1. A Mütter müss huben a breit Vartüch (Schürze), die Chesrojnes1 vün die Kinder züzüdecken. – Blass, 12.
1) Plural von Chassuren = Fehler.
2. Ach, Mutter, i cha nit spinne, der Finger thut mehr weh; der Gyger spannt d' Saite, tanze chönt i eh. – Schweiz, I, 144, 68.
3. Alle sind Einer Mutter Kinder, aber nicht alle Eines Verstandes. (Lit.)
4. An oandere Muater hoat ah a liebs Kind. (Steiermark.)
5. Auff der Mutter Schoss werden die Kinder gross. – Lehmann, 168, 8; Eiselein, 481; Sailer, 268.
Physisch und geistig. Iselin hat dies gefühlt, wenn er sagt: Unter zehn grossen Männern verdanken neun ihren Müttern diese Grösse.
Schwed.: Modrens skiöt är barneens trefnad. (Grubb, 529.)
6. Barmhertzige Mütter ziehen Lausige (oder grindige) Töchter. – Lehmann, 790, 5; Simrock, 7227; Körte, 4373; Körte2, 5429; Sailer, 263; Braun, I, 2839; Reinsberg I, 108.
Dän.: En blød moder føder op en skurevet dotter (og milde fædre ryggesløse sønner). (Prov. dan., 67 u. 418.)
Frz.: De mère piteuse fille teigneuse. (Bohn I, 38; Leroux, I, 152; Kritzinger, 452b.) – Enfant par trop caressé – mal appris et mal réglé. (Masson, 249.) – Mère trop piteuse fait sa famille teigneuse. (Leroux, I, 180.) – Père doux et piteux fait son enfant malheureux.
Holl.: Eene barmhartige moeder maakt eene schurftige dochter. (Bohn I, 313.)
It.: La madre pietosa fa la figliuola tignosa. (Bohn I, 106.)
[803] Lat.: Blanda patrum reprobos facit indulgentia natos. – Peccata mollis nutrit indulgentia.
Schwed.: Blödig tuchtan gör tredska barn. – En blödig moor föder up en skorfwot dotter. (Grubb, 52 u. 190.)
7. Beter en krupern Moder as en flegenden Vader. (Holst.) – Schütze, II, 357; Petri, II, 258; Körte, 4375a.
Eine »krupern Moder« ist eine gute sparsame, überall auf Ordnung sehende Hausfrau, ein »flegender Vater« ein solcher, der bald da, bald dort herumschwärmt. Hochdeutsch bei Henisch (322, 56): Es ist besser eine kriechende Mutter, denn ein reitender Vatter.
8. Beter en rîken Vader verlêren as en krupern Modder. – Körte, 4375b.
9. Das ist eine böse Mutter, die das Kind mit dem Bad wegschüttet. – Petri, II, 65; Henisch, 169, 45.
10. De de Moder to Frünne het, geit mit de Dochter fleiten. (Ostfries.) – Bueren, 235; Frommann, IV, 142, 341; Eichwald, 1319; Hauskalender, II.
11. De en hält 't mit de Mutter un de anner mit de Dochter. (Mecklenburg.) – Günther, III.
Holl.: De een heeft zin in de moeder en de ander in de dochter, en zoo geraaken zij beide aan den man. (Harrebomée, II, 90b.)
12. Deine Mutter verrathen ist deine eigene Schande. – Petri, II, 72.
13. Dem einen gefällt die Mutter, dem andern die Tochter.
Manchem gefallen sie nacheinander beide wie dem Philosophen Schelling, der erst die Tochter Böhmer's liebte und nach deren Tode deren Mutter heirathete.
14. Der Mutter Fluch geht nicht aus dem Herzen. – Henisch, 1160, 17.
15. Der Mutter Herz ist immer bei den Kindern.
Schwed.: Moors hiertet är altijd ömt. (Grubb, 528.)
16. Der Mutter Liebe ist stärker als der Kinder Grind und Unflat.
17. Der Mutter Missethat schadet nicht dem unschuldigen ⇒ Kinde (s.d. 120). – Graf, 300, 128.
Mhd.: Der muter missedat schat nicht dem unschuldigen kinte. (Daniels, 409, 51.)
18. Der Mutter Ruthe ist besser als der Stiefmutter Rosinen.
Die Finnen: Der Mutter Ruthe ist besser als der Fremden Weissbrot. (Bertram, 63.)
19. Der Mutter schenk ich, der Tochter denk' ich. – Körte, 4377; Masson, 330; Braun, I, 2841.
Wer die Tochter will, der muss es mit der Mutter halten.
20. Der Mutter Treu ist alle Tage neu. – Pistor., VIII, 51.
21. Der Mutter wegen küsst man das Kind.
Engl.: Many kiss the child for the nurse's sake.
Lat.: Oscula nutrici pueri dant ejus amici.
22. Die eigene Mutter – Mütterchen, die ⇒ Stiefmutter (s.d.) Verderbensmutter. (Estn.)
23. Die gute Mutter fragt nicht: Willst du? sagte die Mutter, und gab der Tochter eine Ohrfeige.
24. Die gute Mutter sagt nicht: Willst du? sondern: Hier hast du!
Böhm.: Smĕlcova máti nejdříve zapláče. (Čelakovsky, 119.)
Engl.: The good mother said not, will you, but gives. (Bohn II, 14.)
Frz.: La bonne mère ne dit pas: veux-tu? (Leroux, II, 243.)
Holl.: Eene goede moeder zegt niet: mijn kind, wilt gy? (Harrebomée, II, 91a.)
Ill.: Junačka mati pàrva zaplače. (Čelakovsky, 119.)
It.: La buona madre non dice: »Volete?« (Cahier, 2873; Gaal, 483.)
Lat.: Unde habeas, curet nemo, sed oportet habere. (Eiselein, 221.)
25. Die Mutter bäckt nicht alle Tage Kuchen.
Weil nicht alle Tage Kirmes ist. Die Perser sagen: Es ist nicht alle Tage Fest, dass man Confect essen kann. (Reinsberg III, 7.)
26. Die Mutter behelt das Kind, und das Bad mit dem Dreck schüttet sie weg. – Petri, II, 139.
27. Die Mutter bekommt Dreck zum Lohn, wenn sie dem Kind alles Gute gethon. – Petri, II, 139.
28. Die Mutter bewahrt das Kind. – Graf, 164, 133.
Aus Wiarda, 87, 2.
29. Die Mutter denkt weit; aber die Kinder denken noch weiter.
[804] 30. Die Mutter, die für Silber ihre Brüste verkauft, verkauft auch für Gold ihren Säugling. (Abyssinien.)
31. Die Mutter eine Hexe, die Tochter ein Hexle. – Eiselein, 480; Simrock, 7226.
So lange der unvernünftige Hexenprocess noch Mode war, konnte eine unschuldige Frauensperson, deren Mutter für eine Hexe gehalten wurde, bald zum Scheiterhaufen verurtheilt werden, indem man die Schlussweise des vorstehenden Sprichworts selbst vor Gericht befolgte. Sogar Juristen haben den Gebrauch solcher Sprichwörter vertheidigt.
32. Die Mutter eine Hur', der Vater ein Dieb; hast du Geld, so bist du lieb. – Eiselein, 221; Simrock, 3264; Körte, 4367; Braun, I, 2840.
33. Die Mutter eine Hur, die Tochter eine Hur, ist eine wie die ander; die Magd im Haus schlägt es auch nicht aus, sie halten es miteinander. – Markolf, 89.
34. Die Mutter eine Hure, die Tochter ein Hürlein; tanzt, ihr lieben Säcke! – Eiselein, 336; Simrock, 5134.
Man hat freilich bisweilen bei ganzen Familien bemerkt, dass in denselben eine gewisse Tugend oder ein Laster angetroffen wird, und sich von den Aeltern auf die Kinder und Enkel fortpflanzt, dennoch würde man falsch schliessen, wenn man annehmen wollte, dass die Tochter ein unsittliches Leben führen müsse, blos deshalb, weil die Mutter es führt.
35. Die Mutter eines tapfern Sohnes muss zuerst trauern.
Die Russen: Die Mutter eines Helden wird zuerst sohnlos.
36. Die Mutter erbt der Kinder Gut und die Kinder der Mutter Gut. – Graf, 194, 8.
Die Mutter nur dann, wenn ihre Kinder nicht selbst Nachkommen haben.
Mhd.: Diu muter erbt der kinde gut und diu kint erbent der muter gut. (Schwabenspiegel, 142.)
37. Die Mutter erkennt man überall.
38. Die Mutter Gans, das Söhnlein Hans.
39. Die Mutter gibt, die Stiefmutter fragt: Wollt ihr, Kinder?
Poln.: Matka daje, a macocha pyta, czy chcecie dzieci. (Wurzbach I, 314, 384.)
40. Die mutter gibt so guten kauff als die tochter. – Franck, II, 153b; Gruter, I, 21; Petri, III, 4; Egenolff, 221b; Guttenstein, I, 110; Lehmann, 327, 29; Eiselein, 480.
Bezeichnung der Gleichheit, Einerleiheit, meist in übelm Sinne; es ist eins, ob dies oder das, so oder so, hier oder da. Bei Tunnicius (51): De moder gift so guden Kôp als de Dochter. (Vendit olus mater quanti lasciva puella.) Die Russen: Die Mutter ist für Geld eine Hur', die Tochter von Natur. (Altmann VI, 491.)
41. Die Mutter gibt thewer vnd die Tochter nit wolfeil. – Gruter, III, 22; Lehmann, II, 85, 167; Eiselein, 480; Simrock, 7224; Grubb, 534; Sailer, 104; Reinsberg I, 107.
42. Die Mutter hat die besten Töchter, welche nur Knaben hat.
Die Chinesen nennen eine solche Mutter die glücklichste. (Cahier, 2109.)
43. Die Mütter is a Zidekes1 ün de Tochter is auch a Sojne2. (Warschau.)
2) Hure, Buhlerin. – Der Witz liegt in dem Wortspiel mit Sojne = Buhlerin, und dem jüdisch-deutschen: su âne (so eine).
44. Die Mutter isst (unter dem Vorwande, es sei) zum Besten ihres Kindes. (Pers.)
45. Die Mutter ist allzeit, gewiss. – Graf, 164, 137.
Auch wenn man den Vater nicht mit Zuverlässigkeit kennt.
Schwed.: Moderen är altijd wiss. (Grubb, 529.)
46. Die Mutter ist Gast in des Sohnes Geweren und der Sohn in der Mutter. – Graf, 217, 252.
Bezieht sich auf den Fall, wenn der überlebende Ehegatte mit den Kindern erbte und sich seinen Theil nicht herausgeben liess, sondern bei den Kindern blieb. (S. ⇒ Frau 625 und ⇒ Mann 1311.)
Mhd.: Di muter is gast in der sones geweren unde di sone in der muter. (Ortloff, I, 13.)
47. Die Mutter ist schuldig, ihre Kinder zu versorgen. – Graf, 164, 144.
In Ostfriesland: Di moder is pflichtig, vere kindt tho versorgen. (Wicht, I, 64, 146.)
[805] 48. Die mütter kennen ire kindt am besten. – Nas, 29a.
49. Die Mütter reden viel von der Ruthe, aber die Birken stehen fern, von der sie sie schneiden.
Die Russen: Die ihr Kind nicht zu schlagen weiss, spricht am meisten von der Ruthe. (Altmann VI, 509.)
50. Die Mutter sagt es, der Vater glaubt es, ein Narr zweifelt daran. – Eyering, I, 714; Eisenhart, II, 5, 1; Eiselein, 480; Pistor., I, 90; Sailer, 255; Körte, 4372; Körte2, 5488; Simrock, 7229; Graf, 164, 128.
Der Klosterspiegel (36, 8) fügt noch hinzu: »und der Abt weiss es.« – Zu Gunsten derer, denen man ihre rechtmässige Geburt in Zweifel zieht. Im allgemeinen gilt jedes Kind für ehelich, das in der Ehe geboren wird. Da der Beweis für das Gegentheil sehr schwer zu führen ist, so begnügen sich, wie das Sprichwort sagen will, die Gesetze mit dem äussern Geständniss der Aeltern, wenn die Mutter sagt, dass sie das Kind geboren habe und der Vater es für das seinige erkennt. In England kann nur die erwiesene neunmonatliche Abwesenheit des Ehemannes über einem der Oceane die Vaterschaft an einem Kinde, das die Frau geboren hat, aufheben. Der Khalif Omer setzte sogar fest, dass zum gültigen Beweise des Ehebruchs einer Frau vier Zeugen betheuern müssen: alius viri stylum in pixide gesehen zu haben. Als ein Doctorand gefragt wurde, ob er ehelicher Abkunft sei, antwortete er mit dem obigen Sprichwort. (Braun, Bibliothek des Frohsinns, III, 44, 148.)
Frz.: Car on voit bien, comment l'enfant est sorti, mais non pas, comment il est entré.
Lat.: Laudantur simili prole puerperae. – Pater est is, quem nuptiae demonstrant. – Sunt faciles partus, sed proles nata parentem ori refert nunquam. (Eiselein, 480.)
51. Die Mutter sprach zu ihrer Tochter: sag deiner Tochter, dass ihre Tochter ihrer Tochter zu wissen mache, ihrer Tochter Töchterlein sei gestorben. – Chaos, 490.
52. Die Mutter steckt zwar die Brust in des Kindes Mund, aber nicht ihren Verstand in seinen Kopf. (Estn.)
53. Die Mutter weint um die Tochter, und die Tochter springt auf den Bretern. (Russ.)
54. Die Mutter weiss besser, was einer alten Frau gut ist, sagte die Bettlerin.
55. Die Mutter zieht die Kinder nach sich. – Graf, 58, 223.
Ob die Kinder frei oder eigen waren, hing davon ab, ob es die Mutter war. (S. Kind ⇒ 65 u. ⇒ 66.)
56. Die Mutter zwängt den Kindern die Brust ein, aber nicht den Verstand. (Lit.)
57. Drei böse Mütter haben drei gute Töchter: Unterdrückung – Freiheit, Alchemie – Chemie, Astrologie – Astronomie.
58. Ein andere Mutter hat auch ein liebes Kind. – Chaos, 719.
Lat.: Invenies aliam Galateam. (Bohn II, 1551.)
59. Ein fleissige Mutter zeucht ein faule Tochter. – Petri, II, 184; Henisch, 1142, 9; Simrock, 7228.
Dän.: En doven moder føder en duelig dotter, og en duelig moder føder en doven dotter. (Prov. dan., 112.)
Engl.: A light-heel'd mother makes a heavy-heel'd daughter. (Bohn II, 47.)
Frz.: Mère piteuse fait sa fille rogneuse. (Bohn II, 47.)
Holl.: Vlugge moeders maken trage dochters. (Harrebomée, II, 92a.)
Port.: Mai aguçosa, filha preguiçosa. (Bohn I, 280.)
60. Ein getrewe Mutter sihet mehr mit einem, denn der Vater mit zehen Augen. – Petri, II, 190.
61. Ein jede Mutter wil gern die geschmückeste Tochter haben. – Petri, II, 199.
62. Ein Mutter ist vnsers Herrn Gottes Kinder Magd. – Petri, II, 216.
In Venetien heisst es: Mutter, will sagen: Märtyrerin; und in Bergamo: Kummervolle. (Reinsberg I.)
63. Eine alte Mutter im Haus ist ein Zaun darum. – Schmitz, 178, 19; Reinsberg I, 198.
Sie kann noch auf mannichfache Weise nützen, indem sie ein wachsames Auge hat auf Kinder, Hühner, Gänse u.s.w. Dagegen sagt ein hebräischer Spruch: Ein alter Mann im Hause ist Schrecken im Hause; eine alte Frau im Hause ist eine Perle im Hause. Und die Mailänder rufen aus: Gesegnet ist das Haus, welches vertrocknetes Fleisch besitzt. Der Franzose erklärt: Dient ein altes Weib nicht als Topf, so dient es doch als Deckel. (Reinsberg I, 198.)
[806] 64. Eine arme Mutter kann eher sieben Kinder ernähren, als sieben Kinder eine Mutter.
Diese Ansicht ist weit verbreitet; nur ist man über die Zahl der Kinder uneins und wechselt häufig zwischen Vater und Mutter. In der Eifel ist es die Mutter, welche, wie in Litauen, neun Kinder ernährt; im übrigen Deutschland, in Dänemark und Polen der Vater, der für zehn Kinder sorgt; und auf der Insel Sardinien kann eine Mutter sogar hundert Söhne ernähren, und hundert Söhne nicht sie. (Reinsberg I, 189.)
65. Eine barmherzige Mutter zieht kratzige (rotzige) Kinder. – Mayer, I, 104; Gaal, 1176.
Engl.: A child may have too much of his mothers blessing.
Frz.: Qui bien aime, bien châtie.
It.: La madre pietosa fa la figliuola tignosa. (Gaal, 1176.)
Lat.: Blanda facit segnes matrum indulgentia natos. (Gaal, 1176.)
66. Eine blinde Mutter sieht ihr eigenes Antlitz in dem des Sohnes. (Hind.)
67. Ein böse muter kan nicht wol ihr kind zu ehren ziehen als sie sol.
Lat.: Filia moechatur, quae moecha matre creatur. (Loci comm., 212.)
68. Eine faule Mutter, eine faule tochter. – Henisch, 1020, 55; Petri, II, 183.
69. Eine fromme (gute, brave) Mutter zieht oft eine böse Tochter.
Schwed.: From moder föder ofta en elak dotter. (Grubb, 220.)
70. Eine gute Mutter hört das Walzerspiel nicht, wenn ihr Kind schreit.
71. Eine gute Mutter und ein gut Ende lobt jedermann.
Holl.: Beide is goet, god ende sijn moeder. (Tunn., 4b, 3.)
Lat.: Ambo boni deus et sua mater quos homo laudet. (Fallersleben, III.)
72. Eine Mutter, die das Kind nicht geboren, ist nur eine halbe Mutter.
Die Spanier: Es gibt keine solche Mutter, wie die, welche das Kind geboren hat.
Böhm.: Co matka to matka, co macecha to macecha. (Čelakovský, 400.)
Poln.: Mamka za matkę niestoji. (Čelakovský, 400.)
73. Eine Mutter, die jhrem Kind den Brunn der nahrung verstopfft vnd entwend, die soll man zu den wilden Thieren weisen, dass sie von jhnen das natürliche Recht lerne. – Lehmann, 168, 9.
Dagegen sagt ein lombardisches Sprichwort: Eine Mutter, die selbst tränkt, man weiss nicht, ist sie gescheit oder beschränkt. (Reinsberg I, 175.)
74. Eine Mutter ist wie ein Mehlsack: so lange man daran klopft, so staubt er auch. (Oderbruch.) – Engelien, 223, 164.
75. Eine Mutter kann eher neun Kinder, als neun Kinder eine Mutter ernähren. (Eifel.) – Schmitz, 180, 34.
In Litauen heisst es: Eine Mutter kann neun Kinder mit der Nadel ernähren, und der Vater mit sechs Rossen auch nicht eins. In Apulien sagt man: Eine Krähe kann neun junge Krähen, aber neun junge Krähen können nicht eine alte Krähe füttern. (Ausland, 1870, S. 425, 19.) Eine ähnliche Erfahrung hat man in Indien gemacht. Benares ist der Hauptwallfahrtsort der Hindus, und den Söhnen liegt die Verpflichtung ob, ihre Aeltern dahin zu geleiten. Daher sagt man dort sprichwörtlich: Einer Mutter von vielen Kindern wird nicht der Segen des Ganges zutheil, weil immer ein Sohn die mit grossen Kosten verbundene Verpflichtung auf einen Bruder schiebt und so die Reise zuletzt ganz unterbleibt. (Reinsberg VI, 106.)
76. Eine Mutter kann man verlieren, aber nicht wiederfinden.
Span.: No hay tal madre come la que pare. (Bohn I, 236.)
77. Eine Mutter kann viel Kinder ernähren, aber viel Kinder nicht Eine Mutter. – Frischbier2, 2688.
78. Eine Mutter liebt sehr, aber Gott liebt noch viel mehr.
Engl.: Not God above gets man's love. (Gaal, 115.)
79. Eine Mutter trägt keinen Bastard.
80. Eine Mutter, wie arm, gibt doch einem Kinde warm. (Rothenburg.) – Birlinger, 298.
81. Einer Mutter Gebet kein Heiliger widersteht.
Böhm.: Matčina modlitba s mořského dna vynímá. (Čelakovský, 399.)
82. Einer Mutter ist das kränckst Kind am liebsten. – Lehmann, 740, 26.
83. En ful Motter macht flîssige Döeter. (Bedburg.)
[807] 84. Es gilt nicht gleich, wes Mutter die war. – Lehmann, II, 127, 126.
85. Es ist kein so böss mutter, sie züh gern ein fromm kind. – Franck, II, 56a; Egenolff, 56b; Guttenstein, 28, 17; Gruter, I, 34; Petri, II, 269; Henisch, 1253, 27; Eiselein, 480; Simrock, 7225; Körte, 4376; Braun, I, 2842.
Bei Tunnicius (1012): It is neine so bose moder, se en hedde gêrne ein gût kint. (Omnis amat genitrix, proprios bene vivere natos.)
Holl.: Geene moeder zoo kwaad, of zij heeft nog gaarne eene goede dochter. (Harrebomée, II, 91a.) – Ten was nie so quaden moeder, si en had gaarne een goede dochter. (Tunn., 24, 11.)
Lat.: Pessima filiolam genitrix deposcit honestam. (Binder I, 1358; II, 2563; Buchler, 210.) – Quod bona sit nata sua vult mater violata. (Fallersleben, 718.) – Terra saluti feras herbas eademque nocentes nutrit et urticae proxima saepe rosa est. (Ovid.) (Philippi, I, 218.)
86. Es sind nicht alle Einer Mutter Kinder.
87. Es war nie eine so böse Mutter, sie hette gern ein fromme Tochter. – Lehmann, II, 145, 207.
Lat.: Quod bona fit nata, sua vult mater violata. (Sutor, 593.)
88. Et is keine Mutter so ârm, se decket doch no wârm. (Westf.)
89. Et is nig all eins, wess Modder dat was. – Körte, 4370.
90. Faule Mutter macht die Tochter zur Buhlin.
91. Fleissige Mutter hat faule Töchter.
Schwed.: En snäl moor föder ofta en laat dotter. (Grubb. 191.)
92. Flîdige Müdder gift fûle Döchter. (Bremen.) – Köster, 252.
93. Für meine Mutter auch 'n Klex, sagte der Junge.
Er meinte einen Klex Reisbrei, den die armen Kinder in Niedersachsen bei Begräbnissen aufs Brot bekommen.
94. Für seine kranke Mutter bitten.
Wer für andere etwas begehrt und es für sich behalten will.
95. Geile Mütter, feile Töchter.
Holl.: Van geile moeders veile dochters. (Harrebomée, II, 92a.)
96. Gelinde Mütter ziehen böse Kinder. – Petri, II, 317.
97. Hat die Mutter guten Flachs, so kriegt die Tochter auch einen Zopf davon.
98. Hätte die Mutter nicht hinter dem Ofen gesteckt, sie würde die Tochter nicht dort suchen.
Engl.: If the mother had never been in the oven, she would not have looked for her daughter there. (Bohn II, 47.)
99. Hett de Moder ên Knocken Flass, se gift de Dochter ên Rissen af. – Eichwald, 1316.
In Westfalen: Hewt de Möme gued Flass, de Dochter kriegt der en Risten aw.
100. Hoald moal hyr, kennstu din Mäur nit? sach de Biur, as hä ächter dem Buske sât un dräit, un 'n Hâsen 'riut sprank. (Hemer in der Grafschaft Mark.) – Frommann, III, 260, 22.
Halte, warte einmal hier, rief der Bauer dem Hasen zu, dessen Mutter er sich nennt, weil er meint, derselbe sei ein Product seiner Ausleerungsfunction. Dräit von Drieten = cacare.
101. Hör Môr, wat slubbert (schlürft) uns' Klâs in't Latin, sä de Vâr; do satt de Jung achter de Döre un att Karmelksbrê (Buttermilchsbrei). – Kern, 177.
Spott auf die Aeltern, die sich einen Narren an ihren studirenden Söhnen gefressen haben und wunder glauben, welchen Eifer sie zeigen, um in einer Wissenschaft fortzuschreiten. Es ist freilich eine starke Täuschung, wenn der Vater glaubt, sein Klaus treibe Latein, während er Buttermilchbrei isst. Aber Hunderte von Söhnen treiben noch ganz andere Dinge auf der Universität, als Buttermilch zu suppen, während die Väter daheim meinen, sie studiren.
102. In der (braven) Mutter Fussstapfen reift die Tochter lieblich.
103. In der Mutter Leib kann niemand zurückkehren.
Frz.: C'est le ventre de ma mère, on n'y retourne plus. (Leroux, II, 194.)
104. Ist die Mutter eine Hur, so ist die Tochter nicht fromm. – Henisch, 1256, 36; Petri, II, 408.
[808] 105. Ist die Mutter noch so arm, so gibt sie ihrem Kinde warm. – Eiselein, 480; Körte, 4375; Simrock, 7221; Steiger, 44; Venedey, 100; Braun, I, 2843.
In der Schweiz: Es ist e Mueter no sen arm, so git si ihrem Kindli warm. (Sutermeister, 116.) In Bergamo: Mutter mein, immer mein, magst arm oder reich du sein.
Böhm.: Ačtĕ i štíře, od srdce je. – Cikaňata černy jak čirtata, a Cikán je předce rad má. – I Cikán cikaňata miluje. – I cikanĕ své matce vzácné (milé). (Čelakovský, 400.)
106. Ist die Mutter von guten Sitten, so magst du wohl um die Tochter bitten. – Körte, 4366; Braun, I, 2838.
Frz.: Ne t'y fourre pas chaudement, ou tu auras un coup d'estrille; mais pour procéder sagement, de bonne mère prends la fille. (Venedey, 96.)
107. Jede Mutter lobt ihre Butter. (Westf.)
108. Jede Mutter macht gern aus ihrem Eulchen ein Täubchen.
109. Jede Mutter meint, ihr Kind sei das schönste (beste).
Der Baske versichert: Jede Wöchnerin ist eitel, und der Finne meint: Nennt ihr Kind die Mutter hässlich, traun, nicht ist's die rechte Mutter. Besonders voll des Lobes soll eine Mutter bei ihrem ersten Kinde sein. Die Holländer sagen daher: Das Albernste, was man find't, ist eine Mutter mit ihrem ersten Kind. (Reinsberg VI, 35.)
Dän.: Moderen skiuler gierne barnets feyl. (Prov. dan., 417.)
110. Jeder Mutter Kind ist schön. (S. ⇒ Frau 359.) – Eiselein, 372.
Keine Mutter hat eine andere als hübsche (brave, schöne) Tochter. Die Russen: Hässliche Kinder können nur andere Leute haben. (Altmann VI, 402.) Die Aegypter sagen: Der Käfer ist eine Schönheit in den Augen seiner Mutter. (Burckhardt, 60.) Es ist der Rosskäfer gemeint, der den Aegyptern als ein Muster der Hässlichkeit gilt. In Bergamo: Jeder Mutter gefallen ihre Kinder, jeder Aeffin ihre Aeffchen. – Der Bärin scheinen ihre Bärenjungen schön. (Reinsberg I, 176; VII, 34.)
Böhm.: Hezké dĕvče Ančička, když chválí matka a babička. (Čelakovský, 241.)
111. Kei Muetter isch so arm, s' git au es bitzli warm. – Rochholz, 301.
112. Keine Mutter kann ein unechtes Kind ziehen. – Pistor., 259; Graf, 164, 136.
Altfries.: De moder enmach gheen unechte kindt theen. (Richthofen, 305, 16.)
113. Keine Mutter soll an ihrem Kinde verzagen, sagte die alte Frau, als sie ihren Sohn zum Galgen fahren sah.
114. Keine Mutter trägt einen Bastard. – Hillebrand, 23, 32; Eiselein, 56; Eisenhart, 154; Hassl., 2; Pistor., III, 11; Estor, I, 31; III, 524; Sailer, 255; Körte, 4374; Simrock, 747; Graf, 164, 135; Hertius, I, 4.
Mit Bastard bezeichnet hier das Sprichwort alle unehelichen Kinder. Es sagt, dass sie zur Mutter in demselben persönlichen Rechtsverhältniss stehen, wie die ehelichen, also nur in Ansehung des Vaters Bastarde heissen. Sie standen von jeher in ihren Rechten den ehelichen nach, besonders konnten sie der Erbschaft des Vaters nicht theilhaftig werden. Das vorstehende Sprichwort sagt nun, dass uneheliche Kinder von der Mutter als rechtmässige betrachtet werden müssen, von deren Seite sie auch gleiche Rechte mit ihren ehelichen geniessen.
Holl.: Geen moeder maakt een bastaard-kind; hoe zij hat raapt of waar zij't vindt. (Harrebomée, II, 61a.)
115. Mauer, leihet mi ugge dochter. – (Sauerland.)
116. Mauer, weck mî hüt Nacht, wenn ick döstig bün, seggt de Mann to sin Frû. – Wo sall ick wêîten, wenn du döstig bist! – Dat is min Sâk, weck du mi man. (Mecklenburg.) – Raabe, 135.
117. Meine Mutter hat sich gewaschen (oder: war ein sauberes Weib), sagte der Wäscherin Tochter.
118. Meine Mutter huot gesurt: Nimm dir kêne Bauersmurt (-magd), Bauersmurt is ungesund, hout an Arsch von hundert Pfund. (Kamnitz in Nordböhmen.)
119. Meine Mutter sehnt sich nach einer Brocke Fleisch, sagte der Fuchs, als er in den Hühnerstall ging.
Die Holländer: Es ist nicht um meinetwillen, sagte [809] der Wolf, nur für meine arme Mutter. Die englischen Neger: Schlaf ist kein Reichthum, sagte die Ratte, ich gehe nachts auf Erwerb aus, nicht für mich, sondern meine Kinder schicken mich. (Reinsberg III, 68.)
120. Meiner Mutter Kuh Bruder war auch ein Ochs. – Simrock, 6059b.
121. Mîn Môr es 'ne arme Frau, oawwer se kuoket 'et Maus duoch gâr, sach de Jung, doa at he Siloat. (Iserlohn.) – Hoefer, 562; Woeste, 63, 22; hochdeutsch bei Reinsberg II, 47.
122. Mit der Mutter muss beginnen, wer die Tochter will gewinnen. – Simrock, 10341.
123. Môder kann swemmen, säd' de Jung, dar wier se versâpen. (Hamburg.) – Hoefer, 531.
124. Môder, lât dat Water lôpen, säd' de Jung, as Vater dat hebben will. (Holst.) – Schütze, III, 48.
Wahrscheinlich aus einer Anekdote, nach welcher Kinder ihre in Streit befindlichen Aeltern bittend zu vereinigen suchten.
125. Môder, mâk mi'n Botterbrod! – Kind, ik hebb' gên Mest. – Smêr mi't d'r man mit Finger up, dat smeckt am allerbest. – Kern, 917.
Kinderspruch.
126. Môder, Môder, ik hef't all tô wat bröcht, reip de Junge, dun hadde he Lüse. (Pommern.) – Hoefer, 526.
127. Moder, sed Hans, lat mi den Grubenbrî1 hüt noch opäten, der Persetter segt: Du musst nix op morgen verschuben, wat du hüt noch dôn kannst. – Piening, 13.
1) Graupenbrei.
128. Môder, segt de Jung, sast mal sên, wat uns Swîn vör'n swarten Kater mank de Bên hett. (Mecklenburg.) – Hoefer, 525; Schlingmann, 724.
129. Moeder, mîn Lîf, Vader, mîn Lende; is dat gên Jigt. (Ostfries.) – Bueren, 873; Hauskalender, III.
130. Moer, is gên Katte, sünder Hansken antofate? (Ostfries.)
131. Mömme, wann 'k et Hittken (Zicklein) nit mehr hallen (halten) kann, sall 'k et dann ment läupen loaten? sagte de Junge, da hadde 't Hittken biym Blick1. (Büren.)
1) Bei Ziegen, Rehen, Hasen der Schwanz.
132. Môr, set mi den Pankauken oppet Heck. (Sauerland.)
Die Mutter will den Knaben mit Pfannkuchen locken, aber er traut nicht, er will nicht kommen.
133. Môr (Môder), wat is de Welt grôt, see de Jung, do quêm he achter de Kohltûn (Kohlgarten). (Ostfries.) – Bueren, 875; Hagen, 100, 1 u. 102, 6; Firmenich, I, 19, 29 u. 232, 13; Kern, 209; Hoefer, 508; Lohrengel, I, 525; Schlingmann, 718; Hauskalender, III.
Mutter wie ist die Welt gross! sagte der Knabe, als er hinter den Küchengarten kam.
Engl.: That's the first round to me, as the boy said, when he finished the buttered toast. (Hagen, VI, 103, 1.)
134. Mueter, i mues en Ma ha oder i zünde 's Hûs a. – Sutermeister, 102; hochdeutsch bei Simrock, 6800a; Körte, 3229a; Reinsberg I, 77.
135. Muo'r, söä' jenn't Möäken, nu mügen mi de Mannslü all lîden; se höw'n mi met Dreck schmöäten. – Schlingmann, 1018; für Mecklenburg; Hoefer, 687.
136. Mutter, der Hans neckt mich; Hans, necke mich noch einmal, dass es die Mutter sieht. (Breslau.)
Von einer, die sich gern möchte von Hans necken lassen.
137. Mutter, die Kuh schreit nach Futter. (Nordböhmen.)
138. Mutter, es friert mich! – Scheiss Kohlen und wärme dich! (Meiningen.)
139. Mutter, gib mir Fleisch! – Greif an deine Nase! (Meiningen.)
140. Mutter, halt den Hund und lass die Katze laufen.
141. Mütter lehren die Kinder den Gang wie der Krebs seine jungen. – Lehmann, 171, 49.
[810] 142. Mütter lieben Töchter, aber Söhne noch viel mehr. – Simrock, 7232.
In Hindostan heisst es: Eine blinde Mutter sieht ihr eigenes Antlitz in dem des Sohnes. (Reinsberg I, 191.)
143. Mütter müssen der Söhn Schulmeister sein, bis sie in die Schule gehen, aber der Töchter, so lang sie beyeinander leben. – Zinkgref, III, 344.
144. Mutter, rath' einmal, wie der Buchstab i heisst. (Kamnitz.)
145. Mutter, schütt mir die Betten, er hat mich angelacht. (Breslau.)
Zur Charakterisirung heirathslustiger Töchter.
146. Mutter, seggt de Omar, öck rêk et Bedd von End to End, öck si hied Nacht gewasse; do lêg he verquer öm Bedd. (Stallupönen.) – Frischbier2, 2689.
147. Mütter sind Mütter, Stiefmütter – Stiefmütter.
148. Mütter stärken oft der Kinder Bosheit.
Lat.: Matres omnes filiis in peccato adjutrices, auxilio in paterna injuria solent esse. (Terenz.) (Philippi, I, 243.)
149. Mutter, thu' mi ei, es wölle mi all', sagte das Mädchen, als sie auch einmal ein Bursch zum Tanz aufforderte. (Mittelfranken.) – Hoefer, 680.
150. Mutter, was gibt's heut' zu essen? – Hutzel und Flickschnür. (Meiningen.)
151. Nachdem wir alle von ainer Mutter geboren sein, woher kumbt dann frey vnd knecht sein. – Agricola II, 384.
152. Ohne Mutter sind Kinder und Bienen gleich verloren. (Russ.)
153. Schlägt mich die Mutter, so schlag' ich die Puppe (Docke).
154. Sittêrs Moder giwwt lichters Dochter. – Goldschmidt, 119.
155. So, Muo'r, söä de Jong, 'zund häm ick 't Lîw vull Kartuffeln, nu wüll'n wi uos ês foaten. – Schlingmann, 742.
156. Swipperste (flinkste) Moders gäft (geben) fulerste Dochters. (Rastede.) – Firmenich, III, 29, 143.
157. Thöricht Mutter, närrisch Kind.
Holl.: Mal moêrtje, mal kindje. (Harrebomée, II, 92a.)
158. Unzüchtige Mütter, geile Töchter. – Altmann VI, 443.
159. Vier gute Mütter gebären vier böse Töchter: Sicherheit gebiert Gefahr; Vertraulichkeit – Geringschätzung, Verachtung; Glück – Eitelkeit, Aufgeblasenheit; Wahrheit – Verfolgung. – Sailer, 92.
Im Chaos (715) in der Fassung: Wahrheit den Neid, Glückseligkeit den Hochmuth, die Sicherheit Gefahr, grosse Gemeinschaft Verachtung.
Dän.: From føder tit onde børn. – Fire gode modre føde tit fire onde dottre: sanden – had, lykke – hovmodighed, sikkerhed – fare, og gemeenskab – foragt. (Prov. dan., 200.)
160. Von der Mutter lernt man reden und unter den Leuten schweigen.
Böhm.: Otec, matka vyučili mluvení, a svĕt mlčení. (Čelakovský, 78.)
161. Vornehme Mütter haben schwere Wehen. – Altmann VI, 422.
162. Wäre die Mutter nicht selber hinter dem Ofen gewesen, sie würde die Tochter nicht dort suchen.
Die Engländer: Das alte Weib hätte nie im Ofen nach ihrer Tochter gesehen, wäre es nicht selbst darin gewesen. (Reinsberg III, 50.)
163. Was der Mutter ans Herz geht, das geht dem Vater nur an die Knie. – Latendorf II, 31; Petri, II, 588; Simrock, 7323.
Der Gedanke, dass über Mutterliebe keine andere Liebe gehe und dass sie durch keine andere ersetzt werden könne, ist durch Sprichwörter vieler Völker in den verschiedensten Formen ausgesprochen: Mutter, Mutter, sagt der Venetier, wer sie hat, ruft sie, wer sie nicht hat, wünscht sie. Wer sagt: mehr als eine Mutter, täuscht sich. Während die Deutschen sagen: Mütter sind Mütter, Stiefmütter sind Stiefmütter, heisst es in Toscana: Mütter sind Mütter, Stiefmütter sind Hundemütter. Und die Spanier sagen: [811] Es gibt keine solche Mutter, wie die, welche das Kind getragen hat. In Hindostan heisst es: Einer Mutter Liebe ist die beste von allen. Eine Mutter, welche Korn zerreibt, ist besser als ein Vater im Range von 8000 Pferden am Hofe des Grossmoguls. (Reinsberg I, 187.)
164. Was die Mütter geberen, dass sollen sie selbst ernehren. – Lehmann, 168, 3; Eiselein, 481; Simrock, 7222.
Die Spanier versichern sogar: Eine Frau, die ihr Kind ernährt, spinnt gute Leinwand. (Reinsberg VI, 40.)
Dän.: Hvad moderen føder, bør hun self at opføde. (Prov. dan., 190.)
165. Was die Mutter geboren hat, muss sterben.
Böhm.: Jednou máti rodila, jednou umříti třeba. (Čelakovský, 311.)
166. Was Mutter, was Vater; was Kieze, was Kater!
Um auszudrücken, dass ein Kind die Vorstellungen der Aeltern völlig unbeachtet lasse, ja nicht mehr darauf gebe, als auf die Aeusserung der Katze. Verwandt damit ist eine jüdisch- deutsche Redensart in Warschau: Mame, Tate, Bube, Seide, küscht in Tuches üns beide. Sie wird meist von Liebenden gebraucht, welche gegen den Willen ihrer Aeltern und Angehörigen eine eheliche Verbindung eingehen wollen und alle Vorstellungen dagegen mehr als derb zurückweisen: Mutter, Vater, Grossmutter, Grossvater küsst uns beide im Hintern.
167. Wenn de Môder ni nä seggen kan, denn lärt de Kinner ôk ni jâ seggen. (Jever.) – Frommann, III, 39, 46.
168. Wenn der Mutter Hemde der Tochter gerecht wird, so nimmt sie (gewöhnlich) auch der Mutter Gang an. – Winckler, VI, 21.
Holl.: Als moeders hemd de dochter past, wil ze er ook eene broek over. – Als moeders hemd de dochter past, ziet men, dat ze gemeenlijk denzelfden gang heeft. (Harrebomée, II, 90b.)
169. Wenn die Mutter Gottes im Regen übers Gebirge geht, muss sie im Regen wieder zurück. (Schles.) – Boebel, 34.
170. Wenn die Mutter Gottes nicht wäre, ich würde mich heut' noch hängen lassen, sagte der Kapuziner. – Klosterspiegel, 65, 7.
171. Wenn die Mutter nicht zu Haus, sieht die Tochter zum Fenster hinaus.
Die Türken sagen: Wenn die Mutter nicht da ist, macht die Tochter den Tisch nicht zurecht.
172. Wenn die Mutter nicht züchtig vnd schamhafft ist, so wird es die Tochter nicht sein wollen. – Lehmann, 169, 25.
173. Wenn die Mutter stirbt, löst sich die Familie auf. (Hind.)
174. Wenn die Mutter todt ist, hört der Gruss auf.
Von jemand, dessen Freundschaft nicht länger dauert, als er seinen Vortheil findet. In Italien: Ist die Mutter todt, ist der Vater blind. Und die Russen sagen: Ohne Mutter sind die Kinder gleich den Bienen verloren. (Reinsberg I, 190.)
175. Wenn eine Mutter weint, so sind die Thränen echt.
Die Aegypter sagen: Die Mutter, welche ihr Kind verloren hat, ist nicht gleich dem Weibe, das für Geld weint. (Burckhardt, 617; Reinsberg VI, 26.)
176. Wenn eine Mutter zwei Kinder hat, so ist eine Sau dabei. – Simrock, 8751.
177. Wenn in ere Mueter 's erst Kind stirbt, so soll si d' Stube grösser mache lo. – Sutermeister, 116.
Man nimmt an, dass desto mehr nachkommen.
178. Wenn in ere Mueter 's erst Kind stirbt, so soll si d' Tischdrucke grösser mache lo. – Sutermeister, 116.
179. Wenn in ere Mueter 's erst Kind stirbt, so soll si no grosse Suppeschüssle z'weg mache. – Sutermeister, 116.
180. Wenn man spricht: vnser Mutter ist ein Braut, das gehet hin; wenn man aber sagt: vnser Grossmutter ist ein Braut, das laut vbel. – Henisch, 487, 42.
181. Wer dein muetter ein hur, der vatter ein dieb, noch hettstu gelt, so werest lieb. – Franck, I, 81a; Petri, II, 697; Henisch, 1476, 6; Gruter, I, 79; Egenolff, 339a; Theatrum Diabolorum, 539b; Latendorf II, 28; Schweiz, II, 243, 5.
[812] 182. Wer der Mutter nicht folgt, muss der Stiefmutter folgen.
Auch baskisch und bergamaskisch. (Reinsberg I, 190.)
Dän.: Hvo ei vil lyde moder, skal lyde stif-moder. (Prov. dan., 398.)
Engl.: He that will not be ruled hy his own dame, must be ruled by his step-dame. (Bohn II, 84.)
Schwed.: Den intet lyder moor, han måste lyda styfmoor. (Grubb, 111; Törning, 78.)
183. Wer die Mutter bessert, bessert auch das Kind. – Graf, 164, 138.
Wer eine unverheirathete Frauensperson, mit der er ein Kind gewonnen hat, heirathet, macht sie dadurch zur Ehefrau und das Kind zu einem rechten Ehekinde.
Westgoth.: Thy han baettrae tha kononae tha baettrae thi han ok barnit. (Collin und Schlyter, Corpus juris Sueogothorum antiqui, Stockholm 1827, II, 12.)
184. Wer die Mutter mit der Tochter nimmt, dem wird es an Unterhaltung nicht fehlen.
Böhm.: Nepojímej matky s dcerou at', hlavy nesperou. – Vezmi matku s dcerou, hlavičku ti sperou. (Čelakovský, 385.)
185. Wer für seiner Mutter Kind (d.i. für sich selbst) sorgt, der sorgt nicht vergeblich.
Mhd.: Die zijn moeders kind bewaard, beward geen rotten appel. (Kramer, Holl.-deutsches Wörterb., Leipzig 1759, I, 1439.)
186. Wer gut bei der Mutter steht, dem die Tochter nicht entgeht. – Lohrengel, I, 846.
187. Wer hat seine Mutter nicht beschissen?
Bei Tunnicius (627): We en heft syne moder nicht beschetten. (Quis gremium matris foedavit stercore nullo?)
188. Wer kan jeder Mutter ein fromb Kind ziehen. – Lehmann, 129, 19; Petri, II, 727; Chaos, 158.
189. Wer mehr als deine Mutter dich lieben will, thut nichts, als er schickt dich zum April.
190. Wêr' min Moder ok 'ne Zêg und ik hedd man goden Dêg. – Globus, VIII.
Wäre meine Mutter auch eine Ziege, und ich hätte nur gut Gedeihen. Um zu sagen, dass persönlicher Werth eine niedere Abkunft aufwiegt.
191. Wer nich wil der Muter parêren, de mot den Kalffelle parêren. (S. ⇒ Vater.) – Schambach, I, 28.
Rührt aus der Zeit her, wo sich die Heere aus ungerathenen Söhnen, überhaupt aus Menschen, die zu keinem andern Beruf etwas taugten, zu ergänzen pflegten.
192. Wer nicht Mutter ist, kann nicht Mutter sein.
193. Wer seine Mutter betrübt, der ist verflucht. – Petri, II, 753.
194. Wessen Mutter das hitzige Fieber und wessen Vater das kalte Fieber ist, woher soll dem Gesundheit kommen? – Burckhardt, 623.
Von den Leiden der Kinder, die aus dem entgegengesetzten Charakter der Aeltern erwachsen.
195. Wie die Mutter das Lied angestimmt, so singt es die Tochter.
Die Finnen: Was die Mutter singt, das lallt das Kind. (Bertram, 60.)
196. Wie die Mutter Gottes übers Gebirge geht, so kehrt sie wieder zurück.
197. Wie die Mutter singt, so stimmen die Töchter ein.
Die Letten: Trillert die Mutter, so jodeln die Töchter. (Altmann VI, 397; Reinsberg VII, 88.) Die Russen: Hüpft die Mutter, so springen die Töchter. (Altmann VI, 477.)
198. Wie die Mutter, so auch die Kinder. – Coler, 586b.
Lat.: Fortes creantur fortibus.
199. Wie die Mutter, so die Tochter. – Gaal, 526; Eiselein, 480; Struve, I, 40; Oec. rur., 573; Parömiakon, 747; Reinsberg I, 106; VII, 32.
Abraham a Sancta Clara (Judas der Erzschelm, I) sagt: »Ist die Mutter faul, wie ein Sommergaul, ist die Mutter stolz, wie ein Lederholz, ist die Mutter eine Bulen, wie die Venusschulen, ist die Mutter im Trinken, wie im Sommer die Finken; so wird die Tochter selten anders sein.« Dies Sprichwort gehört, wie Apfel 14 u.v.a. zu denen, welche behaupten, dass die älterliche Natur mit ihren Eigenheiten auf die Nachkommen übertragen werde. Dieser wichtige Gegenstand findet eine gründliche Erörterung im bejahenden Sinne in der 1865 in Petersburg erschienenen Schrift: Ueber die Vererbung der Lebensformen, Eigenschaften und Fähigkeiten organischer Wesen auf ihre Nachkommen, in Bezug auf Physiologie und praktische Heilkunst von K. von Seidlitz. »Die Vererbung«, sagt er, »bietet unerschöpflichen Stoff zum Nachdenken. Während der Naturforscher ihre Wirkung als etwas Gegebenes betrachtet, indem er Formtypen, welche in gleicher Eigenthüm lichkeit [813] sich erhalten und vererben, als Grund der Eintheilung von Pflanzen und Thieren in Klassen, Ordnungen, Gattungen und Arten benutzt, glaubt der Pädagoge ihren Wirkungen durch geistige und körperliche ›Zucht‹ entgegenarbeiten zu können. Während der Staatsmann ihre tugendspendende Wirkung durch viele Generationen hindurch schon im Säuglinge mit ›Standesvorrechten‹ anerkennt und verehrt, lässt der Romantiker achtbare Persönlichkeiten, wegen der Handlung ihrer Ahnen einem unerbittlichen ›Schicksal‹ verfallen. Während der Heilkünstler mitleidsvoll seine Kranken von angeerbten Uebeln zu heilen und künftige Generationen vor solchen zu bewahren strebt, verdammt der Theologe das Kind im Mutterleibe wegen Cardinalvererbung der ›Erbsünde‹«. Unter Vererbung versteht der Verfasser »die durch Zeugung in die Keime der Nachkommen gelegte Anlage zur Entwickelung der älterlichen Lebensformen und Eigenschaften«, was Darwin »natürliche Züchtung« nennt. Er bezeichnet sie als »eine fundamentale Eigenschaft des organischen Stoffs« und spricht von einer Vererbungskraft, die nach, freilich uns noch unbekannten, Gesetzen wirkt. Diese Vererbungskraft, die aber durchaus nicht etwas von der organisirten Materie gelegentlich Trennbares sein soll, ist es nun, die »in der grossen organischen Lebensmasse den Grundtypus ihrer specifischen Organisation festhält und die Fähigkeit seiner Fortdauer auf unberechenbare Zeit hinaus auch in die Keime der Nachkommenschaft pflanzt«, die aber auch macht, dass »individuelle, neu erworbene Lebensformen, seien sie noch so unbedeutend, sich in den Nachkommen wiederholen und nach vielmaliger Wiederholung gelegentlich fest in den Organisationstypus der Wesen einsetzen. Bei den Menschen ist die Erbfolge der Lebensformen aber ausserordentlich verwirrt, weil die Vermischung der Rassen, der Familien, der Individuen frei von statten geht und oft ganz unberechenbare Factoren eingeschoben hat.« (Vgl. darüber auch: Die Natur, Halle 1865, Nr. 51, im Literaturbl., Nr. 2.) Wie Maria ist, sagen die Spanier, erzieht sie ihre Tochter. – Die faule Mutter macht ihre Tochter zur Courtisane. (Reinsberg I, 107.) Die Russen: Mütterchen, sei nur die Ladoga, so wirst du auch die Newa gebären. (Altmann V, 79.)
Böhm.: Jaká matka, taková dcerka. – Jaká matka, taková katka. (Čelakovský, 403.)
Frz.: Au train de la mère la fille. (Leroux, I, 152.) – De bon plant plante ta vigne, de bonne mère prends la fille. (Masson, 180.) – La fille suit le chemin de la mère. (Gaal, 1526.) – Telle mère, telle fille. (Kritzinger, 452b.)
Holl.: Zoo moeder, zoo dochter. (Harrebomée, II, 92b.)
It.: Qual è la madre, tal è la figliuola. (Gaal, 1526.)
Kroat.: Kakva mati, takva kći; kakov otec, takov sin. (Čelakovský, 403.)
Lat.: Filius ut patri, similis sic filia matri. (Gaal, 1526.) – Matrem sequimini porci. (Eiselein, 480.)
Schwed.: Dotteren träder giärna i modrens särk. (Grubb, 154.)
Ung.: Minő az annya, olyan a leánya. (Gaal, 1526.)
200. Wie eine Mutter, liebt niemand auf Erden. (Mail.)
201. Wo die Mutter (Natur) nichts gethan, wird der Hof(Schul-)meister wenig Ehre han.
202. Wo die Mutter uns ist, sind die Kinder gar unser. – Graf, 59, 230.
Ist die Mutter unfrei, so sind es auch die Kinder; doch finden auch davon Ausnahmen statt, da oft das jüngste Kind, wenn auch die Mutter unfrei war, dem Vater folgte.
Mhd.: Wo die muter vnns ist da sint die kind gar vnnser. (Grimm, III, 638.)
203. Zärtliche Mutter, grindige Tochter.
*204. Ach, Mudder, all dit Gêle. (Pommern.)
Ach Mutter, all dies Gelbe. Scherzhafte Verwunderung über die Menge von irgendetwas.
*205. Achter Moders Kohlpott (Mûspott) sittn blibn. – Eichwald, 1092.
*206. Af Mutters Fülli rite. (Luzern.)
Zu Fuss gehen.
*207. An anneri Motter hat a (auch) a liabes Kind. (Franken.) – Frommann, VI, 320, 281.
Damit tröstet sich, wer einen Korb erhalten hat.
*208. Ar fêrt (fährt) seiner Mutter wider 's Maul. (Franken.) – Frommann, VI, 321, 282.
Er widerbellt.
*209. Bei der Mutter bleiben. – Eiselein, 480.
Holl.: Hij blijft bij moeder t'huis. ( Harrebomée, II, 91a.)
Lat.: Apud matrem manere. (Eiselein, 480.)
*210. Brüd dine Moder nig. – Dähnert, 309a.
Lass alte Leute ungeneckt. (S. ⇒ Brüden.)
*211. Da geht die Mutter vom Kinde. – Klix, 46.
*212. Das is aane von unsern Müttern (jüdisch: Jonnohes). – Tendlau, 6.
Zur Bezeichnung einer würdigen und mildthätigen Frau.
[814] *213. Dat äs ärer Motter är Duechter. (Siebenbürg.-sächs.)
*214. Dat geit Moder un Gêske an. – Eichwald, 1317; Bueren, 208; Frommann, II, 538, 186; Kern, 116; Hauskalender, II.
Das sind Frauensachen.
*215. Dat is ên, de sine Moder vor 'ne Hure scheld. – Dähnert, 309a.
Ein roher, bösartiger Mensch.
*216. Dat is Moders Kind wêst. – Dähnert, 309b.
Von einem Mädchen, das bis zur Verheirathung bei der Mutter gewesen ist.
*217. De is sîn Liewe wual nich achter Môrs Potte ekoumen. – Lyra, 109.
*218. De Mutter Goedes drüget de Windeln. (Westf.)
Wenn es bei Sonnenschein regnet.
*219. Den hat keine deutsche Mutter gestillt.
Dän.: Saa fremt jeg har diet en danne-kone for sød melk. Und im Gegentheil: Saa sandt som jeg har diet en hore. (Prov. dan., 106.)
*220. Die muter sagt es. – Tappius, 90a; Eyering, II, 303.
*221. Die Mutter davon ist gestorben.
Von einer sehr seltenen Sache.
*222. Die Mutter hot em's (hat ihm das) Klapperle nich umsunst ongehangen. – Robinson, 349; Gomolcke, 349.
*223. Die Mutter sagt: dieser sei sein Vater.
*224. Dô schöckt d'r dein' Mutter an'n Schôfkâs.
So sagen die Knaben in der Umgegend von Böhmisch Friedland, wenn einer dem andern von hinten einen Kniestoss versetzt.
*225. Einen zu Muttern bringen.
Die Römer hatten, um zu sagen, dass jemand nicht bei Sinnen und deshalb zur Ueberwachung zu seinen Verwandten u.s.w. zu bringen sei, die Redensart: Ad agnatos et gentiles deducere. (Varro.) (Faselius, 5; Wiegand, 781.)
*226. Er hat d' Muoter Gottes ufm Huot und der Tifol im Herz. – Sutermeister, 82.
Von einem heuchlerischen, durchtriebenen, unsaubern Gesellen, vor dem man sich zu hüten hat. Zur Charakterisirung solcher Leute in ihren verschiedenen Erscheinungsformen, finden sich a.a.O. noch folgende schweizer Redensarten: Es ist z'verglîche, wie wenn der Tüfel us mene Engelsfäcke'n use luegti. Er springt alli Tag i d' Chilche und bätet der läderig Heiland a. Er ist en Gottesträppeler. I wett lieber sie Bätbuech si as si Ross. Er het in einer Hang 's Bätli u i der angere der Teufel. Er thuet wie de heilig Geist. Er ist wäger kei Helgli, wenn er schoe so thuet. Er ist en Christ wie'n e Lûs. Er ist sündefrei wie'n e Krott. Er ist nid sûber am Kittel. Er ist nid sûber über d' Läbere. Er ist nid sûber überds Nierestuck. Er ist nit flete über d' Lebra (Wallis). Er ist nid de Pröperst. Er ist so sûber wie's junge Kindlis Bettli. Sie ist so süfer wie d' Kuh am Wadel.
*227. Er hat es von seiner Mutter geerbt, was ihr auf Schulen schwerlich erwerbt.
*228. Er hat noch etwas von seiner Mutter Milch im Leibe. – Eiselein, 480.
*229. Er hat seine Mutter geküsst.
Scherzhaft von einem, der mit der Nase auf die Erde gefallen ist, weil diese unser aller Mutter ist.
Holl.: Hij heeft zijne moeder gekust. (Harrebomée, II, 91b.)
*230. Er ist seiner muter sun wie ein geyss. – Franck, II, 74a; Egenolff, 66a; Eyering, II, 363; Henisch, 1444, 15; Körte, 4368.
Lat.: Matris ut capra dicitur. (Philippi, I, 242; Egenolff, 66a.)
*231. Er ist seiner muter wol bekant, dann er gedenckt jhrer offt. – Franck, II, 74a; Tappius, 89b; Eyering, II, 363; Eiselein, 481.
*232. Er ist seiner Mutter Herzpünktlein.
Holl.: Hij is moeders hartlap. (Harrebomée, II, 91b.)
*233. Er ist seiner Mutter zu früh entlaufen.
Holl.: Hij is al te vroeg van zijne moeder genomen. (Harrebomée, II, 91b.)
*234. Er ist zu seiner Mutter gekommen, wie die Laus in den Pelz.
Holl.: Hij is zijne moeder besch... t' huis gekomen. – Hij is zijne moeder in't eind al t' huis gekomen. (Harrebomée, II, 91b.)
*235. Er sitzt bei seiner Mutter Breitopf.
Holl.: Hij zit altijd bij moeders pappot. – Hij zit maar bij moeder te koekeloeren. (Harrebomée, II, 91b.)
*236. Er will es Muttern klagen.
Die Mutter soll ja für Muttersöhnchen stets ein »Hilf mir aus der Noth« haben.
[815] *237. Er will seine Mutter lehren Kinder gebären (erziehen).
*238. Geh dîn' Môder brüden (s.d.). – Simplic., III, 139.
»Du böse Bof (Bube) ik sall die leeren flocken, de Tüfel hal di dann; ick sall di im Arse lecken; ick sall di leeren dine Mour brühen.« (Simplic., 510; III, 139.) – »Gesetz dich nur hin, brühe deine Mutter. « Auch im Niederdeutschen: Brüd' din Moder. (S. ⇒ Brüden.)
*239. Hätte seine Mutter ihn nie geboren.
Jüdisch-deutsche Redensart in Warschau als Verwünschung: Sollst gewesen ausrinnen in der Mame's Bauch.
*240. Hilf, schwarze Mutter Gottes. – Eiselein, 480; Reinsberg V, 82.
In Einsiedeln (Canton Schwyz) ist ein sogenanntes wunderthätiges Marienbild, dessen Gesicht und Hände schwarz sind und das vom gläubigen Volke nie anders als mit obigen Worten angeredet wird.
*241. I bi miner Mueter nid a de Zehe g'wachse. – Sutermeister, 105; hochdeutsch bei Simrock, 7223a.
*242. Ich bin meinr mutter eben so sawr worden als du. – Franck, II, 90a.
*243. Meine Frau Mutter war eine von Roll.
Lat.: Stultibus in stultis stultantibus omnibus estis, qui me stultavit, stultando stultificavit. (Sutor, 926.)
*244. Meine Mutter hat me in April g'schickt. (Ulm.)
D.h. ich bin am 1. April geboren worden.
*245. Meine Mutter und seine Mutter haben sich an Einer Sonne gewärmt. (S. 129.)
Spott auf sehr dunkle Verwandtschaft. (S. ⇒ Gebäck 2, ⇒ Hund 1746, ⇒ Kuh 619, ⇒ Ochs, ⇒ Suppe, wie ⇒ Kleinbrotl und ⇒ Kleberanftel im Nachtrag.)
Frz.: Cousins à la mode de Bretagne. – Proches-parents d'Eve et d'Adam. (Masson, 358.)
*246. Min Mutta heff an'n Galgen geseicht(?). (Kreuzburg in der Provinz Preussen.)
*247. Mutter, halt a Hund, lust de Kotze loffen. – Robinson, 901; Gomolcke, 799.
*248. Nu schla di de Moer in de Mengselpott. (Ostfries.) – Bueren, 936; Hauskalender, III.
*249. Rietz, Mudder, de Landwehr kümmt. (Pommern.)
Fr. Hasenow bemerkt dazu: »Man kann oft auf die Frage: Was bedeutet das? hören: I, das is man so'n Sprêkwort; so, dass Sprichwort als Naturlaut gedacht wird, der sich mit andern Worten nicht erklären lässt und der Erklärung nicht bedarf, das man verstanden haben muss, um es zu verstehen. In seiner vielseitigen Anwendung und seinem häufigen anwendungslosen Gebrauch ist das vorstehende Wort in diesem Volkssinne recht sehr ein Sprichwort; oft nur ein Jodler oder Juchzer, zuweilen neckischer Willkomm für einen lieben Gast, bisweilen die Ankündigung: Nun soll es hoch hergehen, soll was draufgehen; dann begreiflicherweise auch Lieblingswort der Landwehr selbst und als solches im vorigen Jahre (1866) bis zum Ueberdruss gehört.«
*250. Sechs (solches) kocht meine Mutter nicht. (Harz.) – Lohrengel, II, 429.
Derartiges (wovon eben die Rede) bin ich nicht gewohnt.
*251. Seine Mutter hat sich an einem Ladstecken versehen. – Chaos, 527.
Von einem hagern, fleischlosen, dürren Menschen, von dem sich a.a.O. folgende Schilderung findet: »Du bist so schmal, lang und subtil wie die Linie so Apelles und Protogenes gezogen; die Künstler, so die Flöh an die Ketten legen, sollen dich schwerlich fangen. Du bist so durchsichtig, als ein altes halb eingefallenes Haus und so ausgedörrt, dass man deine Gebeine für Schwefelholz gebrauchen kunte. Gehe in den Schatten, dass dich die Sonne nit anzünde, und Unglück daraus entstunde, wenn du bei einem Zeughause vorbeigingest. Vor dem Wasser darfst du dich nicht fürchten, denn du bist so leicht, dass dich nit könnst untertauchen. Du hast die drei menschliche Geschlechtsfeind überwunden: das Fleisch ist von dir gewichen, die Welt erschröcket und forchtet sich vor dir, dem Satan hast du nichts als etliche läre beiner abzunagen überlassen. Führt dich der Wind nit hinwek, so hast du Gefahr, weil du schattenartig herumb wallest; aber nach deinem Tode werden sich die Kamplmacher, Beindrexler und Messerer umb deine magere Verlassenschafft reissen.«
*252. Seine Mutter hat sich an einer Beisszange versehen. – Parömiakon, 2169.
Er hat eine ungewöhnliche Vorliebe für fremdes Eigenthum. (Etwas für Alle, II.)
*253. Seine Mutter ist1 vor einer Ente erschrocken.
1) Während der Schwangerschaft. – Von beständig durstigen Menschen.
[816] *254. Seiner Mutter Hühner fliegen nicht so hoch (weit).
So hoch, so weit denkt er nicht.
Holl.: Zijn moeders hoenderen vliegen zoo ver niet. (Harrebomée, II, 92b.)
*255. Sie ist ihrer Mutter Tochter.
Engl.: She hath a mark after her mother. (Bohn II, 170.)
*256. Sie sind nicht von Einer Mutter.
Böhm.: Nezrodila nás jedna matka. (Čelakovský, 201.)
*257. So machte es meine selige Mutter, wenn sie schlafen ging.
Zu jemand, der beim Lichtputzen auslöscht.
258. Als ich noch bei Muttern war, sagte das Mädchen, konnte ich nähen ganz und gar; allein die Stiche machte sie, doch ich fädelte die Nadel ein. – Schuller, 44.
259. Arme Mutter, geschickte Tochter.
It.: La madre misera fa la figliuola valente. (Giani, 957.)
260. Blanke Mütter und Belias-Schwestern (Hexen). – Döpler, I, 397.
261. Die Mutter versteht auch ein stummes Kind.
It.: La madre intende il figlio muto. (Giani, 956.)
262. Drauf auf die Mutter, solange sie jung ist.
Ermunterung beim Spiel.
263. Einer Mutter Hand bricht keine Knochen. – Heimat, 618.
264. Gute Mutter fragt nicht lang, denn sie gibt nach Herzensdrang.
It.: La buona madre non dice: volete? (Giani, 953.)
265. Ich kann nicht nur Mutter, ich kann auch Katz sagen. – Auerbach, Dorfgeschichten, IV, 41.
Mutter, ein Ausdruck beim Schmeicheln, Katz' – beim Verscheuchen einer Katze.
266. Kein muter nie so böse was, sie wolt jhr tochter thete bas.
Lat.: Ut bona sit nata sua, vult mater violata. (Loci comm., 152.)
267. Mall Mutter, mall Kind. – Schlesw.-Holst. Schulzeitung, 1878, Nr. 8.
268. Mutter, sagte das Mädchen, was ist das? mir ist der Arsch so nass?
Man lässt dies ein Mädchen sagen, das zum erstenmal seine monatliche Reinigung bekommt. Da die Rede [1621] aber an der deutsch-polnischen Grenze gebräuchlich ist, so wird die von Polen oft gethane Frage: »co to jest!« verspottet: Moja matka co to jest? Moja dupa mokra jest.
269. Mutter, scharr weg, fîf Gille öss e Dahler. – Frischbier, 3255.
Scherzhafte Redensart bei Empfangnahme von Geld oder auch bei falscher Berechnung.
270. Mutter und Vater findest du nicht, doch Weiber soviel als dir eben gebricht. – Schuller, 44.
271. Schlägt dich nicht die Mutter beizeiten, so kriegst du dann Haue von andern Leuten. (Rumänisch.) – Neue Freie Presse, 4581.
272. Soll ich vielleicht die Mutter holen, fragte Hans, als der Vater sagte: wenn ich meine Beisszange hier hätte, so wäre der Nagel gleich heraus. – Philadelph. Sonntags-Journal vom 3. Februar 1878.
273. Wenn die Mutter todt, ist der Vater blind.
It.: Madre morta, padre cieco. (Giani, 952.)
274. Wenn meine Mutter Spörkel brat't, so lacht mi de Bart. – Frischbier, 3573.
275. Wer seiner Mutter nicht folgt, der muss dem Kalbfell folgen.
276. Wo die Mutter hinschlägt, da wächst Fleisch. (Rumänisch.) – Neue Freie Presse, 4581.
*277. Da habt ihr's, Mutter, beseht's.
»Sagt ich's nicht? hab' ich nicht geschrieben: du sollst aufrichtig sein?« (Hermes, VI, 215.)
*278. Das ist nichts für meiner Mutter Sohn.
Ist nicht für mich, sagt mir nicht zu.
*279. Deiner Mutter Kuh Bruder war e Ochs. (Rheinpfalz.)
*280. Die Mutter eines feigen Sohnes hat nicht geweint. – Merx, 12.
*281. Mutter der Compagnie.
So wird der Feldwebel nicht mit Unrecht genannt, wenn er seine Kinder, nämlich die Compagnie, auf eine Weise in Ordnung hält, dass dem »Vater«, dem Hauptmann, und seinen Gehilfen, den Lieutenants, sehr wenig zu thun übrig bleibt. (Bohemia 1876, Nr. 19.)
*282. Mutter sein heisst Dulderin sein.
It.: Madre vuol dir martire. (Giani, 955.)
*283. Sich unter der Mutter Schürze flüchten.
Jüd.-deutsch: Er halt sich zü bei der Mame's Fartech (Vortuch, Schürze). Er deckt sich durch das Ansehen anderer, gleichsam ein Kind, welches der Strafe entgeht, wenn es zur Mutter flüchtet.
Adelung-1793: Mutter (4), die · Mutter-Elexier, das · Mutter-Essenz, die · Mutter (1), der · Mutter (2), die · Mutter (3), die
Brockhaus-1911: Mutter Gottes · Mutter · Ilia, Mutter des Romulus und Remus
DamenConvLex-1834: Olympias, Mutter Alexanders des Großen · Veturia, Coriolan's Mutter · Natalie Kyrillowna, Mutter Peter des Großen · Maria, Mutter Jesu · Mutter
Pataky-1898: Mutter, unsere · Frau, Gattin u. Mutter, die christliche
Pierer-1857: Mutter [1] · Mutter [2] · Arme der Mutter Gottes der gottseligen Schulen · Mutter Gottes
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