1. A Müs as iar sat üsh a Uugan. (Nordfries.) – Johansen, 58.
Der Mund ist früher satt als die Augen.
2. Alles im Munde, in den Händen nichts.
Frz.: Il a dit cela de bouche, mais le coeur n'y touche. – Il ne dit ou promet que des lèvres.
3. Als mannich Mund, als mannich Pfund. – Grimm, Rechtsalt., 480.
So viel Mund, so viel Pfund.
4. Alse de Mundt ys, so ys ock der Sallath, sprickt der Esel, alse he disteln freth. – Gryse, Spegel, Bg. M 1; Diermissen, 105.
5. Am Munde erkennt man den, der gegessen, am Auge den, der Böses gethan hat. (Finl.)
6. Anders der Mund es redet, anders das Herz es meint.
Frz.: Il a dit de bouche, mais le coeur n'y touche. (Kritzinger, 238b.)
7. An 'n Mund vull Aeten sitt väl Ehre. (Bremen.) – Köster, 250.
8. Auch mit lachendem Munde kann man die Wahrheit sagen.
Dän.: Man skal og sige sandhed med leendes mund. (Prov. dan., 491.)
9. Auf zweier, nicht auf eines Mund baut die Wahrheit ihren Grund. (S. ⇒ Mann 997.) – Gerlach, 278.
10. Auff ein beschlossen Mund kan man nicht zeugen. – Petri, II, 23.
11. Auff ein beschlossen Mund sol man nicht liegen. – Petri, II, 23.
12. Aus dem Munde in Gottes Ohr, aus Gottes Ohr in den Beutel. (Finl.)
Von der Gebetserhörung.
13. Aus dem Munde kommen Worte und Worte sind Wind.
Holl.: Wat uit den mond komt, dat verdwijnt in den wind. (Harrebomée, II, 100b.)
14. Aus Einem Munde kommt Ja und Nein.
Span.: Boca que dice de sí, dice de no. (Bohn I, 205.)
[765] 15. Aus einem schönen Munde kommt auch faule Rede.
Holl.: Een schoone mond stort wel vuile woorden uit. (Harrebomée, II, 97b.)
16. Aus einem unflätigen Munde kommt auch wol ein feines Wort.
Holl.: Vuile monden spreken wel schoone woorden. (Harrebomée, II, 100b.)
17. Aus meinem Munde willst du's hören, dass Abraham Parra Schweinefleisch gegessen hat und Holländer (Christ) geworden ist?
Die Neger in Surinam, um zu sagen: Du hast's ausgeplaudert und mir willst du's in die Schuhe schieben. Ich soll den Namen tragen, als ob ich's verrathen hätte.
18. Auss einem Mund kan man kalt und warm blasen. – Lehmann, II, 32, 63.
Böhm.: Z jedné huby smrt' i zivot, studeno i teplo. (Čelakovsky, 72.)
Poln.: Z jednéj gęby šmierć i žywoł, zimno i ciepło. (Čelakovsky, 72.)
19. Bei' ek wat der Mund, sau mag se en Pund. – Schambach, II, 16.
Biete ich dem Munde etwas, so mag er ein Pfund.
20. Bei trockenem Mund geht mancher zu Grund (oder: kommt mancher auf den Hund).
Dän.: Man kand og drikke bort med tør mund. (Prov. dan., 120.)
21. Beredter Mund geht nicht zu Grund.
22. Beredter Mund spricht aus Herzensgrund.
23. Besapen Mund sprekt ût Hartensgrund. (Rastede.) – Firmenich, III, 27, 39.
24. Besser einen Mund voll zu viel gegessen, als zu viel gesprochen. (Eifel.) – Schmitz, 181, 2.
Die Italiener sagen: Besser essen, so viel man hat, als reden, so viel man weiss. (Reinsberg III, 79.)
25. Bitter im Mund ist dem Herzen gesund.
Frz.: Ce qui est amer à la bouche est doux au coeur. (Kritzinger, 248b.)
26. Bösen Mund muss man durch gute Bissen stopfen.
Die Russen: Wenn der Mund der Tonne sich zu wichtig macht, soll man ihn durch den Spund verstopfen. (Altmann VI, 433.)
27. Böser Mund muss einen starken Rücken haben.
Dän.: Ond mund have en stærk ryg. (Prov. dan., 419.)
Schwed.: Ond munn wil ha starkan rygg. (Grubb, 620.)
28. De Mund is eh'r vuller as dat Oge. – Eichwald, 1344; Schlingmann, 1055.
Böhm.: Usta plna, a oči hladovy. (Čelakovsky, 52.)
29. De Mund is en Schalk1, wat me iar2 anbütt (anbietet), dat se genütt (geniesst). (Iserlohn.) – Firmenich, III, 186, 58; Woeste, 74, 214.
1) Schalk = Knecht, Gehorchender.
2) Ihr, d.h. ihm, Mund ist in dieser Mundart auch weiblichen Geschlechts.
30. De Mund is 'ne gängige (gangbare) Hêrstrate (Heerstrasse). (Göttingen.) – Schambach, II, 238.
31. De Mund is'n Schalk, wenn man em wat vörholt, so jant he up. – Eichwald, 1345.
32. De Mund mâkt, dat de Nêrs Slage kriggt. – Kern, 507.
33. Dein Mund ist gut, aber dein Augenwinken dank dir der Teufel, sagte der Fuchs zum Bauer. – Parömiakon, 1261.
Zeichnung der Falschheit. Nach einer Fabel. Bin Fuchs ward vom Jäger verfolgt. Er flüchtete sich in die Scheune eines Bauers. Der Jäger fragte diesen, ob er den Fuchs nicht gesehen habe, worauf derselbe antwortete: »Er ist da hinausgelaufen«, mit den Augen aber aufs Stroh zeigte, worunter der Verfolgte steckte. Der Jäger hatte nur die Worte des Bauern gehört, aber der Fuchs hatte auch die Bewegung der Augen bemerkt.
34. Dem Munde ist nicht zu trauen.
35. Den Mund soll man schnüren. – Simrock, 7163; Körte, 4331; Körte2, 5442; Braun, I, 2800.
Bei Tunnicius (202): Den munt sal men snoren. (Harpocratem facias digitis adhibendo labella.)
Mhd.: Ir sult des mundes hân gewalt. (Troj. Kr.) (Zingerle, 104.)
36. Den Mund zu bewahren ist nöther als die Kiste.
37. Der eigene Mund ist der nächste Vetter.
38. Der Mund betet und die Hand tödtet. – Burckhardt, 472.
Charakteristik der Heuchler.
39. Der Mund find't durch die ganze Welt.
40. Der Mund frisst oft, daran man stirbt. – Petri, II, 245; Henisch, 1214, 44.
[766] 41. Der Mund grüsset dich, das Hertz flucht dir. – Petri, II, 102; Henisch, 1160, 36.
42. Der Mund hat kein Schloss. – Petri, II, 102.
43. Der Mund isst oft, woran man stirbt.
Tunnicius (1008): De munt et vake dâr men an stervet. (Devorat os crebro quo fit destructio vitae.)
44. Der Mund ist des Bauches Arzt. – Sailer, 158.
Folge der Mässigkeit.
45. Der Mund ist des Bauches Henker. – Eyering, I, 515.
Folge der Unmässigkeit.
46. Der mund ist des bauchs hencker vnd artzt. – Franck, I, 55b; Petri, II, 102; Henisch, 209, 11; Gruter, I, 16; Schottel, 1114a; Blum, 608; Körte, 4340; Simrock, 7162; Braun, I, 2809.
Denn durch ihn geht das Uebermass der Speisen wie die wohlthätige Arznei. Die Chinesen sagen: Krankheiten kommen durch den Mund und das Unglück geht aus demselben hervor.
Lat.: Voluptas esca malorum. (Henisch, 209, 12.)
47. Der mund ist des herzen münzer vnd dolmetsch. – Franck, II, 182b.
Auch die Esten haben dies Sprichwort, vgl. Reinsberg I, 11. Die Russen: Wenn der Klöppel der Zunge mit dem Herzen übereinstimmt, gibt es ein gutes Geläut. (Altmann VI, 429.)
48. Der Mund ist ein kleines Loch und Haus wie Hof verschlingt er doch.
49. Der Mund ist ein Schalk, man muss ihm was bieten.
Wenn sich einer beim Essen ziert oder, kränkelnd, zu essen fürchtet.
50. Der Mund ist kein Schalk, wenn man jhm essen beut, so nimpt ers. – Petri, II, 102.
51. Der Mund ist kein Seil, damit man affecten auss Hertzen kan ziehen. – Lehmann, 768, 17.
52. Der Mund ist kein Thor mit einem Schloss davor.
Böhm.: Huba není chlév, nelze zavříti. (Čelakovsky, 90.)
53. Der Mund lügt alles und nicht das Herz. – Simrock, 7160; Braun, I, 2797.
Holl.: 'T hert enliecht niet, al mach die mont liegen. (Prov. comm., 630.)
54. Der Mund mag sagen, was er will, aber das Herz lügt nicht.
Tunnicius (900): De munt mach seggen, wat he wil, mer dat herte en lücht nicht. (Cor non mentitur, licet os mendacia narret.)
55. Der Mund muss oft lachen, wenn das Herz weint.
Mhd.: Daz herze weinet mange stunt, sô doch lachen muoz der munt. (Freidank.) (Zingerle, 67.)
56. Der Mund muss sich nach dem Beutel richten.
Frz.: Il faut gouverner sa bouche selon sa bourse. (Leroux, II, 113.)
57. Der Mund redet, wovon das Herz voll ist.
Schwed.: Munnen talar der hiertat är fult aff. (Grubb, 533.)
58. Der Mund sagt's, aber das Herz weiss nichts davon. – Eiselein, 476.
Holl.: De mond zegt wel, wat het hart niet meent. (Harrebomée, II, 97a.)
Lat.: Lingua juravit. – Summis labiis. (Philippi, I, 226; II, 205.)
59. Der Mund spricht: Gott grüsse dich; das Hertz meint: Freund, hüte dich. – Henisch, 1233, 52.
60. Der Mund spricht nicht von sich selbst (oder: soll nicht von sich selbst sprechen). (Surinam.)
Man muss sich nicht selber loben.
61. Der Mund verräth des Herzens Grund.
Holl.: Uit het trekken van den mond kent men dikwijls 's harten grond. (Harrebomée, II, 100a.)
62. Der Mund verräth, was das Herz denkt.
Holl.: De mond ontsluit, wat het hart raakt. – De mond verraadt het hart wel. (Harrebomée, II, 97a.)
63. Der Mund wehret einem den hindern wol auss. – Petri, III, 3.
64. Der Mund wird's am besten gewahr, wenn der Ofen heiss gewesen.
65. Der vollen mund sagt dess hertzen grund. – Henisch, 1770, 33; Eyering, I, 578; Lehmann, II, 67, 193.
Lat.: Vinum animi speculum. (Henisch, 1771, 34.)
66. Des mundes arbeit ist ein wicht, wo auch das hertze betet nicht.
Lat.: Dum cor non orat, nequicquam lingua laborat. (Loci comm., 17.)
67. Dess Mund allezeit gibt und hilft, des Händ nicht. – Schottel, 1121a.
[767] 68. Diär en fül Müd' hêd, di mut en stark Reg (Rücken) hâ. (Sylt.) – Haupt, VIII, 352, 30.
Wer einen bösen Mund hat, muss einen starken Rücken haben.
69. Die einem den Mund erlaubt, die darf einem wol mit dem leib dienen. – Lehmann, 105, 26.
70. Ein bestochener Mund spricht nicht aus dem Grund.
It.: Bocca unta non può dir di no. (Bohn I, 75.)
71. Ein blöder Mund wird selten fett. (S. ⇒ Hund 345-346.)
72. Ein böser Mund frisst den guten Namen.
73. Ein geküsster Mund ist nach wie vor so süss und rund.
In Bergamo: Ein geküsster Mund verliert nicht an Glück, er erneuert sich wie der Mond. (Reinsberg I, 82.)
Engl.: He that gapes until he be fed, well may gape until he be dead. (Gaal, 1508.)
74. Ein leckerhafftiger Mund zehret auss biss auff den Grund. – Petri, II, 211.
75. Ein loser Mund ist ungesund. – Brachvogel, Schubart und seine Zeit, III, 7.
76. Ein Mund, der Ja sagt, kann auch Nein sagen.
Port.: Boca que diz sim, diz não. (Bohn I, 269.)
77. Ein Mund, der leugt, tödtet die Seel. – Petri, II, 216.
78. Ein Mund, der schöne Zähne hat, lacht gern.
Die Russen: Schöner Mund liebt lustige Gesellschaft des Lachens halber. (Altmann VI, 421.)
79. Ein Mund und zwei Ohren.
Frz.: Vne bouche, deux aureilles. (Bovill, II, 37.)
Lat.: Os unum, aures geminae. – Os vnicum, aures duae. (Bovill, I, 34; II, 37.)
80. Ein schweiger Mund stehet nicht zu straffen. – Petri, II, 225.
81. Ein sparsamer Mund ist eine gute Rente, allein es macht zum Marckt böse Vente. – Petri, II, 227.
82. Einem kranken Mund schmeckt auch Honig bitter.
Auch russisch Altmann VI, 444.
83. Einem schweigenden Munde ist nicht zu helfen.
Die Türken: Der redende Mund hungert nicht.
84. Ennen vollen Mond sprekt sin Herzensgrond. (Meurs.) – Firmenich, I, 404, 258.
85. Es ist eim nöter seinn mund zu bewaren, dann sein kisten. – Franck, I, 49a; Petri, II, 276; Simrock, 7164; Schottel, 1125b; Körte, 4332; Körte2, 5443; Braun, I, 2803.
86. Es ist nicht jeder Mund zum Breiessen da.
87. Es mag einer lieber den Mund auffthun, denn den Beutel. – Petri, II, 286.
88. Es red der Mund zu aller stund auss falschem grund vnd meint es nicht von hertzen. – Petri, II, 291.
89. Es seind wenig, die davon ein vngeschmacken Mund haben, das viel vertrawte geheimnus bey jhnen verfault. – Lehmann, 713, 38.
90. Feindes Mund redet selten Grund.
91. Freundlich vom Munde und falsch von Herzen pflegt die Welt zu scherzen.
92. Geküsster Mund wird nie wund.
93. Geschlossener Mund erhält gesund.
Der Titel einer (Leipzig 1870) von G. Catlin herausgegebenen Schrift, in der namentlich das Athmen durch die Nase, besonders den Kranken empfohlen wird, weil die Nase den natürlichen, die Athmungsluft wärmenden, reinigenden und den Wind abhaltenden Respirator bilde.
94. Geschlossener Mund fängt keine Fliegen. – Winckler, IV, 69.
95. Goldener Mund redet Centnerworte.
Wer aus goldenem Munde reden kann, hat das Recht für sich. (Altmann VI, 431.)
96. Ich gebe meinem Mund zu essen, so muss er auch sagen, was ich will, vnd schweigen, wenn ich will. – Henisch, 949, 19; Petri, II, 397.
97. Ick war 'n Mund 'n bläten béden, sää' Schuster Drews, 'n nahm 'n Prim. – Schlingmann, 334.
98. Im Munde Bibel, im Herzen übel.
[768] 99. Im Munde den Honig, im Herzen den Stachel. – Nass. Schulbl., XIV, 5.
100. In einen verschlossenen Mund dringt keine Fliege.
Ein Gedicht von Ch. F. Gellert trägt den Spruch als Ueberschrift. (Düsseldorf II.)
Engl.: A close mouth catcheth no flies. – Dumb folks get no lands. (Bohn II, 79 u. 88.)
Frz.: En bouche close n'entre point de mouche. (Kritzinger, 81a.)
Holl.: In eenen toegesloten mond komen geene vliegen. (Harrebomée, II, 99b.)
It.: In bocca chiusa (serrada) non entra mosca. (Pazzaglia, 34, 11; Gaal, 1568.)
Span.: En boca cêrrada no entra mosca. (Bohn I, 221.)
101. Je flüchtiger sich der Mund bewegt, je weniger das Herz sich regt.
102. Je reger der Mund, je träger die Hände.
Holl.: Als de mond gaat, staan de handen gewoonlijk. (Harrebomée, II, 96a.)
103. Jeder Mund schmeckt in eigener Weise.
Holl.: Zoo veel huizen, zoo veel daken; zoo veel monden, zoo veel smaken. (Harrebomée, II, 100b.)
104. Keuscher (stiller) Mund und treue Hand gehen (gelten) durch das ganze Land. – Gaal, 1164.
Lat.: Os castum verbis et candida palma vehuntur. (Gaal, 1164.)
105. Lass den Mund verschlossen sein, so schluckst du keine Fliegen (Mücken) ein. – Masson, 284.
Frz.: En close bouche n'entre mouche. (Cahier, 248; Bohn I, 9; Leroux, I, 120.)
106. Lügt auch der Mund, so lügt das Herz doch nicht.
Holl.: Al liegt de mond, het hart liegt niet. (Harrebomée, II, 96a.)
107. Mache den Mund zu, so fliegt keine Fliege hinein.
Schweigen erspart Unannehmlichkeiten.
108. Man kann auch mit lachendem Munde die Wahrheit sagen.
Lat.: Ridentem dicere verum quid vetat? (Horaz.) (Binder I, 1557; II, 2969; Fischer, 201, 29; Seybold, 569; Philippi, II, 158.)
109. Man kann aus Einem Munde kalt und warm blasen.
110. Man kann den Mund lange aufhalten, bis eine gebratene Taube hineinfliegt.
Dän.: Man skal længe gabe, før en stegt due flyver een i munden. (Bohn I, 389.)
Engl.: You may gape long enough ere a bird fall into your mouth. (Bohn II, 97.)
111. Man muss dem Munde nur was bieten. – Simrock, 7154a.
112. Man muss den Mund nach dem Bissen richten.
113. Man muss den Mund nicht zu voll nehmen.
Lat.: Ne magna loquaris. (Philippi, II, 14.)
114. Man muss nicht dem auf den Mund sehen, der spricht, sondern dem ins Gesicht, der ihn zum Sprechen bringt. (Türk.)
115. Man mut den Mund so stell'n, dat de Rüch Fräd hett. (Süderdithmarschen.)
Man muss den Mund so stellen, dass der Rücken Frieden hat.
116. Man sol den Mund schmieren. – Petri, II, 465.
117. Mancher Mund, wenn er in Schwang kommt, hört eine Stunde nicht auf zu läuten. – Gutzkow, IV, 1, 373.
118. Mässiger Mund erhält den Leib gesund.
Dän.: Afholdig mund giør kroppen sund. (Prov. dan., 16.)
Holl.: Een matige mond maakt 't lijf gezond. – Weinig in den mond is het hart gezond. (Harrebomée, II, 97b u. 100b.)
119. Me ka nid vom Mund ûf in Himel fahre. – Sutermeister, 130.
120. Mein Mund ist wol weiss, sagt der Flaschenkürbis, aber gegessen habe ich nicht. (Surinam.)
Wenn jemand der Sündenbock anderer sein muss, weil der Schein wider ihn ist. Die Schale des Flaschenkürbis dient nämlich zur Aufbewahrung von Bananenmehl, wenn man etwas daraus nimmt, wird der Rand weiss. (Wullschlägel.)
121. Mein Mund mag wohl riechen und deiner mag stinken.
122. Mit dem Munde trommeln ist nicht schwer.
Mit dem Munde kann man alles machen, denn Reden ist viel leichter als thun.
[769] 123. Mit follem Mund ist böss blasen. – Gruter, III, 69; Lehmann, II, 412, 72; Petri, II, 481; Henisch, 405, 57; Eiselein, 477; Simrock, 7154; Körte, 4330; Braun, I, 2784.
Zwei widerstrebende Dinge lassen sich nicht zu gleicher Zeit thun.
Tunnicius (885): Mit vullem munde is quât blasen. (Ore quidem pleno durum spirasse ciborum.)
Mhd.: Nóh tune mâht nieht fóllèn munt hâben melues unde dôh blasen. (Altd. Bl.) – Blasen und mel an dem munt hân daz mag nit wol bî einander gestân. (Wackernagel, Leseb., 835, 19.)
Holl.: Met een' vollen mond is het kwaad blazen. (Bohn I, 334; Harrebomée, II, 100a.)
Lat.: Simul flare et sorbere haud facile. (Plautus.)
124. Mund und Beutel muss man so viel als möglich geschlossen halten.
Böhm.: Rtové a zuby, závory dvojí. (Čelakovsky, 79.)
Dän.: Det var godt at man bandt saa vel for munden som for pungen. (Prov. dan., 45.)
Span.: La boca y la bolsa, cerrada. (Bohn I, 225.)
125. Mund und Herz sind eine ganze Spanne voneinander. – Simrock, 7158; Körte, 4327; Masson, 223.
Mhd.: Vil lihte sprichet der munt, daz dem herzen ist unkunt. (Freidank.) (Zingerle, 104.)
Dän.: Mund og hierte følges ei altid ad. (Prov. dan., 419.)
Frz.: Tel chante qui n'est pas joyeux. (Masson, 223.)
Schwed.: Munnen och hiertat föllias intet altid åt. (Grubb, 533.)
126. Mund und Magen nehmen einander beim Kragen.
Ich esse, was mir schmeckt, sagt der Mond; und ich leide, was ich muss, erwidert der Magen.
Frz.: Entre la bouche et l'estomach souuent la guerre.
Lat.: Inter os et stomachum, saepe duellum. (Bovill, III, 73.)
127. Mund, was willst du? Bauch, was kannst du?
In Welschtirol: Bocia cie ueste e, venser, cie pueste? (Hörmann, 24.)
128. Mund, wat segst (sprekst) du? Hart, wat denkst du? (Oldenburg.) – Bueren, 845; Firmenich, I, 233, 55; Eichwald, 1341; Hauskalender, I; Schlingmann, 1054.
Die Menschen sprechen oft ganz anders, als sie es im Herzen meinen.
129. Mund zu und Augen offen, hat es oft getroffen.
Böhm.: Hubu zapni, oči napni. – Jazyk nechávej doma a venku uši. – Usta zavírej a oči otvírej. (Čelakovsky, 77.)
Holl.: Mond toe, oogen open. (Harrebomée, II, 100a.)
It.: Bocca chiusa ed occhi aperti. (Bohn I, 75.)
130. 'N dunen (trunkener) Mund spreckt Hartensgrund. – Bueren, 903; Kern, 505; Hauskalender, I.
131. Nach dem mund gehet die bekanteste heerstrasse. – Henisch, 269, 5; Petri, II, 485.
132. Nach dem todten Munde muss der Kläger seine Klage wider die Erben beweisen. – Hertius, II, 3, 293; Eisenhart, 559; Pistor., VI, 49; Hassl., 15; Eiselein, 600; Simrock, 5707; Graf, 221, 269.
Der Sinn des Sprichworts nach Eisenhart ist: Wenn der Kläger von dem Beklagten einen Eid gefordert, dieser aber stirbt, eh' er ihn leisten kann, so muss sich jener (der Kläger) um andere Beweismittel zur Begründung seiner Klage bemühen und kann nicht verlangen, dass die Erben des Beklagten den verlangten Eid leisten. Bei Graf heisst es einfach: »Weiss der Erbe nichts vom Bestande einer Schuld und widerspricht er sie, sobald er zur Zahlung aufgefordert wird, so ist es Sache des Gläubigers sein Recht genügend zu begründen. Und die Beweisführung war den Gläubigern nicht ganz leicht gemacht. Das Hamburgerrecht sagt: Wer sich weigert, mit dem Kranken zu rechten, dem wird nach dem Tode (desselben) nicht geglaubt.« Und (Homeyer, Richtsteig, 10) sagt: »Der Erbe, der nicht um eigene Mitwissenschaft geschuldigt wird, kann nur mit 72 Männern zur Zahlung nach todter Hand genöthigt werden.« Nach manchen Rechten war der Zeugenbeweis ganz ausgeschlossen oder liess nur den Beweis durch Urkunden zu. So heisst es im Altprager Stadtrecht: »Nach todter Hand soll man die Schuld weisen redlich und mit gesiegelten Briefen, mit dem Stadtbuche, mit dem Rathe, mit den Schöffen.« (Rössler, I, 81.)
133. 'Ne stelle Munk1 un en rein Hand gohn durch et ganze Land. (Köln.) – Weyden, III, 9.
1) Stiller Mund.
134. Niemand kann jedem den Mund stopfen.
Lat.: Auditu efficitur detractio pessima solo. (Chaos, 155.)
135. Nüchterner Mund erhält den Körper gesund.
Schwed.: Nöchter mund gör kroppen sund. (Grubb, 262.)
136. Offt wird mit dem Mund etwas abgeschlagen, dass das Hertz willig ist zu thun. – Lehmann, 2, 16.
[770] 137. Oft lacht der Mund, wenn das Herz weint. – Simrock, 7159.
138. Rechtschaffener Mund spricht aus Herzensgrund.
It.: La penna della lingua si deve intingere nell' inchiostro del cuore. (Pazzaglia, 199, 8.)
139. Reiner Mund, reiner Grund.
Holl.: Een heusche mond, een heusche grond. (Harrebomée, II, 97b.)
140. Reiner Mund und reine (treue) Hand gehen wohl durchs ganze Land (oder: passirt frei durch alle Land). – Froschm., Aaiiii; Körte, 4336; Simrock, 7166; Braun, I, 2804.
Holl.: Heusch van mond en trouw van handen mag vrij gaan door alle landen. (Harrebomée, II, 98a.)
141. 'S Müntschi ohn' Bart, 'ne Suppe ohn' Salz. – Schweiz, I, 144, 69; für Solothurn: Schild, 99, 8.
142. Schamhafter Mund und reine Hand kommen durchs ganze Land.
143. Schwatzhafter Mund bringt seinen Herrn auf den Hund.
Holl.: De mond, die alles uitwerpt, verraadt zijnen meester. (Harrebomée, II, 97a.)
144. Schweigendem Mund ist nicht zu helfen. – Simrock, 9382; Graf, 105, 241.
Wer, wo er sein Recht wahrnehmen soll, schweigt, verliert es.
145. Schweigender Mund verräth nicht Katz', nicht Hund.
Holl.: Een zwijgende mond kan niemand melden. (Harrebomée, II, 97b.)
146. Schweigsamer Mund und herzhafter Degen sind am sichersten vor Schlägen. – Gaal, 1161.
147. Seinem eigen mund gibt einer gern das beste. – Henisch, 829, 56; Petri, II, 518.
148. Seinem eigen mund ist einer kein Hund. – Henisch, 829, 57; Petri, II, 518.
149. Sey nicht schnell mit deinem mund. – Agricola II, 62.
150. So manch Mund, so manch Sinn. – Petri, II, 537.
151. So vel Mund, so vel Pund. – Berck, Bremer eheliches Güterrecht, 343, 351; hochdeutsch bei Eiselein, 477.
So viel Personen, so viel Erbtheile.
152. So viel Mund, so viel Pfund. – Eisenhart, 285; Estor, II, 61; III, 1057; Hertius, 91, 16; Eiselein, 477; Hillebrand, 150, 210; Pistor., VI, 66; Runde, 680; Simrock, 7151; Sailer, 256; Körte, 4328; Körte2, 5439; Graf, 215, 212; Sutermeister, 122; Deinlein in Nopitsch, 61; für Solothurn: Schild, 99, 8; Sartorius, 174.
Durch den Mund wird hier eine Person und durch das Pfund das derselben gebührende Erbtheil verstanden, sodass die Erbschaft in so viel Theile eingetheilt wird, als Häupter vorhanden sind. Nachdem ein Ehetheil gestorben ist und der überlebende Ehetheil sammt dessen Kindern das zugebrachte und ererbte Gut genommen hat; desgleichen nachdem die Kinder erster Ehe das zugebrachte und ererbte Gut ihres verstorbenen Vaters oder ihrer verstorbenen Mutter zuvor an sich genommen haben, soll unter den Kindern beider Ehen mit Ausschluss des überlebenden Ehetheils der Nachlass gleichmässig nach Köpfen getheilt werden. (Vgl. Schneidt, Thesaur. jur. Francon., Abschn. 1, S. 223.) Doch gilt die Regel keineswegs von allen Erbschaftsfällen. Vgl. darüber Eisenhart, ferner Georg Frid. Deinlein, Diss. de dubiis quibusdam in successione ab intestato collateralium in capita secundum regulum: So viel Mund u.s.w. (Altdorf 1743). In der Schweiz: So mankhen munt, so mankhes pfund. (Landbuch von Innerrhoden, Art. 180.)
Mhd.: Als mannich mund, als mannich pfund. (Grimm, Rechtsalt., 480; Graf, 215, 213.)
Niederd.: So vel mund, so vel pund. (Berck, 343, 351.)
153. Spare dem (am) Munde. – Körte, 4339.
154. Sparsamer Mund ist dem Hause gesund.
Holl.: Een schaarsche mond is 't huis gezond. (Harrebomée, II, 97b.)
155. Sparsamer Mund ist eine gute Jahresrente.
Frz.: Épargne de bouche vaut rente de pré. (Prov. dan., 249.)
156. Stiller Mund und treue Hand gelten viel in jedem Land. – Körte, 4337; Boebel, 145; Braun, I, 2805.
157. Süsser Mund, falsch im Grund.
Schwed.: Socker munn har gifft i grund. (Grubb, 747.) – Söta i munnen och falska i grunden. (Grubb, 201.)
158. Trunkener Mund ist kein Hehlfass.
Mhd.: In trunkenheit wirt manec sache enbunden. (Frauenlob.) (Zingerle, 152.)
[771] 159. Trunkener Mund macht die Wahrheit kund.
160. Trunkener Mund redet aus (verräth) des Herzens Grund. – Lehmann, II, 626, 24; Blass, 11; Mayer, II, 145; Gaal, 1167; Siebenkees, 288; Körte, 6078; Simrock, 10515a; Lohrengel, I, 646; Masson, 375; Nass. Schulbl., XIV, 5.
»Offt apenbaret druncken mundt des Herten grund.« (Gryse, Fr. 42.)
Mhd.: Swaz tougen dinge ein mensche et hât an sich verborgen gar, in trunkenheit, swer vregen gat, ez wirt im offenbar. (Frauenlob.) (Zingerle, 152.)
Dän.: Drukken mund taler of hiertens grund. (Prov. dan., 124.)
Engl.: What soberness conceals, drunkenness reveals. (Bohn II, 88; Marin, 11.)
Frz.: Ivrognerie ne cache rien.
Holl.: Dronken mond spreekt 's harten grond. (Harrebomée, II, 97b.)
It.: Doppo l' bere ciascun dice il suo parere. (Pazzaglia, 22.)
Lat.: Ebrietas prodit, quod amat cor, sive quod odit. (Binder II, 925; Gaal, 1167; Gartner, 67.) – Quid non ebrietas designat? operta recludit, spes jubet esse ratas, ad proelia trudit inertem. (Horaz.) (Philippi, II, 130.) – Quod est in animo (corde) sobrii id est in lingua (ore) ebrii. (Philippi, II, 142; Bohn II, 88.)
Schwed.: Der hiertet är fult aff, talar Munnen gärne. – Drucken mun talar af hjertats grund. (Grubb, 154 u. 156; Rhodin, 45; Marin, 11; Wensell, 26.)
161. Trunkener Mund, wahrer Mund. – Simrock, 7153; Körte, 4342; Masson, 375; Braun, I, 2810.
Lat.: Quod in corde sobrii, id in ore ebri. (Altdorf, 39; Binder II, 2880; Schonheim, Q, 20.)
162. Up den fulen mund höret en fulen slag. – Lübben.
163. Uppen vullen Mund hört en graven Slag. – Eichwald, 1340.
164. Verschlossener Mund und offene Augen haben noch niemand geschadet. – Gaal, 1163; Ramann, Unterr., V, 18; Simrock, 7165.
Engl.: Keep your mouth shut, and your eyes open. (Gaal, 1163.)
It.: Bocca chiusa e occhio aperto, non fa mai nessun deserto. (Gaal, 1163.)
165. Verschwiegener Mund, ein güldener Mund.
Lat.: Eximia est virtus, praestare silentia rebus. (Ovid.) (Binder I, 467; Schonheim, E, 13.)
166. Viel im Munde, wenig in der That. – Gaal, 1165.
Dän.: Meget af munden, lidet af haanden. (Prov. dan., 420.)
Lat.: Arcanum demens detegit ebrietas. ( Chaos, 206.)
Ung.: Ki könnyen igér, nehezen ád. (Gaal, 1165.)
167. Viel Münde beissen viel hin. – Petri, II, 574.
168. Voller mund sagt (offenbart, verreth) des hertzen grund. – Franck, II, 21a; Gruter, I, 41; Eyering, III, 367; Egenolff, 25a; Petri, II, 578; Lehmann, 756, 4; Latendorf II, 26; Lehmann, II, 793, 127; Eiselein, 476; Simrock, 7152; Körte, 4341; Schmitz, 200, 237; Braun, I, 2808.
Bei Tunnicius (442): De vulle munt sprikt des herten grunt. (Verum vina canunt animum, demonstrat Jacchus. – Ebrietas hominis mentem demonstrat aperte.)
Holl.: Volle mond sprekt's harten grond. (Harrebomée, II, 100b.)
169. Von der Mund up de Spund, segt de Mutter tau 'r Dochter. (Hildesheim.) – Hoefer, 754.
170. Wan de Mund nit kann, mot de Puckel dran. (Sauerland.)
171. Wan der Mund spricht: Gott grüss dich! so meynt das Hertz: hüte dich! – Gruter, III, 94; Lehmann, II, 860, 12; Petri, II, 102.
172. Wan's kombt in dritten Mund, wirds dem gantzen Lande kund. – Sutor, 905.
173. Warer Mund vnd trewe (reine) Hand wandern durch alle Stedt vnd Land. – Latendorf II, 34; Petri, II, 584.
174. Was aus dem Munde eines ehrlichen Mannes kommt, soll erd- und nagelfest sein. – Winckler, III, 98.
175. Was begehrt der Mund, ist nicht stets dem Magen gesund.
Dän.: Det er ei alt i mave godt (som) i mund sødt er. (Bohn I, 358.)
176. Was der Mund annimpt zu kauen, daran hat der Magen zu dawen. – Fischart, Gesch., in Kloster, VIII, 377; Körte, 4334.
[772] 177. Was der Mund redt, dass muss gemeiniglich der Halss bezahlen. – Lehmann, 648, 95.
Dän.: Munden taler ofte det halsen maae betale (gielde). (Bohn I, 390; Prof. dan., 420.)
Schwed.: Munnen talar ofta, det halsen får betala. (Wensell, 55; Grubb, 534.)
178. Was der Mund verbrochen, wird am Arsch gerochen.
Holl.: De mond doet, waar voor de aars slagen krijgt. (Harrebomée, II, 97a.)
179. Was der Mund zu viel ausgibt, bekommt der Rücken wieder.
Die Finnen: Wer einen breiten Mund hat, muss auch einen breiten Rücken haben. (Bertram, 59.)
180. Was einmal zum Munde heraus ist, kann man nicht wieder hineinschlucken.
Gesprochen ist gesprochen, es kann durch kein Mittel wieder ungesprochen gemacht werden.
Böhm.: Co nĕkdy z úst vrabcem vyletí, zase toho nevtáhneš ĕtyřmi koňmi. (Čelakovsky, 79.)
Poln.: Słówko wyleci wroblem, a wróci się wolem. (Čelakovsky, 79.)
181. Was im Munde ist, das ist auch im Herzen.
182. Was in den andern Mund kommt, das kommt weiter.
183. Was kommt in den dritten Mund, wird aller Welt kund. – Eiselein, 477; Simrock, 7167; Körte, 4338; Braun, I, 2806; Massen, 121.
184. Was man mit dem Munde gelobt, muss man mit der Hand beweisen. – Graf, 243, 116.
Die mit dem Munde abgeschlossenen Verträge erhielten erst durch Handschlag ihre Bekräftigung. (S. ⇒ Hand 192-193.)
Mhd.: Wenne eyn eynen gelabit mit dem munde, daz sal er bewisen mit der hant. (Daniels, 276, 34.)
185. Was merkt mein Mund davon, wenn dem Nachbar ein Zahn ausgerissen wird.
Die Russen: Der eigene Mund schmerzt nicht, wenn der fremde Zahn ausgezogen wird. (Altmann VI, 412.)
186. Was nicht durch den Mund hineingeht, verschlingen die Augen.
187. Was schmeckt dem Mund, ist nicht stets dem Beutel gesund.
Dän.: Det som smager vel for munden er ikke altid sundt for pungen. (Prov. dan., 420.)
188. Was zum Munde eingeht, verunreinigt den Menschen nicht (oder: sündigt nicht). – Matth. 15, 11; Schulze, 216.
Böhm.: Ne to hřích, co jde do úst, ale co z úst vycházi. (Čelakovsky, 20.)
189. Wat de Mund mag, mutt1 de Mâg verdauen.
1) Oder möt = muss.
190. Wat de Mund verschuldt, moet de Nêrs föhlen. (Ostfries.) – Bueren, 1262; Hauskalender, IV.
191. Wem es in den Mund regnen soll, der muss ihn aufmachen.
192. Wem stinkt der Mund, der ist nicht gesund.
»Ihr Leib war recht Safftig, weich vnd lind, wie die Nördlingische Bett; der Athem war recht Balsam, oder Specereykrefftig, wie Alexandri Magni Schweiss nach Bisam roch, denn er wusst das recht, cui os olet morbosa est, welcher stinckt der Mund, die ist im Leib nicht gesund.« (Fischart, Gesch., in Kloster, VIII, 130.)
Lat.: Cui os olet, morbosa est.
193. Wenn auch der Mund von Trennung spricht, die Herzen scheiden nicht.
Die Finnen: Der Mund spricht vom Scheiden, die Herzen nähern sich. (Bertram, 67.)
194. Wenn der Mund (seine Noth) klagt, wird das Herz leicht.
Dän.: Det letter hiertet naar munden kand klage sin nød. (Prov. dan., 519.)
195. Wenn der Mund trocken ist, klagt auch der Hals über Dürre.
196. Wenn der Mund will essen, was ihme gelust, so muss der Bauch zahlen, was es ihm kost. – Hainhof, 15.
197. Wenn dir der Mund gestopft wird, so schweig! – Lohrengel, I, 759.
198. Wenn du den Mund stopfst, so wird sich das Auge nicht schämen. – Burckhardt, 95.
Gib den Grossen und Vornehmen Geschenke, so werden sie sich nicht schämen, mit Freundlichkeit auf dich zu sehen.
[773] 199. Wenn ein Mund gar tieff ist ins Nein kommen, so kan er schwerlich wieder vmbkehren ins Ja. – Petri, II, 653.
200. Wenn man der Mund wat büt, sau nümt se Wat. (Göttingen.) – Schambach, I, 236.
Wenn man dem Munde etwas bietet, so nimmt er was. Wer zu gut isst, muss sich die daraus entspringenden Folgen gefallen lassen.
201. Wenn man einem den Mund voll gibt, so kann er nicht blasen.
202. Wenn sich der Mund thut laben, muss (will) die Nase auch was haben.
Sagt der Schnupfer, wenn er zwischen oder nach dem Essen eine Prise nimmt.
203. Wer andern den Mund stopfen will, soll erst selber schweigen (lernen).
Schwed.: Den som wil tysta munnen på en annan, han tilstoppe sin sielf först. – Tijg sielf, så tijge andra med. (Törning, 17.)
204. Wer andern mit dem Munde vergiftet das Blut, dem wär' ein Mühlstein als Halsband gut.
Dän.: Den som vil dræbe andre med sin mund, var bedre at have en tilsnøret hals. (Prov. dan., 117.)
205. Wer bewaret seinen Mund, der behelt seine Seel gesund. – Petri, II, 686.
206. Wer den Mund geschlossen hält, entgeht viel Aerger in der Welt.
Port.: Boca fechada, tira-me de baralha. (Bohn I, 269.)
207. Wer den Mund hält, dem fliegt keine Mücke hinein.
208. Wer den Mund nicht aufmacht, dem regnet es nicht hinein.
Holl.: Die zijnen mond gesloten houdt kan geene slokjes krijgen, als daar wat te lepperen komt. (Harrebomée, II, 97a.)
209. Wer den Mund nicht aufthut, muss den Beutel aufthun. – Gaal, 1166.
Frz.: Qui n'ouvre pas la bouche, doit ouvrir la bourse. (Gaal, 1166.)
210. Wer einen bittern Mund hat, kann nicht süss speien (reden). (Schweiz.)
In der italienischen Schweiz: Chi ha amar in bocca, pomiga spüda dule. (Schweiz, I, 234, 8.)
211. Wer einen Mund hat, der will essen.
Und auch sprechen, wie man in Apulien hinzufügt. (Ausland, 1870, S. 425, 4.)
212. Wer einen Mund hat, soll sich seine Suppe nicht vom Nachbar blasen lassen.
Span.: Quien tiene boca no diga á otro sopla. (Bohn I, 253.)
213. Wer einen Mund hat, wozu soll ein anderer ihm den Brei blasen.
214. Wer einmal in den Mund der Leute kommt, der kommt selten heraus.
215. Wer jedem den mund füllen will, der muss dess meeles haben vil.
Lat.: Cunctorum multis eget implens ora farinis. (Loci comm., 62.)
216. Wer mit dem Munde betet den Rosenkranz und mit den Gedanken ist zu Schenkenschanz, dess Gebet ist nur Affentanz. – Parömiakon, 4053.
217. Wer mit dem Munde schmandt1, muss mit der Nase buttern. – Simrock, 7157.
1) Schmand, in einigen Gegenden Deutschlands Ausdruck für Rahm, Sahne, verzehrt.
218. Wer mit fremdem Munde isst, stirbt nicht an Fett. – Körte2, 5450.
219. Wer mit seinem Munde todtschlägt, dem soll man den Hals zuschnüren.
Dän.: Den som vil dræbe andre med sin mund, var bedre at have en tilsnøret hals. (Prov. dan., 117.)
220. Wer seinen Mund bewahrt, bewahrt sein Leben. – Gaal, 1162; Petri, II, 753; Lehmann, 713, 35.
»Wer seinen mund zur zeit kan sparn, der thut damit sein seel bewarn.« (Waldis, II, 11, 73.)
Mhd.: Swer sînes mundes hat gewalt, der wîl mit eren werden alt. (Freidank.) (Zingerle, 104.)
Frz.: Qui garde bouche, se garde son âme. (Cahier, 247.)
221. Wer seines mundes nicht hat acht, der hört auch offt, das ihn verschmacht.
Lat.: Os qui non claudit, quod non vult saepius audit. (Loci comm., 75.)
[774] 222. Wer selber einen Mund hat, soll sich seine Suppe nicht von andern blasen lassen.
Port.: Quem tem boca, não diga ao outro, assopra. (Bohn I, 293.)
223. Wer zeitig spült den Mund, der bleibt gesund.
224. Wer zu viel auf einmal in den Mund nimmt, kann's nicht verschlucken. – Hollenberg, II, 44.
Gegen die, welche zu viel auf einmal unternehmen.
225. Wer zwei Münde küsst, dem stinkt der eine.
Dän.: Hvo som kisser to munde, da stinker den eene. (Prov. dan., 368.)
226. Wes der munt ubergeht, desselben ist das Herz voll. – Nas, 415b.
227. Wessen Mund bitter ist, für den ist auch der Honig nicht süss.
228. Wie der Mund, so die Speise. – Simrock, 7156; Blum, 619; Gaal, 1431.
Die Speise richtet sich nach dem Munde; wenn dieser nicht in gesunder Verfassung ist, so ist ihm Honig selbst bitter. Dem Gesunden schmeckt die einfachste Nahrung wohl.
Lat.: Similem habent labra lactucam. (Gaal, 1431.)
229. Wie Mund, so Hertz. – Petri, II, 791.
230. Wie Mund, so Herzensgrund.
Holl.: Zoo de man is in den mond, zoo is ook zijns harten grond. (Harrebomée, II, 100b.)
231. Wie viel Mund, so viel Pfund. – Chaos, 1105.
232. Züchtiger Mund und treue Hand passiren frei durch alle Land.
Lat.: Os castum verbis et candida palma vehuntur. (Binder I, 1310; II, 2445; Philippi, II, 77; Seybold, 423.)
233. Zwischen dem Mund und der Suppen vergannt viele Sachen. – Eiselein, 662.
Engl.: Many things fall between the cup and the lip. (Eiselein, 662.)
Frz.: Entre bouche est cuillier avient souvent grant encombrier. (Eiselein, 662; Kritzinger, 80b.)
It.: Dalla mano alla bocca si perde spesso la zuppa. (Pazzaglia, 34, 12.)
Lat.: Multa cadunt inter calicem supremaque labra. (Eiselein, 662.)
Schwed.: Man weet intet hwad som för aftonen kan hända. – Mycket skeer oförtänkt. (Grubb, 540.)
234. Zwischen Mund und Glas geschieht dies und das.
*235. Alle wie aus Einem Munde. – Braun, I, 2813.
*236. Aus deinem Munde in Gottes Ohr!
So sagt der Litauer, um Aufrichtigkeit und Wahrheit zu bezeichnen.
*237. Auss eynem mund kan er kalt vnd warm blasen. – Tappius, 84a; Eyering, I, 42 u. 124; Henisch, 405, 33.
Sich in seinen Reden nicht gleich bleiben, sondern so sprechen, wie man es gerne hört. Der Zweizüngler. Auch bei den Neugriechen Reinsberg IV, 119.
Lat.: Ex eodem ore calidum et frigidum efflare. (Tappius, 84a; Henisch, 405, 34.)
*238. Auss zweyen mund kallen. – Franck, II, 102b.
*239. Bêtet et dem Munde, un wenn de et nig mag, so etet et sölvest up.
Scherzwort der Hamburger, wenn einer nicht essen will.
*240. Brick mi de Mund nich up, of 't kummt'r dumdicke herut.
*241. Da mut he den Mund vör wischen. (Holst.) – Schütze, III, 120.
Es geht ihm vorüber, ist ihm zu hoch, zu theuer.
*242. Dä wât m'em Monk drop. (Bedburg.)
Er wartet mit dem Munde darauf. Ist arm, leidet grossen Mangel.
*243. Das ist nicht nach seinem Munde.
Holl.: Het is niet naar zijnen mond. (Harrebomée, II, 98a.)
*244. Das macht einem den Mund wässerig.
Frz.: Cela fait venir l'eau à la bouche. (Leroux, I, 138.)
Lat.: Salivam hoc movet. (Seneca.) (Binder II, 3011.)
*245. Davon wird ihm der Mund nicht fett werden.
Holl.: Hij zal er zich den mond niet vet aan maken. (Harrebomée, II, 99a.)
*246. De Mund in de Fissen tehn. – Eichwald, 1338.
*247. De Mund is ên Schalk, bêdet em man wat. – Richey, 325; Schütze, III, 120.
Zu einem, der behauptet, er habe keinen Appetit oder sich beim Essen ziert, oder zu essen fürchtet.
*248. Dem geht der Mund wie dem Bäcker (oder auch: Seifensieder) der Arsch. (Ostpreuss.) – Frischbier2, 510.
[775] *249. Dem Munde Thür und Riegel machen. – Pred. Sal. 28, 28; Schulze, 168.
In dem Sinne, sich ein Schloss vor den Mund legen. Mittelhochdeutsch ertheilt der Winsbeke seinem Sohne den Rath: Sun, du solt dîner zungen pflegen, schiuz rigel vür und nim ir war. Und bei Walther (III, 89): Hüetet iuwer zungen, daz ziemt wol den jungen, stoz den rigel vür die tür la dekein boese wort davür.
*250. Den Mund in de Pünt setten. – Schütze, III, 245.
*251. Den Mund in 't Püntken têen.
Von einem Mädchen, das einen schnippischen Mund zieht. Bei Richey (195): Dat Mündken in't Püntken setten, d.i. einen kleinen Jungfernmund machen. Pünt französisch pointe = Spitze, püntig = geziert, kokett. (Lauremberg, II, 671.)
*252. Den Mund mit leeren Löffeln füllen.
Engl.: To fill the mouth with empty spoons. (Bohn II, 159.)
*253. Den Mund recht voll nehmen.
Lat.: De pusillis magna paroemia. (Philippi, I, 115.)
*254. Den Mund zum Maule machen.
Um auszudrücken, man verwandelt mir meine feinen, zarten Ausdrücke in breite und plumpe, sagt Klopstock: »Man dehnt mir zum Maule den Mund.« (Campe, Wb., III, 233.)
*255. Der greift mir zu tief in den Mund.
Dringt zu sehr in mich, will zu viel wissen.
Holl.: Hij tast hem al te diep in den mond. (Harrebomée, II, 99a.)
*256. Der Mund wässert ihm danach. – Körte, 4342b; Braun, I, 2812.
*257. Du kannst dir den Mund fusselig reden (es hilft dir doch nichts). (Rottenburg.)
*258. Einem den Mund aufthauen.
Ihn zum Reden veranlassen.
*259. Einem den Mund schmieren.
Ihm Geschenke bringen.
*260. Einem den Mund stopfen.
Einen durch Geschenke, Drohungen u.s.w. zum Schweigen bringen.
Frz.: Coudre la bouche à quelqu'un. – Fermer la bouche à quelqu'un par un seul mot. (Kritzinger, 81b.)
*261. Einem den Mund wässerig machen. – Lohrengel, II, 189.
Begierden und Hoffnungen in ihm erregen.
*262. Einem nach dem Munde reden.
Holl.: Iemand naar den mond praten. (Harrebomée, II, 99b.)
*263. Einem zu (nach dem) Munde sprechen.
Wie er's gern hört, schmeicheln.
*264. Einen kleinen Mund machen.
Den Mässigen, Blöden, Verschwiegenen spielen, mit der Sprache nicht heraus wollen, etwas nicht gerade heraussagen wollen.
*265. Einen ungewaschenen Mund haben. (S. ⇒ Mauldrescher.)
Lat.: Aes Dodonaeum. (Hanzely, 67; Philippi, I, 13.)
*266. Ênen dêp in de Mund sên. – Dähnert, 315b.
*267. Er gibt hast mit dem Mund, aber die Hände halten fest. – Lehmann, II, 134, 25.
Holl.: Hij geeft veel met den mond, maar do handen houden het vast. (Harrebomée, II, 68a.)
*268. Er hat den Mund voll grosser Rosinen.
Lat.: Album panem tibi pinsit. (Philippi, I, 17.)
*269. Er kann nicht reinen Mund halten. – Klix, 40.
*270. Er nimmt den Mund voll Brei, wenn er die Wahrheit sagen soll.
Er redet dunkel und unverständlich.
*271. Er verbrennt sich den Mund mit Senf im Löffel, den er selbst verfertigt. – Tendlau, 323.
Von einem, der sich selbst widerspricht, sich mit seiner eigenen Rede schlägt.
*272. Er wischt den Mund und geht davon.
Holl.: Hij wischt den mond, en gaat voort aan. (Harrebomée, II, 99a.)
*273. Es geht von Mund zu Mund. – Klix, 40.
*274. Et flüggt em ut'n Munne as schimmelt Brot. – Eichwald, 1339.
Es fliegt ihm vom Munde wie schimmelig Brot.
*275. Etwas immer im Munde führen.
Oft erwähnen.
*276. Etwas mit trockenem Munde verzehren.
»Ich habe den Thaler mit trockenem Munde verzehrt«, d.h. ihn verausgabt, ohne dafür etwas getrunken zu haben.
*277. Ha hät 'ne Munk we en Schöredöör. (Köln.) – Firmenich, I, 473, 82.
[776] *278. Hä stipp (stützt) singe Munk m'em Hölzchen op. (S. ⇒ Nackt.) (Köln.) – Firmenich, I, 473, 89.
Um von jemand zu sagen, dass er nichts zu essen hat.
*279. He deit den Mund (oder: dat Mûl) wît âpen. – Schütze, I, 6.
Er fordert viel Geld dafür.
*280. He hett alltît (allzeit) den Mund baven (oberhalb) 't Wâter. (Ostfries.) – Bueren, 660; Eichwald, 1384; Frommann, V, 430, 542; Kern, 509.
Wenn jemand gar nicht zum Schweigen zu bringen ist. (S. ⇒ Niffke.)
*281. He hett't in de Mund as de Häkster 't in de Stêrt. – Kern, 506.
Seine Zunge ist beweglich wie der Schwanz einer Elster.
*282. He hett't in Mund as 'n Kattekerken (Ekerken) in'n Stêrt. – Eichwald, 1347; Frommann, V, 430, 533; Goldschmidt, 97.
Er hat's im Munde, wie das Eichkätzchen in dem Schwanz. Der Vielsprecher, der Grossprahler. Dem Oldenburger ist nichts so sehr zuwider als Geschwätzigkeit. (Vgl. Goldschmidt, 97.)
*283. He seggt dat up sinen beslâten Mund. (Mecklenburg.)
Er redet ihm das im Tode nach.
*284. Ihr Mund steht nie still, wie eine Klappermühle.
*285. Ja, mit dem Munde.
Sagt man von Leuten, die in Worten grosse Dinge thun. Die Niederschlesische Zeitung (Görlitz 1865, Nr. 306) berichtet übrigens von einem jungen, ohne Arme geborenen Mädchen, das dort in den Tagen vom 30. December ab sich zeigte und im Stande gewesen sei, ohne jede fremde Hülfe lediglich mit dem Munde alle weiblichen Arbeiten, als Sticken, Nähen, Häkeln, Steppen, selbst das Zuschneiden von Kleidern auszuführen, wobei es das Einfädeln feiner Nadeln, das Knüpfen von Knoten selbst besorgte.
*286. Man hat's ihm in den Mund gelegt.
Holl.: Hij geeft het hem in den mond. (Harrebomée, II, 98.)
*287. Man kann ihren Mund mit einer Flaumfeder öffnen, aber mit keiner Beisszange schliessen.
Holl.: Men kan hem den mond met een paardenhaar openmaken, maar met geen kabeltoow weêr sluiten. (Harrebomée, II, 99b.)
*288. Man wird ihm den Mund sauber halten.
Er wird nicht viel davon bekommen.
*289. Mein Mund soll duften und seiner stinken.
Frz.: Que ma bouche sente bon et que la tienne puë. (Kritzinger, 81b.)
*290. Mit dem Munde gibt er, aber die Hände halten's fest. – Sailer, 105.
*291. Mit dem Munde psalmiren und mit dem Herzen sponsiren.
Dän.: Munden til gud, hiertet til penge. (Prov. dan., 420.)
*292. Mund hol't Verbum. – Schütze, III, 120.
Pflegt man zu sich selbst zu sagen, um sich Schweigen aufzulegen und reinen Mund zu halten.
*293. Nimm den Mund nicht zu voll!
Gegen die Grossprahler, Lügner, auch Lobhudler.
*294. Nu hollt de Mund Fierabend. – Schütze, I, 14.
Nun hat der Mund Feierabend. Nun gibt's nichts zu essen mehr. Auch: Mit der Wirthschaft ist's aus, Küche und Keller sind leer.
*295. Reinen Mund halten. – Körte, 4343; Braun, I, 2798.
Ein anvertrautes Geheimniss verschweigen.
Frz.: Il faut avoir bouche cousuë. (Kritzinger, 81a.)
*296. Sein Mund gibt und hilft allzeit, die Hände nie. – Körte, 4342a.
*297. Sein Mund heilt, was er anrührt.
Frz.: Votre bouche guerit ce qu'elle touche. (Kritzinger, 80b.)
It.: La vostra bocca sana quel che tocca.
*298. Sein Mund ist gern feucht wie ein Badeschwamm. – Parömiakon, 1749.
*299. Sein Mund ist (für immer) geschlossen.
Holl.: Zijn mond is gesloten. (Harrebomée, II, 100b.)
*300. Sein Mund ist kein Evangelium.
Man darf ihm nicht alles glauben.
*301. Sein Mund kostet ihm nichts.
Von einem, der auf anderer Leute Kosten lebt.
*302. Sein Mund sagt es, aber sein Herz weiss nichts davon.
Frz.: Il dit cela de bouche mais le coeur n'y touche. (Leroux, I, 138.)
*303. Sein Mund thut mehr als seine Hände.
Holl.: Sterk in den mond en zwak in de handen. (Harrebomée, I, 100a.)
[777] *304. Seinen Mund auf etwas spitzen.
Holl.: Hij spitst er den mond op. (Harrebomée, II, 99a.)
*305. Sich etwas am Munde abdarben.
*306. Spöl di de Mund ut! – Dähnert, 316a.
D.i. schäme dich solch schmuziger, unflätiger Rede.
*307. Vom Mund auf in den Himmel fahren (kommen). – Eiselein, 476; Schöpf, 264.
Baumgarten, der dieselbe Redensart aus Oberösterreich mittheilt, bemerkt dazu: »Also gleich, ohne Aufenthalt im Fegfeuer, weil die Seele als durch den Mund dem Körper entfliehend gedacht wird.« Im Innviertel gibt man einer solchen Person Grüsse an den »lieben Herrgott«, an »unsere liebe Frau«, an die Engel und Heiligen, an Freunde, Verwandte und Bekannte mit. »Vom Munde auf in den Himmel« kommen z.B. die Krieger, die auf dem Schlachtfelde fallen, auch Frauen, wenn sie während des Wochenbetts sterben. (Vgl. auch Zingerle, Sitten, Bräuche und Meinungen des tiroler Volks., S. 3, 8.)
*308. Von Mund auff gen Himmel fahren, gleichwie eine Kuh ins Maussloch. – Breuning, 93.
*309. Wäre ihr Mund nicht von lebendigem Leder, er wäre schon lange alle (abgenutzt).
*310. Wäre ihr Mund von Maschen, er wäre schon längst zerwaschen.
*311. Was er in den Mund kriegt, das beisst er ab.
*312. Wenn sein Mund schwiege, so würde sein Hinterer reden. – Burckhardt, 580.
Der vollendete, nicht zu ermüdende Schwätzer.
*313. Wenn sein Mund still steht, bekommt er's Fieber.
*314. Wenn sich sein Mund bewegt, kommen Sprichwörter heraus. (Surinam.)
*315. Wî könnt hîr äwwer mett'n dreugen Munne1 nich sitten. (Lippe.)
1) Trockenem Munde.
*316. Wie aus Einem Munde. – Eiselein, 476.
Z.B. jemand loben, verdammen, wählen, verwerfen.
317. Der Mund öffnet sich, wenn der Elnbogen sich bewegt.
Um ihm nämlich Speise zuzuführen.
318. Des Menschen Mund ist sein Henker und sein Arzt.
»Als unsere Vorfahren das Salz anstatt der Musskat, Nägelein und Pfeffer, der Honig anstatt des Zuckers und die Arbeit anstatt der vielen Brühlein war, sind sie starke und gesunde Leute gewesen, welche es zu grossem Alter gebracht. Nun aber das Gold und Gewürz der neuen Welt die alte Welt zu Gecken und Schlecken machet, sind wir vielen vor unbekannten Krankheiten unterworfen und bringen unser Leben selten hoch, dass wir frembde Arzneyn gebrauchen, und waar machen das alte Sprichwort: Des Menschen Mund ist sein Henker und sein Artzt.« (Vollst. Verm. Trincir- Buch, Nürnberg 1654, S. 129.)
319. Die Kinder öffnen den Mund früher als die Augen. (Venedig.)
320. Durch den Mund heizt man den Ofen.
D.h. erwärmt man den Magen.
It.: Per la bocca si scalda il forno. (Giani, 237.)
321. Ein geschmierter (bestochener) Mund spricht willfährig zu jeder Stund.
It.: Bocca unta non può dir di no. (Giani, 241.)
322. Ein schweigender Mund und ein leidender Grund, und ein Herz voll Minne, da ist Gott zu aller Zeit inne. – Alter Spruch, vgl. Einsame Stunden, 315.
323. Es ist besser einem Mund zu viel gegessen, als ein Wort zu viel gesprochen. – Schulfreund, 84, 7.
324. Es soll des Koches Mund sich richten nach des Herrn Schlund. – Simon, 693.
325. Feiler Mund und feile Hand bringen eitel Scham und Schand.
Lat.: Et verba et opera foeda sunt venalia. (Sailer, Sprüche, 59.)
326. In Einen Mund gehören nicht zwei Zungen.
327. Me schal dyne munt myt (swyne) parlen belegghen. – Freybe, Redentiner Spiel, 1562.
Man soll seinen Mund mit Perlen schmücken. Spott des Volks auf den Schönredner.
328. Rein von Mund und treu von Handen, dient als Pass durch alle Landen.
It.: Mano dritta e bocca monda può andare per tutto il mondo. (Giani, 992.)
329. Was der Mund spricht, zahlt die Gurgel.
330. Was wohl behagt dem Mund, richtet den Beutel zu Grund.
It.: Ciò che piace alla bocca, sgusta la borsa. (Giani 238.)
[1618] 331. Wer den Mund und die Augen nicht aufmacht, muss den Beutel aufmachen. – Klement, 45.
332. Wer einen bösen Mund hat, muss auch einen starken Rücken haben.
Sprich von niemand Böses.
Altfries.: Dear en füll müd heed, de mut uk en stark Regh haa. (Hansen, 10.)
333. Zorniger Mund spricht viel in einer (Viertel-) Stund'.
334. Zwischen Mund und Magen ist immer Krieg.
It.: Fra la bocca e lo stomaco v' è sempre guerra. (Giani, 822.)
*335. Mit halbem Munde sprechen.
Mit der Sprache nicht herauswollen.
It.: Parlare con mezza bocca. (Giani, 1860.)
*336. Mit offnem Munde die Nudeln erwarten. (S. ⇒ Taube.)
It.: Aspettar a bocca aperta le lasagne. (Giani, 1807.)
*337. Sich den Mund verbrennen.
»Es wäre zu wünschen, er wäre weniger zart eingerichtet, indem man ihn sich sogar beim Reden verbrennen kann.«
*338. Zu halbem Mund sitzen.
»Sitzt er nun auf seiner spitzer (d.i. zu Hofe) in Ehren vnd Gott vnd sein Herr helt jm den rücken, so sitzt er doch immer zu halbem mund, oder steht auff schmalen Füssen vnd hat sein plag.« (Mathesius, Sarepta, CXCVIIb.)
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