Ungarische Literatur

[161] Ungarische Literatur. Wie Ungarn im Allgemeinen keinen entscheidenden Einfluß auf Lösung einer Hauptfrage Europas gehabt hat, so bes. nicht auf die geistige Entwickelung des Abendlandes. Außerhalb des Österreichischen Kaiserstaates war vor der Revolution von 1848 die Ungarische Sprache wie die U. L. kaum gekannt, nur erst wenige Geistesproducte der Magyaren waren durch Übersetzungen zur Kunde der übrigen Deutschen, der Franzosen u. Engländer gelangt. Lenkten jedoch schon seit Anfang der Dreißiger Jahre die patriotischen politischen Bestrebungen der Ungarn u. die Erfolge derselben gegenüber der österreichischen Regierung sowie den deutschen u. slawischen Elementen des Landes die Aufmerksamkeit des Westens immer mehr auf Ungarn, so geschah dies in noch weit höherem Grade, als 1848 in Folge der Insurrection der Ungarn dieses Volk auf eine kurze Zeit in den Vordergrund trat. Wurde auch der Aufstand niedergeworfen u. das Magyarenthum dem deutschen Element wieder untergeordnet, so blieb im Abendland doch das Interesse nicht blos an der Geschichte u. den hervorragenden Persönlichkeiten der Neuzeit wach, sondern man begann auch mit reger Theilnahme sich den Geistesproducten des tapferen u. muthigen. Volkes zuzuwenden u. die besten derselben durch Übersetzungen allgemein zugänglich zu machen. So kommt es, daß seit 1849 u. 1850 Werke von ungarischen Dichtern u. Schriftstellern, welche vorher außerhalb ihres, dem großen Strome des Weltverkehrs ferner liegenden Heimathslandes kaum dem Namen nach bekannt waren, jetzt in Übersetzungen, bes. in Deutschland, schon ziemlich populär geworden sind, wie z.B. die Schriften eines Kisfaludy, Vörösmarty, Petöfi, Arany, Toldy etc., Die besseren Übersetzer sind Alexander Dux, Ludw. Draut, Moritz Hartmann, Friedrich Szarvady, Pachter, A. Rothfeld, Johann Milath, Gustav Steinacker, Gottlieb Stier, Georg Tretter, Karl Maria Kertbeny (Benkert), Vasfi, Benkö, Julius Altmann u. Theodor Opitz.

Was nun die U. L. selbst betrifft, so sind es zwei Hauptelemente, welche dieselbe, wie die gesammte geistige Entwickelung Ungarns überhaupt, beherrschen, das lateinische u. das nationale. Das lateinische Element, welches mit der Christianisirung der Magyaren in Ungarn nicht blos in der Kirche, sondern auch vor Gericht u. bei anderen Acten eingeführt wurde u. noch lange die Oberherrschaft in Ungarn behauptete, als die Lateinische Sprache im übrigen Abendland schon vor Jahrhunderten[161] den Volkssprachen hatte weichen müssen. Daher kam es auch, daß die erste Zeitung, welche Ungarn 1721 erhielt, in Lateinischer Sprache erschien u. daß selbst noch nach der Julirevolution die lateinischen Ephemerides Posonienses sich erhalten konnten. Von einer freien Entwickelung der U. L. konnte natürlich keine Rede sein, so lange die fremde, ausgestorbene, keine geistige Bewegung zulassende Sprache in Ungarn herrschte, wo die Selbständigkeit literarischer Thätigkeit überdieß in früherer Zeit durch die Kriege mit den Türken u. in späterer durch die inneren nationalen Kämpfe erschwert od. gar vollständig behindert war. Hatte auch das nationale Element bereits in bescheidenen Anfängen, namentlich seit der Zeit der Könige aus dem Hause Anjou, mehr noch während des Reformationszeitalters, in der Literatur sich geltend zu machen versucht, so erreichte doch 1702–80 die lateinische Schriftstellerei Ungarn die höchste Blüthe. Durch die Maßnahmen Josephs II. trat jedoch eine vollständige Wendung der Dinge ein. Seit jener Zeit wurden Nationalität u. alle damit zusammenhängenden Fragen das Stichwort des Tages; die Literatur selbst gewann seitdem in allen ihren Elementen u. Tendenzen einen politischen Charakter. Bereits 1781 erschien die erste Zeitung in Ungarischer Sprache, welche auch bald nicht ohne Nachfolge blieb. Dennoch war bis Ende des 18. Jahrh. eigentlich noch keine nationale Literatur begründet. Die ungarischen Schriftsteller folgten zwei Schulen od. Richtungen, zuerst der Französischen Schule, zu welcher Bessenyi, Baroczy u. Baracsai gehörten u. von denen Viele selbst französische Werke übersetzten; aber diese Schule hatte weder vortheilhaften, noch dauernden Einfluß. Wichtigere Resultate für Sprache u. poetische Form gab die Lateinische Schule, in welcher Virág u. Kazinczy hervorragen. Durch die Bemühungen dieser Schule wurden statt des Reims, welcher die ungarische Poesie steif machte, die antiken Sylbenmaße eingeführt, obgleich sich schon im 16. Jahrh. Erdösi (Sylvester) mit Glück des elegischen Versmaßes bedient hatte. Die neue Schule verband, nach Radais' Vorgang, nach deutschen Mustern Reime u. antike Versmaße, führte neue poetische Formen ein, erweiterte das Gebiet der Sprache durch neue Wortbildungen (worüber vorher erst ein heftiger Streit mit der Französischen Schule gewesen war, welcher von Seiten des Neologen Kazinczy siegreich geführt wurde) u. wendete mehr Sorgfalt auf den Styl. Diese Richtung, welche seit dem Anfang des 19. Jahrh. eingeschlagen wurde, war eine nationale; das Haupt dieser Richtung war Alex. Kisfaludy, ihr Organ der Musenalmanach Aurora, s. unten S. 163. Dennoch schrieben ausgezeichnete Männer, wie Lenau, Fehler, Pyrker, I. L. Klein, Graf Mailath, Karl Beck u. Franz Lißt noch deutsch. Dem um sich greifenden Germanismus, welchen die österreichische Regierung unterstützte, hat in neuester Zeit das sehr lebhafte Nationalbewußtsein mit großer Energie eine Grenze zu setzen gewußt u. eben so sich um die Vertauschung der officiellen Lateinischen Sprache mit der Ungarischen bemüht. Schon auf dem Landtag von 1832–36 erlangten die Ungarn, daß den lateinisch abgefaßten Gesetzen die ungarische Übersetzung beigefügt wurde; auf dem von 1839 u. 1840, daß die Gerichts- u. Unterrichtssprache die Ungarische werden sollte; endlich auf dem von 1843 u. 44, daß in der Ungarischen Sprache alle königlichen Erlasse an den Reichstag, alle Gesetze abgefaßt werden u. ungarisch die officielle Sprache der Hofkanzlei, aller Behörden u. bes. des Reichstags sein soll. An Instituten u. Anstalten zu wissenschaftlicher Bildung hat es seit dem 11. Jahrh. in Ungarn nicht gefehlt (s. Ungarn S. 179), aber sie haben, wenigstens für Nationalität u. wahre Wissenschaft, wenig gewirkt, da die Schulen u. Universitäten geistliche Institute sind. Nur die protestantischen Schulanstalten sind davon ausgenommen, u. in neuester Zeit schließen sich auch Katholiken dem Fortschritt in so fern an, als sie ihre Kinder in protestantische Schulen schicken od. protestantische Hauslehrer halten. Gelehrte Gesellschaften haben, außer etwa der von Konrad Celtes 1497 gestifteten Donaugesellschaft, anfangs nie viel Glück in Ungarn gemacht, bis in der Neuzeit dies sich freilich sehr änderte. Auf dem Reichstag von 1827 wurde die Errichtung einer ungarischen Akademie beschlossen, welche am 17. Nov. 1830 ins Leben trat u. seitdem mit Erfolg gewirkt hat. Letzteres gilt auch von der Kisfaludy Gesellschaft, welche 1837 begründet wurde u. sich zu einer Art von belletristischen Akademie aufgeschwungen hat. Zu gleicher Zeit entstanden eine nicht geringe Anzahl von politischen, literarischen u. auch wissenschaftlichen Zeitschriften (s. Zeitungen u. Zeitschriften), welche wesentlich zur Hebung der U-n L. beitrugen. Alle diese Anordnungen u. Maßregeln hatten bei der großen Energie, welche dem Ungar eigen ist, eine so schnelle Entwicklung, Hebung u. Bereicherung der Sprache wie der Literatur zur Folge, daß dieselben in den letzten 25 Jahren größere Fortschritte machte als während aller vorhergehender Jahrhunderte. Zugleich geschah es auch, daß die literarischen Productionen, welche früher nur einem kleinen Theil der Nation, der eigentlich literarisch gebildeten Klasse derselben, zugänglich waren, auch allmälig immer mehr in die übrigen gesellschaftlichen Kreise Eingang zu finden begannen. Die höchste Blüthe hatte der Magyarismus durch die Revolution von 1848 erreicht. Sobald nur die Presse im März frei geworden war, tauchten eine Menge, namentlich politischer Blätter auf, welche im Dienste der verschiedenen Parteien wirkten. Die Politik nahm die ganze Nation so in Anspruch, daß von schönwissenschaftlichen u. wissenschaftlichen Arbeiten nur wenig zum Druck gelangte. Allein plötzlich änderten sich die Verhältnisse durch die Katastrophe von Vilagos 1849 (s. Ungarn, Gesch.) u. die derselben folgenden Maßregeln der österreichischen Regierung. Zwar gab es Viele, welche nach Niederwerfung der Revolution auch einen Rückschritt der U-n L. vermutheten, allein, obgleich Ungarn bei dieser Gelegenheit eine große Anzahl seiner besten Talente verloren hat, so beweist doch die bedeutende Anzahl der seit 1850 an das Licht getretenen Werke in Ungarischer Sprache, daß der Baum der U-n L. durch die Stürme zwar viel von seinen Ästen u. Zweigen verloren hat, aber noch nicht entwurzelt worden ist. In die Verbannung gingen außer Kossuth, Graf Stefan Széchényi, einer der Hauptpfleger der U-n L., Graf Ladislaus Teleki, Baron Nik. Josika, der Bischof Michael Horváth, Barth. Szemere, I. E. Horn, Stefan Gorove, Franz Pulßky nebst seiner Gemahlin Therese, Karl Hugo, Paul Zambor, Albert Palffy, Josef Oroß, Ladisl. Szalay, Anton Vallas. Um ihr Vaterland haben sich mehre im Auslande lebende Ungarn durch Übersetzungen aus dem Ungarischen[162] Verdienste erworben, wie z.B. in Deutschland namentlich Kertbeny. Die Zahl der in Ungarischer Sprache erschienenen Druckwerke ist nicht gering; Sándor zählte im I. 1800 die Titel von 5620 Werken auf, welche seit 1533 gedruckt wurden; Kertbény schätzt die Zahl der von 1533 bis 1853 gedruckten Werke auf 10–12,000; während des letzten Decenniums seit 1854 bis Ende 1863 beträgt die Summe der Druckwerke in Ungarn ungefähr 3000, soweit dieselben in den auswärtigen Buchhandel gelangten. Bei den eigenthümlichen Verhältnissen des ungarischen Verlags- u. Sortimentshandels werden aber nicht alle literarischen Erzeugnisse über ihre Heimath hinaus bekannt, namentlich gilt dies von vielen Erzeugnissen der provinzialen, bes. siebenbürgischen Presse. Freilich hat der größte Theil der ungarischen Erscheinungen für das Ausland gar kein Interesse; die Hälfte derselben besteht in Volksschriften, Erbauungsbüchern, Schulbüchern, ökonomischen Schriften, Kalendern, Programmen etc. Abgesehen von dieser Literatur des Bedürfnisses gehören die meisten Productionen der Belletristik an. Die einzelnen Fachwissenschaften (Theologie, Jurisprudenz, Medicin, Mathematik, Naturwissenschaften, Philosophie, Philologie) sind mit wenigen Ausnahmen nur durch Hand- u. Lehrbücher vertreten. Viele vortreffliche Originalarbeiten haben jedoch die Fächer der vaterländischen Geschichte, der Reiseliteratur, der ungarischen Sprachkunde u. Literaturgeschichte aufzuweisen. In wissenschaftlicher Beziehung steht Ungarn durchaus unter deutschem Einfluß; Originalarbeiten, welche der Wissenschaft im Allgemeinen, nicht blos der wissenschaftlichen Belehrung u. Bildung Ungarns gelten, erscheinen daher fast ohne Ausnahme in Deutscher Sprache, deren Kenntniß nicht allein unter allen Gelehrten u. Beamten Ungarns, sondern überhaupt unter den oberen Bevölkerungsschichten allgemein verbreitet ist. Viele Ungarn gehören durch ihre deutschen Werke, wie z.B. Gaal, Mailath u. v. A. der Deutschen Literatur an; auch mehre der seit 1849 flüchtigen od. ausgewanderten Ungarn bedienen sich in ihren Werken mehr od. minder häufig der Deutschen Sprache (z.B. Horn, Josika, Kertbeny, Pulßky, Graf Marzel Desewffy, Victor Hornyanszky, Michael Horváth etc.), andere auch der Englischen (z.B. Pulßky) u. Französischen Sprache. Neben diesen Erscheinungen der eigentlichen Ungarischen od. Magyarischen Literatur treten in Ungarn, wie es bei der verschiedenartigen u. gemischten Bevölkerung natürlich ist, noch zahlreiche Schriften außer in Deutscher Sprache, auch in mehren slawischen Mundarten u. in Walachischer Sprache ans Licht. Bücher in Lateinischer Sprache werden jetzt verhältnißmäßig wenig mehr gedruckt, meist sind es noch juristische u. alterthumswissenschaftliche Werke. Auch die in Ungarn zahlreichen Juden drucken an mehren Orten des Landes (Presburg) in Hebräischer, Vieles auch in Deutscher Sprache. Von den slawischen Stämmen Ungarns haben die Serben u. sogen. Illyrer eine eigene Literatur; Mittelpunkt für Erstere ist in Ungarn Pesth u. Neusatz, für Letztere Agram u. Zengg. Auch Schriften in Bulgarischer Sprache erscheinen zu Pesth. Die Walachen, soweit sie Ungarn u. Siebenbürgen angehören, drucken namentlich zu Klausenburg; die Slowaken, deren Literatur mit der czechischen zusammenfällt, in Pesth, Tyrnau u.a. O.

Schon zu den Zeiten der Arpaden war der Gesang in Ehren; man sang Kriegs- u. religiöse Gesänge, in historischen Liedern wurden die Thaten der Fürsten, bes. aus den Türkenkriegen, besungen; an Gesängen launigen Inhalts belustigte sich das Volk. Die Sänger hießen Jaculatoren od. Trufatoren; sie sangen nicht allein an den Tafeln der Fürsten u. bei den Festen des Volkes, sondern folgten auch dem Heere ins Feld. Die ältesten noch vorhandenen ungarischen Gedichte sind aus dem 15. Jahrh., z.B. der Hymnus an König Ladislaw u. das Lied an die Jungfrau Maria; in das 16. Jahrh. gehört die versificirte Übersetzung des Ritters Peter aus der Provence u. der schönen Magellone. Im 16. Jahrh. kamen die Reimchroniken in die Mode, in denen nicht blos nationale Gegenstände, wie von Tinödi, Nagy-Baczai, Temesvari, Bogati, Valkai, Ilosvai u.a., sondern auch fremde dichterisch behandelt wurden, wie die Thaten des Cyrus von Kakonyi, die Schicksale des Ajax u. Odysseus von Csaktornyi etc. Neben diesen Reimchronisten nahmen blos Graf Valentin L. B. Balassa (starb 1594), der ungarische Pindar, u. Joh. Erdösi (Johann Sylvester) als Lyriker eine hervorragende Stellung ein. Des Letzteren Elegyes versei wurden von Revai (Presburg 1787) herausgegeben. Als die ersten Anfänge einer nationalen ungarischen Poesie sind die Gedichte von Stef. Gyöngyösi, Graf Stef. Kohári, Rimai, Benitzky, Johann There (Apatzai), Baron Lad. Lißti (Werke, Pesth 1852) u. Graf Nik. Zrinyi (Werke, Pesth 1852), welche im 17. Jahrh. auftraten, zu betrachten. Diese waren größtentheils durch das Studium Homers, Virgils u. Tassos gebildet. Damals schrieben ferner Epopöen in der Manier der historischen Gesänge des 18. Jahrh. Köröspataki, Pasko, Dugonics, Adam Horváth, Valyi Nagy. Freier von klassischem Einfluß dichteten Döbrentei, Szekely, Andr. Horváth, vor Allen Czuczor, Vörösmarty u.a. (s. unten). Sie haben bewirkt, daß sich die U. L. im Epos mit anderen Literaturen messen kann; das Epos ist auch vor allen andern Dichtungsarten am meisten national. Eine Bereicherung erhielt die neuere U. L. auch an den Sagen aus der ungarischen Vorzeit durch Kisfaludy. Die ungarischen Volkslieder sind theils historisch, theils lyrisch; sehr alte sind aus keiner von beiden Klassen mehr vorhanden, s. unten S. 169. Von Volksmärchen, deren mehre fremden Ursprungs sind, finden sich einige in Zeitschriften aufbewahrt, Georg von Gaal u. Graf Mailath gaben davon mehre deutsch (Märchen der Magyaren, Wien 1822) heraus, welche Lazinczy in Ungarischer Sprache nacherzählte. Eine eigene Dichtergruppe schloß sich an den Jesuiten Franz Faludi (st. 1779) an, welche klassische Lieder mit französischer Singbarkeit dichteten, aber bald durch die Französische Schule des Georg Bessenyi (st. 1811), welche den Alexandriner einführte, in den Hintergrund gedrängt wurde. Dieser entgegen trat eine andere Richtung, welche für die Weiterbildung der U-n L. allein die klassischen Studien für maßgebend erachtete u. deshalb häufig die Lateinische Schule genannt wird. Ihre vorzüglichsten Repräsentanten fand sie in Alex. Baroczy, Nik. Revai u. Jos. Rajnis, deren Blüthezeit in das letzte Drittel des 18. Jahrh. fällt. Auf diesen Grundlagen blühten seit Ende des 18., bes. aber seit Anfang des 19. Jahrh. zwei neue Schulen empor, deren eine durch den Volksdichter Michael Vitez Csokonai[163] (1773–1805), die andere durch Franz Kazinczky (1759–1831), s. b., repräsentirt wird. Die erstere Schule, welche zahlreiche Anhänger fand, schlug bald tiefe Wurzeln im Herzen der Nation u. wurde ganz eigentlich die Grundlage, auf welcher die neuere ungarisch-nationale Poesie empor wuchs; die zweite, mehr ästhetisch gebildete Schule begann ihre Reformen erst in den ersten Decennien des 19. Jahrh. mit voller Macht zu entfalten. Von beiden getragen war Alex. Kisfaludy (s.d.), der Begründer der neuern ungarischen Poesie, welcher zuerst 1801 mit seinen Liebesliedern Himfy's auftrat. Ihm folgten zunächst eine Reihe glänzender Dichternamen, wie Franz Kölcsey (s.d.), Paul Szemere, Karl Kisfaludy (s.d.) u. Daniel Berzsenyi (s.d.), dann später seit Beginn des dritten Decennium Ant. Bajza (s.d.), Gregor Czuczor u. Michael Vörösmarty (s. b.). Nach der Julirevolution traten zu den Reihen der Genannten noch Peter Vajda, Joh. Erdélyi, Garai, Kunoß u.a. Nachdem bei dem lebhaft erwachten politischen Leben, welches alle Kräfte in Anspruch nahm, bis in die Mitte der Vierziger Jahre eine gewisse Ebbe in der ungarischen Poesie eingetreten war, trat plötzlich Alex. Petöfi auf, welcher bald der eigentliche volksthümliche Dichter Ungarns wurde u. fast alle seine Zeitgenossen in seiner Richtung mit sich fortriß. Unter seinen bedeutenderen Vorgängern sind Andreas Pap (starb 1852, Gesammelte Gedichte, Pesth 1853, 1. Bd.), Alex. Vachot u. Nik. Szemere, unter seinen Zeitgenossen, Schülern u. selbständigen Nachfolgern vor Allen Johann Arány zu nennen.

Unter den einzelnen Dichtgattungen zeichneten sich im Epos außer Andreas Horváth (Arpad, 1830) bes. aus Gregor Czuczor durch die Augsburger Schlacht (Pesth 1824), Die Arader Versammlung (1828) u. Botond (1831), Mich. Vörösmarty durch seinen Arpad, Die Niederlage der Cumanen auf Czerhalom, Die Belagerung von Erlau, Der Reichstag zu Arad, Die Drei Sagen (1851) etc., u. in neuerer Zeit Al. Petöfi (Janos vitez, 1845), Joh. Arány durch seine epischen Dichtungen Toldi (1847) u. Eroberung von Murany (1848), durch seine erzählenden Dichtungen Katalin (1850) u. Zigeuner in Nagy-Ida (1852). Ein lyrisches Epos gab Alexander Kisfaludy (Gyula' szerelme, 1825), welcher auch nebst Guadanyi in der komisch-poetischen Erzählung Vorzügliches leistete. Ein komisches Epos, Dorottya, hat die U. L. von Csokanai erhalten. Beifällig aufgenommen wurden auch in neuester Zeit die epischen Arbeiten von Johann Garay (geb. 1812), welcher eine große historische Dichtung Der heilige Láßló (1851–53, 2 Bde.), sowie schon vorher die Epen Csatár (1834), Sofia Bosnyák, Kristofine Frangepan etc. veröffentlichte; ferner die Sagen u. poetischen Erzählungen (1852) von Mich. Tompa, welche einzelne gelungene Blumenmärchen enthalten, das Volksheldengedicht Paul Kinizsi (1851) von Koloman Tóth, die weniger bedeutende Heldensage Das Horn des Lehel von Ludwig Szabó, endlich das reizende Märchen Das Echo von Tihany (deutsch von Kertbeny, Pesth 1853). Die Romanze u. Ballade wurde zuerst durch Kölcsey in die U. L. eingeführt u. von Czuczor, Arány, Erdélyi, Vörösmarty, Petöfi u.a. trefflich behandelt. Vielen Beifall fand Joh. Garay's Balladencyklus Arpadok (1847, 2. A. 1848). Den Anfang einer Nachdichtung der Shakespeare'schen Dramen in Form von Volksballaden begann Székely (Imogena, 1853). Von gelungenen didaktischen Dichtungen sind beispielsweise Andreas Horváth's Erinnerungen an Zirez u. aus neuester Zeit Gabriel Egressy's Lehrgedicht über die Schauspielkunst anzuführen. Als Fabeldichter haben sich Andreas Fay (s.d. 1) u. in neuerer Zeit Ludwig Dienes beliebt gemacht. Unter den lyrischen Dichtern steht Alexander Petöfi (s.d.; Lyrische Gedichte von Th. Opitz, Pesth 1864, 2 Bde.) oben an. Die bedeutendsten Talente der Zeit nach Petöfi sind außer Arány der Prediger Mich. Tompa u. Paul Bozzay (geb. 1830, starb 1851; Poetischer Nachlaß, herausgeg. von Levai, 1853f.). Unter den Dichtern der neuesten Zeit sind außer den schon oben genannten u. dem einer früheren Epoche angehörigen Johann Kis (s.d.) noch zu nennen: Alois Szentmiklossy (Primoczi, Pesth 1840), Gabriel Döbrentei (Huszárdalok, Ofen 1847; Pali és Minka olvasni tanul, Pesth 1828; Regy magyar nyelv emlékek, Ofen 1846 etc.); Bartay (Magyarország primásai, Ofen 1847; Magyar Apollo, Pesth 1835); Szenvey (Minden munkái, Pesth 1844–46, 10 Bde.; Újabb munkái, Ofen 1840), Franz Csaszár (Gedichte, 2. A. 1846), Joh. Vachott Imre (Még. egy szózat a' pesti magyar szinház ügyében, Pesth 1840; Költö és Király, 1846 etc.); Nik. Szemere (Gesammelte Gedichte, 1853f.), Joh. Vajda, Koloman Lißnyai, ein liederreicher Dichter, Gyulai, Friedrich Kerényi, Paul Jambór (Pseudon. Hiador), Paul Szathmáry, Alexander Vallér, Sárossy, Karl Sükei (Sternschnuppen, Pesth 1850), Karl Száß, Mentovich, Joh. Erdélyi, Zalár, Koloman Tóth (Heckenrosen der Liebe, Pesth 1851), Andreas Tóth (Klingestrauch, Pesth 1853, 2 Bde.), Lorenz Tóth (Herzensklänge, Pesth 1839); Jos. Székely (Lieder der Caprice, Pesth 1850; Korallen, 1853), Joh. Garay (Gedichte, 1843; Lyrische Gedichte, Erlau 1851, 2 Bde.; Balatoni kagylok, Pesth 1813; Sämmtliche Dichtungen, 1853, 5 Bde.; Dichtungen, deutsch von Kertbeny, Pesth 1854, 2. Aufl. Wien 1856), Lad. Szelestey (Gesammelte Gedichte, 1852f.; Lieder, übersetzt von, Török, Wien 1856), Joseph Lévai, beliebter Liederdichter (Dichtungen, Pesth 1852; Lieder, deutsch von Dudumi, Pesth 1854), Sigmund Beöthy (Gedichte, 1851) etc. Unbedeutender sind Lad. Losonczy (Gedichte, 1852), Ignatz Barna (Liebesklänge, 1850), Victor Tuboly (Dichterkeime, 1851), Martin Czelder (Einfache Veilchen, 1852) u. v. A. Unter den Dichterinnen, deren Ungarn nur wenige zählt, welche sich über den Dilettantismus erheben, zogen in den letzten Jahren bes. die jugendliche Flora Majthényi u. Iduna, die Gemahlin des Dichters Karl Száß, die Aufmerksamkeit auf sich. Ein für Ungarn neues Genre der Dichtung, das der Dialektdichtung, brachte Koloman Lißnyai durch seine Lieder der Palozen (Pesth 1850) in Aufnahme, ihm folgten Lad. Szelestey mit Liedern im Dialekt der Kemeneser Gegend u. Joh. Kriza im Szeklerdialekt. Die Hangok a' multböl (Lpz. 1851), eine Sammlung ungarischer Revolutions- u. Freiheitslieder, worunter viele feurige von Petöfi, wurde von Vasfi u. Benkö (Braunschw. 1852) ins Deutsche übersetzt. Auf dem Gebiet der religiösen Dichtung hat die neuere U. L. keine bedeutende Erscheinung aufzuweisen; unbedeutend sind auch Anton Nyulassi (Gedichte, Gran 1851), Anton Sujánßky (Glaubenspoesien, 2. Aufl. Pesth 1853),[164] Josef Márki (Gedichte zur Bildung des Herzens, Szegedin 1853) u. m. A.

Dramatische Gedichte kommen seit dem 17. Jahrh. vor: merkwürdig sind bes. P. Karádi's Balassa Menyhard, ein Nationalschauspiel, u. Bornemißa's Klytämnestra, eine Tragödie nach Sophokles Elektra. Sie wurden meist in Festungen (wo ihr Gegenstand Kriegsthaten waren) u. in Städten gegeben, letztere waren komisch-tragische Spiele, zu denen der Stoff aus der Moral u. Mythologie genommen war. Die Führer von Schauspielerbanden erhielten damals Privilegien, doch nur unter der Bedingung, daß nichts Anstößiges in ihren Vorstellungen war, zu welchem Zweck den Ortsobrigkeiten freistand die theatralischen Dichtungen vor der Vorstellung durchzulesen. Im 18. Jahrh. verschwanden die dramatischen Darstellungen von öffentlichen Plätzen u. es wurden deren nur noch bei feierlichen Gelegenheiten in den Erziehungsinstituten gegeben. Für diese Zwecke schrieben Jesuiten Stücke, deren Gegenstände aus der alten Geschichte gewählt waren, so für die Schule zu Kaschau Kunics (Zedekias, Trauerspiel, 1753), Saludi (Constantinus Porphyrogenetes, Schauspiel, 1754), Illái (Salomon, Ptolemäos, Titus, Trauerspiele, 1767), Kereskenyi (Kyros, Mauritius) u.a. Diese Dramen waren mit zu hervortretend moralisch-didaktischer Tendenz geschrieben u. verhallten, ohne allgemeine Theilnahme zu erregen in den engen Räumen, für welche sie geschrieben waren. Mehr ausgebildet wurde das ungarische Theater zu Ende des 18. Jahrh.; 1790 entstand die erste ungarische, 1792 die erste siebenbürgische wohlorganisirte Schauspielergesellschaft; der Dramen zählte man in einem Zeitraum von fünf Jahren an 250, theils originelle (z.B. von Simai, Soß, Szentjobi, Endrödy, Dugonics u.a.), aber ohne Werth; theils Übersetzungen aus Shakespeare, Kotzebue, Goethe etc.; im französischen Styl schrieb Bessenyi seine Dramen (Attila, Buda, Hunyades etc.). Die Ära der dramatischen Literatur in Ungarn begann erst mit Karl Kisfaludy, dessen Schauspiele (Die Tataren in Ungarn, Ilka, Stibor, Irene etc.), Lustspiele (Der Mädchenhüter, Der Treue Probe, Täuschungen u.a. m.) u. Possen (Die Rebellen, Der Brautwerber etc.) von hohem Talente zeugen u. noch gegenwärtig häufig gegeben u. gern gesehen werden (wie z.B. Matyas Déák). Dasselbe gilt von den älteren Stücken Lorenz Tóth's (Vata, 1836; Olympia, 1839; Uti tarca, 1842, 6 Bde.), Vörösmarty's (Salomo király, 1821, 1827; Zoigmont király, 1823; Kont, 1825; Homonna völgye, 1825; etc.), Eördögh's, Sigmund Czakó's, starb 1847 (Kalmár és tengerész; Vegrendelet; János lovag; Leontina u. Könyelmüek). In zweiter Rangordnung folgen nächst diesen aus der Zeit vor der Revolution: Katona (Kegyencz, szomorujaték öt felvonásban (1841), Teleki (Bánk ban, Der Günstling), Garay (Tollrajzok, 1846; Arbocz, 1837; Orszagy Ilona, 1837; Batory Erzsibet, 1840 etc.), Karl Hugo u.a. Auch Petöfi schrieb ein Trauerspiel (Tiger u. Hyäne, 1846), wie er auch Shakespeare's Coriolan (1848) übersetzte. Die Gattung des nationalen Volksstücks wurde durch Jos. Gaal, Ignatz Nagy (Gesammelte Lustspiele, Pesth 1851) u. Szigligeti (z.B. Roszfa, 1840; Korona és kard; Osszes szinmüvei, 1846f.; Eredeti szinmüdalokkal, 1844; Cillei Fridrik, 1841; Gyaszvitézek, 1838 etc.) auf der ungarischen Bühne heimisch gemacht. Als Lustspieldichter sind außer Eötvös, welcher ein originelles Stück Vive l'égalité lieferte, noch Dobsza, Povacs u. Degré zu nennen, deren neueste Stücke doch keine Aufmerksamkeit erregen konnten. Mehr Beifall fand Dobsza's Drama Johannes Gutenberg (1851). Die meisten ungarischen Originalstücke, deren Zahl wenigstens nicht gering ist, kommen blos durch die Bühne, nicht durch den Druck zur Öffentlichkeit; unter den in der letzten Zeit gedruckten Dramen sind Joh. Erdélyi's Venetianerin, L. Oldal's Touloner Nacht, Damianus Horváth's Valentin Podmaniczky zu nennen. Für die bedeutendsten Schauspieler der ungarischen Bühne gilt Martin Lendvay (geb. 1807) u. seine Gattin Anna Lendvay (geb. 1815); nächst diesen ist auch der als Dichter u. Schriftsteller bekannte Gabriel Egressy zu nennen. Eine Geschichte des ungarischen Theaterwesens enthält die Ungarische Thalia (1853), ein von Emrich Vachot herausgegebener Theateralmanach.

Der Roman im engeren Sinne des Worts wurde in die U. L. durch den Piaristen Dugonics (Ulysses, Pesth 1780; Etelka, Presb. 1788, 1791; Arany Peretezek, 1790; Gyapjas Vitézek, 1794, 2 Bde.; Jeles Történetek, 1794f., 2 Bde.; Szeretsenek, 1798, 2 Bde.), dessen Werke den ritterlich-sentimentalen Charakter tragen, u. seinen Zeitgenossen Konyi (Várta mulatsáy, Presb. 1774; Hadi Román, Pesth 1779; Elme futtatások, Ofen 1792) eingeführt. Diesen folgte zunächst Verseghy, welcher von 1808–1812 Mehreres in der Art des Gil-Blas veröffentlichte, bis Jos. Gaal u. Josika sich in der Richtung Walter Scott's versuchten. Die U. L. hat seitdem zwar eine große Anzahl von Romanen aufzuweisen, doch findet sich unter ihnen keiner, welcher eine gewisse Bedeutung erlangt hätte. Die bedeutendsten Romanschriftsteller der Gegenwart sind in Ungarn Nik. Josika (s.d.), welcher große Productivität u. viel technische Geschicklichkeit an den Tag legt, u. Baron Jos. Eötvös (s.d.), welcher an Geist u. edler Intention jenen weit überragt, demselben aber in Bezug auf Form u. Technik nachsteht. In zweiter Reihe folgen die Romanschriftsteller Moricz Jókay (Siebenbürgens goldene Zeit, 1850, 3 Bde.; 2. A. 1853; Die Türkenwelt in Ungarn, 1851, 3 Bde.; Der zweigehörnte Mann, 1852, 2 Bde.) u. Baron Sigmund. Kemény (s.d. 3), ein Schriftsteller der höheren Stände, denen sich Alois Degré (Zwei Jahre aus dem Leben eines Advocaten, Pesth 1853, 2 Bde.) anschließt. Von sehr untergeordnetem Werth sind die Romane von Székely (Tobias Liliput von Liliputdorf, 1850), Emrich Vachot (Schutzengel der Honveds, 1850), M. Boroß (Eine Heirath aus Speculation), Franz von Pulßky (Die Jakobiner in Ungarn, Verl. 1851, 2 Bde.) u. v. A. Auch Petöfi schrieb einen Roman: Der Strick des Henkers (deutsch von Kertbeny, Halle 1851). Andere Romanschriftsteller von verschiedenem Werthe sind: Ladislaus Kelmenfy (Hazucha), dessen bedeutendster Roman: Die Zerrissenen von Dux (Presb. 1846, 2 Bde.), verdeutscht wurde; Sajó (Jókai Mór) u. Vas Gereben (Ungarische Dorfgeschichte, deutsch von Kertbeny, Dresd. 1854; Ein Dorf zwei Wächter, deutsch von Vasfi, Münch. 1851) u.a. m. Bedeutenderes als im Roman haben die Ungarn in der Novelle geleistet. Schon die ersten Versuche von Karl Kisfaludy, Kölcsey, Bajza, Vörösmarty,[165] Fáy (Kornblumen u. Ähren, 1851, 2 Bde.) etc. bewegen sich auf dem nationalen Felde od. in vorzugsweise nationalen Anschauungen. Eine reiche Anzahl netter u. abgerundeter Bilder aus dem nationalen öffentlichen u. Privatleben enthalten die Novellen von Paul Kovacs, Ignatz Nagy (welcher auch die socialen Romane Magyar titkok, 1842, Kuthy Layos etc. schrieb), Peter Vajda, Frankenburg, Paul Charto, Kunoß, Remellay etc. Besondere Beachtung verdient Ludwig Kuthy, geb. 1813 (Hazai rejtelmek, Pesth 1846, 2 Bde.; Gesammelte Novellen, ebd. 1841–53, 1.–9. Bd.) als ein vorzügliches Erzählertalent. Sonst sind aus neuester Zeit noch zu nennen: Jokay (Revolutions- u. Schlachtbilder, deutsch, Lpz. 1850; Tagebuch eines Flüchtlings; Nach dem Sturm, 1853, 2 Bde.), Karl Berczy (Novellen, 1852, 2 Bde.), Emrich Vachot (Nebelschleierbilder, 1851, 3 Bde.), Franz Csáßár, Albert Palffy, Ludwig Dobsza, Paul Gyulai (Ein alter Schauspieler, Wien 1851, u.a. m.), Baron Kemény, Karl Obornyik, Joh. Pompéry, pseudonym Ervin, Garay (Erzählungen, 1845) etc. Unter den Frauen ist die Schauspielerin Bulgovszky hervorzuheben. Ein populärer Humorist ist Kaspar Barnát (Frescobilder, Pesth 1851, 3 Bde.); in der Art Saphirs schreibt Lad. Beöthy (Punch). Im Genre der Dorfgeschichte entwickelt Josef Radakovics, pseudonym Vas Gereben ein bedeutendes Talent. Außer den nicht wenigen, meist aber gut redigirten Zeitschriften bieten in neuerer Zeit namentlich auch die Almanache u. Albums die Gelegenheit zur Einführung in die Literatur u. zur ersten Bekanntmachung von Dichtungen u. anderen selbständigen Literaturwerken dar. Eine wichtige Rolle spielt in der Geschichte der U-n L. das von Karl Kisfaludy 1822 gegründete, 1830 bis 1837 von Bajza fortgesetzte Taschenbuch Aurora. Zu gleicher Zeit erschienen die Hebe u. Flora, seit 1840 Emlény (d.i. Souvenir) u. von 1840–45 der von der Akademie herausgegebene Nationalalmanach. Wohlthätigen Zwecken gewidmet sind Vachots Losonczer Phönix (seit 1850), Alex. Szilágyi's Album von Nagyenyed (1851); Franz Császárs Arader Sturmblätter (1850) u. Trostblätter für Szikzó (1853). Außer dem Reguly-Album, welches auch belletristische Werke enthält, sind noch Alex. Szilagyi's Sammelwerke: Ungarische Erinnerungsblätter aus der Revolution, Album ungarischer Literaten u. Buch der Frauen (1853) zu nennen. Der theologisch-belletristischen Richtung gehören an Der Schutzgeist, seit 1846, redigirt von Ant. Sujanßky, das Erinnerungsbuch von I. Danielin (seit 1851), Szeberényi's Kirche u. Schule (seit 1852). Kertbeny gab ein Album hundert ungarischer Dichter in ausgewählten deutschen Übertragungen (Dresd. u. Pesth 1853 u. Ausg. 1858) heraus.

Was die Beredtsamkeit betrifft, so sind die Leistungen der Ungarn auf dem Gebiete der politischen Beredtsamkeit aus der Zeit vor u. während der letzten Revolution in ganz Europa bekannt. Abgesehen von Ludwig Kossuth, dessen Rednertalent nicht blos in seinem Vaterlande, sondern auch in England u. Nordamerika bewundert wurde, traten als ausgezeichnete Redner auf: Paul Nagy, Aurel Dessewffy, Eugen Beöthy, Moritz Szentkirályi, Joseph Eötvös, Lad. Szalay, die Gebrüder Wesselényi, Gabriel Kazinczy, Stephan Széchenyi, Franz Déak, Dionys Pazmandy, Stephan Bezeredi u.a. Auch an Kanzelrednern besitzt Ungarn unter seiner Geistlichkeit der verschiedenen Confessionen manches bedeutende Talent, doch ohne daß eins derselben seinen Ruf über die Grenzen des Landes hinaus verbreitet hätte. Als akademischer Redner hat sich bes. Franz Toldy (Irodalmi Beszédei, Presb. 1847) einen Namen erworben. Alle so eben genannten Redner haben auch als Publicisten ausgezeichneten Ruf u. Einfluß gewonnen. Kossuth führte seine Ideen meist in dem Blatte Pesti Hirláp aus; Eötvös sammelte seine politischen Artikel in Reform (Lpz. 1846) u. schrieb das politisch-philosophische Werk: Über den Einfluß der Ideen des 19. Jahrh. auf Staat u. Gesellschaft, ungarisch u. deutsch (Pesth 1851), Dessewffy in X. Y. Z. Könyve (Pesth 1841) u. Aus den Papieren des Grafen A. D. (ebd. 1843, 2 Bde., deutsch). Einen nicht geringen Antheil an der Bildung der Sprache, wenn auch nicht an der Bereicherung der Literatur, hatten die vielen Übersetzungen der Bibel, womit man schon im 14. Jahrh. in Ungarn begann u. im 15. Jahrh. fortfuhr, welche aber am häufigsten im 16. u. 17. Jahrh. stattfanden. Die Literatur der eigentlichen Philosophie besteht in Ungarn bisher nur in Lehrbüchern. Im Allgemeinen ist die Philosophie daselbst aus deutschen Systemen entlehnt u. in Lateinischer Sprache wiedergegeben; eine eigenthümliche Erscheinung in älterer Zeit war die Logik von I. Isere (1656), welcher auch schon 1653 eine Encyclopädie aller Wissenschaften, beides zumal in Ungarischer Sprache, herausgegeben hatte. Die äußeren Beschränkungen, denen die Äußerungen auf dem Gebiete der Philosophie in Ungarn unterliegen, hindern das Weiterkommen darin sehr. Aus neuerer Zeit sind beispielsweise zu nennen I. Márki (Lehre vom Menschen), A. Gregaß (Grundzüge der Ästhetik). Aufsätze für Journale u. Wochenblätter lieferten Hunfalvi, Gust. Szontagh, Hetényi, Lorenz Tóth, Theodor Pauler, Purgstaller, Wenzel, Kállay, Csacsko etc. Auf dem Gebiete der ästhetischen Kritik sind u.a. Kölcsey, Baiza u. Toldy (Ästhetische Briefe über Vörösmartys epische Werke, Pesth 1827; Über die Grundsätze künstlerischer Übersetzung, Ofen 1843; etc.) zu nennen. Über Pädagogik schrieben Baron Joh. Dercsenyi (Grundzüge meiner Erziehungsmethode, Wien 1850; auch französisch u. ungarisch), Pauline Vincze (Von der Erziehung, Gran 1852), Joseph Breznyik (Ideen zur rationellen Schuleinrichtung bei den Calvinisten), Andreas Kálniczy (Über Mädchenerziehung) etc. In den von mehren Gymnasien seit 1850 ausgegebenen Schulprogrammen sind auch einige zum Theil gute pädagogische Arbeiten enthalten. Unter den encyclopädischen Werken verdient das Ungarische Conversationslexikon der neueren Zeit (1850f.) unter Redaction Albert Pákhs besondere Erwähnung; Anton Valla's Nationallexikon wurde unterbrochen.

Eins der bestangebauten Gebiete der U. L. ist das der Geschichte. Unter den Arbeiten über die Universalgeschichte verdient nur Joh. Hunfalvi's Universalgeschichte (Pesth 1850) u. Virgil Szilágyi's Geschichte der neueren Zeit (1851) besondere Erwähnung. Eine Allgemeine Geschichte hat A. Csengery geliefert. Was die Geschichte Ungarns betrifft, so werden Katona's lateinische Documentensammlung weit übertroffen durch Lad. Szalay's Geschichte Ungarns (Lpz. 1851 ff.); eine[166] vortreffliche Arbeit ist auch Mich. Horvaths A' Magyarok története (1842–46, 4 Bde.; deutsch Pesth 1850–52, 3 Bde.). Einen größeren Abschnitt der ungarischen Geschichte behandelt Graf Jos. Teleki's Zeit der Hunyaden in Ungarn (Pesth 1852 ff). Andere Beiträge lieferten Paul Jássay (Die Tage der ungarischen Nation nach der Schlacht von Mohacs, Pesth 1853 ff.), Emrich Palugyai (Historische Skizzen über Dalmatiens Verhältniß zu Ungarn), Georg Fejér (Von den Chasaren, 1851; Der Ursprung der Kumanen, 1852), Messaros (Geschichte der Russinen in Ungarn, Pesth 1851) u. v. A. Von Geschichtsquellen erschien das Chronicon Hungarorum Posoniense durch Franz Toldy (1851), der Anonymus de rege Bela durch Karl Szabó (1853), das Chronicon Fuchsio-Lupino-Oltardinum durch I. Trausch (Kronstadt 1847). Über den Ursprung des ungarischen Volkes schrieben seit Berekßáßi u. Gyarmati Viele; darunter waren am einflußreichsten die von Nik. Révai, Steph. Horváth u. Paul Hunfalvi; Steph. Szabó stellte 1853 noch die Behauptung auf, der Ursitz der Magyaren sei Arkadien gewesen. Über die Geschichte Siebenbürgens schrieben u.a. Karl Schaller (Umrisse u. kritische Studien zur Geschichte von Siebenbürgen, Hermannst. 1840), Graf Jos. von Kemeny (Notitia archivi Capituli Albensis, 1836; Erdély ország' terténetei, 1837; Deutsche Fundgruben der Geschichte Siebenbürgens, Klausenb. 1839f., 3 Bde.), A. Fodor (Mahadia bagy a' Hercules Fürdök, Kolcßvart 1844; etc.), Lad. Kövary (Siebenbürgische Alterthümer, Klausenb. 1850; Die Alterthümer des siebenbürgischen Bodens, 1853). Um die Geschichte der Walachen hat sich A. Treb. Lauriani große Verdienste erworben. Die letzten Revolutionskämpfe in Ungarn haben eine große Anzahl von Werken hervorgerufen, welche theils in deutscher u. anderen Sprachen im Ausland, theils in Ungarn selbst erschienen sind. Zu den bedeutendsten gehören die Publicationen von Arthur Görgei (Mein Leben u. Wirken in Ungarn, Lpz. 1852, 2 Bde.); Klapka (Memoiren, Lpz 1850; Nationalkrieg in Ungarn u. Siebenbürgen, ebd. 1851, 2 Bde.); Czecz (Bems Feldzug in Siebenbürgen in den Jahren 1848 u. 1849, Hamb. 1850); Pataky (Bem in Siebenbürgen, Lpz. 1850); Jos. Nemedy (Die Belagerung der Festung Ofen 1686 u. 1849. Pesth 1853); Horn (Ludwig Kossuth, deutsch, Lpz. 1851); Szemere (L. Bathyányi, A. Görgei u. L. Kossuth, Hamb. 1852); Baron Sigmund Kemeny (Nach der Revolution, ungarisch, 1851). Zahlreiche Arbeiten lieferte Alexander Szilágyi (Die letzten Tage der ungarischen Revolution, deutsch, Pesth 1850, ungar., 3. Aufl. 1851; Die ungarischen Frauen aus der Revolutionszeit; Kossuth, von den letzten Tagen der Revolution; Görgei u. die Waffenstreckung; Geschichte der ungarischen Revolution etc.). Andere minder wichtige Schriften gaben außer einigen Anonymen (Flucht nach Debreczin, Pesth 1850; Ungarische Flüchtlinge auf türkischem Boden, Klausenb. 1850; Das geheime Archiv der ungarischen Revolution, Pesth 1850) heraus: Imrefi (Die ungarische Emigration in der Türkei, deutsch von Vasfi, Lpz. 1851), Karádfi (Das Honved- u. Husarenleben), Korányi (Honvedtagebuchnotizen), Karádfi u. Rátkai (Kossuths parlamentarisches Leben) etc. Hieran schließen sich eine Anzahl historisch-politischer Schriften, welche Zeitfragen zum Gegenstand haben, von Lonovics (Der Josephinismus u. die neuesten kaiserlichen Verordnungen, deutsch, Wien 1851; Englische Toleranz, Wien 1852); Paul Somsich (Ungarns legitimes Recht, deutsch, Wien 1851), Johann Török (Ungarische Lebensfragen, Pesth 1852), Karl Vida (Betrachtungen über Ungarns Geschichte), Aurel Kecskeméti (Ungarns Centralisirung in Österreich), ein Anonymus (Slawische Bestrebungen u. ungarische Ideen, Pesth 1850) etc. Neben diesen einheimischen Arbeiten wurden mehre der bedeutenderen ausländischen Geschichtsschreiber in die U. L. eingeführt; Törtéreti Könyvtár (Pesth 1843–45, 6 Bde.) gab Anton Bajza heraus. Sonst wurde in den letzten Jahren Macaulay's Geschichte von England durch Ant. Csengery, Guizot's Geschichte der englischen Revolution durch Paul Somsich, dessen Washington durch Gyeröfi, Thierry's Attila durch Karl Szabó etc. übersetzt. Die Biographie wurde namentlich durch Ant. Bajza (Uj Plutarch, Pesth 1845–47), Ant. Csengeri (Ungarische Redner u. Staatsmänner, deutsch, Pesth 1851f., 2 Bde.), Lad. Szalay (Buch der Redner u. Staatsmänner) etc. bearbeitet. Ein Leben Washington's schrieb G. Czuczor (Pesth 1845). Die Numismatik fand nach Vorgang Schönvisner's u. Szechenyi's an Rapp (Numi Hungar, Ofen 1841f.) einen guten Bearbeiter.

Was die Geographie betrifft, so erschienen an allgemeinen Werken außer Pauline Vincze's Übersetzung von Pütz's alter, mittler u. neuerer Geographie (Pesth 1850f., 3 Bde.) nur Lehrbücher, wie z.B. von Jos. Fischer (Pesth 1851). Die Geographischen Briefe des Baron Dionys Mednyánßky befinden sich im Uj magyar Muzeum. Einige bedeutendere Reisewerke traten namentlich in der neuern Zeit ans Licht; so Joh. Jerneys Reisen im Orient 1844f. zur Auffindung der Ahnensitze der Ungarn (Pesth 1850, 2 Bde.); der Reisende Reguly, welcher dem Ursprunge der Ungarn am Ural u. Sibirien nachforschte, veröffentlicht seine Berichte in Reguly Album; des Grafen Em. Andrássy Prachtwerk über seine Reise nach Indien, sowie die Reisen in Rußland u. Skandinavien von Baron Lad. Podmaniczky, 1853f. Sonst sind als geistreiche Reiseschriftsteller noch zu nennen Gabriel Egressy (Briefe aus der Türkei, 1852), der Priester Hoványi (Italienische Tour, Wien 1851, 2 Bde.), Lorenz Tóth (Reisenovellen), Adalbert Szilassy, Jos. Irinyi, Stef. Gorove, Friedr. Szarvady (Paris, Berl. 1852, 2 Bde,) etc. Als Begründer der ungarischen Statistik ist Alexius Fényes, geb. 1807 (Magyarorszagnak 's a' hozzá Kapcsolt tartományoknak mostani allapotja statistikai 's geographiai tekintet ben, Pesth 1839f., 6 Bde.; Magyarorszáy statistikaja, 1842f., 3 Bde.; 2. Aufl. 1844; deutsche Ausgabe, 1843f., 3 Bde.; Magyarország' leirasa, 1847, 2 Bde., 1. Th., deutsch von Horn unter dem Titel: Ungarn im Vormärz, Lpz. 1851) anzusehen; andere brauchbare statistische Arbeiten lieferten Mich. Horváth (Az ipar és kereskedés története Magyarországban az utolsó hórom század alatt, Ofen 1840); Bajáky (Handels- u. Gewerbsgeographie von Ungarn, Pesth 1845), Bárándy (Zustände Ungarns, Presb. 1847; Ungarische Zustände, Lpz. 1847) etc.; Emrich Palugyai's Historisch-geographisch-statistische Beschreibung des Ungarischen Reiches, 1852f. Ein Wörterbuch der Geographie[167] Ungarns gab A. Fényes (Pesth 1851f., 4 Bde.) heraus. Von Deutschen, welche neuerlich die Geographie Ungarns in Ungarischer Sprache beleuchteten, steht obenan S. Neumann (Elsö oktatás a Földleirásban etc., Ofen 1845), welcher auch A' Magyarok Története od. eine Geschichte der Ungarn in ihrer Sprache schrieb (2. Aufl. ebd. 1844f.). F. Láner veröffentlichte Grundzüge der statistischen Wissenschaft. Ein Nationalwerk gab von Scharberg in seinem Historisch-genealogisch-geographischen Atlas zur Übersicht der Geschichte des Ungarischen Reiches (Hermannst. 1847f.). Eine Reihe geographisch-statistischer Schriften über Ungarn u. seine Nebenländer veröffentlichte Joh. Csaplovics (Topographisch-statistisches Archiv, Wien 1821, 2 Bde.; Gemälde von Ungarn, Pesth 1829, 2 Bde.; Kroaten u. Wenden in Ungarn, Presb. 1829; Ungarns Vorzeit u. Gegenwart, Wien 1830; Ungarn u. England, Lpz. 1844 etc.).

Bedeutendere Leistungen auf dem Gebiete der klassischen Philologie u. Alterthumskunde hat die U. L. nicht aufzuweisen. Alle Erscheinungen bestehen in Schulbüchern, Chrestomathien u. Textabdrücken. Aus neuester Zeit datiren einige gute Abhandlungen in den von mehren Gymnasien herausgegebenen Schulprogrammen. Von grammatischen Arbeiten dürften u.a. Joh. Télfy's Studien über die Alt- u. Neugriechen (Lpz. 1853) hervorzuheben sein. Beiträge zur Alterthumswissenschaft lieferten u.a. Szvorényi (Geschichte der altklassischen Literaturen, Erlau 1851) u. der Benedictiner Joh. Fojtényi (Griechische Alterthumskunde, Raab 1852); Toldy gab als Director der Kisfaludy-Gesellschaft (von 1841–60) u. als deren Vicepräsident (seit 1861) im Auftrage der Gesellschaft eine große Zahl griechischer u. römischer Klassiker heraus. Die orientalischen Studien lagen bisher ganz darnieder. Das Hebräische u. die Exegese des Alten Testaments wurde zwar von der protestantischen Geistlichkeit studirt, aber eine selbständige Arbeit von Interesse für das Ausland ist noch nicht erschienen. Man begnügte sich mit den Arbeiten der Deutschen auf diesem Gebiete. Mit dem Arabischen beschäftigte sich in neuester Zeit bes. Joh. Repiczky (Übersetzungen der Makamen des Hariri u. der Sprüche des Ali), mit dem Sanskrit Podhorßky (Übersetzungen von Bruchstücken aus dem Ramayana). Große Verdienste um das Tibetanische erwarb sich Alex. Csoma de Körös (s.d.); Repiczky beschäftigte sich auch mit dem Türkischen (Türkische Grammatik, Pesth 1851, 2 Thle). Eine Grammatik der Zigeunersprache gab Bornemißa (1853) heraus. Das wissenschaftliche Studium der neueren Sprachen liegt ebenfalls noch darnieder; zwar erschienen in jüngster Zeit eine große Anzahl von Grammatiken, Chrestomathien etc. der Deutschen, Französischen, Englischen u. Italienischen Sprache, allein sie sind alle nur für das Lehrbedürfniß berechnet. Hervorzuheben sind über Deutsche Sprache die Grammatik von Joh. Nep. Remele (Wien 1851), die der Englischen Sprache von L. I. Dallos, über Französische Sprache die Chrestomathie von Adolf Treffenberg. Der Priester Joh. Tekete od. Negrotin gab eine Grammatik der Walachischen Sprache (Klausenb. 1850) heraus. Als Übersetzer haben in neuerer Zeit sich namentlich Stef. Szabó durch seine Übersetzung von Homers Odyssee (1841) u. Iliade (1851), Karl Szabó durch die des Euripides u. Paul Hunfalvi durch die des Plato (1851f.) Ruf erworben. Die Iliade hatten vorher schon Vályi-Nagy (1821) u. zum Theil Kölcsey (1826) übersetzt. Gregor Czuczor übertrug den Cornelius Nepos (2. A. 1843) u. die Germania des Tacitus (1852); Joh. Kis die Rhetorik des Aristoteles, K. Töpler die Aphorismen des Hippokrates (1850), Egyed Ovids Metamorphosen, Toldy den Isokrates u. andere griechische u. römische Klassiker. Deutsche Klassiker wurden nur selten übersetzt, da jeder gebildete Ungar dieselben in der Nationalsprache zu lesen vermag. Zu nennen dürften beispielsweise etwa sein Franz Toldy (Schillers Räuber, 2. A. 1842), Tárkányi (Proben aus Klopstocks Messiade), Paul Jámbor (Tiedges Urania) etc. Übersetzer italienischer Schriftwerke sind Franz Csáßár u. E. Meßaros (Manzonis Promesi sposi). Aus der Französischen Literatur wurde Vieles in Ungarn eingeführt: von Hegediis u. Greguß (Corneilles Cid, 1846), Gabriel Kazinczy (Molières Dandin), Dam. Horváth (Racines Phädra; Victor Hugos Maria Tudor; Dumas Thurm von Nesle); Sigmund Acs (Dumas' Paul Lonos), K. Májer (Dumas' Schwarze Tulpe; Lacordaires Predigten), Peter Erdélyi (Eug. Sues Geiz), Sükei (Lieder von Victor Hugo) etc. Unter den Übersetzungen englischer Werke sind vor Allen die der Lieder Thom. Moores von Karl Száß, schottische Balladen von I. Arany u. die von Onkel Toms Hütte durch Jos. Irinyi (Pesth 1852, 3 Bde.) zu nennen. Von I. Erdélyi wurden schwedische Volksballaden übertragen. Eine von Emil Recsi herausgegebene Romanbibliothek wurde mit Karl Sükeis Übersetzung von Thackerays Vanity Fair begonnen. Mit großem Eifer, wenn auch vielfach noch vorurtheilsvoll, wurde das Studium der Ungarischen Sprache gepflegt. Mit der Ausarbeitung des großen Akademischen Wörterbuchs wurde 1844 Gregor Czuczor betraut. Als Lexikographen sind noch bekannt Moritz Bloch od. Ballagi (Vollständiges Wörterbuch der Ungarischen u. Deutschen Sprache, Pesth 1843f., 2 Bde.; 2. Aufl. 1848; Ergänzungswörterbuch dazu, 1846, 2 Bde.) u. Joh. Fogaraßy (Ungarisch-deutsches Wörterbuch, Pesth 1836 u. ö., 2 Bde.; Handelswörterbuch, ebd. 1845, 2 Bde.; Diákmagyar müszókönyo a' magyarhoni törvény és ország tudomauybol, 2. Aufl. Pesth 1835). Außerdem existiren ungarische Lexika von Bernolak, Fuchsz, Gyarmathi, Karády, Kunoß, Szabó, Richter, Schuster, Márton, Páriz-Pápai u.a. m. Ein Magyaricae linguae Lexicon critico-etimologicum datirt schon von G. Dankovszky (Presb. 1833–36). Ungarische Grammatiken in Deutscher Sprache schrieben Bloch (Pesth 1845, 3. A. 1850), Remele (3. Aufl. Wien 1830), Marton, Joh. Hammerschmidt, Leop. Hartman (Praktischer Lehrgang etc., 2 Abth., Großcanisa 1845f.), I. E. Klemm (Die Magyarische Sprache u. die etymologische Sprachvergleichung, Pesth 1843), A. Kronperger (Reine Grundlehre der Ungarischen Sprache, Wien 1842), Ludw. Melczer (Ungarische u. deutsche Wort- u. Satzlehre, Pesth 1842) u.a. m. Eine ungarische Grammatik in Französischer Sprache schrieb der Abbé Jean Eiben (Nouv. Grammaire hongroise, Czernowitz 1843), eine ungarische Grammatik in Slawonischer Sprache G. Szaller (Uherska grammatica etc., Presb. 1794). Eine mnemotechnische Anleitung die Ungarische Sprache zu erlernen gab Jac. Wowy (Wien 1847). Philosophisch sucht Fogaraßy[168] (A' magyar nyelo' metaphysicája, Pesth 1834; A magyar nyelo' szelleme, ebd. 1845) die Ungarische Sprache zu behandeln. Um die sprachvergleichenden Bestrebungen in Ungarn hat sich in jüngster Zeit verdient gemacht Paul Hunfalvy durch seine Orientirung in der ungarischen Sprachkunde, worin er die Analogie des Magyarischen, Türkischen u. Finnischen auseinandersetzt, u. durch seine Abhandlungen in der Ungarischen Akademie der Wissenschaften (z.B. seine Zusammenstellungen finnischer u. magyarischer Wörter etc.). Eine Sammlung aller neugeformten, wieder auflebenden ungarischen Wörter aus dem Gebiete der Wissenschaften u. Künste veranstaltete A. Kunosz (Pesth 1844, 3. Aufl.), welcher bald deutsche Nachfolger auf diesem Felde fand, wie Schuster (Ungarisch-deutsches Wörterbuch aller neugeformten Wörter aus dem Gebiete des Gesetzes, der Wissenschaft, Kunst, Technologie etc., Wien 1838f.). Für die Dialektologie ist noch wichtig P. von Köppens Schrift: Literärnotizen, betreffend die magyarischen u. sächsischen Dialekte in Ungarn u. Siebenbürgen (St. Petersb. 1826). Die ungarischen Volkslieder wurden am besten von Joh. Erdélyi (Pesth 1845–48, 3 Bde.; deutsch von Kertbeny, Darmst. 1850) gesammelt; Sammlungen derselben mit Melodien veranstalteten Füredy u. Benj. Egressy, Pesth 1845, u. Gabr. Mátray, ebd. 1853f. Ungarischen Märchen u. Sagen wurden gesammelt von I. Erdelyi, Pesth 1846f., 2 Bde. (zum Theil deutsch von Stier, Verl. 1850), ungarische Sagen u. Erzählungen in Deutscher Sprache veröffentlicht von Therese von Pulßky (Berl. 1850f.). Den ungarischen Sprüchwörterschatz suchten I. Erdelyi (Pesth 1850) u. M. Ballagi (Pesth 1850, 2 Bde.) darzulegen. Für die Kenntniß älterer U-r L. sind auch bedeutend: Toldys Katharinenlegenden (1855), Marienpredigten (1855), Passionstexte (1856), der Nádorcodex (1857), die Elisabethenlegende (1857), die größere Legendensammlung (bis jetzt 2 Bde., 1858–63), die Legenden ungarischer Heiligen (1859), die Prosaiker des 16. Jahrh. (1858), mit literarischen Einleitungen, Anmerkungen u. Glossarien. Im Auftrage der Akademie besorgt Toldy auch Altungarische Sprachdenkmäler u. Corpus grammaticorum linguae hungaricae veterum. Ein großartiges Unternehmen ist die von Franz Toldy unter Protection mehrer ungarischer literarischer Notabilitäten herausgegebene Nemzeti Könivtár (d.i. Nationalbibliothek), welche 1842 begonnen wurde u. in 15 Abtheilungen sämmtliche Klassiker Ungarns umfassen sollte; bis 1854, wo dieses Unternehmen seine Endschaft erreichte, gab er heraus: die Dichter u. Prosaiker Zrinyi, Esterházy, Faludy, Csokonai, Kármán, Alex. u. Karl Kisfaludy u. Vörösmarty; während selbständig von ihm edirt wurden: Dayka (1833), Kazinczy (1836ff.), Czuczor (1836), Bajzás (1857) u. Berzsenyi's (1859) poetische Werke, sowie gegenwärtig die Klassiker der Ungarn (seit 1859, bereits bis Ende 1863 30 Bände, nämlich Mikes, Kisfaludy, Kölcsey, Bajza complet u. Virags poetische u. historische Schriften). Unter den Schriftstellern über ungarische Literaturgeschichte steht Franz Toldy oben an. Seine hierhergehörigen bedeutenderen Werke sind: A magyar nemzeti irodalom története (Geschichte der ungarischen Nationalliteratur der älteren u. mittleren Zeit), 1850, 2 Bde., 3. Aufl. 1862; A magyar költészet története (Geschichte der ungarischen Dichtung), 1854, 2 Bde., 2. Ausg. 1864, deutsch von Steinacker, 1863; A magyar nyelv és irodalom kézikönyve (Handbuch der ungarischen Sprache u. Literatur), 1855–57, 2 Bde.; Irodalmi arczképek és beszédek (Literarische Portraits u. Reden), 1847–56, 2 Bde.; Kazinczy és Kora (Kazinczy u. sein Zeitalter), 1859–60; Culturzustände der Ungarn vor deren Annahme des Christenthums (1850) u. Die historische Dichtung der Ungarn vor Zrinyi (Denkschrift, 1850); Handbuch der ungarischen Poesie, Wien u. Pesth 1828, 2 Bde., u. die Magyar költäi régiségek (Alterthümer der ungarischen Poesie). Er begründete auch die kritisch-literarischen Zeitschriften: Orvósi Tár (die erste gründliche medicinische Monatsschrift, in Verbindung mit Professor Bugát); die Kritikai lapok (die Kritischen Blätter, in Verein mit Bajza); das Tudománytár (od. das Wissenschaftliche Magazin, dessen Herausgabe ihm von der Akademie der Wissenschaften übertragen wurde), u. das Athenaeum (ein Organ für Kunst u. Wissenschaft, wobei ihn Bajza u. Vörösmarty unterstützten). Eine Geschichte der ungarischen Musik gab Gabriel Mátray heraus; Franz Liszt 1853 eine Schrift über ungarische Musik in Französischer, Ungarischer u. Deutscher Sprache; Mátray einige kunsthistorische Schriften, z.B. über die Bildergallerie des Nationalmuseums. Chrestomathien lieferten Bloch (Magyar Olvasókönyo etc., Pesth 1845f., u. A' Magyar nyelo és irodalom Szépségei, ebd. 1845), Remele (Analyse ungarischer Klassiker, Wien 1842, u. Magyar tiszti irásmód példákban od. Ungarischer Geschäftsstyl in Beispielen, ebd. 1843), Fekete, Kunosz, Matics Imre, Öskovszky, Prágay, Szuppan, Toldy (Chrestomathie aus ungarischen Dichtern u. Prosaisten, Pesth 1852, 2 Bde.) u. M. Ráth (Buch ungarischer Dichter, Pesth 1851). Das Hauptwerk zur Bibliographie der älteren U. L. ist noch immer der Catologus bibliothecae Franc. Comitis Széchényi (1799f., 2 Bde.; Suppl. 1 u. 2, Presb. 1803–7, 4 Bde.). Übersichten über die neuesten Erscheinungen gab seit 1843 Eggenberger in Honi irodalmi hirdetö. In Deutscher Sprache schrieben über ungarische Literaturgeschichte Schedius, Kertbeny, Alex. Flezler u.a. in Zeitschriften. Von Zeitschriften u. Almanachs kam zuerst eine ungarische Zeitung durch Matth. Ráth 1781 heraus; andere waren: Molnar, Ungarische Bibliothek, Presb. 1783; Szaszvays Ungarische Muse, Wien 1787; Kazinczys, Barotis u. Bessenyeis Ungarisches Museum, Kasch. 1788; Allgemeines Magazin von Peczeli, Komorn 1789; Orpheus von Kazinczy, 1790; Soksele von Sandor, Raab 1791; Neue ungarische Muse von Penczeli, Wien 1793; Urania von Karmen u. Pajor, Waizen 1794, in neuester Zeit die Aurora von Kisfaludy, Emlény (Gedenkemein, 1837). Vgl. übrigens Zeitschriften, u. Zeitungen.

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Pierer's Universal-Lexikon, Band 18. Altenburg 1864, S. 161-169.
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