Hebräer [2]

[130] Hebräer (Ant.). Hier ist von öffentlichen u. privaten Einrichtungen, Sitten u. Gebräuchen der H. bis zur gänzlichen Auflösung ihres Reichs durch die Zerstörung Jerusalems die Rede; die der späteren Juden s.u. Judenthnm. I. Staatswesen. A) Verfassung. In der Zeit der Patriarchen hatte nach orientalischer Sitte ein Familienvater die Gewalt über die Glieder seiner u. anderer ihm untergeordneten Familien u. war zugleich Anführer gegen die Feinde, Priester seines Familiencultus u. Richter über seine Familienglieder. In der mosaischen Verfassung war eine zusammengesetzte Stamm- u. Familienverfassung, wo sich die (12) Stämme (Schebatim) in Geschlechter (Mischphachoth) u. diese in Stammhäuser (Bathe Aboth) theilten; jeder Stamm machte einen Staat aus, an der Spitze derselben standen Stammfürsten (Nesiim), welche großes Ansehn genossen, Stammhäupter (Rosche Bathe Aboth), Älteste (Sekenim) u. Vorsteher (Schoterim), deren Verhältniß zu einander nicht näher bekannt ist. Die Leviten bildeten eine Art gelehrten Adel mit militärischer Ausrichtung, welche als Gegengewicht gegen den etwaigen überwiegenden Demokratismus dienen sollte. Aus den Häuptern bildete Moses die Volksgemeinde (Edah) u. einen Ausschuß; an der Spitze der ganzen Verfassung stand Jehovah selbst als König, daher die hebräische Staatsverfassung eine Theokratie genannt wird. Zwischen ihm u. dem Volk war ein Gesetzgeber (Moses) selbst der Mittler, welcher die Gewalt so vertheilte, daß den Priestern die beschließende (wobei sie an die Berathung der Urim u. Thummim [s.d.] gebunden waren) u. richterliche Gewalt nebst der Besorgung des Cultus, dem Josua die ausübende Gewalt übertragen wurde; über die verordnende u. gesetzgebende Gewalt war nichts bestimmt. Nach Josuas Tode führten die Richter das Volk im Kampfe an u. sprachen bei entstandenen Streitigkeiten Recht, ihr Amt war aber nicht erblich u. hatte gewöhnlich nur in einem od. mehreren Stämmen Geltung. Schon damals verlor die theokratische Verfassung an Kraft u. Halt. Zwar vereinigte Samuel wieder Priester- u. Richterthum u. somit die ganze theokratische Gewalt, aber er mußte dem Volke, auf dessen ausdrückliches Verlangen, einen König geben, jedoch wußte er das theokratische Princip dadurch zu sichern u. die Könige in Abhängigkeit zu erhalten, daß er ihre Wahl u. Einsetzung von Propheten abhängig machte. a) Der König (Melech) wurde unter priesterlichem u. prophetischem Einfluß gewählt, dann durch Priester bei feierlichen Opfern mit heiligem Öl gesalbt, wobei das Volk durch Freudengeschrei den neuen König begrüßte u. ihn in feierlicher Procession umherführte. Seine Auszeichnung bestand in einerprächtigen Kleidung, einer Tiara (Neser), einer Krone (Atarah), einem Scepter (Schebet), sein Sitz war ein Thron (Chisse), zu seiner Bedeckung hatte er eine (von David eingeführte) Leibwache; Ehrenbezeigungen vom Volke waren, daß man vor ihm niederfiel, ihn küßte, grüßte, in seiner Gegenwart stand; sein Einkommen bestand in freiwilligen Geschenken, welche vom Volke bei seiner Salbung u. von Unterworfenen bei ihrer Besiegung dargebracht wurden, in einem Theile an der Kriegsbeute, in Heerden, in dem Ertrag der Krongüter, in Frohndiensten, welche die Unterthanen leisten, u. gewissen Abgaben, die sie geben mußten; in außerordentlichen Fällen wurde auch eine Kopfsteuer aufgelegt. Der König vereinigte in sich als der sichtbare Stellvertreter Jehovahs die priesterliche u. Staatsgewalt, war aber beschränkt durch eine, von Moses angedeutete, von Samuel aufgeschriebene u. in der Stiftshütte aufbewahrte Wahlverfassung u. durch die Stimme der Volksversammlung; dennoch artete später die königliche Gewalt nicht selten in vollständigen Despotismus aus. Mit dem Exil endete die Königswürde. Nach dem Exil wurden die Juden von einem, den Persern gehorchenden Statthalter u. von Richtern aus ihrer Mitte regiert; als sie unter Ägypten u. Syrien standen, erwuchs dadurch, daß die Landesverwaltung dem Hohenpriester übergeben wurde, eine Hierarchie, woraus sich unter römischem Einfluß wieder eine Art Königthum entwickelte (s. Hebräer [Gesch.] V. u. VI.). b) Die höchste geistliche u. priesterliche Gewalt war in den Händen des Sanhedrin (Synedrium, hoher Rath), der bis 71 Räthe (Priester, Älteste u. Schriftgelehrte unter einem Vorsitzenden.[Nasi])[130] enthielt, u. deren jede Stadt von mehr als 120 Einwohnern einen, Jerusalem aber zwei hatte; in kleineren Städten bestanden Gerichte von drei Männern. c) Beamte: dem Könige zur Seite standen seine Räthe (Sadim), der Reichskanzler (Maschir), welcher die Ereignisse, bes. die durch u. mit dem König geschahen, aufzeichnete, der Staatssecretär (Sopher), der Feldherr u. der Befehlshaber der Leibwache, der Aufseher über die Frohndiener, der Haushofmeister, Garderobemeister u. Salomo hatte 12 Rentamtleute. d) Bürger waren alle, welche aus einem der 12 Stämme abstammten u. welche zur Beurkundung dessen die Beschneidung an sich trugen; ausgeschlossen waren Verschnittene u. Kinder öffentlicher Dirnen; von Ausländern konnten Edomiter u. Ägyptier im dritten Geschlechte, Ammoniter u. Moabiter nie Bürger werden, sonst jeder Fremde, wenn er sich zum Mosaismus bekannte; bei seinem Übertritt wurde er beschnitten, getauft u. brachte ein Opfer; sie hießen Fremdlinge der Gerechtigkeit (Gere Zedek, später mit griechischem Namen Proselyten, d.h. Ankömmlinge). e) Sklaven, welche die H. von den ältesten Zeiten gehabt, waren entweder im Krieg Gefangene u. Geraubte, od. Gekaufte, od. von Sklaven Geborene od. nicht zahlende Schuldner; Arme verkauften sich selbst. Der Herr hatte volles Recht über seinen Sklaven; er konnte denselben ungestraft züchtigen bis zum Tode, wenn er nur nicht augenblicklich starb; verletzte er aber des Sklaven Körper, so wurde dieser frei. Freigegeben wurden die israelitischen Sklaven in jedem siebenten u. im Jubeljahr, u. jeder Freigelassene erhielt eine Anzahl Schafe, Getreide etc. als Ausstattung zur neuen Wirthschaft; wollte der Sklav die Freiheit nicht, so wurde mit einem Pfriemen sein Ohr durchbohrt, u. er so an die Thür befestigt, dann war er auf immer Sklav. Auch konnten Sklaven eher von Anderen losgekauft werden. Übrigens hatten Sklaven ihr Eigenthum, u. durch Religionsgebote war für ihre Erholung u. Erquickung gesorgt, auch war ihre Behandlung nicht hart. f) Fremde, die nicht zum Judenthum übergingen, hießen Fremdlinge des Thors (Gere Schaar, weil sie innerhalb des Thors wohnen durften); sie mußten sich zur Beobachtung der sieben Noachischen Gebote (Enthaltung von Abgötterei, Gotteslästerung, Todtschlag, Unzucht u. Blutschande, Raub, Widersetzlichkeit gegen die Obrigkeit, Genuß frisch geschlachteten, noch blutenden Fleisches) verpflichten, konnten überall im Lande, nur nicht in Jerusalem, wohnen, erhielten Schutz u. Recht, durften auch opfern, aber den Tempel nicht betreten, konnten auch nie ein öffentliches Amt bekleiden u. waren überhaupt ohne Ansehen.

B) Rechtswesen: a) Rechte: aa) Sachenrecht: der Besitz an Stamm- u. Familiengütern, ebenso Häuser auf dem Lande (Häuser in den Städten waren veräußerlich) u. in den Levitenstädten, waren unveräußerlich, waren sie ja verkauft worden, so mußten sie im Jubeljahr der Familie od. dem Besitzer durch Wiederkauf zurückgegeben werden; auch konnten es Besitzer od. wer es sonst lösen wollte, vor dem Jubeljahr zurückfordern. Im Erbrecht bekam der Erstgeborene (mit der Stammfürstenwürde im patriarchalischen Zeitalter) doppelten Theil; Töchter erbten nur, wenn keine Söhne vorhanden waren, hatte der Erblasser auch keine Töchter, so erbten seine Brüder, dann seine Vettern, dann seine nächsten Freunde in dem Stamme, denn außer dem Stamm wurde nichts vererbt, auch die Erbtöchter durften nicht außer dem Stamm heirathen, wenn sie das Erbe erhalten wollten. Über die Testamente war nichts bestimmt, in der patriarchalischen Zeit galt die Einsegnung als solches. bb) Personenrecht. Was die ehelichen Verhältnisse u. die Verhältnisse zwischen Eltern u. Kindern anlangt, s. unt.; über die Verhältnisse der Sklaven, s. ob. cc) Persönliche Rechte u. Verbindlichkeiten. In Schuldsachen galt, daß der Schuldner, wenn er nicht zahlte, gepfändet (doch war durch das Gesetz hierin die größte Milde vorgeschrieben) u. dann als Sklav verkauft wurde; im Erlaßjahr wurden keine Schulden eingetrieben. Zinsen von Darlehen zu nehmen, war den H-n unter einander verboten, von Fremden war es gestattet. Wer eines Anderen Eigenthum beschädigt hatte, sei es daß er es selbst od. sein Vieh gethan, mußte Ersatz leisten, so auch für getödtetes Vieh; Veruntreuung einer deponirten od. Zurückbehalten einer gefundenen Sache wurde durch den Ersatz des Doppelten gebüßt. Das Mosaische Gesetz war auch gegen Arme u. Fremde human u. mild, für jene wurde bei der Ernte eine Nachlese u. Theilgebung an den Zehentmahlzeiten empfohlen u. ihnen gehörte der Wuchs des Erlaßjahres. b) Verbrechen: Diebstahl wurde mit mehrfachem Ersatz des Entwendeten od. mit Gefängniß bestraft; Verbrechen gegen Respectspersonen, wie Elternfluch, ja sogar Ungehorsam gegen Eltern sollte mit dem Tode geahndet werden; vorsätzlicher Mord wurde mit dem Tode, unvorsätzlicher durch ein Wehrgeld gestraft, Mörder fanden bis zum gerichtlichen Austrag der Sache Schutz am Altar u. in den sechs Freistätten (s.u. Asyl); Verstümmelung wurde durch Wiedervergeltung gesühnt; Verwundung durch ein Schmerzensgeld; auf Verbrechen gegen die Religion u. den Cultus, z.B. Abgötterei, Gotteslästerung, Sabbathsschändung, stand der Tod (Steinigung), ebenso auf Päderastie u. Sodomiterei, Blutschande, Ehebruch mit einer Freien (denn der mit einer Sklavin wurde sehr gelind angesehen); Schwächung einer Jungfrau wurde durch Geldstrafe gebüßt, nur durfte das Mädchen keine Verlobte sein, wo der Tod erfolgte. c) Strafen, denen allen das Princip der Wiedervergeltung zu Grunde lag, waren: Geldstrafen, welche der Beschädigte u. der Gewalthaber des Beschädigten erhielt; Freiheitsstrafen durch Einschließen in das Gefängniß; Leibesstrafen, Geißelungen od. Schläge, deren jedoch nicht über 40 gegeben werden durften u. die nicht entehrend waren; die Talion konnte mit Gelde abgelöst werden; von Lebensstrafen waren die gewöhnlichsten die Steinigung (s.d.), das Verbrennen u. Tödten mit dem Schwerte erschien seltener; zu größerer Beschimpfung wurde der Leichnam aufgehängt; Prügeln zu Tode (Tympanismós), Zersägen, Ersticken in glühender Asche, Kreuzigung (s.d.). Eine Art Gewissensstrafen waren die Sünd- u. Schuldopfer (s. unt. Opfer). Außerdem bestand die Ausschließung von der Gemeinde (Bann, Excommunication), von der es drei Grade gab. Die härteste Art fand unter Verfluchungen u. Verwünschungen statt. d) Gericht: das Gericht wurde an allen Tagen, außer am Sabbath u. an Festtagen, u. zwar des Morgens[131] gehalten; die Gerichte waren früher öffentlich u. wurden von dem Volke fleißig besucht, sie wurden in alter Zeit im Thore od. auf freien Plätzen vor dem Thore, od. bei den Wohnungen der Richter, später vom Sanhedrin im Geheimen, von den römischen Procuratoren in ihrem Palaste gehalten; doch hatte schon Salomo eine Halle bauen lassen, wo Gericht gehalten wurde. Das Verfahren war mündlich u. summarisch; Anwalte gab es nicht; in Criminalsachen bedurfte es wenigstens zweier Zeugen, selten u. erst später wurden schriftliche Beweismittel gebraucht; in Ermangelung der Zeugen konnte sich der Angeklagte durch den Eid reinigen (s. Eid); eine Art Gottesurtheil war das Bittere Fluchwasser (s.d.) u. das Loos. Die Executionen an den Verurtheilten wurden schnell u. in der Königszeit von der Leibwache des Königs vollzogen, die Steinigung vom Volke, die Blutrache nahm der Beleidigte selbst.

C) Polizei. Die polizeilichen Verordnungen waren ein Ausfluß der theokratischen Verfassung; die Speisegesetze bestimmten, welche Klassen u. Arten von Thieren unrein wären u. nicht gegessen werden sollten; untersagt war ihnen der Genuß aller an Krankheit gefallenen od. zerrissenen Thiere, des Blutes u. blutiger Fleischstücke, von Fischen ausgenommen, gewisser Fettstücke von allen Thieren, vorzüglich des Fettschwanzes vom Schafvieh, eines jeden in der Milch od. dem Fette seiner Mutter bereiteten Thiers, aller Speisen u. Getränke, welche unbedeckt in einem Leichenzimmer gestanden, des Fleisches der unreinen Thiere. Die Reinigkeitsgesetze, wodurch derjenige, welcher bewußt od. unbewußt sich verunreinigt hatte, sich wieder reinigen u. sühnen sollte, s.u. Reinigung. Verboten war z.B. das Castriren der Menschen u. Thiere u. allartige Verbindung verschiedener Dinge mit einander, z.B. das Zusammenspannen von Rindern u. Eseln, das Besäen eines Ackers mit verschiedenem Gesäme, das Tragen von Zeug aus verschiedenen Stoffen.

D) Religion. a) Die Religion der Patriarchen hatte, im Gegensatz zu den anderen Völkern, den Jehovah als öffentlichen Gott zum Gegenstand ihrer Verehrung. Neben dem Jehovah verehrten die einzelnen Häuser ihre Hausgötter (Theraphim), besonders fragten sie dieselben um Rath, gewissermaßen als Orakel. Diese patriarchalische Religion bildete auch die Grundlage zu der, gegen die in Ägypten angenommene Abgötterei des Volkes gerichteten Mosaischen Religion (Mosaismus), welche ein in der Verfassung des Volkes befestigter, in seiner Gesetzgebung ausgeführter u. in der inneren u. äußeren Geschichte der H. durchlebter Monotheismus war. Eine eigentliche Glaubenslehre hatte die Mosaische Religion nicht, sie war blos Anstalt, war blos praktisch, beschränkt auf die einzige Idee von dem wahren Gott (Jehovah), mit dem das Volk der H. einen Bund gemacht hatte, worin dasselbe Gotte Verehrung u. eine gewisse Lebenseinrichtung zusagte u. Jehovah dagegen dem Volke Schutz u. Lebensgüter verhieß. Jehovah war ihnen ihr unsichtbarer Herrscher (Theokratie), repräsentirt durch Moses u. später durch die Könige. Über den, aus dem Volksglauben in die spätere Lehre übergegangenen Glauben an Engel, s.d.; über die Ansicht der H. von der Entstehung der Dinge, s.u. Schöpfung, von dem Menschen, s.u. Mensch (Theol.), über die Fortdauer nach dem Tode, s.u. Unsterblichkeit. Die Mosaische Anstalt erfuhr eine Vervollkommnung durch die Propheten, welche die Erwartung des Messias (s.d.) für die gesunkene Anstalt u. die Verbreitung der neuverklärten Anstalt über die ganze Erde aussprachen u. so den Universalismus des Christenthums (s.d.) vorbereiteten. b) Der Cultus der Patriarchen war sehr einfach, die Opfer wurden auf einfachen Altären (s.u. Altar) von dem Familienvater (s. ob.) gebracht; Tempel gab es nicht, aber heilige Haine (s.d.), auch verehrte man Gott in heiligen Steinen (Mazboth). Die Mosaische Gesetzgebung verwarf allen Dienst von Bildern, sie ordnete aber den Dienst des Jehovah in bestimmter Weise u. mit bestimmtem Ceremoniell. In der nachmosaischen Zeit wurde der Jehovahdienst sehr getrübt; bald wurde der Dienst der Theraphim in den öffentlichen Gottesdienst gezogen, bes. um sie als Orakel zu befragen; bald wurde wieder Bilderdienst allgemeiner, ja heidnischer Dienst drang seit der Theilung des Reiches immer mehr ein. So verehrte man Schlangen, als das Bild heilender Kraft, ferner Baal, Astarte, Moloch (s.d. a.) u. andere von benachbarten Heidenvölkern entlehnte Gottheiten. Mit dem Götzendienst verbreitete sich auch die früher gesetzlich verbotene Zauberei u. Wahrsagerei (s. b.), Todten- u. Schlangenbeschwörung. Der Cultus bestand besonders in aa) Opfern; bb) Gelübden; cc) Fasten (s.d. a.); dd) Gebet war in besonderer Formel nicht vorgeschrieben, mau fiel dabei nieder, od. kniete od. breitete die Hände aus (s.u. Judenthum); vorgeschrieben war aber ee) die Segensformel (4. Mos. 6,24), nach Beendigung des Gottesdienstes, durch Priester, das Volk antwortete darauf mit Amen; ff) durch David wurde die Feierlichkeit des Tempeldienstes durch die, die Gesänge begleitende Musik noch erhöht. Tanz gehörte nicht zum Tempeldienst, sondern wurde, in Bezug auf das Heiligthum, früher vor der Bundeslade im Freien aufgeführt. c) Geleitet wurde der Gottesdienst von den Priestern, welche aus dem Hause Aaron genommen waren, ihr Oberster hieß Hoherpriester (s.d.); die Leviten (s.d.), deren ganzer Stamm dem Jehovah geheiligt war, so wie die Glieder aus den Häusern Gerson, Kahat u. Merari stellten die Tempeldiener. d) Das einzige Nationalheiligthum war seit der mosaischen Zeit die Stiftshütte (s.d.), deren Hauptinhalt im Allerheiligsten die Bundeslade (s.d.) war, nach deren Wegkommen opferte man an beliebigen Orten, bes. auf Höhen, bis zum Bau des Tempels von Jerusalem unter Salomo, s.u. Tempel; nach dem Exil war in jedem bedeutenderen Orte neben dem, wieder in Jerusalem aufgebauten Tempel, eine od. mehrere Synagogen (s.d.) mit einem Vorsteher u. mehreren Ältesten u. dem Vorbeter, Aufwärter u. Almosensammler. e) Feste: Die Zeit des Gottesdienstes war täglich des Abends u. Morgens, wo ein Lamm als Brandopfer gebracht u. im Heiligthum geräuchert wurde; der den H-n vor allen anderen Völkern des Alterthums eigene wöchentliche Feiertag war der Sabbath (s.d.) am Sonnabend, wo neue Schaubrode aufgelegt wurden u. eine neue der 24 Klassen der Priester den Dienst übernahm; der monatliche Festtag war der, auch von anderen alten Völkern gefeierte Neumond, bes. der siebente des Jahres;[132] jährliche Feiertage waren der Versöhnungstag (s.d.) u. die drei großen Feste das Passah, die Pfingsten u. das Laubhüttenfest, das Sabbath- u. Jubeljahr (s.d. a.), seit dem Exil das Fest Purim, Tempelweihe u. Holzfest (s.d. a.).

E) Kriegswesen. In der ältesten Zeit war jedes waffenfähige Glied einer Familie auch Krieger, u. der Stammfürst war der Anführer. In der mosaischen Zeit waren heerpflichtig alle, welche das 20. Lebensjahr zurückgelegt hatten; frei war, wer ein neugebautes Haus noch nicht bewohnte, wer in einem neuen Wein- od. Ölberg noch nicht geerntet, od. wer noch nicht ein Jahr in der Ehe gelebt hatte. Wenn eine bewaffnete Macht nöthig war, so wurde sie, zur Zeit der Richter, tumultuarisch aufgeboten; unter Salomo wurde ein stehendes Heer errichtet, wozu Aushebungen aus dem Volke von gewissen Beamten geschahen, doch miethete man auch fremde Truppen. Die Truppen waren Fußgänger, Reiter od. Kämpfer auf Streitwagen; diese einzelnen Waffengattungen zerfielen in einzelne größere u. kleinere Haufen, welche ihre Anführer, Fahnen (Degel) u. Feldzeichen (Oth) hatten. Für die Oberfeldherren gab es besondere Waffenträger. Als Waffen kommen in der Königszeit vor: große (Zinnah) u. kleine Schilde (Magen), Helme (Koba), Panzer (Schirjon), Beinschienen (Mizchah), Schwert (Chereb), an der linken Seite getragen, Speer (Romach), Wurfspieß (Schebet), Bogen (Kescheth), Schleuder (Kela). Wenn nach Befragung des Orakels (u. nach geschehener Kriegserklärung) das Heer ins Feld marschirte, so wurde vorher vom Hohenpriester ein Opfer gebracht u. Jehovah um Glück gebeten; Priester folgten dem Heere. Gewöhnlich wurde das Heer auf dem Marsch verpflegt, die Lagerstätten wurden mit Wachen umgeben u. in denselben strenge Polizei geübt. Zum Aufbruch u. zur Schlacht wurde das Signal mit Trompeten gegeben u. der Angriff mit einem Kriegsgeschrei gemacht; der Sieg wurde mit Gesang u. Tanz gefeiert; eroberte Waffen an heiligen Orten aufgehängt, die Beute in zwei Theile getheilt, von welchen den einen die Krieger, den anderen die Gemeinde bekam; Menschen wurden zu Sklaven gemacht. Wenn über eine Stadt der Bann ausgesprochen war, so wurden Menschen u. Vieh getödtet u. die Stadt verbrannt (s. Bann 1). Festungen kannten die H. schon früh; die Befestigung bestand in einer, oft mehrfachen, dicken, gebauten, mit Zinnen, Brustwehren u. Thürmen versehenen Mauer (Chomah) u. einem Graben mit Vormauer (Chel); die Thore waren mit Erz beschlagen u. mit Thürmen überbaut; auf den Thürmen u. Ecken der Mauern waren eine Art Wurfmaschinen (Chischbonoth) aufgestellt. Bei Belagerungen wurde eine Circumvallationslinie (Banah Mazor) um die Festung errichtet u. der Graben ausgefüllt, dann die feindlichen Mauern mit dem Mauerbrecher (Kar) eingestoßen Bei der Abschließung von Bündnissen pflegten die paciscirenden Theile, zum Zeichen der Treue, zwischen den zwei Hälften des geschlachteten Opferthieres durchzugehen, auch wurden rohe Denkzeichen zum Gedächtniß des Bundes errichtet.

II. Beschäftigung u. Verkehr. Die älteste Beschäftigung der H. war Viehzucht; sie zogen mit Schaf- u. Ziegenheerden in alter Zeit auf den Gemeindetriften umher, blieben des Nachts in Hürden unter freiem Himmel od. unter Zelten u. pflegten ihr Vieh mit großer Sorgfalt; anderwärts hielt man Rinderheerden; Kameele u. Esel dienten zum Transport; manche Stämme trieben auch Räuberei nebenbei. Jagd (mit Pfeilen, Netzen, Schlingen u. in Gruben) u. Fischfang (mit Netz u. Angel) wurde gleichfalls in alter Zeit betrieben. Ein Fest war die Schafschur, die mit Feierlichkeiten begangen wurde. Dem Wassermangel half man durch Brunnen u. Cisternen ab. Ackerbau, den die Patriarchen nur nebenbei betrieben hatten, wurde nach der Eroberung des Gelobten Landes die Hauptbeschäftigung der H. u. die Grundlage ihrer Staatsverfassung. Die H. düngten ihre Acker mit Spreu u. den Stoppeln, welche sie verbrannten, u. bearbeiteten sie dann mit dem Spaten (Jathed), der Hacke (Eth) u. dem einfachen, räderlosen, von Stieren, auch wohl von Eseln gezogenen u. von einem Pflüger gelenkten Pflug (Machareschah), hierauf folgte das Eggen (Schidded) u. dann wurde gesäet, die Winterfrucht im October u. November, die Sommerfrucht im Januar u. Februar; in der heißen Jahreszeit sorgte man für Bewässerungen. Man baute auf den Feldern bes. Weizen, dann zu Brod für Arme u. zu Viehfutter Gerste, ferner Spelt, Bohnen, Linsen, Flachs, Gurken, Kümmel etc. Die Ernte, in den Ebenen im April beginnend, wurde am Tage nach dem Passahfeste mit religiöser Festlichkeit eröffnet u. zu Pfingsten auf gleiche Weise beschlossen. Geschnitten wurde mit der Sichel (Maggal, Chermesch), dann das Abgeschnittene in Garben (Imar, Zebeth, Alummah) gebunden, die Garben in Haufen (Aremah, Gadisch) gesetzt, auf einem Wagen nach der, im Freien angelegten Tenne (Goren) gefahren u. entweder mit Schlägeln ausgedroschen od. von Thieren (Ochsen od. Pferden) ausgetreten od. mit Dreschmaschinen ausgebracht; die letzteren waren entweder schlittenartig verbundene u. mit Spitzen besetzte Balken od. mit Rädern u. Walzen versehen. Das Ausgebrachte wurde nun geworfelt u. die Körner in Speichern (Asam, Ozar) od. Erdhöhlen zum Gebrauch aufbewahrt, die Spreu aber verfüttert od. verbrannt. Die Hügel Palästinas gaben auch Gelegenheit zum Weinbau; die Weinberge wurden mit Hecken od. Mauern umgeben u. mit Thürmen für die Wächter versehen; von der Behandlung des Weinstocks kannten die H. das Beschneiden gewiß. Der im September u. November unter Jubel geschnittene Wein wurde zum Theil zu Rosinen getrocknet, zum Theil aber in einem Troge (Gath) gekeltert u. nach der Gährung in Krügen od. Schläuchen aufbewahrt. Der Ölbau gab den H-n Salbe, Arznei u. Speiseöl. Außerdem wurden Feigen, bei Jericho Datteln u. Balsam gebaut; in Gärten zog, man Obst-, bes. Granat-, Mandel-, Wallnuß-, Äpfel- u.a. Bäume, Blumen u. Kräuter, bes. auch Balsamstauden zum Gebrauch u. als Zierde (s.u. Garten). Zahlreiche wilde Bienenschwärme gaben Honig, der viel zu Backwerk gebraucht, auch unter Geschenken gegeben wurde; vielleicht kannten die H. auch schon die Bienenzucht. Die Erfindung der mechanischen Künste, namentlich die Bearbeitung der Metalle, setzten die H. in ihre Urgeschichte hinauf u. schrieben sie dem Thubalkain zu; aus Erz wurden Waffen u. Hausgeräthe gemacht, man hämmerte, goß u. glättete dies Metall; schmiedete aus Eisen Waffen u. Ackergeräthe;[133] aus Gold u. Silber Schmucksachen u. brachte durch Löthen diese Metalle in die verschiedensten Formen; Steinarbeiten scheinen erst unter David u. bes. unter Salomo in großartiger Weise ausgeführt worden zu sein; aus Holz machte man Schilde, Wagen, Dreschmaschinen, Körbe etc.; aus Thon Ziegel u. Gefäße, auch die Glasur kannten die H. schon; Glas war sehr geschätzt; edle Steine wurden zu Ringsteinen geschnitten, auch gefaßt (früh im hohenpriesterlichen Ornat vorkommend); mit Elfenbein wurden Hausgeräthe u. Paläste geziert, aus Horn machte man Schmuckgefäße, aus Leder aber Gürtel, Schildüberzüge etc. Das Weben aus Wolle u. Flachs war Beschäftigung der Weiber u. wurde so stark getrieben, daß man mit den Geweben Handel trieb; meist wurden die Gewebe zu Kleidern benutzt, dazu wurden sie erst von dem Walker gereinigt u. verdichtet u. dann gefärbt, bes. geschätzt war die purpurne u. karmoisine Farbe; ob die bunten Stoffe der H. gestickt od. gewebt waren, ist unbestimmt. Zu Salb- u. Räucherwerk wurde Weihrauch, Myrrhen, Cassia, Aloëholz, Narde, Safran etc. von besonderen Leuten verarbeitet. Die Handwerke waren nicht streng geschieden, ob sie aber bes. von Sklaven betrieben wurden, ist unbestimmt, wenigstens standen die Handwerker in späterer Zeit in Ehren. Die Schifffahrt betrieben die H. erst seit der Zeit der Könige mit Ruderschiffen; von dem, bis in die Zeit nach dem Exil unbedeutenden Handel der H., s.u. Handel IV. B); erst nach dem Exil wurde er bedeutender. Tauschmittel war bis zum Exil rohes Silbermetall (vgl. Sekel) nach dem Gewicht; nach dem Exil hatten sie die Münzen ihrer Oberherren; Simon Makkabäus prägte die ersten hebräischen Münzen (s. Sekel) von Silber; unter römischer Herrschaft waren römische Münzen in Umlauf. Maße waren für Trockenes: Chad, Epha, Omer, Seah (s.d. a.); für Flüssiges: Bath, Chin, Log (s.d. a.); für Längen: Ezba (Fingerbreite), Tephach (Handbreite), Sereth (Spanne), Ammah (Elle), Kaneh (Ruthe = 6 Ellen); Gewicht: Gera, Sekel, Cichar, Maneh (s.d. a.); in der Stiftshütte, später im Tempel, gab es Mustermaße unter Aufsicht der Priester. Die geographische Entfernung bestimmte man nach einer Strecke Wegs = 11/2 Stunden u. nach Tagereisen = ungefähr 8 Stunden; später galten die römischen Maße; über die Zeitrechnung der H. s.u. Jahr u. Jahresrechnung.

III. Kunst u. Wissenschaft. Von den bildenden Künsten war die Baukunst fremden u. phönizischen Ursprungs, das großartigste Werk, der Tempel, war von tyrischen Baumeistern gebaut; die Sculptur, die bes. in der Königszeit Nahrung durch den eindringenden Götzendienst fand, war wahrscheinlich ägyptischen Gepräges. Die Musik wurde dadurch veredelt, daß David sie zum Tempeldienst brauchte; von welcher Art sie aber war, ist ganz unbekannt; gewöhnlich waren von Saiteninstrumenten die Harfe (s.d.) in verschiedener Gestalt (Chinnor, Nebel, Sabecha), von Blasinstrumenten die Trompete (Chazozerah), der Zinken (Keren, Sophar), die Pfeife (Chalil) u.a.; von Schlaginstrumenten die Handpauke (Toph), die Becken (Zelzetim, Mezilthaim), die Handklapper (Menazneim) u.a. Tänze waren meist eine taktmäßige Bewegung des Oberkörpers; sie wurden nicht in geselligen Kreisen aufgeführt, sondern bei gottesdienstlichen u.a. festlichen Gelegenheiten, doch nicht im Tempel, sondern im Freien, z.B. bei Siegesfesten, wo man unter Begleitung musikalischer Instrumente tanzte; auch Männer tanzten. Über den Stand u. Umfang der Wissenschaften u. Poesie s.u. Hebräische Literatur.

IV. Privat- u. geselliges Leben. A) Häuser. In der ältesten Zeit, wo die H. noch Nomaden waren, wohnten sie unter Zelten (Ohel, Beith), die durch einen Vorhang in zwei od. drei Abtheilungen geschieden waren, in deren einer die Frauen besonders wohnten; nach der Niederlassung in Kanaan bauten sie sich Häuser, über deren Einrichtung s.u. Wohnhaus. B) Hausgeräthschaften waren ein Divan, auf dem man auch schlief, Stühle (wenigstens in ältester Zeit saß man mehr, als daß man auf Polstern lag, auch bei Mahlzeiten), ein niedriger Tisch, eine die ganze Nacht brennende Lampe; zu den Eßgeräthen gehörten Töpfe, Schüsseln, Becken, Schalen etc., auch mehrere Arten Trinkgeschirre hatten die H. C) Kleider waren gewöhnlich von Linnen u. Baumwolle; Männer trugen auf dem bloßen Leibe ein leinenes od. baumwollenes Ärmelkleid (Chethoneth), welches mit einem Gürtel (Esor, Chagor) aufgebunden war; darüber ein verschiedenförmiges u. verschiedenfarbiges Oberkleid, Mantel (Simlah, Salmah, Chesuth), welches in eigenthümlicher Weise zusammengefaßt wurde u. Armen zugleich als Schlafdecke diente; auf dem Kopfe einen Turban (Aniph), an den Füßen Sandalen (Nealim), die mit Riemen gebunden wurden; die Kleidung der Vornehmen unterschied sich nur durch kostbarere Stoffe. Über die Kleidung der Priester u. des Hohenpriesters, der auch Beinkleider trug, s. Hoherpriester. Die Kleidung der Weiber war der der Männer sehr ähnlich, nur von besseren Stoffen, weiter u. schöner; sie wurden von Gürteln (s.d.) gehalten; auf dem Kopf trugen sie außer dem Turban noch Stirnbänder u. das Hauptkleid der Weiber, den das Gesicht bedeckenden Schleier (s.d.), ohne welchen in späterer Zeit keine vornehme u. ehrbare Hebräerin ausging. Über die Pflege der Haare sowohl bei Männern als Frauen, s.u. Haar. Außerdem gab es besondere Feierkleider, welche mit Kräutern u. Ölen durchräuchert waren u. die man Anderen schenkte, ferner Trauerkleider aus groben Stoffen u. Reisekleider; die bunte Farbe war am gewöhnlichsten, die Purpurfarbe am kostbarsten. Als Geschmeide u. Putz trug man Ringe (s.d.) an den Fingern, in Ohren u. Nase, Arm- u. Fußbänder, Halsketten (s.d.); man schminkte sich bes. die Augenbrauen (s.u. Schminke), u. brauchte zum Ankleiden Spiegel (s.d.) von Metall; auch liebte man Stickereien u. Amulete. D) Speisen waren Anfangs, was Jagd u. Viehzucht hergab; von Backwerken war das gewöhnliche Brod in Kuchenform, dann auch feinere Gebäcke; das Mehl wurde in Handmühlen gemahlen u. der Teig in Trögen zubereitet; das Backen war gewöhnlich die Beschäftigung der Weiber. Als Zukost aß man Hülsenfrüchte, Fleisch nur an Festtagen u. zwar zumeist gekocht mit einer Brühe; Als Getränk diente gewöhnlich Wasser, mit demselben gemischt wurde auch der Wein getrunken. Die H. aßen in ältester Zeit sitzend, später liegend. Die Hauptmahlzeit war Mittags, Gelage wurden[134] des Abends gehalten, s.u. Gastmahl. E) Gegen Fremde übte der H., nach der Ermahnung des Gesetzes, die ausgedehnteste Gastfreundschaft (s.d.), denn nicht nur ihnen u. ihren Thieren wurde Speise u. Trank u. Nachtlager gegeben, sondern sie wurden auch gegen Verfolgungen geschützt. Beim Weiterziehen machten sich Wirth u. Gastfreund Geschenke, die bei Großen in Festkleidern, edlen Metallen, Specereien u. dgl. bestanden. Gegen alle, die ihm begegneten, übte der H. Höflichkeit, indem er sich vor ihnen verbeugte, sie grüßte, sie mit ehrenden Titeln anredete; Verwandte küßten einander beim Wiedersehen; Geringere küßten den Vornehmen die Hände u. Füße, sowie den Saum des Kleides. F) Von dem Zeitvertreib der alten H. weiß man nichts, als daß sie sich auf Straßen u. bes. am Thore versammelten, theils um der Unterhaltung zu pflegen, theils um den Gerichtsverhandlungen zuzuhören. Übrigens waren die Familienväter daheim, u. wenn sie nicht nach der Wirthschaft sahen, pflegten sie der Ruhe; die Söhne waren bei den Heerden; bei Besuchen nahmen die Sklaven das Fußwaschen vor. G) Die Frauen lebten in alter Zeit freier, später zurückgezogener im Harem, aber sie arbeiteten dort fleißig u. nahmen sich überhaupt des Hauswesens an, daher sie als wirkliche Hausfrauen bei den H-n in ziemlicher Achtung standen; s.u. Weib; Buhldirnen waren gewöhnlich fremde Mädchen. Heirathen konnte der H., selbst noch nach dem Mosaischen Gesetz, so viel Weiber, als er wollte, doch begnügten sich die meisten mit einer Frau, neben der sie jedoch andere, bes. Sklavinnen, als Concubinen hatten (s.u. Concubinat). Die Weiber wurden von ihren Eltern gekauft; Wittwen, die ihrem Manne keine Kinder geboren, wurden gesetzlich von des Verstorbenen Bruder od. den nächsten Verwandten geheirathet (Leviratsehe), s. darüber u. über die Ehescheidung unter Ehe u. über die Hochzeitsgebräuche unt. Hochzeit. Verboten waren Ehen mit Kanaanitinnen u. in mehreren nahen Graden der Blutsverwandtschaft; als gesegnet galten Ehen, aus denen Kinder entsprungen waren, bes. waren glückliche u. von Männern geliebte Frauen, welche Knaben geboren hatten. Die Neugeborenen wurden vor den Vater gelegt, u. indem dieser sie auf den Schooß nahm, erklärte er sie für die seinigen; die Namen, die dem Kinde bei der Beschneidung (s.d.) gegeben wurden, waren immer bedeutsam, daher ihre Namen auch später geändert wurden, um sie an eine merkwürdige Wendung ihres Schicksals zu erinnern. Auch doppelte Namen pflegten die H. ihren Kindern zu geben, s.u. Name. Die Mütter säugten ihre Kinder gewöhnlich selbst; die Knaben erhielten nach der ersten Erziehung im Harem einen männlichen Führer (Omen) u. wurden in dem Gesetz unterrichtet u. in strenger Zucht gehalten. Der Vater behielt über seine Kinder, so lange sie im Hause waren, die vollkommenste Gewalt; Töchter konnte er als Sklavinnen verkaufen, die ohne sein Mitwissen gethanen Gelübde galten nichts, er bestimmte über ihre Verheirathung, so wie auch über die der Söhne. Über den gesetzlichen Vorzug der Erstgeborenen s. oben. H) Wie die H. ihre Todten bestatteten u. betrauerten, darüber s. Todtenbestattung. Vgl. Josephos, Ἰουδαϊκη ἀρχαιολογία; Montanus, Antiquitates judaicae, Leyd. 1593; Spencer, De legibus Hebraeorum ritualibus, Cambr. 1685, Fol., zuletzt Tüb. 1732; Sigonius, De republica Hebr., Frkf. 1585, u. Aufl. von Nicolai, Leyd. 1701; Cunäus, De republ. Hebr., ebd. 1617, u. Aufl. von Nicolai, ebd. 1703; Leidekker, De republ. Hebr., Amst. 1704, Fol.; Derselbe, De vario reipublicae Hebr. statu, ebd. 1710, Fol.; Lund, Die alten jüdischen Heiligthümer etc., Hamb. 1695 u.ö.; Goodwin, Civiles et ecclesiasticiritus antiq. Hebr., Oxf. 1616 (lat. von Reiz, Brem. 1679 u.ö.); Reland, Antiquitates veterum Hebr., Utr. 1708; Iken, Antiq. Hebr., Brem. 1730, 3. Aufl. 1741; Anmerkungen dazu von Schacht, Utr. 1810; Wähner, Antiq. Hebr., Gött. 1743, 2. Bd.; I. E. Faber, Archäologie der H., Halle 1773, 1. Bd.; Jahn, Biblische Archäologie, Wien 1796–1805, 3 Thle.; Hand- u. Lehrbücher von Brunings, Frkf. 1734, 3. Aufl. 1759; Warnekros, Weim. 1782, u. Aufl. von A. G. Hoffmann, ebd. 1832; E. A. Schulz, u. Aufl. von Schickedanz, Dresd. 1793; G. L. Bauer, Lpz. 1797; de Wette, ebd. 1814, 3. Aufl. ebd. 1830; Alterthümer des israelitischen Volkes, Berl. 1817; Hartmann, Die Hebräerin am Putztisch u. als Braut, Amst. 1809 f.; Hüllmann, Die Staatsverfassung der Israeliten, Lpz. 1834; Kalthoff, Handbuch der hebräischen Alterthümer, Münst 1840; S. Hirsch, Das System der religiösen Anschauungen der Juden etc., Lpz. 1842; Fr. Allioli, Handbuch der biblischen Alterthumskunde, Landsh. 1842; Saalschütz, Archäologie der H., Königsb. 1855; Roskoff, Die Hebräischen Alterthümer, in Briefen, Wien 1856; Sammlung von Abhandlungen, welche die hebräischen Antiquitäten betreffen, in Ugolinis Thesaurus antiquitatum sacr., Venedig 1744–1769, 34 Bde., Fol.; Populäre Bearbeitungen von Wickard, Rettig u. And.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 8. Altenburg 1859, S. 130-135.
Lizenz:
Faksimiles:
130 | 131 | 132 | 133 | 134 | 135
Kategorien:

Buchempfehlung

Droste-Hülshoff, Annette von

Ledwina

Ledwina

Im Alter von 13 Jahren begann Annette von Droste-Hülshoff die Arbeit an dieser zarten, sinnlichen Novelle. Mit 28 legt sie sie zur Seite und lässt die Geschichte um Krankheit, Versehrung und Sterblichkeit unvollendet.

48 Seiten, 4.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Biedermeier III. Neun weitere Erzählungen

Geschichten aus dem Biedermeier III. Neun weitere Erzählungen

Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Für den dritten Band hat Michael Holzinger neun weitere Meistererzählungen aus dem Biedermeier zusammengefasst.

444 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon