.
38. Die Lügen haben lange Beine, heut' an der Donau, morgen am Rheine.
Holl.: De leugen heeft lange beenen, zij komt gaauw rond. (Harrebomée, II, 17.)
39. Die lügen hat kurtze Füss vnnd kurtze Flügel. – Lehmann, 493, 30.
Böhm.: Lež (lhář) má krátké nohy, daleko neujde. – Ve lži stálosti není. (Čelakovský, 66.)
Kroat.: U laži su kratke noge.
40. Die lügen ist die best, die erst aus der Schmitt kompt. – Lehmann, 493, 29.
41. Die Lügen ist schnell, aber die warheit erlaufft sie wol. – Lehmann, 863, 10; Reinsberg III, 530.
Holl.: Als is de leugen nog zoo snel, de waarheid achterhaalt haar wel. ( Harrebomée, II, 17.)
It.: Benchè la bugia sia veloce, la verità la raggiunge. (Gaal, 1117; Pazzaglia, 36, 38.)
42. Die Lugen kommen mit krummen Füssen durch das gantze Land. – Sutor, 480.
Mhd.: Man vert mit lügen durch daz lant, her wider niht, wirt man bekant. (Freidank.) (Zingerle, 95.)
43. Die Lugen seynd gleich den Schneeballen; je weiter man sie waltzet, je grösser werden sie, aber endlich werdens zu Wasser. – Sutor, 482; Zinkgref, I, 211.
Lat.: Augentur, ut nivis globus, mendacia. (Chaos, 552.)
44. Die Lugen sind mit weissen Feden genähet. – Närrin, II.
Man erkennt sie bald.
45. Die Lügen steht auff jhr selbst, die Wahrheit auff Gott vnd ist sicher. – Petri, II, 137.
Sicher, sobald sie im Gefängniss ist und schweigt.
46. Die Lügen wachsen im Gehen.
47. Die starklose Lüge erwirbet jhre Schande an der Warheit. – Schottel, 1118b.
48. Durch Lüg' und List manch' Ehe gestiftet ist.
Dän.: Ved løgn og list giøres mangt et giftermaal. (Prov. dan., 395.)
49. Ehe man andern eine Lüge aufheftet, hat man sich selber schon zehnmal belogen.
50. Ein lug bedarff wol zehen dicht, biss sie eine warheit nur gleich sicht. – Henisch, 230, 44.
[254] 51. Ein lugen bedarff siben lugen. – Henisch, 749, 21.
Die Russen: Eine Lüge – sieben Lügen, sieben Lügen – siebzig Lügen. (Altmann VI, 398.)
52. Ein Lügen ist rühmenswerth, die etwas zum Besten kehrt. – Fischart, Ehez., in Kloster, VIII.
53. Ein Lügen ist wie ein Schneeballen, je mehr man den weltzt, je grösser er würd. – Lehmann, 493, 54.
54. Ein Lügen muss man mit sieben andern Lügen schmücken. – Petri, II, 212.
55. Ein lügen sihet offt der Warheit so gleich als ein Storck vnnd störckin. – Lehmann, 495, 66.
56. Ein offenbar lügen ist kein antwort werd. – Franck, II, 81a; Gruter, I, 27; Petri, II, 218; Lehmann, 56, 91; Schottel, 1127b; Luther's Ms., S. 3; Brandenb. Schulbl., XXVI, 654.
Dän.: Løgn døder sig vel selv. (Prov. dan., 395.)
It.: Una bugia aperta non merita risposta. (Pazzaglia, 395.)
57. Eine grosse Lüge ist so bald gesagt wie eine kleine.
58. Eine gut gefärbte Lüge gilt für Wahrheit (oder: sieht wie Wahrheit aus).
Schwed.: Förgat lögn är sanning lik. (Grubb, 230.)
59. Eine gute Lüge findet mehr Glauben als eine schlimme Wahrheit.
Die Osmanen sagen: Manche Lügen sind besser als die Wahrheit. (Schlechta, 487.)
60. Eine gute Lüge geht durch den längsten Bart.
61. Eine Lüge gebiert zehn andere.
Holl.: Eene leugen brengt tien (honderd) andere mede (voort). (Harrebomée, II, 18.)
Lat.: Fallacia alia aliam trudit. (Terenz.) (Binder II, 1080.)
62. Eine Lüge ist bald fertig.
Böhm.: Chudý človĕk, hotevá lež. (Čelakovský, 68.)
63. Eine Lüge ist so bald gered't als eine Wahrheit.
Lat.: Miscentur veris passim commenta. (Philippi, II, 251.)
64. Eine Lüge kann nie genug haben.
Nämlich Decklügen.
65. Eine Lüge will zehn andere zum Futter haben, wenn sie nicht sterben soll. – Reinsberg III, 130.
66. Eine Lüge wird Wahrheit, wenn man sie glaubt.
67. Eine Lüge wird wohl vergeben, aber nicht vergessen.
68. Eine Lüge zeucht zehen nach sich. – Schottel, 1132a; Reinsberg III, 130.
It.: Una bugia ne tira dieci. (Bohn II, 129.)
69. Eine Lüge zum besten ist keine Sünde.
70. Eine lügen biet (reicht) der andern die Hand. – Lehmann, 494, 58.
Schwed.: En lögn räcker den andra handen. (Grubb, 193.)
71. Eine lügen muss noch andere sieben haben, damit man sie füttern kann, sonst hat sie weder Händ noch Füss. – Lehmann, 491, 5.
72. Eine lügen schleppt zehn andere nach sich. – Gaal, 1116; Simrock, 6640.
Lat.: Mendacio fucum addere oportet.
73. Einer Lüge muss man so genau ins Maul sehen, wie im Rosskauf geschieht.
74. Einer lügen gebürt ein backenschlag (Maulstreych). – Egenolff, 200a; Eyering, II, 54.
»Was wolten aber vnsere alten Deutschen sagen, wenn sie itzund auffstunden vnd sehen, wie hohe vnd nidere stende mit falscherei, liegen vnd triegen behafft seindt!« (Egenolff a.a.O. nach Agricola I, 84.)
75. En îrlich Lije schuot näst. – Schuster, 975.
76. Es gehen viel Lügen in einen Sack. – Simrock, 6669a.
77. Es giebt viel Lügen auffm Spiel. – Petri, II, 249.
78. Es ist besser eine Lügen als eine böse Warheit zu reden. – Lehmann, II, 326, 5.
79. Es ist eitel lugen vnd mord, was der Teuffel thut. – Henisch, 868, 14.
Lat.: Diaboli opera sunt mendacia et homicidia. (Henisch, 868, 15.)
80. Es ist kein Lügen so gross, man findet Leute, die jhr glauben. – Petri, II, 268.
81. Es ist keine Lüg' so stark, es gibt ein Maul, dem schmeckt der Quark.
Lat.: Nullum tam impudens mendacium est, ut teste careat. (Seybold, 393.)
[255] 82. Es ist keine Lüge, oder sie hat einen Boden. – Simrock, 6692.
Man kommt ihr auf den Grund.
Holl.: Geene leugen zonder likteeken. (Harrebomée, II, 18.)
83. Es ist keine Lüge, sie findet ihr Mäntelein.
Schwed.: Lögnen tryter aldrig mantel. (Wensell, 51.)
84. Es kan einer der Lügen besser ein farb anstreichen als der ander. (S. ⇒ Stelzen.) – Lehmann, 494, 52.
85. Es läuft keine Lüge so schnell, die Wahrheit holt sie ein.
Die Russen: Die Lüge läuft zwar schneller aus als die Wahrheit, die Wahrheit kommt aber eher ans Ziel. (Altmann VI, 469.)
86. Gedruckte Lügen am schwersten wiegen. – Willkomm, 35.
87. Gedultet man das Lügen, so lehrnen sie auch das Stehlen. – Sutor, 531.
88. Ist die Lüg' auch noch so schön, sie kann als (vor) Wahrheit nicht bestehn.
Böhm.: I pčknĕ lhátiiest hřích. (Čelakovský, 68.)
89. Je grösser die Lüge, je schöner der Mantel.
90. Je grösser die Lügen, je mehr sie sich schmiegen. – Sprichwörtergarten, 444.
91. Je mehr der Lügen, je mehr anhenger. – Petri, II, 395.
92. Jede Lüge will zehn andere zum Futter haben, wenn sie nicht sterben soll. – Eiselein, 431; Simrock, 6638.
Böhm.: Lží se nevylžeš. (Čelakovský, 66.)
93. Kein Lügen wehret biss ins Alter. – Lehmann, II, 325, 3.
94. Kostete jede Lüg' ein Pfund, man löge nicht zu aller Stund'. – Körte, 3967; Sailer, 72; Petri, II, 425.
Die Russen: Wenn jede Lüge einen Rubel kostete, es würde viel naschhafte Leute geben. (Altmann VI, 500.)
95. Lögen en der Nuth gonn (gehen) fufzig op e Luth. (Köln.) – Weyden, III, 9.
96. Lögen hebbt korte Bêne (Foite). – Schambach, II, 284; Eichwald, 1199; Hauskalender, I.
It.: Bugie hanno corte le gambe. (Bohn II, 75.)
97. Lüg ist ein Schandfleck am Menschen.
Holl.: Als er de leugen is ten end, zoo is uw goede naam geschend. (Harrebomée, II, 17.)
98. Lüg' und Betrug sind der Welt Wagen und Pflug.
»Nur wenige mögen sich gestehen, wie tief in unsere Verhältnisse die Lüge eingedrungen ist.« (Freihafen, Augsburg 1842.)
Holl.: Leugen en bedrog en lagen zijn des werlds ploeg en wagen. (Harrebomée, II, 18.)
99. Lüge hat keinen Bestand, sie muss allzeit wider sich selbst reden. – Petri, II, 442.
»Was ist geticht, das bestehet nicht.«
Lat.: Praestat vera dicendo vinci, quam mentiendo superare. (Lehmann, 494, 49.)
100. Lüge heisst's bei andern und Ausflucht bei uns selbst.
101. Lüge hinkt auf einem Bein, Wahrheit steht auf zwei'n.
»Die warheit ist bestendig, lest sich nit verwirren, steht allezeit fest auff zwei beinen, auff einem bein die lügen hinkt.« (Waldis, III, 24, 31.)
102. Lüge ist allzeit siech vnd darff viel flickens vnd glosierens. – Petri, II, 442.
103. Lüge ist des Betrugs Mutter.
It.: La bugia è madre dell' inganno. (Pazzaglia, 30.)
104. Lüge ist die erste Staffel zum Galgen. – Simrock, 6661.
105. Lüge ist eine gewaltige (reiche) Keyserinn in der Welt. – Petri, II, 442.
»So eine gewaltige (reiche) Kaiserinn ist die Lügen oder falsche Lehre in der Welt.« (Luther's Werke, 101a.)
106. Lüge und Traum ist eitel Schaum.
Schwed.: Lögn spinnes ofta utan ten. (Wensell, 51.)
107. Lüge und Untreu ist alle Morgen neu.
Schwed.: Lögn och Sqvaller är hwar morgon nytt. (Grubb, 758.)
108. Lüge und Wahrheit sind oft Nachbarn.
Lat.: Mista cum veris passim commenta vagantur. (Ovid.) (Binder I, 993; II, 1874.)
[256] 109. Lüge vergeht, Wahrheit besteht.
110. Lügen Aufzug und Lügen Einschlag.
Lat.: Cito se produnt mendacia. (Gaal, 1117.)
111. Lügen bezahlen keinen Zoll. – Winckler, XIII, 84.
»Geb man mir von der lugen zol, so wolt ich mich behelffen wol.« (Murner, Nb., 55, in Kloster, IV, 782.)
Dän.: Man giver ingen told af løgn: derfor er landet fuld deraf. (Prov. dan., 395.)
112. Lugen dempffen keinen. – Henisch, 674, 18.
113. Lügen erreichen kein hohes Alter.
114. Lügen fleugt nicht, biss die Wahrheit kommt.
»Lügen ist gar gern im Finstern und Abwesenheit der Wahrheit.« (Luther's Werke, III, 479b.)
115. Lügen geben keine Brocken in die Suppe.
Frz.: On ne peut mie auques (beaucoup) avoir pour mentir auques. (Leroux, II, 274.)
Stelzengang ist unsicherer Gang.
117. Lügen haben keine (kurze) Beine (Fersen, Füsse, Spur). – Hollenberg, I, 22; Schottel, 1117b; Müller, 35, 1; Bücking, 278; Gaal, 1117; Günther, 77; Winckler, X, 45; XVII, 78; Eiselein, 437; Simrock, 6637; Körte, 3960 u. 4981; Reinsberg III, 190; Braun, I, 2407; für Holstein: Schütze, I, 80; für Rastede: Firmenich, III, 27, 51; für Strelitz: Firmenich, III, 74, 140; für Ostfriesland: Bueren, 802.
Man wird bald damit entdeckt.
Dän.: Løgn haver et kort been. – Løgn haver ingen been. (Prov. dan., 395 u. 490.)
Holl.: De leugen heeft geene voeten. – De leugen heeft korte beenen, de waarheid achterhaalt ze. (Harrebomée, II, 17.)
It.: La bugia ha le gambe corte. – Le bugie hanno corte, e tristi gambe. (Gaal, 1117; Pazzaglia, 36, 8.) – Non può la falsità star sempre occulta. (Masson, 237.)
Lat.: Cito se produnt mendacia. (Gaal, 1117.) – Nullum mendacium veterascit. (Eiselein, 437.)
Port.: Curtas tem as pernas a mentira. (Bohn II, 273.)
Schwed.: Lögn haar ett kort been, hon springer snart om. (Grubb, 493.)
Slow.: Laži ma kratká noge.
Span.: La mentira no tiene piés. (Masson, 237.)
Ung.: Csak fél lába vagyon a' hazugságnak. (Gaal, 1117.)
118. Lugen haben kleine (schmale) Beine. – Henisch, 262, 2; Petri, II, 442.
In Aegypten sagt man: Das Leben des Lügners ilt kurz. (Burckhardt, 423.) Die Unwahrheit kommt bald an den Tag.
119. Lügen hängen zusammen wie Sand, man kann ihn nicht ballen. – Simrock, 6635; Reinsberg III, 130.
Schwed.: Lögn låter intet limma sig. (Grubb, 495.)
120. Lügen hören ist allgemein, Gespenster sehen ist seltener.
121. Lügen in allen Formaten ist eine grosse Bibliothek. – Eiselein, 437; Simrock, 6666; Braun, I, 2421.
122. Lügen ist allzeit krumb, sie liege, gehe oder stehe. – Lehmann, 493, 28.
123. Lügen ist so gut als warheit, wenn sie nutzen schafft. – Lehmann, 493, 37.
124. Lügen kommen keck herfür und gehen bis zu Kaisers Thür.
Mhd.: Liegen triegen dringent für ze bâbstes und ze keisers tür. (Freidank.) – Lüg kumt an bâbestes tür, lüg wont ouch schoenen vrouwen bî, man treit ouch lüge den vürsten vür. (Marner.) – Boese lügenaere die dringent leider allez für: die getriwen blibent vor der tür. (Reinhart.) (Zingerle, 987.)
125. Lügen kurtze Füsse han, fallen bald vmb, Warheit hehelt den Plan. – Petri, II, 846.
126. Lügen, Latein und bös Geld gehen durch die ganze Welt.
Dän.: Løgn og Latin gaaer verden omkring. (Prov. dan., 395.)
127. Lügen mit und ohne Bart kommen nur von böser Art.
Mhd.: Ez hât diu werlt vür eine lüge, daz iemer unart garten müge. (Tristan.) (Zingerle, 152.)
128. Lügen ohne Noth bringt in grosse Noth.
Holl.: Leugen zonder nood brengt de ziel ter dood. (Harrebomée, II, 18.)
129. Lügen schleiffen ist kein schandt, einen lugen straffen ist ein vbelstandt. – Lehmann, 492, 18.
130. Lügen sind der Krämer Wagen und Pflug.
Holl.: Eene leugen is koopmans welvaart. (Harrebomée, II, 18.)
131. Lügen sind des Teufels Wahrheiten.
[257] 132. Lügen sind kein Dauerobst.
Dän.: Ingen løgn naaer alderdom. (Prov. dan., 395.)
Ung.: Nem állandó a' hazugság. (Gaal, 1118.)
133. Lügen sind schnell, aber die Wahrheit fasst sie doch noch beim Zopf.
It.: Benchè la bugia sia veloce, la verità l'arriva. (Bohn II, 75; Pazzaglia, 38, 13.) – La bugia è veloce, ma la verità l'incalza. (Pazzaglia, 403, 12.)
134. Lügen sind wie Schneeballen; je weiter man sie wälzt, je grösser werden sie; aber endlich werden sie zu Wasser. – Einfälle, 289; Eiselein, 436.
Das Wort ist wol aus Luther's Tischreden entlehnt, wo es sich Kap. 32: Von der Sophisterey, Bl. 320a, findet.
Holl.: Eene leugen groeit aan als een sneeuwbal. (Harrebomée, II, 18.)
135. Lügen sind zollfrei.
Holl.: Eene leugen betaalt geen tol. (Harrebomée, II, 18.)
Lat.: Crescit eunda.
136. Lügen sterben bald an der Auszehrung.
Lat.: Opinionum commenta delet dies. (Philippi, II, 53.)
137. Lügen und Lavinen wachsen immer. – Simrock, 6672.
138. Lügen und Pferden, die man kauft, muss man ins Maul sehen.
Dän.: Man skal som i heste kiøb, skue løgn vel i munden. (Prov. dan., 395.)
139. Lügen und Schneebälle (Gerüchte) vergrössern sich stets. – Gaal, 1116; Reinsberg III, 130.
Dän.: Løgn er snee-bolden, øges snart. (Prov. dan., 395.)
Engl.: A story never loses by carrying. (Gaal, 1116.)
Holl.: Eene leugen en eene wasch verminderen nooit. – Eene leugen gelijkt eene waschtobbe, er wordt altijd wat bijgedaan. (Harrebomée, II, 18.)
Schwed.: Lögnen och snöballen förstoras snart. (Wensell, 51.)
140. Lügen und Schlangen winden sich.
»Lügen ist allzeit gedrehet und krümmet sich wie eine Schlange; sie ist nimmer grade, sie gehe oder stehe, sondern allein, wenn sie tod ist, da sie gerade und auffrichtig.« (Luther's Tischr., Kap. 32, Bl. 320a.)
141. Lügen verrathen sich schnell.
142. Lugen vnd list manchen beraubt der ehr, die er nicht wieder gewinnet mehr. – Henisch, 816, 34.
143. Lügen vnd mord stallen gemeinlich beyeinander. – Fischer, Psalter, 110, 2.
144. Lügen vnd vntrew zertrennen die Herzen vnd Händ. – Lehmann, 494, 59.
145. Lügen wird ein warheit, so man sie für wahr glaubt. – Lehmann, 491, 8.
146. Lügen zerschmelzen wie Schnee. – Gaal, 1118; Simrock, 6636; Reinsberg III, 130.
Lat.: Mendacium non veterascit. (Gaal, 1118; Philippi, II, 53.)
Ung.: Nem állando a' hazugság. (Gaal, 1118.)
147. Man braucht sieben Lügen, um eine zu bestätigen.
»Die Teutschen sagen wohl: Eine Lügen zu beschönen, dazu gehören noch sieben andere Lügen, alsdann ist es keine Lügen.« (Zinkgref, III, 307.)
148. Man darff keiner lugen dazu, das man das gebot helt. – Henisch, 1393, 12.
149. Man darff zehen Lügen, biss man einer helff. – Petri, II, 444.
150. Man fahrt mit Lugen durch das Land, aber hernach lohnt sie mit Schand. – Chaos, 554.
Lat.: Diu latere non queunt mendacia. (Chaos, 554.)
151. Man fehrt mit Lügen durch das Land, herwider wird sie oft zu Schand. – Petri, II, 445.
152. Man mag der Lüge ein noch so schön Mäntlein umhängen, das hässliche Gesicht guckt doch herfür.
Holl.: Als de leugen schoon bekleed, nogtans doet zij haar' meester leed. (Harrebomée, II, 17.)
153. Man muss keiner1 lügen so genaw ins Maul sehen, wie im Rosskauff geschieht. – Lehmann, 494, 54.
1) Wenn dies bei Lehmann nicht Druckfehler ist und »einer« heissen soll; so steht diese Ansicht im geraden Widerspruch mit der in Nr. 73.
154. Man muss keiner Lügen zu genau ins Maul sehen.
155. Man muss sich keine Lüge auf den Aermel binden lassen.
Holl.: Men moet zich geene leugens op de mouw laten spelden. (Harrebomée, II, 18.)
[258] 156. Man redt sobald ein Lug als die Warheit. – Sutor, 477.
Lat.: Mistaque cum veris passim commenta vagantur. (Sutor, 477; Seybold, 309.)
157. Man sag eben so mehr ein gross Lügen als ein klein. – Gruter, III, 66; Lehmann, II, 409, 29.
Lat.: Calidum et strenuum mendacium esse oportet. (Seybold, 62.)
158. Man sol kein lüg von eins worts willen verschnitzlen (oder verderben). – Franck, II, 131a; Lehmann, 494, 53; Lehmann, II, 404, 59.
159. Manche Lügen sind Lichtschirme der Wahrheit.
160. Mancher kunte offt in seinen Lugen baden. – Sutor, 479.
Lat.: Carnibus interdum pascitur ipse suis lingua. (Sutor, 479.)
161. Mit der Lüge findet man sein Fortkommen, aber das Wiederkommen ist schwer.
Böhm.: Lží ač svĕt projdeš, ale nazpĕt se nevrátíš. (Čelakovský, 66.)
162. Mit einer Lüge lockt man oft die Wahrheit heraus.
»Ein Glück, das wir der Lüge verdanken, ist kein wahres Glück.« (H. Heine, Reisebilder, II, 8.)
Span.: Dí mentira, y sacarás verdad. (Bohn II, 214.)
163. Mit liegen betreugt einer sich selbst, nicht den artzten. – Henisch, 352, 9; Petri, II, 478.
164. Mit Lügen betreugstu den Artzt nicht, sondern dich selber. – Mathesy, 284b.
165. Mit Lügen und Listen füllt man Sack und Kisten. – Simrock, 6670; Braun, I, 2932.
166. Mit lügen vnd triegen erlangt man mehr als mit Warheit vnnd recht. – Lehmann, 493, 36.
167. Nähm' jede Lüge einen Zahn, so würde mancher zahnlos gahn.
Dän.: Skulde hver løgn støde en tand ud, da var mangen seen tandløs. (Prov. dan., 395.)
168. Offentliche lüg ist keiner antwort werd. – Franck, II, 192b; Luther, 155 u. 313; Körte, 3962.
Holl.: Eene openbare leugen, hoe wil men die straffen? (Harrebomée, II, 18.)
169. Ohne Lüge kein Kram (Markt).
Böhm.: Lží svĕt žive. (Čelakovský, 67.)
170. Sag' eine Lüge, so hörst du eine Wahrheit. – Simrock, 6664; Körte, 3963; Braun, I, 2410.
»Mit dem Köder der Lügen fängt man leicht den Karpfen der Wahrheit.«
Engl.: Tell a lie and find the truth. (Bohn II, 55.)
171. Schöne Lügen müssen aus der Ferne fliegen.
Engl.: Old men and far travellers may lie by authority.
Ung.: A' messzünnen jöttek néha sokat hazudnak.
172. Sei die Lüge noch so schön, vor der Wahrheit kann sie nicht bestehn.
Holl.: Hoe schoon men leugens moog' verzinnen, de waarheid zal haar overwinnen. (Harrebomée, II, 18.)
173. Üüb Lânjen lêt ham nian Kual köge. (Amrum.) – Haupt, VIII, 352, 21.
Auf Lügen lässt sich kein Kohl kochen.
174. Von einer Lüge schwillt das Zahnfleisch nicht. – Fischart.
175. Von einer Lüge stirbt man nicht.
Böhm.: Ze lži lidé neumírají, jen že potom více víry nemají. (Čelakovský, 66.)
176. Von Lügen gibt man keinen Zoll, drum ist das Land an Lügen voll.
177. Vor Lügen gut ein eisern Hut.
178. Wann einer auf ein jede Lug pfeiffen sollte, müsste er jederzeit ein spitzig Maul machen. – Chaos, 561.
179. Wann Lugen Brodt wurden, brauchte man kein Bäcker. – Sutor, 478.
180. Waren Lügen Latein, so würden viel gelehrte Leute sein.
Dän.: Var løgn Latin, de vare mange lærde folk. (Bohn II, 403; Prov. dan., 395.)
181. Warme Lügen kommen der Wahrheit am nächsten.
Lat.: Calidum mendacium optimum. (Philippi, I, 69.)
182. Was mit Lügen beginnt, hört mit Betrügen auf. – Körte, 3965.
183. Wem die Lüg' eine Wund' geschlagen, der muss ein Wahrheitspflaster tragen.
Dän.: Giør andres løgn dig en vunde, lad din sandhed vaere dit plaster. (Prov. dan., 491.)
[259] 184. Wenn alle Lügen lemeten, so were mancher hincken. – Petri, II, 628.
185. Wenn auf jede Lüge eine Maultasche käme, so hätte ein Ladendiener in acht Tagen keinen Zahn mehr. – Parömiakon, 2468.
»Wenn bei den alten Deutschen einer den andern beleidigt hatte, so wurde er zum Widerrufe genöthigt; er musste sich auf das Lügenmaul schlagen und sprechen: ›Mund, da du solches sagtest, logest du‹, und nach Befinden rückwärts aus dem Saale gehen.« (Strafen der Vorzeit u.s.w., in der Gartenlaube, 1856, Nr. 23 u. 34.)
186. Wenn die erste Lüge heraus will, so beisse die Zähne fest zusammen.
187. Wenn die Lüge erkaltet, so stinkt sie. – Eiselein, 435; Simrock, 6670; Braun, I, 2409.
188. Wenn die Lüge warm wird, riecht sie.
189. Wenn eine Lüge zwei Tage im Lande dauert, so bringt sie dem Feinde oft grossen Nutzen.
190. Wenn Lüg' und Betrug sich freien, muss der Teufel bald Gevatter stehen.
Die Russen: Wenn der Lügner die Diebin freit, wird der Mörder geboren. (Altmann VI, 509.)
191. Wenn man den Sumpf der Lüge noch so sehr vergoldet, der Schlamm wird doch durch blicken. (Aegypt.)
192. Wenn mancher auf jede Lug ein Maultaschen müsste ausstehen, wurden sein Backen immerdar geschwollen sein. – Chaos, 561.
193. Wenn seine erste Lüge ein Füllen gewesen wäre, so wären die Pferde nicht so theuer. – Birlinger, 157.
Im Niederdeutschen: Wier sin ierscht Lö'n Föll'n west, wier'n de Pier billig. (Schlingmann, 949.)
194. Wer Lügen halber verdächtig ist, dess Wahrheit wird nicht angenommen.
195. Wer der Lüge zeiht, verdient (bekommt) etwas aufs Kleid.
Frz.: Un démenti vaut un soufflet.
196. Wer umgeht mit Lügen, schamt sich nit, jeden zu betrügen. – Chaos, 556.
197. Wer von der Lüge scheidet, der nähert sich Gott.
198. Wer will, dass man seiner Lügen glauben soll, der muss sie mit warheit flicken. – Lehmann, 495, 63; Körte, 3068.
Dän.: Skal løgnen troes, da maae den flikkes med sandhed. (Bohn II, 397.)
199. Weren alle Lügen Latein, so würde mancher Doktor sein. – Petri, II, 628.
200. Wider die Lügen ist kein feinerer Krieg, denn sie offenbaren (enthüllen). – Luther's Werke, II, 95.
201. Wird die Lüge alt, so verschwindet sie (schweigt sie als-) bald. – Eiselein, 436; Philippi, I, 246.
202. Wo die Lüge frühstückt, da isst sie selten Mittag, aber nie zu Abend. – Reinsberg III, 130.
203. Wo die Lüge gefrühstückt hat, da kann sie nicht zu Mittag essen.
Böhm.: Lež, ačkoli snídá, zřídka obĕdvá, nikdy témĕř nevečeři. (Čelakovský, 66.)
Kroat.: Laž, ako froštuklja, redko obédva, nigdan skoro nevečerja. (Čelakovský, 66.)
204. Zu einer Lüge gehören immer sieben Lügen. – Simrock, 6639; Körte, 3964; Braun, I, 2411; Reinsberg III, 130.
Klosterspiegel (11, 12) verweist zur Bestätigung dieses Sprichworts auf die Vertheidigungsschrift der aargauischen Klöster.
Frz.: Le mensonge est père du mensonge. (Masson, 237.)
Schwed.: Den ena lögnen räcker den andra handen. (Wensell, 13.)
205. Zu grober Lüge muss man pfeifen.
*206. A ies üm anne (um eine) frische Lüge unbekümmert. – Robinson, 939; Gomolcke, 120.
*207. A kon een a su anne Lüge en de Hand drehen. – Robinson, 934; Gomolcke, 143.
*208. A Lügen mit a Wortzeichen. (Jüd.-deutsch. Warschau.)
Wenn man eine Lüge durch Scheinbeweise glauben machen will.
*209. Das ist eine handgreifliche Lüge.
Lat.: Jupiter orbus. (Philippi, I, 216.)
[260] *210. Dat is 'ne stinkende Lögen. – Dähnert, 282a.
Da ist kein wahres Wort daran.
*211. Dem sind tausend Lügen nicht an den Fuss gebunden. (Köthen.)
*212. Der bleibt keine Lüge im Halse stecken.
Von einer argen Schwätzerin.
*213. Der Lug ein Färblein geben. – Chaos, 553.
*214. Der Lüge ein Gewand anthun. – Eiselein, 136.
Lat.: Mendacio fucum addere. (Eiselein, 436.)
*215. Die Lüge hat einen langen Schwanz.
Holl.: Dat zijn leugens met staarten. (Harrebomée, II, 17.)
*216. Die Lüge ist auf seinem eigenen Miste gewachsen.
*217. Die Lüge kann man greifen.
Holl.: Die leugen kan men voelen en tasten. (Harrebomée, II, 17.)
*218. Diese Lüge läuft allein davon.
Engl.: That's a lie with a latchet, all the dogs in the towns cannot match it. (Bohn II, 169.)
*219. Diese Lügen haben auf keiner Kuhhaut Platz.
Lat.: Tantum mendaciorum quantum vix una navis vehat. (Binder I, 1719; II, 3283.)
*220. Du bist an der ersten Lüg' nöt erstickt, und die letzt hast nöt g'macht. (Rott-Thal.)
*221. Du bist von de erste Lüge nich bosten (geborsten). – Goldschmidt, 77; für Iserlohn: Woeste, 87, 130.
*222. Du findst bälder e Luge als a Maus a Loch. (Ulm.)
*223. Du gibst wenig von einer Lugen zu waschen, du kanst sie selbst wol seipffen. (Schweiz.) – Joc., III, 38.
*224. Durch eine Lüge hinter die Wahrheit kommen.
Holl.: Met eene leugen achter de waarheid komen. (Harrebomée, II, 18.)
*225. Ein lügen also heyss. – Franck, I, 52a.
Eine ganz frische.
*226. Ein new backen lügen. – Franck, I, 52a.
*227. Eine Lüge mit der andern flicken.
Wie auf eines Bettlers Rocke ein bunter Lappen den andern deckt, so ergeht es mit Lügen. Die Römer hatten dafür die Redensart: Farcire centones. (Plautus.) (Erasm., 352; Hauer, M; Philippi, II, 151.)
*228. Eine Lüge schmieden.
Frz.: Forger une menterie. (Kritzinger, 325a.)
*229. Eine verwegene Lüge. – Eiselein, 436.
Lat.: Calidum hercle audivi esse optimum mendacium. – Calidum mendacium. (Eiselein, 436.)
*230. Einem die Lügen in den Hals treiben.
Frz.: On lui fera rentrer ses paroles dans la gorge. (Kritzinger, 510.)
*231. Einem eine Lüge an(oder auf-)heften, aufbinden.
Frz.: En bailler des cornues à quelqu'un. (Kritzinger, 52b.)
Lat.: Centones alicui farcire. (Faselius, 44.)
*232. Einem eine Lüge meisterlich in die Hand drehen.
Mit Bezug auf eine zu nachsichtige Mutter, deren Sohn misrathen von der Schule zurückkommt, heisst es: »Sagte ich ihr manchmahl, wenn er ihr eine Lüge recht meisterlich in die Hand gedreht, sie solte ihm nicht trauen, er habe sie fingersdicke hinter den Ohren, so hiess es, o er ist kindfrommer Mensch, er betrübet ja kein Wasser, er wird solches nimmermehr thun.« (Keller, 148b.)
*233. Einer lügen ein gestalt geben. – Franck, II, 35b; Egenolff, 47a; Eyering, II, 36.
»Wann man mit worten der lüg will helffen vnd eine farb der wahrheyt anstreichen.«
Lat.: Mendacio fucum addit. (Egenolff, 47a.)
234. Er braucht sieben Lügen, um eine zu färben (schmücken, schön zu machen).
*235. Er darf die Lügen nicht kaufen.
*236. Er hat für seine Lügen gute Gründe.
Engl.: To tell a man a lie and give him a reason for it. (Bohn II, 169.)
*237. Er ist so voll Lüge als ein Ei voll Dotter.
Holl.: Hij is zoo vol leugens als een ei vol zuivel. (Harrebomée, II, 18.)
*238. Er ist um eine Lüge nicht verlegen.
Holl.: Om eene leugen zou hij niet lang in den stok zitten. (Harrebomée, II, 18.)
*239. Er ist voll Lügen wie ein Hund voll Flöhe in den Hundstagen.
[261] *240. Er kan eyn lugen eyn farbe anstreychen. – Tappius, 36b; Eyering, I, 382 u. 800; II, 380.
Zur Schilderung des Verfahrens, durch angenehme, süsse, schlaue Reden zu täuschen, haben wir die Redensarten: Athem feil tragen. (Eyering, I, 382). Den falben ⇒ Hengst (s.d. 26) streichen. Das ⇒ Hälmlein (s.d. 3) durchs Maul ziehen. Wind verkaufen. Das süss umbs maul streichen. Mit dem ⇒ fuchsschwantz (s.d. 22) wadlen. Den ⇒ Kauzen (s.d. 4) streichen. Vber den ⇒ kam (s.d. 15) bescheren. Ein newen schwalben zeygen. Ins gemalt stüblin füren. Ein blaen ⇒ hund (s.d. 1543) zeygen. Vber das seyl werffen. Ins ⇒ garn (s.d. 36) firen. (Franck, I, 26b.) (S. ⇒ Eiter 2.)
Frz.: Donner couleur à un mensonge. (Kritzinger, 179a.)
Lat.: Mendacium speciosum esse oportet. (Seybold, 302.) – Pyrrhandri commentum. (Philippi, II, 116.)
*241. Er kan eyn lugen wol stoffieren. – Franck, II, 35a; Tappius, 36b.
Böhm.: Každá smyšlenka hezka ve šperka (s přímastkem). (Čelakovský, 68.)
Holl.: De leugens zitten hem in het gebeente. – Hij bedenkt zich niet lang, om eene leugen de stofferen. – Hij weet de leugens fijn te stofferen. (Harrebomée, II, 17 u. 18.)
Lat.: Mendacio fucum addit. (Binder I, 973; II, 1832; Tappius, 36b; Steinmeyer, 49; Philippi, I, 246; Seybold, 302.)
*242. Er kann die Lügen aus den Fingern saugen.
Besitzt eine ausserordentliche Fertigkeit im Lügen.
*243. Er kann die Lügen nicht leiden, darum schafft er sie fort.
Holl.: Hij is een vijand van de leugen, daarom spouwt hij er bij menigte uit. (Harrebomée, II, 18.)
*244. Er macht sich aus einer Lüge so viel als eine Krähe aus dem Sonntage.
Holl.: Hij geeft niet meer om eene leugen, dan eene kraai om een' zondag. (Harrebomée, II, 18.)
*245. Er schemet sich keiner lüg. – Franck, II, 94b.
*246. Er spielt eine Lüge aus, um eine Wahrheit zu gewinnen.
Von denen, die sich einer Lüge bedienen, um hinter die Wahrheit zu kommen.
Frz.: Il est de la confrérie saint Hubert, il n'enrage pas pour mentir. (Leroux II, 31.)
*247. Er thut zehen lüg in einem athem. – Franck, II, 180a.
*248. Er weiss einer Lüge ein Mäntelchen umzuhängen.
*249. Er wirt vor ainer Lugen nicht rot. – Agricola II, 145.
Lat.: Faciem perfricare. (Seybold, 168.)
*250. Er würde keine Lüge sagen, und wenn er damit den Himmel gewinnen könnte.
Angeblich der Ausspruch eines Kirchenvaters.
*251. Es kommt ihm auf eine süsse Lüge nicht an, wenn die Wahrheit bitter ist.
Holl.: Hij laat om eene leugen geene goede redenen achter. (Harrebomée, II, 18.)
*252. Hätt' ihn die erste Lüge erstickt, er wäre längst todt. – Simrock, 6676.
Böhm.: Pravdy se nenajís, lži se neaudávíš. (Čelakovský, 68.)
Poln.: Prawdy się nienajész, łžą się neudawisz. (Čelakovský, 68.)
*253. Hätte ihm jede Lüge einen Zahn ausgestossen, er wäre längst Hungers gestorben. – Körte, 3965a.
*254. He is van de êrste Lögen nich bursten. (Ostfries.) – Bueren, 678; Eichwald, 1198; Stürenburg, 28a; Kern, 1560.
*255. Hei ies van der eisten Lügge ni buesten. (Marsberg.) – Firmenich, I, 321, 11.
*256. Hette er sollen an der ersten Lugen sterben, er were lang todt. – Agricola I, 696; Schottel, 1140a; Mayer, II, 42; Sailer, 297.
Dän.: Skulde han død af første løgn, da havde han længe siden været død. (Prov. dan., 295.)
*257. Hi is vân a iarst Lânj egh borsten. (Nordfries.) – Johansen, 66; für Amrum; Haupt, VIII, 350, 74; ostfriesisch bei Frommann, V, 523, 579.
Er ist von der ersten Lüge nicht geborsten. In Oberösterreich: Er ist an der ersten Lug nicht erstickt, sonst lebet er lang nimmer. (Baumgarten.)
Holl.: Hij is van de erste leugen niet gebarsten. (Harrebomée, II, 18.)
*258. Ihn schwindelt vor keiner Lüge.
Holl.: Hij bezwijmt van eene leugen niet. (Harrebomée, II, 18.)
*259. Lugen ferben. – Agricola II, 137.
[262] *260. Lügen sagen, die allein davonlaufen.
Sehr grosse, handgreifliche.
*261. Lügen sind's.
Mit dieser Redensart übersetzte man in einzelnen Kreisen oder Gegenden das L.S. (Loco sigilli), das sich unter Verordnungen u.s.w. fand. (Vgl. A. Ruge, Aus früherer Zeit, I, 60.)
*262. Man findet keine Lüge in seinem Munde, ausgenommen, wenn er spricht.
Holl.: Men vindt geene leugen in zijnen mond, als hij niet spreekt. (Harrebomée, II, 18.)
*263. Man hat dich auf der Lug erdapt.
Lat.: Cauda de vulpe testatur. (Chaos, 563.)
*264. Sei es umb ein Lug hin oder her, rumb oder numb, es wird ihm das Zahnfleisch nit geschwellen. – Chaos, 561.
*265. Seine Lügen hängen zusammen wie ein Bettlermantel.
In Bezug auf einen ungeschickten Lügner.
*266. Seine Lügen möchten die Fenster ausstossen. – Herberger, I, 672.
Daher pflegt man auch, wo stark gelogen wird, zu rufen: Mach's Fenster auf.
*267. Sie müssen Lügen predigen, sonst gibt man ihnen nichts. – Klosterspiegel, 80, 13.
*268. Solt er an der ersten Lugen gestorben sein, so were er lange tod. – Agricola II, 146.
*269. Wenn a ey der erste Lüge derwurgt wär', a wär' lange tudt. – Robinson, 313; Gomolcke, 1081.
Die Engländer haben, um grosse Lügen zu bezeichnen, die Redensarten: That was laid on with a towel. That's a loud one. That's a lie with a witness. A lie with a latchet. That sticks in his throat. The dam of that was a whisker. (Bohn II, 64.)
*270. Wenn du an der ersten Lüge erworgt wärst, dann hättest du nicht erst die heilige Taufe erhalten. (Kreis Nimptsch in Schlesien.)
*271. Wenn er an einer Lüge ersticken könnte, so müsste er jetzt erstickt sein.
Engl.: If a lie could have chocked him, that would have done it. (Bohn, II, 64.)
*272. Wenn er mit Lügen bezahlen könnte, er wäre niemand einen Pfennig schuldig.
Holl.: Hij zou niemand een' duit schuldig blijven, kon hij met leugens zijne schulden betalen. (Harrebomée, II, 18.)
*273. Wenn es ihm an einer Lüge fehlte, er würde sie von der Strasse auflesen.
Holl.: Hij zou wel eene leugen uit de straat nemen en werpen se iemand naar het hoofd. (Harrebomée, II, 18.)
*274. Wenn jede seiner Lügen ein Ziegel wäre, man könnte einen babylonischen Thurm daraus bauen. – Parömiakon, 1331.
275. Die Lüge ist ein Drache, der mit Kopf und Schwanz schlägt und mit jedem Schlage trifft.
Lat.: Cauda et capite mendacium graviter ferit. (Sailer, Sprüche, 68.)
276. Die Lüge ist ein Knochen, du schiebst ihn Andern in die Kehle und erstickst selbst dran. (Rumänisch.) – Franzos, Vom Don zur Donau.
277. Dreyerley Lügen gehen vngestrafft hin: derjenigen so weit entlegene Sachen erzehlen, der Alten vnd der Reisenden. – Zeiller, Epigramme, I, 494.
278. Ein höffliche Lügen schadet nicht. – Sarcerius, 366.
279. Ein lugen ist bald erdacht, aber nicht bald betracht. – Dietrich, 95.
280. Ein Lügen macht die gantze warheit verdechtig. – Sarcerius, 57.
281. Eine Lüge, die zum Frieden dient, ist besser, als eine Wahrheit, die Krieg bringt. – Harssdörffer, 732.
282. Eine Lüge, gut gedreht, mehr im Werth als Wahrheit steht. (Rumänisch.) – Franzos, Vom Don zur Donau.
283. Eine Lüge sprengt Haus und Stein. (Rumänisch.) – Franzos, Vom Don zur Donau.
284. Lüge ist ein Nachtvogel und Finsterniss sein Gespann.
Lat.: Mendacio comites tenebrae. (Sailer, Sprüche, 117, 80.)
285. Lüge und Lüsternheit werden offenbar, wenn auch erst nach neun Monaten. (Rumänisch.) – Franzos, Vom Don zur Donau.
286. Man kommt nicht weit mit einer Flasche Lügen; es geht, so lang' es geht, doch endlich bleibt man liegen. (Rumänisch.) – Franzos, Vom Don zur Donau.
287. Nicht jede Lüge ist ein Scherz.
Die Armenier: Wenn die Hälfte nicht wahr ist, ist's kein Spass mehr. (Ausland, 1871, S. 405.)
288. Von den Lügen erstickst du nicht, und von der Wahrheit wirst du nicht satt. – Gryphius, 53.
289. Wenn die Lüge ein Zollamt wäre, so würde der Lügner im Gefängniss verfaulen. – Merx, 244.
*290. Diese Lüge ist für einen Kreuzer zu gross, sie ist zehn Kreuzer werth.
»Ein Aufschneider hatte mit seinem Diener das Abkommen getroffen, ihm für jede Bestätigung einer seiner Lügen einen Kreuzer zu zahlen. Einmal erzählte er aber eine ungeheuere Lüge, und als er sich auf das Zeugniss seines Dieners berief, sagte dieser: Herr, diese ist zu gross für einen Kreuzer, und sollte wol zehn gelten.« (Harssdörffer, 961.)
[1568] *291. Er kann ein Lüge in Folio in Sedez einbinden, am Schnitt vergolden und mit seidenen Bändern zieren. – Harssdörffer, 1405.
So beschrieb jemand einen Politikus.
*292. Er sugt Lügen wie a Medresch1. (Jüd.-deutsch. Warschau.)
1) Der Midrasch ist eine Sammlung von Legenden, Sagen und Parabeln, welche meist allegorisch aufgefasst sind. Ohne Verständniss der Allegorie klingen die meisten Erzählungen des Midrasch wie Lüge und Uebertreibung.
*293. He hett 'n Lögen up 'n Grêp as 'n Pracher 'ne Lus. – Dähnert, 358a.
Er ist gleich mit einer Lüge fertig.
Buchempfehlung
Die letzte zu Lebzeiten des Autors, der 1835 starb, erschienene Lyriksammlung.
242 Seiten, 12.80 Euro
Buchempfehlung
Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Michael Holzinger hat für den zweiten Band sieben weitere Meistererzählungen ausgewählt.
432 Seiten, 19.80 Euro