Schmidt [2]

[894] Schmidt, 1) Karl von, preuß. Reitergeneral, geb. 12. Jan. 1817 in Schwedt a. O., gest. 25. Aug. 1875 in Danzig als Generalmajor (beauftragt mit Führung der 7. Division), trat 1834 aus dem Kadettenhaus in das 4. Ulanenregiment und machte die Feldzüge 1864 und 1866 als Kommandeur des Kürassierregiments Nr. 4 mit. Geradezu vorbildlich konnte sich seine Tätigkeit im Feldzug 1870/71 entfalten. Noch Ende 1866 zum Kommandeur des neu errichteten Husarenregiments Nr. 16 ernannt, rückte er an dessen Spitze ins Feld, erhielt 16. Aug. das Kommando der 14. Kavalleriebrigade und nahm mit dieser noch am gleichen Tage ruhmreichen Anteil an der Schlacht von Vionville, wobei er durch einen Schuß in den Oberschenkel schwer verwundet wurde. Nur notdürftig wiederhergestellt, eilte er seiner Brigade nach und erreichte sie 5. Okt. in Le Mesnil St.-Denis, um am folgenden Tage das Kommando über die 6. Kavalleriedivision an Stelle von deren verwundetem Führer, des Herzogs Wilhelm von Mecklenburg, zu übernehmen. Als Kavalleriedivisionsführer wie auch mehrfach als Führer aus allen Waffengattungen zusammengesetzter Verbände hat sich S. bis zum Friedensschluß hervorragend bewährt (Verfolgung nach der Schlacht von Le Mans). Nach der Rückkehr in die Heimat hat er mit Wort und Schrift unermüdlich tätig bahnbrechend auf die Entwickelung der deutschen Reiterei, ihre kriegsmäßige Ausbildung und Führung im Gefecht eingewirkt. Nach ihm ist das preußische Ulanenregiment von S. (1. pommersches) Nr. 4 benannt. Aus seinem Nachlaß gab v. Vollard-Bockelberg die »Instruktionen, betreffend die Erziehung, Ausbildung, Verwendung und Führung der Reiterei« (Berl. 1876, 2. Aufl. 1886) heraus. Vgl. Kaehler, Die preußische Reiterei von 1806–1876 in ihrer innern Entwickelung (Berl. 1876); Pelet-Narbonne, General Karl von S. (Beiheft zum »Militär-Wochenblatt«, 1902, Berl.).

2) Auguste, Vorkämpferin der deutschen Frauenbewegung, geb. 3. Aug. 1833 in Breslau als Tochter eines Offiziers, gest. 10. Juni 1902 in Leipzig, erhielt ihre Vorbildung in der königlichen Landesschule zu Posen und bestand dort 1850 die Lehrerinnenprüfung. Nach kurzer Wirksamkeit als Erzieherin wurde sie 1855 Lehrerin an der höhern Mädchenschule zu St. Maria Magdalena und später Leiterin einer Privatschule in Breslau, 1862 wissenschaftliche Leiterin der von Ottilie v. Steyber begründeten höhern Mädchenschule in Leipzig, die 1870 in ihren Besitz überging und samt dem mit ihr verbundenen Lehrerinnenseminare bis 1892 unter ihrer Leitung stand. Dann gab sie die unterrichtliche Tätigkeit auf, um sich ganz den Vereinsbestrebungen zur geistigen Hebung und sozialen Förderung des weiblichen Geschlechts zu widmen. Seit 1865 neben Luise Otto-Peters (s. Otto 4, S. 257) zweite Vorsitzende des Allgemeinen Deutschen Frauenvereins, wurde sie, kurz zuvor von einjährigem Aufenthalt in Italien heimgekehrt, nach deren Tode (im März 1895) erste Vorsitzende dieses Vereins, zu dessen Erfolgen sie wesentlich beigetragen hat. Vgl. Friedrichs, Auguste S. als Frauenrechtlerin (Leipz. 1904); Anna Plothow, Die Begründerinnen der deutschen Frauenbewegung (2. Aufl., das. 1907).

3) Reinhart, deutscher Politiker, geb. 14. Juni 1838 zu Sprockhövel in Westfalen, besitzt seit 1869 eine Papierfabrik in Elberfeld, war 1890–93 Mitglied des preußischen Abgeordnetenhauses und gehört ununterbrochen seit 1887 dem Reichstag an. Als Vertreter der freisinnigen Volkspartei war S. 1895–98 erster und 1898–1900 zweiter Vizepräsident des Reichstags. Gegenwärtig ist er Vorsitzender der freisinnigen Volkspartei.

4) Rochus, Afrikareisender und Kolonialschriftsteller, geb. 10. Juli 1860 in Grasegrund bei Bunzlau, wurde Offizier, trat unter Wissmann in die deutsche Schutztruppe, wurde Bezirkshauptmann von Bagamoyo, nahm 1892 seinen Abschied und lebt jetzt in Magdeburg. Er veröffentlichte: »Geschichte des Araberaufstandes in Ostafrika« (Frankf. a. O. 1892); »Deutschlands Kolonien« (Berl. 1895, 2 Bde.); »Deutschlands koloniale Helden und Pioniere der Kultur im schwarzen Kontinent« (Braunschw. 1896, 2 Bde.) und (in Gemeinschaft mit C. v. Perbandt und G. Richelmann) die Biographie »Hermann v. Wissmann, Deutschlands größter Afrikaner« (Berl. 1906).

Gelehrte.

[Theologen, Philosophen etc.] 5) Karl, protest. Theolog, geb. 20. Juni 1812 in Straßburg, gest. daselbst 11. März 1895., wurde 1837 Privatdozent am Seminar und 1839 ordentlicher Professor der Theologie daselbst, seit 1843 und dann wieder 1872–1877 auch Mitglied der theologischen Fakultät. Unter seinen Schriften heben wir hervor: »Essai sur Jean Gerson« (Straßb. 1839); »Johannes Tauler« (Hamb. 1841); »Gérard Roussel« (Straßb. 1845); »Histoire et doctrine de la secte des Cathares ou Albigeois« (Par. 1849, 2 Bde.); »Essai historique sur la société civile dans le monde romain et sur sa transformation par le christianisme« (Straßb. 1853; deutsch von Richard, Leipz. 1857); »Die Gottesfreunde« (Jena 1854); »Peter Martyr Vermigli« (Elberf. 1858); »Wilhelm Farel und Peter Viret« (das. 1860); »Philipp Melanchthon« (das. 1861); »Leben und Schriften des Nikolaus von Basel« (Wien 1866); »Les libertins spirituels. Traités mystiques« (Par. 1876); »Histoire littéraire de l'Alsace à la fin du XV. et an commencement du XVI. siècle« (das. 1879, 2 Bde.); »Précis de l'histoire de l'Eglise d'Occident pendant le moyen-âge« (das. 1885); »Répertoire bibliographique strasbourgeois jusque vers 1530« (Straßb. 1893–98,8 Hefte). Aus seinem Nachlaß erschien das »Wörterbuch der Straßburger Mundart« (Straßb. 1896).[894]

6) Kaspar, unter dem Pseudonym Max Stirner bekannter philosophischer Schriftsteller, geb. 25. Okt. 1806 in Bayreuth, gest. 26. Juni 1856 in Berlin, studierte in Berlin, Erlangen und Königsberg Theologie und Philologie, ward Gymnasiallehrer in Berlin, dann Lehrer an einer höhern Töchterschule daselbst. Zuletzt lebte er in sehr dürftigen Verhältnissen. Sein Hauptwerk: »Der Einzige und sein Eigentum« (Leipz. 1845, 3. Aufl. 1900, auch in Reclams Universal-Bibliothek), kann als das Äußerste gelten, was der philosophische Radikalismus an kühner und geistreicher Negation gegen Staat, Religion, Sitte und in der Betonung des vollendeten Egoismus hervorgebracht hat. Sonst schrieb er noch eine »Geschichte der Reaktion« (Berl. 1852, 2 Bde.) und übersetzte Says »Lehrbuch der praktischen politischen Ökonomie« (Leipz. 1845, 4 Bde.) und Adam Smiths »Untersuchungen über den Nationalreichtum«. Zuerst erregten seine Ausstellungen einiges Aufsehen und Widerspruch, dann waren sie lange Zeit vergessen, bis E. v. Hartmann wieder darauf hinwies. Später wurden sie in Verbindung mit Nietzsches Ansichten gebracht, wiewohl mit Unrecht, und mehr beachtet. Max Stirners »Kleinere Schriften« gab Mackay heraus (Berl. 1898). Vgl. Lucchesi, Die Individualitätsphilosophie Stirners (Leipz. 1897); Mackay, M. Stirner, sein Leben und sein Werk (das. 1898); Joël, Philosophenwege (Berl. 1901); V. Basch, Individualisme anarchiste, Max Stirner (Par. 1904); Ruest, Max Stirner (2. Aufl., Berl. 1906); Messer, Max Stirner (das. 1907); E. Horn, Max Stirners ethischer Egoismus (das. 1906).

7) Karl, pädagogischer Schriftsteller, geb. 7. Juli 1819 in Osternienburg (Anhalt), gest. 8. Nov. 1864 in Gotha, studierte in Halle und Berlin Theologie und Philosophie, ward 1845 Gymnasiallehrer in Köthen, 1846 Pfarradjunkt in Edderitz, trat 1850 an das Gymnasium zurück und folgte 1863 dem Ruf als Seminardirektor, Schulrat und Landesschulinspektor nach Gotha, wo er ein freisinniges Volksschulgesetz ins Leben rief. Von seinen Schriften sind hervorzuheben: »Anthropologische Briefe« (Dessau 1852; 2. Aufl.) als »Anthropologie« (Dresd. 1865, 2 Bde.); »Die Harmonie der Welten« (Leipz. 1853); »Buch der Erziehung« (Köthen 1854, 2. Aufl. 1873); »Briefe an eine Mutter« (das. 1855); »Gymnasialpädagogik« (das. 1857); »Geschichte der Pädagogik« (das. 1860–62, 4 Bde.; Bd. 1 in 4. Aufl. von Dittes und Hannak, 1888; Bd. 2 u. 3 in 3. Aufl. von W. Lange, 1873 u. 1875; Bd. 4 in 4. Aufl. von Lange 1883); »Geschichte der Erziehung und des Unterrichts« (das. 1863, 4. Aufl. 1883). Vgl. Meißelbach, Dr. Karl S. (Gotha 1892).

[Juristen.] 8) Karl Adolf (S.-Ilmenau zur Unterscheidung von S. 9), Pandektist, geb. 4. Nov. 1816 zu Allstedt in Sachsen-Weimar, gest. 24. Okt. 1903 in Baden-Baden, habilitierte sich 1840 in Jena, ward 1843 zum außerordentlichen Professor ernannt, 1849 ordentlicher Professor in Greifswald, 1850 in Freiburg. 1858–66 war er Mitglied der badischen Ersten Kammer, folgte im Frühjahr 1869 einem Ruf an die Universität Bonn, im Herbst desselben Jahres einem solchen nach Leipzig. 1901 trat er in den Ruhestand. Von seinen Schriften sind zu nennen außer seiner Ausgabe von Ciceros Rede »Pro Roscio Commoedo« (Leipz. 1840): »Zivilistische Abhandlungen« (Bd. 1, Jena 1841); »Das Interdiktenverfahren der Römer« (Leipz. 1853); »Das formelle Recht der Noterben« (das. 1862); »Das Pflichtteilsrecht des Patronus und des Parens Manumissor« (Heidelb. 1868); »Das Hauskind in mancipio« (Leipz. 1879). Von der Universität Leipzig wurde er zum Dr. phil. honoris causa promoviert.

9) Karl Adolf, Jurist, geb. zu Warnow in Mecklenburg, gest. 8. Juli 1871 als Rat am Oberappellationsgericht in Rostock, schrieb: »Der prinzipielle Unterschied zwischen dem römischen und germanischen Rechte« (Bd. 1, Rostock 1853); »Die Rezeption des römischen Rechts in Deutschland« (das. 1868).

[Geschichtschreiber.] 10) Michael Ignaz, Geschichtschreiber, geb. 30. Jan. 1736 zu Arnstein im vormaligen Hochstift Würzburg, gest. 1. Nov. 1794 in Wien, besuchte das bischöfliche Seminar in Würzburg, ward Erzieher der Kinder des Grafen Rotenhan in Bamberg, 1763 Seminardirektor in Würzburg, 1771 Universitätsbibliothekar, Beisitzer der theologischen Fakultät und Lehrer der deutschen Reichsgeschichte daselbst. 1774 mit einer ansehnlichen Präbende ausgestattet, trat er als geistlicher Rat in die Regierung ein. Nachdem er 1778 den Anfang seiner »Geschichte der Deutschen« veröffentlicht hatte, wurde S. Wirklicher kaiserlicher Hofrat und Direktor des Haus- und Staatsarchivs in Wien, daneben Lehrer des nachmaligen Kaisers Franz II. und Mitglied des neuorganisierten Zensurkollegiums. Das genannte Geschichtswerk erschien unter dem Titel: »Ältere Geschichte der Deutschen« (Ulm 1778–85) und ward vom 6. Band an aus dem Nachlaß Schmidts als »Neuere Geschichte der Deutschen« von Milbiller fortgesetzt (das. 1785–1808, 17 Bde.). Eine andre Ausgabe erschien in Wien als »Ältere Geschichte der Deutschen« (1783–1793, 5 Bde.) und als »Neuere Geschichte der Deutschen« (1785–1808, 17 Bde.). Eine Fortsetzung dazu schrieb Dresch (»Geschichte Deutschlands seit der Stiftung des Rheinbundes«, Ulm 1824–30, 2 Bde.). Biographie von Oberthür (Hannov. 1802).

11) Wilhelm Adolf, namhafter Geschichtschreiber, geb. 26. Sept. 1812 in Berlin, gest. 10. April 1887 in Jena, wurde 1840 Privatdozent, 1845 außerordentlicher Professor der Geschichte in Berlin, 1851 Professor in Zürich und 1860 in Jena. 1848 Mitglied des Frankfurter Parlaments, gehörte S. 1874–76 dem deutschen Reichstag an. Von seinen Werken sind hervorzuheben: »Geschichte der Denk- und Glaubensfreiheit im 1. Jahrhundert der Kaiserherrschaft und des Christentums« (Berl. 1847); »Preußens deutsche Politik« (das. 1850, 3. Aufl. 1867); »Geschichte der preußisch-deutschen Unionsbestrebungen« (das. 1851, 2 Bde.); »Der Aufstand in Konstantinopel unter Justinian« (Zürich 1854); »Zeitgenössische Geschichten« (Berl. 1859); »Elsaß und Lothringen« (Leipz. 1859, 3. Aufl. 1870); »Tableaux de la Révolution française publiés sur les papiers inédits du département de la police secrète de Paris« (das. 1867–70, 3 Bde.); »Epochen und Katastrophen« (Berl. 1874); »Pariser Zustände während der Revolutionszeit 1789–1800« (Jena 1874–76, 3 Bde.; franz. von Viollet, Par. 1880–85, 2 Bde.); »Das Perikleische Zeitalter« (Jena 1877–79, 2 Bde.); »Handbuch der griechischen Chronologie« (das. 1888) und »Abhandlungen zur alten Geschichte« (Leipz. 1888, beide Werke hrsg. von Rühl). Auch redigierte er 1844–48 die »Zeitschrift für die Geschichtswissenschaft« und besorgte die 8. Ausgabe von Beckers »Weltgeschichte« (Berl. 1860–63, 18 Bde.). Aus seinem Nachlaß gab Alfred Stern heraus: »Geschichte der deutschen Verfassungsfrage während der Befreiungskriege und des Wiener Kongresses« (Stuttg. 1890). Vgl. Landwehr, Zur Erinnerung an Adolf S. (Berl. 1887).[895]

[Literarhistoriker.] 12) Heinrich Julian, Literarhistoriker, geb. 7. März 1818 in Marienwerder, gest. 27. März 1886 in Berlin, studierte in Königsberg Geschichte und Philologie, bekleidete sodann 1842 bis 1846 eine Lehrerstelle an der Luisenstädtischen Realschule in Berlin, siedelte 1847 nach Leipzig über, wo er Mitarbeiter an den »Grenzboten« wurde, die er im Juli 1848 gemeinschaftlich mit Freytag zu eigen erwarb. Die beiden nahe befreundeten Schriftsteller verliehen dieser Zeitschrift sowohl durch die literarische Kritik (Kampf gegen die Romantik und gegen das Junge Deutschland, Hochhaltung eines gesunden Realismus) als durch die politischen Artikel (gemäßigter Liberalismus der sogen. Gothaer) bald eine sehr geachtete Stellung. Vorher schon (Ende 1847) hatte S. sein erstes größeres, bereits 1845 geschriebenes Werk, die »Geschichte der Romantik im Zeitalter der Revolution und Restauration« (Leipz. 1847), veröffentlicht. Aus seinen Artikeln für die »Grenzboten« entstanden allmählich zwei größere, trotz mancher Einseitigkeit beachtenswerte Werke, die »Geschichte der deutschen Nationalliteratur im 19. Jahrhundert« (Leipz. 1853, 2 Bde.) und die »Geschichte der französischen Literatur seit der Revolution« (das. 1857; 2. umgearbeitete Aufl. 1873–74, 2 Bde.). Besondern Erfolg hatte das erstere Werk; es ward bald um einen Band: »Jena und Weimar« (1855), erweitert und führte nun den Titel: »Geschichte der deutschen Literatur seit Lessings Tod« (5. Aufl., Leipz. 1865–67, 3 Bde.). Nachdem sich die Beziehungen Schmidts und Freytags zu den »Grenzboten« (s. d.) schon seit längerer Zeit gelockert hatten, trat S. 1861 ganz von der Redaktion der Zeitschrift zurück und übernahm in Berlin die ihm von der Fraktion Vincke angetragene Redaktion der »Berliner Allgemeinen Zeitung«, die 1863 zu erscheinen aufhörte, worauf S. sich wieder ausschließlich der literarhistorischen Tätigkeit zuwandte. Seit 1878 bezog er einen Ehrengehalt von 1500 Mk., den ihm der deutsche Kaiser zur Feier seines 60. Geburtstags ausgesetzt hatte. Sein Werk »Geschichte des geistigen Lebens in Deutschland von Leibniz bis auf Lessings Tod, 1681–1781« (Leipz. 1861–63, 2 Bde.) schließt sich, der Zeit nach rückwärts, seiner »Geschichte der Literatur seit Lessings Tod« ergänzend an. Vereint erschienen diese Werke als »Geschichte der deutschen Literatur von Leibniz bis auf unsre Zeit« (Berl. 1886 bis 1896, 5 Bde.). Ferner erschienen von ihm: »Übersicht der englischen Literatur im 19. Jahrhundert« (Sondersh. 1859); »Schiller und seine Zeitgenossen« (Leipz. 1859); »Über die Notwendigkeit einer neuen Parteibildung« (Berl. 1866) und die geistvollen Essays: »Bilder aus dem geistigen Leben unsrer Zeit« (Leipz. 1870–74, 4 Bde.), in denen der Kritiker sich der Literatur der Gegenwart gegenüber billiger und anerkennender zeigte als in seiner frühern Zeit. Verwandter Natur ist die Sammlung »Porträts aus dem 19. Jahrhundert« (Berl. 1878).

13) Erich, Literarhistoriker, Sohn von S. 17), geb. 20. Juni 1853 in Jena, studierte germanische Philologie und Literaturgeschichte in Graz, Jena und Straßburg, habilitierte sich 1875 als Privatdozent für Literaturgeschichte in Würzburg, ward Ostern 1877 als außerordentlicher Professor der deutschen Philologie nach Straßburg, im Herbst 1880 als ordentlicher Professor nach Wien berufen, von wo er 1885 als Direktor des Goethe-Archivs nach Weimar übersiedelte. Ende 1886 erhielt er als Nachfolger seines Lehrers W. Scherer die Professur für deutsche Sprache und Literatur an der Universität in Berlin. Er veröffentlichte: »Reinmar von Hagenau und Heinrich von Rugge« (Straßb. 1874); »Richardson, Rousseau und Goethe« (Jena 1875); »H. L. Wagner, Goethes Jugendgenosse« (das. 1875, 2. Aufl. 1879); »Lenz und Klinger, zwei Dichter der Geniezeit« (Berl. 1878); »Beiträge zur Kenntnis der Klopstockschen Jugendlyrik« (Straßb. 1880); »Charakteristiken« (Berl. 1886 bis 1901, 2 Bde.; Bd. 1: 2. Aufl. 1902). Sein Hauptwerk ist: »Lessing. Geschichte seines Lebens und seiner Schriften« (Berl. 1884–92, 2 Bde.; 2. Aufl. 1899) Außerdem gab er heraus: »Goethes Faust in ursprünglicher Gestalt, nach der Göchhausenschen Abschrift« (Weim. 1888, 3. Aufl. 1894); »Lessings Übersetzungen aus dem Französischen Friedrichs des Großen und Voltaires« (Berl. 1892), »Goezes Streitschriften gegen Lessing« (Stuttg. 1893), mehrere Bände der »Schriften der Goethe-Gesellschaft« (Weim. 1885 ff.), besorgte mit Hartmann eine kritische Ausgabe von Uhlands »Gedichten« (Stuttg. 1898, 2 Bde.), mit Steig und Minde-Pouet eine solche von Kleists Werken (Leipz. 1905, 5 Bde., in Meyers Klassiker-Bibliothek) und ist als Redakteur und HerausgeberFaust« u.a.) an der weimarischen Goethe-Ausgabe beteiligt.

[Sprachforscher.] 14) Isaak Jakob, namhafter Kenner der mongolischen und tibetischen Sprache und Literatur, geb. 1779 in Rostock, gest. 8. Sept. 1847 als russischer Staatsrat und Mitglied der Akademie in Petersburg. Unter seinen zahlreichen Schriften heben wir hervor: »Forschungen im Gebiet der ältesten religiösen, politischen und literarischen Bildungsgeschichte der Völker Mittelasiens, vorzüglich der Mongolen und Tibeter« (Petersb. 1824); Ausgabe und Übersetzung der 1662 mongolischabgefaßten »Geschichte der Ostmongolen und ihres Fürstenhauses« (das. 1829); »Grammatik der mongolischen Sprache« (das. 1831); »Mongolisch-deutsch-russisches Wörterbuch« (das. 1835); »Die Taten Bogda Gesser-Chans« (das. 1836, deutsch 1839); »Grammatik der tibetischen Sprache« (das. 1839), eine deutsche Version der »Grammar of the tibetan language« von Csoma de Körös (Kalkutta 1834); »Tibetisch-deutsches Wörterbuch« (Petersb. 1841); »Der Weise und der Tor«, tibetischer Text und Übersetzung (das. 1843, 2 Bde.).

15) Moritz, Philolog, geb. 19. Nov. 1823 in Breslau, gest. 8. Okt. 1888 in Jena, studierte seit 1840 in Breslau und Berlin, privatisierte dann in Schweidnitz, unterrichtete seit 1847 am dortigen Gymnasium und wurde 1849 Lehrer am Gymnasium in Öls, 1857 außerordentlicher, 1869 ordentlicher Professor in Jena. Von griechischen Grammatikern gab er heraus: »Didymi fragmenta« (Leipz. 1854), »Hesychii lexicon« (Jena 1858–68, 5 Bde.; kleinere Ausg. 1863–64, 2 Tle.; 2. Aufl. 1867) und Arkadios' »Epitome« aus Herodians »Catholica prosodia« (das. 1860). Zu den griechischen Dichtern, deren Metrik er besondere Sorgfalt zuwandte, veröffentlichte er: »De dithyrambo poetisque dithyrambicis« (Berl. 1845); »Pindars olympische Siegesgesänge« (griech. u. deutsch, Jena 1869); »Die Sophokleischen Chorgesänge rhythmiert« (das. 1870); »Über den Bau der Pindarischen Strophen« (Leipz. 1882) sowie Ausgaben von Sophokles' »Oedipus tyrannus« (Jena 1871) und »Antigone« (das. 1880). Inschriftlichen Studien entsprangen: »The Lycian inscriptions« (Jena 1868); »Neue lykische Studien« (das. 1869); »Die Inschrift von Idalion und das kyprische Syllabar« (das. 1874); »Sammlung kyprischer Inschriften in epichorischer Schrift« (das. 1876). Außerdem lieferte er Ausgaben von Hyginus (Jena 1872), von [896] Aristoteles' Schrift »Über die Dichtkunst« (griech. u. deutsch, das. 1875), von »Aristotelis Politicorum liber I« (griech. u. deutsch, das. 1882, 2 Tle.) und des »Memoire eines Oligarchen in Athen über die Staatsmaximen des Demos« (d.h. der pseudoxenophontischen Schrift vom Staate der Athener, das. 1876). Vgl. Kötschau, Moritz S. (Berl. 1890).

16) Johannes, Sprachforscher, geb. 29. Juli 1843 in Prenzlau, gest. 4. Juli 1901 in Berlin, studierte 1861–65 in Bonn und Jena, habilitierte sich im Sommer 1868 in Bonn für vergleichende Sprachwissenschaft, ward 1873 daselbst außerordentlicher Professor, bald darauf als Ordinarius nach Graz und von hier 1876 nach Berlin berufen, wo er 1884 auch Mitglied der Akademie der Wissenschaften wurde. Seine hauptsächlichsten Schriften sind: »Zur Geschichte des indogermanischen Vokalismus« (Weim. 1871–75, 2 Bde.); »Die Verwandtschaftsverhältnisse der indogermanischen Sprachen« (das. 1872); »Die Pluralbildungen der indogermanischen Neutra« (das. 1889); »Die Urheimat der Indogermanen und das europäische Zahlensystem« (Berl. 1890); »Kritik der Sonantentheorie« (Weim. 1895). Seit 1875 war er Mitredakteur der »Zeitschrift für vergleichende Sprachforschung«.

[Naturforscher, Ärzte.] 17) Oskar, Zoolog, geb. 21. Febr. 1823 in Torgau, gest. 17. Jan. 1886 in Straßburg, studierte seit 1842 in Halle und Berlin, habilitierte sich 1847 in Jena für Zoologie, erhielt 1849 eine außerordentliche Professur, folgte 1855 einem Ruf an die Universität Krakau, ward 1857 nach Graz versetzt und wurde 1872 Professor der Zoologie und vergleichenden Anatomie in Straßburg. S. untersuchte namentlich die niedern Tiere und seit 1862 vorzugsweise die Schwämme, über die er »Die Spongien des Adriatischen Meeres« (Leipz. 1862, mit 3 Suppl. 1864–68), »Grundzüge einer Spongienfauna des atlantischen Gebiets« (das. 1870) und »Die Spongien des Meerbusens von Mexiko« (Jena 1880) veröffentlichte. Auch wurde unter seiner Leitung die künstliche Schwammzucht bei Lesina ins Leben gerufen. In seinem Werk »Deszendenzlehre und Darwinismus« (Leipz. 1873, 3. Aufl. 1884) zeigte er sich als einen der entschiedensten Anhänger dieser Lehre. Von seinen übrigen Schriften sind hervorzuheben: »Die rhabdocölen Strudelwürmer des süßen Wassers« (Jena 1848); »Handbuch der vergleichenden Anatomie« (das. 1849; 9. Aufl., umgearbeitet von Lang, 1888), dem sich der »Handatlas der vergleichenden Anatomie« (2. Aufl., das. 1854) und »Die Entwickelung der vergleichenden Anatomie« (das. 1855) anschlossen; ferner: »Lehrbuch der Zoologie« (Wien 1853) und »Leitfaden der Zoologie« (das. 1860, 4. Aufl. 1882); »Bilder aus dem Norden« (Jena 1851); »Das Mikroskop« (Leipz. 1851); »Goethes Verhältnis zu den organischen Naturwissenschaften« (Berl. 1853); »Naturgeschichtliche Darstellungen« (Wien 1858); »Das Alter der Menschheit und das Paradies« (mit Franz Unger, das. 1866); »Die naturwissenschaftlichen Grundlagen der Philosophie des Unbewußten« (Leipz. 1876) und »Die Säugetiere in ihrem Verhältnis zur Vorwelt« (das. 1884). Auch bearbeitete er die niedern Tiere für Brehms »Tierleben« (Bd. 10).

18) Johann Friedrich Julius, Astronom, geb. 26. Okt. 1825 in Eutin, gest. 7. Febr. 1884 in Athen, war 1842–45 auf der Hamburger Sternwarte, dann auf der Bilker tätig, wurde 1846 Assistent der Sternwarte in Bonn, 1853 Astronom auf der Sternwarte des Propstes v. Unkrechtsberg in Olmütz und 1858 Direktor der Sternwarte in Athen. Seine Arbeiten erstreckten sich auf das Zodiakallicht, die Sternschnuppen, die veränderlichen Sterne, die physische Beschaffenheit der Kometen und namentlich auf den Mond. Auch lieferte er wertvolle Beiträge zur physischen Geographie Griechenlands. Er schrieb: »Resultate aus zehnjährigen Beobachtungen über Sternschnuppen« (Berl. 1852); »Das Zodiakallicht« (Braunschw. 1856); »Der Mond« (Leipz. 1856); »Über Rillen auf dem Mond« (das. 1866); »Die Eruption des Vesuv im Mai 1855« (Wien 1856); »Vulkanstudien« (Leipz. 1874); »Studien über Erdbeben« (das. 1875). Von Lohrmanns »Mondkarte« veranstaltete er eine neue Ausgabe mit Text (Leipz. 1877) und veröffentlichte selbst nach eignen Beobachtungen die größte und beste Karte des Mondes (Berl. 1878, 25 Blatt), die wir besitzen.

19) Emil, Anthropolog, geb. 7. April 1837 in Obereichstädt bei Eichstädt in Bayern, gest. 22. Okt. 1906 in Jena, studierte 1857–62 Medizin, war 1862–65 Assistent an der chirurgischen Klinik in Bonn, praktizierte 1865–82 in Essen, zugleich als Leiter des Kruppschen Krankenhauses. Seit 1882 wirkte er in Leipzig, habilitierte sich hier 1885 für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte und wurde 1889 außerordentlicher, 1896 ordentlicher Honorarprofessor. Er bereiste 1869 und 1876 Nordamerika, 1874–75 Ägypten, 1889–90 Ceylon und Vorderindien und lebte seit 1901 in Jena. Er schrieb: »Anthropologische Methoden. Anleitung zum Beobachten und Sammeln« (Leipz. 1888); »Reise nach Südindien« (das. 1894); »Vorgeschichte Nordamerikas« (Braunschw. 1894); »Ceylon« (Berl. 1897) und die Geschichte Vorder- und Hinterindiens im 2. Bande von Helmolts »Weltgeschichte« (Leipz. 1902). Auch veröffentlichte er 1888 einen Katalog seiner Privatschädelsammlung.

20) Ferdinand August, geb. 25. Juli 1852 in Bonn, wo er als Arzt lebt, verdient um das Turnwesen als Mitglied des Ausschusses der deutschen Turnerschaft (1887–97), als Mitbegründer der deutschen Turnbauschule, als Mitglied des Zentralausschusses für Volks- und Jugendspiele, als Vertreter des Freiluftturnens, als Mitarbeiter an turnerischen Zeitschriften und durch die Werke: »Die Leibesübungen nach ihrem körperlichen Übungswert dargestellt« (Leipz. 1893); »Die Gymnastik an den schwedischen Volksschulen« (Berl. 1900); »Unser Körper. Handbuch der Anatomie, Physiologie und Hygiene der Leibesübungen« (2. Aufl., Leipz 1902); »Physiologie der Leibesübungen« (das. 1905); »Anleitung zu Wettkämpfen, Spielen und turnerischen Vorführungen bei Jugend- und Volksfesten« (4. Aufl., das. 1905); »Körperpflege und Tuberkulose« (das. 1902). Er ist Mitherausgeber des »Jahrbuchs für Volks- und Jugendspiele«.

Dichter und Schriftsteller.

21) Klamer Eberhard Karl, Dichter, geb. 29. Dez. 1746 in Halberstadt, gest. daselbst 12. Nov. 1824, ward Kriegs-, später Domkommissar in Halberstadt und gehörte noch zu Gleims Freundeskreis. Seine Dichtungen, die von einer milden und biedern Gesinnung zeugen, aber geringen poetischen Wert haben, sind vorzugsweise lyrischen Charakters, z. B.: »Hier sitz' ich auf Rasen, mit Veilchen bekränzt«, »Als der Großvater die Großmutter nahm«, im übrigen Fabeln und Erzählungen, poetische Episteln etc. Auch hat er »Klopstock und seine Freunde«, Briefwechsel (Halberst. 1820), herausgegeben. Schmidts »Leben und auserlesene Werke« erschienen in 3 Bänden (hrsg. von seinem Sohn und von Lautsch, Stuttg. 1826–28).[897] 22) Friedrich Wilhelm August, gewöhnlich S. von Werneuchen genannt, Dichter, geb. 23. März 1764 in Fahrland bei Potsdam, war erst Prediger am Invalidenhaus in Berlin, hierauf zu Werneuchen in der Mittelmark, wo er 26. April 1838 starb. Als Poet suchte er (besonders in dem von ihm herausgegebenen »Kalender der Musen und Grazien«, Berl. 1796–97) den von J. H. Voß in seinen Idyllen angeschlagenen Natürlichkeitston weiterzubilden und verfiel dabei in jenen platten Naturalismus, den Goethe in seinem Gedicht »Musen und Grazien in der Mark« und A. W. Schlegel im »Athenäum« treffend parodierten. Schmidts »Neueste Gedichte« erschienen Berlin 1815. Eine Auswahl aus seinen Gedichten veröffentlichte L. GeigerMusen und Grazien in der Mark«, Berl. 1889).

23) Georg Philipp, genannt S. von Lübeck, Dichter, geb. 1. Jan. 1766 in Lübeck, gest. 28. Okt. 1849 in Ottensen bei Hamburg, studierte in Göttingen und Jena erst die Rechte, dann Medizin, ward Assistenzarzt an der Irrenanstalt in Lübeck, 1803 Sekretär des Finanzministers Grafen v. Schimmelmann in Kopenhagen und war 1806–29 Direktor des Bankkontors in Altona. Seine in Taschenbüchern zerstreuten Gedichte wurden von Schumacher u. d. T.: »Lieder« (Altona 1821; 3. Aufl., von S. selbst besorgt, 1847) gesammelt. Sie zeichnen sich durch einfachen, der poetischen Stimmung entsprechenden Ausdruck aus und sind zum Teil (wie »Fröhlich und wohlgemut«, »Ich komme vom Gebirge her«, »Von allen Ländern in der Welt« u.a.) ins Volk übergegangen.

24) Ferdinand, beliebter Volks- und Jugendschriftsteller, geb. 2. Okt. 1816 in Frankfurt a. O., gest. 30. Juli 1890 in Berlin, besuchte das Seminar zu Neuzelle und war darauf bis 1880 als Lehrer an einer Gemeindeschule in Berlin tätig. Eine besonders verdienstliche Tätigkeit entwickelte er in Berlin zur Hebung der niedern Volksklassen, deren Ergebnis die Gründung von Volksbibliotheken und des Vereins zum Wohl der arbeitenden Klassen war. In seinen zahlreichen Volks- und Jugendschriften, die er seit 1845 in ununterbrochener Folge herausgab (»Jugendbibliothek«, Berl. 1855–67, 36 Bde.), suchte er vor allem den Sinn des Volkes für nationale Geschichte zu beleben und hat dadurch erfolgreich gewirkt. Von seinen übrigen Schriften machen wir namhaft: »Preußens Geschichte in Wort und Bild« (3. Aufl., Leipz. 1881–83, 3 Bde.); »Weltgeschichte für Haus und Schule« (3. Aufl., Berl. 1897, 4 Bde.); »Volkserzählungen« (2. Aufl., das. 1867, 4 Bde.); »Volkserzählungen und Schilderungen aus dem Berliner Volksleben« (2. Aufl., Leipz. 1888, 3 Bde.); »Berliner Bilder« (Brem. 1876); »Frauengestalten aus der Sage und Geschichte« (Jena 1881); »Kaiser Wilhelm und seine Zeit« (4. Aufl., Leipz. 1893) u.a. Vgl. Jahnke, Ferdinand S. (Berl. 1886); Schreck, Ferd. S. in seiner Bedeutung als Jugendschriftsteller und Volkspädagog (Bielef. 1902).

25) Maximilian, Volksschriftsteller und Dialektdichter, geb. 25. Febr. 1832 zu Eschlkam im Bayrischen Wald als Sohn eines Zollverwalters, besuchte die Polytechnische Schule in München, trat aber 1850 in die bayrische Armee ein, wurde als Offizier mehrere Jahre zum Topographischen Bureau und als Erzieher ins Kadettenhaus kommandiert, 1866 zum Hauptmann befördert und wegen hervorragender Tapferkeit mit dem Militärverdienstorden ausgezeichnet. Infolge der Feldzugsstrapazen erkrankt, konnte er in dem nächsten Kriege 1870/71 nur Adjutantendienste in der Festung Ulm verrichten. 1874 ehrenvoll verabschiedet, lebte er fortan mit dem Titel eines Hofrats und ausgezeichnet durch die Gunst König Ludwigs als freier Schriftsteller in München. Außer einigen Bühnenstücken (»Im Austragstüberl«, »Johannisnacht«, »Der Georgithaler« u.a.) schrieb S. eine Reihe von oft ausgelegten Romanen und Erzählungen, in denen er Land und Leute seiner bayrischen Gebirgsheimat in lebensfrischen Farben und humorvoll schildert, und die daher auch in kulturgeschichtlicher Hinsicht von Interesse sind. Es erschienen von ihm außer den »Volkserzählungen aus dem Bayrischen Wald« (München 1863–68, 4 Bde.): »Der Schutzgeist von Oberammergau« und »Johannisnacht« (1880), die Humoreske »Der vergangene Auditor«, »Der Leonhardsritt« und »Die Miesenbacher« (1881), »Der Herrgottsmantel« und »Die Schwanjungfrau« (1882), »Die Blinde von Kunterweg« (1883), »Die Fischerrosl von St. Heinrich« (1884), »Der Zuggeist« (1885), »Der Musikant von Tegernsee« (1886), »'s Lisel vom Ammersee« (1887), »Die Jachenauer in Griechenland« und »Der Primiziant« (1888), »Mauthner-Flank« (1889), »Im Herzen des Waldes« (1890), »Hančička, das Chodenmädchen«, »Am goldenen Steig« (1893), »Der Prälatenschatz« (1894), »Die Künischen Freibauern« (1895), »Der Reismüller« (1898), »Himmelbrand« (1899), »Die Hopfenbrockerin« (1901), »Der blinde Musiker« (1905). Auch eine Gedichtsammlung: »Altboarisch« (Münch. 1884), »Humoresken« (1892) und seine Lebensgeschichte: »Meine Wanderung durch 70 Jahre« (Reutling. 1901, 2 Bde.) hat S. veröffentlicht. Seine »Gesammelten Werke« erschienen in Reutlingen 1898–1905 in 32 Bänden.

26) Rudolf, dän. Schriftsteller, geb. 25. Juli 1836, veröffentlichte als Buchhandlungsgehilfe Arbeiten, die einige Gönner veranlaßten, ihn von 1861 an die Universität besuchen zu lassen, wo er sich bald als Schüler des Philosophen R. Nielsen auszeichnete (»Glauben und Wissen als absolut verschiedene Prinzipien«; »Die Widersprüche in Nielsens Lehre«, beide 1867). Von seinen Dramen wurde »Der verwandelte König« mit großem Erfolg ausgeführt (1876; deutsch, Leipz. 1889). Seine besten Novellen sind in den Sammlungen »Handzeichnungen« (1881–91, 5 Bde.) enthalten. Gutgeführte Handlung und seine Charakterzeichnung haben sie auch in Deutschland bekannt gemacht. Von seinen Abhandlungen und Studien sind unter anderm »Ad egne Veje« (1884) und »Fra Liv og Literatur« (1887) anzuführen.

27) Otto Ernst, Schriftsteller (Pseudonym: Otto Ernst), geb. 7. Okt. 1862 in Ottensen bei Hamburg, besuchte die Volksschule daselbst, später das Seminar in Hamburg und vervollständigte seine Ausbildung durch Privatstudien, war von 1883–1901 Lehrer an der Hamburger Volksschule, daneben von 1886 bis 1890 auch an einer höhern Töchterschule; seit 1901 widmet er sich ausschließlich seiner schriftstellerischen Tätigkeit. Außer »Gedichten« (Norden 1888; 2. Aufl., Hamb. 1892), »Neuen Gedichten« (Hamb. 1892; beide vereinigt und überarbeitet u. d. T.: »Gedichte«, Leipz. 1902) und einer dritten lyrischen Sammlung: »Stimmen des Mittags« (das. 1901, 3. Aufl. 1904), veröffentlichte S. mehrere ernste Dramen: »Die größte Sünde« (Hamb. 1895; umgearbeitete 3.–4. Aufl., Leipz. 1901) und »Bannermann« (Leipz. 1904), ferner das die Nietzscheaner populär verspottende Lustspiel »Jugend von heute« (Hamb. 1899; 12. Aufl., Leipz. 1906), die an Dreyers »Probekandidat« angelehnte, vielgespielte pädagogische Komödie »Flachsmann als [898] Erzieher« (Leipz. 1901, 23. Aufl. 1906) sowie die Lustspiele »Die Gerechtigkeit« (1.–6. Aufl., das. 1902), »Das Jubiläum« (das. 1905) und die Märchenkomödie »Ortrun und Ilsebill« (das. 1906). Nicht minder erfolgreich war S. mit seinen von Humor und Satire gewürzten, vielfach ausgelegten Erzählungen und Plaudereien. Hierher gehören die »Kartäusergeschichten« (Hamb. 1895), »Aus verborgenen Tiefen« (das. 1891; 4. Aufl. u. d. T.: »Besiegte Sieger«, Leipz. 1906), »Der süße Willy« (Hamb. 1896), die »Hamborger Schippergeschichten« (das. 1899), »Ein frohes Farbenspiel« (Leipz. 1900), »Vom geruhigen Leben« (das. 1902), »Von großen und kleinen Leuten« (das. 1905), »Appelschnut. Neues und Altes von ihren Taten, Abenteuern und Meinungen« (das. 1906). Sein reifstes Werk bot er in dem durch stimmungsvolle Kleinmalerei ausgezeichneten autobiographischen Roman »Aus Asmus Sempers Jugendland« (Leipz. 1904, 40. Aufl. 1906). Bemerkenswertes bot er auch in seinen Essays: »Offenes Visier!« (2. Aufl., Leipz. 1895) und »Buch der Hoffnung« (das. 1896–97, 2 Bde.). Vgl. J. Schumann, Otto Ernst (Leipz. 1902).

Künstler.

28) Georg Friedrich, Kupferstecher, geb. 24. Jan. 1712 in Berlin, gest. daselbst 25. Jan 1775, besuchte seit 1727 die Akademie in Berlin, bildete sich seit 1737 in Paris unter dem Kupferstecher Larmessin, als dessen Gehilfe er besonders Lancretsche Gemälde stach, und erhielt hier von dem Maler Rigaud den Stich seines Porträts von Mignard anvertraut, der ihm 1742 die Aufnahme in die französische Akademie erwarb. 1744 folgte er einem Ruf als Hofkupferstecher nach Berlin, 1757 nach St. Petersburg, wo er unter anderm das Bildnis der Kaiserin Elisabeth stach und eine Kupferstecherschule organisierte. Seit 1762 wirkte er wieder in Berlin. S. ist der glänzendste deutsche Linienstecher des 18. Jahrh. und hat auch Radierungen ausgeführt, in denen er sich ganz an Rembrandt anschloß. Die Zahl seiner Blätter beläuft sich auf nahezu 300. Vgl. Jacoby, Schmidts Werke (Berl. 1815); Wessely, Georg Friedr. S., Verzeichnis seiner Stiche etc. (Hamb. 1887); Apell, Das Werk von Georg Friedrich S. (Dresd. 1887).

29) Max, Maler, geb. 23. Aug. 1818 in Berlin, gest. 8. Jan. 1901 in Königsberg, bildete sich auf der Berliner Akademie und bei W. Schirmer zum Landschaftsmaler aus, bereiste 1843–44 den Orient, 1847 bis 1853 Süddeutschland, Italien, die Ionischen Inseln und die Provence. Bis 1855 schilderte er mit Vorliebe die südliche Landschaft, später die nordische, worin er zumeist nach idyllischer Stimmung bei freundlicher Sonnenbeleuchtung strebte. Im Neuen Museum zu Berlin führte er mehrere griechische und ägyptische Landschaften in Wandmalerei aus. 1868 wurde S. Professor an der Kunstschule in Weimar, 1872 an der Königsberger Akademie, wo er zuletzt stellvertretender Direktor war. Dort malte er unter anderm eine Reihe von Landschaften aus der »Odyssee« für das Gymnasium in Insterburg, Strandlandschaften von der Ostsee und ostpreußische Waldlandschaften, darunter: Im Heidekraut (1888), vom Fels zum Meer (die Burg Hohenzollern und Küste von Groß-Kuhren in Ostpreußen für das Regierungsgebäude in Königsberg), norddeutsches Jagdgefilde (1894), schwüler Tag am See, Meeresstille (Vilm bei Rügen) und ein Sonnenblick auf Dünensand (1895). Zwei seiner Bilder (Wald und Berg, 1868, und Spreelandschaft bei schwülem Wetter, 1877) besitzt die Berliner Nationalgalerie. Er gab heraus: »Die Technik der Aquarellmalerei« (7. Aufl., Leipz. 1901).

30) Friedrich, Freiherr von, Architekt, geb. 22. Okt. 1825 zu Frickenhofen in Württemberg, gest. 23. Jan. 1891 in Wien, studierte an der Polytechnischen Schule in Stuttgart unter Mauch und Breymann und erlernte die Steinmetzkunst. 1843 wandte er sich nach Köln, wo er als Steinmetzgehilfe in die Dombauhütte eintrat; 1848 wurde er Meister, und 1856 bestand er das Staatsexamen als Baumeister in Berlin. Bei der Konkurrenz zur Wiener Votivkirche erhielt er den dritten und bei der zum Berliner Rathaus den ersten Preis. 1857 wurde er als Professor der Architektur an die Mailänder Akademie berufen, wo ihm bald neben seiner Lehrtätigkeit die Restauration von Sant' Ambrogio übertragen ward, die aber durch den Krieg von 1859 ins Stocken geriet. 1859 wurde er Professor an der Kunstakademie in Wien. Er baute die Lazaristenkirche daselbst, die Pfarrkirche in Fünfhaus und die gotische Kirche in Graz; 1862 wurde er Baumeister des Stephansdoms, erhielt 1865 den Titel Oberbaurat und wurde 1888 vom Kaiser von Österreich in den erblichen Freiherrenstand erhoben. Seine andern Hauptwerke sind: das akademische Gymnasium, die Vollendung des Turms von St. Stephan, das in deutsch-italienischer Gotik ausgeführte Rathaus (s. Tafel »Wiener Bauten II«), vor dem ihm 1896 ein Erzstandbild von Hofmann und Deininger errichtet wurde, und das an Stelle des abgebrannten Ringtheaters erbaute Stiftungshaus in venezianischer Gotik (Tafel I, Fig. 6). Er war einer der hervorragendsten und künstlerisch selbständigsten Vertreter des gotischen Stils in der deutschen Baukunst. Vgl. Reichensperger, Zur Charakteristik des Baumeisters Friedrich Freih. v. S. (Düsseld. 1891).

31) Albert, Architekt, geb. 16. Sept. 1841 zu Sonneberg in Thüringen, widmete sich dem Baufach auf der Baugewerbeschule und dem Polytechnikum in München, ließ sich nach einer Studienreise durch Italien 1865 als Privatarchitekt in München nieder und erbaute dort außer zahlreichen Wohn- und Geschäftshäusern die Neue Synagoge (s. Tafel »Münchener Bauten II«, Fig. 2), den Löwenbräukeller, die königliche Filialbank und die protestantische Lukaskirche (Tafel III, Fig. 2). Außerhalb Münchens erbaute er das Schloß Frauenau im Bayrischen Wald und das Hochschloß am Ammersee. Er erhielt 1888 den Professortitel und wurde 1889 Mitglied der Münchener Kunstakademie.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 17. Leipzig 1909, S. 894-899.
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