1. An die Armuth will jedermann die Schuhe wischen. – Weisheit, 5; Schonheim, P, 8.
Riehl hat in seiner Schrift Deutsche Arbeit den vierten Abschnitt dem Lobe der Armuth gewidmet und dabei auch eine Anzahl hierhergehörender Sprichwörter behandelt.
Lat.: At nunc barbaries grandis habere nihil. – Pauper ubique jacet. (Ovid.) – Mendico ne parentes quidem amici sunt. (Tappius. 7.)
Ung.: Kutya is a szegényt hamar megugatja.
2. Armuot altet ouch den Mann. – Eiselein, 40.
3. Armuot hönet den Degen. – Eiselein, 40.
4. Armuth alle (aller) Thüren zuthut. – Simrock, 540.
Holl.: De armoede is een zware roe, zij sluit ons alle deuren toe. (Harrebomée, I, 20.)
5. Armuth bei bösen Jahren lehrt einem viel erfahren.
6. Armuth bindet den Sack bei der Hälfte zu.
7. Armuth bleibt überall dahinten.
8. Armuth bleibt verschmäht.
Wenn der Reiche aufsteht zu reden, so hört ihm jedermann gern zu; wenn aber der Arme den Mund aufthut, so fragt man: Wer ist der?
9. Armuth braucht leichtes Blut, sagte der Geizhals, und speiste den Bettler ab.
10. Armuth braucht List. – Kirchhofer, 248.
11. Armuth bringt Kunst und Demuth.
12. Armuth bringt Ungeduld.
13. Armuth den Herzen Friede geit (gibt), Reichthum in grossen Sorgen leit (liegt).
14. Armuth erfährt viel. – Simrock, 548.
15. Armuth ernährt, aber sie macht nicht fett.
Dän.: Fattigdom føder, men feder ikke.
16. Armuth findet alle Weg' und Stege. – Simrock, 558.
17. Armuth findet alles auf den ersten Griff. – Simrock, 559.
18. Armuth findet auf ungekehrten Bänken.
Sie treibt mitunter sehr freisinnige Nebenhandwerke.
19. Armuth gehört hinter die Thür.
Kann im buchstäblichen Sinne nur von der Armuth gelten, die mit Schlechtigkeit gepaart ist.
Lat.: Quam raro egregios pauper sortitur honores.
20. Armuth geht nicht betteln, sondern der Bettel.
21. Armuth get nit heischen, sunder Bettel; denn Armuth hat viel Ranks. – Eiselein, 40.
22. Armaut giew Rammpauk (Zänkerei). (Westf.)
23. Armuth greifft nit fehl. – Egenolff, 314b.
Weil ihr Geld gezählt und ihre spärliche Habe leicht zu übersehen ist, oder weil sie gewiss ist, nirgends etwas zu finden.
Ung.: Szegény ember hamar megolvashatja malaczait.
24. Armuth hat allenthalben Geleit. – Simrock, 554.
Dän.: Fattigdom har stor frihed.
25. Armuth hat den sechsten (ist der sechste) Sinn. – Simrock, 562.
Noth macht erfinderisch.
Lat.: Paupertas est ingeniosa.
26. Armuth hat einen Sinn mehr, denn andere Leute – die Noth. – Simrock, 561.
Dän.: En fattig har et sind meer.
27. Armuth hat Eselskleid und Pfauenstimm'.
Ist für Auge und Ohr gleich unangenehm.
Holl.: Armoede heeft geene schaamte.
Vläm.: Armoe maakt onschamel lien.
[139] 29. Armuth hat Muth. – Sprichwörtergarten, 51.
Wenn auch oft keinen andern als – Unmuth.
30. Armuth hat Städte gebaut. – Sailer, 197.
31. Armuth hat überall geliehen. – Körte, 286.
32. Armuth hat viele an den Galgen gebracht.
Engl.: Poverty is the cause of many evils.
33. Armuth hat viele zu Herren (Huren) gemacht und viele auch an den Galgen gebracht. – Lehmann.
Von den sittlichen Gefahren der Armuth.
Dän.: Armod har giort mange til horer, til herrer, til betlere og til tyve.
34. Armuth heilt Hochmuth. – Sprichwörtergarten, 50.
It.: Povertà fa, viltà.
35. Armuth hindert der Ehren viel, Kunst ohne Geld ist Affenspiel.
36. Armuth hinkt, Reichthum (Wohlstand) springt.
Holl.: Armoede dwingt, weelde springt. (Harrebomée, I, 20.)
37. Armuth hütet übel. – Eiselein, 39.
38. Armuth hüt wol. – Egenolff, 375b.
39. Armuth in Ehren ist besser als Reichthum mit Schande.
Dän.: Ærlig fattigdom er bedre end ond rigdom.
40. Armuth ist aller Kunst Stiefmutter. – Eiselein, 39.
Wo man noch für den Magen sorgen muss, da ist kein Boden für die (schönen) Künste.
41. Armuth ist angenehm. – Simrock, 536.
42. Armuth ist auslagefrei. – Simrock, 576; Grimm, I, 562.
43. Armuth ist der Faulheit Lohn.
Holl.: Armoede is luiheids loon. (Spiegel, 199; Harrebomée, I, 20.)
44. Armuth ist der Gesundheit Mutter.
Dän.: Fattigdom er sundheds moder.
45. Armuth ist der Künste (Weisheit) Mutter. – Sailer, 196.
Dän.: Fattigdom lærer kunst og viisdom.
Holl.: De armoede is de moeder van alle kunsten. (Harrebomée, I, 20.)
It.: La povertà insegna tutte le arti.
Lat.: Paupertas excitat artes. – Paupertas sapientiam sortita est. (Zenod.) (Erasm., 717.)
46. Armuth ist der Tasche gut. – Simrock, 539.
47. Armuth ist der Tugend Stiefmutter.
48. Armuth ist des Reichen Hand, Zunge, Aug' und Fuss. – Mayer, 3, 1; Venedey, 128.
Der Reiche kann der Armen Dienste nicht entbehren.
49. Armuth ist des Reichen Kuh. – Eiselein, 40.
50. Armuth ist die Erfinderin aller Dinge. – Eiselein, 39.
Lat.: Ingenium mala saepe movent.
51. Armuth ist die grösste Plage. – Eiselein, 39. Goethe's Schatzgräber, 1 Str.
Frz.: De pauvreté fatigue et peine. (Leroux, II, 212.)
52. Armuth ist die grösste Untugend (Sünde).
53. Armuth ist die Mutter der Demuth.
Frz.: Pouvreté prent tout en gré. (Prov. de Bouvelles. XVIme siècle.)
It.: La povertà, è madre dell' umiltà.
54. Armuth ist die Tochter der Faulheit.
Frz.: Pauvreté est compagne de paresse.
55. Armuth ist ein böser Rathgeber.
56. Armuth ist ein brennend Hemde.
Engl.: Poverty is a shirt of fire. (Proverbs, 30.)
57. Armuth ist ein ehrlich Ding, wer nur damit umzugehen weiss.
Von den sittlichen Gefahren der Armuth.
Holl.: Armoed is een goede staet, die daer wel med omme gaet. (Brunes, 267.)
58. Armuth ist ein fröhlich Ding. – Venedey, 127; Simrock, 532.
Hab' ich kein Bette, so schlaf' ich auf Stroh,
Da sticht mich keine Feder, da beisst mich kein Floh.
59. Armuth ist ein getreuer Knecht, sie geht nur hintennach.
60. Armuth ist ein Gut, das alle Menschen hassen.
61. Armuth ist ein gutes Magenpflaster.
Oder auch ein schlechtes.
62. Armuth ist ein Hurenbalg und lehrt partieren.
Frz.: Si la pauvreté est la mère des crimes, le défaut d'esprit en est le père.
63. Armuth ist ein Luchs, fängt wol auch einen Fuchs.
64. Armuth ist ein Schalk, sie macht manchen Balg. – Körte, 274.
Bei Simrock (550): Armuth ein Schalk; macht fetten Balg.
[140] 65. Armuth ist ein schneidend Schwert.
66. Armuth ist ein unwerther Gast. – Simrock, 542.
67. Armuth ist eine böse Krankheit.
68. Armuth ist eine grosse Noth.
69. Armuth ist eine gute Ringmauer.
Sie sichert trefflich vor Dieben.
Lat.: Centum viri pauperem spoliare non possunt. – Pauperi pax in obsessa via. – Paupertas est sibi murus.
Ung.: Mindenütt bátorságosa szegény. – Nincs a szegénynek féltő marhája. – Szegénynek ajtaját nem őrzi a manó.
70. Armuth ist eine Haderkatz'. – Körte, 292.
71. Armuth ist eine Kunst, wer's kann. – Simrock, 566.
72. Armuth ist eine Last und Alter ein unwerther Gast. – Eiselein, 39.
Dän.: Fattigdom er gammel mands plage; og det elendigste er en gammel tigger.
73. Armuth ist eine schlimme Gesellschaft.
74. Armuth ist eine schwere Last und nimmt ehrlichen Menschen Muth und Rast.
75. Armuth ist frumm, Reichthum dumm und krumm. – Körte, 277.
76. Armuth ist fürs Podagra gut. – Eiselein, 39; Grimm, I, 562.
77. Armuth ist für Thorheit gut. – Körte, 268.
78. Armuth ist gepaart mit Demuth.
79. Armuth ist gross, aber Faulheit noch grösser.
80. Armuth ist gut, wer's glaubt und recht thut.
81. Armuth ist kein Laster. – Harsdörffer, Gr. Schauplatz, XVI.
Dän.: Armod holdes for störste udyd. – Fattigdom er ingen Lyde uden man selv er aarsag dertil ved ladhed og overdaadighed.
Frz.: Pauvreté n'est pas vice, mais c'est une espèce de ladrerie, chacun la fuit (oder: c'est bien pire; auch: mais peu s'en faut). (Venedey, 127; Kritzinger, 519.)
Holl.: De armoede moge geene ondeugd zijn, ze is toch een groot gebrek.
82. Armuth ist keine Schande (Sünde), aber ein leerer Sack steht nicht gut aufrecht. – Eisenhart, II, 3, 8; Bücking, 80; Venedey, 127.
Aeltere Gesetzbücher enthalten viele für die Armen nachtheilige Verordnungen, so hielt man sie z.B. nicht für fähig, gültige Zeugen abzugeben. Dies Sprichwort will also ein Vorurtheil widerlegen, indem es sagt, dass Armuth allein weder Verdacht erwecken, noch zur Schande gereichen könne.
Engl.: Poverty is no sin.
83. Armuth ist keine Unehre. – Simrock, 573.
84. Armuth ist kostenfrei (zollfrei). – Körte, 291.
85. Armuth ist listig, sie fähet auch einen Fuchs. – Sailer, 197.
Lat.: Ingenium mala saepe movent. (Ovid.)
86. Armuth ist nicht arm, sie sei denn: dass Gott erbarm! – Körte, 284.
87. Armuth ist nicht Armuth, sie sei denn fröhlich.
88. Armuth ist nicht gut, denn sie bricht Muth.
89. Armuth ist nicht gut und thut nichts Gutes.
90. Armuth ist Nides Brut. – Eiselein, 39.
Lat.: Est miserorum, ut malevolentes sint, atque invideant bonis. (Plautus.) – Invidiae plenus super omnes exstat egenus.
91. Armuth ist noch schlimmer als begraben sein. (Arab.)
Das Begrabensein gehört auch gar nicht zu den schlimmsten Dingen.
92. Armuth ist nur dem beschwerlich, der sie nicht ertragen kann.
93. Armuth ist sinnreich.
94. Armuth ist so angenehm, wie wenn ein Hund ins Bad kam'. – Körte, 300.
95. Armuth ist über alles Kreuz.
Denn wenn man Brot zum Kreuz hat, so ist's zu tragen.
96. Armuth ist weder Schande noch Unehre. – Steiger, 125.
97. Armuth ist zu vil dingen gut. – Egenolff, 216a; Mayer, 43; Frank, I, 113; Müller, 3, 7.
Sie ist oft die erste Stufe zur Erhöhung eines Menschen, wie Reichthum der erste Schritt zu seinem. Unglück.
Holl.: Armoed is tegen zotheid goed. (Harrebomée. I, 20.)
98. Armuth kann alles, Reichthum nichts.
Der Italiener dagegen: Il povero non puole, ed il ricco non vuole.
[141] 99. Armuth kann nicht regieren. – Simrock, 577.
100. Armuth kann nichts verlieren.
101. Armuth kocht dünne Suppen.
102. Armuth lähmt nicht. – Simrock, 556.
Der Schlesier sagt: Ormuth lähmt nich. (Gomolcke, 852.)
103. Armuth lehrt geigen, singen. – Günther, 42; Simrock, 567.
Lat.: Paupertas omnes artes perdocet. – Paupertas sapientiam sortita est.
104. Armuth lehrt sich wohl halten.
Frz.: Pauvreté fait maint vertueux. ( Kritzinger.)
Lat.: Paupertas est gymnasium virtutis (magistra morum).
105. Armuth lehrt viel Böses. – Schonheim. II, 7.
Lat.: Hominem experiri multa paupertas jubet. (Publ. Syr.)
106. Armuth lehrt viel Küuste. – Simrock, 563.
Lat.: Egestas docet artes. – Egestas ingeniosa. – Paupertas omnes artes perdocet.
107. Armuth macht blöde. – Teller, 60.
Lat.: Est miserorum, ut malevolentes sint atque invideant bonis. (Plaut.)
108. Armuth macht den Freien leibeigen.
Sprichwort der Odschineger in Westafrika. (Vgl. H.N. Riis, Elemente des Akwapimdialekts der Odschisprache, Basel 1853.)
109. Armuth macht ebenso viel Hahnreien als Diebe.
110. Armuth macht schamlos (unverschämt). – Simrock, 551.
Frz.: Povreté abaisse courtoisie. (Leroux, II, 280, XVme siècle.)
Holl.: Armoede maakt onbeschaamde lieden. (Harrebomée, I, 20.)
111. Armuth mag nit Tugend han, wenn sie nit mag in Ehren stahn.
112. Armuth mit Complimenten fängt keine Enten.
Holl.: Armoede doet heuschheid dalen. (Harrebomée, I, 20.)
113. Armuth muss zu Fuss gehen.
114. Armuth prüft Freundschaft.
Holl.: In de armoede leert men zijne vrienden kennen. (Harrebomée, I, 21.)
115. Armuth schadet dem Adel nicht.
It.: Povertà non toglie gentilezza.
116. Armuth schändet nicht, aber Laster schänden. – Bücking, 80; Pistor., II, 37; Hollenberg, I, 1; Mayer, 32; Allgemeiner Anzeiger der Deutschen, 1832, S. 4063.
Engl.: Poverty is no sin.
Frz.: A pauvreté il n'y a point de honté. – Pauvreté n'est pas vice.
It.: Povertà non è vizio.
Ung.: Nem mindenkor gyalázat a szegénység.
117. Armuth schärft den Verstand.
118. Armuth schneidet keinen Speck, aber Reichthum findet (presst) Oel in (aus) jedem Dreck. – Fischart. Gesch.
119. Armuth selten recht thut. – Körte, 297.
120. Armuth soll man zeigen und Reichthum verschweigen.
Klugheitsregel.
Lit.: Su mazu pasirodyk, su Daugiù pasislĕpk.
121. Armuth steht der Tochter Jakob's schön, wie ein rother Zügel dem Kopfe eines weissen Rosses. (Hebr.)
122. Armuth steigt, Reichthum fällt.
123. Armuth sticht überall.
Engl.: Poverty is a sharp weapon.
124. Armuth stiehlt frohen Muth. – Lehmann.
125. Armuth studirt, Reichthum jubilirt (banketirt, spendirt). – Körte, 272; Pistor., II, 38.
Lat.: Ipsa laborandi doctrix studiisque magistra. – Unica paupertas divinas suscitat artes.
126. Armuth sucht neue List. – Körte, 271.
Vläm.: Armoe zoekt list, daar de rijcken niet op en gist. (Gruter.)
127. Armuth sucht neue Wege. – Simrock, 557.
Lat.: Paupertas cautas quaerit ubique vias.
128. Armuth thut dem Alter weh. – Simrock, 545.
Frz.: Pauvreté et maladie en vieillesse c'est un magazin de tristesse. (Kritzinger.)
129. Armuth trägt den Kopf nie hoch (er- und überhebt sich nicht).
130. Armuth treibt viel zu unvermeintem Ziel..
131. Armuth treibt zur Arbeit.
132. Armuth und Alter sind zwei schwere Bürden; es wär' an einer genug. – Simrock, 544.
[142] 133. Armuth und Alter sind zwei unwerthe Gäste.
Frz.: Pauvretè et maladie en vieillesse c'est un magazin de tristesse. (Kritzinger, 519.)
134. Armuth und Elend sind Gefährten.
Holl.: Het is de armoede, die met de ellende in het huwelijk treedt.
135. Armuth und Furcht lügen gern.
Dän.: Armod og frygt gjør løgnere.
136. Armuth und Geiz das Sprüchlein hat: 'S ist mehr um die Schuh' als Füsse schad'.
Daher tragen viele ihr Schuhwerk auf dem Arm oder am Stocke auf dem Rücken.
137. Armuth und Hoffart sind oft gepaart.
Holl.: Armoede en hoovaardij zijn kwade gebreken en gemeene plagen. (Harrebomée, I, 20.)
138. Armuth und Hunger haben manchen Junger. – Simrock, 524.
139. Armuth und Hunger hat viel gelehrte Junger. – Körte, 269.
It.: Povera e nuda vai filosofia.
Lat.: Sunt musae mulae, famaque nostra fames.
Ung.: Sok érdemes legény, hogy értéke szegény, fogja az ekeszarvát.
140. Armuth und Jähzorn vertragen sich nicht.
141. Armuth und Liebe sind schwer zu verbergen.
Dän.: Armod og kjærlighed er ondt at dölge.
142. Armuth und Reichthum liegt nicht am Gut, sondern am Muth.
143. Armuth und Verstand gehen selten (nicht immer) Hand in Hand.
Dän.: Fattigdom og fromhed ere sjelden sammen.
144. Armuth und Zechen führen zu Verbrechen.
145. Armuth versucht viel, ob es möchte treffen das rechte Ziel.
146. Armuth wee thut. – Egenolff, 217a, 314b.
Solange des Leibes Bedürfnisse nicht befriedigt sind, denkt der Mensch nur an sie. Die Armuth erdrückt auch den mit edeln Anlagen ausgestatteten aufstrebenden Menschen. (Vgl. Diesterweg, Lebensfrage der Civilisation, Bd. 1.)
Lat.: Paupertas durum onus. – Paupertas onus est et miserum et grave. (Ter.)
147. Armuth weiss viel Ränke.
148. Armuth wird gedrückt, Reichthum wird hervorgerückt.
149. Armuth Wunder thut. – Sprichwörtergarten, 52.
150. Armuth zieht Weisheit.
151. Armuth zwingt, Wohlmuth springt.
152. Das ist die schlimmste Armuth, haben und nicht finden, wenn man's braucht.
Lat.: Certissima paupertas. (Erasm., 723.)
153. De Armôd kîket dem Flîtigen wol in't Finster, se kümt öm awer nich ins Hûs. – Schambach, 171.
154. Der Armuth geht viel (wenig) ab, dem Geize alles. – Körte, 290.
155. Der Armuth ist niemand Freund.
Wenn die Armuth durch die Thüre kommt geschlichen in das Haus, stürzt auch schon die falsche Freundschaft aus dem Fenster sich heraus.
156. Der hat Armuth genug, der hat, und wenn er es braucht nicht finden kann.
157. Der kann sich der Armuth nicht erwehren, der mehr will verzehren, als sein Pflug kann ernähren.
158. Die Armuth begleitet Verachtung, den Reichthum Begierden, das Glück Neid; aber lieber beneidet als beleidet.
159. Die Armuth ist so klebend, dass man sich davon nicht losmachen kann.
160. Die Armuth und der Tod werden von vielen gelobt, aber nur von wenigen gewünscht.
It.: La povertà è come la morte, lodata da molti, e gradita da pochi.
161. Die Armuth zu loben ist leichter als zu ertragen.
It.: È piu facile lodar la povertá che sopportarla.
162. Fröhlich Armuot ist Richheit ane Guot. – Freidank.
163. Für Armuth hilft kein Gut.
164. Für Armuth und Schande gibt's keine Guirlande.
165. Gewisse Armuth, so man eines Dinges nit brauchen kann. – Eiselein, 40.
166. In Armuth erkennt man den Freund. – Simrock, 549.
[143] 167. Kömmt de Aermuth dôr de Döhr, dann flieg de Liewde (Liebe) et Fenster herût. (Meurs.) – Firmenich, I, 405, 298.
168. Kommt die Armuth an, muss der Sattel dran.
Von denen, die aus dem Stegreif leben. Aus der Raubritterzeit. War die Beute verzehrt, so ging man auf neue aus.
169. Lass Armuth dich nicht niederbeugen und Reichthum nicht zum Stolze neigen.
170. Von Armuth kommt Zank in der Ehe. (Esthn.)
171. Wär' Armuth nicht, so wäre keine Kunst. – Sailer, 197.
Von der Glorie der Armuth redet das Volk in zahllosen alten Sprichwörtern. Nach zwei Gedanken lässt sich deren Hauptmasse gruppiren: Armuth und Noth treibt zur tiefsten sieghaftesten Arbeit, und Armuth ist andererseits die Mutter der Demuth. (Riehl, Deutsche Arbeit, IV, 2.)
172. Was Armuth schwer macht, macht auch Reichthum schwer. – Venedey, 17; Simrock, 527..
173. Was aus Armuth geschieht, soll man leicht vergeben. – Simrock, 572.
174. Wenn Armuth kommt, geht Tugend fort.
Frz.: En grande pauvretè n'y a pas grande loyauté. (Kritzinger.) – Quand pauvreté frappe à la porte d'une maison, vertu s'en va par la fenêtre.
175. Wenn Armuth zur Thür eingeht, fliegt die Liebe zum Fenster (Tempel) hinaus. – Simrock, 541.
Wenn die Armuth kommt zur Thür herein, so entflieht die Liebe durchs Fensterlein.
Dänische und schwedische Sprichwörter sprechen denselben Gedanken aus.
Frz.: L'amour et la pauvreté font ensemble mauvais ménage.
Holl.: Als de armoede de deur binnen komt, vliegt de liefde toet venster uit. (Harrebomée, I, 20.)
Lat.: Non habet unde suum paupertas pascat amorem.
176. Wer Armuth ertragen kann, ist reich genug. – Körte, 289.
177. Wer Armuth hat, der hat die Hölle.
It.: La povertà è una cattiva compagnia.
178. Wer Armuth nicht ehrt, ist der Armuth nicht werth. – Körte, 302.
Verdient das Gute nicht, das er durch den Fleiss der Armen geniesst.
179. Wer Armuth nicht geduldig trägt, neue Last zur Bürde legt.
It.: Sembra doppiamente pesante la povertà, a chi non la porta pazientemente.
180. Wer Armuth wohl behausen kann, der ist fürwahr ein reicher Mann.
Dän.: Hvo Armod kand skjule, bær den lettest. – Hvo vel kand bære armod er mest rig; den har ingen mangel, som nøies med sin armod.
Lat.: Fortiter ille facit, qui miser esse potest.
181. Wer der Armuth entlaufen will, muss schnelle Füsse haben.
Und noch schnellere und geschicktere Hände.
Holl.: Die zich met armoede niet behelpen kan, wat doet hij in de wereld. (Harrebomée, I, 21.)
182. Wer mit der Armuth umgehen kann, der ist reich.
183. Wer sich mit der Armuth vertragen kann, ist reich genug.
Lat.: Cui convenit cum paupertate, dives est.
184. Willige Armuth leidet keinen Mangel.
Holl.: Rijke armoede is een arme rijkdom. (Harrebomée, I, V.)
185. Wo Armuth das Wams flickt, da hilft kein Freund einfädeln.
186. Wo die Armuth klopft ans Haus, geht die Tugend zum Fenster hinaus.
Engl.: When poverty comes in at the doors, love leaps out of the window.
187. Wo man der Armuth einen Schemel bietet, da bleibt sie sitzen.
Lat.: Paupertas non est habitus permanens.
188. Ziemliche Armuth ist ringer denn Ueberfluss. – (Schweiz.) – Kirchhofer, 248.
189. Zur Armuth führen viel Strassen.
190. Zwischen Armuth und Reichthum ist das beste Leben. – Simrock, 528.
Dän.: Saa stor fortrydelse ved fattigdom, saa stor bekymring ved rigdom.
*191. Armuth ist ihr Vaterland (Cap oder Hafen). (S. ⇒ Arbeiten.) – Sprenger I.
Aus dem Seeleben. Das Lebensschiff derer, die nicht arbeiten wollen, läuft in den Hafen der Armuth oder landet am Cap der Noth.
[144] *192. Da hat die Armuth bankrott gemacht.
*193. Die Armuth1 ist Grosshofmeister bei ihm. – Tendlau, 203.
1) Jüd.-deutsch: Der Dalles, von dalluth = Armuth.
*194. Die Armuth sitzt hinter seiner Thür und schnitzt am Bettelstabe.
*195. Er isst aus Armuth Weissbrot. – Tendlau, 83.
Zur Bezeichnung hoffärtiger Bettler.
*196. Er lebt in der evangelischen Armuth.
Entweder arm wie die Evangelisten, oder so arm wie das Evangelium verlangt.
*197. Er steht mit der Armuth (Noth) auf du und du. – Tendlau, 203.
zu7.
Lat.: Quam raro egregios pauper sortitur honores. (Binder I, 1440; II, 2729; Palingen, II, 304; Seybold, 474.)
zu28.
Dän.: Fattigdom har stor frihed. (Prov. dan., 159.)
Span.: A pobreza no hay verguenza. (Cahier, 3655.)
zu44.
Böhm.: Chudoba je matka zdraví. (Čelakovský, 172.)
Engl.: Poverty is the mother of health. (Bohn II, 17.)
zu45.
Böhm.: Chudých jest náuka. (Čelakovský, 172.)
Poln.: Ubogich jest nauka. – Ubostwo więle dobreijo nau czy. (Čelakovský, 172.)
zu47.
Lat.: Facilius corrumpitur pauper, quam dives. (Binder II, 1074.)
zu49.
»Die Armen müssen geben da die Reichen von leben.«
zu53.
Frz.: Qui n'a point d'argent en bourse, ait au moins miel en bouche. (Quint., S. 13.)
Span.: La pobreza no es vileza, mao es madre de picardia. (Cahier, 3657.)
zu54.
Engl.: Poverty is the reward of idleness. (Gaal, 431.)
It.: La povertà è il premio della pigrizia. (Gaal, 431.)
zu70.
Dän.: Armod volder til traette. (Prov. dan., 35.)
zu74.
Lat.: Paupertas onus est et miserum et grave. (Fischer, 171, 25.)
zu81.
Dän.: Fattigdom er ingen lyde, uden man selo er aarsag dertil, ved ladhed og overdaadighed. (Prov. dan., 159.)
Span.: A pobreza no hay verguenza. (Bohn I, 200.)
zu82.
Engl.: Poverty is not a shame, but the being ashamed of it is. (Marin, 12.)
Lat.: Paupertas tolerabilis est, si ignominia absit. (Marin, 12.)
Schwed.: Fattigdom är ingen last. (Marin, 12.)
Span.: Pobreza no es vileza, ma es ramo de picardia. (Bohn I, 240.)
zu90.
Lat.: Invidiae plenus super omnes castat egenus. (Binder II, 1555; Eiselein, 39.)
zu94.
Dän.: Armod holdes for störste udyd. (Prov. dan., 36.)
zu105.
Frz.: En grande pauvreté il n'y a guère grande loyauté. – Pauvreté engendre tricherie. (Cahier, 1294-95.)
Lat.: O quantum cogit egestas. (Martius.)
zu106.
Dän.: Fattigdom laerer kunst og viissdom. (Prov. dan., 159.)
zu110.
Böhm.: Chudoba nepřltel dobrých mravů. (Rybička, 181.)
Engl.: Bashfulness is an enemy to poverty. (Bohn II, 2.)
Frz.: Grand' privauté engendre vileté. (Cahier, 1475.)
Holl.: Armoede maket on schemel lude. (Tunn., 4, 8.)
Lat.: Ex veteri more pauper caret ipse pudere. (Fallersleben, 70.)
zu114.
Engl.: Poverty parteth friends (or fellowship). (Bohn II, 17.)
zu116.
Böhm.: Chudoba cti netrati, auch wol mit dem Zusatze Polibte mĕ v-bohati. (Čelakovský, 171.)
Poln.: Chudoba enoty nietraci. (Čelakovský, 171.)
zu117.
Dän.: Armod giör folk duelige, men loven from. (Prov. dan., 36.)
zu126.
Holl.: Armoede soect nauwe list. (Tunn., 4, 5.)
Lat.: Paupertas cautas querit ubique vias. (Fallersleben, 71.)
zu131.
Schwed.: Armod gör mannen blödig. (Wensell, 8.)
zu134.
Holl.: Boehoeftigheid maakt droefheid. (Hamb., I, 44a.)
zu137.
Dän.: Armod og spot de lade hannem tigge, mens han lever. (Prov. dan., 36.)
zu155.
Dän.: Thange en räddere for armod ond for helvede. (Prov. dan., 35.)
zu157.
Zu berichtigen: statt ernähren muss es heissen: ereren.
zu162.
Hagedorn hat das Sprichwort: Fröhliche Armuth ist Reichthum ohne Gut in einem Gedicht behandelt. (Düsseldorf, II.)
Mhd.: Swa ist froelich armuot, da ist richheit âne guot. (Freidank.) (Germania, II, 131.)
zu166.
Holl.: In armoede leert men vriende kennen. (Tunn., 15, 6.)
Lat.: In paupertate quis amicus noscitunate. (Fallersleben, 429.)
zu173.
Bei Tunnicius (380): Dat men doet van armôt is to vorgeven. (Est ignoscendum male si quid fecit egestas.)
Holl.: Dat men van armoede misdoet, sal men lecht vergheven. (Tunn., 10, 13.)
Lat.: Hoc ignoscendum ius fore discit ei. (Fallersleben, 285.)
zu175.
Engl.: When poverty comes in at the doors, love leaps out at the windows.
It.: Quando il bisogno picchia all' uscio, l' onestà si butta dalla finestra. (Marin, 21.)
Port.: Pobreza nunca em amores fez bom feito. (Bohn I, 291.)
Schwed.: När fattigdomen går in genom dörren, flye kärleken ut genom fönstret. (Marin, 21.)
zu182.
Lat.: Cui convenit cum paupertate, dives est. (Philippi, I, 99.)
zu183.
Dän.: Hvo vel kand baere armod er must riig. (Prov. dan., 36.)
zu186.
Frz.: Quand pauvreté se montre à la porte, conscience se jette par la fenêtre. (Cahier, 1296.)
It.: L' onestà se ne va dalla finestra, quando il bisogno (fame) vien dentro la porta. (Giani, 232.)
zu192.
Lat.: Certissima paupertas. (Philippi, I, 80.)
zu193.
Holl.: Daer is mit alle grote armoede. (Tunn., 12, 22.)
Lat.: Est tibi producta paupertas totaque longa. (Fallersleben, 300.)
198. Alsbald einen armut anstösst, eilends jn jederman verlöst.
Lat.: Pauper uitatur, miser et uilis reputatur. (Loci comm., 158.)
[815] 199. An williger Armuth hat Gott kein Schuld. – Petri, II, 18.
200. Armaut drücket, äwwer schanget nit. – Curtze, 323, 110.
201. Armuoth liehrt Veglin spöälen. – Schlingmann, 36.
202. Armut behelt Armut. – Henisch, 249, 71.
203. Armut bringt Demut. – Franck, II, 113b.
204. Armut dempffet Hochmuth. – Henisch, 674, 17; Petri, II, 20.
205. Armut den Sack zum halben Theil zubind. – Petri, II, 20.
206. Armut erfreyet Kunst. – Petri, II, 20.
207. Armut folgt Armut bis in die Grub hinein. – Petri, II, 20.
208. Armut geht nit betlen. – Franck, I, 117a.
209. Armut hat ihren Stand ohn Neid erhalten. – Petri, II, 20.
210. Armut ist angnem als wann ein Hund ins Bad kem. – Franck, I, 117b.
211. Armut ist auch vnder den mördern sicher. – Franck, I, 119a.
212. Armut ist ein grosse bürd. – Franck, I, 117b.
213. Armut ist ein Last, das alter ein vnwerder Gast. – Graf, I, 6.
214. Armut ist eine böse Stiefmutter guter Sitten vnd Tugend. – Petri, II, 21.
215. Armut ist kein Schand, aber Vrsach zur Armut geben ist Schand vnd Vnrecht. – Petri, II, 21.
216. Armut ist keine Lame am Leibe, noch Hinderniss an der Seele. – Petri, II, 21.
217. Armut ist listig vnd sinnreich. – Petri, II, 21.
218. Armut ist nit für all vnglück gut. – Franck, I, 116b; Lehmann, II, 29, 26.
219. Armut ist nit nicht haben, sondern vil begeren. – Franck, I, 116b; Lehmann, II, 30, 28.
220. Armut kan nicht verlieren; vnd der nicht begert, dem geht nicht ab. – Franck, I, 117a.
221. Armut leidet Noth. – Petri, II, 21.
222. Armut lert vnd findt all künst. – Franck, I, 117a.
223. Armut macht Demut, die ist gut. – Henisch, 675, 35; Petri, II, 21.
224. Armut macht Männer.
Lat.: Paupertas est foecunda virorum. (Lucian.)
225. Armut macht nit arm, sie sei dann das got erbarm. – Franck, I, 116b; Simrock, 534; Lehmann, II, 30, 32.
226. Armut macht veracht. – Petri, II, 21.
227. Armut thut selten gut. – Franck, I, 117a; Petri, II, 22.
228. Armut thut wee, so man jr nit gewont hat. – Franck, I, 159a.
229. Armut thut wehe, elend noch meh. – Henisch, 872, 70.
230. Armut treget viel Dienstbarkeit mit jr auff dem rücken. – Herzog Wilhelm von Sachsen.
231. Armut vnd das alter tragen, ist schwer. – Franck, I, 117b.
232. Armut vnd geitz treibt zu nichts guts. – Henisch, 1448, 1.
233. Armuth an Gut ist besser als Armuth an Muth.
Irdische Güter lassen sich immer noch eher ersetzen als geistige.
Frz.: La pauvreté des biens se peut guérir, celle de l'âme est sans remède. (Cahier, 1297.)
234. Armuth, die der Weise nicht empfindet, ist so viel werth, als Reichthum, den der Thor nicht spürt. – Altmann VI, 466.
235. Armuth ein Schalk, macht manchen fetten Balg. – Simrock, 550; Sailer, 71.
236. Armuth – ein Wehmuth. – Dietrich, I, 214.
237. Armuth hat dreihundertfünfundsechzig Fasttage.
238. Armuth hat ein schwarz Gesicht und stehet beschambt in dieser und jener Welt. – Pers. Rosenthal, 257.
[816] 239. Armuth hat gut Fasten halten.
240. Armuth holt die Trägheit ein, es sei denn, dass diese auf einem Mönch reitet. – Klosterspiegel, 18, 7.
241. Armuth im Lande macht der Regierung oft Schande. – Dev., 490.
242. Armuth ist der Armuth Erbe. – Altmann VI, 399.
243. Armuth ist des Reichthums Hand und Fuss. – Simrock, 326.
244. Armuth ist des Unfriedens Mutter.
Engl.: Poverty breeds strife. (Bohn II, 125.)
245. Armuth ist ein bleierner Mantel.
246. Armuth ist ein böser Gast in einem alten Hause. – Kirchhofer, 356.
247. Armuth ist ein Loch, das mit jedem Tage grösser wird. – Altmann VI, 491.
248. Armuth ist ein Loch, das nur das Glück wieder zuflicken kann. – Altmann VI, 491.
249. Armuth ist ein Riegel der Sünden. – Lehmann, 47, 83.
250. Armuth ist ein Wurtzel aller Misshandlung. – Lehmann, 43, 8.
251. Armuth ist eine Sünde, die der Reiche nie vergibt. – Altmann VI, 398.
252. Armuth ist heiter und wohlgemuth, denn man stiehlt ihr wenig Gut.
Böhm.: Chudoba bozpečna, a proto vesela. (Čelakovský, 171.)
253. Armuth ist kein Laster, aber sie wirkt wie der Aussatz.
Frz.: Pauvreté n'est pas vice. – Pauvreté est une espèce de ladrerie. (Bohn I, 45.)
254. Armuth ist keine Schande, Reichthum keine Ehre. – Graf, 41, 121; Braun, I, 119.
255. Armuth ist mit wenigem zufrieden. – Lehmann, II, 11, 50.
256. Armuth ist vnwerth. – Henisch, 1369, 37; Petri, II, 20.
257. Armuth ist vor Dieben sicher.
Lat.: Paupertas est sibi murus. (Binder I, 1339; II, 2508; Fischer, 171, 26; Seybold, 432.)
258. Armuth ist vor viel vnglück gut.
259. Armuth isst a saures Brot.
260. Armuth kräzt und beisst. (Deisslingen.) – Birlinger, 27.
261. Armuth lehrt Bescheidenheit. – Altmann VI, 463.
262. Armuth lockt den Teufel aus der Hölle. – Altmann VI, 484.
263. Armuth macht den Tod süss.
Schwed.: Armod gör döden söt. (Wensell, 8.)
264. Armuth macht die Erfindungen, Reichthum benutzt sie. – Altmann VI, 496.
265. Armuth macht die Leut hurtig, aber Gesetze machen sie nicht fromm. – Lehmann, 269, 63.
266. Armuth macht einige Leute fromm, aber noch mehr Spitzbuben. – Altmann VI, 404.
267. Armuth macht oft grosse Ehre.
Bei Tunnicius (1162): Armôt maket vake grote ere. (Factitat ingenium paupertas quaerit et artes.)
268. Armuth macht traurig. – Lehmann, 47, 80.
269. Armuth macht Verse, aber sie sind auch darnach.
Lat.: Paupertas impulit audax, ut versus facerem. (Horaz.) (Philippi, II, 86.)
270. Armuth nährt sich wol, aber sie macht nicht fett.
Dän.: Fattigdom föder, men feeder ikke. (Prov. dan., 159.)
271. Armuth nimpt fröligen muth. – Lehmann, 47, 81.
272. Armuth schend't nicht, aber sie drückt.
273. Armuth schützt vor Völlerei.
Dän.: Fattigdom er sundheds moder. (Prov. dan., 159.)
274. Armuth sitzet vnangenehm hinder der Thür. – Lehmann, II, 30, 33.
275. Armuth sucht feine Künste.
Bei Tunnicius (90): Armôt socht nouwe liste. (Artes atque dolum tenuis vestigat egestas.)
276. Armuth treibt nicht Wucher, es fehlt ihr an der Hauptsumme.
Böhm.: Chudoba lichvy nezná. (Čelakovský, 171.)
[817] 277. Armuth thut der Frommkeit wehe. – Lehmann, 47, 79.
278. Armuth und Ehrlichkeit wohnen selten beisammen.
Frz.: Honnête pauvreté est clairsemée. (Bohn I, 20.)
279. Armuth und Hoffart reimen sich schlecht zusammen.
Dän.: Det er ondt at vaere fattig og hovmodig. (Prov. dan., 437.)
280. Armuth und Verachtung sind Zwillingsschwestern. – Altmann VI, 460.
281. Armuth und Wanzen wird man nicht leicht los.
Jüdisch-deutsch in Warschau: Alle Simunim gehen ünters vor, der Simmen daller bleibt. Simmen, Mehrzahl Simunim = Zeichen; Daller = Armuth. Armuth lässt sich, selbst bei verbesserten Umständen, nicht leicht ausmerzen.
282. Armuth vertreibt, Reichthum bringt die Tugend nicht.
Span.: La pobreza no quita virtud, ni la riqueza la pone. (Bohn I, 228.)
283. Armuth wohnet in der Helle.
»Sagte König Matthias in: Annalibus Silesiae.« (Herberger, Ib, 713.)
284. Besser Armuth leiden als Erbarkeit verlassen. – Wirth, II, 11.
285. Besser in Armuth erzogen, als wenn der Reichthum im Alter verflogen.
Lat.: Habuisse et nihil habere, miserum verbum est. (Philippi, I, 173.)
286. Da ist grosse Armuth, wo nichts zu beissen oder zu trinken ist.
Bei Tunnicius (454): Dâr is grôt armôt, dar nicht to byten of drinken is. (Est ibi paupertas, ubi desunt panis et unda.)
287. Das Armuth begleitet Verachtung, das Reichthum begründet das Glück. – Winckler, XIV, 45.
288. Das Armuth hat keine Freundschaft. – Lehmann, II, 11, 40.
289. Das Armuth mus allenthalben vnten liggen. – Lehmann, II, 11, 48.
290. Der Armuth gebricht nichts. – Petri, II, 82.
291. Der Armuth und dem Winde kann man nicht entlaufen. – Neue Freie Presse, 4581.
Sagen die verhängnissgläubigen Rumänen.
292. Die Armuth hängt so fest, wie Staub den Hund niemals verlässt. – Schuller, 32.
293. Die Armuth ist eine Zuchtmeisterin der Sitten. – Lehmann, II, 5, 2.
294. Die Armuth ist frey von allen Gesetzen. – Lehmann, II, 11, 46.
295. Die armut ist fromm, die reichtumb dumm vnd krumm. – Franck, I, 117a.
296. Die Armuth ist gleich dem Aussatz, den jederman fleucht. – Lehmann, II, 12, 55.
297. Die der armuth gewohnt sind, fragen nichts nach einem Reichen Weib. – Lehmann, 148, 116.
298. Eigen Armuth ist besser als fremder Reichthum.
Böhm.: Lepší vlastni chudoba, nez cirí bohatstvi. (Čelakovský, 171.)
299. Ein Armuth frist die ander. – Petri, II, 167.
300. Ein fröliche armuth ist ehrenwerth. – Petri, II, 185.
Lat.: Jucunda paupertas honesta sit modo. (Binder II, 1591.)
301. Es deckt mancher sein Armuth mit Sammt und Seide zu.
Dän.: Mangen slider flöget for armod. (Prov. dan., 169.)
302. Es ist ein schendliche Armuth, die von schöne kempt. – Petri, II, 261.
303. Für Armuth auf Erden Reichthum im Himmel haben, ist ein guter Tausch. – Wirth, II, 533.
304. Gar offt den Armuth widerfährt, der sein gut vnnützlich verzehrt.
Lat.: Qui sua demergit, mendicus ad ostia pergit. (Loci comm., 160.)
305. Gegen Armuth, Lieb und Tod ist kein Kraut gewachsen. – Neue Freie Presse, 4581.
Behaupten die etwas arbeitsscheuen Rumänen. (Vgl. Franzos, Vom Don zur Donau.)
[818] 306. Gross Armuth und gross Gut gar selten wohl uns thut.
Mhd.: Uebrig armuot und übrig guot vil selten immer guot toot. (Germania, II, 144b.)
307. In Armuth Ehr, so bin ich auch ein Herr. – Petri, II, 845.
Frz.: Honnest pouurette est cler semer.
Lat.: Honesta paupertas infrequens et rara. (Bovill, I, 20.)
308. Irlich Uormet äs nichen Schând. – Schuster, 675.
309. Irlich Uormet färt än Hemel. – Schuster, 676.
310. Ist Armuth ein Ehr, so bin ich ein Herr; ist wenig viel, so hab' ich, was ich will; doch hat mir noch nie kein Geld gebrochen, als am Sonntag vnd die gantze Wochen. – Keil, 66.
311. Manchen wehret sein Armuth, dass er nichts Vbels thut. – Petri, II, 448.
312. Rechte armut ist alweg reich. – Franck, I, 116b; Lehmann, II, 531, 18.
313. Sagt man, die Armuth sei besser als Reichthum, so glaube es nicht. – Merx, 273.
314. Vmb Armuth willen wird Niemand geschlagen. – Petri, II, 554.
»Aber umb Sünd vnd Bosheit willen.«
315. Was thut Armuth nicht!
Bei Tunnicius (998): Wat en doet armôt nicht! (Paupertas hominem cogit perquirere cuncta.)
316. Wen die Armut drucken sey, der kehr den Mantel nach dem wind, den Sack zu halben theyl zupind vnd nem für das Merer das Minder, damit er sie pring weib vnd Kinder. – Hans Sachs, IV, III, 1.
317. Wenn die Armuth kommt ins Haus, gehen die Freunde schnell hinaus.
318. Wer Armuth fürchtet, jage nicht nach Reichthum.
Dän.: Den som er bange for fattigdom, tragte ey formeget efter rigdom. (Prov. dan., 159.)
319. Wer geboren ist zu armut, als (alles) vnglück jhn stäts reiten thut. – Loci comm., 156.
Lat.: Infortunatus, ad tres obulos generatus, nunquam nummorum dominus fit ille duorum. (Loci comm., 156.)
320. Wer in Armuth lebt, muss sich mit Brocken begnügen.
Lat.: Pauperies miserum docet (decet) esse prisima (peripsima) rerum. (Reuterdahl, 703.)
321. Wer seine Armuth verbergen kann, erträgt sie am leichtesten.
Dän.: Hvo armod kand skiale, baer den lettest. (Prov. dan., 36.)
322. Wer sich der Armuth schämt, hat sie verschuldet. – Neue Freie Presse, 4581.
323. Wer sich mit der armuth behelffen kan, der bedarff keiner Herrengunst vnd Dienst. – Lehmann, 128, 82.
324. Wer über Armuth klagt, der klagt sich selber an.
Dän.: Da fornögełighed er beste riigdom har hom selo skyld, der ey er riig. (Prov. dan., 181.)
325. Willige Armut kompt nicht von Gott. – Petri, II, 793.
326. Wo man sich der armut schemet, da sucht man ehr. – Henisch, 818, 13.
327. Wo vbermässiges Armuth, da ist selten Frommkeit. – Lehmann, II, 11, 48.
*328. Das Bisschen Armuth. – Frischbier, II, 118.
» . ... Besitz, Eigenthum, Vermögen in der Beschränktheit . ... um ihr Bischen Armuth Sr. Würden darzubringen.« (Sophiens Reise, III, 238.) »Wenn nur der Mann dies Bischen Armuth uns abkaufte.« (Sophiens Reise, VI, 175.)
*329. Wieder zur Armuth zurückkehren, wie ein Greis zur Kindheit. – Altmann, VI, 514.
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