Artikel in der Wikipedia: Bremen
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269. Bremen.
269. Bremen.
Nordwestdeutschland. I. (Karten) 1. Helgoland 2. Norderney 3. Oldenbg. 4. Lübeck 5. Schwerin 6. Hannover 7. Bremen 8. Wilhelmshav. 9. Prov. Sachsen
Nordwestdeutschland. I. (Karten) 1. Helgoland 2. Norderney 3. Oldenbg. 4. Lübeck 5. Schwerin 6. Hannover 7. Bremen 8. Wilhelmshav. 9. Prov. Sachsen
Renaissance. I. 1. Palast Vendramin zu Venedig (Ende des 15. Jahrh.). 2. Säulenhof des Palastes Sauli bei Genua (16. Jahrh.). 3. Ehemalige Markusbibliothek zu Venedig (1536 begonnen). 4. Markuskloster in Leon (16. Jahrh.). 5. Uhrpavillon des Louvre zu Paris (1624 begonnen). 6. Treppe am Schlosse zu Blois (16. Jahrh.). 7. Friedrichsbau des Schlosses zu Heidelberg (1556-59). 8. Portal des Piastenschlosses zu Brieg (16. Jahrh.). 9. Treppe des Rathauses zu Görlitz (1537). 10. Rathaus zu Bremen (1602-12 umgebaut). 11. Vorhalle des Rathauses zu Köln (1569-71).
Renaissance. I. 1. Palast Vendramin zu Venedig (Ende des 15. Jahrh.). 2. Säulenhof des Palastes Sauli bei Genua (16. Jahrh.). 3. Ehemalige Markusbibliothek zu ...

[263⇒] Bremen. 1) Freie Hansestadt, Bundesstaat des Deutschen Reichs [Karte: Nordwestdeutschland, 7, bei Hannover], 256 qkm, (1900) 224.697 E.; Hauptbestandteil die Stadt B. mit Landgebiet an beiden Weserufern; die Ämter Vegesack und Bremerhaven bilden unterhalb der Stadt getrennte Hafenplätze. Staatsform: Republik; Verfassung vom 21. Febr. 1854, zuletzt 1879 revidiert. An der Spitze steht ein Senat von 16 auf Lebenszeit gewählten Mitgliedern (darunter 10 Rechtsgelehrte), unter dem jährlich wechselnden Vorsitz zweier Bürgermeister. Gesetzgebung und Verwaltung zwischen Senat und Bürgerschaft (150 auf 6 Jahre gewählte Mitglieder) geteilt. Organe der 20 Landgemeinden sind Kreistag (28 Vertreter) und Kreisausschuß (7). Abrechnung von 1903/4: Einnahmen 32,436, Ausgaben 45,307 Mill. M, Staatsschuld 192,222 Mill. M. Oberlandesgericht in Hamburg; in B. 1 Land-, 2 Amtsgerichte. Militärkontingent: 1. und 2. Bataillon des Infanterieregiments »Bremen« (1. Hanseat.) Nr. 75. Wappen: silberner Schlüssel in rotem Feld [Abb. 269]; Landesfarben Weiß-Rot.

2) Stadt B., 75 km von der Mündung der Weser in die Nordsee, 180.871 E., Land- und Amtsgericht, Oberpostdirektion, zweiter Seehandelsplatz Deutschlands (1888 Anschluß an das Zollgebiet, großer Freihafen erbaut), bes. für Tabak und Reis (erster Markt der Welt), Baum- und Schafwolle, Zucker, wichtigster Auswanderungshafen des europ. Kontinents. Industrie bedeutend, bes. Reismühlen, Zigarren, Bier, Silberwaren, Schiffbau und die Hilfsgewerbe der Schiffahrt. Hervorragende Gebäude: Dom (1044), Liebfrauen-, Ansgariikirche mit 112 m hohem Turm, Rathaus (1410 [Tafel: Renaissance I, 10]) mit dem berühmten Ratskeller, alte Gildehäuser der Kaufleute (der Schütting) und der Tuchhändler, Börse.

Geschichte. B. war bereits zur Zeit Karls d. Gr., der 788 hier ein Bistum stiftete, ein wichtiger Ort, wurde um 850 Erzbistum, beseitigte im 13. Jahrh. die Abhängigkeit vom Bischof fast ganz und wurde Glied der Hansa. Innere Zwistigkeiten wurden 1534 durch die »neue Eintracht« beendigt. Kraft des Westfäl. Friedens wurde B. im 17. Jahrh. ein weltliches Herzogtum unter schwed. und hannov. Hoheit, erlangte aber erst 1741 die Anerkennung als Reichsstand. 1810 ward B. Frankreich einverleibt (Hauptstadt des Dep. Wesermündungen); 1815 trat B. zum Deutschen Bunde, 1866 zum Norddeutschen Bunde, 1870 zum Deutschen Reiche. – Vgl. Buchenau (3. Aufl. 1900), von Bippen (3 Bde., 1892-1904). [⇐263]

Quelle: Brockhaus' Kleines Konversations-Lexikon, fünfte Auflage, Band 1. Leipzig 1911., S. 263.
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[378⇒] Bremen (hierzu der Stadtplan mit Karte »Gebiet der Freien Hansestadt Bremen« und Nebenkärtchen des Freihafengebiets, mit Registerblatt), Hauptstadt des gleichnamigen Freistaates, zugleich eine der ersten Handelsstädte Deutschlands.

Wappen von Bremen.
Wappen von Bremen.

B. liegt unter 53°5' nördl. Br. und 8°48' östl. L. in 5 m Höhe in einer einförmigen Ebene, zu beiden Seiten der Weser und besteht aus vier Teilen: der auf dem rechten Ufer gelegenen, von der Weser und den Wallanlagen begrenzten Altstadt, den diese im Halbkreise umgebenden Vorstädten (östliche, nördliche und westliche), der auf dem linken Ufer gelegenen, 1623–27 aus militärischen Gründen angelegten Neustadt und der dieser sich südlich und westlich jenseit des ehemaligen Festungsgrabens anschließenden Südervorstadt. Die Altstadt und Neustadt sind seit alter Zeit durch die nahe am Südostende der Stadt gelegene Große Weserbrücke und ihre Fortsetzung, die Kleine Weserbrücke, miteinander verbunden; in der Mitte der Altstadt führt die 1872–75 erbaute Kaiserbrücke direkt nach dem Teerhof und der Neustadt hinüber; am untern Ende der Altstadt bildet außerdem die Eisenbahnbrücke der B.-Oldenburger Bahn (1866 vollendet) eine für Fußgänger gangbare Verbindung. Die Altstadt, neuerdings durch Verbreiterung der Hauptstraßen vielfach umgestaltet, besitzt noch viele alte Häuser mit mächtigen Giebeln und vielen übereinander getürmten Böden; sie ist der Sitz des Großhandels. Den Mittelpunkt derselben bilden der Markt, der Domshof und die Domsheide, um die sich die wichtigsten öffentlichen Bauten gruppieren. Die Neustadt hat durchweg breite, gerade Straßen; in ihr überwiegen das Kleingeschäft, die Packhäuser und Fabriken. Die Südervorstadt besitzt einige Fabriken und ist vorzugsweise von Arbeitern bewohnt. Die erst in den letzten 70 Jahren entstandenen Vorstädte enthalten überwiegend [⇐378][379⇒] Privatwohnungen und machen mit ihren geraden, breiten und reinlichen Straßen und ihren vielfach mit Veranden, Terrassen und Vorgärten gezierten Häusern einen sehr freundlichen Eindruck. Bezeichnend ist hier auch das Fehlen großer Mietskasernen; mehr als in andern deutschen Großstädten bewohnt hier noch je eine Familie ein Haus allein; daher denn auch die weitläufige Anlage der Stadt (23,11 qkm Areal). Die östliche Vorstadt ist vorzugsweise Wohnsitz der wohlhabenden Bevölkerung; die nördliche Vorstadt erhält durch die Umgebung des Bahnhofs, wo Gasthöfe und Wirtschaften vorherrschen, einen besondern Charakter; an sie schließt sich jenseit des Bahndammes und längs des Bürgerparks ein neues, villenartiges Viertel. In der westlichen Vorstadt hat sich in der Nähe des Freihafengebiets die Großindustrie (Reismühlen, Maschinenfabriken, Petroleumraffinerie, Jutespinnerei) angesiedelt. Hier liegt auch der am 15. Okt. 1888 dem Verkehr übergebene, mit einem Kostenaufwand von ca. 25 Mill. Mk. errichtete Freihafen, 2000 m lang, 120 m breit, 6,8 m tief, eingeschlossen von großartigen Speichern, Lösch- und Ladeeinrichtungen. Erweiterungen des Freihafens sind teils ausgeführt, teils im Werke.

[Bauwerke.] Die Stadt B. hat 17 Kirchen; davon liegen in der Altstadt: der St. Petri-Dom (früher erzbischöfliche Kathedrale, jetzt lutherische Hauptkirche), die Liebfrauenkirche, die Martinikirche, die Ansgariikirche, die Stephanikirche sowie die den Katholiken überwiesene Johanniskirche; in der Neustadt: die Paulikirche; in den Vorstädten: die nach den Plänen des Architekten Heinrich Müller 1869–71 neuerbaute Rembertikirche, die Jakobikirche, die Friedens-, die Michaelis- und die Willehadikirche, die Zionskirche (1894), die katholische St. Raphaelkirche (1899), die Methodisten- und die Baptistenkapelle. Die wenigen in B. wohnenden Juden haben eine kleine Synagoge. Architektonisch bemerkenswert ist der Dom, dessen älteste Teile dem 11. Jahrh. angehören (vgl. Müller, Der Dom zu B. und seine Kunstdenkmale, Brem. 1861), mit schönen Glasfenstern und einer herrlichen Orgel; in einem kryptaähnlichen Seitengewölbe befindet sich der »Bleikeller«, in dem infolge der trocknen Luft die aufbewahrten Leichen zu Mumien austrocknen. Seit 1888 wurde der Dom, dessen Türme bis dahin baufällig waren, vollständig im Innern und Äußern durch den Dombaumeister Salzmann restauriert. Der höchste Turm der Stadt ist der der St. Ansgariikirche (etwa 97 m). Hervorragende Gebäude sind: das prächtige Rathaus (1404–1407 gebaut, doch stammt die Renaissancefassade erst aus den Jahren 1609–1612), der Schütting (das Haus der Handelskammer, 1537–94 erbaut), die Börse (ein prächtiges gotisches Gebäude, 1861–64 von Heinrich Müller erbaut), die stattliche, nach amerikanischem System erbaute Baumwollbörse (von Joh. Poppe 1899–1902), das Gebäude des Kaufmännischen Vereins, beide an der Wachtstraße, das Gebäude der Wasserleitung, die Hauptschule, die Realschule beim Doventor, das Reichspostgebäude an der Domsheide (1878 vollendet), das reich verzierte Gerichtsgebäude (von Klingenberg und Weber, 1893–95) an der Domsheide, das Gebäude der Reichsbank, das der alten Sparkasse an der Obernstraße, das Gewerbehaus (früher Krameramthaus, 1619–21 erbaut), das Haus »Seefahrt« mit Wohnungen für Witwen von Seeleuten (vgl. Kohl, Das Haus Seefahrt zu B., 1862), das Museum (ein großartiges Klublokal), das Gebäude des Künstlervereins mit herrlichem Konzertsaal und schöner, gotisch gewölbter Halle für geselligen Verkehr, die neuerdings erweiterte Kunsthalle (für Gemälde, Kupferstiche und Skulpturen), die Stadtwage (ein altes Giebelhaus auf der Langen Straße), die bei dem Dorf Oslebshausen neuerbaute Strafanstalt, das große Krankenhaus, das Siechenhaus, das Diakonissenhaus, das St. Josephsstift, die öffentliche Badeanstalt (1877 vollendet), der 1882 vollendete Schlachthof, der Bahnhof (1889), der Rutenhof, die Deutsche Bank und das Museum für Natur-, Völker- und Handelskunde (1895) am Bahnhof. Unter dem Rathaus befindet sich der berühmte Ratskeller, den Wilh. Hauff durch seine »Phantasien« poetisch verherrlicht hat (vgl. Kohl, Der Ratsweinkeller zu B., 1866). Die ältesten Weine liegen in einem mit der Kolossaldarstellung einer Rose geschmückten Keller (Rosenwein, der älteste ist 1653er Rüdesheimer) und in zwölf Fässern, welche die Namen der zwölf Apostel tragen.

Von öffentlichen Denkmälern sind zu erwähnen: der berühmte Roland, ein steinernes, 9,6 m hohes Standbild auf dem Markt, 1404 aufgerichtet als Symbol der Gerichtsbarkeit der Stadt (vgl. Sello, Der Roland zu B., 1901), das Vasmerkreuz zur Erinnerung an den 1430 hier enthaupteten Bürgermeister Johann Vasmer; das Marmorstandbild des Bürgermeisters Johann Smidt auf der obern Rathaushalle und das Denkmal des Astronomen Olbers auf dem Wall (beide von K. Steinhäuser); der Willehadibrunnen vor dem Dom; das Denkmal des heil. Ansgarius vor der Ansgariikirche und die Marmorvase auf dem Wall, einen alten Bremer Gebrauch, den Umzug der Klosterochsen, allegorisch darstellend (beide ebenfalls von Steinhäuser); die prächtige, von Fogelberg modellierte Statue König Gustav Adolfs auf der Domsheide (dieselbe strandete bei Helgoland, wurde dann aus dem Meer gehoben und von einigen Bremer Bürgern der Stadt geschenkt); das Kriegerdenkmal von Robert Keil auf einer Bastion des Walles, westlich vom Ansgariitor (errichtet 1875); das Altmann-Denkmal auf dem Wall zur Erinnerung an den Gärtner Altmann, der die Festungswerke der Stadt in Gartenanlagen umschuf; das Seume-Denkmal an der großen Weserbrücke, zur Erinnerung an die Entweichung Seumes aus der Gewalt hessischer Werber; das Körner-Denkmal auf dem Körnerwall und die Statue des Apostels Jakobus (S. Jacobus major) an der Wüstestätte (im Volk als »Juxmajor« bekannt), das am 18. Okt. 1893 enthüllte Reiterstandbild Kaiser Wilhelms I. (von Bärwald modelliert), westlich vor dem Rathaus, und als neuestes die Bronzegruppe »der Rosselenker« von Tuaillon in den Anlagen beim Theater. Brunnen von künstlerischer Bedeutung sind der Kentauren-, der Turmbläser- und der Teichmannbrunnen. Medaillons und Gedenktafeln gibt es für den Astronomen Olbers, den Bürgermeister Smidt, den Liederdichter Neander, den Astronomen Bessel, den Physiologen Gottfr. R. Treviranus, den Geographen J. G. Kohl, den Lloydkapitän v. Gössel.

[Bevölkerung, Bildungsanstalten etc.] Die Einwohnerzahl der Stadt B. (zu Anfang dieses Jahrhunderts auf 35,000 geschätzt) beträgt seit Anschluß einiger Landgemeinden (1. April 1902) 186,622; davon entfallen auf die Altstadt 19,637, auf die Neustadt 14,167, auf die Vorstädte 132,347 und auf die angeschlossenen Vororte Walle-Gröpelingen, Hastedt-Schwachhausen u. Woltmershausen zusammen 20,671. Dem Religionsbekenntnis nach gab es 1. Dez. 1900 etwa 94 Proz. Evangelische, 4,9 Proz. Katholiken, etwa 820 Israeliten und 980 Angehörige andrer Bekenntnisse. [⇐379]

[380⇒] Die Zahl der Volksschulen beträgt etwa 30. An höhern Schulen gibt es eine Hauptschule, aus Gymnasium und Handelsschule (Oberrealschule) bestehend (von 1905 an werden 2 Gymnasien, ein Realgymnasium und eine Oberrealschule vorhanden sein), 2 städtische Realschulen und 7 höhere Privatmädchenschulen. An höhern Fachschulen bestehen ein Volksschullehrerseminar, 2 Privatlehrerinnenseminare, eine Seefahrtschule, ein Technikum und eine landwirtschaftliche Winterschule. An Fachschulen sind vorhanden: die gewerbliche Fortbildungs-, die gewerbliche Zeichen- und die Knabenzeichenschule, eine Knabenhandarbeitsschule, mehrere Haushaltungsschulen, Fortbildungsschulen für junge Kaufleute, eine Fortbildungsschule für Frauen und Mädchen und eine Taubstummenanstalt. An wissenschaftlichen und Kunstinstituten bestehen: eine Stadtbibliothek, eine städtische Sammlung für Natur-, Völker- und Handelskunde (hervorragend sind die Tiergruppen und die Sammlungen von Warenproben), eine Moorversuchsstation, ein chemisches Staatslaboratorium, ein meteorologisches Observatorium, eine Kunsthalle, ein Kunstgewerbemuseum und ein Theater. Die Musik findet in B. durch die philharmonischen Konzerte, durch ein Konservatorium und eine große Anzahl von Gesang- und Musikvereinen vielfache Pflege. Unter den in B. erscheinenden Zeitungen und Zeitschriften sind hervorzuheben: die liberale »Weser-Zeitung«, die »Bremer Nachrichten«, »Niedersachsen«, das »Deutsche Protestantenblatt«, die »Naturwissenschaftlichen Abhandlungen« (hrsg. vom Naturwissenschaftlichen Verein), die »Deutschen Geographischen Blätter« (hrsg. von der Geographischen Gesellschaft).

Unter den zahlreichen Wohltätigkeitsanstalten sind die wichtigsten: die allgemeine Krankenanstalt (mit einer Irrenanstalt), ein Kinderkrankenhaus, 3 andre Krankenhäuser, ein Siechenhaus (Kahrwegs Asyl), ein Armenhaus, 3 Waisenhäuser, 2 Erziehungsanstalten für verwahrloste Kinder, mehrere Kinderbewahranstalten und das Haus »Seefahrt«, über dessen Portal der bekannte Spruch »Navigare necesse est, vivere non necesse est« steht. Auch die Zentralstelle der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger befindet sich in B.

[Industrie.] Die Großindustrie hat sich vorzugsweise in den Zweigen reger entwickelt, die mit Handel u. Schiffahrt in enger Beziehung stehen, so der Schiffbau, die Eisengießerei, der Maschinenbau und die Tauwerkfabrikation, ferner die Verarbeitung von Kolonialerzeugnissen. Von Bedeutung sind ferner die Reisschäl- und Reisstärkefabrikation, die Petroleumraffinerie, die Exportbrauerei, Fabriken für Spirituosen, Zigarrenkisten und Stuhlrohr, die Jutespinnerei, die Gold- und Silberwarenfabrikation, die Tabak- und Zigarrenfabrikation; doch hat sich diese letztere mehr und mehr nach den benachbarten Orten (Hemelingen, Burg-Lesum, Delmenhorst, Achim, Osterholz-Scharmbeck) verzogen. Einige größere gewerbliche Anlagen, die mit bremischem Kapital geschaffen worden, befinden sich in den Nachbarorten; so eine Wollwäscherei in Burg-Lesum, eine Wollkämmerei in Blumenthal, eine Baumwollspinnerei und -Weberei in Grohn-Vegesack, eine Wollkämmerei, Jutespinnerei u. Linoleumfabrik in Delmenhorst, eine Aluminium- und Magnesiumfabrik sowie Jutespinnerei und -Weberei in Hemelingen. Die hauptsächlichsten Ausfuhrgegenstände bremischen Gewerbfleißes sind polierter Reis, Bier, Stärke und Reisabfall, raffiniertes Petroleum, Zigarrenkistenbretter, Silberwaren, Tauwerk, Tabaklauge.

[Handel.] Seinen Weltruf verdankt B. lediglich dem Handel und der Schiffahrt; es ist nächst Hamburg der bedeutendste Seehandelsplatz des Deutschen Reiches. Allerdings war die weite Entfernung von der See sowie die geringe Tiefe der Weser lange Zeit dem Aufschwunge von Bremens Handel und Verkehr ungünstig. Doch gewann man durch die Anlage von Bremerhaven (1827–30) einen Seehafen und ermöglichte durch die unter Leitung des Oberbaudirektors Franzius mit einem Kostenaufwand von 36 Mill. Mk. durchgeführte Korrektion der Unterweser Schiffen bis zu 5 m Tiefgang das Heraufkommen nach B. selbst. 1901 betrug der Schiffahrtsverkehr im Freihafen 4093 angekommene Fahrzeuge mit 3,791,779 cbm Raumgehalt. Die Eigenart des Bremer Handels besteht darin, daß er in weit größerm Umfang Einfuhr- als Ausfuhrhandel ist, und ferner darin, daß sich ersterer auf nur wenige Artikel beschränkt, in diesen aber eine Stellung ersten Ranges einnimmt. In zwei Artikeln, Tabak und Reis, ist B. der größte Markt der Welt; für Baumwolle und Indigo stellt es den ersten Platz des europäischen Kontinents dar; in Schafwolle und Petroleum endlich rivalisiert es erfolgreich mit Antwerpen und Hamburg. Auch bedeutende Mengen Zucker sind in den letzten Jahren über B. gegangen. Einfuhr der wichtigsten Produkte 1899–1901:

Tabelle

Nach den in nachstehender Tabelle bezeichneten Warengattungen zusammengefaßt, zeigt der Handelsverkehr 1901 folgende Werte (in Tausenden Mark):

Tabelle

Die Gesamteinfuhr erreichte 1901 einen Wert von rund 1067 Mill. Mk. Die Ausfuhr betrug 1901 rund 1005 Mill. Mk. Auf die einzelnen Erdteile und Länder verteilt sich 1901 die Ein- und Ausfuhr folgendermaßen (in Tausenden Mark):

Tabelle

Die Entwickelung des Bremer Handels in den letzten Jahrzehnten zeigt folgende Tabelle der Durchschnittswerte (in Millionen Mark):

Tabelle

Ein- und Ausfuhr haben sich also seit 1847 mehr als verneunfacht. B. hat zahlreiche Versicherungsgesellschaften für alle Geschäftszweige. Im Seeversicherungsgeschäft [⇐380][381⇒] waren 1901: 723,39 Mill. Mk. versichert, davon 15,49 Proz. bei Bremer und 84,51 Proz. bei fremden Gesellschaften. An Banken sind vorhanden: die Bremer Bank (Filiale der Dresdener Bank), die Deutsche Nationalbank, die Bremische Hypothekenbank, die Bank für Handel und Gewerbe, die Reichsbankhauptstelle, eine Filiale der Deutschen Bank in Berlin und eine der Niedersächsischen Bank, außerdem mehrere Privatbankgeschäfte. Viele deutsche und die meisten auswärtigen Staaten sind in B. durch Konsulate vertreten. Die Börse von B. vereinigt alle Gattungen von Börsengeschäften; besonders wichtig ist sie für Baumwolle, Tabak, Petroleum und Reis. 1901 wurde sie von 864 Firmen besucht.

[Verkehr.] Die Handelsflotte Bremens umfaßte 1901: 600 Seeschiffe (davon 242 Dampfer) mit 634,726 Reg.-Ton. und einer Bemannung von 25,827 Personen. Unter den sieben Schiffahrtsgesellschaften nimmt die des Norddeutschen Lloyd (s.d.) die erste Stelle ein (vgl. M. Lindeman, Der Norddeutsche Lloyd; Geschichte und Handbuch, 1892, sowie die Schrift: »Norddeutscher Lloyd Bremen«, 1901). Die Seedampferflotte desselben betrug Ende 1901: 113 Fahrzeuge mit 465,003 Registertonnen Brutto = 281,481 Netto (12 Schiffe im Bau). Er vermittelt den Verkehr zwischen B. und Nord-, Mittel-, Südamerika, Ostasien, Australien; zwischen Genua, Neapel und New York, außerdem eine ausgedehnte Schiffahrt im Indisch-Chinesischen Meer und auf dem Jangtsekiang; endlich Verkehr nach den Nordseebädern und auf der Unterweser. Eine hervorragende Bedeutung hat B. als Auswandererplatz; von 1832 bis Ende 1901 sind etwa 3,7 Mill. Personen über B. befördert worden. 1901 betrug die Zahl der direkt beförderten Personen 108,309, davon 9038 aus dem Deutschen Reich, 99,240 aus dem übrigen Europa. 1901 zeigte der Seeverkehr Bremens folgendes Bild:

Tabelle

Der Verkehr auf der Unterweser betrug 1901: 5379 ankommende Schiffe mit 845,643 Registertonnen und 5405 abgehende Schiffe mit 878,378 Reg.-Ton.; auf der Oberweser kamen an 1751 (316,467 Reg.-Ton.) u. gingen ab 1690 Schiffe (312,882 Reg.-Ton.). Dem Verkehr Bremens zu Lande dienen folgende Eisenbahnlinien: Bremerhaven-Wunstorf-Hannover, B.-Harburg, B.-Stendal-Magdeburg und Wanne-B. der Preußischen Staatsbahn und B.-Oldenburg-Neuschanz der Oldenburgischen Staatsbahn, außerdem B.-Farge und B.-Tarmstedt. Für den Fernsprechverkehr bestehen 1901: 3266 Sprechstellen. Den Verkehr in der Stadt und mit den Vororten vermittelt ein ausgedehntes elektrisches Straßenbahnnetz. Außerdem gibt es etwa 150 Droschken.

Behörden. Die Verwaltung der städtischen Angelegenheiten ist von der Staatsverwaltung nicht getrennt (s. oben). Von den Reichsbehörden, die in B. ihren Sitz haben, sind zu erwähnen: die Oberpostdirektion, das Betriebsamt der königlich preußischen Eisenbahndirektion Hannover und die Reichsbankhauptstelle. Auch der Stab des 1. hanseatischen Infanterieregiments Nr. 75 liegt in B.

Die nähere Umgebung der Stadt bietet landschaftlich wenig Abwechselung; um so wertvoller ist deshalb der im Nordosten der Stadt liegende 140 Hektar große Bürgerpark (vgl. den Stadtplan) mit ausgedehnten Waldpartien, Seen und Wasserzügen, der 1866–84 aus freiwilligen Beiträgen angelegt wurde. In den benachbarten Dörfern Schwachhausen, Horn, Oberneuland sowie namentlich an dem steilen Uferrande der Lesum finden sich viele Landhäuser Bremer Familien. Weiter entfernte beliebte Ausflugspunkte sind Blumenthal, Lilienthal, Syke, die Badener Berge, das Steimmer Gehölz, Vegesack, Osterholz-Scharmbeck, der Weyher Berg (Malerkolonien), der Hasbruchwald und der Zwischenahner See.

Geschichte.

Unter dem Namen Bremun (lat. Brema) wird die Stadt zuerst 787 urkundlich erwähnt, in welchem Jahre Karl d. Gr. daselbst ein Bistum gründete (s. S. 376f.). Im J. 965 erhielt sie von Otto I. Marktrecht und 967 der Erzbischof die gräfliche Gerichtsbarkeit in seinem Stifte. Das erste kaiserliche Privilegium für B. ist von 1186, und damals erfolgte wahrscheinlich die Bildung eines Stadtrats, dessen Wahlordnung und Befugnisse 1246 festgesetzt wurden. Trotz der Abhängigkeit vom Erzbischof gewann die Stadt eine ziemlich selbständige Stellung, schloß Handelsverträge, gewann Privilegien, namentlich in Norwegen und England, und erwarb Schlösser und Besitzungen in der Umgegend und in Friesland. Sie trat der Hansa bei, wurde aber 1285 aus dem Bund ausgeschlossen und erst 1358 wieder aufgenommen. Innere Unruhen führten 1427 zu einer neuen Ausschließung; B. geriet in Acht und Interdikt; doch wurde 1433 durch Vermittelung einiger Hansestädte die alte aristokratische Verfassung wiederhergestellt und die sogen. »Eintracht« oder »Tafel« vereinbart, B. auch wieder in die Hansa aufgenommen. Die Reformation fand in B. schon 1522 durch die Predigten Heinrichs von Zütphen Eingang. 1532 trat die Stadt dem Schmalkaldischen Bunde bei, hielt 1547 eine Belagerung durch die Kaiserlichen unerschrocken aus und wurde schließlich durch den Sieg des Grafen Albrecht von Mansfeld bei Drakenburg gerettet. Wenige Jahre später führte der Fanatismus lutherischer Geistlicher, besonders der Prediger Timann und später Musäus, gegenüber der durch Hardenberg vertretenen gemäßigten Richtung Unruhen herbei, die erst 1568 durch den Vertrag von Verden beendet wurden, und in denen die energische Haltung des Bürgermeisters Daniel von Büren der gemäßigten Partei zum Siege verhalf. 1618 wurde die reformierte Lehre als Staatsreligion angenommen. Kaiser Ferdinand III. verlieh 1646 der Stadt die Freiheiten einer Reichsstadt, doch Schweden, das 1648 das Erzbistum B. erhielt, wollte dies nicht anerkennen, konnte jedoch 1666 im sogen. Bremischen Krieg seine Ansprüche nicht durchsetzen, weil sich die benachbarten Fürsten der Stadt annahmen. Erst der Kurfürst Georg von Hannover, der 1720 das Erzstift erwarb, erkannte die Reichsfreiheit Bremens an. 1803 blieb B. Freie Reichsstadt und erhielt sogar eine Gebietsvergrößerung. Napoleon I. zog die Stadt zum französischen Reich und machte sie zur Hauptstadt des Departements der Wesermündungen. Am 15. Okt. 1813 wurde sie von einer Streifschar unter Tettenborn eingenommen und 1815 zur Freien Stadt des Deutschen Bundes erklärt. [⇐381][382⇒] Seitdem begannen in B. heftige innere Kämpfe. Die frühere Verfassung war aristokratisch gewesen; auch die »Neue Eintracht«, die nach einer demokratischen Bewegung 1534 vereinbart war, hatte den Rat im Besitz der Herrschaft gelassen. Nach dem Sturz Napoleons bewilligte der Rat 23. Febr. 1816 aus freien Stücken der Bürgerschaft eine geregelte Teilnahme an der Wahl des Rates an Stelle der Kooptation. An der Spitze des Staates standen nun der Senat (4 Bürgermeister und 24 Senatoren) und die Bürgerschaft (500 Mitglieder nebst den aus 20 Großkaufleuten bestehenden Altermännern). Im März 1848 kam es in B. zu stürmischen Auftritten, welche die Einführung einer neuen Verfassung zur Folge hatten. Dieselbe trat zwar 18. April 1849 ins Leben, war aber nicht von Bestand. Unter dem Schutz eines Bundeskommissars, des hannöverschen Generals Jakobi, suspendierte der Senat im März 1852 die Gesetze über Presse und Vereinsrecht, löste die Bürgerschaft auf und beschränkte mittels eines oktroyierten Wahlgesetzes die Vertretung der Bürgerschaft auf 150 Mitglieder, mit denen sich der Senat 1854 über wesentliche Beschränkungen der Märzerrungenschaften einigte. Die militärische Verteidigung Bremerhavens wurde 1853 von Hannover gegen Entschädigung übernommen. In die neue Gestaltung Deutschlands trat B. bereitwillig ein, sandte bisher stets national gesinnte Vertreter in den Reichstag, beteiligte sich auch am französischen Krieg in opferfreudiger Weise und gab 1884 auch seine Zustimmung zur Aufhebung seiner Freihafenstellung. Am 1. Jan. 1894 wurde eine neue Verfassung gegeben, die in der Zusammensetzung der Bürgerschaft Änderungen und für einen Teil davon direkte Wahl einführte; bei den Neuwahlen zur Bürgerschaft im Dezember 1902 stieg die Zahl der sozialdemokratischen Vertreter von 11 auf 19.

[Literatur.] Vgl. Buchenau, Die freie Hansastadt B. (3. Aufl., Brem. 1900); »Die freie Hansestadt B. und Umgegend« (10. Aufl., das. 1900); »B. und seine Bauten« (hrsg. vom Architekten- und Ingenieurverein, das. 1900); Halenbeck, 50 Ausflüge in die Umgegend Bremens (das. 1893); das amtliche »Staatshandbuch der freien Hansastadt B.« (jährlich), das »Jahrbuch für bremische Statistik«, »Monatsberichte des Bremischen Statistischen Amtes«; Duntze, Geschichte der Freien Stadt B. (das. 1842–51, 4 Bde.); v. Bippen, Geschichte der Stadt B. (das. 1892–98, Bd. 1 u. 2); Misegaes, Chronik der freien Hansestadt B. (das. 1828–33, 3 Bde.); Donandt, Geschichte des Bremer Stadtrechts (das. 1830, 2 Bde.); »Bremisches Urkundenbuch« (hrsg. von Ehmck und v. Bippen, das. 1853–93, 5 Bde.) und die vom Künstlerverein hrsg. Werke: »Bremisches Jahrbuch« (histor. Inhalts, das. 1864–1900, 19 Bde.) und »Denkmale der Geschichte und Kunst der freien Hansastadt B.« (das. 1864–70, 3 Bde.). –Karten: Thätjenhorst und Duntze, Karte vom Gebiete der Hansestadt B. (4. Aufl. 1882); Karte des Deutschen Reiches, 1: 100,000, Bl. 206 und 207, u. die betr. Nummern der preuß. Meßtischblätter. [⇐382]

Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1905, S. 378-382.
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[265⇒] Bremen, 1) (Freie Hansestadt B.), selbständiger Staat im Deutschen Bunde. Das circa 5 QM. große Gebiet, durch die Weser in zwei ungleiche Hälften getheilt, zerfällt in zwei Landherrschaften u. enthält außer der Stadt B. die beiden Städte Vegesack u. Bremerhaven, u. 58 ländliche Ortschaften, worunter 12 Pfarrdörfer sind. Einwohnerzahl: 80,000, davon leben circa 60,000 in der Stadt u. sind protestantischer (lutherischer u. reformirter) Confession bis auf 2000 Katholiken u. 100 Juden (für letztere macht ein Gesetz von 1852 die Erwerbung des Staatsbürgerrechtes von einer besonderen Erlaubniß des Senates abhängig). Die Gewässer des Landes (Weser, Leesum, Ochum, mit ihren Zuflüssen) sind ziemlich reich an Fischen. Die Erzeugnisse B-s bestehen fast ganz aus denen der Stadt; die der Umgegend beschränken sich, auf dem höher liegenden Boden, auf etwas Getreide, Hanf, Flachs, Gemüse u. Obst, der meistentheils sehr feuchte, tiefliegende Boden dient zur Grasgewinnung u. als Weideland. Hauptbeschäftigung der Stadt B. bildet der Handel. Beim Deutschen Bunde bildet B. mit den anderen freien Städten, die 7. Curie, hat aber im Plenum eine eigene Stimme. Die gemäßigt demokratische Verfassung [⇐265][266⇒] der Republik, ähnlich der von Hamburg, Lübeck u. Frankfurt a. M., ging hervor aus dem ereignißreichen Jahre 1848, wurde am 8. März 1849 publicirt, im März des Jahres 1852 aber mittels Einschreitens des Deutschen Bundes in mehreren wesentlichen Punkten außer Kraft gesetzt. Seit dem 21. Febr. 1854 ist die Revision der Verfassung von Senat u. Bürgerschaft beendet u. ihr eine feste Gestalt wiedergegeben. Die Staatshoheit beruht in Senat u. Bürgerschaft in Gemeinschaft; der unter Theilnahme der Bürgerschaft sich ergänzende Senat, zugleich Magistrat der Stadt u. früher Rath genannt, zahlt 18 Mitglieder (Senatoren), wovon wenigstens 10 Rechtsgelehrte u. 5 Kaufleute sein müssen; zwei Mitglieder des Senats sind Bürgermeister, die Wahl derselben geschieht vom Senate u. alle 2 Jahre tritt Einer von ihnen aus; für die Dauer eines Jahres ist einer der Bürgermeister Präsident des Senats. Der Senat wirkt mit der Bürgerschaft in Ausübung der Staatsgewalt in allen Fällen, welche das Gesetz nicht anders bestimmt, gemeinschaftlich, hat jedoch die Leitung u. Oberaufsicht in allen Staatsangelegenheiten allein; in seinen Händen ruht ferner die vollziehende Gewalt überhaupt, das protestantische Episkopatrecht, Vertretung des Staates gegen Dritte u. in allen auswärtigen Angelegenheiten, das Gnadenrecht, die Polizeiverwaltung, Verfügung über die bewaffnete Macht. Die Bürgerschaft besteht aus 150 Vertretern der Staatsbürger; die Vertreter werden auf 6 Jahre gewählt, alle 3 Jahre geht die Hälfte ab; sie sind von keinerlei Instructionen abhängig u. haben lediglich ihre Überzeugung von dem, was das Wohl des Senats fordert, zu folgen. Gewählt wird nach einem Klassensystem; ein Präsident bildet mit einigen Vizepräsidenten u. einigen Schriftführern den Geschäftsvorstand der Corporation. Als Ausschuß der Bürgerschaft besteht das Bürgeramt, dies hat fortwährend auf Aufrechthaltung der Verfassung, Gesetze u. Staatseinrichtungen zu achten, über wahrgenommene Mängel u. Beeinträchtigungen zu berichten, die Mittheilungen zwischen Senat u. Bürgerschaft zu vermitteln, die Versammlungen der Bürgerschaft zu veranstalten u. die Tagesordnung festzustellen. Übrigens kann jeder Vertreter auf vorschriftsmäßigem Wege Anträge zur Berathung u. Beschlußnahme über einen Gegenstand anbringen. Die Versammlungen der Bürgerschaft sind öffentlich, nur in Ausnahmefällen finden geheime Sitzungen statt. (Das früher sehr einflußreiche Collegium der Älterleute, Vorstand der Kaufmannschaft, ist seit 1848 eingegangen). Gegenstände gemeinsamer Wirksamkeit von Senat u. Bürgerschaft sind vorzugsweise: Erlassung, Auslegung, Aufhebung u. Abänderung von Gesetzen, Genehmigung von Verträgen mit auswärtigen Regierungen, Verwaltung des gesammten Staatsvermögens, Organisation u. Verwaltung des Schulwesens, des Gewerbewesens etc. Für alle Zweige der Verwaltung bestehen aus Senat u. Bürgerschaft gemischte Deputationen. Die Rechtspflege wird ausschließlich durch die dazu bestellten Gerichte, in der Regel aus rechtsgelehrten Mitgliedern bestehend, verwaltet. Die Richter werden von Senat u. Bürgerschaft gewählt. Das Collegium der rechtsgelehrten Richter zählt 12 Mitglieder, sie dürfen neben ihren Amtsgeschäften kein anderes Geschäft treiben. Gerichtsverfassung: für Civilsachen ist die 1. Instanz das Untergericht in B., die Ämter Vegesack u. Bremerhaven, in Sachen über 300 Thlr. das Obergericht; die 2. Instanz bildet das Obergericht in B., zugleich als Läuterungsinstanz in vor ihm anhängigen Sachen, statt deren Actenversendung an eine Juristenfacultät eintreten kann; die 3. Instanz ist das gemeinschaftliche Oberappellationsgericht in Lübeck mit Obergerichtsordnung vom 29. Aug. 1831. Für Criminalsachen bilden die Untersuchungsbehörden u. entscheiden bei geringfügigen u. Injuriensachen das Criminalgericht in B. u. die Ämter Vegesack u. Bremerhaven, in Militärvergehen eigens berufene Militärgerichte. Über schwerere Verbrechen erkennt in 1. Instanz das Obergericht, in 2. das Oberappellationsgericht in Lübeck; vgl. Gerichts- u. Notariatsordnung vom 9. Nov. 1820. Das Gemeine Recht ist durch Specialgesetze vielfach abgeändert, so durch die Statuten von 1433, die Verordnung vom 15. März 1555, Erbe- u. Handfestenordnung vom 9. Dec. 1833, die Verordnung über Errichtung von Ehepacten vom 10. Dec. 1833, bes. eigenthümlich ist es im Güterrecht der Ehegatten (vgl. Gröning, De separatione liberorum etc., Gött. 1771; Post, Über die eheliche Gütergemeinschaft, Hannov. 1802; Berck, Über das Bremische Güterrecht, Brem. 1832) u. im Erbrechte. See- u. Handelsrecht sind ausgebildet durch Schiffsordnung u. Seerecht der Hansestädte vom 26. Mai 1614, die Bankerotierordnung vom 30. April 1620, Edict wider Bankerot vom 6. Jan. 1707, Verordnung über den Concurs auf dem Lande vom 7. Juni 1707, die Concursordnung vom 25. Juni 1711, die Wechselordnung vom 22. März 1712; Verordnung über Verbindlichkeiten der Rheder aus den Handlungen des Schiffers vom 9. Jan. 1832, über Beweiskraft der Schuldscheine vom 19. Dec. 1833 etc. Außerdem sind mit den meisten Schifffahrt treibenden Staaten wegen Gleichstellung der Handels- u. Schifffahrtsabgaben Staatsverträge abgeschlossen. Ein allgemeines Bremisches Rechtsbuch, den neueren Verhältnissen angemessen, wird ausgearbeitet. Die Gesetzgebung befindet sich in Sammlungen von Verordnungen u. Proclamen des Senats von 1751–1810, Brem. 1820 u. seit 1813 jährlich ein Band, vgl. Ölrichs Realregister darüber, Brem. 1832 f. u. die Sammlungen derselben, von Meier, ebd. 1750, u. Ölrichs, ebd. 1771, von Meute, ebd. 1854. Vgl. Gildemeister, Beiträge zur Kenntniß des Bremer Rechts, edd. 1806 u. 1808; Watermeyer u. Ölrichs Beiträge, ebd. 1837, u. Bremische Blätter, ebd. 1835 f.; Donandt, Bremisches Magazin, ebd. 1830–1834. Besonders wichtig ist das zuerst 1303, dann 1428, u. endlich 1433 als das noch gültige Stadtbuch: Dat Bok, aufgezeichnete Stadtrecht, vgl. Donandt, Geschichte des Bremer Stadtrechts, Brem. 1830, 2 Bde.; Deneken, Vorlesungen über dasselbe, ebd. 1798. Zur Förderung des Handels, der Gewerbe u. der Landwirthschaft bestehen verfassungsmäßig folgende Staatsanstalten: a) Kaufmannsconvent u. Handelskammer. Der Kaufmannsconvent besteht aus Mitgliedern der Bremischen Börse u. hat über Handels- u. Schifffahrtsangelegenheiten zu berathen. 24 Mitglieder des Convents bilden als Geschäftsausschuß die Handelskammer, letztere ist Vorstand der Kaufmannschaft u. vertritt dieselbe gegen Dritte; b) Gewerbeconvent u. Gewerbekammer. Der Gewerbeconvent [⇐266][267⇒] wird von den Genossen der verschiedenen Gewerbe auf eine gesetzlich bestimmte Anzahl von Jahren erwählt. Angelegenheiten, welche die Interessen des Gewerbestandes berühren, werden vom Gewerbeconvent berathen. Einige Senatoren u. 21 Mitglieder des Gewerbeconvents bilden die Gewerbekammer; sie hat auf Alles, was dem Gewerbewesen dienlich sein kann, ihr Augenmerk zu richten u. gutachtlich zu berichten: c) Kammer für Landwirthschaft. Diese besteht aus einigen Mitgliedern des Senats u. 20 praktischen Landwirthen; sie hat auf Alles zu achten, was Ackerbau u. Viehzucht dienlich sein kann. Alle Gesetze, welche sich speciell aus Handel, Gewerbe u. Landwirthschaft beziehen, müssen zuvor den betreffenden Kammern zur Begutachtung vorgelegt werden. – Militär: 1 Infanteriebataillon von circa 700 Mann. Die allgemeine Wehrpflicht, 1841 eingeführt, wurde in den letzten Jahren abgeschafft u. seitdem zum Werbesystem zurückgegangen. Die Vereinigung mit dem Lübeck'schen Contingent, welche früher bestand, ist jetzt aufgehoben; für Cavallerie u. Artillerie sorgt Oldenburg gegen Geldentschädigung, B-s Militär gehört zum 10. deutschen Armeecorps, die Uniform ist die der anderen Hansestädte (s. Hamburg). Seit 1835 haben die Hansestädte auch mit Oldenburg eine Militärschule in Oldenburg. Die Bürgerwache (früher 1 Regiment zu 3 Bataillonen), ist seit 1852 gänzlich abgeschafft; das Schützencorps (Schützenverein, aus wohlhabenden Bürgern gebildet, 1846), einige hundert Mann stark, muß sich erforderlichen Falles dem Aufgebot des Senats zur Verfügung stellen. Dem Militärwesen steht eine Deputation von Senatoren u. Mitgliedern der Bürgerschaft vor. Nationalfarben: die der anderen Hanseaten, weiß u. roth. Wappen: ein silberner, schräg rechts liegender Schlüssel mit aufwärts u. links gelehrtem Schließblatte im rochen Felde. Flagge: roth u. weiß, 5 Mal horizontal gestreift, hinter zwei Reihen eben solcher gepachteter Vierecke. Einkünfte: 1,250,000 Thlr.; Schulden: 8–9 Mill. Thlr. B. rechnet nach Reichsthalern zu 72 Groten à 5 Schwaren, in Pistolen à 5 Thlr.; den Friedrichsd'or à 51/2 Thlr. angenommen, ist 1 Bremer Thlr. = 1 Thlr. 4 Sgr., 1 Groten = 52/3 Pf., 1 Schwaren = 12/15 Pf. preußisch; der Zahlwerth ist Conventionsgeld, 131/2 Thlr. = 1 Mark f. kölnisch. Geprägte Münzen hat B. nun in Silber: 1/2, 1/6, 1/12 Thlr., à 36, 12 u. 6 Groten, ferner 4, 2 u. 1 Groten; in Kupfer 21/2 Schwaren. Die geprägte Münze ist zum größten Theil alt. 48- u. 24 Grotenstücke, sowie Bremermark = 32 Groten u. 1 Schwaren sind gegenwärtig Seltenheiten geworden. Ganze Thaler sind in einem Stücke nicht ausgeprägt. Die neue Goldmünze, Krone, ist Sept. 1857 in Umlauf gebracht. 1 Krone = 8 Thlr. 284/5 Groten, 25 Kronen = 210 Thlr. Bremer Gold. Maße: Längenmaß die Ruthe à 22/3 Klafter, 8 Ellen, 16 Fuß; die Elle (= 256,4 Par. Lin.) hat 4 Quartier, 100 Bremer Ellen = 98,724 Verl. Ellen, der Fuß (= 128,2 Par. Lin.) à 12 Zoll, 51 Bremer Fuß = 47 Rhein. Fuß; Flächenmaß: der Quadratfuß 144 Quadratzoll od. 100 Decimalzoll, 53 Bremer Quadratfuß = 45 Rhein. Quadratfuß; Körper- od. Cubikmaß: 1 Cubikfuß hat 1728 gemeine od. 1000 Decimalcubikzoll, 23 Bremer Cubikfuß = 18 Rhein. Cubikfuß; Getreide- u. Salzmaß hat die Last 4 Quart, 40 Scheffel, 160 Viertel, 640 Spint, der Scheffel = 35853/5 französische Cubikzoll, 100 Bremer Scheffel = 129,411 Verl. Scheffel; 1 Brau Malz hält 45,1 Tonne Salz 31/3 Scheffel; Weinmaß: das Oxhoft hat 11/2 Tierzen od. Ahm, 6 Anker, 30 Viertel od. 264 Quart, 1 Fuder Rheinwein hat 6 Ahm, 1 Ahm = 45 Stübchen, 180 Quart, 720 Mengeln, Franzwein hat die Ahm 44, das Viertel 21/5 Stübchen; Biermaß hat die Tonne 45, die halbe 24, das Viertel 121/2 Stübchen; die Tonne Thran od. Öl hat 6 Steckan od. Stechkannen à 16 Mengel, wiegt 216 Pfd. netto, Branntwein wird nach Quart à 4 Mengel verkauft, 1 Stübchen = 2,7718 Berl. Quart; Holz wird nach Reep od. Reif mit einer 171/2 Fuß langen Kette in die Runde gemessen, ist 41/2, 5 u. 6 Fuß lang, od. nach Faden à 6 Fuß breit u. hoch, die Scheitlänge ist dann meist 2 Fuß. Gewicht: bisher wurde gerechnet der Centner Handelsgewicht zu 116 Pfund, 100 Bremer Pfd. = 106,702 Berl. Pfd., 1 Pfd. = 10,380 holländische Aß, vom 1. Jan. 1858 an rechnet man nach dem Zollgewichtssystem. Demnach ist 1 Pfd. von 500 Grammen = 1/2 Kilogramm französischen (metrischen) Gewichts u. stimmt mit dem Zollpfund der Zoll- u. Handelsvereinsstaaten, so wie mildem neuen preußischen Pfunde. Ein neues Pfd. = Pfd. 0,096288 Loth des zeitigen Bremer Handelsgewichtes = 1 Pfd. 2,022048 Loth des bisherigen Krämergewichtes; 100 neue Pfund auf den Center, das Pfd. = 10 Neuloth, das Neuloth = 10 Quint, das Quint = 10 Halbgrammen. Gold- u. Silbergewicht wird durch die neue Übereinkunft nicht geändert. B. rechnet nach der alten Kölnischen Mark zu 233,812 Grammen. Gold in 24 Karat zu 12 Grän; Silber in 16 Loth zu 18 Grän; in beiden Fällen die Mark = 288 Grän. (Vgl. Schimmelpfennig, Handbuch über das metrische Gewichtssystem). – 2) Stadt B., Hauptstadt des Staates, an der Weser (10 Meilen von der Mündung, 15 Meilen vom offenen Meere), darüber zwei Brücken, von denen eine 175 Schritte lang, auf steinernen Lagen ruhend, über die große, die andere, hölzerne, über die kleine Weser (todter Arm der Weser), besteht aus der Alt- u. Neustadt, jene, die größere, am rechten, diese, die kleinere, am linken Weserufer, außerdem noch aus den Vorstädten, die außerhalb der Wälle liegen u. eine bedeutende Ausdehnung haben. Die Neustadt ist am schwächsten, die Vorstädte am stärksten bevölkert. Seitdem die Festungswerke geschleift sind, hat man die Wälle in parkähnliche Spaziergänge verwandelt. Die Häuser der Altstadt sind meist altmodisch, die Straßen gekrümmt, die Neustadt hat regelmäßige, breite Straßen, aber wenig hübsche Häuser, in den Vorstädten dagegen u. am Wall finden sich geschmackvolle, neue Gebäude in Menge. Die öffentlichen Plätze sind außer dem Domshof, dem Markt u. der Domshaide (wo seit 1856 die Gustav-Adolf-Statue steht) ohne Bedeutung. Merkwürdig sind: die Domkirche (1160 vom Erzbischof Adalbert erbaut) mit dem Bleikeller, in welchem sich Leichname seit mehreren 100 Jahren unversehrt erhalten haben; 8 andere Kirchen, darunter die Ansgariikirche, mit 324 Fuß hohen: Thurme. Das Rathhaus ist im gothischen Styl 1405 erbaut. Der Stadtweinkeller, unter dem Rathhaus u. der Börse sich hinziehend enthält einen kostbaren Vorrath alter Rheinweine; eine Abtheilung darin (mit einem Stückfasse des [⇐267][268⇒] ältesten Weins, 1626, dessen Tropfen nach Thalern berechnet werden können) heißt die Rose; eine andere, worin 12 Stückfässer des besten Hochheimer u. Niersteiner liegen, heißt der Apostelkeller. Bekannt sind Wilhelm Hauff's Phantasien im Bremer Rathskeller; auch H. Heine hat ihm eine Hymne geweiht. Vor dem Rathhause steht die 18 Fuß hohe Rolandsäule, demselben gegenüber liegt der Schütting, wo sich die Älterleute versammelten, u. an der Westseite die Börse. Das Stadthaus, (1819 hierzu eingerichtet, vormals erzbischöflicher Palast), das Schauspielhaus, Arbeitshaus, die Stadtwage, das Museum (mit ornithologischer Sammlung), die Union, mit Concert- u. Ballsaale, die Kunsthalle, in der Nähe seit 1850 das Olbersdenkmal, die Erholung, die Seefahrt, das Krameramthaus, die Bahnhofsgebäude u. die Gasanstalt sind beachtenswerthe Gebäude. Kunstwerke, größtentheils von Karl Steinhäuser ausgeführt, sind theils im Privatbesitz, theils öffentlich aufgestellt. Unter letzteren eine große Marmorvase, Alberts Standbild mit Postament (beide in den Wallanlagen) u. mehrere Grabmonumente. Werthvolle Gemäldesammlungen werden bei mehreren Privaten gefunden. Wissenschaftliche Anstalten: höhere Hauptschule (dazu Vor-, Gelehrten- u. Handelsschule), Navigationsschule, Seminarium, Zeichnenschule, Alberts Sternwarte, Physikalische Gesellschaft, Stadtbibliothek von mehr als 20,000 Bänden, Bibliothek der Handelskammer, der Gesellschaft Museum u. Union, Bureau für Handelsstatistik (auf dem Schütting), 11 Buchdruckereien, 8 Buchhandlungen, Lesegesellschaften, Lesezimmer der Gewerbekammer. Schulen: 1 Bürgerschule, 4 Vorbereitungsschulen für die Haupt- u. Bürgerschule, 7 höhere Töchterschulen, 16 Elementarschulen für höhere Stände, 8 städtische Gemeindeschulen, 6 Freischulen für Kinder unbemittelter Eltern, 2 Frauenvereinsschulen, 1 Sonntagsschule, außerdem noch mehrere concessionirte Schulen für den mittleren Bürgerstand. Das Unterrichts- u. Erziehungswesen hat in seiner Gesammtheit als Oberaufsichtsbehörde das Scholarchat, bestehend aus mehreren Mitgliedern des Senats. Eine Schuldeputation wird von Seiten der Bürgerschaft ernannt. Für die Gemeindeschulen besteht ein Schulrath, aus Geemeindegliedern gebildet. Wohlthätigkeitsanstalten u. milde Stiftungen: Armenhaus für 250 Personen beiderlei Geschlechts eingerichtet; Krankenhaus, in der Osterthorsvorstadt, 1850 neu aufgeführt, 3 Wittwenhäuser, Haus Seefahrt (Hospital für alte Schiffer); lutherisches, reformirtes u. katholisches Waisenhaus, Taubstummeninstitut, 3 Kinderbewahranstalten, 1 Kinderkrankenhaus, Verein für entlassene Gefangene, großer u. kleiner Frauenverein, mehrere Gottesbuden (freie Wohnungen für Bedürftige), Missionsgesellschaft (großer nordischer Missionsverein), Verein zur Verbreitung christlicher Erbauungsschriften (Bibeln u. Tractätlein), Verein zur Pflege armer Wöchnerinnen, Suppenanstalten, Vereine zum Wohlthun, Armeninstitut etc. Mehrere Stiftungen gewähren gegen Einkauf freie Wohnung nebst sonstigen Äquivalenten, so das Rombertistift, das Katharinen-, das Ilsabeenstift, das Annenhaus etc. Vereine mit verschiedenen Tendenzen, mit Ausnahme politischer, gibt es viele: Bildungsverein Vorwärts (seit 1846), mit mehr als 1000 Mitgliedern aus allen Ständen, der Kunstverein (Eigenthum der Kunsthalle), der Künstlerverein (zur Bildung u. Veredlung des ästhetischen Geschmacks); polytechnische Vereine, Architektenverein, Gartenbauverein, Gesangvereine, Singakademie u. Liedertafel; Freimaurerloge: Zum Ölzweig. Außer den kirchlichen Gemeinden der größeren christlichen Confessionen existirt eine freie Gemeinde, 1 Brüdergemeinde, 1 Tractathaus der bischöflichen Methodisten; auch findet sonntäglich im Hause Seefahrt englischer Gottesdienst statt. Judustrie: Hauptzweig Cigarrenfabrikation (seit Erhöhung der Zölle auf rohen Tabak im Sinken), Segeltuch, Farben (Bremer Grün), Bierbrauereien, 1 Fischbeinreißerei, Korkschneidereien, Zuckerraffinerien, Spritfabrikation, Eisengießereien (bedeutendste von Waltje u. Comp.), Kalkbrennereien, Thonsiedereien, Schiffswerfte, Dampfmühlen etc. Die Handgewerke sind größtentheils noch zünftig, jedoch in beschränkter Form. Schifffahrt: B. betreibt mit Minden fast die ganze Weserschifffahrt. Zur Stadt B. selbst können nur Lichterschiffe, Boote u. Weserkähne kommen. Zwischen Hamburg u. B. ist die Wattenfahrt mit platten Beurtschiffen von 20–30 Lasten lebhaft. Überseeische Schifffahrt betreibt B. sehr stark, hauptsächlich nach Nord- u. SAmerika, West- u. OIndien, nach England, Frankreich u. dem Mittelmeere, Norwegen, Archangel u. der Ostsee. Der früher sehr lebhafte Häringsfang hat fast aufgehört; auch der Wallfischfang ist sehr im Abnehmen, namentlich in der Südsee. Eigene Seeschiffe hat B. 270, mit circa 75,882 Last. B. ist für NDeutschland der Hauptpunkt zur Überfahrt der Auswanderer nach NAmerika, u. überhaupt ist die directe Dampfschifffahrtverbindung mit der neuen Welt im Aufschwung begriffen. Die Unterweser wird täglich von vielen Flußdampfern befahren, die Oberweser hat auch einige Dampfschiffe. Der Handel von B. umfaßt alle Erzeugnisse des Wesergebietes u. deutsche, englische u. französische Productionen. Für rohe Baumwolle u. Tabak ist B. Weltmarkt. (Die österreichische Regie wird von hier mit ihrem ganzen Bedarf an Tabak versorgt). Werth der Aus- u. Einfuhrartikel über 90 Mill. Thlr. Da B. dem großen Zollverband norddeutscher Staaten nicht angehört, so ist zur Verkehrserleichterung ein Hauptzollamt desselben in B. errichtet. Den Handel befördern der 1856 ins Leben getretene Norddeutsche Lloyd (dem österreichischen nachgebildet), dessen Direction in B. ihren Sitz hat; 13 Seeassecuranzen, 1 Bank (1856 gegründet) u. 1 Agentur der Braunschweigischen Bank. Die B. Bank setzt Scheine im Werthe von 5–100 Thlr. Gold im Umlauf u. macht überhaupt brillante Geschäfte. Mehrere Chausseen (von Bremerhaven, Stade, Hannover, Hamburg, Verden, Osnabrück, Oldenburg, Quackenbrück), führen nach B. Eine Eisenbahn, die Weser u. Aller hinauf über Verden nach Hannover, zur Verbindung mit der großen Bahnlinie zwischen Berlin u. Köln ist 1847 eröffnet. Die Bahn reicht bei Bremen unmittelbar an die Weser. Eine Verlängerung bis Bremerhaven wird mit Hannover vereinbart. Kanäle für kleine Fahrzeuge führen von B. aus in die Moorgegend Hannovers, zwischen Weser u. Elbe, u. können diese kleinen Torfschiffe durch ein Labyrinth von Gräben u. Kanälen in die Elbe bis Stade u. Hamburg gelangen. Öffentliche [⇐268][269⇒] Vergnügungen: Verschiedene Clubgebäude mit Lesezimmern u. großen Sälen zu öffentlichen Vorträgen u. geselligen Vergnügungen (Concerten u. Bällen), so das Museum, die Union (bes. für jüngere Kaufleute), die Erholung u. das Krameramthaus; ferner der Schützenhof, umfangreiches Gebäude im Schweizerstyl mit Gartenanlagen u. Schießständen, liegt außerhalb der Neustadt; Schauspiel u. Oper; Sommertheater im Volksgarten; elegante Kaffee- u. Weinhäuser (darunter Stehely u. Josti, Hotel Siedenburg); Bierhallen in großer Zahl; Tanzsäle (öffentliche) besonders 3 große, die den Hamburgischen gleichkommen; Centralhalle, mit 3 großen Sälen u. Liebhabertheater, Tonhalle u. Colosseum. Spaziergänge um die Stadt u. öffentliche Anlagen; Lustpartien nach Vegesack, Blumenthal, Obernuland, Blockland u. Lilienthal, wo der Astronom Schröter lebte. Einwohner 60,000. B. ist Geburtsort von G. R. Treviranus, A. H. Heeren u. Olbers. Vgl. Stork, Ansichten der Stadt B., Frankf. a. M. 1822; Kohl, Ansichten von B.; I. Bosse, Karte von der Wesermündung, mit Text; B., Führer durch Stadt u. Umgebung; Kotzenberg, Bremische Verfassungskrisis; I. Krüger, Bilder aus der Geschichte B-s, Brem. 1855; Marie Wiedemann, Eigentümlichkeiten der Bremer Neuzeit. [⇐269]

Quelle: Pierer's Universal-Lexikon, Band 3. Altenburg 1857, S. 265-269.
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[269⇒] Bremen (Geschichte). Manche halten V. für das Phabiranum im Chaukenlaude bei Ptolemäos; es kommt bestimmt erst zur Zeit der Karolinger unter dem Namen Bremon (später Brema) als Fischerort vor. 788 gründete Karl der Gr. das Bisthum (s. Bremen, Herzogth.), u. setzte einen Statthalter ein; 934 erhielt die Stadt einen Magistrat u. Privilegien, u. zugleich ward die Statthalterei dem Erzbischof übergeben. Im 11. Jahrh. wurde B. unter dem Bischof Hermann Bezelin (unter welchem die Stadt nebst Kathedrale abbrannte) u. Albert I. befestigt; 1088 mußte Bischof Liemar die Schirmvogtei über B. an Herzog Lothar von Sachsen abtreten, die jedoch 1219 wieder zum Bisthum kam. 1223 ward der Sitz des Erzbisthums wieder von Hamburg nach B. verlegt. Inzwischen hatte der Handel u. die Schifffahrt B-s, durch die Erwerbung von Privilegien an den Küsten der Nord- u. Ostsee, einen bedeutenden Aufschwung genommen, u. schon 1158 legten bremische Colonisten den Grund zur Stadt Riga u. nahmen thätigen Antheil an den Bestrebungen des Deutschen Ordens. B. trat 1284 zur Hansa u. entzog sich der bischöflichen Macht fast ganz. Innere Zwistigkeiten u. äußere Fehden, die sich von 1289 bis 1532 fortspannen, hinderten indessen, daß B. als freie Reichsstadt fortwährend anerkannt blieb, u. zogen der Stadt mehrmals Ausschließung aus der Hansa u. obendrein die Reichsacht zu. 1433 wurde eine neue Staatsverfassung festgestellt u. diese 1534 revidirt. 1522 nahm B. die Evangelische Lehre an, ward 1550 wegen der dem Schmalkaldischen Bunde gesendeten Hülfe in die Acht erklärt u. 1547 von den Kaiserlichen belagert, jedoch mit Hülfe der Hamburger vom Grafen von Mannsfeld entsetzt. Heftige Zwistigkeiten zwischen den Strenglutherischen u. Melanchthonianern, durch Albrecht Hardenberg veranlaßt, störten die Ruhe von Neuem; Erstere unterlagen, u. der Rath zog großentheils aus, wonach die Reformirte Confession allmälig zur herrschenden wurde. B. blieb nach dem Westfälischen Frieden, welcher das Bisthum in ein schwedisches Herzogthum verwandelte, nicht unangefochten, zwei Mal versuchten die Schweden, 1654 u. 1666, wiewohl vergebens, die Stadt in ihre Gewalt zu bringen. Auch Hannover, welchem die schwedischen Besitzungen zufielen, bequemte sich erst 1731 B. als Reichsstadt anzuerkennen. 1803 blieb B. freie Reichsstadt u. das Gebiet ward sogar vergrößert. 1810 zog Napoleon B. zum französischen Reiche u. erklärte es zur guten Stadt u. zur Hauptstadt des Departements der Wesermündungen. Im Sept. 1813 ward B. indessen von den Alliirten eingenommen u. war die erste Stadt, über welche die Verbindung mit England erneuert wurde. 1815 ward B. als Freie Stadt Mitglied des Deutschen Bundes u. kehrte zu ihrer früheren Verfassung zurück. 1820 gelang es ihr, sich von dem die Weserschifffahrt beeinträchtigenden, von den Grafen von Oldenburg seit Mitte des 17. Jahrh. erhobenen Elsflether Zolle zu befreien. 1827 erwarb B. durch Vertrag mit Hannover das Terrain zur Anlage von Bremerhaven (s. d.). Der vom Bürgermeister Smidt ausgehende Plan, einen Hafenplatz zu gründen, der für größere Seeschiffe zugänglich sei, fand zwar anfangs heftige Widersacher, erwies sich aber in der Folge als eine überaus glückliche Idee, welche dem Handel der Stadt wichtige Vortheile brachte. Die politische Bewegung, welche mit der Julirevolution 1830 in Deutschland eintrat, blieb auch auf die Zustände B-s nicht ohne Einfluß, indem sich eine Reformpartei zur Verbesserung der Verfassung in liberalem Sinne bildete. Die Kommission, welche aus dem Senat u. dem Bürgerconvent zur Abfassung eines Verfassungsentwurfs zusammentrat, zog die Angelegenheit bis zum Jahre 1837 hin. Schließlich blieb alles beim Alten, u. nur auf dem gewöhnlichen Wege der Gesetzgebung traten einige neue Einrichtungen ins Leben. Der 1841 vom Bürgerconvent gefaßte Beschluß, die Conscription für das Militär einzuführen, rief am 20. April Unruhen von Seiten der zur Conscription gezogenen Cigarrenarbeiter hervor, welche durch das Militär gedämpft wurden. Veranlassung zu Aufregung anderer Art gaben die vom Pastor Krummacher (s. d.) angeregten kirchlichen Streitigkeiten. Im April 1845 genehmigte die Bürgerschaft die Vorschläge über Entführung eines Handelsgerichtes. Um dieselbe Zeit kam der Vertrag zwischen Hannover u. B. wegen Anlegung einer Eisenbahn zu Stande, welche Ende 1847 eröffnet wurde. Im März 1846 fand mehrere Tage lang eine Revolte der Arbeiter in allen auf Bremer Gebiet belegenen Schiffswerften wegen Herabsetzung des Arbeitslohnes statt. 1847 schloß B. einen Handelsvertrag mit Griechenland ab. Große von Staatswegen unternommene Bauten machten die Contrahirung einer freiwilligen Anleihe von 1 Mill. nöthig. Anfang 1848 wurde die Erhebung einer Einkommensteuer zur Bestreitung verschiedener außerordentlicher Staatsbedürfnisse, zunächst zur Bezahlung der Zinsen der in den Jahren 1845–47 contrahirten Anleihen u. zu deren Tilgung, beschlossen. Die Bewegung im Jahre 1848 führte auch in B. am 6. März zu Ercesseu, die besonders gegen das Institut der Thorsperre (welche wenige Monate darauf aufgehoben wurde), gerichtet waren u. erst durch das Einschreiten der Bürgerwehr u. Linie unterdrückt [⇐269][270⇒] wurden. Dem Senat ward am 8. März durch eine Deputation von Bürgern eine Petition um Gewährung einer zeitentsprechenden Verfassung u. einer Volksvertretung aus allgemeinen Wahlen, um Öffentlichkeit der Sitzungen des Bürgerconvents u. Veröffentlichung seiner sämmtlichen Verhandlungen, Preßfreiheit, Öffentlichkeit der Gerichtsverhandlungen, Trennung der Justiz von der Verwaltung, Geschwornengerichte etc., übergeben. Die Aufhebung der Censur, unter beschränkenden Preßmaßregeln, ward noch denselben Tag verordnet u. durch Bekanntmachung vom 10. März die Erfüllung aller übrigen Anforderungen verheißen u. schon am 17. die Öffentlichkeit der Bürgerconventssitzungen verfügt. Unterdessen hatte die bewegte Zeit auch in B. die Gründung einer ziemlichen Anzahl von Vereinen veranlaßt, die ein reges politisches Leben unterhielten. Am 19. April wurde der Beschluß gefaßt, die definitive Verfassung gemeinschaftlich durch Senat u. Bürgerschaft feststellen zu lassen, u. am 27. Dec. eröffnete die Bürgerschaft ihre Berathungen über den neuen Verfassungsentwurf. Im Anfange des Jahres 1849 trat in B. die Agitation für Kaiser u. Reich in den Vordergrund, u. eine Volksversammlung am 15. Jan. beschloß in einer Adresse nach Frankfurt sich für die Berufung des Königs von Preußen auf den deutschen Kaiserthron auszusprechen. Am 17. Jan. beschloß die Bürgerschaft, daß zur Senatorenwahl eine Wahlcommission von 3 Senats- u. 10 Bürgerschaftsmitgliedern der gesammten Bürgerschaft 3 Candidaten zur Auswahl vorzuschlagen habe. Am 24. Febr. erklärte der Senat seine Zustimmung zu den Beschlüssen der Bürgerschaft über die Verfassung, welche am 18. April in Kraft trat. Tags darauf fand die erste Sitzung der neuen auf Grund der Verfassung zusammenberufenen Bürgerschaft statt, in welcher die radicale Partei wenigstens zu 2 Drittheilen vertreten war. Am 9. Mai ward die deutsche Reichsverfassung für B. publicirt. Darnach hatte der Senat durch Bürgermeister Smidt Verhandlungen wegen des Beitrittes B-s zu dem Dreikönigsbündnisse in Berlin anknüpfen lassen, welcher auch, nach längerem Widerstande der Bürgerschaft, endlich von derselben genehmigt wurde. Am 6. Oct. geschah die erste Senatorenwahl nach der neuen Verfassung, wobei ein Führer der demokratischen Partei in den Senat gewählt wurde. Am 14. Oct. wurde die Niedersetzung einer Commission zur Entwerfung eines Wahlgesetzes für den Erfurter Reichstag beschlossen u. am 21. Nov. das Einverständniß mit dem Beitritt B-s zu dem zwischen Österreich u. Preußen abgeschlossenen Interim erklärt. Im März 1850 führte die Erfurter Wahlfrage zu einem neuen Conflict zwischen Senat u. Bürgerschaft. Da letztere nicht für das Staatenhaus wählen wollte u. gegen die Wahl für das Volkshaus protestirte, so vollzog der Senat, ohne Mitwirkung der Bürgerschaft, am 18. März die Wahl zum Staatenhause u. ließ gleichzeitig die Volkshauswahl vornehmen. Die Bürgerschaft genehmigte die so zu Stande gekommene Wahl endlich, nur mit der Bedingung, daß die Beschlüsse des Erfurter Parlaments für B. nicht eher in Kraft träten, als bis die vollständige Theilnahme Hannovers an dein Bündnisse wiederhergestellt sei. Doch hielt der Senat an der Union fest u. lehnte den Beitritt zu dein Hannöverschen Sonderbünde ab. Der principielle Gegensatz zwischen Senat u. Bürgerschaft sollte sich noch schroffer gestalten, als die inzwischen eingetretene reactionäre Strömung auch den Senat von B. veranlaßte, einen Theil der Macht, die ihm die Verfassung von 1849 entrissen, wieder an sich zu bringen. Den ersten Schritt zum Zwecke der Herbeiführung eines mit den allgemeinen politischen Verhältnissen Deutschlands im Einklang stehenden Zustandes that der Senat durch einen am 29. Jan. 1851 bei der Bürgerschaft eingebrachten Antrag auf Revision des Wahlgesetzes, welcher nach langer Berathung der Bürgerschaft am 19. Juni von derselben abgelehnt wurde. Dagegen erhielten die weiterhin vom Senat beantragten Maßregeln bezüglich der Verschärfung des Strafgesetzes wegen Mißbrauchs der Presse u. der Suspendirung des Vereinsrechtes aus ein Jahr, eine Majorität in der Bürgerschaft, so daß die betreffenden Verordnungen am 19. Mai publicirt werden konnten. Die Publication der schon früher zwischen Senat u. Bürgerschaft vereinbarten provisorischen Gesetze über Einführung der Geschwornengerichte, die Bestrafung von Politischen Verbrechen u. über die Presse war denselben schon im Februar vorausgegangen. Der Senat legte nun, sich stützend aus die Bundesbeschlüsse vom 23. Aug. (Verpflichtung der Regierungen zur Prüfung, ob die bes. seit 1848 getroffenen Einrichtungen u. erlassenen Gesetze in Einklang mit den Bundesgesetzen stehen), der Bürgerschaft am 27. Septbr. Vorschläge wegen Revision der Verfassung vor, die sich namentlich auf Abänderung des Wahlgesetzes, Berufung einer neuen Bürgerschaft u. Abänderung mehrer Paragraphen der früheren Verfassung (Veto, Vereins- u. Versammlungsrecht, Zusammensetzung u. Wahl des Senats) bezogen. Die Bürgerschaft lehnte jedoch auch diese Anträge am 8. Oct. ab, worauf der Senat am 17. Nov. die Bundesversammlung von dem Erfolge seiner Bemühungen in Kenntniß setzte, der Bundestag dagegen den Senat zu einem neuen Versuche der Durchführung seiner Pläne unter Zusage der etwa erforderlichen Bundeshülfe aufforderte. Demgemäß reichte der Senat am 23. Dec. bei der Bürgerschaft sein Ultimatum ein, unter Wiederholung der Propositionen vom 27. Sept. Auch jetzt aber erfuhren diese eine gleiche Aufnahme. Während dieser Streitigkeiten erfolgte der Tod des Bürgermeisters u. Senators Noltenius, welcher zu einer neuen Controverse zwischen Senat u. Bürgerschaft Veranlassung gab, indem der erstere dem Antrag der letzteren eine Neuwahl nach dem bestehenden Wahlgesetze anzuordnen keine Folge gab. Zu den im Laufe des Jahres 1851 noch übrigen, zwischen Senat u. Bürgerschaft vereinbarten Gegenständen gehörte bes. eine freisinnige Gewerbeordnung, publicirt am 13. Sept., u. die Erneuerung des Schifffahrts- u. Handelsvertrages zwischen den Hansestädten u. Sardinien. In Folge des von der Bürgerschaft in der Verfassungsangelegenheit fortgesetzten Widerstandes schritt im Jahre 1852 die Bundesversammlung ein. Durch Beschluß vom 6. März wurden die Vorschläge des Senats in Betreff der Beseitigung mehrerer Verfassungsbestimmungen als gerechtfertigt anerkannt, wegen der an ihre Stelle zu setzenden Bestimmungen wurde das Weitere vorbehalten, eine Ergänzungswahl des Senats nach dem Gesetz von 1849 als unzulässig bezeichnet, die Abänderung einzelner Verfassungsbestimmungen [⇐270][271⇒] bes. über die Wahl für die Bürgerschaft u. ein Gesetz über die Deputationen, als nothwendig gefordert u. endlich die Entsendung eines, von Hannover zu ernennenden Bundescommissars angeordnet. Nachdem der Senat diesen Bundesbeschluß am 19. März publicirt hatte, berief das Bürgeramt am 20. die Bürgerschaft zu einer außerordentlichen Sitzung u. stellte darin folgende Anträge: die Bürgerschaft solle erklären, daß der Senat verfassungsmäßig gehalten sei, für die durch das Ableben eines seiner Mitglieder eingetretene Vacanz sofort eine Neuwahl anzuordnen, unbekümmert um das ihm vom Bundestage ertheilte Inhibitorium; daß der Bundestag nach den Grundgesetzen des Bundes nicht berechtigt sei, ein solches Inhibitorium zu ertheilen, daß dies demnach null u. nichtig sei; daß endlich, wenn der Senat bei seiner Weigerung, betreffend eine Neuwahl, beharre, die Bürgerschaft die gegenwärtigen 15 Mitglieder desselben nicht ferner als Senat anerkennen könne u. sich außer Stande sehe, mit denselben in Verhandlung zu treten. Die Bürgerschaft erhob diese Anträge zum Beschluß. Bereits Tags vorher war der Bundescommissär, der ehemalige hannöversche Kriegsminister v. Jacobi, in B. eingetroffen; an der Grenze des Freistaates aber waren hannöversche Truppen zusammengezogen. Hierauf erfolgte nun am 29. März die Auslösung der Bürgerschaft, die Suspendirung der Verfassungsparagraphen über Presse, Vereins- u. Versammlungsrecht u. des provisorischen Schwurgerichtsgesetzes, sowie die Octroirung eines provisorischen Wahlgesetzes (nach den bereits am 27. Sept. v. I. proponirten Vorschlägen des Senats) für eine neu einzuberufende Bürgerschaft, unter deren Mitwirkung die Verfassungsrevision endgültig bewirkt werden sollte. Die Krisis verlief in ruhigster Weise. Bereits unter dem 7. April wurden nach dem provisorischen Wahlgesetz, welches, die Bürgerschaft aus 150 Mitglieder beschränkend, auf die Vertretung der einzelnen Interessenkreise begründet war, die Neuwahlen für die Bürgerschaft ausgeschrieben. Zu den Verfassungswirren kam auch noch eine kirchliche Angelegenheit, welche B. in Bewegung setzte; schon im vorigen Jahre war der Pfarrer Dulon von anderen Stadtgeistlichen unkirchlicher Lehre bezichtigt u. vom Senat seine Zeitschrift, die Tageschronik, unterdrückt worden. Eine gleiche Beschwerde war jetzt von einer Anzahl Gemeindeglieder bei dem Senat wiederholt worden, u. dieser hatte bei der Heidelberger theologischen Facultät ein Gutachten eingeholt, welches Dulon nach dem Inhalt seiner Schriften die Eigenschaft eines Mitgliedes der christlichen Kirche absprach. In Folge davon wurde Dulon durch Senatsbefehl vom 2. März von seinem Amte suspendirt u. ihm jede Ausübung einer Amtshandlung untersagt, jedoch unter Gestattung einer sechswöchentlichen Frist zum Widerrufe. Besonders die Demokratie gerieth deshalb in eine lebhafte Bewegung, die am 11. März sogar zu einer Kirchenschändung führte, indem ein Pöbelhaufe den von einem andern Geistlichen abgehaltenen Gottesdienst auf die frechste Weise störte u. diesen selbst mit lebensgefährlichen Drohungen verfolgte, so daß Militär zur Herstellung der Ordnung herbeigezogen werden mußte. Da Dulon nicht widerrief, so schritt der Senat im April dazu, denselben seines Amtes zu entsetzen u. seine Gemeinde zu einer Neuwahl zu veranlassen. Dulon verließ noch in demselben Jahre B u. Deutschland, wie sich überhaupt noch mehrere der radicalen Parteiführer in das Ausland begaben. Noch allgemeinere Aufmerksamkeit aber als die Dulonsche Angelegenheit erregte die Ende Mai erfolgte Entdeckung eines in B. bestehenden Geheimbundes, der, unter dem Namen Todtenbund meist aus jungen Leuten von niedrigem Staude gebildet, den Zweck gehabt haben sollte, hülfreiche Hand an das große Werk der bevorstehenden Revolution zu legen. Die gerichtliche Untersuchung stellte nach Vernehmung der in großer Anzahl Verhafteten heraus, daß zwar bei einer Erhebung die Ermordung einer großen Anzahl von Personen, zunächst der Mitglieder des Senats, ausdrücklich unter den Verschwornen festgesetzt worden war, indeß kam man doch andererseits auch zu der Überzeugung, daß nur einige wenige der Bundesmitglieder eine wirklich gefährliche Bedeutung hatten, während die Mehrzahl derselben aus verführten Jünglingen von sehr beschränkter Fassungsgabe bestand. Demgemäß fielen auch die Strafurtheile sehr milde aus; auch wurden die Freiheitsstrafen durch Gnadenacte des Senats später zum großen Theil erlassen. Am 14. Mai war die neuerwählte Bürgerschaft vom Senat eröffnet worden u. ging nun an die Berathung der Verfassungsrevision, ohne jedoch in allen Fragen mit dem Senat übereinzustimmen u. einen neugesicherten Rechtszustand bis zum Schlusse des Jahres bewirken zu können. Eine Verfügung des Senats vom 29. Nov. ordnete die einleitenden Maßregeln zu der bevorstehenden Auflösung der Bürgerwehr an. Im Jahre 1853 nahmen vorzugsweise die Angelegenheiten betreffs der Regelung der Zollverhältnisse das allgemeine Interesse in Anspruch. Obgleich Preußen schon 1852 Verhandlungen mit B. wegen dessen Anschlusses an den Zollverein angeknüpft hatte, so war doch bis jetzt die Frage ihrer Lösung noch sehr wenig nahe geschritten. Unter der Bevölkerung B-s selbst waren die Stimmen über den Anschluß noch sehr getheilt; während unter der Kaufmannschaft sich im Ganzen nur wenig Neigung dazu zeigte, gab es im Gewerbestande um so mehr Anhänger desselben. Im August begannen die Verhandlungen mit den in B. versammelten Zollvereinsbevollmächtigten, u. im September traten die hierzu bevollmächtigten Commissarien des Senats zu Berathungen mit den Deputirten der Bürgerschaft, der Handels- u. der Gewerbekammer zusammen. Am 4. Mai war unterdeß die neue Verfassung in zweiter Lesung von der Bürgerschaft angenommen worden; doch erklärte sich der Senat mit einigen die Senatswahl betreffenden Punkten nicht einverstanden, u. als am 21. Febr. 1854 endlich die revidirte Verfassung publicirt ward, blieben nach Vorschlag des Senats die noch streitigen Punkte der Artikel 13 u. 16, die Senatswahlen betreffend, bis auf weitere Verständigung außer Kraft. Im Übrigen wurde 1853 mit Hannover ein Vertrag auf 10 Jahre abgeschlossen, wonach Hannover für jährlich 5500 Thaler die militärische Verteidigung von Bremerhaven übernahm. Am 20. Dec. 1854 wurde die Aufhebung der Verordnung über die bürgerlichen Verhältnisse der Juden genehmigt u. der Entwurf eines neuen Judengesetzes angenommen, wonach den in die bremische Staatsgenossenschaft bereits aufgenommenen Juden für sich u. ihre Nachkommen alle bürgerlichen [⇐271][272⇒] u. staatsbürgerlichen Rechte erhalten bleiben sollten, die Aufnahme neuer Juden aber erst der mit Vorsicht zu ertheilenden Genehmigung des Senats bedürfe. Der Antrag auf Abschaffung auch der kirchlichen Feier des 18. Oct. ward trotz der, vom Senat dagegen geäußerten Bedenken wiederholt zum Beschluß erhoben. Am 26. Sept. erfolgte die Publication der Bundesbeschlüsse zur Verhinderung des Mißbrauchs der Presse u. über das Vereinsrecht. Literatur: Rynesberg u. Scheue, Bremer Chronik, herausgeg. von Lappenberg, 1841; Roller, Versuch einer Geschichte der reichsfreien Stadt B., Bremen 1799–1804, 4 Thle.; Verhandlungen über die bremische Verfassung, ebd. 1818 u. 1821; Misegaes, Chronik der freien Hansestadt B., ebd. 1828–32, 3 Thle.; Heineken, Die freie Hansestadt B. u. ihr Gebiet in topographischer etc. Hinsicht, ebd. 1836 f., 2 Bde.; Duntze, Geschichte der freien Stadt B., ebd. 1846, 2 Bde.; Donandt, Geschichte des Bremer Stadtrechtes, 1830, 2 Bde. [⇐272]

Quelle: Pierer's Universal-Lexikon, Band 3. Altenburg 1857, S. 269-272.
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[660⇒] Bremen, freie Stadt mit einem Gebiete von 4,6 QM. zu beiden Seiten der Weser, von Hannover und Oldenburg umschlossen, eingetheilt in Ober und Nieder-Vieland. Hollerland, Borgfeld u. Werderland, Vegesack u. Bremerhafen, 75737 E., von denen 55600 in der Stadt, die übrigen in 2 Flecken, 12 Kirchdörfern und 45 Dörfern leben. B. bildet mit den 3 anderen freien Städten die 17. Stimme am Bundestage, hat mit Lübeck ein Oberappellationsgericht gemeinschaftlich und seine 485 Mann Contingent bilden mit dem gleich starken Lübecker ein Bataillon und eine Schwadron. Die Verfassung ist demokratisch; oberste vollziehende u. verwaltende Behörde ist der Senat (16 Mitglieder) unter dem jährlich wechselnden Vorsitze zweier Bürgermeister; die gesetzgebende Gewalt liegt bei der Bürgerschaft. Nach dem Budget von 1852 betrugen die Staatseinkünfte 989706 Thlr. und die Ausgaben 978277 Thlr., die Staatsschuld beläuft sich auf 2600000 Thlr. Die Stadt B. liegt an beiden Seiten der Weser, 14 M. von ihrer Mündung, die alten Wälle sind in Spaziergänge verwandelt. Ausgezeichnete Gebäude: [⇐660][661⇒] der Dom, 1050 von Erzbischof Adalbert erbaut, mit dem Bleikeller, wo die Leichen nicht verwesen, die Liebfrauenkirche, die Ansgariuskirche, das gothische Rathhaus mit dem berühmten Weinkeller (der älteste Rheinwein ist von 1624), der Schütting etc. B. hat reiche Stiftungen und wohlthätige Anstalten, Vereine u. Institute für Wissenschaft, Kunst, Handel und Gewerbe. Die Industrie besteht großentheils in dem Schiffsbau mit seinen mannigfaltigen Hilfsgewerben. in der Fabrikation von Essig, Bleiweiß, Stärke, Seife etc., Tabak und Cigarren; letztere hat aber durch den Anschluß Hannovers an den deutschen Zollverein sehr Schaden gelitten. Der Seehandel B.s ist großartig; eigentliche Seeschiffe können jedoch nicht bis zur Stadt herauf, sondern müssen in Vegesack u. Bremerhafen anlegen. Die Zahl der angekommenen Seeschiffe betrug 1852 = 2665 mit 204817 Tonnen, die der abgegangenen 3125 mit 214378 Tonnen; die Handelsmarine von B. betrug 252 Schiffe mit 105026 Tonnen; der Werth der Einfuhr 40401804 Thlr. L.dʼor, der Ausfuhr 37398139 Thlr. L.dʼor. In neuester Zeit hat B. einen bedeutenden Antheil an der Spedition deutscher Auswanderer nach Amerika gewonnen. – B. verdankt sein Dasein als Stadt dem 788 von Karl d. Gr. gegründeten Bisthume, seit 845 Erzbisthum, von dem die Bekehrung des europ. Nordens größtentheils ausging. Wie die Bürgerschaft wohlhabender und mächtiger wurde, entzog sie sich allmälig der geistl. Oberherrschaft, trat 1284 in die Hansa, wurde 1522 protestantisch, aber erst 1648 förmlich reichsfrei, nachdem der 30jährige Krieg Unheil genug gebracht hatte; das übrige Gebiet des Erzbisthums wurde 1648 an Schweden als Herzogthum abgetreten, das es unter Karl XII. an Hannover verlor. Die Stadt blühte durch Handel neu auf, litt aber unsäglich viel unter der franz. Herrschaft von 1808–13; der Friede gab B. seine städtische Freiheit zurück und brachte eine bis jetzt dauernde Periode des materiellen Aufschwunges. [⇐661]

Quelle: Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1854, Band 1, S. 660-661.
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Bremen
Bremen

[317⇒] Bremen Die zum deutschen Bunde gehörende freie Hansestadt B. mit ihrem Gebiete von 5 ! M. mit 57,000 Einw. liegt von Hanover und Oldenburg umschlossen an beiden Ufern der Weser.

Ihren Ursprung verdankt sie dem 788 von Karl dem Großen hier gestifteten Bisthume, trat schon 1260 als eine ansehnliche Handelsstadt in die Hanse (s.d.) und nahm in dieser Verbindung an Macht und Reichthum immer mehr zu, wurde jedoch durch anhaltenden Unfrieden zwischen Rath und Bürgerschaft in auswärtige Fehden verwickelt und mit zweimaliger Ausschließung aus der Hanse und selbst mit der Acht belegt. Verträge beendigten zuletzt 1532 diese Streitigkeiten, allein das Verhältniß der Stadt zu den Erzbischöfen gab andern Stoff zu Unruhen, indem B. die Rechte einer freien Reichsstadt ansprach, was sie jedoch nicht war, und die Bischöfe sich als Herren der Stadt betrachteten. B.'s Übertritt zur protestantischen Kirche (1522) und der Beistand, welchen es dem schmalkaldischen Bunde leistete, zogen ihm 1550 die Reichsacht zu, deren Vollziehung aber der passauer Vertrag (1552) abwendete. Ungeachtet nach Vertreibung der Bischöfe B. 1640 zum Reichstage berufen wurde und seine Reichsunmittelbarkeit bestätigt erhielt, kam es doch in den völligen Besitz der Reichsfreiheit erst 1731, wo ihm das zum Besitz des aus dem Bisthume entstandenen Herzogthums Bremen gelangte Haus Braunschweig-Lüneburg dieselbe zugestand. Bei der franz. Besitznahme von Hanover (1803) behielt B. zwar seine Reichsunmittelbarkeit, wurde aber 1810 als Hauptstadt des Departements der Wesermündungen dem franz. Reiche einverleibt und dadurch sein Handel fast vernichtet. Schon 1813 nahm aber die franz. Herrschaft ein Ende und vom wiener Congreß ward B. 1815 wieder. als freie Stadt anerkannt. Die Verfassung ist demokratisch und der Senat und Bürgerconvent haben gleichen [⇐317][318⇒] Theil an der Gesetzgebung, der erstere aber, welcher aus vier mit dem Vorsitz halbjährig wechselnden Bürgermeistern, zwei Syndicis und 24 Senatoren besteht, von denen acht Kaufleute sind, hat die ausübende Gewalt, ist zugleich Magistrat der Stadt und ergänzt sich durch eigne Wahl. Zur deutschen Bundesarmee stellt B. 485 Mann und hat als Bundesglied im engern Rathe mit den drei übrigen freien Städten gemeinschaftlich die 17., im Plenum aber eine eigne Stimme.

Die Stadt Bremen liegt 15 M. von der Nordsee an der Weser und zwar die größere Altstadt am rechten, die kleinere Neustadt am linken Ufer derselben und zwischen beiden liegt noch eine ebenfalls bewohnte, durch hölzerne Brücken mit der Stadt verbundene Insel. B. hat 42,000 Einw., ist meist eng und alterthümlich gebaut und große Plätze sind außer dem Domhofe nicht vorhanden. Von merkwürdigen Gebäuden sind anzuführen: die 600 Jahr alte Domkirche, in deren sogenanntem Bleikeller sich Leichen seit Jahrhunderten unversehrt erhalten haben; das nebenstehend abgebildete, 1405 in gothischem Style erbaute Rathhaus, vor dem eine Rolandssäule steht und in dessen weitläuftigen Kellern in einer Abtheilung, die von einem darin befindlichen Bilde »die Rose« heißt, und in 12, die Apostel genannten Fässern die ältesten Weine Deutschlands aufbewahrt werden; die Börse mit einem schönen Concert- und Ballsaale; das Stadthaus, früher der erzbischöfliche Palast; das 1801 errichtete Museum mit einer Bibliothek, naturhistorischen und Kunstsammlungen; das Schauspielhaus; der Schütting, wo sich die Ältermänner oder Vorsteher der Kaufmannschaft versammeln u.s.w. Die Altstadt umgeben im Halbkreise schöne engl. Anlagen, die 1802 an die Stelle der ehemaligen Festungswerke getreten sind. Als wissenschaftliche Anstalten bestehen: die Hauptschule in drei Abtheilungen, als Gelehrten-, Handels- und Vorschule; eine Navigations-und Zeichnenschule; ein Schullehrerseminar; eine Bibliothek; drei Sternwarten u.s.w. Unter den reichbedachten milden Stiftungen befinden sich auch sogenannte Gottesbuden, d.h. Gebäude, in denen Bedürftige freie Wohnung erhalten. Die Hauptnahrungsquellen der Bewohner sind Handel und Fabrikwesen; Hauptproducte des letztern sind Zucker, Bleiweiß, Bremergrün, baumwollene und leinene Waaren, Segeltuch, Taback u.s.w. und der vorzüglich mit Amerika lebhafte Handel führt jährlich 900 Schiffe in die Weser, von denen jedoch die schwerbeladenen nicht bis an die Stadt, sondern bei hohem Wasser nur bis zu dem hier abgebildeten Flecken Vegesack (2000 Einw.) hinausschiffen können, wo 1619 ein Hafen angelegt ward, wegen dessen Versandung aber sieben Meilen nördl. von B. an der Mündung der Geeste in die Weser auf einem von Hanover abgetretenen kleinen Gebiete seit 1827 ein neuer Hafen, Bremerhafen genannt, angelegt worden ist. Das Stadtgebiet besteht hauptsächlich aus sehr fruchtbaren, von unzähligen Entwässerungsgraben durchschnittenen Marschen, die sich mehr zur Viehzucht als zum Ackerbau eignen. [⇐318]

Quelle: Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 317-318.
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[182⇒] Bremen, die freie Hansestadt, liegt mit ihrem Gebiete an beiden Seiten der Weser. Der Flächenraum des ganzen Freistaates beträgt 3 Quadrat Meilen mit 1 Stadt, 1 Flecken, 14 Kirchspielen mit 35 Dörfern und Weilern, und hat, die.Stadt nicht mitgerechnet, eine Bevölkerung von 15,500 Einwohnern. Bremen hat viele enge, krumme Straßen, aber auch stattliche Gebäude, z. B. das alte gothische Rathhaus mit dem berühmten Keller, welchen uns W. Hauff in seinen »Phantasien im Bremer Rathskeller« geschildert hat. Hier liegt der köstlichste und älteste Rheinwein. An öffentlichen Gebäuden sind merkwürdig: die Börse, der Schüttling, der Schützenwall, der Marstall, die Wage, das Theater, die Kornhäuser, die Domkirche. Die Anzahl der Häuser beläuft sich auf 5850, die der Einwohner auf 44,000, worunter 1000 Juden. Der Handel ist sehr lebhaft; äußerst thätig sind die Tabaksfabriken, Wollstrumpfwirkereien, Zuckersiedereien, Kattundruckereien, Korkschneidereien, Färbereien, Baumseidenmanufakturen etc. Die [⇐182][183⇒] Einfuhr zur See belief sich 1827 auf 14,053,048 Gulden. Die Ausfuhr auf 6,636,357 Gulden. Bremen macht die ausgebreitetsten Geschäfte mit Bordeauxwein und rüstet jährlich einige Wallfischjäger aus. [⇐183]

Quelle: Damen Conversations Lexikon, Band 2. Leipzig 1834, S. 182-183.
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[177⇒] Bremen, eine Reichsstadt im Herzogthum Bremen, an der Weser, zehn Meilen von der Nordsee, mit Festungswerken und einem Hafen. Sie treibt viel Handlung und hat ein Gymnasium. Die Einwohner sind theils der lutherischen, theils der reformirten Religion zugethan. Churbraunschweig hat daselbst der Criminal-Jurisdiction wegen einen Stadtvogt. [⇐177]

Quelle: Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 1. Amsterdam 1809, S. 177.
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