Schweden [2]

[548] Schweden (Gesch.). S. war unter den Alten den Griechen gar nicht bekannt; die Römer hatten erst in der Kaiserzeit einige Kunde von Land u. Leuten, sie hielten das Land für eine Insel, welche schon Plinius Scandia od. Scandinavia nennt u. von den Hilleviones bewohnt sein läßt, während Tacitus die Bewohner Suiones (s.d.) nennt, sie zu den Germanen rechnet u. in mehre Stämme getheilt sein läßt; Ptolemäus nennt im Westen die Chädini, im Süden die Gutä u. Dauciones, im Osten die Favonä u. Firäsi, im Innern die Levoni. Später erscheinen zwei Hauptstämme in der südlichen Hälfte des jetzigen S., von denen südlich in Götaland die Gothen u. zwar, zum Unterschied von den Guthans in Germanien, Götar, Gautar, Gautos (Godthiod) genannt, nördlich in Swealand die Swiar, Suethans (Swithiod) saßen; in der nördlichen Hälfte in Helsingen hausten Finnen. Aus Götaland sollen nach unverbürgter Sage Gothen nach dem Continent gewandert u. später nach der Weichsel gegangen sein (s.u. Gothen S. 496). Unter den Häuptlingen der Schwedenstämme ragten die zu Upsala hervor u. berühmt war bes. Gylfe (s.d.) im 2. Jahrh. v. Chr., unter dessen Regierung Odin (s.d.) aus Gardarike (s.d.) nach S. kam. Da Gylfe keine Söhne hatte, so nahm er Odin als Mitregenten an u. trat ihm später die Regierung ganz ab. Odin nahm seinen Sitz am Mälarsee bei Sigtuna u. führte Dienst u. Opfer der Asen (s.d.), das Verbrennen der Todten, das Aufwerfen von Hügeln zum Andenken von Helden (Attahögar), die Errichtung großer Denksteine (Bautasteinar), den Gebrauch der Runen u.v.a. ein. An ihn steuerte ganz S., wofür er den Feind abwehren u. zur Erzielung guter Ernten opfern mußte. Nach seinem Tode übernahm Niord die Obergewalt mit Beibehaltung des Oberpriesteramts, u. unter ihm waren gute Zeiten in S. Ihm folgte sein Sohn Frey od. Ingo, noch welchem sich die erste Dynastie der Upsalakönige Ynglinger nannte; er haute das große Götterbausin (Alt-)Upsala u. nahm daselbst seinen Sitz. Die Oberkönige (Thiodkonungar od. Enwåldshöfdingar) in Upsala waren erblich u. bezogen die Einkünste von den dortigen Tempelgütern (Upsala-Öde), von den Unterthanen nur Strafgelder u. eine Entschädigung bei Kriegszügen Reben dem Oberkönig standen besondere Gaukönige (Härads- od. Fylkiskkonungar), welche dem Oberkönig in seinen Kriegen Heeresfolge u. Gehorsam leisten mußten, sonst aber auf eigene Faust Beutezüge unternahmen. Die Gesetzgebung stand der Versammlung der Freien zu. Die Königsreihe der Ynglinger nach Ingo ist: Fjoiner, unter welchem das Zeitalter des Friedens endigte u. Krieg über das Land gebracht ward u. welcher seinen Tod bei einem Gastmahl des dänischen Königs Frode fand, wo er trunken in eine Methkuse stürzte; Swerkr (Swegder), welcher einen Zug nach Esthland unternahm; Waland, welcher im Schlafe von einem bösen Geiste erwürgt wurde; Wisbur, dessen Söhne sich gegen ihn empörten u. lebendig mit seinem Palast verbrannten; Domald; Domar; Dyggve, im 3. Jahrh., welcher zuerst den Namen eines Oberkönigs von Upsala geführt haben soll; Dag der Weise, welcher gegen die Dänen fiel; Alrich, welchen sein Bruder Erich mit einem Zügel schlug, daß er starb; Alrichs Sohn Agne od. Ingemar der Schiffreiche, welchen seine Gemahlin, die Tochter eines finnischen von ihm erschlagenen Häuptlings, zur Rache tödtete, indem sie ihn bei Agnasit (j. Stockholm) mit einer goldenen Kette an einen Baum hängte. Ihm folgte sein Sohn Ingialdr; diesen erstach sein eigener Bruder Alfr aus Eifersucht wegen seiner Gemahlin Bera bei Tafel, empfing aber zugleich auch von ihm den Todesstreich. Alfs Sohn, Hugleik, setzte sich nun auf den Thron, wurde aber von einem Norweger vertrieben, welcher nun bis gegen Ende des 4. Jahrh. regierte. Er fiel im Kampfe gegen Jorundr, Ingiaids Sohn, dieser wurde nun König u. im Kriege gegen die Dänen bei Oddasund od. Limafjord besiegt, gefangen u. gehenkt. Dessen Sohn Hako erreichte ein sehr hohes Alter, so daß er zuletzt 9 Jahre lang nichts als Milch aus einem Trinkhorn, wie ein Kind, genießen konnte. Für seinen Sohn Egil führte sein Diener Tonne, der Schatzmeister seines Vaters, die Regierung, siegte mit dem König in acht inneren Kriegen, blieb aber in dem neunten, u. bald starb auch der König Egil, welchen ein wilder Stier gestoßen hatte. Sein Sohn Ottar Wendilkraka wurde von dem Dänen Ottar vergiftet, u. dessen Nachfolger war Adils, welcher mit Ali, König von Norwegen, in Krieg lag, worin ihn sein Stiefsohn Rolf Kraki unterstützte, u. bei einem Götterfest vom Pferde stürzte u. starb. Seinen Sohn u. Nachfolger Östen (Eysten) verbrannten die Gothen mit seinen Leuten in einem Hause. Yngwar, im 6 Jahrh., schloß mit Dänemark Frieden, unterwarf sich Esthland u. andere Länder in Rußland u. wurde endlich dort erschlagen. Sein Sohn, Braut Anund, ließ Wälder ausroden u. Straßen u. Höfe anlegen, welche er zu gewissen Zeiten besuchte. Auf einer solchen Reise wurde er im 6. Jahre seiner Regierung mit seinem Gefolge von einem Bergsturz erschlagen. Ihm folgte sein Sohn Ingjald Illiråda (d.i. schlimmer Herrscher); er fand das Reich sehr zertheilt, ließ, um diesem Übelstand abzuhelfen, mehre Unterkönigeermorden u. sechs andere, welche er nach Upsala eingeladen hatte, dort mit ihren Jarlen verbrennen u. setzte nun von ihm abhängige Häuptlinge in deren Land. Seine Tochter Åsa war an König Gudriod in Schonen verheirathet; dieser ermordete erst auf ihre Eingebung ihren Bruder Halfdan, dann erschlug sie ihren Gemahl selbst u. floh nach Upsala zu ihrem Vater. Um Rache zu nehmen, griff der Dänenkönig Ivar Vidfamne den Ingjald an, u. da sich derselbe von dem Volke verlassen sah, machte er alle seine Leute betrunken u. verbrannte sich mit ihnen u. Åsa bei dem Dorfe Ränninge auf einer Insel im Mälarsee. Mit ihm erlosch das Geschlecht der Ynglinger; denn sein Sohn Olaf Tretelgja war verhaßt, wie sein Vater, u. mußte nach Norwegen auswandern, s. Norwegen (Gesch. S. 124). Zur Zeit der Ynglinger hatten auch die Dänen Eroberungen in Südschweden gemacht, wo ihnen Hallin, Schonen u. Blekingen gehörten.

Ivar Vidfamne, d.i. der Weitgereiste, König von Schonen, damals einem eignen Reiche, unterwarf sich S.u. Dänemark (s.d. [Gesch.] S. 697) u. wurde durch seine Tochter Öda. Gemahlin des Skioldungen Hrörik von Dänemark, Stammvater der Dynastie der Skioldunger in S. Sein nächster Nachfolger war sein Enkel Harald Hildetand, Sohn Hröriks u. der Öda. Dieser setzte Sigurd Ring, den Sohn seines Stiefbruders Randver, als König von Upsala ein, fiel aber gegen denselben auf der Bravallahaide, u. Sigurd vereinigte mit S. wieder Dänemark. Nach Einigen regierte dessen Sohn Ragnar Lodbrok auch über beide Länder, nach Andern folgte Haralds Sohn Eysten in S., welcher von Ragnars Söhnen[548] bekriegt u. getödtet wurde, worauf einer derselben, Björn I. Jernsida (Eisenseite) S. erhielt. Er hatte schon in seiner Jugend mit seinen Brüdern Streifzüge nach Frankreich, Italien, Spanien u. England gemacht u. setzte diese fort, während Unterkönige das Reich verwalteten. Ihm folgte in der Regierung Erich II. u. Refil u. darauf des Letztern Sohn Erich III. Bis hierher stimmen die Königsverzeichnisse wenig überein, ein Zeichen, daß mehre Könige gleichzeitig regierten, bes. besaßen damals die Seekönige große Macht. Nach Erich III. regierten Erichs II. Söhne Emund u. Björn II. auf. Håga, an des Letztern Hofe hielt sich der Skalde Brage auf; unter Björn, der seinen Bruder Emund vertrieb, kamen 830 (829) die ersten Missionäre, St. Anschar u. Witmar, nach S.u. predigten zu Biarka, einem reichen Hafenplatze am Mälarsee, das Christenthum; nach anderthalbjähriger erfolgreicher Wirksamkeit kehrten sie nach Deutschland zurück, doch wurde von dem neugegründeten Erzbisthum zu Hamburg aus die Missionsthätigkeit in S. fortgesetzt u. 834 Gautbert als erster Bischof mit seinem Neffen Nithard nach Biarka gesendet, wo er die erste christliche Kirche baute. Aber von den heidnischen Priestern aufgeregt, erhob sich das Volk gegen die Missionäre u. erschlug Nithard, Gautbert aber mußte fliehen u. das Land verlassen. Sieben Jahre später ging Ardgar als Missionär nach S., welcher durch den Schweden Herigar, auf dessen Hofe schon Anschar Aufnahme gefunden hatte, in der Predigt des Christenthums unterstützt wurde, kehrte aber 850, nach Herigars Tode, nach Deutschland zurück Während Ardgars Aufenthalt in Schweden wurde auch Emund von den Dänen nach S. zurückgeführt. Um die sich allmälig wieder lösenden Verhältnisse der Christlichen Kirche von Neuem zu befestigen, unternahm St. Anschar selbst 853 (nach Andern 860) eine zweite Reise nach Biarka u. es gelang ihm von dem König Olaf Duldung für die Christen zugesagt zu erhalten. Aber der Missionsposten dort war sehr beschwerlich, daher die Prediger oft wechselten u. weshalb die christliche Sache nicht recht gedieh; erst Rimbert, Anschars Schüler, predigte mit Ernst u. Ausdauer das Evangelium, aber nach ihm verfiel die Kirche wieder ganz. Auf Emund folgte als König Erich IV., welcher Finnland, Karelen, Esthland u. Kurland (nachher die alten Steuerländer S-s genannt) unterwarf, seine Herrschaft auch über die Gothen ausdehnte u. den Theil von Norwegen, welcher früher Ragnar Lodbrok gehörte hatte, eroberte. Dieses Besitzthum verlor er später wieder an Harald Harfagr, mit welchem er bis an sein Ende um Wermeland kämpfte. Nach seinem Tode 885 folgte sein Sohn Björn III. der Alte, ein trefflicher König, welcher nach 50jähriger Regierung (st. 935) das Reich seinen Söhnen Erich V. Segersäll (dem Siegreichen) u. Olaf II. übergab; sie regierten gemeinschaftlich bis zu des Letztern Tode, dann Erich allein bis 993. Nach anderen Nachrichten regierte 935 König Ring, zu welchem in diesem Jahre der Erzbischof Unni von Bremen selbst kam, um die christliche Kirche wieder herzustellen; Unni starb, nachdem ihm dies gelungen war u. er auch viele Schweden u. Gothen getauft hatte, 936 in Biarka. Björn IV., Sohn Olafs, war bei seines Vaters Tode noch Kind u. sein Oheim Erich VI. für ihn Reichsverweser; er machte sich aber schon als Knabe durch Rohheit u. Jähzorn so verhaßt, daß das Volk ihn nicht zum König wollte. Sein Pflegevater schickte ihn daher auf Reisen, wo er sich Schätze erwarb u. bald mit Schiffen u. Mannschaft zurückkam, um die Krone zu erringen. Erich VI. bekämpfte ihn, war aber unglücklich, siegte jedoch endlich um 984, nachdem er Odin gelobt hatte sich nach 10 Jahren freiwillig dem Tode zu weihen, in der Schlacht am Fyris bei Upsala, wo Björn selbst umkam. Mit Björn war Harald, Sohn Gorms von Dänemark, nach S. gezogen, u. dies veranlaßte einen Krieg zwischen S.u. Dänemark, in Folge dessen Haralds Sohn, Sven Tveskiäg, aus seinem Reiche fliehen mußte, worauf Erich über Dänemark u. S. bis an seinen Tod herrschte (993). Ihm folgte sein Sohn Olaf III. Skötkonung (Schooßkönig, weil er noch auf dem Schooß getragen wurde, als man ihm die Huldigung leistete); er berief um 1000 den Priester Sigfrid aus England, um sich von ihm taufen zu lassen (was an der Quelle Byrghitte bei Hosaby geschah), u. wurde der erste christliche König S-s; nun wurde das Christenthum im Lande neben dem Heidenthum gesetzlich anerkannt u. Sigfrid, welcher dort blieb, wurde durch seine Bemühung um die Verbreitung des Christenthums, nach Anschar der zweite Apostel S-s. Olafs Mutter Sigrid bewog ihren zweiten Gemahl, den Dänenkönig Sven Tveskiäg, u. ihren Sohn zum Krieg gegen Olaf Tryggvason von Norwegen, u. als dieser in einer Seeschlacht (1000) seinen Tod fand, wurden einige norwegische Provinzen mit S. vereinigt. Olaf, Haralds Sohn, erregte 1008 einen Aufstand in Norwegen, doch da die Schweden den Krieg nicht billigten, so ließ Olaf III. diesen ungeahndet. Als die Norweger dennoch den Krieg fortsetzten, zwang ihn das Volk seinen 12jährigen Sohn Jakob zum Mitregenten anzunehmen. Olaf nannte sich zuerst König von S., er unterdrückte die Unterkönige, ließ Münzen schlagen u.st. 1014. Sein Sohn Anund Jakob wurde durch seinen Schwager Olaf Haraldsson von Norwegen 1030 mit Knut dem Großen von Dänemark in Krieg verwickelt u. verheerte die dänischen Küsten; seine Krieger zwangen ihn jedoch den Bundesgenossen zu verlassen, worauf dieser sein Reich verlor, während Jakob sich mit Glück vertheidigte; er st. 1051. Emund der Alte, des Vorigen Bruder, hatte langwierige Streitigkeiten mit Adalbert von Bremen, kämpfte mit den Dänen wegen Schonen u. fiel 1060; mit ihm erlosch das Haus Ivar Vidfamnes.

Stenkil, Eidam von Anund Jakob u. Sohn des Westgothländischen Jarl Ragwald, wurde nun zum König gewählt; er war ein eifriger Anhänger des Christenthums. Nach seinem Tode 1066 wurde sein Sohn Halstan als König anerkannt. Ihn vertrieb aber eine unzufriedene Partei u. berief Anunder (Ingemundr) aus Rußland; dieser wurde wieder von dem Jarl Hakon dem Rothen aus Westgothland verjagt, welcher nun 13 Jahre regierte, worauf Stenkils zweiter Sohn Inge I. folgte. Die Anhänger des Heidenthums vertrieben ihn nach langer Regierung u. erhoben Swen (Blot Swen. d.h. Opfer-Swen) zum König, auf welchen dann dessen Sohn Kol genannt Erich Årsäll (der Jahrreiche) folgte, aber Juge überwältigte ihn u. wurde wieder König; er führte Krieg mit den Norwegern, welchen der Friede zu Konghält 1101 endigte, u.st. um 1110. Ihm folgten seines Bruders Halstan Söhne, Philipp bis 1118 (n. A. 1122) u. Inge II. bis 1128. Unter Letzterm wurde Smäland 1123 von den Norwegern verheert. Nach dem Erlöschen[549] von Stenkils Geschlecht mit Inge II. im Mannsstamm entstand Streit um die Thronfolge. Die Gothländer wählten den dänischen Prinzen Magnus, Tochtersohn Inges I., die Schweden Ragwald Knaphöfde, d.i. Kurzkopf, Sohn des in mehren Sagen als frühern Königs genannten Olaf Näskonung. Dieser wurde 1129 von den Westgothen gemordet; jener fiel 1134 bei Fotwyk gegen die Dänen.

Nach einer kurzen königslosen Zeitregierte Swerker I., Nachkomme Blot Swens, zuerst von den Ostgothen gewählt; unter ihm wurde der heidnische Götzendienst verboten, die ersten Klöster in S. angelegt (Alwastra, Nydala, Warnhem) u. der Peterspfennig eingeführt. Als 1152 sein Sohn Johann die Schwester des dänischen Statthalters Karl entführte, erschlug das Volk Letztern, die Dänen verheerter aber Småland. Swerker I. fiel 1155 durch Menchelmord. Nun stritten sich sein Sohn Karl u. der schon 1150 von den Schweden zum König gewählte Erich VII. (IX.) der Heilige od. Laggifware (der Gesetzgeber) um die Krone; endlich verglichen sie sich dahin, daß Erich jetzt regieren, Karl aber sein Nachfolger sein sollte. Erich, fromm u. mild, zerstörte vollends den Odinstempel in (Alt-) Upsala, baute eine Kirche an dessen Stelle u. setzte einen Bischof ein; er that 1156 einen Kreuzzug gegen die Finnen, welche fortwährend die schwedischen Küsten als Seeräuber heimsuchten u. verwüsteten, unterwarf Helsingland u. Jemtland, machte von da Eroberungen am Finnischen Meerbusen, schickte schwedische Colonisten dahin (wodurch er den Grund zu der nachmaligen Vereinigung Finnlands mit S. legte) u. führte dort das Christenthum ein. Für die Cultur des Landes u. Volkes in S. war das Christenthum von segensreichen Folgen, der Ackerbau wurde verbessert, Waldungen ausgerodet u. Sümpfe ausgetrocknet, der Handel gesichert u. erweitert, an die Stelle der Runen die Buchstabenschrift eingeführt, die Leibeigenschaft u. die rohen Sitten gemildert; aber die Geistlichkeit gewann auch bald übergroße Macht, welche die Rechte sowohl des Königs als des Volkes beeinträchtigte. Als Erich 1160 gegen den dänischen Prinzen Magnus gefallen war, behauptete sich Karl gegen diesen bes. durch den Beistand der Geistlichkeit, welcher er dafür den Zehnten zugestand u. 1163 das Bisthum Upsala zum Erzbisthum erhob. Er heißt zuerst König der Schweden u. Gothen. Knut, Sohn Erichs des Heiligen, beschuldigte Karln der Theilnahme an der Ermordung seines Vaters, überzog ihn mit Krieg u. tödtete ihn 1168 auf Wisingsö, worauf er selbst König wurde. Unter ihm zerstörten die Finnen u. Esthen Sigtuna, wurde Stockholm gegründet u. erhielten die Bischöfe Zutritt zum Reichsrath. 1195 folgte Swerker II. Karls Sohn, welcher seines Vorgängers Söhne, als sie sich gegen ihn verschworen, bis auf Erich, welcher entfloh, ermorden ließ. Er befreite die Geistlichkeit von Abgaben u. von weltlicher Gerichtsbarkeit. Erich kehrte später zurück u. zwang Swerker nach Dänemark zu fliehen, von wo dieser mit einem großen Herr zurückkehrte, doch 1208 bei Lena eine Niederlage erlitt u. 1210 bei Gestibreen den Tod fand. Unter Erich IX. (X.), Knuts Sohn, welcher zuerst als König gekrönt wurde u. bis 1216 lebte, erfreute sich S. der Ruhe. Sein einziger Sohn, Erich, wurde erst nach des Vaters Tode geboren, daher bestieg Johann I., Swerkers Sohn, unter der Vormundschaft des Erzbischofs Olaf von Upsala den Thron. Er behauptete sich gegen die Dänen u. den Papst mit Hülfe der Geistlichkeit, schickte Missionäre nach Esthland u.st. 1222. Mit ihm erlosch Swerkers Geschlecht. Nun wurde der immer noch minderjährige Erich X. (XI.) der Lispelnde, Sohn Erichs IX., mit Dänemarks Beistand König, u. bis zu seiner Volljährigkeit regierte die Geistlichkeit. 1229 empörte sich sein Schwager Knut, aus dem Hause der Folkunger, besiegte ihn bei Oluström (Alwastra) u. zwang ihn zur Flucht nach Dänemark; Erich kehrte aber mit einem Heere zurück u. besiegte u. tödtete 1233 seinen Gegner bei Sparsetta. Sein Schwager Birger Jarl zwang 1248 die zum Heidenthum zurückgekehrten Finnen wieder zum Christenthum. Erich starb 1250 u. mit ihm erlosch das Erichsche Haus.

Jetzt folgte Waldemar, Sohn Birger Jarls, aus dem Hause der Folkunger; für ihn führte während seiner Minderjährigkeit sein Vater die Regierung, dämpfte 1251 die Empörung einiger nach der Krone strebenden Stammvettern, führte den allgemeinen Landfrieden (Edföre) ein, gab mehre zweckmäßige Gesetze über Erbschaft, Schuldbeweis etc., u. ließ 1255 Stockholm befestigen. Seinen jüngeren Söhnen theilte er eigene Herzogthümer zu; Magnus erhielt Södermanland, Bengt, welcher Geistlicher war, Finnland; Erichs Lehn ist nicht genannt. Nach Birgers Tode 1266 übernahm Waldemar die Regierung selbst, gerieth aber bald mit seinen von seiner Gemahlin gering geschätzten Brüdern Magnus u. Erich in Verdrießlichkeit. 1274 wallfahrtete er, wegen verbotenen Umgangs mit seiner Schwägerin Jutta von Dänemark nach Rom u. übergab die Regentschaft seinem Bruder Magnus, welcher ihm aber nach seiner Rückkehr die Regierung nicht zurückgeben wollte. Gegen Magnus u. Erich, welche den König Erich Glipping von Dänemark zum Bundesgenossen hatten, zog (1275) nun Waldemar zu Felde, wurde aber 1279 bei Hofwa in Westgothland geschlagen u. floh nach Norwegen; als er von dort zurückkehrte, wurde er gefangen u. erhielt die Freiheit nur unter der Bedingung sich mit Gothland zu begnügen. Nach vielfachen Bemühungen wieder auf den Thron zu kommen, wurde er endlich 1288 abermals gefangen u. zu Nyköping eingesperrt, wo er 1302 starb. Magnus I. Ladulås (Scheunenschloß), schon 1279 zum König gekrönt, regierte streng, daher sein Beiname, weil er durch die strenge Handhabung der Eigenthumsgesetze gleichsam ein Schloß vor die Scheunen der Bauern legte. Er hob die Macht der Krone, indem er den Adel zu einem Dienstadel machte, führte die Ritterwürde in S. ein, gestattete den Ausländern, welche er zur Errichtung von Kirchen u. Schlössern brauchte, viel Einfluß; mehrmal wiederholte Empörungen der Folkungschen Stammvettern führte zur Vertilgung ihrer Familien u. 1285 zum Verbot geheimer Vereine; er führte einen glänzenden Hof u. hielt oft ritterliche Übungen; st. 18. Dec 1290 auf Wisingsö u. wurde im Franciscanerkloster zu Stockholm begraben. Birger II., des Vorigen ältester Sohn, 9 Jahre alt, hatte Torkel Knutsson zum Vormund. Dieser vollendete die Unterwerfung Finnlands u. die Einführung des Christenthums dort, machte 1293 die Kareler zinspflichtig u. gründete Wiborg, schlug die Russen u. erbaute die Festung Landskrona 1298. 1295 bestätigte er das vom Lagman Birger Pederson durchgesehene u. verbesserte Uplandsgesetz (die erste schriftliche Gesetzsammlung in S.). 1302 übernahm Binger selbst die Regierung. Seine Brüder Erich u. [550] Waldemar zeigten Absichten auf die Krone u. wurden in ihrem Beginnen unterstützt von dem Volke, welches wegen der Pracht der Hoffeste mit Steuern gedrückt wurde, u. der Geistlichkeit, welche auch zu den Steuern beitragen sollte; mit Hülfstruppen des Königs Hakon von Norwegen fielen sie 1304 in S. ein; doch schlossen sie 1305 einen Vergleich zu Kolsäter. Aber das Opfer dieses Vergleichs wurde der um den König verdiente Reichsmarschall Torkel, welcher des Verraths bezichtet u. im Febr. 1306 in Stockholm hingerichtet ward. Seiner Stütze beraubt, wurde nun der junge König von seinen Brüdern zu Håtuna, einem Königshofe in Upland, gefangen, u. wenn er auch durch seinen Schwager, den König Erich von Dänemark, befreit u. 1308 als Oberkönig anerkannt wurde, so mußte er doch 1310 auf einer Zusammenkunft in Helsingborg das Reich mit seinen Brüdern theilen. Herzog Waldemar erhielt Finnland u. Stockholm nebst der Umgegend, Herzog Erich Westgothland, Wermeland u. Småland. Die Bürgerkriege hatten große Noth zur Folge, welche die Gothländer 1313 zum Aufruhr veranlaßte; Birger zog gegen sie, wurde aber geschlagen u. mußte sie bei ihren Vorrechten lassen. Glücklicher dämpfte er die in Helsingland u. Småland ausgebrochenen Empörungen. Im Dec. 1317 ließ Birger seine Brüder zu sich einladen, empfing sie herzlich, ließ sie aber dann gefangen nehmen, in Eisen geschmiedet in den Schloßthurm zu Stockholm werfen u. dort des Hungertodes sterben. Deshalb empörte sich das Volk, Birger floh im April 1318 nach Dänemark u. starb dort 1321, nachdem sein Sohn Magnus 1320 in Stockholm hingerichtet worden war. Im Jahre 1319 wurde nun Magnus II. Smek (d.i. Liebkojer), Sohn des Herzog Erich, zum König gewählt. Da er noch minderjährig war, führte Mats Kettilmundsson die Regierung. Schon 1319 erbte er von seinem Großvater Norwegen, doch wurden beide Reiche erst nach einigen Jahren vereinigt. 1332 unterwarf sich Schonen, nachdem es sich der Herrschaft der Grafen von Holstein entzogen hatte, nebst Blekingen u. Südhalland dem König von Schweden, welcher dem Grafen dafür eine Abfindungssumme zahlte. Während der Regentschaft wurde auch 1322 der den Deutschen Ritterbünden ähnliche große Herrenbund zu Skara gestiftet, dessen Glieder, Geistliche u. Weltliche, sich gegenseitigen Schutz gelobten u. die Entscheidung ihrer Streitigkeiten dem Urtheil des Bundes unterwerfen versprachen; 1327 wurde das revidirte Södermanländische Gesetz königlich bestätigt. 1333 übernahm Magnus die Regierung selbst, aber schwach u. unentschlossen, war er das Spielwerk der Geistlichkeit u. der Großen, u. auf der Reichsversammlung zu Warberg 1343 zwangen ihn die Stände zu der Bestimmung, daß ihm sein ältester Sohn Erich XII in S., der zweite Hakon aber in Norwegen folgen sollte, auch nahm er beide zu Mitregenten an. Die Steuerlasten hatten viele Bauern genöthigt ihre Höfe zu verlassen; daher verhieß der König 1346 denen, welche auf ihre Höfe zurückkehrten, eine 6jährige Steuerfreiheit; statt der Landschaftsgesetze ließ er ein Landesgesetz ausarbeiten, welches zwar 1347 auf dem Herrentage zu Örebro von der Geistlichkeit abgelehnt wurde, aber doch allmälig in Gebrauch kam. 1348 machte der König einen mißlungenen Kreuzzug gegen Rußland. Das durch Schulden bedrückte Land wurde auch 1350 noch von der Pest heimgesucht u. verödet. 1350 trat Hakon die Herrschaft über Norwegen an. Der Übermuth Bengt Algotssons, eines Günstlings der Königin Blanca, welcher zum Herzog von Halland erhoben u. der Mächtigste im Reiche war, erregte die Unzufriedenheit des Volkes, an dessen Spitze sich Erich, der ältere Sohn des Königs, stellte u. einen Bürgerkrieg Veranlaßte; dieser endigte damit, daß Algotsson S. verlassen mußte u. der König seinem Sohne Erich in dem Vergleiche zu Jönköping 1357 die Hälfte des Reiches abtrat. Aber 1350 starb Erich; darauf lehrte Algotsson zurück, u. der König überließ 1360 Schonen, Halland u. Blekingen wieder dem Könige Waldemar von Dänemark, welcher ihm dagegen Hülfe gegen den widerwilligen Reichsrath zusagte; auch verlobte Magnus seinen Sohn Hakon mit Margarethe, der Tochter Waldemars. Das Volk zwang ihn aber den Krieg gegen Dänemark mit Hülfe der Hansestädte, des Herzogs Albrecht von Mecklenburg u. des Grafen Heinrich des Eisernen von Holstein zu erneuern. Die Dänen eroberten 1361 Gothland, verloren es aber wieder; 1362 nahm Hakon auf den Rath des Reichrathes seinen Vater zu Kalmar gefangen, worauf er zum König gewählt wurde u. anstatt mit Margarethe sich mit Elisabeth, Gräfin von Holstein, verheirathen sollte. Aber 1363 versöhnte sich Hakon mit seinem Vater, heirathete Margarethe u. verbannte 24 der mächtigsten Herren aus dem Lande. Die Vertriebenen gingen nach Deutschland zum Herzog Albrecht II. von Mecklenburg, trugen demselben die Krone von S. an u. kehrten mit demselben zurück. Albrecht, am 30. Nov. 1363 in Stockholm gewählt, empfing 1364 nach Landessitte auf der Wiese beim Morastein unweit Upsala die Huldigung. Die der Königswürde entsetzten Magnus u. Hako ergriffen die Waffen zur Vertheidigung ihres Rechts, wurden aber 1365 bei Enköping geschlagen u. Magnus gefangen. So endigte die Dynastie der Folkunger.

Waldemar von Dänemark führte den Krieg zu Gunsten des Königs Magnus, seines Eidams noch mehre Jahre fort, wurde aber, da die Hausestädte auf der Seite Albrechts waren, zum Frieden genöthigt, welchem 1371 Norwegen beitrat, Albrecht wurde nun als König von S. anerkannt, Magnus erhielt zwar die Freiheit, starb aber schon 1374 in Norwegen. Albrecht konnte aber in S. nicht beliebt werden; seine Bevorzugung der Deutschen, sein üppiger Haushalt u. seine Begünstigung der Geistlichen, denen er viele Vorrechte einräumte, entfremdete ihm die Herzen der S. Inzwischen kam auch Hakon mit einem Heere nach S., um die Freilassung seines gefangenen Vaters zu erzwingen; er drang bis Stockholm vor u. belagerte die Stadt. In dieser Noth wendete sich der König an den Reichsrath u. übergab demselben die Macht in allen Reichsschlössern u. Festungen, statt der Ausländer, Schweden als Commandanten ein- u. die erledigten Stellen im Rathe selbst zu besetzen. So kam alle Macht aus den Händen des Königs in die der wenigen schwedischen Großen, unter denen der mächtigste der Reichsdrost Jonsson (Grip) war, welcher für, der Krone gemachte Anlehen ganz Finnland, den größten Theil S-s nebst den vornehmsten Reichsburgen u. den Krongütern besaß. Als nun Bo Jonsson starb u. der König die Krongüter wieder an sich nehmen wollte, so lehnten sich die Erben des Reichsdrosten gegen den König auf u. entzogen demselben die Krone. Nach Hakons, des Königs von Norwegen,[551] Tode 1380, hatte dessen Sohn Olaf Dänemark u. Norwegen geerbt; für diesen machte nun auch seine Mutter Margarethe Ansprüche an die Krone S., aber er st. 1387 als der letzte männliche Sproß des Folkungergeschlechts, u. nun wurde Margarethe Königin von Norwegen u. Regentin in Dänemark. Derselben boten die mit dem König unzufriedenen Erben Bo Johnsons auch die schwedische Krone an, welche auch mit einem Heere nach S. kam. König Albrecht behandelte seine Gegner mit Verachtung u. schickte u.a. der Margarethe einen Wetzstein, um Nadeln u. Schere darauf zu wetzen, doch der schwedische Reichsmarschall Erich Kjellsson u. Iwar Lykke schlugen ihn u. nahmen ihn bei Falköping am 24 Febr. (n.And. 21. Sept.) 1389 mit seinem Sohn Erich gefangen. Die Herzöge von Mecklenburg, die Grafen von Holstein u. die Hansestädte hielten Albrechts Partei, die Deutschen behaupteten die Hauptstadt u. die meisten festen Plätze des Landes u. erlaubten sich gegen die Schweden große Frevel. So währte der Krieg 6 Jahre fort, bes. nachtheilig für den Handel wurden die Vitalienbrüder (s.d.). 1395 kam durch die Hansestädte her Vertrag von Lindholm zu Stande, König Albrecht u. sein Sohn erhielten die Freiheit gegen Zahlung von 60,000 Mark Silber, wofür die Hansestädte Bürgschaft leisteten, dafür aber Stockholm als Pfand eingeräumt erhielten. Albrecht ging nun nach Mecklenburg u. entsagte erst 1405 gänzlich, sein Sohn Erich aber nach Gothland, wo er sich behauptete u. 1397 starb.

Die Königin Margarethe, welcher unterdessen auch Dänemark als Erbtheil angefallen war, ernannte nun 1396 ihren Großneffen, den Herzog Erich von Pommern, zu ihrem Nachfolger u. schloß am 13. (20.) Juli 1397 die Kalmarische Union (s.d.), zufolge welcher die drei nordischen Reiche, S., Dänemark u. Norwegen unter einem König vereinigt werden, doch jedem Reiche seine besonderen Rechte erhalten bleiben sollten. Margarethe regierte in S. mächtiger als ihre Vorfahren. Sie erlangte schon 1398 Stockholm von den Hansestädten zurück, nachdem Erich von Mecklenburg gestorben war. Darauf wurde sie durch Kriege mit den Hansestädten, durch die Vitalienbrüder u. durch Betrüger, welche sich für ihren verstorbenen Sohn Olaf ausgaben, beunruhigt; dennoch nahm sie die der Krone entzogenen Lehen u. Einkünfte wieder an sich u. erwarb 1398 die von Albrecht an den Deutschen Orden verpfändete Insel Gothland zurück, konnte aber erst 1411 zu dem wirklichen Besitz gelangen. Schon 1401 wurde Erich XIII. zum Mitregenten erklärt u. vermählte sich 1406 mit Philippa von England; diese Ehe blieb aber kinderlos, u. Margarethe erhielt die Einwilligung der Stände nicht, noch einen zweiten Nachfolger zu ernennen. Den Krieg mit dem Herzog von Holstein wegen Schleswig überlebte sie nicht. Überhaupt füllten, obschon die Schweden die Besetzung vieler Stellen mit Dänen u. harte Auflagen ruhig duldeten, Verdrießlichkeiten mancher Art ihre letzten Regierungsjahre aus, bes. zerfiel sie mit Erich XIII., der ihren Günstling u. Geliebten Abraham Brodersson einziehen u. 1410 hinrichten ließ. Margarethe st. 1412. Erich XIII. vermochte nicht S. in Ruhe zu erhalten, zumal da er wegen des schleswig-holsteinischen Krieges neue Abgaben auflegte u. zahlreiche Recrutirungen befahl. Um diesen Krieg zu endigen, begab sich Erich 1423 zum Kaiser Sigismund nach Ofen u. reiste von dort nach Palästina. Seine Gemahlin Philippa machte sich als Reichsregentin durch Einführung des Münzfußes verdient, wogegen sich Erich nach seiner Rückkehr durch üble Behandlung derselben u. durch Anstellung dänischer Beamten in S., bes. durch den tyrannischen Voigt Jösse Erichsson, so verhaßt machte, daß 1434 in Westmanland ein Aufstand unter dem Dalekarlier Engelbrecht Engelbrechtsson ausbrach, welchem sich die Norrländer u. Ostbothnier unter Erich Puke u. dann die Südländer auf seinem Zuge dahin anschlossen. Zu spät berief der König seinen Voigt ab, die Schweden kündigten ihm durch den Absagebrief 16. Aug. 1434 vom Kloster Wadstena aus den Gehorsam auf. Unterhandlungen, durch Johann Kröpelin, Commandanten von Stockholm, gepflegt, bewirkten den Vertrag zu Halmstad 1435, in dessen Folge u.a. die Stellen des Reichsdrostes u. Reichsmarschalls wiederhergestellt, Steuern nur mit Genehmigung des Rathes ausgeschrieben, alle Schlösser (außer Stockholm, Nyköping u. Kalmar) mit einheimischen Commandanten besetzt werden sollten; Christer Nilsson wurde Reichsdrost u. Karl Knutsson Reichsmarschall. Doch war die Ruhe noch lange nicht hergestellt, namentlich erregte es die Unzufriedenheit der Bauern, daß Karl Knutsson zum Reichsverweser in Abwesenheit des Königs gewählt wurde. Um einem Ausbruch zuvorzukommen, nahm Karl den Engelbrecht zum Mitverweser an; Karl Knutsson brachte das Volk u. den Adel durch Strenge gegen sich auf; Engelbrecht aber wurde auf einer Reise nach Stockholm begriffen auf einer Insel des Sees Hjelmar 27. April 1436 von Måns Bengtsson, dem Sohne seines Widersachers Bengt Stensson, ermordet. Erich Puke empörte sich nun gegen Knutsson, wurde aber 1437 in Westerås hingerichtet. Die Unzufriedenheit mit Karl Knutsson wuchs, u. selbst der Reichsdrost Christer Nilsson reizte die Dalekarlier u. Wermländer zum Aufstand u. verband sich mit dem neuen Reichsmarschall Nils Stensson zur Zurückführung des Königs Erich; aber der Aufstand wurde 1438 niedergeworfen u. Nils Stensson floh mit Erich nach Gothland zurück. Trotzdem daß 1438 die Union erneuert worden war, kündigten 1439 Dänemark u. Schweden dem König Erich Treue u. Gehorsam auf, u. die Norweger machten nur einen schwachen Versuch zu seiner Vertheidigung. In Dänemark war bereits 1438 Erichs Neffe, der Pfalzgraf Christoph von Baiern gewählt worden, u. nach langem Bedenken erkor denselben auch der schwedische Wahlreichstag am 4. Oct 1440. Christoph traf weise Einrichtungen, den Reichsvorsteher Karl Knutsson befriedigte er durch die Ernennung zum Reichsdrost, durch die Belehnung mit Finnland u. die Pfandgabe von der Insel Ölend; die Geistlichen wußte er zu gewinnen, daß sie das früher abgelehnte Magnussche Landesgesetz annahmen; mit den livländischen Rittern schloß er ein Bündniß zu einem (von ihm jedoch nicht unternommenen) Zuge gegen Rußland. Vergebens suchte er 1447 Lübeck zu überrumpeln, u. indem er einen neuen Angriff auf die Hansestädte vorbereitete, st. er 5. Jan. 1448 in Helsingborg. Die Schweden, welche die Kalmarische Union aufzulösen strebten, erhoben nun einseitig auf dem Wahltage zu Stockholm den früheren Reichsverweser, Karl VIII. Knutsson, zum König, welcher 29. Juni gekrönt wurde. Er ließ sogleich durch Magnus Gren einen Zug nach Gothland machen, welcher Insel u. Stadt von den Däuen[552] eroberte, aber bald wieder an dieselben verlor. Die Dänen hatten Christian I. von Oldenburg zum König erwählt, Karl war dagegen in Norwegen 1449 zum König gewählt worden u. wurde 23. Nov. in Drontheim gekrönt, doch trat er diese Krone, weil eine Partei im Lande gegen ihn war, um Ruhe zu erhalten, durch den Vertrag zu Halmstad 1. Mai 1450 an Dänemark ab, in welchem auch die Kalmarische Union erneuert u. festgesetzt wurde, daß der überlebende König alle drei Kronen wieder vereinigen sollte. Dessen ungeachtet begann 1452 der Krieg aufs Neue, welchen 1453 der Waffenstillstand zu Stockholm unterbrach. König Karl war bei Adel u. Geistlichkeit verhaßt u. König Christian unterhielt die Unzufriedenheit. Dazu kam noch der Verlust von Öland u. Bornholm, die 1456 von den Dänen erobert worden waren; auch der Erzbischof Jöns Bengtsson von Upsala machte eine Empörung. Karl, 1457 auf dem Zuge nach Öland begriffen, kehrte auf diese Kunde um, wurde in Strengnäs überfallen u. verwundet u. floh nach Danzig. Jöns Bengtsson, dem sich Stockholm in Kurzem ergab, gerirte sich als Reichsverweser u. ließ 1457 den Dänenkönig Christian I. zum Throne berufen, welcher 19. Juni gekrönt wurde, doch mußte er den Schweden große Vorrechte bewilligen, bevor sie auf dem Tage zu Skara 1458 die Kalmarische Union erneuerten u. seinen Sohn zum Nachfolger bestätigten. Christian I. erließ heilsame Verordnungen, aber da er dem Lande zu viele Steuern auflegte, brach 1463 eine Empörung der Bauern in Upland gegen ihn aus, weshalb er die Finnland verheerenden Russen nicht bestrafen konnte. Als er den Erzbischof Jöns Bengtsson, als den Erreger des Bauernaufstandes, gefangen nach Dänemark führte, empörten sich die Dalekarlier u. die Westmanländer, von dem Bischof Kettil Wase von Linköping angeführt. Christian I. kehrte im Winter 1464 zurück u. zog gegen die Empörer, wurde aber bei Harakers Kirche in Westmanland besiegt u. floh nach Dänemark, worauf Karl VIII. zurück berufen ward. Aber der von Christian I. freigelassene Jöns Bengtsson erregte neue Unruhen, so daß Karl 1465 wieder nach Finnland fliehen mußte. Christian gelangte nicht zur Krone, denn Jöns Bengtsson, obgleich zum Reichsvorsteher ernannt, mußte den Anhängern Karls nochmals weichen, u. auf Betrieb des Eidams des Königs Karl, Iwar Axelsson, wurde dessen Bruder Erich Axelsson 1466 Reichsvorsteher. Beide bewogen die Stände Karl VIII. zurückzuberufen, welcher sich, nachdem Christians Anhang 1468 bei Hedmora eine Niederlage erlitten, mit Hülfe des mächtigen Geschlechts Sture, bis an seinen Tod 15. Mai 1470 behauptete; er ernannte zuvor Sten Sture zum Reichsverweser u. Vormund seiner Kinder.

Ein Theil des Adels stand nun gegen Sture auf u. erklärte sich für den Dänenkönig Christian. Dieser kam nach Stockholm, erlitt aber auf dem Brunkeberge 11. Oct. 1471 eine Niederlage u. kehrte nach Dänemark zurück. Sten Sture regierte mit Kraft u. Glück. 1473 erneuerte er den Vertrag zu Kalmar u. vertrieb die in Finnland eingefallenen Russen. In Upsala, wo seit 1438 eine theologische Schule errichtet worden war, wurde mit Genehmigung des Papstes Sixtus IV. eine Universität gestiftet, welche 21. Sept. 1477 eingeweiht u. vom Reichsverweser mit denselben Privilegien wie die Universität in Paris ausgestattet wurde. Seit dieser Zeit begannen die vorhin gänzlich vernachlässigten Wissenschaften in S. aufzublühen. Nach dem Tode des Königs Christian 1481 verhinderte Sten Sture die Theilnahme der Schweden an der allgemeinen Königswahl, u. obgleich 1483 im Kalmarischen Receß Johann, Christians Sohn, als König anerkannt wurde, so behielt Sture doch die Macht. Indeß wurde der Reichsverweser dem Adel immer verhaßter, u. als er nun sogar von dem Papste, weil er der verwittweten Königin von Dänemark die Einkünfte ihrer in Schweden liegenden Güter zurückbehielt, in den Bann gethan wurde u. sein Zug nach Finnland gegen die Russen, 1495, nicht die den großen Rüstungen entsprechenden Erfolge hatte, so entsetzte der Reichsrath 1497 den Reichsverweser seiner Würde u. rief den König Johann ins Land. So einstand ein neuer Bürgerkrieg, in welchem Sten Sture von den Hansestädten, der König von den Russen unterstützt wurde. Sten rückte an der Spitze der Bauern aus Dalekarlien gegen König u. Adel, wurde aber 28. Oct. 1497 bei Rotebro geschlagen. Er verglich sich hierauf mit dem König welcher ihm Finnland mit Norrbotten u. Åland, Södermanland etc. in Lehen gab, u. trat zurück, Johann aber wurde 25. Novbr. in Stockholm gekrönt u. genoß die allgemeine Liebe der Schweden, bis er durch einen Krieg gegen die Ditmarsen gezwungen eine Abgabe auch von dem Adel verlangte. Da brach 1500 ein Aufstand los, an dessen Spitze Sten Sture stand, welcher 29. Juli 1501 in Wadstena wieder zum Reichsverweser ernannt wurde. Die Königin Christine vertheidigte, während ihr Gemahl abwesend war, mit Muth den Thron, wurde aber, da die Hansestädte den Schweden beistanden u. ihr Gemahl sie nicht entsetzen konnte, nach achtmonatlicher Belagerung in Stockholm 1501 gefangen. Der Kronprinz Christian verwüstete nun Westgothland, u. Armuth u. Elend kam über S.; dennoch unterwarfen sich die Schweden nicht. Nachdem Sten Sture 13. Dec. 1503 gestorben war, wurde an seiner Stelle Swante Nilsson Sture (s.d. 2) am 21. Jan. 1504 zum Reichsverweser ernannt u. ihm Hemming Gadd als Regierungsgehülfe beigegeben. Der Krieg gegen Dänemark wurde ohne Erfolg fortgeführt da namentlich die Prälaten, welche viele Güter u. Einkünfte in den dänischen Besitzungen hatten, dänisch gesinnt waren. Unter ihrem Einfluß wurde auch 1509 durch eine schwedische Gesandtschaft dem Könige in Kopenhagen eine jährliche Zahlung von 13,000 Mark Silber angeboten, bis er od. sein Sohn wieder als König aufgenommen worden wäre; doch protestirte dagegen der Reichsverweser u. sein Anhang. 1510 wurde mit den Russen in Stockholm Frieden geschlossen, dagegen mit den Hansestädten das Bündniß gegen Dänemark erneuert, von Hemming Gadd Kalmar u. Öland erobert, aber von dem Prinzen Christian Westgothland verwüstet. Am 2. Jan. 1512 starb plötzlich Swante Sture, u. während das Volk u. der jüngere Adel seinen Sohn Sten Sture den Jüngeren zum Reichsverweser wählten, wollte der Reichsrath u. die Alten unter dem Adel Erich Trolle haben; doch siegte der Erstere. Gegen Dänemark trat, nachdem die Hansestädte 23. April 1512 den Frieden zu Malmö geschlossen hatten, von Seiten S-s ein versöhnlicheres Verhältniß ein, indeß als König Johann 21. Febr. 1513 starb, erkannte die Partei [553] Stures seinen Sohn Christian II. nicht an, dagegen stellte sich Gustav Trolle, von Sture zum Erzbischof von Upsala ernannt, an die Spitze der Partei für Dänemark, u. ein abermaliger Bürgerkrieg entstand. Der Reichstag lud den Erzbischof Trolle vor, dieser erschien aber nicht, sondern warf sich in sein festes Schloß Stäket bei Upsala. Der Reichstag zu Arboga entsetzte ihn nun, Trolle bat aber Christian um Hülfe, u. dieser sendete 1517 eine Flotte nach S., welche aber nichts ausrichtete, u. Trolles Schloß wurde zerstört. Christian II. erschien 1518 selbst mit einer Flotte vor Stockholm, wurde aber 22. Juli von Sture bei der Kirche von Brännkyrka in der Nähe von Stockholm geschlagen. Bei der darauf folgenden Unterhandlung forderte der König Geißeln, u. als ihm sechs vornehme Schweden, unter diesen Gustav Wasa, übergeben wurden, segelte er mit ihnen nach Dänemark. Dadurch verlor er alles Zutrauen der Schweden. Trolle hatte sich inzwischen beim Papst über die gegen ihn vorgenommene Procedur beschwert, u. der Papst sprach den Bann über Sture u. ganz S. aus; Christian II. sollte das Strafurtheil an S. vollziehen; sein Heer unter Krumpe brach 1520 in S. ein, schlug die Schweden bei Bogesund in Westgothland u. eilte durch Upland gegen Stockholm. Sten Sture war an seinen in der Schlacht bei Bogesund empfangenen Wunden 3. Febr. gestorben. Die Regierung löste sich auf, die Bauern wurden zerstreut, der Erzbischof Trolle trat wieder in sein Erzbisthum ein u. überredete die auf dem Herrentage zu Upsala Erschienenen dem König die Huldigung zu leisten. Dieser versprach Verzeihung, worauf sich alle vornehmen Schweden am 4. Novbr. in Stockholm zur Krönung einfanden. Aber Trolle u. der König machten einen Racheplan, Letzter veranlaßt durch den Barbier Dietrich Slaghök, einen Verwandten der Siegbrit, einer holländischen Hökerin, welche bei dem König in hoher Gunst stand. Schon am dritten Tage nach der Krönung wurden die Thore von Stockholm geschlossen; Trolle trat als Kläger auf u. forderte vom König die Vollziehung des Bannes, u. der König ließ am 8. Nov. ohne Urtheil u. Recht 94 hohe Geistliche, Reichsräthe, Rathsherren u. Bürger hinrichten (Stockholmer Blutbad). Auch in den Provinzen wurden viele einflußreiche Personen, unter ihnen in Finnland der alte Hemming Gadd, hingerichtet, viele Beamte eingekerkert, der Leichnam des Reichsvorstehers Sten Sture ausgegraben u. verbrannt, die Häuser der Hingerichteten geplündert, ihre Frauen geschändet etc. An 600 Personen verloren dei diesem schrecklichen Gericht das Leben deshalb, weil sie od. die Ihrigen sich an der Entsetzung des Erzbischofs Trolle betheiligt hatten. Christian II. besetzte nun alle wichtige Ämter mit Trolles Anhängern u. ging 1521 nach Dänemark, Trolle aber führte seine grausamen Maßregeln aus.

Gustav Wasa (s.d.), ein edler Schwede, mit den Sturen verwandt, war als Geißel in Dänemark gewesen (s. oben), aber verkleidet nach Lübeck geflohen u. von da heimlich nach S. gekommen. Vergebens strebte er einen Aufstand in Småland zu erregen, nur erst das Stockholmer Blutbad u. die Kunde von einer neu aufzulegenden Steuer verschaffte ihm Gehör bei den Bauern in Dalekarlien, wo er eine Zeitlang sich verbarg; mit ihrem Beistand vertrieb er die dänischen Beamten, u. schnell mehrte sich die Zahl seiner Anhänger, welchen der dänische Feldherr Heinrich von Melen nicht im offenen Felde zu widerstehen wagte; die Dalekarlier unter Gustav schlugen die Truppen des Erzbischofs, nahmen 29. April Westerås u. 18. Mai Upsala u. zogen vor Stockholm, welches man jedoch wegen Mangels an Schiffen nicht zu nehmen vermochte am 24. August wurde Wasa von dem Reichstage zu Wadstena zum Reichsverweser u. Oberhauptmann des Königreichs S. ernannt. Nachdem er die Regierung eingerichtet, die Stellen der Landshöfdinge u. Bischöfe mit Leuten seiner Partei besetzt u. das Heer vermehrt hatte, ließ er Stockholm wieder belagern, wobei ihn die Lübecker mit Schiffen unterstützten, so daß er 27. Mai 1522 Kalmar u. 20, Juni Stockholm in seine Gewalt bekam; darauf wurde, nachdem Christian II. die Krone niedergelegt, Gustav I. Wasa selbst auf dem Wahlreichstage zu Stregnäs 7. Juni 1523 zum König gewählt, u. mit ihm kam das Haus Wasa auf den schwedischen Thron. Friedrich I., König von Dänemark u. Norwegen, Nachfolger Christians II., machte auch in Folge des Kalmarischen Vertrags auf S. Anspruch, verglich sich aber mit Gustav I. auf einer Zusammenkunft zu Malmö 1. Sept. 1524, indem er Blekingen abgetreten erhielt. Darauf eroberte Gustav. Finnland. Vor Allem drückte ihn die Geldnoth; die Lübecker forderten Entschädigung für ihre Hülfe, deutsche Söldner ihre Löhnung, aber neue Auflagen erregten Unzufriedenheit. Der König verlangte deshalb das entbehrliche Kirchensilber als Darlehen, da aber verschrieen ihn die Bischöfe als Kirchenräuber u. Ketzer u. die Heftigkeit des Clerus mehrte sich, als Gustav, auf den Rath seines Kanzlers Lorenz Anderson, die Reformation begünstigte, ihre Anhänger, Olaf Peterson, Prediger in Stockholm, u. dessen Bruder Lorenz Peterson, Professor in Upsala, schützte u. eine Übersetzung des Neuen Testamentes erlaubte. Als er durch Einziehung von Klostergütern die Staatslasten mindern wollte, erregten die Dalekarlier 1526, von den Geistlschen aufgewiegelt, einen Aufstand, an der Spitze einen früheren Stallknecht, welcher sich für Nils Sture, einen Sohn des Reichsvorstehers Sten Sture des Jüngern, ausgab. Bald aber von seinen Genossen verlassen, floh er nach Norwegen u. von da verwiesen, nach Rostock, wo ihn der Rath 1527 auf eine Anklage Gustav Wasa's als Dieb enthaupten ließ. Auf dem Reichstage zu Westerås 1527 zwang der König in Übereinstimmung mit dem Bürger- u. Bauernstande u. einem großen Theile des Adels die Bischöfe zur Übergabe der Kirchengüter an die weltliche Regierung u. nahm ihnen dann ihre festen Schlösser; der Aufruhr in Dalekarlien wurde nun unterdrückt u. Gustav den 12. Jan. 1528 gekrönt. Auf dem Reichstag zu Örebro 1529, wo Gustav den Ständen den widerspenstigen u. dem Evangelium feindseligen Charakter der Geistlichkeit schilderte, wurde die Predigt des reinen Wortes Gottes genehmigt u. fleißiges Ertheilen des Unterrichts in den. Kathedralschulen befohlen, doch große Vorsicht in der Änderung der kirchlichen Gebräuche, an welchen das bigotte u. unwissende Volk mit starrer Verehrung hing, empfohlen, worauf Lorenz Peterson 1539 eine Gottesdienstordnung in der Landessprache entwarf u. 1521 zum ersten evangelischen Erzbischof in Upsala ernannt wurde. Bei Einziehung der Klöster[554] 1530 wurden, um an Lübeck die Hülfsgelder zu zahlen, aus vielen Kirchen die Glocken genommen, deshalb beriefen die Dalekarlier eigenmächtig einen Reichstag nach Arboga, wurden aber 1531 hart dafür bestraft. Der Bürgermeister Wullenwewer u. der Stadthauptmann Meyer von Lübeck, aufgebracht, daß ihnen der König kein Handelsmonopol bewilligte, regten sogar den Schwager desselben, Johann von Hoyer, gegen ihn auf u. brachten es dahin, daß trotz des Vertrags von Lödesa 1529, wo die Könige von Dänemark u. S. sich gegenseitig anerkannten, der König von Dänemark heimlich die Mißvergnügten in S. unterstützte u. auch der neue Dänenkönig, Christian III., vorher Verbündeter Gustavs I., 1533 gegen ihn auftrat. Jetzt unterstützten die Hansestädte auch einen zweiten falschen Sture, doch Gustav hob dafür alle Privilegien derselben auf; den daraus entstandenen, von den Schweden mit Glück geführten Krieg endigte der Friede zu Hamburg 1533. Auf einem Concil der schwedischen hoben Geistlichkeit zu Örebro 1537 wurden noch die meisten katholischen Ceremonien abgeschafft u. die Lateinische Sprache gänzlich aus der Kirche verbannt. In Folge der Mißhelligkeiten, in welche der König seit 1538 mit seinem Kanzler Anderson u. den beiden Peterson gerieth, schränkte er die bischöfliche Würde in S. sehr ein u. ernannte Georg Norman, einen Deutschen, zum Generalsuperintendenten über die ganze Geistlichkeit des Reichs u. setzte königliche Consistorien ein. Aber durch seine kirchlichen Umgestaltungen erregte er allgemeines Mißvergnügen, selbst Olaf Peterson u. Anderson wurden als Theilnehmer von Verschwörungen gegen ihn abgesetzt u. 1542 stellte sich Nils Dacke an die Spitze der schwedischen Bauern in Småland, um von Gustav I. die Wiederherstellung der Katholischen Religion zu erzwingen, erhielt auch Anfangs einige Vortheile, wurde aber bald genöthigt in die Wälder von Blekingen zu fliehen u. dort 1543 erschossen. Gegen Kaiser Karl V., welcher für den Pfalzgrafen Friedrich nach der schwedischen Krone strebte, schloß Gustav 1541 einen Bund mit Frankreich (wodurch der Grund zu den für S. einflußreichen Verhältniß mit Frankreich gelegt wurde), mit jenem selbst den Frieden zu Worms 1544. Die Erblichkeit der männlichen Thronfolge in seinem Hause erlangte Gustav I. auf dem Reichstage zu Westerås 13. Januar 1544 u. befestigte in Übereinstimmung mit den Ständen das Lutherthum. Trotz des Vertrags mit Czar Iwan 1543 fielen die Russen in Finnland ein, konnten aber nichts ausrichten. Auch im Innern war Gustav sehr thätig; dem Adel gab er Theil an den eingezogenen geistlichen Gütern, setzte demselben aber durch die Aufnahme des Bürger- u. Bauernstandes unter die Reichsstände ein Gegengewicht: er begünstigte den Acker- u. Bergbau, Handel, die Wissenschaften u. den Unterricht in den Schulen, schickte Missionäre zur Predigt des Christenthums nach Lappland, gründete eine Flotte u. nur durch die großen Kronlehen, 1558 gestiftet, legte er den Keim zu Erschütterungen im Reiche. Gustav I. st. den 29. Septbr. 1560.

Sein Sohn aus erster Ehe mit Katharine von Lauenburg Erich XIV. folgte ihm als König, von seinen Söhnen zweiter Ehe mit Margarethe wurde Johann Herzog von Finnland, Magnus Herzog von Ostgothland u. Karl Herzog von Södermanland mit Nerike u. Wermeland. 1561 auf dem Reichstage zu Arboga wurden durch die Arbogaartikel die Rechte des Königs über dir Herzöge näher bestimmt u. deren Macht sehr eingeschränkt, überhaupt begann Erich seine Regierung mit Cuergie, Geschick u. Glück; bei seiner Krönung den 29. Juni 1561 ernannte er Grafen u. Freiherrn, um ein Mittelglied zwischen den Fürsten u. dem Adel zu schaffen, u. gab ihnen erbliche Lehen, ertheilte Mehrern die Ritterwürde, setzte 1562 den Dienst des Adels zu Pferde herab, legte den Grund zu der Freiheit der Meiereien (Ladugårdar), beschränkte die Zahl der Festtage, schaffte den Rest der katholischen Gebräuche in der Kirche ab, eröffnete allen verfolgten Protestanten ein Asyl im Lande u. traf allerhand nützliche Einrichtungen. 1561 unterwarf er Esthland, doch gerieth er hierüber mit Polen in Zwist, welcher noch durch die Heirath Johanns von Finnland mit der polnischen Prinzessin Katharina gemehrt wurde. Auch Dänemark machte auf Esthland Anspruch, u. so gerieth Erich XIV., bes. weil einer seiner Oheime, welcher für ihn um die Hand einer Tochter des Landgrafen von Hessen werben sollte, in Kopenhagen verhaftet wurde, mit Dänemark in einen für ihn unglücklichen Krieg, welcher ihm den Haß des Adels zuzog. Auch mit Rußland u. Polen hatte Erich Kriege, der letztere wurde 1565 durch einen Waffenstillstand beendigt. Da sein Bruder Johann die Polen mit Geld unterstützte, ließ ihn Erich in Åbo überfallen, mit seiner Gemahlin gefangen nehmen u. vier Jahre in Hast halten. Seit der Zeit zeigten sich Spuren von Wahnsinn bei Erich; er heirathete seine frühere Geliebte, Katharina Måns, eine Bauerntochter, welche allein seinen Wahnsinn beschwören konnte, ließ sich durch seinen Geheimsecretär Göran Persson ganz leiten u. gab Befehl das Haupt der Familie Sture hinzurichten, hatte aber darüber die heftigsten Gewissensbisse. Von diesen beunruhigt beschenkte er den Adel, gab seinem Bruder Johann die Freiheit u. ließ dem Persson den Proceß machen. Als aber der Günstling seinen Einfluß wieder erhielt, stellten sich die zwei. Brüder des Königs, Johann u. Karl, 1568 an die Spitze der Mißvergnügten. Erich XIV. zog ihnen entgegen, wurde mehrmals geschlagen, in Stockholm eingeschlossen u. gezwungen sich zu ergeben. Persson wurde hingerichtet, Erich durch die Reichsstände zu Anfang des Jahres 1569 abgesetzt, an verschiedenen Orten eingekerkert, gemißhandelt u. endlich, nachdem mehre Befreiungsversuche für ihn gemacht worden, aber mißglückt waren, auf Befehl des. Reichsrathes 26 Febr. 1577 auf dem Schlosse Örby in Upland, wo er seit 1574 gesessen hatte, vergiftet. Johann III., Erichs ältester Sohn, König seit 1568, fand die Finanzen erschöpft u. den Staat in Kriege verwickelt. Durch Vermittelung des Kaisers, Frankreichs u. Polens wurde mit Dänemark am 13. Dec. 1570 der Friede zu Stettin geschlossen, S. entsagte darin seinen Ansprüchen auf Norwegen, Schonen, Halland, Blekingen u. Gothland u. trat Jemtland u. Hergedalen ab. Der Krieg mit Rußland wurde bis nach Johanns Tode fortgesetzt. S. hatte Karelen u. Ingermanland erobert, genoß aber wenig Vortheil von diesen verheerten Provinzen. Heftige Gährung erregte die Hinneigung des Königs zum Katholicismus, welche ihren Grund in dem Einfluß seiner Gemahlin, der polnischen Prinzessin Katharina, hatte; er ließ, zwar nur in der Absicht das Lutherthum mit dem Papstthum zu versöhnen, 1571 eine neue Kirchenordnung[555] entwerfen, aber seit 1575 wurde das alte katholische Kirchenwesen nebst Klosterherstellung, Heiligenverehrung etc. wieder eingeführt, u. das katholische Element erhielt sogar das Übergewicht über das protestantische, seit 1576 lehrten u. predigten Jesuiten im Lande u. kam der päpstliche Legat Antonio Possevino nach S., mit welchem über die Wiederunterwerfung S-s unter den Römischen Stuhl unterhandelt wurde u. bei welchem der König 1578 in dem Kloster zu Wadstena heimlich zur Katholischen Kirche übergegangen sein soll. Nur Johanns jüngerer Bruder, Herzog Karl von Södermanland, blieb dem Protestantismus treu, ließ die Geistlichen in seinen Provinzen geloben bei der Augsburgischen Confession zu verharren u. veranlaßte die Reichsstände zu gleicher Erklärung. Auch der König selbst erkaltete seit dem Tode seiner Gemahlin Katharina, 1583, in seinem Eifer für den Katholicismus, hielt aber, obgleich die Verhandlungen mit Rom abgebrochen, die Jesuiten aus dem Lande getrieben u. die Anhänger des Papstthums verfolgt wurden, doch streng an der von ihm gegebenen katholisirenden Kirchenordnung. Deshalb entstand großes Mißvergnügen im Lande. Der katholisch erzogene Kronprinz Sigismund wurde 1587 zum König von Polen gewählt u. der Reichsrath wollte ihn deshalb von der schwedischen Thronfolge ausschließen, aber der Herzog Karl, auf welchen der Reichsrath gerechnet hatte, söhnte sich mit dem König aus, das Erbfolgerecht Sigismunds wurde aufrecht erhalten u. die Häupter der Mißvergnügten wurden gestraft. Johann st. 17. Nov. 1592.

Sigismund, sein Sohn, König von Polen, sollte ihm nun folgen, aber Herzog Karl von Södermanland, sein Oheim, berief 25. Febr. 1593 eine Kirchenversammlung nach Upsala, wo beschlossen wurde alle vom König Johann eingeführten kirchlichen Einrichtungen aufzuheben, den Katholicismus aus dem Lande zu verbannen u. die Augsburgische Confession aufrecht zu erhalten, u. Sigismund wurde erst gekrönt, als er diesen Beschluß genehmigt hatte. Unwillig verließ er nun S., die Reichsstände aber erklärten 1595 zu Söderköping nochmals die Lutherische Religion als die in S. allein herrschende u. allein geltende, ernannten den Herzog Karl von Södermanland zum Reichsvorsteher u. verboten alle Appellationen nach Polen u. die Bekanntmachung königlicher Befehle, bevor sie vom Reichssenat geprüft waren. Sigismund landete 1598 nun mit 8000 Mann, Karl erlitt eine Niederlage bei Stegeborg, siegte aber bei Stängebro u. ein Vergleich zu Linköping bestimmte nun, daß die Ausgleichung des Streites einem Reichstag überlassen werden sollte. Sigismund verließ S. von Neuem. Die Stände 1599 zu Jönköping versammelt, forderten den König auf entweder nach S. zurückzukehren, um der Verfassung gemäß zu regieren u. die Landeskirche zu schützen, od. seinen Kronprinzen Wladislaw nach S. zu senden, damit derselbe in der Lutherischen Kirche erzogen werde u. nach erlangter Volljährigkeit die Regierung übernehme. Da Sigismund nicht auf diese Forderungen achtete u. die Kirche zu bedrücken fortfuhr, wurden 1600 seine vier Hauptanhänger hingerichtet u. er selbst 1602 des Thrones für verlustig erklärt, welchen nun, nachdem Johann, der Halbbruder Sigismunds, seinen Ansprüchen entsagt hatte, Herzog Karl als Karl IX. bestieg. Karl IX. that viel für Wissenschaften, Künste u. Gewerbe, schränkte den Abel ein u. begünstigte den Bauernstand. Die Geistlichkeit war ihm aufsässig, weil er sich Anfangs zu dem Calvinismus hinneigte, doch truger bald dem Eifer des Volkes für das Lutherthum Rechnung. Er ordnete die Reichsverfassung u. das Kriegswesen, begünstigte Handel u. Bergbau u. gründete neue Städte (1605 Uleå, Torneå u. Umeå, 1607 Gothenburg, 1608 Falun). Den Krieg mit Polen wegen Esthland setzte er mit abwechselndem Glück fort, bis zur Schlacht bei Kirchholm, 1609, wo er fast gefangen worden wäre. Um den erlittenen Verlust zu ersetzen, verhieß der König Allen adelige Rechte, welche sich gerüstet zum Fußvolk stellen würden. Mehr noch halfen die Unruhen in Polen. Unter der Aussicht Kexholm u. die dazu gehörigen Lehen zu erhalten, sandte Karl dem bedrängten Wasili Schuiskoi Hülfstruppen zu, welche 1610 bis Moskau u. 1611 bis Nowgorod vordrangen. Die schwedische Partei in Rußland rief den zweiten Sohn Karls, den Herzog Karl Philipp, zum Großfürsten aus u. huldigte ihm den 27. Aug. 1611 zu Nowgorod u. Archangel, während die polnische Partei dem polnischen Prinzen Wladislaw die Krone antrug. Die Fortschritte Karls IX. in Polen u. Rußland machten den König Christian IV. von Dänemark mißtrauisch, derselbe fiel daher 1611 unerwartet in S. ein u. belagerte Kalmar u. Elfsburg. Gustav Adolf, Karls Sohn, trieb ihn zurück u. eroberte Christianstad, doch fiel Kalmar durch Verrath des Commandanten den Dänen in die Hände, welche auch die Insel Öland eroberten, doch von Gustav Adolf bald wieder vertrieben wurden. Karl st. 30. Oct. 1611.

Sein Sohn Gustav II. Adolf, seines reifen Verstandes wegen, 17 Jahr alt von den Ständen auf dem Reichstage zu Nyköping 17. Dec. 1611 für mündig erklärt, übernahm nun am 25. Decbr. die Regierung. Er fand Adel u. Geistlichkeit mißvergnügt wegen beschränkter Vorrechte, Bürger u. Bauern unzufrieden wegen hoher Abgaben, aber er wußte sich durch sein leutseliges Benehmen, sowie durch Abänderung mancher von seinem Vater getroffenen harten Maßregeln, durch Milde u. Gerechtigkeit bald die allgemeine Liebe u. Achtung zu erwerben. Seine erste Sorge war tüchtige Männer an die Spitze der Geschäfte zu stellen; zum Reichskanzler wählte er Axel Oxenstjerna (s.d.); hierauf suchte er S. den Frieden wieder zu geben. Der Krieg mit Dänemark wurde verheerend im Lande geführt; der König betheiligte sich persönlich an demselben u. wäre fast in der Schlacht auf dem Eise des Sees Widsjö, 11. Febr. 1812, umgekommen; den ganzen Sommer hindurch dauerte der Krieg, meist zum Nachtheil für S., doch litten auch die Dänen von den Schaaren der Bauern große Verluste, so daß endlich auch der König Christian von Dänemark zum Frieden gestimmt wurde, welcher unter englischer Vermittlung 19. Jan. 1613 zu Knäröd in Halland zu Stande kam. Dänemark erhielt Sonnenburg mit der Insel Ösel u. ein Gebiet in Lappland abgetreten u. Jemtland u. Herjedalen zurück, dagegen bekam S. Kalmar, Öland u. gegen Zahlung von 1 Mill. Reichsthaler Elfsborg wieder. Darauf schloß der König 1614 mit den Niederlanden ein Bündniß auf 15 Jahre zum Schutz des Handels. Der zweite Krieg, welchen Gustav Adolf geerbt hatte, war der gegen Rußland, da sich sein Bruder Karl Philipp dort gegen seine Widersacher (s. oben) nicht behaupten konnte; Gustav [556] Adolf eroberte 1614 die Festung Augdow u. belagerte 1615 Pleskow; endlich kam, nach langen Unterhandlungen, auch unter Englands Vermittlung her Friede mit Rußland zu Stolbowa 27. Febr. 1617 zu Stande, durch welchen Rußland an Schweden Kexholm u. die Festungen Iwangorod, Jamburg, Koporin u. Nöteborg (Schlüsselburg) in Ingermanland u. Karelen abtrat, die Ansprüche auf Livland bestätigte u. 20,000 Rubel bezahlte. Der Krieg mit Polen war seit Karl IX. durch immer erneute Waffenstillstände unterbrochen worden; da aber der polnische König Sigismund seine Rechte auf S. nicht aufgeben wollte, so begann 1617 der Krieg wieder, wurde aber 1618 durch einen neuen Waffenstillstand auf zwei Jahre unterbrochen, nach dessen Ablauf, da die Polen nichts von dem Frieden wissen wollten, Gustav Adolf im Juli 1621 mit einer großen Flotte u. 24,000 Mann nach Livland zog, wo er Riga belagerte u. 16. Sept. eroberte, dann nach Kurland marschirte u. Mitau u. mehre Festungen nahm; der 1622 fortgesetzte Krieg wurde dann 1623 wieder durch einen Waffenstillstand unterbrochen, worauf Gustav Adolf das Jahr 1624 ganz den inneren Sorgen für sein Reich widmen konnte. Der dritte Feldzug gegen Polen 1625 vollendete die Eroberung Livlands u. sicherte den Besitz Kurlands; 7. Jan. 1626 schlug Gustav Adolf die Polen bei Wellhof an der Düna u. verlegte dann den Krieg nach Polnisch-Preußen, wo er Pillau, Braunsberg, Elbing, Marienburg u.a. Städte eroberte. Nachdem der Krieg noch über 21/2 Jahr gewährt hatte, kam endlich ein sechsjähriger Waffenstillstand zu Altmark bei Stum, 16. Sept. 1629, unter französischer Vermittlung zu Stande, in welchem Gustav Adolf Elbing, Braunsberg, Pillau u. Memel behielt, die anderen Eroberungen an Polen, Kurland u. Brandenburg zurückgegeben wurden.

Zur Abschließung dieser Waffenruhe hatte den König Gustav Adolf bes. das Mißtrauen gegen die umsichgreifende Übermacht des Kaisers Ferdinand II. in Deutschland u. die Bedrohung der Freiheit der Protestanten daselbst bestimmt. Er beschloß nun seinen Glaubensgenossen zu Hülfe zu kommen, machte diesen Entschluß den am 19. Mai 1630 in Stockholm versammelten Reichsständen bekannt, stellte denselben seine vierjährige Tochter Christine als seine Thronerbin vor, schiffte sich 23. Juni mit 15,000 Mann ein u. landete 4. Juli an Runden in Pommern. Welche Thaten er in Deutschland verrichtete, wie er die Sache der Protestanten unterstützte, die Kaiserlichen aus Pommern u. fast ganz Norddeutschland zurückdrängte u. bis an den Rhein u. in das Herz von Süddeutschland vordrang, aber am 6. Novbr. 1630 in der Schlacht bei Lützen fiel, s.u. Gustav 2) u. Dreißigjähriger Krieg S. 312 ff. Trotz der unausgesetzten Kriege, welche Gustav Adolf führte, u. der Aufmerksamkeit, welche er den allgemeinen europäischen Verhältnissen schenkte, sorgte er doch auch für das Wohl u. die Ordnung seines Landes; er gab 1617 die Reichstagsordnung, welche wieder einen regelmäßigen Gang in das dissolute Wesen des Reichstags brachte, u. errichtete 1625 das Ritterhaus als erste Abtheilung des Retchstages (s. oben S. 542); in das Steuerwesen brachte er mehr Vegetmäßigkeit u. führte die allgemeine Miltäraushebung ein; freilich wuchs unter ihm die von Erich XIV. u. Karl IX. herrührende Reichsschuld, welche auch weder durch den Verkauf u. die Verpfändung der Krongüter, noch durch die von der Regierung an sich gezogenen Monopolien abgewendet u. gemindert werden konnte; aber die Gewerbe, namentlich für Kriegsbedürfnisse, blühten unter ihm, für die reichlichere Ausbeutung der Metallschätze des Landes wurde gesorgt, der Handel im Innern gehoben u. die Straßen verbessert; in allen Zweigen der Verwaltung wurden Fortschritte gemacht durch Einsetzung des Kriegscollegiums, der Landeshauptmannschaften, des Hofgerichtes, u. wir unter Karl IX. die Redaction des Landgesetzes zustandegekommen war, so unter Gustav Adolf die des Stadtgesetzes; die von ihm beabsichtete Einsetzung eines allgemeinen Landesconsistorium wurde nicht ausgeführt, dagegen förderte er den Unterricht, begabte die Universität Upsala mit großen Donationen u. errichtete zuerst Gymnasien in S.

Christine, das einzige Kind Gustav Adolfs u. der Marie Eleonore geb. Prinzessin von Brandenburg, war bei dem Tode ihres Vaters erst sechs Jahr alt; die Regierung übernahmen nach des Vaters Bestimmung fünf Reichsräthe, von denen Axel Oxenstjerna die Hauptleitung erhielt, welche er von Deutschland aus führte. Durch die Schlacht bei Nördlingen 1634 stieg die Macht des Kaisers wieder, u. S. gab, von Frankreich bewogen, dir Eroberungen in Preußen heraus. 1635 wurde ein abermaliger Waffenstillstand mit Polen auf 25 Jahre geschlossen, u. S. war hierdurch im Stande den Krieg in Deutschland mit größerem Nachdrucke zu führen. Obgleich die Heere dort durch Werbungen ergänzt wurden, so mußten doch in S. schmerzlich gefühlte Aushebungen gemacht werden. 1643 brach ein neuer Krieg mit Dänemark aus; König Christian IV. in der Meinung, daß S. wegen der Beschäftigung in Deutschland ihm nicht Widerstand leisten könne, suchte einige streitige Provinzen zurückzuerobern. Aber Torstenson eilte aus Mähren nach Holstein u. eroberte den größten Theil von Dänemark, während Horn sich Schoneus, Blekingens u. Hallands bemächtigte. Auch zur See waren die Schweden glücklich, u. es kam 13. Aug. 1645 der Friede zu Brömsebro zu Stande, durch welchen S. Jemtland, Herjedalen, die Inseln Gothland u. Ösel für immer, Halland auf 30 Jahre u. die Befreiung vom Sundzoll erhielt. Noch vorher hatte Christine 8. Dec. 1644 die Regierung selbst übernommen. Sie war gelehrt u. geistvoll, doch launenhaft, verschwenderisch u. wankelmüthig; sie beförderte den Handel u. verbesserte die gelehrten u. literarischen Anstalten, bereicherte den Adel durch Schenkungen, hielt einen glänzenden Hof, umgab sich mit Gelehrten u. gestattete den Familien de la Gardie, Brahe u. Torstenson zu großen Einfluß auf die Regierung. Durch den Westfälischen Frieden (1648), welcher den Dreißigjährigen Krieg (s.d. S. 328) endigte, erwarb S. Bremen, Verden, Vorpommern, einen Theil von Hinterpommern u. Wismar. Christine schlug die Bewerbung des Prinzen Karl Gustav von Pfalz-Zweibrücken, ihres Cousins, um ihre Hand aus, bewog aber, da sie unvermählt bleiben wollte, den Reichsrath 1649 den Prinzen Karl Gustav zu ihrem Nachfolger zu bestimmen. 1650 ließ sie sich krönen. Von jetzt an begann sie zu verschwenden, erhob statt des Grafen de la Gardie den Marchese Monaldeschi (s.d.), einen Italiener, zu ihrem Günstling u. vergaß die[557] Staatsgeschäfte über den gelehrten Beschäftigungen, bes. mit Astronomie u. Numismatik. Als sich darüber eine allgemeine Unzufriedenheit im Lande äußerte, erklärte Christine 1651 dem Senat abdanken zu wollen, ließ sich aber durch Oxenstjerna bewegen fort zu regieren. Da sich indeß das Mißvergnügen im Lande mehrte, namentlich Geistlichkeit, Bürger u. Bauern über die Begünstigung des Adels sich tadelnd aussprachen u. eine Verschwörung, von Messenius geleitet, nicht nur die Günstlinge der Königin, sondern sie selbst bedrohete, so trat sie 6 Juni 1654 die Krone wirklich an Karl Gustav ab u. verließ Schweden (s.u. Christine 1).

Karl X. Gustav war der Sohn von Gustav Adolfs Halbschwester Katharina u. dem Pfalzgrafen Johann Kasimir von Zweibrücken. Kleburg. Da der polnische König Johann Kasimir, der Sohn des Königs Sigismund II 1. (s. oben S. 556), welcher eigentlich nähere Anrechte an den schwedischen Thron als Karl X. hatte, gegen dessen Thronbesteigung protestirte, so brach Karl X. sogleich den Waffenstillstand, griff Polen an u. drang siegreich bis Warschau vor, welche Stadt sich ihm 30. Aug. ergab. Karl X. erklärte sich nun auch als König von Polen u. zwang Johann Kasimir nach Schlesien zu fliehen. Friedrich Wilhelm, Kurfürst von Brandenburg, kam wegen Preußen, welches Polen lehnbar war, mit Karl X. in Lehnsverhältniß. Dieser wollte die Lehn nicht, wie Friedrich Wilhelm verlangte, nachlassen, sondern rückte in Preußen ein, eroberte mehre Städte u. schlug die brandenburgischen Truppen, trat aber dem Kurfürsten, um denselben in sein Interesse zu ziehen, im Januar 1656 Ermeland ab u. versprach ihm vier Woiwodschaften in Polen. Im Winter erhoben sich die Polen, Karl X. sendete ein neues Heer dahin, schlug den Kronfeldherrn Czarnecki bei Colomba u. gewann, da die Polen, während Karl X. gegen Danzig gezogen war, Warschau wiedergenommen hatten, mit dem Großen Kurfürsten vereinigt die dreitägige Schlacht bei Warschau, vom 18–20. Juli 1655, worauf er dem Kurfürsten die Souveränetät über Preußen u. Ermeland gab. Polen half sich durch einen schnellen Waffenstillstand mit Rußland im Novbr. 1656, u. der Czar Alexis Michailowitsch ergriff gegen S. die Waffen u. belagerte Riga. Zwar schloß Karl X. 1658 einen Waffenstillstand mit ihm., aber Dänemark, Österreich, Frankreich, England u. Holland waren durch das Kriegsglück Karls X. aufmerksam geworden. Dänemark wollte, von Holland aufgeregt, von der Lage des in Polen beschäftigten Karl X. Gewinn ziehen, verband sich mit Brandenburg u. eroberte das Herzogthum Bremen, dazu versprach Holland mit einer Flotte im Sund zu erscheinen. Karl X. übergab nun das Commando seinem Bruder Adolf u. sandte Wrangel mit 12,000 Mann nach Deutschland, vertrieb die Dänen aus Bremen u. eroberte Holstein, Schleswig u. Jütland, ging zu Anfang des Jahres 1658 über den gefrornen Belt nach Fünen, schlug die Dänen u. ging nach Seeland. Erschreckt verstand sich Dänemark zum Frieden von Roskilde (26. Febr. 1558), durch welchen Karl Halland, Schwanen, Blekingen, Bonus, Drontheim u. die Insel Bornholm erhielt. Nach kurzer Ruhe brach der Krieg wieder aus; Karl X. fiel im Aug. 1658 von Holstein aus in Seeland ein, konnte aber Kopenhagen nicht erobern, eine holländische Flotte erschien im Sunde u. schlug die Schweden am 29. Oct. England erklärte sich 1659 für S., aber der Kurfürst van Brandenburg fiel als dänischer Verbündeter in Pommern ein u. auch der Deutsche Kaiser sendete den Dänen Hülfe. Karl mußte die Belagerung von Kopenhagen aufgeben u. starb bald darauf 13. Febr. 1666 in Gothenburg. Sein Bestreben Polen u. Dänemark zu vernichten, um S. die Ostseeherschaft zu erwerben, wurde der Grund seines Unterganges; für das Innere konnte er, bei der kurzen Zeit seiner Regierung, welche auch noch dazu in Kriegen aufging, wenig thun, doch die Ausarbeitung des Kirchengesetzes that einen Fortschritt, die unter Christinens Vormündern begonnene Verbesserung des Landesgesetzes wurde fortgesetzt, die Universität zu Upsala verbessert u. die Stiftung der zu Lund vorbereitet, die Ausbeutung der Eisenbergwerke erweitert.

Karls X. einziger Sohn Karl XI. war erst vier Jahre alt, daher übernahm die verwittwete Königin, Hedwig Eleonore von Holstein-Gottorp, mit fünf Reichsräthen, deren wichtigster der Reichskanzler Graf de la Gardie war, die Regierung. Alsbald nach Karls X. Tode kehrte auch die Königin Christine nach S. zurück u. erbot sich, im Fall der junge Kronprinz sterben sollte, die Regierung wieder übernehmen zu wollen. Indessen dieser Einfall der mißliebigen Königin, welche zudem katholisch geworden war, wurde sehr ungünstig aufgenommen u. sie selbst zur Vollziehung einer förmlichen Entsagungsacte genöthigt, worauf sie das Land wieder verließ. Die Regentschaft bestrebte sich den Krieg zu endigen, daher kam mit Polen der Friede zu Oliva am 6. Mai 1660 zu Stande, worin Polen Esthland u. Livland an S. abtrat, welches dagegen Kurland zurückgab, auch verzichtete König Johann Kasimir von Polen auf seine Ansprüche an die schwedische Krone; mit Dänemark wurde am 26. Juni der Friede zu Kopenhagen geschlossen, Schonen Halland, Blekingen u. Bohns blieben bei S., Holstein-Gottorp erhielt die Souveränetät über seinen Antheil an Schleswig, Bornholm u. Drontheim fielen an Dänemark zurück; mit Rußland endlich wurde 1661 der Friede zu Kardis, auf Grundlage des Friedens zu Stolbowa, geschlossen. 1665 ließ der Graf de la Gardie durch den Admiral Wrangel die Stadt Bremen angreifen, doch verhinderten Kaiser u. Reich die Eroberung. S-s Ansehen im Auslande bewies der Friede zu Aachen, welcher zwischen England, Frankreich u. Holland 1668 durch S-s Vermittlung geschlossen wurde. 1572 übernahm Karl XI. die Regierung selbst, ließ sich aber durch seine Minister Lindskiold u. de la Gardie zu einem Bündniß mit Frankreich gegen Dänemark u. Brandenburg überreden, welches schlimme Folgen hatte. Karl XI. ließ nämlich 1675 seinen Feldherrn Wrangel das Kurfürstenthum Brandenburg besetzen; der Kurfürst Friedrich Wilhelm kehrte aber schnell vom Rhein zurück, schlug die Schweden 18. Juni bei Fehrbellin u. eroberte einen großen Theil von Vorpommern. S. hatte nun außer Brandenburg, Holland, Dänemark noch mehre Reichsfürsten zu Gegnern u. wurde von dem Kaiser für einen Feind des Deutschen Reichs erklärt. 1675 bis 1678 gingen Bremen, Verden, Wismar u. der größte Theil von Pommern, u.a. Stralsund u. Greifswald, verloren, u. S. erlitt zur See gegen die Dänen u. auch zu Lande große Verluste. Der Sieg der Schweden 4. Dec. 1678 bei Lund u. 14. Juli 1577 bei Landskrona u. die Erhaltung[558] der Festung Malmö gegen den Sturm der Dänen 26. Juni 1677 wurde durch die Niederlage zur See in der Kiögebucht durch die Dänen 1. Juli 1677 aufgehoben, u. diese Unfälle beschloß 1579 der gänzlich verunglückte Versuch der S. Preußen zu erobern. Nur Frankreichs Ansehn rettete S. Durch die Friedensschlüsse von St. Germain en Laye, Nimwegen, Fontainebleau u. Lund 1679 erhielt S. zwar alles Verlorne bis auf einen Theil von Pommern zurück, allein es hatte 40 Schiffe u. mehr als 100,000 Mann verloren, sich mit 50 Mill. Thlrn. Schulden belastet u. mehre Provinzen waren verwüstet. Der König suchte nun durch friedliche, aber kräftige Regierung diesen Übeln abzuhelfen, wobei ihm Johann Gyllenstjerna, welcher aber schon 1680 starb, beiräthig war. Die schon von Gustav Wasa begonnene Reduction, d.h. die Wiedervereinigung der früher an Geistlichkeit u. Adel verschenkten, verpfändeten od. verkauften Krongüter mit der Krone, führte er in ausgedehntem Maße durch, indem er seit 1680 10 Grafschaften, 70 Freiherrschaften u. viele adelige Güter wieder zum Krongute schlug, wodurch er die Macht des Adels schwächte. Den Reichsrath verwandelte er in einen königlichen Rath. Gegen Ludwigs XIV. Anmaßungen schloß er 1881 mit dem Kaiser, Holland etc. einen Vertheidigungsbund, nahm aber an dem Kriege nicht Theil. 1682 wurde das Thronfolgerecht auf die weiblichen Nachkommen ausgedehnt u. dem König eingeräumt neue Gesetze zu geben u. mit den Krongütern u. bei Kriegsangelegenheiten nach Gutdünken zu verfahren. 1692 machte Livland wegen Beraubung seiner Rechte Vorstellungen beim König, welche Patkul überbrachte, der aber gefangen u. zum Tode verurtheilt wurde u. nur durch die Flucht sich rettete (später aber unter Karls XI. Nachfolger noch hingerichtet wurde, s. Patkul). Durch genauen Staatshaushalt trug er nicht nur die drückendsten Schulden ab, sondern sammelte auch einen Schatz von mehren Mill. Thalern, er beförderte Gewerbe u. Handel, führte die schon von seinem Vater entworfenen Pläne zur Gründung einer Bank u. der zweiten Landesuniversität in Lund aus, baute das Schloß in Stockholm u. unterstützte in der, durch den Mißwachs 1695 f. erzeugten Noth die Armen mit großen Getreidegaben; er knüpfte mit Persien Handelsverbindungen an, u. durch ihn erlangte die schwedische Frachtschifffahrt große Wichtigkeit u. wurde die Land- u. Seemacht auf guten Fuß gesetzt u. Kriegsvorräthe gesammelt. Als Dänemark den Herzog von Holstein seines Antheils an Schleswig beraubte, rüstete sich Karl XI. zu neuem Kriege u. erlangte dadurch 1689 den Altonaer Vergleich. Er starb 15. April 1697.

Für seinen erst 15 Jahre alten Sohn Karl XII. sollte dessen Großmutter Ulrike Eleonore mit fünf Reichsräthen die Vormundschaft führen; doch schon nach sieben Monaten ließ sich Karl für volljährig erklären u. übernahm die Regierung selbst. Bei seiner Abneigung vor Regierungsgeschäften schien es den Souveränen von Rußland, Polen u. Dänemark leicht wieder zu erobern, was sie einst an Schweden verloren hatten, u. sie machten deshalb ein Bündniß zu diesem Zwecke mit einander. Im Febr. 1700 brach König August von Polen in Livland ein, König Friedrich IV. von Dänemark überfiel den Herzog von Holstein, Schwager Karls, u. Czar Peter I. von Rußland zog ein Peer zusammen. Im Mai ging Karl mit seiner; durch englische u. holländische Schiffe verstärkten Flotte vor Kopenhagen, doch beendigte bereits am 8. Aug. der Travendaler Friede, in welchem der Herzog von Holstein in seine Rechte eingesetzt wurde, den Krieg mit Dänemark. Nun wandte sich Karl gegen Rußland, vernichtete das russische Heer 30. Nov, bei Narwa, vertrieb darauf das polnisch-sächsische aus Livland, stürzte 1703 den König von Polen vom Thron u. verfolgte ihn 1706 in sein Stammland Sachsen, s. Nordischer Krieg S. 87 ff. Aber unterdessen hatte Peter I. Ingermanland erobert u. schlug Karls Heer, welcher nach Rußland geeilt war, 8. Juli 1709 bei Pultawa gänzlich. Während Karl, welcher nach der Türkei geflohen war, den Sultan zum Krieg gegen Rußland zu bereden suchte, ergriffen Dänemark u. Polen die Waffen aufs Neue wider ihn, aber in seiner Abwesenheit besiegte General Stenbock mit 14,009 bewaffneten Bauern die Dänen 10. März 1711 bei Helsingborg u. warf sie aus Schonen hinaus; weniger glücklich war das nach Finnland gegen die Russen gesendete Heer. Nachdem Karl bis 1714 in der Türkei gewesen war u. den Sultan vergebens zum Krieg gegen Rußland zu bereden gesucht hatte, kehrte er zurück, setzte den Krieg gegen seine Feinde fort u. wollte Norwegen erobern, blieb aber 30. Nov. 1718 vor der Festung Friedrichshall; darüber s. Nordischer Krieg S. 89 f. Karls Pläne waren großartig, selbst für das Innere des Landes, für Handel, Industrie u. Wissenschaften sorgte er, wie er denn auch 1711 ein Handelscollegium errichtete, das Postwesen verbesserte u. die Akademie der Wissenschaften stiftete; aber durch die Kriegsaufwände wurden die Finanzen zerrüttet u. die Kräfte des Landes erschöpft, die Verwaltung u. die Justiz geriethen in Verfall; ein königliches Edict drohete Allen, welche die Lutherische Confession verließen, mit Landesverweisung u. Güterconfiscation; die Finanzverwirrung wurde namentlich Karls Minister, dem Grafen Görtz (s.d. 1) Schuld gegeben, weshalb derselbe im März 1719 hingerichtet wurde. Mit Karls XII. Tode hörte S. auf eine Großmacht zu sein.

Da Karl XII. keine Kinder hatte, so trat das weibliche Thronfolgerecht ein. Von Karls beiden Schwestern war die ältere, Hedwig, bereits verstorben, sie hinterließ aber aus ihrer Ehe mit dem Herzog Friedrich von Holstein einen Sohn, Karl Friedrich; doch die Reichsstände wollten diesen nicht haben, sondern wählten Karls jüngere Schwester Ulrike Eleonore, welche 1720 ihrem Gemahl, dem Landgrafen Friedrich von Hessen die Regierung übertrug. Es wurde nun vom Reichstage eine Veränderung der Regierungsverfassung vorgenommen, welche die Königin in der Versicherungsakte anerkennen mußte. Die königliche Macht wurde dadurch gelähmt, daß der König das Regiment mit einem Reichsrath von 24 Personen theilen mußte; die Adelsparteien herrschten u. stritten um den entscheidenden Einfluß. Zunächst wurden die Kriege durch Friedensschlüsse geendigt: 20. Nov. 1719 mit Hannover, welches Bremen u. Verden erhielt; am 1. Febr. 1720 in Stockholm mit Preußen, an welchen Staat Stettin u. Vorpommern bis an die Peene abgetreten wurde; am 14. Juni in Friedrichsburg mit Dänemark, worin S. auf die. Freiheit vom Sundzoll verzichtete; 7. November mit Polen; 10. Septbr. 1721 in Nystädt mit Rußland, worin S. Livland, Esthland, Ingermauland u. einen Theil[559] von Wiborgslän abtrat, s. Nordischer Krieg S. 90. Der Adel zerfiel in zwei Hauptparteien: die der Mützen unter Graf Horn, welche unter russischem, u. die der Hüte unter Graf Gyllenborg, welche unter französischem Einfluß stand. Trotz verschiedener Handelsverträge kamen, um die Geldmittel zu mehren, 1726 die Banko-Transportzettel auf. 1729 schloß S. mit Algier u. 1737 mit der Pforte seinen Handelsvertrag, 1731 wurde die Ostindische Handelsgesellschaft, zu Gothenburg 1739 das Assecuranzcomptoir errichtet, die Akademie der Wissenschaften zu Upsala 1728 bestätigt, ein neues Gesetzbuch erschien 1738. Da der Major Sinclair, welcher als schwedischer Geschäftsträger in Constantinopel gewesen, auf der Rückreise von den Russen ermordet worden war, kam es auf Betrieb der Hüte 1741 zum Kriege mit Rußland, welchen aber S. mit Unglück führte. Das Heer unter Wrangel wurde bei Wilmanstrand geschlagen u. Wrangel gefangen, u. als die Friedensanträge der Kaiserin Elisabeth zurückgewiesen wurden, verwüstete ein russisches Heer Finnland u. schlug die S. unter Lewenhaupt. Die Unzufriedenheit darüber war allgemein u. die Dalekarlier erregten einen Aufstand, aber die Regierung schloß am 17. Aug. 1743 zu Åbo Frieden mit Rußland, worin S. einen Theil Finnlands bis an den Kymenefluß an Rußland abtrat; die Generale Lewenhaupt u. Buddenbrock wurden als Urheber der Unfälle hingerichtet u. der Aufstand in Dalekarlien streng bestraft. Die Königin Ulrike Eleonore war 1741 ohne Nachkommen gestorben u. der König war schon zu bejahrt, als daß für ihn noch Hoffnung auf Nachkommen gewesen wäre, daher wurde auf Rußlands Betrieb Herzog Peter Ulrich von Holstein zum Thronfolger gewählt, doch da er auch zum russischen Thronfolger berufen worden u. zur Griechischen Kirche übergetreten war, wurde der Herzog Adolf Friedrich von Holstein-Eutin u. Bischof von Lübeck, Sohn Christian Augusts, des Neffen Karls X, gewählt u. nun gab Rußland, mit dieser Wahl zufrieden, das eroberte Finnland zurück. König Friedrich gestattete 1741 den Reformirten Ausübung ihres Cultus im Lande (ausgenommen in Karlskrona), erneuerte den Seraphinen- u. Schwertorden u. stiftete 1748 den Nordsternorden u.st. 5. April 1751.

Mit Adolf Friedrich kam das Haus Holstein-Eutin auf den schwedischen Thron; dieser König hatte noch mehr von den Parteien zu leiden als seine Vorgänger, denn die Mützen u. Hüte entrissen der Krone das letzte Vorrecht, die Vergebung der Ämter, sie leiteten die Erziehung der Prinzen, ließen Mehre, welche 1756 zu Gunsten des Königs eine Reform der Verfassung versuchten, hinrichten u. ertheilten dem Reichstage die Macht alle Ausfertigungen, welche der König nicht unterzeichnete, mit seinem Namen auszugeben u. ließen ihre Grundsätze in den Katechismus aufnehmen. Selbst das Volk murrte über die große Herabwürdigung der königlichen Macht. Um die Aristokraten zu stürzen, entspann sich mit Vorbewußt der Königin Luise Ulrike, einer Schwester Friedrichs des Großen, 1756 eine Verschwörung unter dem Grafen Brahe, den Freiherren Horn, Wrangel n.A. zur Änderung der Verfassung, allein die Verschwörung wurde dem Reichsrathe verrathen u. die Häupter starben 13. Juli auf dem Blutgerüst, ihre Gegner aber erhoben sich um so mächtiger. Unter dem Einfluß der Partei der Hüte wurde S. in den Siebenjährigen Krieg (s.d.) verwickelt, wodurch das Reich abermals mit Schulden belastet u. kein Erfolg errungen wurde. Der Friede zu Hamburg 1762 setzte diesem Kriege ein Ziel, aber der Wohlstand des Reiches war auf das tiefste gesunken. Das Papiergeld hatte überhand genommen, das baare war verschwunden u. die Lebensmittel galten hohe Preise. Als der König zum zweiten Mal mit seiner Forderung den Reichstag zusammenzuberufen vom Reichsrath abgewiesen wurde, legte er 1768 die Regierung nieder. Nun rief der Reichsrath einen Reichstag zusammen, u. nachdem dieser alle seit 1720 gemachten Einschränkungen der königlichen Rechte beseitigt hatte, übernahm der König die Regierung wieder, st. jedoch schon 12. Febr. 1771, u. sein ältester Sohn Gustav III. folgte ihm.

Gustav III. war mit seinem Bruder Friedrich gerade auf einer Reise in Paris u. mußte die Staatsverfassung von 1720 urkundlich anerkennen. Er hatte aber, die Gegner täuschend, schon bei seines Vaters Leben die königliche Macht zu vermehren gesucht, obgleich er, den Freuden der Jugend ergeben, die Staatsangelegenheiten keiner Aufmerksamkeit zu würdigen schien. Auf dem Reichstage 1772 machte der Adel wieder hohe Forderungen zur Beschränkung der Königsgewalt, Gustav III. unterzeichnete auch ohne Widerspruch die neue Versicherungsacte vom 5. März d.i., weil er wußte, daß dadurch der Adel sich den anderen Ständen um so verhaßter machte. Der König nährte die Unzufriedenheit derselben u. beklagte das Treiben der Parteien; ein drückender Lebensmittelmangel wurde der Nachlässigkeit des Reichsrathes zugeschrieben; die Partei der Mützen hatte die vormals übermächtige der Hüte überflügelt. Alles dies diente der Absicht des Königs zur Unternehmung einer Revolution, u. während er seinen beiden Brüdern, Karl u. Friedrich, die Statthalterschaften Schonen u. Ostgothland u. seinem Getreuen Sprengporten die Leitung der Angelegenheiten in Finnland ertheilt hatte, machte er sich die Besatzung der Hauptstadt geneigt. Am 12. Aug. 1772 kündigte verabredeter Maßen der Hauptmann Hellichius, Commandant von Christianstad, den Ständen den Gehorsam auf. Der Prinz Karl zog mit Genehmigung des Adels in Schonen einige Regimenter zusammen u. belagerte scheinbar Christianstad, während der König am 19. August die Garde u. die Artillerie bewog ihm zu huldigen, worauf er die Mitglieder des Reichsrathes verhaften u. sich von den Bürgern u. dem Stadtmagistrat von Stockholm ebenfalls huldigen ließ. Die neue Verfassung war bereits nach der von 1680 ausgearbeitet, der König hatte sich darin die Besetzung aller Ämter, die Zusammenberufung u. Auflösung des Reichstages, das Recht Bündnisse u. Frieden zu schließen u. den alleinigen Befehl über die Kriegsmacht vorbehalten, Zur Anerkennung dieser Verfassung berief er die Stände, unter der Drohung, daß alle Nichterscheinenden als Landesverräther betrachtet werden, auf den 31. August in das Schloß nach Stockholm, welches mit Militär u. Artillerie besetzt war. Die Stände nahmen die Verfassung an u. beschworen dieselbe. Darauf wurde der Reichsrath freigelassen, die Angestellten blieben in ihren Ämtern. Niemand wurde wegen seiner früheren Handlungen vom König bestraft, Hellichius u. Sprengporten wurden belohnt, der Prinz Karl zum Herzog von Ostgothland ernannt. Nun zeigte König Gustav III. eine weise [560] Thätigkeit zum Besten des Staates, er unternahm die altübliche Reise durchs Reich, gewann das Volk durch Herablassung u. suchte sich über dessen Bedürfnisse zu belehren, er verbesserte das Gerichtswesen u. schaffte die Folter ab, sorgte für die Kranken- u. Armenanstalten, für den Acker- u. Bergbau, für die Finanzen durch öffentlichen Credit, für den Handel durch eine Discontokasse, durch Erwerbung der Insel St. Barthelemy u. durch Handelsverträge, unterstützte Künste u. Wissenschaften, suchte dem Luxus durch eine der spanischen nachgebildete Nationaltracht (bestehend in Jacke, Schärpe, kurzen Beinkleidern, Strümpfen u. schwarzen Schuhen mit Hacken) zu steuern, verbesserte die Schulanstalten, gab die Presse frei u. vermehrte die Land- u. Seemacht. Dagegen führte er einen allzu glänzenden Hofstaat ein u. belastete dadurch das Land mit Steuern. Unter ihm beschloß der Reichstag 1779, daß allen christlichen Confessionsverwandten, wenn sie sich im Lande niederlassen wollten, freie Religionsübung gestattet sein sollte. 1780 vereinigte sich Gustav III. mit Rußland u. Dänemark zu einer bewaffneten Neutralität gegen England. Ungeachtet der König so eine segensreiche Thätigkeit für das Land entwickelte, unterließ der in seinen Vorrechten gekränkte Adel nichts, das Volk wider ihn einzunehmen. Als der König 1783 eine Reise durch Europa machte, während das Land durch Mißwachs u. Theuerung litt, wurde er als ein Verschwender dargestellt u. ihm seine Prachtliebe zum Vorwurf gemacht, worauf in Dalekarlien ein Aufstand ausbrach; durch das Verbot des Branntweinbrennens 1786 erregte er den Unwillen der Bauern u. sah sich genöthigt dasselbe 1787 wieder aufzuheben. Am widerspenstigsten zeigte sich der Adel, als der König 1788 einen Krieg gegen Rußland begann, um Livland u. den den Russen abgetretenen Theil Finnlands zurückzuerobern. Ohne Zuziehung der Stände griff der König Nyslot an u. bedrohte Frederikshamn, während der Herzog Karl eine Seeschlacht im Finnischen Meerbusen gewann. Nun verweigerten aber die adeligen Offiziere, weil der König ohne Genehmigung des Reichstages keinen Angriffskrieg beginnen dürfe, den Gehorsam, verleiteten auch die Gemeinen zur Meuterei u. unterhandelten eigenmächtig mit der Kaiserin von Rußland wegen eines Waffenstillstandes. Der König übergab den Befehl seinem Bruder u. ging nach Stockholm, wo er die Bürger auf seiner Seite fand Unterdessen bedrohten die Dänen Gothenburg; Gustav ging nach Dalekarlien, forderte die Landleute zum Beistand auf u. zog zum Entsatz nach Gothenburg; doch hatten auf Englands u. Preußens Vorstellungen die Dänen sich zurückgezogen. Gustav berief im Februar 1789 den Reichstag nach Gothenburg u. bewirkte, daß ihm die Stände durch die Unionsacte eine größere Macht, bes. das Recht Krieg anzufangen, einräumten. Der Adel setzte sich dagegen, doch der König ließ die Führer verhaften u. ertheilte den bürgerlichen Ständen das Recht adelige Güter zu besitzen. Nun setzte Gustav den Krieg mit den Russen fort. Diese hatten aber ein Landheer von 60,000 Mann zusammengezogen u. ihre Seemacht in Stand gesetzt. Der König errang einige Vortheile in den Treffen bei Udismalm u. Likala, doch bei Frederikshamn störte ihn die Verrätherei des Generals Kaulbars. Eben so vereitelte der Admiral Liljehorn den Sieg des Herzogs Karl bei Bornholm, u. die Russen siegten bei Haysors. Dagegen schlug Gustav 1790 die Russen 15. April bei Wilmanstrand u. 30. April bei Walkiala, griff am 15. Mai mit der Scheerenflotte die russische Flotte unter dem Prinzen von Nassau bei Frederikshamn an u. eroberte 38 Schiffe. Nun wollte er Petersburg angreifen u. landete 9 Meilen davon, zugleich griff der Herzog Karl 3. Juni die russische Flotte vor Kronstadt an Diese erhielt aber Zeit sich mit der von Reval zu vereinigen, wodurch sie der schwedischen so überlegen wurde, daß sich diese 6. Juni in die Bucht von Wyborg zurückzog; auch Gustav schiffte sich wieder ein. Die russische vereinigte Flotte schloß nun die schwedische in einer Bucht ein u. der König entkam nach blutigem Kampfe 3. Juli während eines früchterlichen Sturmes nur mit großem Verluste. Im Svenskasund griff der Prinz von Nassau 9. Juli die Schweden an, welche aber die russische Flotte vernichteten u. 55 Schiffe u. 643 Kanonen eroberten. Nun machte Gustav III. mit Rußland den Frieden zu Wärälä den 14. August 1790, in welchem Alles blieb, wie es vor dem Ausbruche des Krieges gewesen war, u. schloß am 19. Oct. 1791 ein Bündniß mit Rußland. Auf dem Reichstag zu Gefle bewilligten die Stände die Summen, um die Staatsschulden binnen 10 Jahren zu tilgen. Unter dem Adel nahm inzwischen der Haß gegen den König immer mehr zu u. es bildete sich eine Verschwörung gegen dessen Leben. Die vornehmsten Rädelsführer waren die Grafen Nikolaus Horn u. Adolf Ribbing, die Freiherren Thure u. Bielke, der General Pechlin, der Oberstlieutenant Liljehorn, der Adjutant Ehrenswärd u.a., u. auf einem Maskenball wurde der König in der Nacht 15./16. März 1792 von einem der Verschworenen, dem Gardehauptmann Anckarström, durch einen Pistolenschuß tödtlich verwundet, er lebte noch 13 Tage u. konnte die Angelegenheiten des Reiches ordnen; daher der Plan des Adels seine Vorrechte wieder zu gewinnen mißlang; der König st. 29. März.

Da sein Sohn Gustav IV. Adolf erst 14 Jahre alt war, so führte sein Oheim, Herzog Karl von Südermanland, die Regierung bis 1796. Mit Dänemark kam 1794 ein Schifffahrts- u. Handelsvertrag zu Stande u. die Französische Revolution wurde anerkannt. Rußland fand sich dadurch beleidigt, um so mehr, als sich die Vermählung des jungen Königs mit einer russischen Prinzessin zerschlug Gustav IV. trat 1. Nov. 1796 die Regierung selbst an, 1797 bildete sich unter Armfelt eine neue Verschwörung gegen die königliche Macht, welche aber entdeckt u. bestraft wurde. Der König führte zweckmäßige Sparsamkeit im Hofhalt u. bei der Staatsverwaltung ein, belebte den Landbau u. vergrößerte die Seemacht; ihm standen aber Theuerung u. das Sinken des Papiergeldes entgegen u. das Volk wurde durch strenge Einfuhrverbote u. hohe Besteuerung der Luxuswaaren unzufrieden. Wegen der auf dem Reichstag in Norköping erlangten Genehmigung die Reichsbankzettel auf 1/6 des Nennwerthes herabzusetzen, legten mehre des Adels ihre Ämter nieder, andere verzichteten auf die Adelswürde. Die Spannung S-s mit Rußland nahm mit dem Regierungsantritt des Kaisers Paul ein Ende, u. Gustav trat 1801 der Nordischen Neutralität bei, in dessen Folge England St. Barthelemy besetzte u. die schwedischen Schiffe mit Beschlag belegte, was S. erwiderte. Wegen eines zu befürchtenden Angriffes von England[561] wurde 1803 Wismar für 1,200,000 Bancothaler an Mecklenburg-Schwerin verkauft. Nach dem Tode Pauls löste sich die Neutralität auf, England gab St. Barthelemy zurück u. schloß mit S. am 25. Juli 1803 ein Bündniß. Gegen revolutionäre Ideen erließ der König Censurverordnungen u. Verbote geheimer Gesellschaften u. suchte bei einer Reise nach Karlsruhe den Kaiser von Rußland u. die Fürsten des Deutschen Reiches zu einem Bunde zu gewinnen, um die Bourbons auf den Thron von Frankreich zurückzuführen. Sein Widerwille gegen die französische Regierung steigerte sich, als Napoleon den Herzog von Eughien hinrichten ließ, er erkannte den Kaiser nicht an, trat 28 Oct. 1805 der Verbindung Englands u. Rußlands gegen Frankreich bei, befehligte ein russisch-schwedisches Heer in Pommern u. schloß einen Vertrag mit England, dem zu Folae er 12,000 M. gegen 150,000 Pfund Subsidien stellte u. den Engländern Stralsund als Waffenplatz einräumte. Als Preußen Hannover in Besitz nahm, besetzte Gustav das Lauenburgische, legte Beschlag auf die preußischen, in schwedischen Häfen befindlichen Schiffe u. sperrte die preußischen Häfen; das friedliche Verhältniß aber wurde hergestellt, als Preußen selbst mit Frankreich in Krieg gerieth. Nach der Auflösung des Deutschen Reichs, 1806, trennte Gustav seine deutschen Lande vom Reichsverbande, löste die pommerschen Landstände auf, schaffte die Leibeigenschaft ab u. führte am 26. Juni 1806 in Schwedisch-Pommern die schwedische Verfassung von 1778 ein. Auch nach der Schlacht bei Jena wies der König die Friedensanträge Frankreichs zurück, hob 3. Juli 1807 den Waffenstillstand mit Frankreich auf u. schloß in Bartenstein ein Bündniß mit Preußen. Die Franzosen besetzten nun im August u. September 1807 Pommern u. Rügen u. eroberten Stralsund. Gustav blieb seinem Bündnisse mit England auch nach dem Tilsiter Frieden treu. Rußland hatte aber in einem geheimen Artikel dieses Friedens das Zugeständniß Napoleons zur Eroberung von Finnland erhalten. Ehe nun Dänemarks u. Rußlands Kriegserklärung gegen S. erlassen wurde, brach am 29. Febr. 1808 ein russisches Heer von 60,000 M. unter Buxhöwden in Finnland ein, überwältigte die schwedischen Truppen u. eroberte die Provinz. Åbo war am 23. März in russische Hände gefallen, u. Kaiser Alexander erklärte am 1. April Finnland dem Russischen Reiche einverleibt; am 6. wurde die Festung Sweaborg nebst der Scheerenflotte, durch Verrath des Admirals Kronstädt, den Russen übergeben, u. die Eroberung war vollendet. Auf die Kriegerklärung Dänemarks vom 29. Febr. war der schwedische General Armfelt mit 20,000 M. in Norwegen eingedrungen, er wurde aber von den Dänen zurückgetrieben, u. diese streiften ins schwedische Gebiet. Gustav ließ den russischen Gesandten in Stockholm verbasten u. versuchte die Wiedereroberung Finnlands; die Schweden siegten zwar zur See den 26. August bei Baltisch Port, doch in der Landschlacht bei Orwais den 14. September unterlagen sie, ein englisches Heer von 10,000 M. erschien zu spät, u. da es sich dem Oberbefehl Gustavs IV. nicht unterwerfen wollte, wies er es zurück u. schloß am 29. Septbr. den Waffenstillstand zu Lochto; nach der Übereinkunft in Olkiokib vom 19. Nov. 1808 blieb Finnland den Russen. S-s Heer wer von 100,000 bis auf 30,000 geschmalzen, der Schatz erschöpft, Pommern u. Finnland in Feindes Händen, England versagte die Subsidien, dazu kam, daß der König die Soldaten, des die Garden, durch zu große Strenge erbitterte, u. es wurde eine Verschwörung gegen ihn bei der westlichen Armee von dem Oberstlieutenant Adlersparre u. Skiöldebrand angezettelt, welche den 7. März 1809 zum Ausbruch kam. Die Empörer hatten den General Cederström gefangen u. rückten mit 6000 M. gegen Stockholm. Gustav wollte sich nach Linköping begeben, aber da ihm ein Vorschuß von 2 Mill. Thlrn. von der reichsständischen Baut verweigert wurde u. er dieses Geld mit Gewalt wegnehmen wollte, so verhafteten ihn der Hofmarschall Silfwersparre u. die Generale Adlercreutz u. Klingsporr am 13. März in Haga, brachten ihn erst nach Drottningholm, dann nach Gripsholm u. nöthigten ihn am 29. März zur Regierungsentsagung. Der Oheim des Königs, Herzog Karl von Südermanland, welcher schon durch Proclamation am 13. März die Regierung übernommen hatte, berief einen Reichstag, welcher am 10. Mai den König Gustav IV. für sich u. seine Nachkommen des Thrones verlustig erklärte u. dem Herzog die Krone anbot.

Karl XIII. mußte vor seiner Thronbesteigung eine neue, durch Stände u. Staatsrath beschränkte Verfassung genehmigen, nach welcher die Stände alle 5 Jahre zusammenberufen werden sollten u. durch welche der Adel einen Theil seiner 1772 u. 1789 eingebüßten Vorrechte wieder erlangte. Da Karl XIII. bejahrt u. kinderlos war, so wurde der Prinz Christian August von Holstein-Sonderburg-Augustenburg, bisheriger Statthalter van Norwegen, zu seinem Nachfolger gewählt, welcher seinem Namen Christian, an welchen sich in S. aus der dänischen Zeit her unangenehme Erinnerungen knüpften, ablegte u. sich Karl August nannte. Die Vertheidigungsanstalten gegen die auswärtigen Feinde waren ins Stocken gerathen; die Russen hatten die Ålandsinseln erobert u. bedrohten bis südlichen Provinzen. Der König schloß den 17. Sept. 1809 in Frederikshamn den Frieden mit Rußland, in welchem er Finnland bis zum Torneå- u Muniofluß nebst den Ålandsinseln (5472 QM. mit 898,000 Einw.) an Rußland abtrat, wodurch S. sein ergiebigstes Getreideland verlor. Mit Dänemark kam der Friede zu Jönköping am 10. Dec. 1809 (ohne alle Abtretungen), mit Frankreich der Friede zu Paris 6. Jan. 1810 zu Stande, worin S. Pommern, mit Ausnahme einiger Krongüter, zurückgab u. dem Continentalsystem beitrat. Der plötzliche Tod des Kronprinzen Karl August bei einer Revue, den 28. März 1810, setzte das Volk in Schrecken, denn es glaubte, er sei vergiftet worden, u. da man den Reichsmarschall Axel Fersen in diesem Verdacht hatte, so wurde dieser bei dem Leichenbegängnisse des Prinzen von dem Volke in Stockholm den 10. Juni ermordet. Der König berief einen Reichstag nach Örebro, auf welchem am 21. Aug. der französische Marschall Bernadotte, Prinz von Ponte-Corvo, welchen schwedische Offiziere bei ihrer Gefangennehmung 1806 auf der Trave als sehr leutselig u. gütig kennen gelernt hatten, zum Thronfolger erwählt wurde. Karl XIII, adoptirte ihn, u. er nahm den Namen Karl Johann an. Auf Napoleons Veranlassung erklärte S. zwar den Krieg an England, ließ aber des Kaisers Beschwerden wegen nicht beachteter Hadelsperre[562] unberücksichtigt u. verweigerte dessen Anträge, 2000 Matrosen in französischen Sold zu geben, den Zolltarif von Trianon gegen England einzuführen u. französische Donaniers in Gothenburg aufzunehmen. Deshalb ließ Napoleon Schwedisch-Pommern nebst Rügen durch den Prinzen von Eckmühl besetzen, erbot sich aber zur Zurückgabe u. auch Rußland zur Herausgabe Finnlands zu nöthigen, wenn S. ihm 30,000 M. gegen Rußland stellen wollte, aber auch dieser Antrag wurde abgelehnt, vielmehr verließ S. die Sache Frankreichs u. schloß den 5. April 1812 ein Vertheidigungsbündniß mit Rußland u. am 30. Aug. 1812 den Frieden zu Örebro mit England, worin in geheimen Artikeln S. der Besitz von Norwegen zugesichert wurde. Gemäß dem mit England den 12. Juli 1813 geschlossenen Vertrag landete Karl Johann mit 30,000 M. 1813 in Deutschland u. erhielt nach 90,000 Preußen u. Russen unter seinen Befehl, so daß er mit 120,000 M. am Befreiungskampf gegen Frankreich Theil nahm (über seine mehr passive Theilnahme an diesem Kriege s. Russisch Deutscher Befreiungskrieg S. 577. 584 ff). Nachdem Napoleons Macht in Deutschland gebrochen war, fiel Karl Johann in Holstein ein, um Dänemark zur Abtretung von Norwegen zu zwingen. Kiel, Friedrichsort u. Glückstadt wurden erobert u. am 16. Dec. 1813 der Waffenstillstand zu Rendsburg geschlossen, dem am 14. Jan. 1814 der Friede zu Kiel folgte, in welchem Dänemark Norwegen an S. abtrat u. dagegen Schwedisch-Pommern u. Rügen etc. empfing. Als dagegen die Norweger den dänischen Statthalter, Prinz Christian Friedrich (nachmals als Christian VIII. König von Dänemark), einen Sohn des verstorbenen Erbprinzen Friedrich, zu ihrem erblichen Könige wählten, so erschien eine schwedische Flotte in dem Meerbusen von Christiania u. ein schwedisches Heer rückte in Norwegen ein, welches am 14. Aug. 1814 den Waffenstillstand zu Moos erzwang. Darauf entsagte Prinz Christian der Krone u. die norwegischen Stände nahmen Karl XIII. von S. am 4. Nov. 1814 zu ihrem Erbkönige an, s. Norwegen S. 127.

Nun widmete sich Karl Johann bes. der inneren Regierung, verwendete sein großes Privatvermögen zur Begründung nützlicher Anstalten u. erwarb sich bald die Achtung der Schweden. Die Herstellung der Land- u. Seemacht, auch die Verbesserung der Finanzen war ein Hauptgegenstand seines Strebens; mit den Nordamerikanischen Freistaaten schloß er 1816 einen vortheilhaften Handelsvertrag Als Karl XIII. am 5. Febr. 1818 starb, folgte ihm Karl XIV. Johann, u. wurde den 11. Mai in S., den 7. Sept. in Norwegen gekrönt. Mit ihm kam das Haus Bernadotte auf den schwedischen Thron. Als Karl XIV. Johann die Regierung übernahm, war der Zustand S-s nicht erfreulich, Staatsschulden belasteten das Volk u. der Handel stockte. Der König huldigte dem System der Sparsamkeit u. hob die Landescultur, Gewerbe u. Handel, legte Wege u. Kanäle an, machte Flüsse schiffbar, veranlaßte Gemeintheilungen, ließ wüste Ländereien anbauen, gründete Unterrichtsanstalten u. Vereine zur Ermunterung des Handels u. des Gewerbfleißes, verbesserte die Rechtspflege u. leitete ihre Trennung von der Verwaltung ein. Aber die hoben Besteuerungen der Luxuswaaren fanden nicht allgemeinen Beifall, u. einige Anhänger des alten Königshauses suchten, wiewohl vergebens, eine abermalige Staatsumwälzung zu bewirken. Des Königs Bemühen, Norwegen mit S. zu einem Staat zu verschmelzen, scheiterte an der Festigkeit des Storthing. Dies u. die Klagen über die schwedischen Statthalter Grafen Mörner, Sandels u. Cederström verstimmten ihn. Des Getreidemangels wegen wollte er 1826 die Einfuhr des ausländischen Kornes frei geben, aber der Staatsrath protestirte, u. so wurde mit 500,000 Thlrn. aus der Staatskasse den Nothleidenden geholfen. Der König gab Landgüter zu Musterwirthschaften her, kaufte Ländereien an, um Eichenpflanzungen anzulegen, befahl die Schiffbarmachung mehrer Ströme u. Verbindung der Landseen u. entwarf einen neuen Zolltarif. In Jemtland allein waren bis 1827 5 Mill. rheinländische Morgen der Cultur übergeben; Besamungen des Flugsandes wurden zugleich betrieben. Ein Handels u. Schifffahrtsvertrag mit Preußen kam am 14. März, mit der Pforte am 28. Mai 1827 zu Stande. Alles dies bewirkte einen besseren Zustand des Landes, aber leider bewog der im Stillen unter dem Adel fortglimmende Geist der Unzufriedenheit die Regierung gerade zu jener Zeit die Censur zu verschärfen u. die Polizei zu größerer Strenge anzuhalten. Diese Opposition des Adels verhinderte es auch beim Reichstage 1829, daß die anderen Stände eine verhältnißmäßigere Repräsentation erhielten, daß die Öffentlichkeit der Gerichtssitzungen eingeführt u. daß die Macht des Staatsrathes beschränkt wurde. Unter anderen bewilligte der Reichstag eine Anleihe von 2 Mill. Rthlr. Silber, zum Zweck einer Creditanstalt für die Grundbesitzer. Am 21. Aug. 1829 fand die Krönung der Königin statt, nachdem dieselbe zur Lutherischen Kirche übergetreten war, u. im April d.i. hatte auch der Sohn Gustavs IV. den Titel Prinz von S. gegen den als Prinz von Wasa vertauscht. Zu dieser Zeit ward in Kongsberg ein ergiebiges Silberbergwerk entdeckt. Das innigere Anschließen S-s an Rußland, in dessen Folge der Kronprinz Oskar im Juli 1830 auf mehre Wochen nach Petersburg ging, wo er eine glänzende Aufnahme fand, wurde von einem Theile des schwedischen Volkes gemißbilligt, wie denn auch eine kurze Zeit darauf entstandene Theuerung u. das Auftreten der Cholera in S. trotz aller Quarantaine, höchst nachtheilig auf S. wirkte. Während dessen wurde über Ystadt nach Greifswald in Pommern eine regelmäßige Schifffahrt in Verbindung mit Preußen eingeleitet u. 26. Septbr. 1832 unter den Augen des Königs der seit 21 Jahren im Bau begriffene Götakanal (s.d.), welcher die Ost- u. Nordsee verbindet, eröffnet. 1832 kam man durch einen Brief, worin die Zurückberufung des Prinzen von Wasa auf den Thron als das einzige Mittel zu S-s Rettung angegeben wurde, einer Verschwörung auf die Spur, als deren Haupträdelsführer sich zwei Edelleute, die Freiherren von Düben u. von Vegesack, ergaben. Beide wurden im März 1833 des Landes verwiesen, doch schon 1834 begnadigt. Am 30. Januar 1834 wurde der Reichstag eröffnet, dessen Sitzungen zum ersten Male öffentlich waren, aber obgleich er 16 Monate (also viermal länger als die gesetzliche Norm vorschreibt) dauerte, so entsprachen doch die Remitate nur in geringem Maße den langwierigen Verhandlungen. Viel Noth verursachte das Reichsschuldenwesen, denn es waren 1,100,000 Thlr. nöthig,[563] um das Deficit des Reichscomptoirs zu decken, da sich ein Ausfall in der Einnahme von 720,000 Thlrn. ergeben hatte, weshalb auch die Einfuhrzölle auf Wein, Getreide, Seide, Zucker, Kaffee etc. erhöht wurden. Eine Veränderung des Systems der Landesvertretung, wozu ein Antrag im Ritterhaus eingegangen war, so wie die königlichen Anträge, die Münzeinheit u. die Abschaffung der Todesstrafe bei Majestätsverbrechen betreffend, fand keine Annahme, Im Aug. 1835 unternahm der König eine Reise in verschiedene Provinzen u. nach Norwegen u. setzte für die Dauer seiner Abwesenheit eine aus hem Kronprinzen u. vier Staatsräthen bestehende Regentschaft ein. Bei seiner Rückkehr nach Stockholm am 19. Oct. wurde er feierlich empfangen, aber in Norwegen herrschte eine aufgeregte Stimmung, weshalb selbst das Storthing am 8. Juli 1836 aufgelöst wurde (s.u. Norwegen S. 127). Am 7. Febr. 1837 starb der entsetzte König Gustav IV. zu S. Gallen in der Schweiz, sein Tod brachte in S. keine Veränderungen hervor. Die freundschaftliche Verbindung mit Rußland erhielt durch einen Besuch, welchen der Kaiser Nikolaus dem schwedischen Hofe 1838 abstattete, eine neue Unterlage. Im Sommer 1838 fielen in Stockholm wiederholte Unruhen vor, zunächst im Juni veranlaßt durch die Verhaftung des Redacteurs des Vaterlandes, Crusenstolpe, worin man einen thatsächlichen Beweis für die Verfolgung der Preßfreiheit fand; sodann im Juli, als die Abführung Crusenstolpes nach Wexholm angekündigt wurde, wo endlich das Militär einschreiten mußte. Später gab eine die jüdische Bevölkerung S-s betreffende Verordnung vom 30. Juni zu neuen Ruhestörungen Veranlassung; sie verlieh nämlich den Juden wegen ihres friedlichen Betragens u. wegen steter Beobachtung der Gesetze Municipalrechte u. die Erlaubniß sich jedem Gewerbe zu widmen. In Folge hiervon kam es zu Excessen, wobei die im Bau begriffene Synagoge zertrümmert wurde, auch reichte die Stockholmer Bürgerschaft eine Verwahrung gegen die Aufnahme fremder Juden ein, worauf u. am 21. Septbr. 1838 eine Ordonnanz erschien, worin die Niederlassung der Juden auf vier Städte beschränkt wurde. Am 25. Jan. 1840 eröffnete der König den Reichstag selbst u. sprach von nothwendigen Änderungen in der Verfassung, da es aber bei der Coalition des Adel-, Bürger- u. Bauernstandes gegen die Kammer der Geistlichen zu keiner Initiative von Seiten des Reichstages kam, so machte der König 16. Mai eine Umgestaltung des Staatsministeriums u. der Verwaltung, welche letztere sieben Ministerien (Justiz, Auswärtiges, Militär, Marine, Inneres, Finanzen u. Cultus) zugetheilt wurde. Da sich indeß die Schwierigkeiten zwischen den Ständen u. dem König wegen der Repräsentationsfrage, d.h. wegen der Vertretung des Landes im Reichstage, nicht hoben, so wurde von ihm die Wahl eines geheimen Ausschusses von zwölf Mitgliedern aus den Ständen erlangt, mit welchem die Regierung gemeinsam berathen sollte. Dies geschah, u. hatte in so fern einen erwünschten Erfolg, als nun der Kampf zwischen den Reichsständen u. dem König hinter den zwischen den vier einzelnen Ständen zurücktrat, indem Bürger u. Bauern den Einfluß des Adels u. der Geistlichkeit zu beschränken suchten. Doch kamen die Verhandlungen nicht zum Abschluß. Am 16. Juni erfolgte der Schluß des Reichstages. Während des Reichstages wurden auch zwei Handelstractate mit Hamburg u. Bremen abgeschlossen; nach ihnen sollten die Schiffe dieser Städte in schwedischen u. norwegischen Häfen u. Kanälen u. umgekehrt schwedische u. norwegische Fahrzeuge in den Häfen von Hamburg u. Bremen gleiche Behandlung erfahren. Am 29. März 1842 erfolgte die Eröffnung der zwei von dem König Gustav III. auf der Universitätsbibliothek in Upsala niedergelegten Kisten mit Briefen, Aufsätzen u. Staatsschriften von ihm, welche nach seinem Testamente 50 Jahre nach seinem Tode von einem König seines Geschlechts eröffnet werden sollten (s.u. Gustav 3); die letztere Bedingung war freilich nichterfüllbar, da inzwischen ein anderes Geschlecht auf den Thron gekommen war. Im Sommer desselben Jahres entdeckte man Spuren eines geheimen Skandinavischen Vereines, welcher, in Dänemark entstanden, zum Zwecke haben sollte aus den drei Reichen Dänemark, Schweden u. Norwegen eine einzige conföderirte Republik zu bilden. Es wurde indeß von diesem Project bald wieder still. Desto mehr öffentliches Ärgerniß aber gab gleichzeitig eine in einigen Provinzen Südschwedens erwachte religiöse Schwärmerei, die sogenannte Rufende Stimme od. Predigtkrankheit (s.d.). Seit 1842 gewannen auch, bes. durch das Mitwirken der Regierung u. des Kronprinzen Oskar, die schon früher entstandenen Mäßigkeitsvereine (s.d.) eine so große Bedeutung, daß bis Ende 1843 weit über 50,000 Brennereien eingegangen waren. 1842 wurde auch eine neue Handelsstadt, Örnsköldsvik (s.d.) im nördlichen Theile von Angermanland angelegt. Zu Pfingsten 1845 feierte die Skandinavische Gesellschaft zu dem Zwecke, eine literarische Verbindung zwischen den drei skandinavischen Völkern zu fördern u. dadurch so viel als möglich zur Entwickelung der skandinavischen Cultur zu wirken, ihr erstes Fest in Upsala (s.u. Skandinaventhum). Den 8. März 1844 starb der König Karl XIV. Johann.

Sein Sohn Oskar I. folgte ihm u. machte alsbald durch offenen Brief bekannt, daß er die vereinigten Throne S-s u. Norwegens besteige, um beide Staaten nach den Grundgesetzen eines jeden zu regieren. Auch wurde gleich bei der Absendung der Todesnachricht des vorigen Königs nach Christiania dem oft geäußerten Wunsche der Norweger, den Namen Norwegens im Königstitel bei allen dieses Königreich alleinbetreffenden Sachen dem S-s vorausgehen zu lassen u. eine eigene Nationalflagge zu haben, gewillfahret. Kurz nach dem Tode des Königs Karl XIV. Johann erließ der Prinz von Wasa von Darmstadt aus an die Höfe der Großmächte die Erklärung, daß er bei Gelegenheit des Regentenwechsels in S. sich zwar jeder anderweitigen Demonstration enthalte, jedoch keineswegs für sich od. seine Familie auf die ihnen zustehenden Rechte auf den schwedischen Thron verzichte. Diese Protestation beantwortete König Oskar seinerseits unterm 7. Mai durch eine Verordnung, wodurch das 32 jährige Verbot gegen jede Gemeinschaft schwedischer Unterthanen mit der entthronten Familie Wasa aufgehoben wurde. Mit großem Enthusiasmus wurde der König auf einer im Mai in Begleitung des Kronprinzen Karl unternommenen Reise nach den westlichen Provinzen des Reichs, vor Allem in Gothenburg u. am 5. Juni bei der Eröffnung des Trollhättakanals empfangen. Die Krönung des Königs u. der Königin erfolgte am 28. Sept. 1844. Am 20. Juli eröffnete König Oskar den Reichstag in eigener Person u.[564] zwar in Schwedischer Sprache (statt daß sein Vater auf demselben stets in Französischer Sprache gesprochen, worauf der Kronprinz seine Rede schwedisch übersetzt hatte). Der wichtigste zu verhandelnde Gegenstand war wieder die Repräsentationsfrage. Diese von dem letzten Reichstage vorgeschlagenen Veränderungen bezweckten eine völlige Vernichtung des ständischen Systems u. die Annahme eines Repräsentativsystems mit dem ausgedehntesten Stimmrecht u. einem wirklichen obwohl etwas modificirten Einkammersystem unter dem äußern Anschein eines Zweikammersystems. Allein während der Bauern- u. Bürgerstand für diesen Vorschlag stimmten, wurde er vom Geistlichen- u. Adelstand verworfen. Nun wurde zwar von der Minorität des Reichstags ein Ausschuß erwählt, welcher einen neuen Repräsentationsvorschlag ausarbeiten sollte, allein auch dieser u. nach ihm noch mehre andere wurden abgelehnt, u. so gingen die Stände am 24. Mai 1845 wieder auseinander, ohne das Geringste für diesen Gegenstand ausgerichtet zu haben. Bei dem Schluß des Reichstags eröffnete der König den Ständen, daß durch eine mit dem Kaiser von Marokko am 5. April 1845 abgeschlossene Übereinkunft die jährliche Abgabe von 20,000 Piastern, welche S. fast 100 Jahre lang zum Schutz seines Handels an Marokko bezahlte, aufgehört habe. Vom Reichstag war nur die Aufhebung des alten Erb- u. Ehegesetzes, u. dies unter hartem Widerstande des Adels, aufgehoben u. neue Gesetze in Bezug auf die Heimathlosen u. die Armenversorgung, auf die Aufhebung der Sklaverei auf Barthelemy u. die Veränderung im Gefängnißwesen, für welches letztere sich der König selbst ganz bes. interessirte, gegeben worden. Indeß dies genügte dem Lande nicht, u. es war deshalb eine Mißstimmung durch dasselbe bemerkbar. Diese Mißstimmung steigerte sich, als dem im November 1847 zusammentretenden Reichstage Vorlagen mit bedeutenden Mehrforderungen für die Staatsverwaltung, das Heer, die Flotte u. die Apanagen gemacht wurden. Zwar erhoben sich in allen vier Häusern des Reichstags dagegen Stimmen, aber die Äußerungen der Unzufriedenheit im Reichstage genügten den Reformfreunden nicht, welche durch die Kunde von den Februarereignissen 1848 in Frankreich noch mehr ermuthigt wurden, ja sie gingen ohne Rücksicht auf den Reichstag, in welchem das aristokratische Element vorwaltete, zu eigener That vor. Sie wollten durch Volksversammlungen u. Petitionen der Meinung Vieler einen Ausdruck geben u. den König zur Ergreifung der Initiative in der Verfassungsänderung vermögen, da es auch im Interesse der Krone lag den alterthümlichen u. schwerfälligen Gang, welcher die königliche Macht beschränkte u. jeden Fortschritt hinderte, umzuändern. Indeß die Regierung ging darauf nicht ein, sondern der König umgab sich nur am 10. April 1848 mit einem neuen Ministerium, welches aus nicht durchgängig liberalen Männern bestand. Ein zahlreich besuchtes Reformbanket in Stockholm am 18. März hatte inzwischen eine Adresse an den König zu richten beschlossen, welche am 19. April übergeben wurde u. deren Inhalt der König zu berücksichtigen versprach. Dem versammelten Reichstage ward daher am 2. Mai der Entwurf eines Wahlgesetzes übergeben, welches Wahlrecht u. Wählbarkeit Allen verlieh, welche Steuern zahlten u. sonst die erforderlichen Eigenschaften des Alters u. der Unbescholtenheit besaßen. Eine obere, aus 120 Mitgliedern bestehende Kammer sollte auf 9, die aus 150 Mitgliedern gebildete untere Kammer für jeden Reichstag gewählt werden. Da aber grundgesetzlich keine Verfassungsänderung eher eintreten darf, als nach 3 Jahren der Überlegung, so konnte diese Sache erst auf dem Reichstage 1850 zur Berathung kommen.

In dieser Zwischenzeit hatte S. auch in der auswärtigen Politik ein Lebenszeichen von sich gegeben, indem der König, der russischen Politik in der dänisch-deutschen Angelegenheit folgend, unter dem 9. Mai 1848 an Preußen meldete, daß, obgleich der Streit über Schleswig S. nichts angehe, er es doch nicht dulden könne, wenn andere dänische Provinzen angegriffen würden, u. daß er in einem solchen Falle ein Armeecorps nach Fünen od. nach einer andern dänischen Insel zu Dänemarks Hülfe schicken würde. Russische Kriegsschiffe mit dem Großfürsten Constantin machten gegen Ende Mai in Stockholm einen Besuch, Prinz Gustav begleitete den Großfürsten am 26. Mai nach Kopenhagen u. schwedische Truppen wurden nach Fünen übergeführt. Der Reichstag hatte dazu in seiner Sitzung am 10./11. Mai 2 Mill. Thlr. bewilligt. Am. 7, Juni trafen die Könige von S.u. Dänemark in Malmö zusammen, wo König Oskar sich Monate lang aufhielt, jedoch die strengste Neutralität zu Lande u. zur See beobachtete. Hier kam auch unter seiner Vermittelung der Waffenstillstand zwischen den Dänen u. Preußen zu Stande, u. die schwedischen Truppen kehrten in ihre Heimath zurück. Auch im Jahr 1849 nahm S. an dem Deutschdänischen Kriege keinen Theil, als jedoch ein abermaliger Waffenstillstand, welchem der Frieden zwischen Preußen u. Deutschland einer- u. Dänemark anderseits folgte, geschlossen wurde, besetzten die Schweden Jütland u. die Theile Schleswigs, welche nördlich der Abgrenzungslinie gelegen waren. Diese Besetzung dauerte, bis auch die Preußen im Frühjahr von 1850 das Land räumten u. die Austragung der Sache zwischen Dänemark u. den deutschen Herzogthümern beiden Theilen überlassen blieb. Am 18. August 1849 reiste der Kronprinz Karl durch Deutschland nach Holland, eine Reise, welche am 19. Juni 1850 zu seiner Vermählung mit der Prinzessin Luise von Oranien, Tochter des Prinzen Wilhelm Friedrich der Niederlande, führte. Die Reformsache anlangend, so war der königliche Vorschlag im Lande u. bes. von allen Reformvereinen allgemein besprochen u. bei mangelnder Übereinstimmung eine Versammlung von Abgeordneten aller schwedischen Reformvereine nach Örebro ausgeschrieben worden, wo aber der Regierungsentwurf nur eine kühle Aufnahme fand u. die Versammlung am 9. Juni 1849 einen neuen, sehr radicalen Gegenentwurf annahm, nach welchem jedem Steuerpflichtigen sowohl für das Volks- als das Landsthing das Recht der Wahl u. Wählbarkeit zustehen sollte. Die im Juni 1850 nochmals zusammengetretene Versammlung entschied sich jedoch in Rücksicht der geänderten Zeitverhältnisse dahin, die Frage über das Wahlrecht als eine offene behandeln zu wollen, u. die Ansprüche stimmten sich bis zur Eröffnung des Reichstages am 23. Novbr. 1850 immer mehr herab, so daß die liberale Partei sehr bereit gewesen wäre den königlichen Regierungsentwurf von 1848 unbedingt anzunehmen. Für die Annahme derselben war jedoch keine Aussicht mehr vorhanden, da jeder der vier Stände des [565] Reichs, unabhängig von dem anderen, sich darüber zu entscheiden hatte. Der Adel war unbedingt dagegen, aber auch die Geistlichkeit u. die Bauern fürchteten durch Aufhebung der ständischen Gliederung ihren Einfluß zu verlieren. Unter dem Vorwande, daß der Regierungsentwurf nicht demokratisch genug sei, verwarfen ihn die Bauern mit dem Adel am 18. December, nachdem die dem Vorschlage ungünstige Abstimmung der geistlichen Curie am 17. Dec. vorausgegangen war. Der Bürgerstand blieb völlig vereinzelt, u. die Regierung selbst entfremdete sich ihrem eigenen, unter revolutionären Stürmen entstandenen Entwurfe, neigte sich vielmehr den beiden oberen Ständen zu u. begünstigte den Widerwillen, welchen die Bauern offenbarten. Nun traten die Stände mit ihren Vorschlägen hervor. Die Capacitäten, welche die bestehende ständische Gliederung ausschloß, sollten eine Vertretung finden: in dem Adelstande diejenigen in od. außer Amt befindlichen bürgerlichen Staatsdiener, welche Grundbesitzer sind; in dem Stande der Geistlichen die Mitglieder des höheren Lehramts; endlich im Bürgerstande die auf dem Lande wohnenden Kaufleute u. Fabrikanten. Dieser Vorschlag fand gleichmäßig einen geringen Beifall, doch wurde seine Besprechung dem künftigen Reichstage vorbehalten. Mehr Aufmerksamkeit erregten die Vorschläge des Grafen Hartmannsdorf, des Vorsitzenden im Adelstande, denen zu Folge die geistigen Interessen durch Abgeordnete der Geistlichkeit, der Gelehrten, Künstler u. Staatsdiener, die materiellen durch Abgeordnete der Grundeigenthümer, Kaufleute, Hüttenbesitzer, Handwerker etc. vertreten werden sollten. Alle diese Abgeordneten sollten in fünf Ordnungen u. zwei Kammern vertheilt u. die fünf Ordnungen aus Geistlichkeit, Angestellten, Bürgern, großen u. kleinen Grundbesitzern gebildet werden. Jede Kammer sollte 128 Mitglieder enthalten, den Bauern noch die Erbpächter von Krongütern beigefügt, die unteren Grade der Geistlichkeit u. Angestellten, so wie die minder Besteuerten der drei anderen Stände sollten dem Unterhause, die anderen dem Oberhause zugewiesen werden. Die erste Kammer würde auf 12, die zweite auf 3 Jahr zu wählen sein. Weitläufige Verhandlungen erhoben sich darüber, ohne zum Ziele zu führen, u. als der König am 4. Septbr. 1851 den Reichstag schloß, sprach die Thronrede über die Lage der Dinge keine bestimmte Ansicht aus, sondern verwies auf den nächsten Reichstag, welcher diese Angelegenheit wieder aufzunehmen haben werde. Nicht einmal der von allen vier Ständen gefaßte Beschluß, daß auch der Bauernstand das Recht haben solle seinen Secretärselbst zu wählen, erhielt die königliche Zustimmung. Übrigens verwarfen die Reichsstände in ihrer letzten Sitzung einstimmig den bei dem Reichstage gemachten Antrag auf Religionsfreiheit od. wenigstens auf Aufhebung der Landesverweisung u. anderer Zwangsgesetze wegen Gewissenssachen. Die allabendlichen unruhigen Auftritte vom 12. bis 18. Februar in Stockholm waren ohne politische Bedeutung. Im Juli 1851 wurde in Stockholm die zahlreich besuchte Versammlung der skandinavischen Naturforscher gehalten. In einem Volksauflauf gegen die Juden, welcher schnell unterdrückt wurde, u. in einem Proceß wegen Proselytenmacherei, welcher in Stockholm gegen einen katholischen Geistlichen u. gegen die Vorsteherin einer katholischen Lehranstalt anhängig gemacht wurde, aber wegen mangelnden Beweises ohne Folgen blieb, offenbarte sich wiederholt das unverbrüchlich feste Halten der Schweden an ihrer vaterländischen Kirche. Obgleich die Verfassung von 1809 verordnet, daß Jeder in der Ausübung seiner Religion ungehindert sein soll, so lange er nicht öffentliches Ärgerniß veranlaßt, so waren doch bis dahin die älteren Religionsgesetze von 1734 u. 1781 in voller Kraft, wonach jeder Schwede, welcher vom Lutherischen zu einem anderen Glaubensbekenntniß übergeht, das Land verlassen muß u. sein Eigenthum verliert, u. jeder katholische Geistliche, welcher einen Schweden zum Glaubenswechsel veranlaßt, mit Strafe bedroht wird. Ende Mai 1852 begab sich der König mit seinen drei Söhnen in das Lustlager bei Ljungby in Smäland, wo er abermals den Besuch des Königs von Dänemark empfing; am 10 Juli 1852 reiste er in das Bad Kissingen, u. nach der Verfassung wurde bei dieser Gelegenheit eine Regentschaft eine gesetzt, aus 10 schwedischen u. ebenso viel norwegischen Reichsräthen bestehend, bei deren Berathungen wöchentlich abwechselnd ein schwedisches u. ein norwegisches Mitglied den Vorsitz in der Art führt, daß der Vorsitzende immer zwei Stimmen hat. Auf der Rückreise besuchte der König Norwegen, wo am 24. Septbr. sein Sohn Gustav, der Herzog von Upland, starb.

Einige Veränderungen im Ministerium zeigten jetzt an, daß der König sich mehr der conservativen Partei zuneigte; der Marineminister Graf Platen u. der Cultusminister Genberg, Beide der liberalen Partei angehörend, schieden aus dem Ministerium; den Ersteren ersetzte Contreadmiral Ulner, den andern Reuterdahl. Bei den Verhandlungen über die dänische Thronfolge unterstützte der König die Ansichten der dänischen Regierung. Die Wiederherstellung des französischen Kaisereiches wurde schnell anerkannt u. ein freundliches Verhältniß mit Napoleon III. angeknüpft, Am 16. Novbr. 1852 ertheilte die Regierung die Erlaubniß zum Bau der ersten schwedtschen Eisenbahn zwischen dem Mälarsee u. Wenersee mit Verbürgung von 5procentigen Zinsen, wovon 1 Proc. zur. Tilgung verwendet werden sollte. Bei dem zwischen Rußland u. den Westmächten sich entwickelnden Kampfe beschloß die schwedische Regierung im Verein mit Dänemark eine bewaffnete Neutralität aufrecht zu halten, welche jedoch bald mehr auf die Seite von Frankreich u. England sich hinneigte, u. der Antrag Rußlands die Steinkohlen als Kriegscontrebande zu behandeln wurde abgelehnt. Die im November 1853 zusammentretende Reichstagsversammlung bewilligte die Mittel zur Durchführung der bewaffneten Neutralität; in Bezug auf die inneren Fragen vereinbarte er mit der Regierung ein Gesetz zur größeren Einschränkung der Branntweinbrennereien nebst bedeutender Vertheuerung des Branntweingenusses u. hob einige Zollbestimmungen auf, welche dem fortwährenden Schmuggel an der Grenze Nahrung gegeben hatten. Der Entwurf einer neuen Verfassung wurde wieder verworfen. Die Erscheinungen auf dem kirchlichen Gebiete forderten zwar zu einer Veränderung der betreffenden Gesetzgebung auf, ohne daß es jedoch dazu gekommen wäre. Seit mehren Jahren hatte sich ein sogen. Evangelischer Verein gebildet, dessen Mitglieder nicht mehr am Gottesdienste der schwedischen Nationalkirche theilnahmen,[566] sondern sich zu Hausandachten vereinigten. Dieser Verein wurde mit den strengsten Strafen bedroht u. seinen Mitgliedern selbst die bürgerlichen Rechte entzogen, aber trotz dieser Verfolgungen vermehrte sich die Zahl der Abtrünnigen. Auch die Verhältnisse der Juden waren Gegenstand der Reichstagsverhandlungen; ihre Bitte sich überall niederlassen u. Grundeigenthum erwerben zu dürfen, wurde abgeschlagen u. auf Städte mit über 4000 Einwohnern beschränkt, während sie in Norwegen seit ein paar Jahren in vollen Genuß aller bürgerlichen u. staatlichen Rechte gesetzt worden waren. Mit Norwegen wurde eine Verbindung durch Linien elektrischer Telegraphen eingerichtet. Am 5. Dec. 1854 schloß der König den Reichstag u. gedachte mit Befriedigung der Arbeiten desselben, wozu außer den Verbesserungen des Strafgesetzbuches, Finanzmaßregeln zur Befestigung des Staatscredits, die Einführung des Decimalsystems für Münzen, Maße u. Gewichte, ein Gesetz zur Vereinfachung der Steuererhebung, eine Steuerverminderung, mehre Bewilligungen zur Verbesserung der Staatsverwaltung u. zu wissenschaftlichen, nationalökonomischen u. wohlthätigen Zwecken, die Herabsetzung u. Gleichförmigkeit des Briefportos u. ein Gesetz über Anlegung von Eisenbahnen gehörten. Die äußere Politik kam nur insoweit zur Sprache, als der König auf Maßregeln hindeutete, welche in Folge von nicht voraus zu bestimmenden Umständen unerläßlich werden könnten. Der Reichstag schien die Aufrechthaltung der bewaffneten Neutralität zu billigen, obwohl man im Volke von der Übermacht Rußlands sprach u. sich über dessen Bestrebungen beschwerte sich nach u. nach in Besitz der tiefen Buchten der Nordwestküste von Norwegen zu setzen, um von da aus Einfluß auf die Nordsee u. den Atlantischen Ocean zu gewinnen. Schon im Jahre 1854 hatte die Flotte unter Befehl des Prinzen Oskar, zweiten Sohnes des Königs, im Baltischen Meere Übungsfahrten unternommen, welche im J. 1855 fortgesetzt wurden. Im Frühjahr 1855 ließ die Regierung zwei Übungslager bilden, eins bei Stockholm unter Befehl des Kronprinzen, ein zweites in Norwegen Die religiösen Verfolgungen dauerten fort u. noch 1855 wurde der katholische Pfarrer der Kapelle zu Stockholm wegen Proselytenmacherei strafgerichtlich verfolgt. Indessen hatte König Oskar bereits im Juli 1854 insgeheim der französischen Regierung das Anerbieten gemacht den Krieg mit Rußland zu beginnen u. in Finnland einzufallen, wenn England u. Frankreich 100,000 M. zu demselben Zwecke hinsendeten u. die nöthigen Hülfsgelder zur Führung des Krieges genährten. Das Anerbieten wurde nicht angenommen, aber dessen ungeachtet im März 1855 erneuert, u. dabei der Gedanke ausgesprochen, daß Finnland wieder mit S. vereinigt werden müsse, um neben Rußland ein Reich zu begründen, welches jedem Versuche der Eroberung od. Einschüchterung widerstehen könne. Die Verbündeten hatten jedoch noch hinlänglich in der Krim zu thun u. wollten sich daher mit einem Feldzuge in Finnland nicht befassen. Aber nach dem Falle von Sewastopol wurden von neuem Verhandlungen zwischen S.u. Frankreich angeknüpft, welche der französische u. englische Gesandte zu Stockholm zum Abschluß brachten. Der Mangel einer sicheren Grenzbestimmung im Norden hatte Veranlassung gegeben, daß russische Unterthanen bei Fischerei u. Jagd oft Gegenden an der Nordwestküste Norwegens als russisches Gebiet behandelt hatten, u. dies wurde als Grund hingestellt am 21. November 1855 ein Schutzbündniß zwischen S. einer- u. England u. Frankreich andererseits abzuschließen, wonach sich S. verpflichtete keinen norwegischen od. schwedischen Gebietstheil an Rußland abzutreten od. diesem Reiche irgend ein Recht in beiden Königreichen einzuräumen, u. wenn Rußland irgend einen Vorschlag zu seiner Machtvergrößerung machen sollte, denselben sofort der englischen u. der französischen Regierung mitzutheilen, welche sich dagegen verbindlich machten sogleich die nöthigen Hülfstruppen zu Land u. zu Wasser zu liefern, um in Gemeinschaft mit S. dem Angriffe Rußlands Widerstand zu leisten. Die eigentliche Bedeutung dieses Schrittes erhellte aus einem Rundschreiben des schwedischen Ministers des Außeren vom 18. December 1855 an die schwedischen Gesandtschaften, worin gesagt war, obwohl der König sich in einer strengen Neutralität halte, so habe er doch die Lehren der Vergangenheit mit einer weisen Voraussicht auf den zukünftigen Vortheil der beiden Königreiche anwenden müssen. Die Vergrößerungssucht Rußlands habe um so mehr Besorgnisse erweckt, als dasselbe sich geweigert habe die Grenzzweifel im Norden der beiden Reiche durch eine Übereinkunft zu beseitigen, jedoch werde die Neutralität aufrecht gehalten werden, so lange Rußland sich keines angreifenden Schrittes gegen S. schuldig mache. Somit war die Politik, welche S. seit 1812 Rußland gegenüber beobachtet hatte, aufgegeben. Die Kriegsrüstungen wurden aufs thätigste betrieben u. es war bereits bestimmt, daß im Frühjahr 1856 König Oskar selbst an die Spitze der Truppen sich stellen sollte: als die Friedensunterhandlungen dieser kriegerischen Stimmung ein Ende machten. Rußland erbot sich freiwillig die Grenzen im Norden zu regeln u. verpflichtete sich im Friedensvertrage die Ålandsinseln nicht mehr zu befestigen. Außerdem war Bomarsund zerstört, S. hatte also bei allen dem wenigstens eine gesichertere Stellung gewonnen. Unter den Beweisen freundschaftlicher Beziehungen zwischen S.u. Frankreich ist noch die Reise zu erwähnen, welche Prinz Oskar im Jahre 1855 nach Frankreich machte. In Bezug auf die inneren Angelegenheiten beschäftigte sich die Regierung unter Anderem mit Maßregeln zur Verwirklichung einer innigeren Verbindung zwischen S.u. Norwegen, welcher der Mangel an Straßen u. die Zollgesetzgebung hauptsächlich im Wege standen. Der König setzte zur Berathung dieser Angelegenheit eine Commission aus Norwegern u. Schweden nieder, u. der Aufenthalt des zum Vicekönig von Norwegen ernannten Kronprinzen in Norwegen sollte jedenfalls zur leichteren Lösung dieser Aufgabe beitragen. Die Versammlung der schwedischen, dänischen u. norwegischen Studenten, welche im Juni 1856 in Upsala abgehalten wurde, um den Geist der Verbrüderung der drei Skandinavischen Reiche zu stärken, war um des willen bemerkenswerth, weil der König lebhaften Antheil daran nahm, während er früher ein entschiedener Gegner des Skandinavismus gewesen war. Zur russischen Krönungsfeierlichkeit sandte der König als außerordentlichen Gesandten den Grafen Essen nach Moskau. Am 23. Oct. begann der Reichstag von 1856–57. Der König wünschte in der Thronrede dem Lande Glück wegen seiner Beziehungen zum Ausland u. seines inneren Fortschreitens,[567] der Ausdehnung des Handels, der blühenden Industrie, der Fortschritte des Ackerbaues, welcher über den Bedarf liefere, so daß Lebensmittel ausgeführt werden könnten, u. wegen der fortschreitenden Verbindung Norwegens u. S-s, welche mit jedem Jahre tiefere Wurzeln schlage, verlangte Abhülfe für das Bedürfniß besserer Verkehrsmittel zwischen beiden Ländern u. kündigte die Vorlage einer neuen Zollordnung an, um auf der Grundlage erweiterter Handelsfreiheit die Zollverhältnisse zu regeln, sowie die Vorlage eines Gesetzes, um fortan den Grundsatz der Glaubensfreiheit zur Geltung zu bringen, die Landesverweisung wegen Glaubenssachen abzuschaffen u. die Criminalgesetzgebung wegen Überschreitung von Kirchengeboten zu verbessern. Nach dem Antrage der Regierung an die Stände in Betreff der Staatseisenbahnen wurde der Bau von sechs Hauptbahnen in einer Gesammtlänge von 1355/8 schwedischen Meilen mit einem Kostenanschlage von 103,350,000 Thalern Reichsmünze beabsichtigt, welche im J. 1869 fertig sein sollten. Am 5. März 1856 wurde die erste Eisenbahnstrecke S-s von Örebro nach Nora dem Betrieb übergeben. Am 2. Februar 1857 trat auch der fünfzehnte Storthing Norwegens zusammen. Reichstag u. Storthing genehmigten die vertragsmäßige Ablösung des Sundzolles (s.d.), wonach sich S. verpflichtete in 20 Jahren nach u. nach die Ablösungssumme von 2,558,400 schwedischen Reichsthalern an Dänemark zu bezahlen; verwarfen aber den Vorschlag der Regierung die Verfassungsbestimmung abzuändern, wonach bei Abwesenheit des Königs eine Regentschaft von Reichsräthen eingesetzt wird, während der König wollte, daß in einem solchen Falle ein Prinz die Regierung übernehmen sollte. Der schwedische Reichstag bewilligte größere Summen als jemals früher für die Ausrüstung des Heeres, sowie für alle sonstige Kriegsbedürfnisse u. die nöthigen Mittel zum Bau der Eisenbahnen; allein die Gesetzesvorlage in Betreff der Glaubenssache wurde verworfen, nachdem auch der höchste Gerichtshof sein Gutachten dagegen gegeben hatte Die Stände beantragten die neue Einschärfung der strengen Gesetze wegen der Sonntagsfeier. Dem König wurde das Recht eingeräumt Fremden das schwedische Eingebornenrecht zu ertheilen, jedoch ohne daß sie in den Staasrath wählbar sind.

Eine langwierige Krankheit des Königs veranlaßte zunächst die Einsetzung einer Regierungscommission, welcher bald die Übernahme der Regentschaft durch den Kronprinzen Karl (königl. Erlaß vom 11. Sept. 1857) folgte; beide Reichstage ertheilten derselben ihre Genehmigung, wogegen der Prinz seine Stellung als Vicekönig von Norwegen aufgab. Am 10. März 1858 wurde der schwedische Reichstag geschlossen. Seine Beschlüsse über eine Neugestaltung der Handelsbeziehungen mit Norwegen u. Ausführung der Rechtssprüche in beiden Königreichen wurden von dem norwegischen Storthing nicht gebilligt; die Mündigkeit der Frauen von 25 Jahren, wenn sie eine entsprechende Erklärung abgaben, wurde angenommen; eine Reform des Volksschulwesens genehmigt u. für das Unterrichtswesen überhaupt bedeutende Unterstützung aus Staatsmitteln verwilligt, auch der Gehalt der öffentlichen Beamten aufgebessert. Über die Vorschläge zu Gunsten der religiösen Duldsamkeit kam der Reichstag zu keiner Einigung u. faßte nur drei Resolutionen, durch welche das Edict über die Conventitel vom 12 Januar 1726 aufgehoben u. Versammlungen zu gemeinschaftlichem Gebet in Abwesenheit des Geistlichen bedingungsweise gestattet, der Gebrauch des Katechismus von 1693 bei Taufe u. Communion auf Verlangen zugestanden u. die Communion in einem anderen Kirchspiel unter Beibringung eines Zeugnisses über die Zulässigkeit erlaubt wurde. Jeder Arbeiter an den großen Arbeiten des Landes soll ein Zeugniß seines Geistlichen über seine moralische u. religiöse Führung beibringen u. Morgen- u. Abendgebet diese Arbeiten beginnen u. schließen. Andere Beschlüsse betrafen Vorarbeiten für die Befestigung von Stockholm u. Abänderungen in den Verfassungsgesetzen, das passive Wahlrecht in den Städten wurde ausgedehnt, das Verfahren zur Erzielung übereinstimmender Beschlüsse unter den vier Ständen des Reichstags erleichtert. Von der Handelskrise des Jahres 1857 wurde S. schwer betroffen, u. der Staat mußte dem Handelsstand mit einer Anleihe von 10 Mill. zu Hülfe kommen. Unter der Ungunst dieser Krise litten auch die Eisenbahnbauten u. es wurden vorläufig nur einige kleinere Strecken vollendet. Dagegen wurde das Telegraphennetz erweitert u. auch auf Norwegen (Stavanger-Bergen, Bergen-Christiania) ausgedehnt. Die ersten Monate des J. 1858 brachten mehre Veränderungen im Ministerium; Freiherr von Geer erhielt das Portefeuille der Justiz, Graf Manderström das des Auswärtigen, im September wurde Björnstjerna Kriegsminister. Die Processe u. Verurtheilungen aus religiöser Unduldsamkeit wiederholten sich auch in diesem Jahre. Die Idee des Skandinavismus (s.d.) verbreitete sich in S. immer mehr, namentlich auf Volksversammlungen u. wissenschaftlichen Congressen ward dieser Gedanke vielfach genährt. In der Gesetzgebung kamen die meisten Beschlüsse des Reichstags zur Ausführung. Außer denselben ist aus dem Jahr 1858, welches überhaupt für S. sehr ruhig verlief, nur ein Strafgesetz gegen Mißhandlung von Thieren u. ein Verbot der körperlichen Bestrafung der über 18 resp. 16 Jahr alten Diener u. Dienerinnen durch ihre Herren bemerkenswerth. In den politischen Wirren des Jahres 1859 beobachtete S. eine strenge Neutralität u. erklärte die Declarationen des Pariser Congresses vom 16. April 1856 über das Seerecht erneut für in Kraft stehend.

Am 8. Juli 1859 starb König Oskar, u. der Kronprinz-Regent bestieg als Karl XV. den schwedischen Thron. Da der König Oskar schon seit Jahren den Regierungsgeschäften fern gestanden hatte, veranlaßte der Regierungswechsel weder in den Grundsätzen der Regierung, noch in den leitenden Persönlichkeiten einen Wechsel. Zu seinem Wahlspruch bestimmte der neue König: Landet skall med lag byggas (das Land soll mit Gesetz gebaut werden). Die feierliche Krönung fand zu Stockholm erst am 3. Mai, zu Drontheim am 5. Aug. 1869 statt. Der neue schwedische Reichstag, zu welchem die Wahlen meist liberal ausgefallen waren, trat am 15. Oct. 1859 in Stockholm zusammen u. blieb bis zum 30. Oct. 1860 versammelt. Die wichtigste der von demselben gelösten Fragen war die der religiösen Freiheit; eine königliche Ordonnanz vom 23. Oct. 1860 gestattete in Übereinstimmung mit den von den vier Ständen im Mai gefaßten Beschlüssen die freie Ausübung der von der Staatskirche abweichenden Glaubensbekenntnisse nach vorher[568] eingeholter Regierungserlaubniß, aber nur innerhalb der Gebet- u. Begräbnißplätze u. unter Zulassung von öffentlichen Beamten. Eigene Wahl der Priester u. Lehrer, welche jede von der Regierung verlangte Auskunft zu ertheilen, Verzeichnisse der Trauungen, Geburten, Todesfälle einzureichen haben, wurde gestattet, die Auflösung der Gemeinde bei Mißbrauch der freien Religionsübung vorbehalten. Religiöse Orden u. Klöster bleiben unbedingt verboten. Weitere Vorschriften derselben Ordonnanz betrafen die Erwerbung von Immobilien durch die Dissidentengemeinden, die Schließung gemischter Ehen u. die Erziehung der Kinder aus solchen Ehen, die Kirchenabgaben, den Austritt aus der Staatskirche. In allen diesen Beziehungen wurden die Dissidenten noch immer ziemlich ungünstig gestellt, die Kindererziehung in der Lutherischen Staatsreligion sollte auch für gemischte Ehen die Regel sein u. ein aus der Staatskirche ausscheidender Beamter sollte seine Stelle verlieren. Eine zweite königliche Ordonnanz von demselben Tage bedroht mit harten Geld- u. Gefängnißstrafen einen Jeden, welcher eine der Staatskirche entgegengesetzte Lehre öffentlich verbreitet, ein Mitglied der Staatskirche zum Abfall bestimmt od. Kinder in solchen andern Lehren aufzieht Die Geldstrafen sollen unter den Armen u. dem Ankläger getheilt, Ausländer überdies des Königreichs verwiesen werden. Alle erleichternden Bestimmungen dieser Ordonnanzen hatten keine Anwendung auf Juden, doch gestattete ein anderes Gesetz denjenigen Juden, welche Bürgerrecht in S. haben, in allen Theilen des Königreichs sich niederzulassen u. Immobilien zu erwerben u. zu besitzen, während fremde Juden nur in den vier Städten Stockholm, Gothenburg, Norrköping u. Karlskrona wohnen sollen. Wichtige Reformen beschloß der Reichstag weiter im Gebiet der Communal- u. Provinzialverwaltung; in jeder Stadt sollen von den angesehenen Einwohnern, unabhängig vom Bürgerrecht, Vertreter mit Berathungsrecht in allen Communalangelegenheiten erwählt, die städtischen Behörden nur mit der Ausführung betraut werden. Als eine ganz neue Einrichtung für S. wird ein Landsthing für jede Provinz, ein Provinziallandtag, vorgeschlagen, welcher zusammengesetzt aus Vertretern jeder Stadt u. jedes Gerichtsbezirks ohne Rücksicht auf die alte Theilung nach Ständen sich unter Vorsitz eines vom König aus den Mitgliedern gewählten Präsidenten jedes Jahr in der Provinzialhauptstadt versammeln u. über die inneren Angelegenheiten der Provinz, z.B. Verkehrswege, Armenunterstützung, Maßregeln zur Beförderung des Ackerbaus u. der Gewerbe, Gesundheitspflege, Unterrichtswesen etc. berathen u. für solche Zwecke Abgaben auferlegen u. Anlehen contrahiren soll. Doch bedürfen die wichtigeren Beschlüsse der königlichen Genehmigung. Hiermit stehen im Zusammenhang weitere Beschlüsse über eine schon längst angestrebte Umgestaltung der allgemeinen Volksvertretung, für deren formelle Gültigkeit jedoch noch die Zustimmung des folgenden Reichstags erforderlich ist. Dahin ist namentlich zu rechnen ein Vorschlag, daß eine jährliche Einberufung des auf drei Jahre gewählten Reichstags mit einer Sitzungsdauer von nicht über vier Monaten stattfinden möge; daß, statt der bisherigen, auf den eigenen Stand beschränkten Wählbarkeit, ein Jeder, welcher in der Adelskammer zu sitzen, od. für eine der drei anderen Kammern zu wählen befugt ist, für jede Kammer innerhalb seines Bezirks wählbar sein, daß die Adelskammer auf 75 Mitglieder, von nur aus dem Adel erwählt, beschränkt, das active u. passive Wahlrecht für den Bauernstand aber auf alle ländliche Grundbesitzer, welche keinem anderen Stand angehören u. nicht Beamte sind, ausgedehnt werde. Der Bürger- u. Bauernstand endlich richtete gegen das Ende der Session sogar Petitionen an den König mit dem Gesuch dem nächsten Reichstage ein neues System der Volksvertretung vorzulegen, nach welchem die Abgeordneten ohne Rücksicht auf ihren besonderen Stand gewählt u. der Reichstag nur aus zwei Kammern gebildet werden soll. Auch in finanzieller Beziehung waren die Beschlüsse des Reichstags bemertenswerth; zur Erleichterung des Hypothekarcredits wurde die Errichtung einer allgemeinen Hypothekenbank unter Garantie des Staates beschlossen, zur Beseitigung der Ungleichheiten in der Besteuerung eine einheitliche Einkommensteuer (1 Procent) angenommen, das Verfahren bei Abschätzung des Einkommens vereinfacht, die Beschränkungen der Eisenindustrie aufgehoben, die Stempelabgabe für gewisse bes. lästige Fälle abgeschafft, für Vollendung der Eisenbahnlinien weitere Mittel verwilligt. Außerdem wurde der Paßzwang für das ganze Königreich abgeschafft, einige wichtige Artikel der Strafgesetzgebung erhielten eine wesentliche Umgestaltung; namentlich wurde die Anwendung der Todesstrafe beschränkt, dagegen wurden die Strafen für Gewaltthätigkeiten u. Körperverletzungen verschärft, an Stelle von Geldstrafen Gefängniß u. Zwangsarbeit eingeführt. Andere Gesetzentwürfe betrafen das Bankerottwesen, das eheliche Güterrecht, Erbverzichte u. das Recht der Pfandrechte an Immobilien. Im Reichstag hatte Graf Anckarswärd den Antrag gestellt, den König um Bildung einer schwedisch-norwegischen Commission zu ersuchen, welche eine Revision der Unionsacte zwischen beiden Ländern in dem Sinne bearbeiten sollte, daß für den Fall einer Behinderung des Königs an der Regierung u. einer Abwesenheit desselben gemeinsame Bestimmungen getroffen, eine gemeinschaftliche Vertretung unabhängig von den beiden Reichstagen geschaffen, die Bedingungen der Theilnahme der norwegischen Armee u. Flotte an der gemeinschaftlichen Vertheidigung festgesetzt würden. Als Antwort auf diese Proposition beschloß der norwegische Storthing (Decbr. 1859) die Abschaffung des Art 14 der norwegischen Verfassung, welcher dem König gestattet zum Generalgouverneur von Norwegen einen Norweger od. einen Schweden zu ernennen, ja er verlangte sogar die Vertauschung des Postens des Generalgouverneurs mit der Einrichtung eines Staatsministeriums aus norwegischen Bürgern u. Anhängern der Evangelischen Confession. Das norwegische Cabinet ging auf diese Vorschläge ein, der schwedische Reichstag stellte dagegen an den König das Ersuchen seine Entschließung über den Beschluß des norwegischen Storthing zu verschieben, bis eine Specialcommission über Regelung der Beziehungen der beiden Länder berathen haben würde. Der König versagte auch demgemäß dem Beschluß des norwegischen Storthing seine Genehmigung (4. April 1860), worauf der Storthing in einer Adresse gegen die Einmischung der schwedischen Stände, wie gegen die Revision der Unionsverhältnisse unter den gegenwärtigen Umständen Protest[569] einlegte. Die Frage, ob diese Angelegenheit eine nur norwegische od. eine auch S. betreffende sei, ward vielfach debattirt, u. der König vertagte vor der Hand seine Entscheidung. Bezüglich der auswärtigen Angelegenheiten erließ der Minister des Auswärtigen eine Note an den Gesandten in Paris über die Annexion von Savoyen an Frankreich u. über das Recht der Schweiz auf die Neutralität der savoyischen Districte vom 27. März 1860 u. eine Circularnote vom 29. März, in welcher S. der dänischen Auffassung hinsichtlich der nordalbingischen Herzogthümer beipflichtete. Mit dem König von Dänemark hatte der König Karl am 10. Juni eine freundschaftliche Zusammenkunft. Unterm 7. Dec. wurde eine neue Zollordnung publicirt. Am 7. Dec. Decbr. 1860 starb die Königin Desideria, Wittwe des Königs Karl XIV. Johann.

Seit Beginn des Jahres 1861 zeigte sich in S. vielfach eine auf Bildung freiwilliger Schützencorps gerichtete Bewegung, welche auf Vertheidigung gegen einen etwaigen Angriff von Seiten Rußlands gerichtet zu sein schien. Eine königliche Verordnung (Anfang März) regelte die Verhältnisse dieser Scharfschützenvereine; der Oberbefehlshaber derselben wird vom König aus drei ihm vorgeschlagenen Personen gewählt; in Kriegszeiten müssen die Vereine Dienste thun, indeß blos in dem von ihnen selbst bestimmten Bezirk, u. sind dann den Kriegsgesetzen unterworfen. Die Agitation für Reform der ständischen Vertretung dauerte namentlich in der Hauptstadt fort, ohne jedoch vorläufig ein Resultat zu erzielen. Bezüglich der Paßfreiheit sicherte S. durch Verträge mit auswärtigen Staaten (Holland u. Frankreich) deren Angehörigen die Gegenseitigkeit. S. war einer der ersten Staaten, welche das neugebildete Königreich Italien anerkannten. Der König unternahm nach einem kurzen Aufenthalt in Norwegen eine längere Reise nach Frankreich u. England, während deren eine hierzu verordnete Regierung aus vier Staatsräthen die obersten Geschäfte besorgte. Die Beziehungen zwischen S.u. Frankreich wurden hierdurch enger geknüpft, dagegen fand der König in England nur eine kalte Aufnahme. Gegen das Ende des Jahres führten die Differenzen zwischen S.u. Norwegen über das Unionsverhältniß zu einer Ministerkrise in Norwegen Das norwegische Justizdepartement (Baron Birch-Reichenwaldt) hatte über den schwedischer Seite gemachten Vorschlag der Bildung eines Unionscomités ein Gutachten abgegeben, welches vom Staatsrath nach Stockholm geschickt wurde. Eine darin enthaltene Hindeutung auf eine nur vertraulich mitgetheilte Circularnote des Grafen Manderström, schwedischen Ministers des Äußeren, u. auf eine angebliche Zusicherung der Mitglieder des schwedischen Staatsrathes, daß der Sanction des Beschlusses über Aufhebung der Statthalterwürde nichts im Wege stehe, veranlaßte den in Stockholm befindlichen norwegischen Staatsminister Sibbern zu der Weigerung das Gutachten in der vorliegenden Form dem König vorzutragen u. eventuell seinen Abschied zu fordern. Da die norwegischen Staatsräthe aber auf Beibehaltung der bezeichneten Stellen beharrten, reiste der König selbst (Anfang December) nach Christiania u. bildete dort einen neuen Staatsrath, in welchen der in Norwegen sehr beliebte F. Stang (Revisionsdepartement), Meldahl (für Justiz u. Polizei), u. Hassen (für Marine) eintraten, während die übrigen Minister (auch Sibbern) blieben. Doch hatte diese Änderung nicht die Bedeutung irgend welcher Concession Norwegens an die schwedischen Forderungen, vielmehr ließ man das Gutachten, nur ohne die anstößigen Einschiebsel, doch noch an die schwedische Regierung abgehen. Auch im Jahr 1862 dauerte die Bewegung für Reform der ständischen Vertretung in S. fort; dem Justizminister wurde eine Adresse überreicht, welcher Listen von 37,972 Personen beigefügt waren, welche sich diesem Bestreben angeschlossen hatten; der Minister erklärte im Princip mit den Wünschen der Petenten sich einverstanden. Die Frage wegen Revision des Unionsvertrags mit Norwegen aber wurde durch einen Beschluß des zusammengesetzten schwedischen-norwegischen Staatsrathes vorläufig vertagt. Die auf diese Frage bezüglichen Aetenstücke wurden veröffentlicht. An Stelle Björnstjernas, welcher den Posten eines Generalbefehlshabers übernahm, trat (März 1862) Generalmajor Reuterskjold als Kriegsminister ein. Seinem 35. Geburtstag (3. Mai) verlieh der König Karl durch die Sanction der neuen Communalgesetzgebung in S., eine besondere Bedeutung. Die Verordnung um faßt vier Gesetze, welche die Verwaltung der. Landgemeinden, die der städtischen Gemeinden, die Kirchspielversammlungen, den Kirchen- u. Schulrath u. das Landsthing betreffen u. an Stelle des Cantralisationssystems die Grundlage zur Selbständigkeit der Gemeinden legen. Im Juli 1852 stellte, der König dem König von Dänemark wiederholt einen Besuch ab.

Vgl. C. M. Fant, Geijer u. Schröder, Scriptoses rerum Suecicarum medii aevi, Upsala 1919–25, 2 Bde.; Rietz, Scriptores Suecici medii aevi, Lund 1842 ff., 2 Bde.; O. Dalin, Geschichte von S., deutsch von I. Benzelstierna u. J. K. Dähnert, Greifsw. 1756–64, 4 Bde.; A. Botin, Geschichte der schwedischen Nation, deutsch van H. L. C. Bacmeister, Riga 1768, 2 Bde.; Swen Lagerbring, Abriß der schwedischen Reichshistorie, Rostock 1778; D. E. Wagner, Geschichte von S. (in dessen Geschichte des Europäischen Nordens), 1778–89, 9 Bde., K. D. Hüllmann, Handbuch der Geschichte von S., Warschau 1797; Fr. Rühe Geschichte S-s, Halle 1803–14, 5 Bde.; K. F. A, Brohm, S., Berl. 1816; Geijer, Svenska folkets hinteria, deutsch von Leffler, Hamb. 1832–36, 3 Bde., 4. Bd. von Carlson, deutsch von Petersen, Gotha 1855; A. L. Schlözer, Schwedische Biographien, Lpz. 1760–68, 2 Bde.; Geijer, Svea Rikes häfder, Ups. 1825, 1. Bd.; G. Schöning, Von den Nachrichten der Griechen u. Römer von Skandinavien, deutsch von Schläger im 31. Bd. der Allgemeinen Welthistorie; Geschichte des Zustandes von S. von 1718–72, Stockh. 1828, n.A. 1829; Arndt, Schwedische Geschichten unter Gustav III. u. Gustav IV. Adolf, Lpz. 1839; Claud. Örnhjalm, Historia Sueonum Gothorumque eceles., Stockholm 1689; Celsius, Svea Rikes kyrkohistoria, Lund 1785; Baaz, Inventarium ecclesiae Sueegothicae, Linköp. 1642; Statuta veteris ecclesiae Sueogothicae, herausgeg. von Reuterdahl, Lund 1841; Reuterdahl, Ansgar od. der Anfangspunkt des Christenthums in S., deutsch von Mayerhoff, Berl. 1837; Derselbe, Geschichte der Schwedischen Kirche, Lund 1838–59. 2 Bde.; Thyselius, Handlingar till Sveriges reformations- och kyrkohistoria under Gustav I., Stockh, 1841–45,[570] 2 Bde.; Schinmeier, Leben der drei schwedischen Reformatoren, Lor. Anderson, Olaf u. Lor. Peterson, Lüb. 1783; A. Theiner, S.u. seine Stellung zum Heiligen Stuhl unter Johann, Sigismund III. u. Karl IX., Augsb. 1838, 2 Thle.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 15. Altenburg 1862, S. 548-571.
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